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C l e m e n s von Alexandria (200 n.Chr.) Siegfried F. Weber / Großheide KG I / BMO Clemens wirkte um 200 n.C. in der ägyptischen Stadt Alexandria, daher das Epitheton. Wir dürfen ihn darum nicht mit Clemens von Rom verwechseln, welcher um 100 n.C. wirkte. Clemens von Alexandria kam wie Justin über die Philosophie zum Christentum. Auch er steht im Dienst und sieht es als den Sinn des Lebens an, Menschen zu Christus zu führen. Biographie Über das Äußere seines Lebens wissen wir nicht viel. Clemens soll in Athen geboren sein. Auch er begibt sich wie Justin auf Reisen; er reist noch als Christ durch alle griechisch redenden Provinzen des Reiches, von Kleinasien und Syrien bis Unteritalien und Ägypten, und überall sucht er sich weiterzubilden. Es ist bezeichnend, dass er diese Wanderschaft später selbst als die Suche nach einem rechten "Lehrer" versteht. Erst der sechste Meister, den er fand, tat ihm wirklich genüge, Pantainos. Dieser lehrte in Alexandrien. Und somit wurde Clemens dort sesshaft (um 180 n.C.). Pantainos gründete und leitete eine akademische Bibelschule. Nach K. Heussi handelte es sich um die alexandrinische Katechetenschule (K.Heussi, Kompendium der Kirchengeschichte, § 17 g/h), die dann kirchlich gebunden wäre. Hans Freiherr von Campenhausen sieht in der akademischen Bibelschule eine freie unabhängige Schule (Campenhausen, Die griechischen Kirchenväter, W. Kohlammer Verlag, S. 33) . Nach Campenhausen trafen sich hier Hörer aus allen Lagern. Heiden, Juden und Philosophen aller Art mögen hier mit gebildeten und bildungshungrigen Christen, auch solchen häretischer Herkunft, zusammengetroffen sein. Sie wurden belehrt, gefördert und auf diesem Wege gewiss oft genug für das Christentum gewonnen. Nach dem Tode des Pantainos übernahm Clemens die Leitung. Clemens, ein Mann des Dialoges Clemens bejaht das Alte Testament und seinen Schöpfungsglauben und sucht von der Schrift aus die Lehre zu begründen. Er ist vor allem Exeget. Der Magister sieht vor allem in der Bibelauslegung seine eigentliche Berufung und Aufgabe. Aber gleichzeitig berücksichtigt er alle sonstigen Lehren und "Philosophen", die ihn umgeben, und sucht sie ins Gespräch zu ziehen. Er kämpft gegen die Irrlehren der Gnostiker und anderer Ketzer; aber er geht auf sie ein und bemüht sich auch, selbst von ihnen zu lernen. Seine Auseinandersetzungen zielen weniger auf ein schroffes „Anathema“ als auf Belehrung und Verständigung. Auch mit den heidnischen Philosophen lebt er in einer geistigen Welt, soweit sie nicht gerade Epikuräer sind und die göttliche Vorsehung leugnen. Werke 1) Protreptikos = Mahnrede Es handelt sich um eine christliche Missions- und Werbeschrift, die sich ganz im Stile der antiken philosophischen "Mahnreden" präsentiert. Sie stimmt der Absicht nach mit den üblichen christlichen Apologien des zweiten Jh. überein. Der relative Wahrheitsgehalt der philosophischen Verkündigung wird anerkannt. Aber die volle und ungetrübte Erkenntnis ist doch erst bei den Propheten und vor allem beim Logos selber zu finden, der in alle Wahrheit leitet. Der Glaube (gr. pistis) ist unbedingte Voraussetzung für die Gnosis (Erkenntnis). Überwindet Clemens die Gnosis, die so viele Christen verführte? 1

Siegfried F. Weber · Web viewKaiser Septimius Severus verschärften Maßnahmen gegen die Christen und ihre Missionspropaganda aus dem Wege zu gehen. Um 211 n.C. hören wir aus Kappadozien,

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Clemens von Alexandria (200 n.Chr.)

Siegfried F. Weber / Großheide

KG I / BMO

Clemens wirkte um 200 n.C. in der ägyptischen Stadt Alexandria, daher das Epitheton. Wir dürfen ihn darum nicht mit Clemens von Rom verwechseln, welcher um 100 n.C. wirkte.

Clemens von Alexandria kam wie Justin über die Philosophie zum Christentum. Auch er steht im Dienst und sieht es als den Sinn des Lebens an, Menschen zu Christus zu führen.

Biographie

Über das Äußere seines Lebens wissen wir nicht viel. Clemens soll in Athen geboren sein. Auch er begibt sich wie Justin auf Reisen; er reist noch als Christ durch alle griechisch redenden Provinzen des Reiches, von Kleinasien und Syrien bis Unteritalien und Ägypten, und überall sucht er sich weiterzubilden. Es ist bezeichnend, dass er diese Wanderschaft später selbst als die Suche nach einem rechten "Lehrer" versteht. Erst der sechste Meister, den er fand, tat ihm wirklich genüge, Pantainos. Dieser lehrte in Alexandrien. Und somit wurde Clemens dort sesshaft (um 180 n.C.). Pantainos gründete und leitete eine akademische Bibelschule. Nach K. Heussi handelte es sich um die alexandrinische Katechetenschule (K.Heussi, Kompendium der Kirchengeschichte, § 17 g/h), die dann kirchlich gebunden wäre.

Hans Freiherr von Campenhausen sieht in der akademischen Bibelschule eine freie unabhängige Schule (Campenhausen, Die griechischen Kirchenväter, W. Kohlammer Verlag, S. 33). Nach Campenhausen trafen sich hier Hörer aus allen Lagern. Heiden, Juden und Philosophen aller Art mögen hier mit gebildeten und bildungshungrigen Christen, auch solchen häretischer Herkunft, zusammengetroffen sein. Sie wurden belehrt, gefördert und auf diesem Wege gewiss oft genug für das Christentum gewonnen.

Nach dem Tode des Pantainos übernahm Clemens die Leitung.

Clemens, ein Mann des Dialoges

Clemens bejaht das Alte Testament und seinen Schöpfungsglauben und sucht von der Schrift aus die Lehre zu begründen. Er ist vor allem Exeget. Der Magister sieht vor allem in der Bibelauslegung seine eigentliche Berufung und Aufgabe. Aber gleichzeitig berücksichtigt er alle sonstigen Lehren und "Philosophen", die ihn umgeben, und sucht sie ins Gespräch zu ziehen. Er kämpft gegen die Irrlehren der Gnostiker und anderer Ketzer; aber er geht auf sie ein und bemüht

sich auch, selbst von ihnen zu lernen. Seine Auseinandersetzungen zielen weniger auf ein schroffes „Anathema“ als auf Belehrung und Verständigung. Auch mit den heidnischen Philosophen lebt er in einer geistigen Welt, soweit sie nicht gerade Epikuräer sind und die göttliche Vorsehung leugnen.

Werke

1) Protreptikos = Mahnrede

Es handelt sich um eine christliche Missions- und Werbeschrift, die sich ganz im Stile der antiken philosophischen "Mahnreden" präsentiert. Sie stimmt der Absicht nach mit den üblichen christlichen Apologien des zweiten Jh. überein.

Der relative Wahrheitsgehalt der philosophischen Verkündigung wird anerkannt. Aber die volle und ungetrübte Erkenntnis ist doch erst bei den Propheten und vor allem beim Logos selber zu finden, der in alle Wahrheit leitet. Der Glaube (gr. pistis) ist unbedingte Voraussetzung für die Gnosis (Erkenntnis). Überwindet Clemens die Gnosis, die so viele Christen verführte?

2) Paidagogos (eine Erziehungsschrift)

War die erste Schrift apologetisch, so ist die zweite ethisch. Er will in lockerer, unpedantischer Weise Fragen der sittlichen und gesellschaftlichen Führung für christliche Anfänger behandeln. Die Erörterung dreht sich vorzüglich um praktische Fragen des Lebens und Benehmens, die kulturgeschichtlich recht interessant sind: die Formen beim Essen und Trinken, die Wohnung und die Wohnungseinrichtung. Feste und Vergnügen. Schlaf und Erholung, Putz und Schmuck. Umgang in der Gesellschaft und zwischen den Geschlechtern werden besprochen. Ein ganzes Kapitel geht über die Fußbekleidung, ein anderes von erheblichem Umfang ausschließlich

über Parfüms, Salben und Kränze.

"So wie Demut nicht in Kasteiung des Leibes, sondern in der Sanftmut besteht, so ist auch die Enthaltsamkeit eine Tugend der Seele, die

nicht im Sichtbaren, sondern im Verborgenen ihr Wesen hat" (Stromaten 111,48,3) ."

Alles Äußerliche ist als solches neutral, ein "adiaphoron", und ein Christ ist ihm gegenüber durchaus "frei". Aber diese Freiheit ist nicht Willkür und Zügellosigkeit. Alle Ausschweifung ist menschenunwürdig und somit auch christenunwürdig. Dass Jesu Füße mit kostbarer Salbe gesalbt werden (Luk. 7,37ff.), kann sich Clemens nur mit dem unbekehrten Stande der salbenden Frau erklären, und im Übrigen hilft er sich mit einer allegorischen Auslegung: der überreiche Duft bezeichnet die göttliche Lehre, die durch Jesu Füße, d.h. seine Apostel, in die Welt hinausgetragen werden sollte.

3) Die Stromata (Teppiche)

Will man Clemens ganz kennen lernen, so muss man zu seinen "Stromata", den "Teppichen" greifen, einem umfangreichen, recht eigentlich uferlosen Werk, in dem sich der Eindruck des

Fremdartigen zunächst allerdings noch steigert. Schon die äußere Form, in der sich keinerlei klare Planung erkennen lässt, hat für unser Gefühl etwas Rätselhaftes. Der Titel stellt diese Bücher mit

ähnlichen Erzeugnissen der antiken Buntschreiberei zusammen, den "Geweben", "Stickereien", „Auen". Es handelt sich teilweise um Brouillons (franz. Bez. für "Skizze oder Entwurf einer schriftlichen Arbeit). In diesem Sinne sind die "Stromata" des Clemens unübersichtlich, ungegliedert und undurchsichtig.

Worum geht es?

Der Inhalt der "Teppiche" ist überaus bunt, aber durchweg auf grundsätzliche und zentrale Fragen bezogen. Clemens behandelt z.B. die Bedeutung der antiken Philosophie, er kommt auf Glauben und Wissen, auf die Gottesliebe, auf die Fragen von Ehe und Jungfräulichkeit zu sprechen. Längere, zusammenhängende Abschnitte betreffen den Sinn und die Bedeutung des wahren Martyriums, des Wort- und Blutzeugnisses der Christen. Clemens setzt sich mit bestimmten

Sonderlehren der Ketzer auseinander, er beruft sich auf die Überlieferung seiner eigenen Lehrer und der "Ältesten" und Väter der Kirche. Zum Schluss wendet er sich mit besonderer Liebe und

Beteiligung dem Bild des vollkommenen "Gnostikers" zu, dh. desjenigen Christen, der in Erkenntnis und Liebe mit Gott völlig geeint ist.

Clemens v. Alexandria (Fortsetzung)

Über den Glauben sagt Clemens: Der Glaube fordert persönliche Aneignung und wird durch vorschnelle Veröffentlichung nicht verbreitet, sondern entweiht. Die Person des Lehrers ist ihm besonders wichtig: Er ist für ein lebendiges Christentum geradezu unentbehrlich, und Clemens ermahnt jedermann mit eindringlichem Ernste, sich einen solchen Seelsorger, Freund und Seelenleiter zu wählen, der ihm offen die Wahrheit sagt, der sich nicht scheut, notfalls auch hart zuzupacken und eben dadurch hilft und heilt.

Auf der höchsten Stufe der Erkenntnis ist die Vollendung erreicht. Der vollkommene Gnostiker hat den menschlichen Lehrer nicht mehr nötig, weil er durch den Logos unmittelbar mit Gott verbunden ist. Die sichtbaren Dinge locken und schrecken ihn nicht mehr. Für ihn ist das Leben ein ununterbrochenes Gebet.

Sein Tod

Clemens ist nicht bis zuletzt in der Stadt Alexandrien geblieben. Im Jahre 202 oder 203 n.C. hat er sie endgültig verlassen, wie es scheint, um den Unannehmlichkeiten der unter dem röm. Kaiser Septimius Severus verschärften Maßnahmen gegen die Christen und ihre Missionspropaganda aus dem Wege zu gehen. Um 211 n.C. hören wir aus Kappadozien, dass Clemens die dortige Gemeinde des Herrn gestärkt und ihre Erkenntnis erweitert habe. Bald darauf muss er gestorben sein.

Beurteilung

Clemens war sichtlich bemüht, die christliche Wahrheit zu lehren. Dabei gründete er sich auf die Hl. Schrift. Den Christen, aber auch solchen, die auf der Suche nach der Wahrheit waren, wollte er

durch die akademische Bibelschule ein festes Fundament für das hiesige und zukünftige Leben vermitteln, und dieses Fundament ist Christus.

Allerdings begibt er sich in gefährliches Fahrwasser, wenn er die Wissenschaftlichkeit der Philosophie rühmt, ohne nun auch rigoros das Antagonistische zur Bibel herauszuschälen. Natürlich, die antike Philosophie beschäftigte sich nicht nur mit der geistigen Wissenschaft, sondern auch mit den Naturwissenschaften. Doch auf dem theologischen und ethischen Gebiet stand sie doch kontradiktionär zur Hl. Schrift. Darum warnt der Apostel Paulus vor ihr (Kol. 2,8).

Hinzukommt der Begriff Gnosis (Erkenntnis). Diese Lehre hatte doch schon viele Christen verführt, weil sie dachten, allein auf dem Erkenntniswege zur höchsten geistlichen Vollkommenheit zu gelangen. Hier hätte Clemens noch schärfer differenzieren müssen. Die volle

Erlösung bekommt der Mensch durch die Wiedergeburt. Und die Voraussetzung ist allein der Glaube an Jesus Christus.

Die Gnosis gilt es in jeder Hinsicht zu meiden (1. Tim. 6,20). Der Gebrauch ihrer Begrifflichkeiten kann zur Verwischung der christlichen Wahrheit führen.

Weiter meint Clemens, dass man den Glauben nicht voreilig veröffentlichen soll. Die Apostel bekennen: "Wir können’s ja nicht lassen, dass wir nicht reden sollten, was wir gesehen und gehört

haben" (Apg. 4,20).

Einen Seelenleiter braucht so mancher Christ. Hierzu wird Timotheus ermutigt (l.Tim. 4,12). Doch darf dadurch keine menschliche Abhängigkeit entstehen. Jeder Christ muss wie Thomas lernen, an den unsichtbaren HERRN und RETTER Jesus Christus zu glauben (Joh. 20,29), mit ihm Schritte über das Wasser zu wagen (Matth. 14,29), blind zu vertrauen (Luk 18,39) und sich letzten Endes dem großen Bischof aller Seelen ganz und gar hinzugeben (l.Petr. 2,25).

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