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Xo Sitzungsberioht der oto-laryngologischen Sektion des Warschauer ~rztlichen Yereins. (Medyeyna 1906.) 1. Garanowski spricht fiber den gegenwartigen Stand der Lehre der Otosklerose. In der Diskussion hebt Meyerson hervor, dal~, obgleich die Statistik noch zu keinem bestimmten Resuttate gefiihrt hat, er doch den Eindruck habe~ daI~ die Syphilis bet dieser Krankheit keine wesentliche atiologische Rolle spielt. Da manche Fi~lle dieser Krankheit mit rein katarrhalischen, besserungsfahigen Ver~nderungen kompliziert sind~ ist die Prognose nicht durchaus ungtinstig zu stellen. Srebrny erw~hnt einen yon ihm beobachteten Fall yon 0tosklerose bet einem 15j~hrigen Patienten. Auch er ist der Ansicht, daft Syphilis hier keine i~tiologische Bedeutung besitze, dagegen hat er oft diese Krank- heir bet Arthritikern angetroffen. Zur Differenzierung der Krankheit yon den katarrhalischen Veriinderungen dient der Effekt der Lufteintreibung. Ist dieser positiv, so kann man dem Patienten Besserung versprechen. S. halt es nicht fiir richtig~ dem Patienten die Hot~hungslosigkeit seines Zustandes zu offenbaren und so jeden Funken einer Hoffnung in ibm zu verliischen. Ch orazycki hat Koinzidenz dieser Krankheit mit fibermal~iger Weite der Nasengange beobachtet und glaubt einen Zusammenhang zwischen diesen Afl'ektionen annehmen zu sollen~ stSiJt abet dabei auf Widersprueh bet anderen Rednern. tIeimann h~lt es auch ftir zu grausam, dem Patienten jede Hoffnung zu nehmen. Als eines der friihesten Symptome der ~klerose bat H. das Auftreten einer vorderen Trommelfellfalte beol,achtet. Guranowski erklart~ daft er die wahre Aufld~rung des Kranken fiber seinen Zustand for notwendig erachte, nm ihn yon der Wahl eines Berufes abzuhalten oder ihn zur Aufgabe eines solchen zu bewegen, der ein gutes GehSr erforderlich macht. 2. Heimann bespricht anl~l]lich eines yon ihm beobachteten ein- schlagigen Falles den Verlauf der Mittelohrentztindung bet Diabetes. Bei Diabetes pfiegen zwei Formen yon Ohrenkrankheiten vorzukommen~ l. selten eine Affektion des inneren Ohres, 2. haufiger eine eitrige Mittetohrentzfin- dung, der man den Charakter ether besonderen BSsartigkeit zuzuschreiben versuchte. H. konnte in seinen Fallen keinen Unterschied im Verlaufe dieser Krankheit bet Diabetes im Vergteiche zu den sonstigen F~llen be- obachten. Bet einem 80jahrigen Manne mit 3J/2% Zucker im Harn fand H. in der 4. Woche einer akuten Media geringe Eiterung im Ohre, unbe- deutende Schmerzhaftigkeit am Prec. mast., Temp. 39,5 °. Aber schon nach einer Woche war die Hitze verschwunden, die Eiterung versiegt, das Trommelfell geschtossen. GehSr ftir Taschenuhr ~ 0, ifir die Sprache 1~/2 Meter. Nur klagte der Patient noch fiber grolJe Schwhche. Am Abend desselben Tages Temperatursteigerung ohne Schtittelfrost. Zwei Wochen sp~ter pl0tzlicher Bewul~tseinsverlust mit dem Bride ether Menin- gitis ohne vorausgegangene Erscheinungen. 18 Stunden sparer Exitus. H. meint, daft die Schw~che~ fiber die der Patient klagte~ und die geringe Hiir-

Sitzungsbericht der oto-laryngologischen Sektion des Warschauer ärztlichen Vereins. (Medycyna 1906.)

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Page 1: Sitzungsbericht der oto-laryngologischen Sektion des Warschauer ärztlichen Vereins. (Medycyna 1906.)

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Sitzungsberioht der oto-laryngologischen Sektion des Warschauer ~rztlichen Yereins. (Medyeyna 1906.)

1. G a r a n o w s k i spricht fiber den gegenwartigen Stand der Lehre der Otosklerose.

In der Diskussion hebt M e y e r s o n hervor, dal~, obgleich die Statistik noch zu keinem bestimmten Resuttate gefiihrt hat, er doch den Eindruck habe~ daI~ die Syphilis bet dieser Krankheit keine wesentliche atiologische Rolle spielt. Da manche Fi~lle dieser Krankheit mit rein katarrhalischen, besserungsfahigen Ver~nderungen kompliziert sind~ ist die Prognose nicht durchaus ungtinstig zu stellen.

S r e b r n y erw~hnt einen yon ihm beobachteten Fall yon 0tosklerose bet einem 15j~hrigen Patienten. Auch er ist der Ansicht, daft Syphilis hier keine i~tiologische Bedeutung besitze, dagegen hat er oft diese Krank- heir bet Arthritikern angetroffen. Zur Differenzierung der Krankheit yon den katarrhalischen Veriinderungen dient der Effekt der Lufteintreibung. Ist dieser positiv, so kann man dem Patienten Besserung versprechen. S. halt es nicht fiir richtig~ dem Patienten die Hot~hungslosigkeit seines Zustandes zu offenbaren und so jeden Funken einer Hoffnung in ibm zu verliischen.

Ch o r a z y c k i hat Koinzidenz dieser Krankheit mit fibermal~iger Weite der Nasengange beobachtet und glaubt einen Zusammenhang zwischen diesen Afl'ektionen annehmen zu sollen~ stSiJt abet dabei auf Widersprueh bet anderen Rednern.

t I e i m a n n h~lt es auch ftir zu grausam, dem Patienten jede Hoffnung zu nehmen. Als eines der friihesten Symptome der ~klerose bat H. das Auftreten einer vorderen Trommelfellfalte beol,achtet.

G u r a n o w s k i erklart~ daft er die wahre Aufld~rung des Kranken fiber seinen Zustand for notwendig erachte, nm ihn yon der Wahl eines Berufes abzuhalten oder ihn zur Aufgabe eines solchen zu bewegen, der ein gutes GehSr erforderlich macht.

2. H e i m a n n bespricht anl~l]lich eines yon ihm beobachteten ein- schlagigen Falles den Verlauf der Mittelohrentztindung bet Diabetes. Bei Diabetes pfiegen zwei Formen yon Ohrenkrankheiten vorzukommen~ l. selten eine Affektion des inneren Ohres, 2. haufiger eine eitrige Mittetohrentzfin- dung, der man den Charakter ether besonderen BSsartigkeit zuzuschreiben versuchte. H. konnte in seinen Fallen keinen Unterschied im Verlaufe dieser Krankheit bet Diabetes im Vergteiche zu den sonstigen F~llen be- obachten. Bet einem 80jahrigen Manne mit 3J/2% Zucker im Harn fand H. in der 4. Woche einer akuten Media geringe Eiterung im Ohre, unbe- deutende Schmerzhaftigkeit am Prec. mast., Temp. 39,5 °. Aber schon nach einer Woche war die Hitze verschwunden, die Eiterung versiegt, das Trommelfell geschtossen. GehSr ftir Taschenuhr ~ 0, ifir die Sprache

1~/2 Meter. Nur klagte der Patient noch fiber grolJe Schwhche. Am Abend desselben Tages Temperatursteigerung ohne Schtittelfrost. Zwei Wochen sp~ter pl0tzlicher Bewul~tseinsverlust mit dem Bride ether Menin- gitis ohne vorausgegangene Erscheinungen. 18 Stunden sparer Exitus. H. meint, daft die Schw~che~ fiber die der Patient klagte~ und die geringe Hiir-

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X. Sitzungsberieht der oto-laryng. Sektion d.Warschauer arztl. Vereins. 187

f~higkeit auf eine etwa bestehende Komplikation hatte aufmerksam machen kSnnen.

C h o r a z y c k i hat einen 23j~hrigen Diabetiker mit einer akuten eitrigen Mittelohrentztindung beobachtet, der sieh nach der Parazentese wohl befaad, am folgenden Tage sich schleeht ftihlte, schwachen Puls aufwies und tags darauf verschied.

H e i m a n ftihrt den Fall einer 72j~hrigen Frau an, die auf beiden Ohren ertaubte. Die Untersuehung ergab Labyrinthtaubheit und Diabetes. Nach einem 2wSchentlichen Gebrauche yon Karlsbader Wasser kehrte das GehSr zurtick.

S o k o l o w s k i teilt die Ansieht H's., dai~ die Otitis media bei Diabetes sieh nicht yon der gewShnlichen Mittelohrentztindung unterscheide und auch die Trockenheit des Halses, die man dem Diabetes zuschrieb~ ist nieht eharakteristisch, und rtihrt nur yon dem oft gesteigerten Durstgefiihl her; hingegen sieht man oft Diabetes ohne Pharyngitis sieca. Auch ftir blutige Eingriffe bilde Diabetes keine Kontraindikation, wie man lange Zeit glaubte.

S r e b r n y hat selbst eine Trepanation des Warzenfortsatzes bei einem an Diabetes leidenden Patienten beobachtet, der yon jeder Komplikation frei blieb. Hingegen hat er in einem Fall nach der Inzision eines Furunkels des hul~eren Gehiirganges einige Wochen mit der Krankheit zu khmpfen, bis es ihm gelang, Heilung h.erbeizuftihren.

3. Z e b r o w s k i , M. Uber die Heilbarkeit und operative Behandlung otitischer Pyaemie. Auf Grand der yon ihm beobachteten und operierten F~lle kommt Z. zu folgenden Konklusionen: 1. Die otitische Pyaemie ver- lhuft unter verschiedenen Formen and die operativen Eingriffe mtissen je naeh der Intensitht der Krankheit und den whhrend der Trepanation ge- fundenen pathologisch-anatomischen Verhnderungen modifiziert werden. 2. Die vollsti~ndige Elimination des Krankheitsherdes aus dem Schlhfenbein nnd die Blo[~logung des Sinus transversus reichen oft allein vollkommen zur Hei- lung der Pyaemie aus. 3. Mehrwertiges Antistreptokokkenserum kann mancb- real auf den postoperativen Verlauf otitischer Pyaemie einen sehr gtinstigen Einflul~ austiben. 4. Fehlen yon Schmerzhaftigkeit des Warzenfortsatzes bei eitrigen Prozessen des Mittelohres kann keine Kontraindikation gegen einen operativen Eingriff bilden. 5. Das Erscheinen yon Symptomen einer Phle- bitis des Sinus cavernosus ist als ein Zeichen des nahen Exitus~ jedweder Versueh einer operativen ErSffnung dieses Sinus als unstatthaft anzusehen.

H e i m a n finder in diesem Vortrag eine Best~tigung seiner Beobach- tung, da~ otitische Pyaemien mit Metastasen in den peripheren Organen (Gelenk% Muskeln usw.) eine bessere Prognose gestatten, als jene mit Meta- stasen in den inneren 0rganen. Die yon G r u n e r t und V o s s praktizierte ErSffnung des Bulbus venae jugularis behufs Entfernung yon Thromben aus demselben ergab ibm bis jetzt keine befriedigenden Resultate.

S p i r a (Krakau).