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Allgemeine Psychopathologie HeilpraktikerWissen.net 1 Allgemeine Psychopathologie Psychopathologische Symptome und ihre Exploration 1. Bewusstseinsstörungen Definition: Bewusstseinsstörung ist der Überbegriff für alle Veränderungen der Bewusstseinslage. Es wird zwischen quantitativen (Bewusstseinsverminderung im Sinne der Schlaf WachSkala) und qualitativen Bewusstseinsveränderungen (Bewusstseinseintrübung, einengung und – verschiebung) unterschieden. Eine quantitative Bewusstseinsstörung wird dann angenommen, wenn der Kranke benommen oder schläfrig wirkt und eine reduzierte Wahrnehmung äußerer Reize feststellbar ist. Das Ausmaß der Bewusstseinsminderung wird folgendermaßen beschrieben: Benommenheit: Der Patient ist verlangsamt und in der Informationsaufnahme und –verarbeitung deutlich eingeschränkt. Somnolenz: Patient weist eine abnorme Schläfrigkeit auf, ist aber leicht weckbar. Sopor: Patient schläft und ist nur durch starke Reize (Rütteln, Kneifen) weckbar. Koma: Patient ist bewusstlos, nicht weckbar. Qualitative Bewusstseinsstörungen: Bewusstseinstrübung: Verwirrtheit von Denken und Handeln. Bewusstseinseinengung: Einengung des Bewusstseinsumfangs. Bewusstseinsverschiebung: Bewusstseinsänderung, z.B. Intensitäts und Helligkeitssteigerung in der Wahrnehmung des inneren und äußeren Erlebens. Diagnostik: Hatten Sie das Gefühl, Farben intensiver zu sehen oder Musik lauter zu hören? Hatten Sie das Gefühl, dass Ihre Wahrnehmung besonders scharf ist? Beschreiben Sie das bitte genauer!

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 Allgemeine  Psychopathologie  Psychopathologische  Symptome  und  ihre  Exploration      

 1.  Bewusstseinsstörungen    Definition:    Bewusstseinsstörung  ist  der  Überbegriff  für  alle  Veränderungen  der  Bewusstseinslage.  Es  wird  zwischen  quantitativen  (Bewusstseinsverminderung  im  Sinne  der  Schlaf-­‐Wach-­‐Skala)  und  qualitativen  Bewusstseinsveränderungen  (Bewusstseinseintrübung,  -­‐  einengung  und  –  verschiebung)  unterschieden.      Eine  quantitative  Bewusstseinsstörung  wird  dann  angenommen,  wenn  der  Kranke  benommen  oder  schläfrig  wirkt  und  eine  reduzierte  Wahrnehmung  äußerer  Reize  feststellbar  ist.  Das  Ausmaß  der  Bewusstseinsminderung  wird  folgendermaßen  beschrieben:    

• Benommenheit:  Der  Patient  ist  verlangsamt  und  in  der  Informationsaufnahme  und  –verarbeitung  deutlich  eingeschränkt.  

• Somnolenz:  Patient  weist  eine  abnorme  Schläfrigkeit  auf,  ist  aber  leicht  weckbar.  • Sopor:  Patient  schläft  und  ist  nur  durch  starke  Reize  (Rütteln,  Kneifen)  weckbar.  • Koma:  Patient  ist  bewusstlos,  nicht  weckbar.  

 Qualitative  Bewusstseinsstörungen:  

• Bewusstseinstrübung:  Verwirrtheit  von  Denken  und  Handeln.  • Bewusstseinseinengung:  Einengung  des  Bewusstseinsumfangs.  • Bewusstseinsverschiebung:  Bewusstseinsänderung,  z.B.  Intensitäts-­‐  und  

Helligkeitssteigerung  in  der  Wahrnehmung  des  inneren  und  äußeren  Erlebens.    

         

Diagnostik:  Ø Hatten  Sie  das  Gefühl,  Farben  intensiver  zu  sehen  oder  Musik  lauter  zu  hören?  Ø Hatten  Sie  das  Gefühl,  dass  Ihre  Wahrnehmung  besonders  scharf  ist?  Beschreiben  

Sie  das  bitte  genauer!    

 

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2.  Orientierungsstörungen    Definition:    Mangelndes  Bescheid  wissen  über  zeitliche,  räumliche,  situative  und/oder  persönliche  Gegebenheiten.    Orientierungsstörungen  werden  wie  folgt  eingeteilt:  

• Zeitliche  Desorientiertheit:  Unwissenheit  über  Datum,  Tag,  das  Jahr  oder  die  Jahreszeit.  

• Örtliche  Desorientiertheit:  Der  Patient  weiß  nicht,  wo  er  ist.  • Situative  Desorientiertheit:  Der  Patient  erfasst  Situationen  nicht,  in  denen  er  

sich  gerade  befindet.  • Desorientiertheit  zur  eigenen  Person:  Mangelndes  Wissen  zu  wichtigen  

persönlichen  lebensgeschichtlichen  Daten,  z.B.  Name,  Geburtsdatum.    

   

 3.  Störung  der  Aufmerksamkeit  und  der  Konzentration    Definition:  es  handelt  sich  um  die  verminderte  Fähigkeit  sich  auf  Sachverhalte  zu  konzentrieren  und/oder  Gedächtnisinhalte  (neue  wie  auch  alte)  in  vollem  Umfang    wiederzugeben.    Folgende  Formen  werden  unterschieden:    Auffassungsstörungen:  Die  Fähigkeit,  Wahrnehmungserlebnisse  in  ihrer  Bedeutung  zu  begreifen  und  miteinander  zu  verbinden,  ist  beeinträchtigt.  

   

Diagnostik:  Ø Welches  Datum  haben  wir?  Ø In  welcher  Stadt  sind  wir?  Ø In  welcher  Einrichtung  sind  Sie  hier?  Ø Wie  alt  sind  Sie  und  wann  wurden  Sie  geboren?  Ø Sind  Sie  verheiratet?  Welchen  Beruf  haben  Sie?  

   

Prüfung  der  Auffassungsgabe:  Ø Nacherzählen  einer  Fabel.  

 

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     Konzentrationsstörung:  Unfähigkeit,  die  Aufmerksamkeit  ausdauernd  einer  bestimmten  Tätigkeit  oder  eines  Sachverhalts  zuzuwenden.  

   

4.  Gedächtnisstörungen    Definition:  Die  Fähigkeit  neue  und  alte  Erfahrungen  wiederzugeben  ist  vermindert.      Gedächtnisstörungen  werden  in  der  traditionellen  Psychopathologie  wie  folgt  unterteilt:  

• Störungen  der  Merkfähigkeit:    Die  Fähigkeit,  sich  neue  Eindrücke  über  einen  Zeitraum  von  ca.  10  min.  zu  merken,  ist  vermindert  oder  aufgehoben.  

• Störungen  des  Altgedächtnisses  (Erinnerungsfähigkeit):    Die  Fähigkeit,  zurückliegende  Eindrücke  länger  als  10  min.  zu  behalten,  ist  gemindert  oder  aufgehoben.  

 • Amnesien:    

Hierbei  handelt  es  sich  um  inhaltlich  oder  zeitlich  begrenzte  Erinnerungslücken.  • Unterschieden  werden  (hinsichtlich  eines  schädigenden  Ereignisses  (z.B.  

Hirntrauma):  o Retrograde  Amnesie:  hier  ist  ein  bestimmter  Zeitraum  vor  dem  Ereignis  

betroffen,  o anterograde  Amnesie:  hier  ist  ein  bestimmter  Zeitraum  nach  dem  

Ereignis  betroffen,  o kongrade  Anmesie:  Erinnerungslücke  für  die  Dauer  der  

Bewusstlosigkeit.    

• Konfabulationen:    Erinnerungslücken  werden  mit  Einfällen  gefüllt,  die  vom  Patienten  selbst  für  wahre  Erinnerungen  gehalten  werden.  

• Paramnesie:    (Wahn-­‐,  Trugerinnerungen):  Gedächtnisstörungen  mit  verfälschten  Erinnerungen.  

• Beispiele:  „Deja-­‐vu“  =  das  Gefühl  bestimmte  Situationen  früher  schon  einmal  bzw.  „Jamais-­‐vu“  =  bestimmte  Situationen  noch  nie  erlebt  zu  haben.  

• Transitorische  globale  Amnesie  (TIA):    akute,  vorübergehende  Episode  von  Merkfähigkeits-­‐  und  Gedächtnisstörungen.  

   

Prüfung  der  Konzentrationsfähigkeit:  Ø Fortlaufendens  Abziehen  einer  Zahl  (z.B.  100  minus7),  Monatsnamen  

rückwärts  aufsagen  oder  längere  Wort  buchstabieren.    

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 5.  Störungen  der  Intelligenz    Definition:  Intelligenz  ist  eine  komplexe  Fähigkeit  des  Menschen,  sich  in  ungewohnten  Situationen  zurechtzufinden.  Sinn-­‐  und  Beziehungszusammenhänge  zu  erfassen  und  neuen  Anforderungen  durch  Denkleistung  zu  entsprechen.  Intelligenzstörungen  werden  angeboren  =  Oligophrenie  oder  im  späteren  Leben  erworben  =  Demenz.    

   

6.  Formale  Denkstörungen    Definition:  Formale  Denkstörungen  sind  Störungen  des  Denkablaufes.  Sie  äußeren  sich  überwiegend  in  der  Sprache,  z.B.  wie  denkt  jemand  und  wie  fasst  er  das  Gedachte  in  Worte?  Spricht  er  klar  und  deutlich?  Ist  das  Gesagte  verständlich?  Kann  er  beim  Thema  bleiben  oder  bricht  er  mitten  im  Satz  ab?  

Diagnostik:  Orientierende  Prüfung  des  Allgemeinwissens:  z.B.  einfache  Rechenaufgaben,  

Fragen  nach  dem  Grundwissen.  Orientierende  Prüfung  von  Denkleistungen:  z.B.  Erklären  von  Sprichwörtern,  

Unterschiede  von  konkreten  Begriffen  (Kind/Zwerg).  

Prüfung  der  Merkfähigkeit:  Benennen  von  3  Gegenständen  –  sofort  und  nach  10  Minuten  muss  der  Patient  die  3  Gegenstände  wiederholen  können.  Prüfung  des  Altgedächtnisses:  Abfragen  wichtiger  Daten,  z.B.  Heirat,  Berufsausbildung  usw.).    Hilfreiche  Einstiegsfragen  (Aufmerksamkeit  und  Konzentration:  

Ø Fällt  es  Ihnen  schwer,  einem  Gespräch  zu  folgen?  Ø Fällt  es  Ihnen  manchmal  schwer  bei  der  Sache  zu  bleiben?  Ø Können  Sie  sich  nicht  mehr  so  gut  konzentrieren  wie  früher?  

 Hilfreiche  Einstiegsfragen  Gedächtnis:  

Ø Wie  schätzen  Sie  Ihr  Gedächtnis  ein?  Ø Vermissen  Sie  zur  Zeit  mehr  Dinge?  Ø Haben  Sie  Schwierigkeiten  sich  etwas  zu  merken?  

   

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     Psychopathologie   Erklärung  Denkverlangsamung   Gedankengang  ist  verlangsamt,  schleppend.  Umständliches  Denken   Denken  ist  weitschweifig,    Nebensächliches  kann  

nicht  vom  Wesentlichen  getrennt  werden.  Eingeengtes  Denken   Einschränkung  des  inhaltlichen  Denkumfangs,  

Haftbleiben  an  diesen  Inhalten.  Perseveration   Ständiges  Wiederholen  eines  bestimmten  Gedankens.  Ständiges  Grübeln   Unablässiges  Beschäftigtsein  mit  bestimmten,  meist  

unangenehmen  Gedanken.  Gedankendrängen   Patient  fühlt  den  Druck  vieler  Einfälle  und  

wiederkehrender  Gedanken.  Ideenflucht   Übermäßig  einfallsreicher  Gedankengang.  Dabei  wird  

das  Denken  nicht  mehr  von  einer  Zielvorstellung  geführt,  sondern  wechselt  oder  verliert  das  Ziel  aufgrund  neuer  dazwischenkommender  Assoziationen.  

Vorbeireden   Der  Patient  geht  nicht  auf  die  Frage  ein,  bringt  inhaltlich  etwas  anderes  hervor,  obwohl  es  ersichtlich  ist,  dass  die  Frage  verstanden  wurde.  

Gedankenabreißen/Sperrung   Plötzlicher  Abbruch  eines  flüssigen  Gedankens  –  ohne  Grund.  

Zerfahrenheit/inkohärentes  Denken  

Denken  und  Reden  ist  zusammenhanglos  und  sprunghaft.  

Neologismen   Wortneuschöpfungen,  die  der  sprachlichen  Konvention  nicht  entsprechen  und  häufig  nicht  verständlich  sind.  

Konkretismus/Abstraktions-­‐vermögen  

Patienten  sind  unfähig,  die  Bedeutung  von  Sprichwörtern  zu  erkennen,  alles  wird  wörtlich  genommen.  

   

Beispiele  Denkzerfahrenheit:  „Ich bin jetzt im Haus ein Jahre lang links und rechts geimpft und wer kein Menschenfresser

ist, ist über 30 Jahre.“ „Früher sind die Leute aus blauäugigen Men-

Diagnostik/Einstiegsfragen:  Ø Haben  Sie  das  Gefühl,  das  sich  ihr  Denken  verändert  hat?  

Ø Fällt  Ihnen  das  Denken  schwerer  oder  leichter  als  normalerweise?  Ø Müssen  Sie  über  bestimmte  Dinge  vermehrt  Grübeln?  

Ø Drängen  sich  Ihnen  vermehrt  Gedanken  auf?  

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schen bestanden und wie Hirne schaffen.“ (aus AMDP-System, Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychia-

trie, 2000, S. 77). .

   7.  Inhaltliche  Denkstörung  (Wahn)    Definition:    Unter  Wahn  versteht  man  die    

• unkorrigierbare  Fehlbeurteilung  der  Realität,    • die  unbeeinflussbar  von  persönlichen  Erfahrungen  auftritt  und    • an  der  mit  absoluter  subjektiver  Gewissheit  festgehalten  wird.    

Die  wahnhafte  Überzeugung  wird  von  Mitmenschen  nicht  geteilt  und  können  nicht  nachvollzogen  werden,  da  sie  der  Realität  wiedersprechen.      Der  Wahn  muss  von  überwertigen  Ideen  abgegrenzt  werden.  Hierbei  handelt  es  sich  um  gefühlsmäßig  stark  besetzte  Erlebnisinhalte,  die  das  Denken  in  unsachlicher  und  einseitiger  Weise  beherrschen,  aber  nicht  absolut  unkorrigierbar  sind.        Realitätsferne  Phantasiewelten  des  mittelalterlichen  Malers  Hieronymus  Bosch  

     Je  nach  Art  der  Wahnentstehung  werden  folgende  Formen  unterschieden:  

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 • Wahneinfall  

Der  Wahneinfall  ist  eine  wahnhafte  Überzeugung,  die  plötzlich,  ohne  Stimulus  aufkommt.  Somit  ist  der  Wahneinfall  mit  keinem  Sinneskorrelat  verbunden.  

Beispiel:  Während  des  Frühstücks  wurde  mir  klar,  dass  ich  die          Welt  retten  muss.  

• Wahnwahrnehmung  Die  Wahnwahrnehmung  ist  stets  mit  einem  Sinneskorrelat  verbunden.  Eine  Sinneswahrnehmung  dient  dabei  als  auslösender  Reiz  der  Wahnwahrnehmung.  Dieser  Sinneswahrnehmung  wird  in  der  Folge  eine  unangemessene,  unrealistische  Bedeutung  zugeordnet.  

Beispiel:  Das  Lächeln  der  Verkäuferin  zeigte  mir,  dass  etwas  Schlimmes  passieren  würde.    

• Erklärungswahn  Psychotische  Symptome,  beispielsweise  das  Hören  von  Stimmen,  werden  durch  eine  wahnhafte  Überzeugung  erklärt.       Beispiel:  Mein  Untermieter  telepathiert  mir  Gedanken  in  den  Kopf.  

• Wahnstimmung  Die  Wahnstimmung  ist  ein  unspezifisches  Gefühl  des  Kranken,  dass  "etwas  in  der  Luft  liegt",  dass  etwas  mit  ihm  passieren  wird.  Der  Patient  ist  vermehrt  sensibel  gegenüber  äußeren  Reizen,  die  im  Sinne  einer  Wahnwahrnehmung  verkannt  werden.  Die  Wahnstimmung  führt  zu  Ängstlichkeit,  Fassungslosigkeit  und  Verzweiflung.  

• Wahndynamik  • Die  Wahndynamik  bezeichnet  die  affektive  Beteiligung  des  Kranken  an  seinem  

Wahnerleben,  die  beeinflussend  auf  Antrieb  und  Stimmung  wirkt.  Systemischer  Wahn  Durch  logische  oder  paralogische  Erklärungen  werden  verschiedenste  Wahnideen  zu  sogenannten  Wahngebäuden  verknüpft.  womit  die  Verzerrung  der  Realität  für  den  Kranken  nachvollziehbar  scheint.  

   Wahninhalte  Je  nach  Inhalt  des  Wahns  kann  unterschieden  werden  zwischen:  

• Beziehungswahn  Beim  Beziehungswahn  setzt  sich  der  Kranke  wahnhaft  in  Beziehung  zu  Menschen  und  Objekten  der  Umwelt.  

Beispiel  1:  "Aus  den  Nummernschilder  der  Autos  konnte  ich  ersehen,  dass  etwas  passieren  wird."  Beispiel  2:  "Die  Bild-­‐Zeitung  war  heute  schon  wieder  voll  mit  meinen  Geschichten."  

• Bedeutungswahn  Ein  zufälliges  Ereignis  wird  durch  den  Kranken  als  besonders  bedeutungsvoll  missinterpretiert.  

• Beeinträchtigungswahn  Kennzeichen  des  Beeinträchtigungswahns  ist,  dass  der  Patient  sich  durch  andere  beeinträchtigt  bzw.  eingeschränkt  oder  geschädigt  fühlt.  Eine  Form  des  Beeinträchtigungswahns  ist  der  Verfolgungswahn.  

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Beispiele:  "Meine  Nachbarn  hören  mich  ab.",  "Der  Arzt  wurde  von  einer  Organisation  beauftragt,  mir  zu  schaden."  

• Eifersuchtswahn  Beim  Eifersuchtswahn  ist  der  Patient  überzeugt,  vom  Partner  betrogen  zu  werden.  

• Liebeswahn  Der  Liebeswahn  ist  die  wahnhafte  Überzeugung,  von  anderen  geliebt  zu  werden.  

• Schuldwahn  Der  Patient  ist  überzeugt,  gegen  die  Gebote,  gegen  die  Moral  verstoßen  zu  haben.  

• Verarmungswahn  Der  Verarmungswahn  hat  die  unumstößliche  Überzeugung  zum  Inhalt,  die  finanzielle  Basis  des  eigenen  Überlebens  sei  bedroht  oder  verloren.  

• Hypochondrischer  oder  somatischer  Wahn  Der  Patient  ist  überzeugt,  schwer  erkrankt  zu  sein,  bzw.  erlebt  die  Gesundheit  als  bedroht.  Außerdem  hat  er  die  Wahnvorstellung,  der  eigene  Körper  sei  irgendwie  fremd  oder  würde  nicht  richtig  funktionieren.  Das  kann  z.B.  der  Glaube  sein,  man  würde  seltsam  riechen  oder  bestimmte  Körperteile  (Nase,  Brüste,  Füße)  seien  besonders  merkwürdig  oder  missgestaltet.  Häufig  glauben  Menschen  mit  solchen  Wahnideen,  in  ihrem  Körper  existiere  ein  Parasit  oder  Insekt,  das  ein  Körperteil  zerstören  will.  Eine  Spielart  ist  der  Dermatozoenwahn.  

• Nichtigkeitswahn  Der  Nichtigkeitswahn  ist  die  wahnhafte  Überzeugung,  die  eigene  Person  sei  außerordentlich  minderwertig  und  unwichtig.  Im  Extremfall  besteht  sogar  die  Vorstellung  der  eigenen  Nicht-­‐Existenz  =  Nihilistischer  Wahn.  

• Größenwahn  Hauptmerkmal  des  Größenwahn  ist  die  wahnhafte  Selbstüberschätzung,  wobei  sich  der  Patient  oftmals  mit  berühmten  Persönlichkeiten  der  Vergangenheit  oder  Gegenwart  identifiziert.  

• Doppelgänger-­‐Wahn  Der  Patient  ist  überzeugt,  es  existiere  ein  Doppelgänger.  

• Wahnerinnerung  Wahnhaft  verfälschte  Erinnerungen.    

   

8.  Wahrnehmungsstörungen  und  Sinnestäuschungen    Zusammengefasst lassen sich drei große Gruppen von Wahrnehmungsstörungen

Diagnostik/Einstiegsfragen:  Ø Haben  Sie  in  der  letzten  Zeit  Dinge  erlebt,  die  Ihnen  merkwürdig  vorkamen?  

Ø Haben  Sie  Dinge  erlebt,  die  andere  für  merkwürdig  halten?  Ø Meinen  Sie,  dass  bestimmte  Menschen  etwas  gegen  sie  haben?  

Ø Haben  Sie  das  Gefühl,  Schuld  auf  sich  geladen  zu  haben?  Ø Haben  Sie  das  Gefühl,  mit  Ihrem  Körper  sei  etwas  nicht  in  Ordnung?  Ø Haben  Sie  das  Gefühl,    über  besondere  Fähigkeiten  zu  verfügen?  

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unterscheiden:

• Halluzinationen • den Halluzinationen nahestehende Phänomene • einfache Wahrnehmungsveränderungen oder sensorische Störungen

Halluzinationen Halluzinationen sind Wahrnehmungen ohne einen äußeren Sinnesreiz, die auch nur der Patient hört, sieht, fühlt, riecht oder schmeckt, während sein Umfeld das Vorhandensein dieser Wahrnehmung nicht bestätigen kann. Der Patient selbst kann diese Wahrnehmung als Gewissheit empfinden aber auch daran zweifeln, bzw. sie als unwirkliche Halluzination erkennen.

Halluzinationen  können  in  allen  Sinnesbereichen  auftreten:    

• Akustische Halluzinationen: Sie treten in allen Varianten auf, als Töne (Akoasmen) oder Stimmen (Phoneme); hier in Rede und Gegenrede (dialogisch), als handlungsbegleitend (kommentierend), befehlend (imperativ) oder als Gedankenlautwerden. Solche Halluzinationen treten meist bei Schizophrenie aber auch bei Alkoholhalluzinose, Alkoholdelir oder der epileptischen Aura auf.

• Optische Halluzinationen: Treten in Form von Blitzen, Lichtern oder Farben auf oder als Gestalten, Figuren oder Szenen. Sie sind weniger typisch für die Schizophrenie als für organische Psychosen (Alkoholentzugsdelir – das Sehen von weißen Mäusen) oder bei Drogen (LSD)

• Olfaktorische/gustatorische Halluzinationen: Treten bei Hirnschädigungen durch Tumore oder in der epileptischen Aura auf, aber auch bei wahnhaften Verfolgungs- und Vergiftungsängsten (das Schmecken von Gift) oder bei depressiven Erkrankungen (das Riechen von Fäulnisgeruch).

• Taktile oder haptische Halluzinationen: Treten bei älteren Menschen mit organischen Psychosen auf, in Form von sich angepustet, festgehalten, durchstochen oder gewürgt fühlen oder in Form des Gefühls, dass Käfer über die Haut krabbeln (Dermatozoenwahn, chronische taktile Halluzinationen).

• Zönästhesien: Störung des Leibesempfindens. Der Patient fühlt sich verfault, leer, schrumpfend, wachsend oder er glaubt, seine Organe würden sich bewegen/verschieben. Zönästhesien werden als meinhaftig erlebt!

• Leibhalluzinationen oder zönästhetische Halluzination: Leibeshalluzinationen haben den Charakter des von außen Gemachten (z.B. Bestrahlung, Elektrisierung durch andere), während Zönästhesien dieses von außen Gemachte nicht haben. Hier fühlt sich der Patient aus Stein, vergoldet, völlig leer, etc

 

Halluzinationen beziehen sich auf die fünf Sinne des Menschen und können mit VAKOG gemerkt werden: Visuell, Akustisch, Kinästhetisch (gefühlt), Olfaktorisch (Geruch) und Gustatorisch (Geschmack).

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   Den Halluzinationen nahestehende Phänomene

• Pseudohalluzinationen: Sie finden eher im subjektiven Raum statt und werden als

Täuschung erkannt. Oft sind sie die Vorstufe zu Halluzinationen. • Illusionen oder illusionäre Verkennung: Etwas Vorhandenes wird als etwas anderes

erlebt. Sie treten bei Dunkelheit auf, in der man in ängstlicher Atmosphäre einen Busch als einen Menschen verkennt. Daher sind Sie nicht als Störung zu bewerten. Bei Schizophrenie können Sie einen solchen Charakter annehmen, wenn beliebige Stimmen als Lästern gedeutet werden. Bei organischen Psychosen treten sie eher im optischen Bereich auf.

• Pareidolien: Hier werden Dinge in wirklich Vorhandenem gesehen oder gehört. Gesichter in Wolken, Worte in Gemurmel, etc. Im Gegensatz zur Illusion oder illusionären Verkennung bleiben beide, Gegenstand und Phantasiegebilde, nebeneinander bestehen.

Einfache Wahrnehmungsveränderungen

• Intensitätsminderung: Alles erscheint farblos und grau, fade, etc. Häufig bei der Depression.

• Intensitätssteigerung: Alles wird intensiver wahrgenommen. Bei Manie oder Drogeneinfluss.

• Mikropsie: Gegenstände erscheinen kleiner, als sie sind. • Makropsie: Gegenstände erscheinen größer, als sie sind. • Metamorphopsie/Dysmegalopsie: Gegenstände werden in Farbe und Form verändert

wahrgenommen.

 

           

Diagnostik/Einstiegsfragen:  Ø Gibt  es  irgendetwas,  was  Sie  ängstigt  oder  ablenkt?  

Ø Wirkt  irgendetwas  auf  Sie  ein,  was  Sie  stört  oder  beunruhigt?  Ø Hören  Sie  Stimmen?  Hören  Sie  manchmal  jemanden  sprechen,  obwohl  niemand  

im  Raum  ist?  Ø Sind  es  vielleicht  nur  Ihre  Gedanken,  die  da  laut  werden?  

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 Klinischer  Fall:  Akustische  Halluzinationen  

• Dialogisierende/imperative  Stimmen:  „Ich  habe  die  Stimmen  mehrerer  Männer  gehört,  die  sich  über  mich  unterhalten  haben.  Eine  davon  hat  mir  dann  den  Befehl  gegeben,  nach  Hamburg  zu  fahren.“  

• Kommentierende  Stimmen:  „Ich  habe  eine  Stimme  gehört.  Sie  hat  mich  immer  gelobt  oder  getadelt,  je  nachdem  was  ich  gemacht  habe.“  

 Halluzinationen  auf  anderen  Sinnesgebieten  

• Optische  Halluzinationen:  „und  da  habe  ich  plötzlich  mitten  in  der  Stadt  eine  Armee  von  Soldaten  mit  lauter  Goldhelmen  auf  mich  zukommen  sehen.“  „  Der  ganze  Raum  war  mit  Lichtblitzen  und  bunten  Vierecken  angefüllt.“  

• Gustatorische  Halluzinationen:  „  Auf  einmal  hatte  ich  einen  richtigen  fauligen  Geschmack  um  Mund.“  

• Olfaktorische  Halluzinationen:  „“Plötzlich  hat  es  nach  Gas  gerochen;  es  war  ganz  merkwürdig,  weil  es  sonst  keiner  gemerkt  hat.“  

• Taktile  Halluzinationen:  „  Da  habe  ich  gespürt,  wie  sich  eine  kalte,  behaarte  Hand  auf  meinen  Körper  legte;  ganz  deutlich  habe  ich  die  fünf  Finger  gespürt.  Es  war  eine  ganz  raue  Hand.“  „Plötzlich  ist  mir  eiskaltes  Wasser  über  den  Rücken  gelaufen.  Als  ich  nachgesehen  habe,  war  die  Haut  aber  ganz  trocken.“  

 Sinnestäuschungen  im  Bereich  der  Körperwahrnehmung/Zönästhesien:  

„  Elektrischer  Strom  fließt  durch  meinen  Bauch;  das  Herz  und  der  Darm  ziehen  sich  zusammen.“  „In  meinem  Kopf  schwappt  das  Gehirn  hin  und  her.“  

 Optische  Halluzination  im  LSD-­‐Rausch

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9. Ich-Störungen Im Normalzustand ist uns klar, dass ich - ich selbst bin. Abweichungen von diesem Selbstverständnis werden als Ich-Störung bezeichnet.

Psychotische Ich-Störung Sie gehören nach K. Schneider zu den Erstrangsymptomen der Schizophrenie. Bestimmte Vorgänge werden nicht mehr als dem Ich zugehörig betrachtet, sondern als von außen gemacht, beeinflusst und gelenkt.

Sie betreffen das Denken, besonders bei der Schizophrenie in Form von:

• Gedankeneingebung • Gedankenentzug • Gedankenausbreitung

oder der Schizophrene erlebt seine Handlungen als von außen gemacht, in Form der:

• Willensbeeinflussung.

Die Schranke zwischen dem Ich und der Umwelt wird hierbei aufgeweicht. Oft erklären die Patienten diese Erlebnisse mit Hypnose, Suggestion oder Fernsteuerungs-Apparaten, die sie lenkten.

Entfremdungserleben

Kommt der Patient sich selbst fremd vor, spricht man von einem Depersonalisationserleben; eng gekoppelt damit ist die Fremde der Umgebung = Derealisationserleben. Zum Beispiel erleben sich depressive Menschen wie abgekoppelt von der Welt als Schatten oder im Nebel stehend.

Diese Erlebnisse haben nicht das Gefühl des von außen Gemachten. Sie können im normalpsychischen Bereich auftreten (Übermüdung oder bei Depressionen, Schizophrenien, Persönlichkeitsstörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen, dissoziativen Störungen oder Drogenkonsum.

Diagnostik/hilfreiche  Einstiegsfragen:  Ø Haben  Sie  in  letzter  Zeit  beobachtet,  dass  Sie  oder  Ihre  Umgebung  sich  

verändert  hat?  Ø Kommt  Ihnen  die  sonst  vertraute  Umgebung  irgendwie  verändert  vor?  

Ø Fühlen  Sie  sich  selbst  irgendwie  verändert?  Ø Haben  Sie  das  Gefühl  andere  kennen  Ihre  Gedanken?    ......  können  Ihre  

Gedanken  wegnehmen?      

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10. Störungen der Affektivität und Angst Definition: Affektivität beschreibt die Gesamtheit des Gefühlslebens eines Menschen nach dessen Grundstimmung, Intensität, Ansprechbarkeit und Dauer. Affekt beschreibt die Gestimmtheit im Augenblick. Störungen der Affektivität können sein:

• Affektverarmung, affektive Verflachung: Beschreibt den Zustand mangelnder Gefühle, der Patient kann keine Freude empfinden (Anhedonie) und empfindet ein Gefühl der Gefühllosigkeit. Dabei schwindet das Gefühl für Empfindungen gänzlich, häufig ist dies bei Depressionen so. Affektverarmung kommt bei organischen oder bei schizophrenen Psychosen vor.

• Affektstarre: Der Patient verharrt in einem Affekt, unabhängig von der äußeren Situation. Sie kommt bei organischen Psychosen, Depressionen oder Schizophrenie vor.

• Inadäquater Affekt oder Parathymie: Ebenso bei organischen Psychosen, Depression oder Schizophrenie kommen paradoxe Affekte vor. Der Patient lacht bspw. wenn er etwas Trauriges erzählt.

• Affektinkontinenz: Der Patient kann seine Affekte nicht mehr steuern, sie brechen aus ihm heraus. Gefühlsausdruck und Erlebnisinhalt stimmen nicht überein. Der Patient fängt beim Namen einer Person bitterlich an zu weinen. Sie kommt bei organischen Psychosen vor (z.B. vaskulären ZNS-Erkrankungen)

• Affektlabilität: Die Stimmung wechselt spontan und hat jeweils eine kurze Dauer. „Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt“. Kommt v.a. bei organischen Psychosen vor.

• Ambivalenz: Positive wie negative Gefühle bestehen gleichzeitig nebeneinander, wie Liebe und Hass. Neben dem normalpsychischen Bereich kommt dieser Zustand bei Depressionen, Zwangsstörungen und Schizophrenie vor, aber auch bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung

• Störung der Vitalgefühle: Hier empfindet bspw. der depressive Mensch ein körperliches Gefühl als Ausdruck seiner Traurigkeit (Schmerzen in der Brust, etc.). Wenn Vitalstörungen und körperliche Symptome bei einer Depression im Vordergrund stehen, spricht man von einer larvierten oder maskierten Depression.

• Läppischer Affekt: Alberne, leere Heiterkeit mit dem Anstrich des Einfältige, Törichten, Unreifen.

• Insuffizienzgefühle: hier hat der meist depressive Mensch das Gefühl, nichts wert oder unfähig zu sein.

• Dysphorie: Missmutige Stimmungslage.

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• Euphorie: Übersteigertes Wohlempfinden, des Behagens, der Heiterkeit, der Zuversicht.

11. Zwänge, Phobien, Ängste und hypochondrische Befürchtungen Angst: Angst ist ein unbestimmtes Gefühl der Beengung oder des Ausgeliefertseins. Meist geht sie mit vegetativen Symptomen (Herzrasen, Schweißausbrüche, Schwinde)l einher. Sie kommt im

o normalpsychischen Bereich, z.B. Prüfungsangst o in bestimmten Situationen als Phobie o oder in Form von Panikattacken o als generalisierte Angst o bei affektiven Störungen und schizophrenen Psychosen und bei

organischen Erkrankungen (z.B. Asthma) vor.

Phobien: Phobien werden durch eine unbestimmte Angst vor Dingen oder Situationen gekennzeichnet. Dabei ist dem Patienten auf intellektueller Ebene bewusst, dass die Angst unbegründet ist. Trotzdem wird er von der Angst überwältigt und meidet Situationen, in denen eine Konfrontation stattfinden könnte.

Misstrauen: Befürchtung, jemand anderes führe etwas gegen einen im Schilde.

Hypochondrische Befürchtungen: Sachlich nicht begründbare, beharrlich festgehaltene Sorge um die eigene Gesundheit.

Zwangsgedanken/-impulse: Aufdrängen von nicht unterdrückbaren Denkinhalten, die als sinnlos und meist als quälend empfunden werden.

Diagnostik/hilfreiche  Einstiegsfragen:  Ø Hat  sich  irgendetwas  in  Ihrem  Gefühlsleben  verändert?  

Ø Fühlen  Sie  sich  niedergeschlagen  oder  traurig?  Ø Leiden  Sie  unter  Angstzuständen?  Ø Fühlen  Sie  sich  innerlich  unruhig?  

Ø Glauben  Sie,  dass  Sie  weniger  wert  sind  als  andere  Menschen?  Ø Ändert  sich  Ihre  Stimmung  manchmal  von  einer  Minute  zur  anderen?  

Ø Muten  Sie  sich  im  Augenblick  besonders  viel  zu?    

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Zwangshandlungen: In der Art oder Intensität als sinnlos erkannte und meist als quälend empfundene, vom Betroffenen nicht unterdrückbare Handlungen.

12. Antriebsstörungen und psychomotorische Störungen Definition: Antrieb bezeichnet die Grundaktivität des Menschen, Dinge zu tun. Antrieb wird durch eine Motivation verursacht.

Antriebsstörungen

• Antriebsarmut oder Antriebsmangel: Patient wie Untersucher erleben diesen Zustand als Mangel an Initiative und Spontaneität. Sie kommt bei organischen Psychosen, Störungen der Affektivität und Schizophrenie vor.

• Antriebshemmung oder Antriebsschwäche: Bei Antriebshemmung erlebt sich der Patient als gebremst. Bei einer Antriebsschwäche flacht der Antrieb schnell wieder ab, und kann nur mit Mühe aufrecht erhalten werden. Typischerweise kommt dieses Symptom bei Depressionen vor.

• Antriebssteigerung: Die Patienten sind lebhafter als sonst, sie verrichten zielgerichtet die Dinge, bei schwerer Ausprägung bis hin zu Chaos und Unordnung. Zu finden sind sie bei organischen Psychosen und der Manie, dann bis hin zur Enthemmung. Auch bei Drogeneinfluss oder sonstiger starker affektiver Erregung.

Psychomotorische Störungen

Beim schizophrenen Krankheitsbild bezeichnet man Störungen der Motorik auch als katatone Symptome.

Diagnostik/hilfreiche  Einstiegsfragen:  Ø Gab  es  in  den  letzten  Tagen  Gefühle  von  Ängstlichkeit?  

Ø Ängstigen  Sie  sich  im  Moment  mehr  als  üblich?  Ø Geraten  Sie  in  bestimmten  Situationen  in  Angst?  

Ø Befürchten  Sie,  ernsthaft  krank  zu  sein?  Ø Müssen  Sie  bestimmte  Gedanken  immer  wieder  denken,  obwohl  Sie  sich  

innerlich  zur  Wehr  setzen?  Ø Müssen  Sie  bestimmte  Dinge  immer  wieder  tun,  obwohl  Sie  diese  für  

unsinnig  halten?    

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Hier gibt es zwei Ausprägungen:

Hypokinesen

• Stupor/Mutismus Fehlen von Bewegung und Sprechen bei klarem Bewusstsein.

• Negativismus Sperren gegen jede Handlung, zu der man aufgefordert wird.

• Katalepsie Unbequeme Körperstellungen werden abnorm lange ausgeführt.

• Haltungsstereotypen Verharren in bestimmten Haltungen für lange Zeit, auch nach äußeren Veränderungsversuchen.

Hyperkinesen

• Psychomotorische Erregung ��� • Bewegungs- und Sprachstereotypen

Zielloses Wiederholen von Worten oder Bewegungen.

• Echolalie/Echopraxie Ständiges, sinnloses Nachahmen von Worten und Bewegungen.

• Manierismen ���sonderbare Abwandlungen von alltäglichen Bewegungen (bspw. Grimassen schneiden).

Kontaktstörung Definition: Kontakt bezeichnet die Fähigkeit, soziale Distanzen zu Mitmenschen zu überwinden. Eine Kontaktstörung kann als Kontaktarmut erlebt werden oder als völlige Distanzlosigkeit bei Manikern. Sie können bei allen psychischen Störungen vorkommen und natürlich auch im normalpsychischen Bereich.

• Antrieb kann gehemmt und gesteigert sein. • Katatone Störungen sind Bewegungsstörungen ���mit psychischer Ursache

Quelle: Psychiatrie und Psychotherapie – Duale Reihe/Möller/Laux,Deister Lehrbuch Heilpraktiker für Psychotherapie – C. Ofenstein Pegasus-Lehrskript