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Skript LAAG II

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Skript LAAG II

Stefan E. Schmidt

LATEX: Maximilian Marx

Jens Zumbr�agel

TU Dresden

Sommersemester 2014

Version vom 29.08.2014

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Inhaltsverzeichnis

”Wenn Leute nicht glauben, dass Mathematik einfach ist, dann nur deshalb,

weil sie nicht begreifen, wie kompliziert das Leben ist.“

(– John von Neumann)

1 Projektionen, Basen, Austauschprinzip 1

1.1 Projektionen und Retraktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

1.2 Steinitzsches Austauschprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.3 Erzeugter Unterraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2 Projektive und affine Geometrie 9

2.1 Unterraumverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.2 Projektive Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.3 A�ne Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2.4 Rang- und Dimensionsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3 Multilinearitat und Determinanten 25

3.1 Multilineare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

3.2 Determinanten, Leibniz-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

3.3 Multilineare Fortsetzung und Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

3.4 Cramersche Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.5 Elementargeometrie in euklidischen Vektorr�aumen . . . . . . . . . . . . . . . 35

4 Charakteristisches Polynom 41

4.1 Aktionsnetzwerke und Faltungsalgebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

4.2 Eigenwerte, Eigenvektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4.3 Caley-Hamilton, Jordan-Normalform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

iii

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1 Projektionen, Basen, Austauschprinzip

SeiM = (M,S,σ) linksseiter Semiring-Modul,"Modul �uber S\.

Laxe Schreibweise MS

∶=M.

1.1 Beispiel

Mod(S,P) = (S(P)add

,S,σ), P Menge, wobei σ(s,λ) ∶= s ⋅ λ ∶ P → S, p↦ s ⋅ λp.(Anwender: 3 ⋅ (7, 3, 5) = (3 ⋅ 7, 3 ⋅ 3, 3 ⋅ 5), P = {p,q, r}, s = 3, λp = 7, λq = 3, λr = 5.)Laxe Schreibweise S

(P)S

∶= Mod(S,P), f�ur P endlich SPS

. F�ur S = R also RPR

reeller

Vektorraum.

Ganz lax S(P) ∶= S(P)

S, f�ur S = R also R(P). F�ur P = [n] sei Sn ∶=Mod(S, [n]), also Rn

n-dimensionaler reeller Vektorraum (n = 2 Ebene, n = 3 Raum). 2

Es ist δP ∶ P → S(P), p↦ δPp Standardbasis"Diracbasis\ von Mod(S,P) = S(P), wobei

δPp ∶ P → S, q↦⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

1 f�ur q = p,0 sonst.

Universelle Eigenschaft (lineare Abbildungen): Sei M = (M,S,σ) Semiring-Modul und

sei γ ∈MP:

PδP

}}||||||||γ

��????????

S(P) M

Dann existiert genau eine lineare Abbildung fγ ∶ Mod(S,P) → M, gegeben durch λ ↦λ ∗ γ ∶= ∑p∈P λp ⋅ γp, so dass das Diagramm

PδP

}}||||||||γ

��????????

S(P) fγ//

///

M

kommutiert, das hei�t fγ ○ δP = γ. Sinnbild:

PδP

zzuuuuuuuuuuγ

��@@@@@@@@

Mod(S,P)∃!fγ

//

///

M

1

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1 Projektionen, Basen, Austauschprinzip

1.1 Projektionen und Retraktionen

Jede Abbildung f ∶ A→ B hat eine Zerlegung f = ι ○ g ○ πA/kerf wie folgt:

x_

��

Af //

πA/ker f

����

///

B y

[x]ker f A/ker f ∼g

// Im f� ?

ι

OO

y_

OO

[x]ker f � // fx

Entsprechendes gilt f�ur Morphismen f ∶ A→ B (zum Beispiel) von Monoiden A und B.

Wichtige Einsicht zu Projektionen Was ist eine Projektion?

"intern\: lineare Projektion, das hei�t lineare AbbildungM ϕ−→M (Endomorphismus)

mit ϕ2 = ϕ (idempotent)

"extern\: Retraktion (Zur�uckziehung), Split-Epi (entscheidender Teil einer Projektion,

"externe Projektion\)

(Raum) Af //

B (Ebene)goo

Zum Beispiel f ∶ R3 → R2, (x,y, z) ↦ (x,y), und g ∶ R2 → R3, (x,y) ↦ (x,y, 0), dannprojiziert f Raum auf Ebene, g bettet Ebene in den Raum ein.

1. f Retraktion zu g, das hei�t f ○ g = idB.

2. g Sektion zu f, das hei�t f ○ g = idB.

3. π ∶= g ○ f idempotente Abbildung ("verallgemeinerte Projektion\), denn

π ○ π = (g ○ f) ○ (g ○ f) = g ○ (f ○ g) ○ f = g ○ f = π.

p

f

fp

g

gfp = πp

1.2 Beispiel

Sei ϕ Morphismus von einem Monoid M = (M,+, 0) in ein Monoid M ′ = (M ′,+ ′, 0 ′), dashei�t M

ϕ−→ M ′, ϕ(x + y) = ϕx + ′ ϕy, ϕ0 = 0 ′.Sei U ⊆ M Transversale von ϕ, das hei�t zu jedem x ∈ M existiert genau ein ux ∈ U

mit ϕx = ϕ(ux), also ist U Vertretersystem von M/kerϕ, und U bildet ein Untermonoid

von M (das hei�t u,w ∈ U⇒ u +w ∈ U und 0 ∈ U).

2

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1.1 Projektionen und Retraktionen

Sei ε ∶ M → U, x ↦ ux und ι ∶ U → M, u ↦ u. O�ensichtlich (nach De�nition) gilt

ε ○ ι = idU, das hei�t ε ist Retraktion zu ι. Zugeh�orige Projektion ist π ∶= ι ○ ε ∶M→M.

Mϕ //

ε

@@@@@@@@@@@@@

π∶=ι○ε

��

M ′

M ε// U/ O

ι

``@@@@@@@@@@@@@� ?

ψ∶=ϕ○ι

OO

Behauptung: ε Morphismus, das hei�t ux+y = ux + uy f�ur alle x,y ∈M, und u0 = 0.Begr�undung: Es gilt ϕ(ux+y) = ϕ(x + y) = ϕx + ϕy = ϕ(ux) + ϕ(uy) = ϕ(ux + uy)

(weil U Transversale von ϕ, und ϕ Morphismus). Also ϕ(ux+y) = ϕ(ux + uy), somit

ux+y = ux + uy (weil U Transversale von ϕ). Au�erdem gilt ux = x f�ur alle x ∈ U, da UTransversale von ϕ ist. Insbesondere ist u0 = 0, da 0 ∈ U ist.

Also ist ε ∶M→ U, x↦ ux Morphismus von M nach U ∶= M∣U mit ε ○ ι = idU, das hei�tε ist Retraktion zu ι. Also π ∶= ι ○ ε ist idempotent (verallgemeinerte Projektion), es gilt

sogar ε ○ π = ε, da ε ○ (ι ○ ε) = (ε ○ ι) ○ ε = idU ○ε = ε.

Behauptung: ψ ∶= ϕ ○ ι = ι∣U ist Einbettung, das hei�t injektiv. F�ur x ∈ U ist ψx =ϕ(ιx) = ϕx. Sei x,y ∈ U mit ψx = ψy, also ϕx = ϕy, dann ist x = y, da U Transversale ist.

Also ist ϕ = ψ ○ ε mit ψ Einbettung und ε Retraktion. 2

Warnung: Oft hat ϕ keine Transversale U. Beispiel: ϕ ∶ Z→ Z2, x↦⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

1 x ungerade,

0 gerade.

Versuche U ∶= 2Z = Kerϕ? Es gibt kein 2-elementiges Untermonoid von Zadd.

Transversalen von linearen Abbildungen Seien M = (M,S,σ) und M ′ = (M ′,S,σ ′)Semiring-Moduln. U ⊆M bilde Untermodul (

"Unterraum\) vonM, das hei�t �0 ∈ U und

aus u,v ∈ U folgt stets u + v ∈ U, und f�ur s ∈ S und u ∈ U ist stets su = σ(s,u) ∈ U (laxe

Notation U ≤M).

Sei au�erdem ϕ lineare Abbildung von M nach M ′, das hei�t ϕ�0 = �0 ′, ϕ(v1 + v2) =ϕv1 +ϕv2 und ϕ(sv) = sϕv f�ur alle v,v1,v2 ∈M, s ∈ S (folglich ist ϕ(λ ∗ γ) = λ ∗ (ϕ ○ γ),das hei�t ϕ(∑p∈P λp ⋅ γp) = ∑p∈P λp ⋅ ϕ(γp), f�ur alle λ ∈ SP und γ ∈ MP f�ur beliebige

endliche Mengen P).

Eine Transversale von ϕ ∶M→M ′ ist ein Untermodul U ≤M derart, dass:

∀x ∈M ∃!ux ∈ U ∶ ϕx = ϕ(ux).

1.3 Beispiel

Sei ϕ Projektion von R3 =Mod(R, [3]), zum Beispiel

R3 → R3, (x1,x2,x3)→ (x1,x2, 0),

U = Imϕ = R2 × {0} = {λ ∈ R[3] ∣ suppλ ⊆ [2]}. Zu x = (x1,x2,x3) ist ux = (x1,x2, 0) = ϕx,ϕx = ϕ(ϕx) = ϕ(ux) (R3 ≡ R[3], (x1,x2,x3) = x1δP1 + x2δP2 + x3δP3 f�ur P = [3] = {1, 2, 3}).Beachte R2 ≠ U = R2 × {0}. 2

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1 Projektionen, Basen, Austauschprinzip

Allgemein gilt: IstM ϕ−→M (alsoM =M ′) Projektion, das hei�t ϕ linear und idem-

potent, so ist U ∶= Imϕ = ϕM Transversale von ϕ.

Begr�undung: Sei x ∈M, setze ux ∶= ϕx. Dann ist ϕx = ϕ(ϕx) = ϕ(ux). Sei u ∈ U mit

ϕx = ϕu. Dann existiert y ∈ M mit u = ϕy (da u ∈ U = Imϕ), also ux = ϕx = ϕu =ϕ(ϕy) = ϕy = u. Also ist ux eindeutig.

Weiter ist ε ∶ M → U, x ↦ ux lineare Abbildung (�Ubung!). Es ist sogar ε Retraktion

von ι ∶ U→M, x ↦ x, da ε ○ ι = idU.Dann ist π ∶= ι ○ ε ∶ M → M, x ↦ (ι ○ ε)x = ι(εx) = ι(ux) = ux (triviale Fortsetzung

von ε im Wertebereich) Projektion, und ψ ∶= ϕ ○ ι = ϕ∣U (Einschr�ankung von ϕ auf

U) ist injektiv, das hei�t U ψ−→ M ist Einbettung von U (der von U in M induzierte

Semiring-Modul) inM.

1.4 Theorem

Seien M = (M,S,σ) und M ′ = (M ′,S,σ ′) Semiring-Moduln und M ϕ−→ M ′ lineare

Abbildung mit Transversale U; bezeichne U den induzierten Untermodul zu U inM,

also U ∶= M∣U. Dann gibt es eine Retraktion ε von ι ∶ U →M, x ↦ x (Inklusionsab-

bildung von U in M) mit

M ϕ //

ε

!!CCCCCCCCCCCCCC M ′

M

ι○ε=∶π

OO

ε//

///

///

U

ψ∶=ϕ○ι

OO

ι

aaCCCCCCCCCCCCCC

Insbesondere ist ϕ = ψ ○ ε Verkettung einer Retraktion mit einer Einbettung. 2

Warnung:M = (Zadd,Z,σ) undM ′ = ((Zadd)12,Z,σ ′) und

ϕ ∶ Z→ Z12, x↦ x12 ∶= x mod 12

(Rest von x geteilt durch 12). Dann gibt es keine Transversale von ϕ!

Denn ist U ≤ Zadd, dann existiert n ∈ N mit U = n ⋅ Z, somit ist U unendlich (n ≠ 0)

oder einelementig (n = 0), das hei�t U = {0}, ϕZ ist aber 12-elementig. Es m�usste ϕ∣Uinjektiv sein, Widerspruch.

Ausblick: Ist S Divisionsring (zum Beispiel K�orper), so hat jede lineare Abbildung

M ϕ−→ M ′ eine Transversale (also ϕ = ψ ○ ε mit ψ Einbettung, ε Retraktion). (Und:

Steinitzsche Austauscheigenschaft.)

1.2 Steinitzsches Austauschprinzip

Sei S Divisionsring, M = (M,S,σ) =∶ MS

Semiring-Modul. M hei�t auch (linksseitiger)

Vektorraum �uber S. Ein kommutativer Divisionsring hei�t K�orper. Meist werden Vek-

torr�aume �uber K�orpern betrachtet.

Q,R,C,Zp (p prim) sind Beispiele f�ur K�orper. H Hamiltonsche Quaternionen ist Beispiel

eines Divisionsringes ("Schiefk�orper\), der kein K�orper ist.

CR

≃ R2R

, HR

≃ R4R

.

4

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1.2 Steinitzsches Austauschprinzip

Steinitzsche Austauscheigenschaft Sei M Vektorraum, M = MS

, M = (M,+, �0) kom-

mutative Gruppe von"abstrakten\ Vektoren, S = (S,+, ⋅, 0, 1) Divisionsring (zum Beispiel

K�orper). Bilde U ⊆M Unterraum vonM, das hei�t �0 ∈ U und ∀u,w ∈ U ∶ u +w ∈ U und

∀s ∈ S ∀u ∈ U ∶ su = σ(s,u) ∈ U.

�0 ∈!U

u ∈ Uw ∈ U

u +w ∈!U

�0

u ∈ U

su ∈!U

Dann folgt Su + Sw ∶= {su + tw ∣ s, t ∈ S} ⊆ U f�ur alle u,w ∈ U.

�0u ∈ U

w ∈ U

su + tw ∈!U

Su + Sw ⊆!U

1.5 Beispiel

SeiM = R3 und seien u,w ∈ R3∖{�0} mit Ru ≠ Rw, sowie U ∶= Ru+Rw. F�ur jedes v ∈ R3∖Ugilt dann

U + Rv = R3,

also ∀λ ∈ R3 ∃u ∈ U, r ∈ R ∶ u + rv = λ.Das hei�t, ist (u,w) unabh�angig in R3 und ist v ∈ R3 ∖U, dann ist (u,v,w) Basis. 2

Steinitz verallgemeinert das Austauschprinzip des R3:

1.6 Theorem

SeiM Vektorraum �uber Divisionsring S. Bilde U ⊆M Unterraum vonM, und seien

p,q ∈M mit q ∈ U + Sp und q /∈ U. Dann ist p ∈ U + Sq, das hei�t U + Sp = U + Sq. 2

Beweis

Sei q ∈ U + Sp. Dann existieren u ∈ U und s ∈ S mit q = u + sp. W�are s = 0, so folgte

q = u ∈ U, Widerspruch (denn q /∈ U). Also ist s ≠ 0, und folglich p = −s−1u+s−1q ∈ U+Sq.Also q ∈ U + Sp und q /∈ U impliziert p ∈ U + Sq, daraus folgt U + Sp = U + Sq. ∎

Anwendung:

1. Jedes minimale endliche"Erzeugendensystem\ (das hei�t γ ∶ P →M erzeugtM, das

hei�t fγ ist surjektiv; minimal: γ∣P0 erzeugt nicht, falls P0 ⫋ P; P endlich) ist bereits

Basis vonM.

2. Ist M endlich erzeugt (das hei�t, es gibt γ ∶ P → M mit P endlich und γ erzeugt

M), so l�asst sich jede unabh�angige Familie vonM zu einer Basis erg�anzen.

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1 Projektionen, Basen, Austauschprinzip

Etwas formaler: Seien P,Q endliche Mengen und sei γ ∶ P → M erzeugend

bez�uglichM,"Erzeugendensystem\ vonM (zum BeispielM =Mod(S,P), γ ∶= δP).

Ist η ∶Q→M unabh�angig inM (das hei�t fη injektiv, also Ker fη = {�0}), so existiert�Q ⊇Q mit #�Q ≤#P, und �η ∶ �Q→M mit �η∣Q = η, so dass �η Basis vonM ist.

1.3 Erzeugter Unterraum

Der Nullraum Kleine Quizfrage: SeiM = (M,S,σ) Semiring-Modul.

∅δ∅

yyttttttttttγ ?

@@@@@@@@

Mod(S,∅)?fγ ?

//M

Fall P = ∅, γ ∶ ∅→M, δ∅ ∶ ∅→ S∅ = {∅→ S}. Macht das hier Sinn?

Es ist Mod(S,∅) = (S∅add

,S,σ), S∅add

= (S∅,+, �0), mit S∅ = {∅→ S} = {�0} (setze �0 ∶=(∅→ S)) der Nullraum zu S.

Zu λ ∈ S∅ ist fγλ = λ ∗ γ = ∑p∈∅ λp ⋅ γp = ∑(∅ →M) = 0M, wobei M = (M,+, 0M). Alsoist S∅ = {�0}

fγ−→M, �0↦ 0M die Nullabbildung. Macht also auch Sinn f�ur P = ∅.Es ist fγ injektiv, also γ = (∅→M) unabh�angig inM { die leere Familie ist unabh�angig.

Erzeugter Unterraum, Mengensicht Sei M = (M,S,σ) Semiring-Modul mit M =(M,+, �0) kommutatives Monoid und S = (S,+, ⋅, 0, 1) Semiring. F�ur γ ∶ P →M sei

spanM γ ∶= ⟨γ⟩M ∶= Im fγ = {λ ∗ γ = ∑p∈P

λp ⋅ γp ∣ λ ∈ S(P)} = S(P) ∗ γ = ∑p∈P

Sγp,

also spanM γ = ∑p∈P Sγp ist der von γ inM erzeugte Unterraum vonM.

F�ur v ∈M ist Sv ∶= {sv ∣ s ∈ S} die von v erzeugte Gerade durch �0 inM.

reLAXed: spanγ ∶= spanM γ, ⟨γ⟩ ∶= ⟨γ⟩M.

1.7 Beispiel

SeiM = R3, P = [2] und γ ∶ P → R3, γ = (γ1,γ2), γ1 = (1, 1, 0), γ2 = (2, 0, 1). Dann ist

spanR3 γ = ∑i∈[2]

Rγi = Rγ1 + Rγ2

= {rγ1 + sγ2 ∣ r, s ∈ R}= {(r, r, 0) + (2s, 0, s) ∣ r, s ∈ R}= {(r + 2s, r, s) ∣ r, s ∈ R}

die von γ = ((1, 1, 0), (2, 0, 1)) erzeugte Ebene durch (0, 0, 0) im R3. 2

"Mengensicht\: F�ur X ∈ 2M (das hei�t X ⊆M) sei id(X,M) ∶ X→M, x↦ x und

spanMX ∶= ⟨X⟩M ∶= spanM id(X,M) = ∑x∈X

Sx,

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1.3 Erzeugter Unterraum

das hei�t X ⊆ M wird als id(X,M) interpretiert (�ubliche Schreibweisen ⊆MX ∶= ιMX ∶=id(X,M)).Also gilt: spanM γ = spanM γP f�ur jedes γ ∈MP.

Beispiel: P = [3], 1↦ γ1, 2↦ γ2, 3↦ γ3, dann γ = (γ1,γ2,γ3)↦ γP = {γ1,γ2,γ3}.

In der Mengensicht ("ungeordnet\,

"ohne Bezug\,

"Reihenfolge vergessen\) de�nie-

ren wir nun unabh�angige Teilmengen, erzeugende Teilmengen und Basis als Menge in

Semiring-Moduln: �Ubergang von γ ∈MP nach Imγ = γP.SeiM = (M,S,σ) Semiring-Modul. Ist X ⊆M, dann l�asst sich Xmit sich selbst indizieren,

das hei�t X ersetzen durch id(X,M) = ⊆MX = ιMX ∶ X→M, x↦ x.

1.8 Definition

SeiM = (M,S,σ) Semiring-Modul und X ⊆M.

� X hei�t unabh�angig inM, falls id(X,M) unabh�angig inM ist, das hei�t ∑x∈X λx⋅x =∑x∈X νx ⋅x impliziert λ = ν (das hei�t λx = νx f�ur alle x ∈ X) f�ur beliebige λ,ν ∈ S(X).

� X erzeugt M, falls id(X,M) den Modul M erzeugt, das hei�t zu jedem v ∈ Mexistiert ein λ ∈ S(X) mit v = ∑x∈X λx ⋅ x.

� X ist Basis vonM, falls X unabh�angig und erzeugend bez�uglichM ist. 2

Hullenoperatoren

1.9 Proposition

Es ist spanM ∶ 2M → 2M ein H�ullenoperator auf 2M ∶= (2M,⊆) (Potenzmengenverband),

das hei�t

1. ∀X ∈ 2M ∶ X ⊆ spanMX (da v ∈ ∑x∈X Sx f�ur jedes v ∈ X), und

2. ∀X,Y ∈ 2M ∶ X ⊆ spanM Y ⇒ spanMX ⊆ spanM Y (�Ubung). 2

1.10 Definition

Allgemein hei�t f�ur eine geordnete Menge P = (P,≤P) eine Abbildung h ∶ P → P

H�ullenoperator auf P, falls gilt:

1. ∀x ∈ P ∶ x ≤P hx,2. ∀x,y ∈ P ∶ x ≤P hy ⇒ hx ≤P hy.

Es hei�t hx die H�ulle von x bez�uglich h. 2

Anmerkung: Eine Abbildung h ∶ P → P ist H�ullenoperator auf P genau dann, wenn

1. h expansiv, das hei�t x ≤P hx f�ur alle x ∈ P,

2. h isoton bzw. monoton, das hei�t x ≤P y ⇒ hx ≤P hy f�ur alle x,y ∈ P, und

3. h idempotent, das hei�t h(hx) = hx f�ur alle x ∈ P, ist.

Es ist h ∶ P → P H�ullenoperator genau dann, wenn ∀x,y ∈ P ∶ x ≤P hy ⇔ hx ≤P hy.

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1 Projektionen, Basen, Austauschprinzip

1.11 Definition (Matroid-Operatoren)

Sei M Menge und sei span H�ullenoperator auf 2M. span hei�t algebraisch, falls spanX =⋃{span T ∣ T endliche Teilmenge von X} f�ur alle X ∈ 2M.

span hat die Steinitzsche Austauscheigenschaft, falls gilt:

∀p,q ∈M ∀X ∈ 2M ∶ p ∈ span(X ∪ {q}) ⇒ p ∈ spanX ∨ q ∈ span(X ∪ {p}).

Ist span algebraisch mit Austauscheigenschaft, so hei�t span Matroid-Operator.

span hei�t endlich erzeugend, falls eine endliche Teilmenge T von M mit span T =Mexistiert. 2

Gegenbeispiel: Konvexe H�ulle hat nicht Austauscheigenschaft.

1.12 Satz

Ist span endlich erzeugender Matroid-Operator, so hatM bez�uglich span eine endliche

Basis. Je zwei Basen sind gleichm�achtig; diese M�achtigkeit sei die Dimension von M

bez�uglich span. 2

Was ist hier eine Basis? Basis ist erzeugende unabh�angige Teilmenge von M:

1. X ∈ 2M hei�t unabh�angig in (M, span), falls ∀x ∈ X ∶ x /∈ span(X ∖ {x}) gilt.

2. X ∈ 2M hei�t erzeugend bez�uglich (M, span), falls spanX =M.

3. X Basis bez�uglich (M, span) falls X unabh�angig und erzeugend ist.

1.13 Satz

Ist (M, span) endlich erzeugtes Matroid (das hei�t span ist endlich erzeugender

Matroid-Operator auf 2M). Dann ist jede unabh�angige Menge in einer Basis enthal-

ten (bez�uglich (M, span))"Basis-Fortsetzung\.

Jede bez�uglich (M, span) minimale, erzeugende Menge ist bereits Basis bez�uglich

(M, span). 2

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2 Projektive und affine Geometrie

2.1 Unterraumverband

SeiM = (M,S,σ) Modul �uber Semiring, M = (M,+, �0), U ⊆M Unterraum, falls �0 ∈ U und

∀x,y ∈ U ∶ x + y ∈ U und ∀s ∈ S ∀x ∈ U ∶ sx = σ(s,x) ∈ U. Betrachte

LM ∶= {U ⊆M ∣ U bildet Unterraum vonM} ,

dann ist LM ∶= (LM,⊆) der Unterraumverband vonM.

Vollstandige Verbande Was ist ein Verband (\lattice")?

x ∨ y kleinste obere Schranke von {x,y}

x

zzzzzz

DDDDDD y

EEEEEE

yyyyyy

x ∧ y gr�o�te untere Schranke von {x,y}

2.1 Definition

P = (P,≤P) hei�t verbandsgeordnete Menge (kurz Verband), falls P = (P,≤P) geordnete

Menge ist, f�ur die gilt: Zu x,y ∈ P existiert stets das Supremum von {x,y} (kleinste obereSchranke von {x,y}), und das In�mum von {x,y} (gr�o�te untere Schranke von {x,y})in P; Bezeichnung x ∨ y ∶= sup{x,y}, x ∧ y ∶= inf {x,y}. 2

Formal: Es existieren zwei 2-stellige Operationen auf P, bezeichnet mit ∨ ∶ P × P → P,

(p,q)↦ p ∨ q und ∧ ∶ P × P, (p,q)↦ p ∧ q derart, dass gilt:

1. ∀p,q ∈ P ∶ p ≤P p ∨ q, q ≤P p ∨ q und ∀t ∈ P ∶ p ≤P t, q ≤P t ⇒ p ∨ q ≤P t,

2. ∀p,q ∈ P ∶ p ∧ q ≤P p, p ∧ q ≤P q und ∀t ∈ P ∶ t ≤P p, t ≤P q ⇒ t ≤P p ∧ q.

Notation: supP {p,q} ∶= p ∨ q Supremum von {p,q} und infP {p,q} ∶= p ∧ q In�mum von

{p,q} in P.

"Supremum-Bild\:

p ∨ q

p

??�������q

__???????und

t

p ∨ q

OO���

p

AA

<<yyyyyyyyq

^^

bbEEEEEEEE

9

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2 Projektive und a�ne Geometrie

"In�mum-Bild\:

p q

p ∧ q

__???????

??�������und

p q

p ∧ q

bbEEEEEEEE

<<yyyyyyyy

t

OO���

UU II

Gegenbeispiel: Geordnete Menge, die kein Verband ist:

x y

x ∨ y ? x ∨ y ?

Geometrisch, in LR3:

U ∩W = U ∧W = infLR3

{U,W} = inf {U,W}

U +W = U ∨W = supLR3

{U,W} = sup{U,W}

U

W�0

U ∩W

U +W

Allgemein ist LM f�urM Semiring-Modul ein Verband!

Hierbei ist U ∨W = supLM {U,W} = U +W (wobei U +W ∶= {u +w ∣ u ∈ U ∧w ∈W})und U ∧W = infLM {U,W} = U ∩W f�ur U,W ∈ LM.

Versch�arfung: P = (P,≤P) hei�t vollst�andiger Verband, falls zu jeder Teilmenge X von P

in P eine kleinste obere Schranke, genannt das Supremum von X in P, und eine gr�o�te un-

tere Schranke, genannt das In�mum von X in P, existiert. Das hei�t, es gibt Abbildungen

⋁ ∶ 2P → P"Join\ (Operator) und ⋀ ∶ 2P → P

"Meet\ (Operator) mit:

1. ∀X ∈ 2P ∶ ∀x ∈ X ∶ x ≤P ⋁X und ∀t ∈ P ∶ (∀x ∈ X ∶ x ≤P t) ⇒ ⋁X ≤P t.

2. ∀X ∈ 2P ∶ ∀x ∈ X ∶ ⋀X ≤P x und ∀t ∈ P ∶ (∀x ∈ X ∶ t ≤P x) ⇒ t ≤P ⋀X.

Notation: supPX ∶= ⋁X, infPX ∶= ⋀X. Schreibweisen: x1∨x2 ∶= supL {x1,x2}, x1∨⋯∨xn ∶=supL {x1, . . . ,xn}, x1 ∧ x2 ∶= infL {x1,x2}, x1 ∧⋯ ∧ xn ∶= infL {x1, . . . ,xn}.

10

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2.2 Projektive Geometrie

Unterraumverband SeiM = (M,S,σ) Modul �uber Semiring, LMMenge aller U ⊆M, die

Unterraum vonM bilden. Dann ist LM ∶= (LM,⊆) vollst�andiger Verband mit supLMX =⋁X = ∑X und infLMX = ⋀X = ⋂X f�ur alle X ∈ 2LM (das hei�t X ⊆ LM).

F�ur A ∈ (LM)I sei ∑A ∶= {∑α ∣ α ∈M(I),∀i ∈ I ∶ αi ∈ Ai} und f�ur X ∈ 2LM sei ∑X ∶=∑ id(X ,LM). F�ur X ⊆ LM ist also

supLMX =∑X =∑ id(X ,LM) = ∑

X∈XX = { ∑

X∈XvX ∣ ∀X ∈ X ∶ vx ∈ X}

(Notation ist okay, aber nicht sch�on).

Bessere Notation: Sei L vollst�andiger Verband, f�ur α ∶ I→ L sei supLα ∶= supLαI.F�ur L = LM ist dann

supLM

A =∑i∈IAi = {∑α ∣ α ∈M(I),∀i ∈ I ∶ αi ∈ Ai} = {∑

i∈Iαi ∣ α ∈M(I),∀i ∈ I ∶ αi ∈ Ai}

("Index-Notation\ ist hier sch�oner).

2.2 Projektive Geometrie

"Geometrie mit Verb�anden\ geht zur�uck insbesondere auf Karl Menger, aber auch Rein-

hold Baer, John von Neumann.

M Semiring-Modul, LM = (LM,⊆) Unterraumverband.IstM Vektorraum, so hei�t LM die zuM geh�orige projektive Geometrie.

Projektive Punkte 1-dimensionale Unterr�aume,

Projektive Geraden 2-dimensionale Unterr�aume,

Projektive Ebenen 3-dimensionale Unterr�aume,

Projektive k-dim. Unterraume (k + 1)-dimensionale Unterr�aume (das hei�t, es gibt eine

(k + 1)-elementige Basis).

"Strahlenmodell\:

0

Sv

vw

Sv + Sw

11

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2 Projektive und a�ne Geometrie

Projektive Ebene Die projektive Ebene (als Verband) �uber R ist gerade LR3 (wobei

R3 =Mod(R, [3])),"Albrecht D�urer\.

�0R(1, 0, 0)

E

E"Anschauungsebene\, R(1, 0, 0) = Rδ31 tri�t nicht E, ist Fernpunkt (δni ∶= δ

[n]i ).

x1

x2 x ′1x ′2

Fernpunkt

Horizontlinie

a�ne Sicht projektive Sicht

A�ne Sicht und projektive Sicht in ein Paket: (LR3,E0 = R2 × {0}), wobei E0 "Horizontli-nie\, Ferngerade und E ∶= E1 = R2 × {1}.

Rδ33

E = E1 = R2 × {1}

E0 = R2 × {0}

Projektive Erweiterung des Rn (als"a�ner Raum\) ist (LRn+1,Rn×{0}), wobei Rn×{0}

Fernhyperebene (n = 2 Ferngerade, n = 3 Fernebene"Firmament\).

Seien U1,U2 projektive Geraden (/⊆ E0) und seien ~U1 ∶= U1 ∩ E, ~U2 ∶= U2 ∩ E "a�ne

Geraden\. Dann gilt:

~U1 ∥ ~U2 (parallel) ⇔ U1 ∩U2 ⊆ E0 oder U1 = U2

A�(M ∣ E) a�ne Geometrie induziert durchM betrachtet auf E.

E = E1

E0

~U1

~U2

U1 U2

U1 ∩U2

Sei U0 = U1 ∩U2 und u1 ∈ ~U1, u2 ∈ ~U2, dann ~U1 = u1 +U0, ~U2 = u2 +U0 (algebraischer

Begri� von Parallelit�at).

12

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2.2 Projektive Geometrie

Verbandstheoretische Charakterisierung F�ur projektive Geometrie wichtiges Gesetz:

Ein vollst�andiger Verband L = (L,≤) hei�t modular, falls

∀x, z,u ∈ L ∶ x ≤ u ⇒ (x ∨ z) ∧ u = x ∨ (z ∧ u).

2.2 Proposition

Ist M = (M,S,σ) Ringmodul (also S ist Ring), so ist LM modular, das hei�t f�ur alle

X,Z,U ∈ LM mit X ⊆ U gilt (X +Z) ∩U = X + (Z ∩U). 2

Beweis

"⊆\: Sei u ∈ (X+Z)∩U, also gibt es x ∈ X und z ∈ Z mit u = x+ z. Dann ist z = −x+u ∈ U,denn x ∈ X ⊆ U und u ∈ U; also z ∈ Z ∩U. Somit ist u = x + z ∈ X + (Z ∩U).

"⊇\: Es ist X ⊆ X +Z und X ⊆ U, sowie Z ∩U ⊆ X +Z und Z ∩U ⊆ U. ∎

Sei L = (L,≤) ein vollst�andiger Verband. Wir bezeichnen mit 0L ∶= supL∅ = infL L das

kleinste Element in L und mit 1L ∶= infL∅ = supL L das gr�o�te Element in L. Es sei

⋖ ∶= {(x,y) ∈ L × L ∣ x ≤ y und /∃ t ∈ L ∶ x < t < y}

die Nachbarschaftsrelation, dann ist N (L,⋖) Hasse-Diagramm (Hasse-Netzwerk) zu L.

Ein vollst�andiger Verband L hei�t atomistisch, falls jedes x ∈ L Supremum seiner Atome

ist, das hei�t x = supA(x), wobei A(x) ∶= {a ∈ A ∣ a ≤ x} und A ∶= {a ∈ L ∣ 0L ⋖ a} die

Menge der Atome in L sei.

2.3 Satz

Sei L = (L,≤) vollst�andiger Verband derart, dass eine endliche Teilmenge P von

Atomen mit supL P = 1L existiert ("1L endlich erzeugt von Atomen\), und es gebe

vier unabh�angige Atome: a2 ≠ a1, a3 /≤ a1 ∨ a2, a4 /≤ a1 ∨ a2 ∨ a3.

a1

a2

a3a4

Dann sind �aquivalent:

1. L modular, atomistisch mit #A(x) ≥ 3 f�ur jedes x ∈ L ∖ (A ∪ {0L}), und

2. es gibt einen Divisionsring S und ein n ∈ N mit n ≥ 4 derart, dass L ≃ LM f�ur

M =Mod(S, [n]) (≃ isomorph).

"ohne Beweis\ 2

Verbandsgeometrie Projektive Geometrie wird als Verband axiomatisch de�niert als

vollst�andiger Verband, atomistisch,"Atome sind kompakt\, modular und folgende

"Reich-

haltigkeit\:"Auf jeder Geraden liegen mindestens drei Punkte.\

Begri�skl�arung: Sei L = (L,≤) vollst�andiger Verband, das hei�t f�ur alle X ∈ 2L existiert

supLX und infLX. Interpretiere x ≤ y als"x ist enthalten in y\ bzw.

"x liegt auf/in y\.

13

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2 Projektive und a�ne Geometrie

y

x

Sei AL = A(L) Menge der Atome von L, das sind die minimalen Element aus L ∖ {0L}bez�uglich ≤. Atome nennen wir auch Punkte. Die Menge {a ∨ b ∣ a,b ∈ AL mit a ≠ b} ist

die Menge der Geraden in L.

ab

Gerade

Es ist k ∈ L kompakt in L, falls f�ur alle X ∈ 2L gilt:

k ≤ supX ⇒ ∃X0 ⊆ X endlich ∶ k ≤ supX0.

L atomistisch hei�t x = supLAL(x) f�ur alle x ∈ L, wobei AL(x) ∶= {a ∈ AL ∣ a ≤ x}. Dashei�t, jeder

"Raum\ in L (Element von L) ist Verbindung (Supremum) seiner Punkte;

AL(x) Menge der Punkte auf x in L.

Ist l Gerade in L, dann #AL(l) ≥ 3, Reichhaltigkeit.

la1

a2a3

0L

a1 a2 a3

l

1L

geometrisches Diagramm,"horizontal\ Ordnungsdiagramm,

"vertikal\

Ein Element h ∈ L hei�t Hyperebene, falls h Coatom in L ist, das hei�t h ist maximales

Element in L ∖ {1L} bez�uglich ≤.

0L

1L

Punkte, Atome

Hyperebenen, Coatome

2.4 Beispiel

L = LM wobei M Vektorraum (�uber Divisionsring) ist projektive Geometrie, genauer

"projektive Verbandsgeometrie\. 2

Sind P = (P,≤) und L = (L,≤) geordnete Mengen, so hei�t eine Abbildung ϕ ∶ P → L

Ordungsisomorphismus von P nach L, falls ϕ Bijektion ist mit

t ≤ x ⇔ ϕt ≤ ϕx f�ur alle t,x ∈ P.

Existiert ein Ordnungsisomorphismus von P nach L, so schreiben wir P ≃ L.

14

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2.2 Projektive Geometrie

3

1

6

2

12

4 ≃

2

1

6

3

18

9

2i3jϕ−→ 2j3i Ordnungsisomorphismus

2.5 Satz (Darstellungssatz)

Sei L = (L,≤) geordnete Menge. Dann sind �aquivalent:

1. L ist projektive Geometrie, die zwei windschiefe Geraden enth�alt (das hei�t, es

gibt l1, l2 Geraden mit l1 ∧ l2 = 0L).

2. Es gibt M Vektorraum �uber Divisionsring mit ≥ 4 unabh�angigen Vektoren, so

dass L ≃ LM gilt. 2

Anmerkung: Algebra zu Geometrie: einfach. Projektive Geometrie zu linearer Algebra:

schwierig.

2.6 Beispiel

Ist S Divisionsring und n ∈ N ∪ {−1}, so hei�t L(Sn+1) die n-dimensionale projektive

Geometrie �uber S.

n = −1: LS0 = ({∅→ S} ,=) = ({�0},⊆), die leere projektive Geometrie (Nullgeometrie)

�uber S, ist −1-dimensional.

n = 0: LS = ({{0S} ,S} ,⊆), die 1-punktige projektive Geometrie �uber S, ist 0-dimensional.

n = 1: LS2 = ({{�0}}∪{Sv ∣ v ∈ S2∖{�0}}∪{S2} ,⊆) (Nullraum, projektive Punkte, projektive

Gerade), die Geometrie der projektiven Geraden �uber S.

S × {0}Fernpunkt

S × {1}Sv

v

n = 2: LS3 = ({{�0}} ∪ {Sv ∣ v ∈ S3 ∖ {�0}} ∪ {Sv1 + Sv2 ∣ v1,v2 ∈ S3 unabh�angig} ∪ {S3} ,⊆)(Nullraum, projektive Punkte, projektive Geraden, projektive Ebene), die Geometrie

der projektiven Ebene �uber S.

S2 × {0}

S2 × {1}

0

Sv

vw

Sv + Sw

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2 Projektive und a�ne Geometrie

n = 3: LS4 = (LS4,⊆), die projektive Geometrie des 3-dimensionalen projektiven

Raumes �uber S, wobei LS4 Menge aller Unterr�aume von S4 = Mod(S, [4])ist: {�0} Nullraum, {Sv ∣ v ∈ S4 ∖ {�0}} Menge der projektiven Punkte,

{Sv1 + Sv2 ∣ (v1,v2) unabh�angig in S4} Menge der projektiven Geraden in LS4,

{Sv1 + Sv2 + Sv3 ∣ (v1,v2,v3) unabh�angig in S4} Menge der projektiven Ebenen

in LS4, S4 3-dimensionaler projektiver Raum in LS4.

0L = {�0}

Punkte

Geraden

Ebenen

1L = S4

Ordnunsdiagramm zu LS4 (hierarchisch) 2

2.7 Beispiel

L = LZ32 Geometrie der projektiven Ebene �uber Z2 = F2, "kleinste projektive Ebene\.

Abk�urzung: ⟨x1 x2 x3⟩ ∶= S(x1,x2,x3), projektiver Punkt zu (x1,x2,x3).

⟨100⟩ ⟨110⟩ ⟨010⟩

⟨101⟩ ⟨011⟩

⟨001⟩

⟨111⟩

Horizontales"Punkt-Geraden-Modell\

⟨100⟩ + ⟨010⟩ = {⟨100 + 010⟩ = ⟨110⟩ , ⟨100⟩ , ⟨010⟩}, projektive Gerade durch ⟨100⟩ und

⟨010⟩ enth�alt ⟨110⟩. 2

Es bilde {⟨100⟩ , ⟨110⟩ , ⟨010⟩} die Ferngerade. Entferne Ferngerade und streiche dritte

Komponenten, dann erhalte a�nen Teil:

⟨101⟩ ⟨011⟩

⟨001⟩

⟨111⟩

10 01

00

11

∼−→ ∼−→00 10

01 11

16

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2.3 A�ne Geometrie

2.3 Affine Geometrie

Sei M = (M,S,σ), M = (M,+, �0), S = (S,+, ⋅, 0, 1) ein Ringmodul, das hei�t S ist Ring,

und sei LM = (LM,⊆) der Unterraumverband von M. Die a�ne Geometrie zu M ist

de�niert als A�M ∶= (A�M, ⊆ ,∥) mit

A�M ∶= {u +W ∣ u ∈M ∧ W ∈ LM} ∪ {∅} ,

und ∥ ∶= {(u +W,v +W) ∣ u,v ∈M ∧ W ∈ LM} ∪ {(∅,∅)} (Parallelismus von A�M).

O�ensichtlich ist ∥ eine �Aquivalenzrelation auf A�M.

Au�erdem bildet A�M ein H�ullensystem in 2M, das hei�t ist A ∈ (A�M)I f�ur einebeliebige Indexmenge I, so ist auch ⋂A ∈ A�M (wobei ⋂A = ⋂i∈IAi, zum Beispiel f�ur

I = [2] hei�t das A1,A2 ∈ A�M ⇒ A1 ∩A2 ∈ A�M).

Also ist (A�M,⊆) ein vollst�andiger Verband mit inf(A�M,⊆)A = ⋂A f�ur jedes A ∈2A�M. Frage: Was ist sup(A�M,⊆)A? Insbesondere A1 ∨A2 = ?.

2.8 Beispiel

Sei A1 ∶= (1, 0) +R(0, 1) ∈ A� R2 ∖ LR2 und A2 ∶= R(0, 1) ∈ A� R2 ∩ LR2, dann A1 ∥ A2, das

hei�t A1 parallel zu A2.

A2

A1

�02

2.9 Proposition (Euklidisches Parallelenpostulat)

IstM Ringmodul, so gilt f�ur alle p ∈M und X ∈ A�M:

∃!Y ∈ A�M ∶ p ∈ Y und Y ∥ X (kurz: p ∈ Y ∥ X).

�0

p

X

∃!Y ∶ p ∈ Y ∥ X

Es hei�t Y die Parallele zu X durch p und wird mit π(p ∣ X) bezeichnet. 2

Beweis

Zu X existiert u ∈M und W ∈ LM mit X = u +W. Setze Y ∶= p +W. ∎

"Teilparallelit�at\: Zu X,Y ∈ A�(M) de�niere

X ⊆∥ Y ⇔ ∃Z ∶ X ⊆ Z ∧ Z ∥ Y,

X ist teilparallel zu Y.

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2 Projektive und a�ne Geometrie

2.10 Beispiel

SeiM = R3 und X = δ33 + Rδ32, Y ∶= 2δ33 + Rδ31 + Rδ32, dann X ⊆∥ Y.

X

Y

δ31

δ32

δ33

2

Es ist ⊆∥ re exiv und transitiv (im Allgemeinen nicht antisymmetrisch) auf A�M, das

hei�t Pr�aordnung auf A�M. Die zugeh�orige �Aquivalenzrelation ⊆∥ ∩ ∥⊇ (wo ∥⊇ ∶= (⊆∥)d)ist gerade der Parallelismus von A�M.

Bestimmung von ⊆∥:

⊆∥ = {(p +U,q +W) ∣ p,q ∈M und U,W ∈ LM mit U ⊆W} ∪ {∅} ×A�M.

Begr�undung: F�ur X ∈ A�M und p ∈ X ist stets X = p+π(�0 ∣ X). Denn sei p ∈ X = u+W,

also gibt es w ∈W mit p = u+w, somit p+W = u+w+W = u+W = X. Damit ist X = p+W,

und wegen X ∥W, 0 ∈W ist W = π(�0 ∣ X).Also gilt (f�ur X,Y ∈ A�M mit X ≠ ∅ und Y ≠ ∅):

X ⊆∥ Y ⇔ π(z ∣ X) ⊆ π(z ∣ Y) f�ur ein z ∈M⇔ π(�0 ∣ X) ⊆ π(�0 ∣ Y) (da z + π(�0 ∣ X) = π(z ∣ X))

Sei α ∶ I→ A�M, αi = Xi. Was ist supA�Mα in A�M ∶= (A�M,⊆)? Insbesondere f�urX1,X2 ∈ A�M berechne X1 ∨X2 bzw. supA�M {X1,X2}.Angenommen (ohne Einschr�ankung) Xi ≠ ∅ f�ur alle i ∈ I. Behauptung:

supA�M

α = supi∈IXi = p +∑

i∈IS(−p + pi) +∑

i∈Iπ(�0 ∣ Xi),

wobei Xi ∶= αi und ∀i ∈ I ∶ pi ∈ Xi, sowie p ∈ ⋃α = ⋃i∈IXi.

X1

X2

p = p1

p2

−p + p2

π(�0 ∣ X1)

π(�0 ∣ X2)

�0

π(�0 ∣ X1) +π(�0 ∣ X2)

W ∶= S(−p + p2) + π(�0 ∣ X1) + π(�0 ∣ X2), verschiebe W um p = p1, also X1 ∨X2 = p +W.

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2.3 A�ne Geometrie

Zum Beweis: Zu zeigen supA�Mα = p+W mit W ∶= U+W ′, wobei U ∶= ∑i∈I S(−p + pi)und W ′ ∶= ∑i∈IWi mit Wi ∶= π(�0 ∣ Xi). Hierbei seien pi ∈ Xi und Xi ∶= αi f�ur alle i ∈ I.Sei T ∈ LM mit supA�Mα ⊆ p + T (das hei�t Xi ⊆ p + T f�ur alle i ∈ I). Da pi ∈ p + T ist,

gilt −p + pi ∈ T , also S(−p + pi) ⊆ T f�ur alle i ∈ I. Damit ist U = ∑i∈I S(−p + pi) ⊆ T .Weiter ist Xi ⊆ p + T = pi + T f�ur alle i ∈ I, also ist Wi = π(�0 ∣ Xi) = −pi + Xi ⊆ T ;

somit W ′ = ∑i∈IWi ⊆ T . Also ist W = U +W ′ ⊆ T , also p +W ⊆ p + T . Damit folgt die

Behauptung.

2.11 Beispiel

F�ur p,q ∈M mit p ≠ q ist

p ∨ q ∶= p + S(−p + q) = {s1p + s2q ∣ s1, s2 ∈ S mit s1 + s2 = 1}

"Verbindungsgerade von p und q\.

�0

−p + qS(−p + q)

p

q p ∨ q = p + S(−p + q)

Denn p+ s(−p+q) = (1− s)p+ sq = s1p+ s2q; ist umgekehrt s1 + s2 = 1, also mit s ∶= s2auch 1 − s = s1, dann ist s1p + s2q = (1 − s)p + sq = p + s(−p + q). 2

2.12 Bemerkung

F�ur X ⊆M sind �aquivalent:

1. X ∈ A�M.

2. Ist λ ∈ S(I) mit ∑λ = 1 und γ ∈ XI, so gilt λ ∗ γ ∈ X.3. ∀p,q,q ′ ∈ X ∶ π(p ∣ q ∨ q ′) ⊆ X.

q ∈ Xq ′ ∈ X

p ∈ X⊆ X

2

A�ne Linearkombination: Sei λ = (λ1, . . . ,λn), λ1 + ⋯ + λn = 1 und γ = (γ1, . . . ,γn),γi ∈ X f�ur alle i ∈ [n], so ist auch λ ∗ γ = λ1γ1 +⋯ + λnγn ∈ X.Beispiel: p ∶= 1

3p1 + 1

3p2 + 1

3p3 Schwerpunkt von (p1,p2,p3), 1

3+ 1

3+ 1

3= 1.

p1

p2

p3

p

19

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2 Projektive und a�ne Geometrie

2.13 Proposition

IstM Vektorraum �uber Divisionsring S, so ist (M, spanA�) Matroid, wobei

spanA� X ∶= { ∑x∈X

λx ⋅ x ∣ λ ∈ S(X) mit ∑λ = 1}

= {λ ∗ γ ∣ I Menge,γ ∈ XI,λ ∈ S(I) mit ∑λ = 1}

= p + ∑x∈X

S(−p + x) f�ur p ∈ X und X ⊆M. 2

2.14 Beispiel

Sei X = {p1,p2,p3}, dann ist

spanA� X = spanA� {p1,p2,p3}= p1 ∨ p2 ∨ p3 ∶= {p1} ∨ {p2} ∨ {p3}= p1 + S(−p1 + p2) + S(−p1 + p3)= {s1p1 + s2p2 + s3p3 ∣ s1, s2, s3 ∈ S mit s1 + s2 + s3 = 1}

die von X aufgespannte a�ne Ebene (falls p1,p2,p3 nicht kollinear).

−p1+p2−p1+p3

�0

p1

p2

p3 X

2

Achtung: spanA� =∶ spanA�M.

Projektive vs affine Geometrie Erweiterung vonM: SeiM ′ ∶=M × S.

M

S

M1

(�0, 0)

(�0, 1)

X ∈ A�M

βX = X × {1} ∈ A

Dann ist

M1 ∶= M × {1} = (�0, 1) +M × {0}

ein a�ner Raum inM ′ (allgemein ist (u+W)×(u ′+W ′) = (u,u ′)+W×W ′ a�ner Raum,

falls u +W und u ′ +W ′ a�ne R�aume).

Sei A ∶= {X ∈ A�M ′ ∣ X ⊆M1}, dann hat man eine Bijektion

β ∶ A�M→ A, X↦ X × {1} .

20

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2.4 Rang- und Dimensionsformel

Sei L ∶= {X ∈ LM ′ ∣ X ∩M1 ≠ ∅ oder X = {(�0, 0)}}; die Abbildung

ρ ∶ A→ L, X ′ ↦ spanM ′ X ′

ist bijektiv und hat als Inverse

σ ∶ L→ A, Y ↦ Y ∩M1.

Beachte: spanM ′ X×{1} = S(u, 1)+W×{0}, wobei X = u+W, also X×{1} = (u, 1)+W×{0}.

2.4 Rang- und Dimensionsformel

Das Matroschka-Prinzip"Ineinanderliegen\: Punkt auf Gerade in Ebene im Raum et

cetera. Verb�ande sind sehr gut geeignet, das Ineinanderliegen zu beschreiben (durch Ket-

ten),"gut f�ur hierarchische Eigenschaften\.

Sei L = (L,≤) geordnete Menge und sei x ⋖ y ∶⇔ x < y∧ /∃ t ∶ x < t < y die Nachbar-

schaftsrelation zu L.

Eine Kette in L ist eine nichtleere Teilmenge K ⊆ L, so dass L∣K = (K,≤L ∩ (K × K))linear geordnet ist. Ist K endlich, also #K = n+1 f�ur ein n ∈ N, so gibt es x0,x1, . . . ,xn ∈ Lmit K = {x0,x1, . . . ,xn} und x0 < x1 < ⋅ ⋅ ⋅ < xn, und wir nennen K eine Kette von L�ange n;

dann hei�t K maximal, falls x0 ⋖ x1 ⋖ ⋅ ⋅ ⋅ ⋖ xn gilt.

2.15 Beispiel

Sei L Teilerverband zu 12.

12

6

~~~~~4

@@@@@

3

�����2

~~~~~

@@@@@

1

=====~~~~~

Eine Kette in L ist {1, 4, 12}, eine maximale Kette in L ist {1, 3, 6, 12}. 2

2.16 Beispiel

Geometrisches Beispiel:

1L = p ∨ g

p ∨ qtttttt

g

EEEEEE

p

yyyyyq

xxxxxx

KKKKKKK

0L

DDDDDttttttt

Eine Kette ist {0L,g, 1L}, eine maximale Kette ist {0L,p,p ∨ q, 1L}. 2

H�au�ge Situation: Je zwei maximale Ketten haben die gleiche L�ange.

21

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2 Projektive und a�ne Geometrie

Ubersicht"F�ur uns relevante Verb�ande\:

vollst�andigeVerb�ande

semimodulareVerb�ande

llllllllllllllatomistischeVerb�ande

SSSSSSSSSSSSSS

modulareVerb�ande

ppppppppppgeometrischeVerb�ande

nnnnnnnnnnn

OOOOOOOOOOO

PPPPPPPPPPPPPP

mmmmmmmmmmmmmmLµ a�ne Geometrie

QQQQQQQQQQQQQ

projektive Geometrie

LM f�ur VektorraumM

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxA�M f�ur VektorraumM

GGGGGGGGGGGGGGGGGGGG

� Atomistische Verb�ande: supLA(x) = supL {a ∈ L ∣ a Atom,a ≤ x} = x f�ur jedes x ∈ L,

"jeder Raum x ∈ L ist Supremum seiner Punkte\ (Punkte sind Atome).

� Geometrische Verb�ande: Austauscheigenschaft, p,q Punkte, x ∈ L, dann p ≤ x ∨ qimpliziert p ≤ x oder q ≤ x ∨ p.

� Lµ Verband aller abgeschlossenen Mengen eines Matroids µ = (M, span): Lµ ∶={X ∈ 2M ∣ spanX = X}

"abgeschlossene Mengen von µ\, Lµ ∶= (Lµ,⊆).

� LM Verband der Unterr�aume des VektorraumsM, µ ∶= (M, spanM).

� Modulares Gesetz: x ≤ u ⇒ (x∨ z)∧u = x∨ (z∧u) (modulare Geometrie, \pointless

Geometry\, John von Neumann).

Semimodulare Verbande, Rangformeln Betrachte nun semimodulares Gesetz:

x ∧ y ⋖ y ⇒ x ⋖ x ∨ y,

wobei ⋖ die Nachbarschaftsrelation zu L sei.

2.17 Satz

Sei L semimodularer vollst�andiger Verband (SM-Verband), welcher eine endliche

maximale Kette der L�ange n ∈ N enth�alt. Dann ist in L jede Kette von L�ange

h�ochstens n. Insbesondere haben alle maximalen Ketten die L�ange n. 2

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2.4 Rang- und Dimensionsformel

2.18 Korollar

Zu v,w ∈ L mit v ≤ w sei [v,w]L ∶= {x ∈ L ∣ v ≤ x ≤ w}"Intervall\ zu (v,w) in L, dann

ist auch L∣ [v,w]L ein SM-Verband, und es sei der Rang ∆L(v,w) de�niert als L�angeeiner maximalen Kette in L∣ [v,w]L. Zu x ∈ L sei rLx de�niert als ∆L(0L,x), alsoL�ange eines maximalen Pfades von 0L nach x in L.

Dann ist ∆L funktoriell, das hei�t

∆L(p,q) = ∆L(p, t) +∆L(t,q) f�ur alle p, t,q ∈ L mit p ≤ t ≤ q,∆L(p,p) = 0 f�ur alle p ∈ L.

Es folgt ∆L(p,q) = −∆L(0L,p) +∆L(0L,q), und somit die Rangformel:

∆L(p,q) = −rLp + rLq. 2

Anwendung: SeienM,M ′ Vektorr�aume �uber Divisionsring S, und seiM ϕ−→M ′ lineare

Abbildung. Dann M/Kerϕ ≃ Imϕ. Also rLM Imϕ = rLM(M/Kerϕ) = ∆LM(Kerϕ,M) =−rLMKerϕ + rLMM, und mit rLMM = DimM somit

DimImϕ = −DimKerϕ +DimM.

Beweis (Satz)

(MATROSCHKA-Beweis)

Sei L = (L,≤) semimodularer vollst�andiger Verband mit endlicher maximaler Kette

0 ⋖ x1 ⋖ ⋯ ⋖ xn−1 ⋖ 1L der L�ange n ∈ N. Zu zeigen: Ist K Kette in L, so ist K von L�ange

h�ochstens n. Dies sei Aussage A(n).Vollst�andige Induktion: A(0) klar.F�ur n > 0 sei A(i) wahr f�ur alle i < n, und sei 0 ⋖ x1 ⋖ ⋯ ⋖ xn−1 ⋖ 1L maximale Kette X

in L, und sei K Kette in L.

1. Fall K ∖ {0L} ⊆ [x1, 1L]. Fertig, da A(n − 1) f�ur L∣ [x1, 1L] gilt.

2. Fall ∃k ∈ K ∖ {0L} mit x1 /≤ k, das hei�t x1 ∧ k = 0L (da x1 Atom). Da 0 ⋖ x1 folgt

k ⋖ k ∨ x1, da L semimodular.

0L

1L

x1

k

k ∨ x1

HK X

Sei K ′ ∶= K ∩ [k, 1L]. Wegen A(n − 1) f�ur L∣ [x1, 1L] gibt es maximale Kette H in

[x1, 1L] mit k ∨ x1 ∈ H (\missing link") und H hat L�ange n − 1. Dann ist H ′ ∶=(H∩ [k∨ x1, 1L])∪ {k} maximale Kette in [k, 1L], und hat L�ange i ≤ n− 1 < n. NachA(i) f�ur L∣ [k, 1L] folgt: K ′ hat L�ange ≤ i.

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2 Projektive und a�ne Geometrie

Au�erdem ist H ′′ ∶= H ∩ [x1,k ∨ x1] maximale Kette in [x1,k ∨ x1] der L�ange n − i.Betrachte die Kette K ′′ ∶= K∩[0L,k]; sind a1, . . . ,al−1 ∈ L mit 0L < a1 < ⋅ ⋅ ⋅ < al−1 < k,dann folgt x1 < x1 ∨a1 < ⋅ ⋅ ⋅ < x1 ∨al−1 < k∨ x1, da L semimodular; wir erhalten also

eine Kette in [x1,k ∨ x1]. Wegen A(n − i) hat somit K ′′ endliche L�ange ≤ n − i.Damit hat K = K ′ ∪K ′′ L�ange h�ochstens i + (n − i) = n. ∎

2.19 Satz

Sei L = (L,≤) modularer vollst�andiger Verband und x,y ∈ L. Die Abbildungen

ϕ ∶ [x ∧ y,y]L → [x,x ∨ y]L, z↦ x ∨ z,ψ ∶ [x,x ∨ y]L → [x ∧ y,y]L, u↦ y ∧ u,

sind zueinander invers, also ist L∣ [x ∧ y,y]L isomorph zu L∣ [x,x ∨ y]L; insbesondereist L semimodular. Es folgt −rL(x∧y)+ rLy = −rLx+ rL(x∨y) und somit die modulare

Rangformel:rL(x ∨ y) + rL(x ∧ y) = rLx + rLy. 2

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3 Multilinearitat und Determinanten

3.1 Multilineare Abbildungen

Multilinearit�at:"in jeder Komponente linear\, und ihre Modellierungen.

3.1 Beispiel

Betrachte det ∶ (R[2])[2] → R, γ↦ detγ = det(γ1,γ2).γ ∶ [2] → R[2], also 1 ↦ γ1 ∈ R[2], 2 ↦ γ2 ∈ R[2], wobei γ1 ∶ [2] → R, i ↦ (γ1)i,

γ2 ∶ [2]→ R, j↦ (γ2)j. Also γ = (γ1,γ2) = (((γ1)1, (γ1)2), (γ2)1, (γ2)2)).

mγ ≡ (γ1γ2

) ≡ ((γ1)1 (γ1)2(γ2)1 (γ2)2) Matrixmaker zu γ (Vektorenfamilie), (mγ)(i, j) ∶= (γi)j.

detmγ ∶= detγ, also

det(a11 a12a21 a22

) = det(γ1,γ2) = detγ = det((a11,a12), (a21,a22)),

wobei aij ∶= (γi)j, mγ = a. 2

Eigenschaften:

1. det(γ1,v+w) = det(γ1,v)+det(γ1,w), sowie det(v+w,γ2)+det(v,γ2)+det(w,γ2)f�ur alle v,w ∈ R[2],

"det biadditiv\,

2. det(r ⋅ γ1,γ2) = r ⋅ det(γ1,γ2) = det(γ1, r ⋅ γ2) f�ur alle r ∈ R,"Skalare darf ich

komponentenweise rausziehen\.

Setze γ1 ● γ2 ∶= detγ, dann:Biadditivit�at: (γ1)●(v+w) = (γ1)●v+(γ1)●w, und (v+w)●(γ2) = v●(γ2)+w●(γ2).Skalare rausziehen: r ⋅ (γ1 ● γ2) = (r ⋅ γ1) ● γ2 = γ1 ● (r ⋅ γ2).

Was ist det(r1v1 + r2v2, s1w1 + s2w2) = (r1v1 + r2v2) ● (s1w1 + s2w2) f�ur ri, sj ∈ R,vi,wj ∈ R[2]? Mit xi ∶= rivi, yj ∶= sjvj und 1. ist

(x1 + x2) ● (y1 + y2) = x1 ● y1 + x1 ● y2 + x2 ● y1 + x2 ● y2.

Wegen 2. folgt (r1v1 + r2v2) ● (s1w1 + s2w2) = x1 ● y1 + x1 ● y2 + x2 ● y1 + x2 ● y2 =(r1s1) ⋅ (v1 ●w1) + (r1s2) ⋅ (v1 ●w2) + (r2s1) ⋅ (v2 ●w1) + (r2s2) ⋅ (v2 ●w2), also

(r1v1 + r2v2) ● (s1w1 + s2w2) = ∑(i,j)∈[2]×[2]

(risj) ⋅ (vi ●wj).

Hier: Zwei Faktoren und in jeder Summe zwei Summanden.

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3 Multilinearit�at und Determinanten

3.2 Beispiel (Ausmultiplizieren)

Sei P = [m], Q = [n] (m = n = 2 hatten wir gerade), sei

F ∶ (RQ)P → R, γ↦ ∏p∈P

∑q∈Q

(γp)q = ∏p∈P

∑γp,

wobei ∏p∈P∑γp = ∏i∈[m] ((γi)1 +⋯ + (γi)n) = ∏i∈[m] (ai1 +⋯ + ain) f�ur aij ∶= (γi)j,mit a ∶= mγ ∶ P ×Q → R, (i, j) ↦ aij, die zugeh�orige Matrix, γi die i-te Zeile von a, also

∑γi die Zeilensumme der i-ten Zeile. Das hei�t:

F((a11, . . . ,a1n), . . . , (am1, . . . ,amn)) ∶= (a11 +⋯ + a1n) ⋅ ⋯ ⋅ (am1 +⋯ + amn)

("dots-Notation\,

"semiformal\). F ist

"multilineare Abbildung\.

Challenge: Fγ = ∏p∈P∑γp ausmultiplizieren { wie sieht das dann aus? Wie kann ich

das hinschreiben? 2

Linearit�at in der ersten Komponente: Betrachte RQ → R, x ↦ F(x,γ2, . . . ,γm), also(x11, . . . ,x1n)↦ F((x11, . . . ,x1n), (a21, . . . ,a2n), . . . , (am1, . . . ,amn)).Notation: Sei

⟨γ⟩1 ∶ RQ → (RQ)P, x↦ (x,γ2, . . . ,γm),

wobei γ ∈ (RQ)P, das hei�t γ = (γ1, . . . ,γm).3.3 Definition

SeienM,M ′ Semiring-Moduln �uber kommutativen Semiring S, sei P endliche nichtleere

Menge. Eine Abbildung F ∶ MP → M ′ hei�t multilinear von MP nach M ′, falls f�ur

⟨γ⟩p ∶M→MP, v↦ ⟨γ⟩p v gilt, dass F ○ ⟨γ⟩p ∶M→M ′ linear ist, das hei�t

M→M ′, v↦ F(⟨γ⟩p v)

ist linear,"F ist in der p-ten Komponente linear\, f�ur jedes p ∈ P (und jedes γ ∈MP).

F�ur γ ∈MP, p ∈ P und v ∈M sei hierbei

⟨γ⟩p v ∶ P →M, p ′ ↦⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

v falls p ′ = pγp ′ sonst

(ersetze p-te Komponente durch v). 2

Semiformal im Fall P = [n], γ = (γ1, . . . ,γn), ist

⟨γ⟩p v = (γ1, . . . , vp-te

, . . . ,γn)

= (γ1, . . . ,γp−1,v,γp+1, . . . ,γn).

Warnung: Im Allgemeinen ist ⟨γ⟩p nicht linear. Beispiel P = [3], F ∶ RP → R, x ↦ ∏x =∏p∈P xp ist multilinear. F�ur γ = (1, 3, 7) ∈ RP ist ⟨γ⟩1 v = (v, 3, 7), dann

⟨γ⟩1 (v +w) = (v +w, 3, 7) = (v, 3, 7) + (w, 0, 0) ≠ (v, 3, 7) + (w, 3, 7) = ⟨γ⟩1 v + ⟨γ⟩1w,

aber F ○ ⟨γ⟩p ∶ R→ R, v↦ v ⋅ 3 ⋅ 7 ist linear.

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3.1 Multilineare Abbildungen

3.4 Beispiel

Sei P = [2], γ = (γ1,γ2) ∈ MP. Sei v ∈ M, dann ist ⟨γ⟩1 v = (v,γ2) und ⟨γ⟩2 v = (γ1,v),also F(⟨γ⟩1 v) = F(v,γ2), F(⋅,γ2) linear (in der ersten Komponente), und F(γ1, ⋅) linear (inder zweiten Komponente): F ist

"bilinear\.

M�ogliche Notation: γ1●γ2 ∶= F(γ). Dann (v+w)●γ2 = v●γ2+w●γ2, (s⋅v)●γ2 = s⋅(v●γ2)und γ1 ● (v +w) = γ1 ● v + γ2 ●w, γ1 ● (s ⋅ v) = s ⋅ (γ1 ● v). Allgemein gilt

(s1v1 + s2v2) ● (t1w1 + t2w2)= s1t1(v1 ●w1) + s1t2(v1 ●w2) + s2t1(v2 ●w1) + s2t2(v2 ●w2).

Sonderfall: Gelte hier v ● v = �0 f�ur alle v ∈M, so ist

�0 = (v +w) ● (v +w) = v ● v + v ●w +w ● v +w ●w = v ●w +w ● v

f�ur alle v,w ∈M. Es folgt v ●w +w ● v = 0 f�ur alle v,w ∈M, das hei�t w ● v = −v ●w (f�ur

S Ring). F hei�t dann alternierend.

Zum Beispiel: M = R2, M ′ = R, dann F = det ∶ (R2)2 → R, (x,y) ↦ x1y2 − x2y1 ist

alternierend. 2

"Masterformel\ f�ur multilineare Abbildungen (Ausmultiplizierung):

3.5 Satz

Sei F ∶MP →M ′ multilinear (bez�uglich P), und sei Q endliche nichtleere Menge. Zu

α ∈ SP×Q und η ∈MQ sei α ∗ η ∶ P →M, p↦ (α ∗ η)p mit (α ∗ η)p ∶= ∑q∈Qα(p,q) ⋅ ηq.Dann gilt:

F(α ∗ η) = ∑σ∈QP

∏p∈P

α(p,σp) ⋅ F(η ○ σ).2

Interpretation: P Faktorenmenge, Q Summandenmenge pro Faktor p ∈ P, σ ∶ P → Q,

p ↦ σp ordnet jedem"Faktor\ p den Summanden an der Stelle σp zu. #QP Anzahl der

Summanden nach dem Ausmultiplizieren.

Wir betrachten hier"homogenen Fall\, das hei�t Elemente in MP sind p ↦ ηp ∈ M,

zum Beispiel M[2] ≡ M ×M; allgemeiner w�are (Mp)p∈P, also p ↦ ηp ∈ Mp, mit Mp

abh�angig von p, zum BeispielM ×N .

3.6 Beispiel

Ausmultiplizieren:

(a11x1 + a12x2)(a21x1 + a22x2)= (a11x1)(a21x1) + (a11x1)(a22x2) + (a12x2)(a21x1) + (a12x2)(a22x2)= a11a21x1x1 + a11a22x1x2 + a12a21x2x1 + a12a22x2x2= ∑

(i,j)∈{1,2}2a1ia2jxixj = ∑

σ∈[2][2]a1σ1a2σ2xσ1xσ2

= ∑σ∈PP

∏p∈P

ap,σp∏p∈P

xσp

mit P ∶= [2], wobei σ ∈ [2][2] ∶ 1↦ i, 2↦ j (1, 2 Faktoren, i, j Summanden).

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3 Multilinearit�at und Determinanten

Mit Fx ∶= F(x1,x2) ∶= x1x2 (bilinear) ist

∏p∈P

xσp = F(xσ1,xσ2) = F(x ○ σ),

wobei x ○ σ = ((x ○ σ)p)p∈P = (xσp)p∈P.Also ist wegen α∗x = ∑(p,q)∈P×P apq ⋅xq f�ur α = (apq)(p,q)∈P×P (das hei�t α ∶ P×P → S

mit S Rechenbereich) dann α ∗ x = (a11x1 + a12x2,a21x1 + a22x2), und somit

F(α ∗ x) = (a11x1 + a12x2)(a21x1 + a22x2) = ∑σ∈PP

∏p∈P

ap,σp ⋅ F(x ○ σ).2

3.7 Beispiel

F ∶ R3 → R, x↦ x1x2x3. Notation f�ur F(x + y) ausmultipliziert (gesuchte Formel)?

F(x + y) = (x1 + y1)(x2 + y2)(x3 + y3)= x1x2x3 + x1x2y3 + x1y2x3 + x1y2y3 + y1x2x3 + y1x2y3 + y1y2x3 + y1y2y3.

P = [3] Faktorenmenge, Q = [2] Summandenmenge, σ ∶ P → Q ordnet jedem Faktor p

einen Summanden σp zu, zum Beispielp 1 2 3

σp 1 2 1entspricht x1y2x3.

Sei α(p, 1) ∶= xp "1. Summand des Faktors p\, und α(p, 2) ∶= yp "

2. Summand des

Faktors p\. Dann ist (α ∗ η)p ∶= ∑q∈Qα(p,q) ⋅ ηq = α(p, 1) + α(p, 2) = xp + yp f�ur η ∈ R2via η = (1, 1). Also ist α ∗ η = (x1 + y1,x2 + y2,x3 + y3). Also:

F(α ∗ η) = ∑σ∈QP

∏p∈P

α(p,σp) ⋅ F(η ○ σ)

(σp ist der durch σ ausgew�ahlte Summand im Faktor p), #QP = 23 = 8.Anmerkung: η ○ σ = ((η ○ σ)p)p∈P = (η(σp))p∈P. 2

3.8 Beispiel

F ∶ RP → R, x↦∏x. Dann ist F(α ∗ η) = ∑σ∈QP∏p∈P α(p,σp), falls η ∶Q→ R, q↦ 1. 2

Zum Beweis: Sei α ′ ∶ P×Q→M, (p,q)↦ α(p,q) ⋅ηq. Aus Multiadditivit�at und Skalare

rausziehen folgt

F(( ∑q∈Q

α ′(p,q))p∈P) = ∑

σ∈QPF((α ′(p,σp))p∈P)

= ∑σ∈QP

F((α(p,σp) ⋅ η(σp))p∈P)

= ∑σ∈QP

∏p∈P

α(p,σp) ⋅ F((η(σp))p∈P),

wobei (η(σp))p∈P = η ○ σ.

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3.2 Determinanten, Leibniz-Formel

3.2 Determinanten, Leibniz-Formel

Alternierende Abbildungen Sei F ∶MP →M ′ multilineare Abbildung. Wir betrachten

f�ur γ ∈MP folgende"Ersetzung an zwei Stellen\ p1,p2 ∈ P mit p1 ≠ p2:

⟨γ⟩p1,p2 ∶M2 →MP, (v,w)↦ ⟨γ⟩p1,p2 (v,w),

wobei

⟨γ⟩p1,p2 (v,w) ∶ P →M, p↦

⎧⎪⎪⎪⎪⎪⎨⎪⎪⎪⎪⎪⎩

v falls p = p1w falls p = p2γp sonst.

F�ur P = [n], ⟨γ⟩p1,p2 (v,w) = (γ1, . . . , vp1-te

, . . . , wp2-te

, . . . ,γn).

Damit ist F ○ ⟨γ⟩p1,p2 ∶ M2 → M ′ bilinear. Sei v ⋅ w ∶= (F ○ ⟨γ⟩p1,p2)(v,w) und gelte

v ⋅v = 0 f�ur alle v ∈M, dann gilt �0 = (v+w) ⋅ (v+w) = v ⋅v+v ⋅w+w ⋅v+w ⋅w = v ⋅w+w ⋅vund damit w ⋅ v = −v ⋅w.

3.9 Definition

Sei S kommutativer Ring. F ist Determinantenabbildung, falls (F ○ ⟨γ⟩p1,p2)(v,v) = �0 f�uralle v ∈M ist (das hei�t F(γ1, . . . , v

p1-te, . . . , v

p2-te, . . . ,γn) = �0 f�ur P = [n]). 2

Dann ist (F○⟨γ⟩p1,p2)(w,v) = −(F○⟨γ⟩p1,p2)(v,w) (S Ring). F hei�t dann alternierend.

Unsere Formel ist hier:

F(α ∗ η) = ∑σ∈QP

∏p∈P

α(p,σp) ⋅ F(η ○ σ),

wobei F(η ○ σ) = �0, falls σ nicht injektiv. Im Fall Q = P, also α ∈ SP×P, η ∈MP, gilt:

F(α ∗ η) = ∑σ∈PP

∏p∈P

α(p,σp) ⋅ F(η ○ σ)

= ∑σ∈SymP

sgnσ ⋅∏p∈P

α(p,σp) ⋅ Fη,

wobei SymP Menge der Permutationen von P, und

sgnσ ∶=

⎧⎪⎪⎪⎪⎪⎨⎪⎪⎪⎪⎪⎩

1 falls σ gerade Permutation,

−1 falls σ ungerade Permutation,

0 falls σ nicht bijektiv;

eine gerade Permutation ist eine Permutation der Form σ = τ1 ∗⋯∗ τ2n f�ur τi Transpo-

sitionen (Vertauschung zweier Elemente).

Determinanten det ∶= F ist Determinante, falls M = SP ∶= Mod(S,P) und M ′ = S,

sowie detδP = 1 (Volumen des durch δP induzierten Einheitshyperw�urfels in M).

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3 Multilinearit�at und Determinanten

(1, 0) = δ[2]1

δ[2]

2= (0, 1)

(0, 0)

Formel f�ur η = δP (Leibniz-Formel):

det(rα) = det(α ∗ δP) = ∑σ∈SymP

sgnσ ⋅∏p∈P

α(p,σp),

da Fη = FδP = detδP = 1.Zu α ∈ SP×P setze detα ∶= det rα, wobei rα ∶ P → SP, p ↦ α(p, ⋅). Dann lautet die

Leibniz-Formel:

detα = ∑σ∈SymP

sgnσ ⋅∏p∈P

α(p,σp).

Seien nun α,β ∈ SP×P. Setze η ∶= rβ. Dann gilt: α ∗ η = α ∗β, also ist

det(α ∗β) = det(α ∗ η) = ( ∑σ∈SymP

sgnσ ⋅∏p∈P

α(p,σp)) ⋅ detη = detα ⋅ detβ.

3.10 Satz (Determinanten-Multiplikationssatz)

Sei S kommutativer Ring. F�ur alle α,β ∈ SP×P gilt

det(α ∗β) = detα ⋅ detβ. 2

Au�erdem gilt f�ur α ∈ SP×P stets:

det(αT ) = ∑σ∈SymP

sgnσ ⋅∏p∈P

αT (p,σp)

= ∑σ∈SymP

sgnσ ⋅∏p∈P

α(p,σ−1p)

= ∑σ∈SymP

sgn(σ−1) ⋅∏p∈P

α(p,σp) = detα,

da αT (p,σp) = α(σp,p) und sgn(σ−1) = sgnσ.Ergebnis: detαT = detα f�ur alle α ∈ SP×P.

3.3 Multilineare Fortsetzung und Anwendungen

3.11 Satz (Existenz und Eindeutigkeit multilinearer Abbildungen)

Seien P und Q endliche nichtleere Mengen, und seien M und M ′ Moduln �uber

einem kommutativen Semiring S. Ferner sei η ∶ Q → M eine Basis von M; setze

ηP ∶QP →MP, σ↦ η ○ σ.Dann existiert zu jeder Abbildung Φ ∶QP →M ′ genau eine bez�uglich P multilineare

Abbildung F von MP nach M ′ mit F ○ ηP =Φ.

30

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3.3 Multilineare Fortsetzung und Anwendungen

Im Diagramm (laxe Version):

QP

ηP

}}zzzzzzzzΦ

!!CCCCCCCC

///

MP∃!F

//M ′

Genauer:

QP

ηP

}}{{{{{{{{Φ

!!BBBBBBBB

///

MPF

//M ′

und MP F−→M multilinear bzgl. P.

2

Wir nennen F die multilineare Fortsetzung (bez�uglich P) von Φ bez�uglich η.

Beweis

Eindeutigkeit: Sei F wie im Satz gegeben. Dann gilt f�ur jedes γ ∈ MP: Zu jedem p ∈ Pexistiert genau ein λ(p) ∈ SQ mit γp = λ(p)∗η (da η Basis vonM). F�ur α ∶ P×Q→ S,(p,q)↦ λ(p)q folgt γ = α ∗ η (denn γp = λ(p) ∗ η = ∑q∈Q λ(p)q ⋅ ηq = ∑q∈Qα(p,q) ⋅ηq = (α ∗ η)p f�ur alle p ∈ P). Unsere

"Masterformel\ impliziert nun

Fγ = F(α ∗ η) = ∑σ∈QP

∏p∈P

α(p,σp) ⋅ F(η ○ σ) = ∑σ∈QP

∏p∈P

λ(p)(σp) ⋅Φ(σ),

denn α(p,σp) = λ(p)(σp), F(η ○ σ) = F(ηP(σ)) = (F ○ ηP)σ =Φ(σ).

Existenz: De�niere F ∶MP →M ′ f�ur jedes γ ∈MP mit γp = λ(p) ∗ η, wobei λ(p) ∈ SQ f�ur

alle p ∈ P, wie folgt:Fγ ∶= ∑

σ∈QP∏p∈P

λ(p)(σp) ⋅Φ(σ).

�Uberpr�ufe:

1. F ist bez�uglich P multilinear vonMP nachM ′.

Begr�undung: Sei γ ∈ MP und p0 ∈ P fest gew�ahlt, und sei γp = λ(p) ∗ η mit

λ(p) ∈ SQ f�ur alle p ∈ P. F�ur alle x ∈ SQ folgt, wobei f ∶= F ○ ⟨γ⟩p0 ∶M →M ′ sei

f(x ∗ η) = ∑σ∈QP x(σp0) ⋅∏p∈P∖{p0} λ(p)(σp) ⋅Φ(σ) =∶ ∑σ∈QP x(σp0) ⋅ lσ.

F�ur x,y ∈ SQ folgt f(x ∗ η + y ∗ η) = f((x + y) ∗ η) = ∑σ∈QP (x + y)(σp0) ⋅ lσ =∑σ∈QP x(σp0) ⋅ lσ+∑σ∈QP y(σp0) ⋅ lσ = f(x∗η)+f(y∗η), also f(v+w) = fv+fwf�ur alle v,w ∈M. Entsprechend ist f(s ⋅ v) = s ⋅ fv f�ur s ∈ S.

2. F ○ ηP =Φ.

Begr�undung: F�ur jedes σ0 ∈QP ist (F ○ ηP)σ0 = ∑σ∈QP∏p∈P δQσ0p(σp) ⋅Φ(σ) =Φ(σ0) (wegen (η○σ0)p = η(σ0p) = δQσ0p∗η und∏p∈P δ

Qσ0p(σp) = 0 f�ur σ ≠ σ0).∎

31

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3 Multilinearit�at und Determinanten

Determinanten Spezialfall: Q = P,M = SP (M = SP), S kommutativer Ring, und η = δP,sowie Φ = sgn ∶ PP → R, σ↦ sgnσ,

sgnσ ∶=

⎧⎪⎪⎪⎪⎪⎨⎪⎪⎪⎪⎪⎩

0 falls σ nicht injektiv,

1 falls σ gerade Permutation,

−1 falls σ ungerade Permutation.

Dann ist die eindeutig bestimmte multilineare Abbildung det von (SP)P nach S mit

det ○ (δP)P = sgn die Determinantenfunktion auf (SP)P.

PP

(δP)P

||yyyyyyyysgn

��>>>>>>>>

///

(SP)Pdet

// S

Also ist die Determinante det die multilineare Fortsetzung von sgn ∶ PP → S bez�uglich der

Standardbasis δP.

Bilinearformen Sei hier P = [2],M ′ = S kommutativer Semiring (X[2] ≡ X ×X).

I[2]

η[2]

||yyyyyyyyβ

��@@@@@@@@

///

M[2]b

// S

Dann ist b die bilineare Fortsetzung der Matrix β ∶ I × I → S, also b ○ η[2] = β, das hei�tb(ηi,ηj) = β(i, j) f�ur alle i, j ∈ I. Es hei�t b dann Bilinearform zu β bez�uglich η.

Ist b gegeben, so nennt man β ∶= b ○ η[2], das hei�t

β ∶ I × I→ S, (i, j)↦ b(ηi,ηj)

die Gramsche Matrix zu b.

Sind v,w ∈M und λ,µ ∈ SI mit v = λ ∗ η und w = µ ∗ η, so ist

b(v,w) = ∑(i,j)∈I×I

λi ⋅ µj ⋅β(i, j).

Also ist b(v,w) = λ ∗β ∗ µ, wobei λ ∗β = ∑i∈I λi ⋅β(i, ⋅) und β ∗ µ = ∑j∈Iβ(⋅, j) ⋅ µj.F�ur alle λ,µ ∈ SI ist insgesamt

b(λ ∗ η,µ ∗ η) = λ ∗β ∗ µ.

Sonderfall: η = δJ Standardbasis, M = SJ (Umbenennung: ersetze I durch J). Dann

λ ∗ η = λ ∗ δJ = λ f�ur λ ∈ SJ. Also hier

b(λ,µ) = λ ∗β ∗ µ.

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3.4 Cramersche Regel

Sei η = δJ und β = IJ ∶ J × J→ S, (i, j)↦⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

1 falls i = j,0 sonst.

Dann b(λ,µ) = λ ∗ IJ ∗ µ = λ ∗ µ ist Elementarfaltung von λ mit µ f�ur alle λ,µ ∈ SJ. Eshei�t b das Standard-Skalarprodukt auf SJ. F�ur S = R ist b das euklidische Skalarprodukt.

3.4 Cramersche Regel

Noch einmal zu Determinanten: Sei S Ring, α ∈ SP×P und v ∈ SP. Gesucht sei x ∈ SP mit

x ∗α = v, das hei�t ∑p∈P xp ⋅α(p, ⋅) = v.Setze γ ∶= rα. Also x ∗α = v besagt x ∗ γ = ∑p∈P xp ⋅ γp = v. F�ur jedes p ∈ P ist

det(⟨γ⟩p v) = det(⟨γ⟩p ( ∑p ′∈P

xp ′ ⋅ γp ′))

= ∑p ′∈P

xp ′ ⋅ det(⟨γ⟩p γp ′)

= xp ⋅ detγ,

denn det(⟨γ⟩p γp ′) =⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

γ falls p = p ′,0 sonst.

Ergebnis:

det(⟨γ⟩p v) = xp ⋅ detγ.

Wegen detα = det rα = detγ folgt ("Cramer\)

det(⟨rα⟩p v) = xp ⋅ detα,

falls x ∗α = v. Dabei ist ⟨rα⟩p v die Ersetzung der p-ten Zeile von α durch v.

3.12 Beispiel

Sei n = 3, P = [n] = 3, und sei

α =⎛⎜⎜⎝

1 2 3

4 5 6

7 8 9

⎞⎟⎟⎠,

also γ1 = α(1, ⋅) = (1, 2, 3), γ2 = α(2, ⋅) = (4, 5, 6), γ3 = α(3, ⋅) = (7, 8, 9), γ = (γ1,γ2,γ3) =((1, 2, 3), (4, 5, 6), (7, 8, 9)) ∈ (N3)3 = (N[3])[3]. Sei p = 2 und v = (10, 11, 12), dann ist

⟨γ⟩2 v = (γ1,v,γ3) = ((1, 2, 3), (10, 11, 12), (7, 8, 9)), als Matrix

m(⟨γ⟩2 v) =⎛⎜⎜⎝

γ1

v

γ2

⎞⎟⎟⎠=⎛⎜⎜⎝

1 2 3

10 11 12

7 8 9

⎞⎟⎟⎠

2

Ist detγ in Smult invertierbar und x ∗α = v, so gilt

xp =det(⟨rα⟩p v)

detα.

33

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3 Multilinearit�at und Determinanten

Adjunkte Setze v ∶= δPq und betrachte x(q) ∗α = δPq, also gilt x(q)p ⋅ detα = det ⟨rα⟩p δPq.

3.13 Definition

Sei S kommutativer Ring und P endliche nichtleere Menge. Zur Matrix α ∈ SP×P setze

adjα ∶ P × P → S, (q,p)↦ det ⟨rα⟩p δPq,

dann ist die Matrix adjα ∈ SP×P die sogenannte Adjunkte zu α. 2

F�ur P = [n] ist (semiformal)

det ⟨rα⟩p δPq = det

⎛⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎝

α(1, 1) . . . α(1,q) . . . α(1,n)⋮ ⋮ ⋮

α(p−1, 1) . . . α(p−1,q) . . . α(p−1,n)0 . . . 1 . . . 0

α(p+1, 1) . . . α(p+1,q) . . . α(p+1,n)⋮ ⋮ ⋮

α(n, 1) . . . α(n,q) . . . α(n,n)

⎞⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎠

= (−1)p+q ⋅ det

⎛⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎝

α(1, 1) . . . α(1,q−1) α(1,q+1) . . . α(1,n)⋮ ⋮ ⋮ ⋮

α(p−1, 1) . . . α(p−1,q−1) α(p−1,q+1) . . . α(p−1,n)α(p+1, 1) . . . α(p+1,q−1) α(p+1,q+1) . . . α(p+1,n)

⋮ ⋮ ⋮ ⋮α(n, 1) . . . α(n,q−1) α(n,q+1) . . . α(n,n)

⎞⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎠

(Streichungsmatrix zu (p,q),"streiche p-te Zeile und q-te Spalte von α\).

Dann gilt also stets ("Cramersche Regel\):

(adjα) ∗α = (detα) ⋅ IP.

Anmerkungen:

1. Daraus ergibt sich f�ur α ∈ SP×P: Es ist α multiplikativ invertierbar in MatP S genau

dann, wenn detα multiplikativ invertierbar in S ist.

Zusatz: Ist detα invertierbar in Smult, so gilt

α−1 = 1

detα⋅ adjα.

2. Genau genommen ben�otigt man in 1., dass auch α ∗ (adjα) = (detα) ⋅ IP gilt.

Beachte dazu Folgendes: Sei S = (S,+, ⋅, 0, 1) Semiring. Dann ist auch Sop ∶=(S,+, ⋅op, 0, 1) Semiring, wobei

⋅op ∶ S × S→ S, (y,x)↦ x ⋅ y

die transponierte Multiplikation bezeichne (op \opposite"). Also ist y ⋅T x ∶= x ⋅ y.

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3.5 Elementargeometrie in euklidischen Vektorr�aumen

Zu β ∈ SP×Q ist βT ∶ Q × P → S, (q,p) ↦ β(p,q), also βT (q,p) ∶= β(p,q), die transpo-nierte Matrix. F�ur endliche Mengen P, T ,Q seien α ∈ SP×T und β ∈ ST×Q, also βT ∈ SQ×T ,αT ∈ ST×P. Dann gilt (α ∗β)T = βT ∗(T) αT , wobei

(βT ∗(T) αT )(q,p) ∶= ∑t∈TβT (q, t) ⋅op αT (t,p),

denn ∑t∈T βT (q, t) ⋅op αT (t,p) = ∑t∈T αT (t,p) ⋅ βT (q, t) = ∑t∈T α(p, t) ⋅ β(t,q) f�ur alle

(p,q) ∈ P ×QIst S kommutativer Semiring, dann ist ⋅T = ⋅ und folglich (α ∗β)T = βT ∗αT .

Anwendung f�ur 1.: Sei S kommutativer Ring, α ∈ SP×P. Dann ist (adjα)∗α = detα ⋅ IP.Weil (αT )T = α und (adjαT ) ∗ αT = det(αT ) ⋅ IP = detα ⋅ IP ist, gilt α ∗ (adjαT )T =(detα ⋅ IP)T = detα ⋅ IP, das hei�t α hat beidseitiges Inverses, falls detα invertierbar ist.

Ist S K�orper, so folgt: detα ≠ 0⇔ α invertierbar, und detα ≠ 0⇒ α−1 = 1detα

⋅ adjα.Beispiel: Sei S = Z und detα = 2, ist nicht invertierbar in (Z, ⋅, 1), also ist α nicht

invertierbar.

3.5 Elementargeometrie in euklidischen Vektorraumen

Sei N endliche nichtleere Menge, und sei b ∶ RN × RN, (x,y)↦ x ∗ y mit

x ∗ y ∶= ∑i∈N

xiyi

das euklidische Skalarprodukt zu N (Elementarfaltung von x mit y, andere Bezeichnung:

⟨x,y⟩ = x ∗ y). Dann hei�t EN ∶= (RN,b) der euklidische Vektorraum zu N.

Das euklidische Skalarprodukt b(x,y) = x∗y = ∑i∈I xiyi hat die Eigenschaften b(x,y) =b(y,x), b(x,x) ≥ 0 und b(x,x) = 0 ⇔ x = �0, das hei�t, b ist symmetrische und positiv

de�nite Bilinearform auf RN.

In EN lassen sich Orthogonalit�at, Winkel und Abst�ande beschreiben. F�ur x,y ∈ RNnennen wir x orthogonal zu y, kurz x ⊥ y, falls x ∗ y = 0.

�0 x

y

Andere Sicht: x,y ∈ RN als Punkte interpretierbar:

�0 x

y

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3 Multilinearit�at und Determinanten

Auch beides geht:

�0x

y

x

y

y

x

x + y

x + y = y + xx

Punkte vs Vektoren Sei −→pq ∶= −p + q Vektor vom Punkt p ∈ RN zum Punkt q ∈ RN.Abstrakte Modellierung: P sei Menge, vec ∶ P×P → RN sei Abbildung mit vec(p, ⋅) ∶ P → RN

bijektiv und vec(p, t) + vec(t,q) = vec(p,q) f�ur alle p,q ∈ P. Wir nennen P ∶= (P,P × P)Punktraum und vec vektorielle Abbildung von P nach RN.

Dann −→pq ∶= vec(p,q) f�ur alle p,q ∈ P (oft P ∩ RN = ∅).Bei uns (Modell) ist (leider) P = RN als Menge, w�ahrend RN =Mod(R,N) der zugrun-

deliegende Vektorraum ist, und

vec ∶ P × P → RN, (p,q)↦ −→pq ∶= −p + q.

Dann ist vec(p, ⋅) ∶ P → RN , q↦ −→pq = −p + q bijektiv. Ausgezeichnet als Ursprung ist

p = �0 ∈ RN, vec(�0, ⋅) ∶ P → RN, q↦ −→�0q = q.

Bestimmung von Lotfußpunkten Satz des Pythagoras (vektorielle Version): Seien

v, l,w ∈ RN mit l +w = v und l ⊥ w.

�0l

wv

Dann gilt:

l ∗ l +w ∗w = v ∗ v.

Begr�undung: v∗v = (l+w)∗ (l+w) = l∗ l+2(l∗w)+w∗w = l∗ l+w∗w, da l∗w = 0.

Sei u ∈ RN ∖ {�0} und sei v ∈ RN. Bestimme den Lotfu�punkt l von v auf Ru, das hei�t

�nde λ ∈ R mit l = λu und u ⊥ w, wobei w = −→lv = −λu + v.

�0

v

u

w

l = λu

Die Bedingung u ⊥ w = −λu + v hei�t u ∗ (−λu + v) = 0, also −λ(u ∗ u) + u ∗ v = 0, das

hei�t λ = u∗vu∗u . Ergebnis: l = λu mit λ = u∗v

u∗u .

Setze f�ur v ∈ RN stets ∥v∥ ∶=√v ∗ v = (v ∗ v) 1

2

"Norm des Vektors v\ (beachte v ∗ v =

∑i∈N v2i ≥ 0), und sei d ∶ RN × RN → R, (p,q) ↦ ∥−→pq∥ =∶ d(p,q) der"euklidische Abstand

von p zu q\.

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3.5 Elementargeometrie in euklidischen Vektorr�aumen

Anwendung: Herleitung"CSU" (Cauchy-Schwarz-Ungleichung). Gegeben v,u ∈ RN ∖

{�0}. Sei l Lotfu�punkt zu v auf Ru, und sei w ∶= −→lv. Pythagoras ergibt:

l ∗ l +w ∗w = v ∗ v ⇒ 0 ≤ d(l,v)2 = w ∗w = v ∗ v − l ∗ l.

Wegen l = λu mit λ = u∗vu∗u folgt 0 ≤ v ∗ v − l ∗ l = v ∗ v − λ2 ⋅u ∗u = v ∗ v − (u∗v)2

u∗u , das hei�t

(u ∗ v)2 ≤ (u ∗ u) ⋅ (v ∗ v), also∣u ∗ v∣ ≤ ∥u∥ ⋅ ∥v∥ .

Also"elementargeometrisch gesehen\:

0 ≤ sin2∠(u,v) = (Gegenkathete)2(Hypothenuse)2 = w ∗w

v ∗ v = 1 − (u ∗ v)2(u ∗ u) ⋅ (v ∗ v) (liefert CSU),

cos2∠(u,v) = (Ankathete)2(Hypothenuse)2 = l ∗ l

v ∗ v =(u ∗ v)2

(u ∗ u) ⋅ (v ∗ v) = ( (u ∗ v)∥u∥ ⋅ ∥v∥)

2

,

also −1 ≤ cos∠(u,v) ∶= u∗v∥u∥⋅∥v∥ ≤ 1, das hei�t ∠(u,v) = arccos ( u∗v

∥u∥⋅∥v∥) ∈ [0,π].

Orthonormalsysteme

3.14 Definition

Ein Orthogonal-System in EN ist γ ∶ P → RN mit γi ≠ �0 f�ur alle i ∈ P (sonst schwaches

Orthogonal-System), so dass γi ⊥ γj f�ur alle i, j ∈ P mit i ≠ j gilt. Gilt zus�atzlich ∥γi∥ = 1f�ur alle i ∈ P, so hei�t γ Orthonormal-System (ON-System) in EN. 2

Es ist also γ ∶ P → RN ein ON-System in EN genau dann, wenn

γi ∗ γj = IN(i, j) =⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

1 falls i = j,0 sonst,

f�ur alle (i, j) ∈N ×N gilt.

Seien u,v linear unabh�angig (also Ru + Rv ist 2-dimensional), dann w ≠ �0 und w ⊥ u,

"w orthogonalisisiert v zu Ru\.

�0

v

v

u

w

l = λu

w

Allgemein f�ur V Vektorraum und γ ∶ P → V sei rangγ ∶= Dim ⟨γ⟩ = DimIm fγ.

3.15 Proposition (Gram-Schmidtsches ON-Verfahren)

Sei k ∈ N+, setze P ∶= [k]. Sei γ ∶ P → RN unabh�angig (das hei�t fγ injektiv), also

rang(γ) = k. Dann existiert η ∶ P → RN ON-System mit ⟨η1, . . . ,ηj⟩ = ⟨γ1, . . . ,γj⟩ f�ur allej ∈ P (das hei�t ∑i∈[j] Rηi = ∑i∈[j] Rγi). 2

Beweis

Vor�uberlegung: Ist γ ′ ∶ [j] → Rn und x ⊥ γ ′i f�ur alle i ∈ [j], dann ist x ⊥ ∑γ ′ = ∑i∈[j] γ ′i.Denn x ∗∑i∈[j] γ ′i = ∑i∈[j] x ∗ γ ′i = 0.

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3 Multilinearit�at und Determinanten

Setze η1 ∶= γ1∥γ1∥ , und f�ur h ∈ [k − 1] sei η(h + 1) ∶= η ′(h+1)

∥η ′(h+1)∥ , sowie

η ′(h + 1) ∶= γ(h + 1) − ∑i∈[h]

(γ(h + 1) ∗ ηi)ηi

(i-ter Summand ist Lotfu�punkt von γ(h + 1) auf Rηi).Zu zeigen: η ′(h + 1) ⊥ ηj f�ur jedes j ∈ [h].Nach Induktionsannahme ⟨γ1, . . . ,γh⟩ = ⟨η1, . . . ,ηh⟩ und η∣ [h] ON-System. Dann ist

η ′(h+ 1)∗ηj = γ(h+ 1)∗ηj−∑i∈[h](γ(h + 1) ∗ ηi)ηi∗ηj = γ(h+ 1)∗ηj−γ(h+ 1)∗ηj = 0,somit η ′(h + 1) ⊥ ηj, also η(h + 1) ⊥ ηj. ∎

Euklidische Raume M�oglichkeit den RN als Punktmenge zu konstruieren:

Sei P ∶= RN × {Punkt} und sei

vec ∶ P × P → RN, ((v, Punkt), (w, Punkt)) =∶ (P(v),P(w))↦ −v +w.

Ist p = P(v) = (v, Punkt), q = P(w) = (w, Punkt), dann −→pq ∶= vec(p,q) = −v +w ="−→vw".

Damit ist RN als Punktraum modelliert,

(P, vec,RN ≡Mod(R,N))

ist vektorieller Punktraum zum RN und EN ∶= (P, vec,EN) ist euklidischer Raum zu N.

Die Abbildung

d ∶ P × P → R≥0, (p,q)↦ d(p,q) ∶= ∥vec(p,q)∥

hei�t euklidische Metrik (bzw. euklidischer Abstand, euklidische Distanz) auf EN, wobei∥x∥ ∶=

√x ∗ x die euklidische Norm von x ∈ Rn bezeichne.

Dies ist eine Metrik:

� d(p,p) = 0,da ∥vec(p,p)∥ = 0 ist, da vec(p,p) + vec(p,p) = vec(p,p), also vec(p,p) = �0;

� d(p,q) = d(q,p) f�ur alle p,q ∈ P,da vec(q,p) = −vec(p,q) (da vec(p,q) + vec(q,p) = vec(p,p) = �0),

� d(p,q) ≤ d(p, t) + d(t,q) f�ur alle p,q, t ∈ P (Dreiecks-Ungleichung),

denn sei u ∶= vec(p,q), v ∶= vec(p, t), w ∶= vec(t,q), also d(p,q) = ∥u∥, d(p, t) = ∥v∥,d(t,q) = ∥w∥, dann ist u = v +w, also zeige: ∥u∥ = ∥v +w∥ ≤ ∥v∥ + ∥w∥.

p

q

t

vw

u

Es ist ∥v +w∥2 = (v + w) ∗ (v + w) = v ∗ v + 2v ∗ w + w ∗ w, und (∥v∥ + ∥w∥)2 =∥v∥2 + 2 ∥v∥ ⋅ ∥w∥+ ∥w∥2. Wegen CSU ist v∗w ≤ ∥v∥ ⋅ ∥w∥, woraus (wegen v∗ v = ∥v∥2und w ∗w = ∥w∥2) sofort ∥v +w∥2 ≤ (∥v∥ + ∥w∥)2 folgt, also ∥v +w∥ ≤ ∥v∥ + ∥w∥.

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3.5 Elementargeometrie in euklidischen Vektorr�aumen

Eine Abbildung ϕ ∶ P → P hei�t Bewegung des EN, falls ϕ abstandstreu ist, das hei�t

d(ϕp,ϕq) = d(p,q)

f�ur alle p,q ∈ P, wobei d die euklidische Distanz sei.

3.16 Satz

Ist ϕ ∶ P → P Bewegung, dann ist

ψ ∶ RN → RN, v↦ ψv ∶= vec (ϕ(o),ϕ(P(v))),

wobei o ∶= P(�0) = (�0,Punkt) ∈ P, eine orthogonale Abbildung des EN.Fall P = RN: Sei ϕ a�n-orthogonal, falls ψv = −ϕ�0 + ϕv orthogonale Abbildung ψ

auf EN de�niert (−ϕ�0 Translationsanteil). A�n orthogonal entspricht dann einer

Bewegung im EN. 2

Vektorieller Punktraum Sei P"Punktmenge\ (Menge interpretiert als Punktmenge),

N endliche Menge, dann ist (P, vec,RN) vektorieller Punktraum (bzw. a�ner Raum),

falls vec ∶ P×P → RN vektorielle Abbildung auf (N (P,P×P),∗, id) ist, wobei N (P,P×P) ∶=(P,P × P, idP×P) das "logistische Netzwerk\ zu P sei.

Die Kanten von N (P,P×P) hei�en"syntaktische Vektoren\ zu P (also P×P Menge der

syntaktischen Vektoren) und P ist Menge von"Punkten". Es ist

(p, t) ∗ (t,q) ∶= (p,q)

das"Weglassprodukt\ von (p, t) mit (t,q) (syntaktische Verkettung zwischen syntakti-

schen Vektoren), idp ∶= (p,p)"synaktischer ID-Loop\ von p ∈ P, und (N (P,P × P),∗, id)

"syntaktischer Punktraum\ zu P.

t(t,q)

��>>>>>>>

p

(p,t)@@�������

(p,q)// q

Abbildung vec ∶ P × P → RN vektoriell bedeute, dass

vec ((p, t) ∗ (t,q)) = vec(p, t) + vec(t,q),

das hei�t vec(p,q) = vec(p, t) + vec(t,q), f�ur alle p, t,q ∈ P gilt (vec(p, t), vec(t,q) sind

"semantische Vektoren\, + ist semantische Verkettung zwischen semantischen Vektoren).

Ferner sei vec(p, ⋅) ∶ P → RN bijektiv f�ur jedes p ∈ P.Sei o ∈ P, vec(o, ⋅) bijektiv hei�t: Zu jedem v ∈ RN existiert genau ein p ∈ P mit

vec(o,p) = v. Notation: o + v =∶ p.

o

p = o+vv

39

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3 Multilinearit�at und Determinanten

3.17 Beispiel

1. Sei P ∶= RN × {Punkt}, setze P(v) ∶= (v, Punkt), also P ∶ RN → P, v ↦ (v, Punkt) ist

Bijektion, und

vec ∶ P × P → RN, (P(v),P(w))↦ −v +w

ist vektoriell, denn vec(P(v),P(u)) + vec(P(u),P(w)) = (−v + u) + (−u + w) =−v + w = vec(P(v),P(w)) f�ur alle v,w ∈ Rn, und vec(P(v), ⋅) ∶ P → RN, P(w) ↦vec(P(v),P(w)) = −v +w ist bijektiv f�ur jedes feste v ∈ RN.

2."brutal\,

"hoch ambivalent\, Punkte vs (semantische) Vektoren: Sei P = RN, dann

vec ∶ P × P → RN, (p,q)↦ −p + q =∶ −→pq = vec(p,q)

ist vektoriell, da vec(p, t) + vec(t,q) = (−p + t) + (−t + q) = −p + q = vec(p,q) =vec((p, t) ∗ (t,q)) f�ur alle p,q, t ∈ P, und vec(p, ⋅) ∶ P → RN, q ↦ −p + q = vec(p,q)ist bijektiv f�ur jedes feste p ∈ P. 2

40

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4 Charakteristisches Polynom

Ist α ∈ SP×P invertierbar in MatP S, wobei S Semiring, P endliche nichtleere Menge, so

hei�t α regul�ar. Es sei GLP S die Menge aller regul�aren Matrizen α ∈ SP×P.Sei S K�orper, f�ur γ ∈ (SP)P ist

rangγ ∶= Dim ⟨γ⟩ = Dim∑i∈PSγi = DimIm fγ,

dann rangα ∶= rang rα maximale Anzahl linear unabh�angiger Zeilenvektoren von α,

"Zeilenrang von α\. Es gilt rangα = rang cα "

Spaltenrang von α\, also"Zeilenrang =

Spaltenrang\.

Ausblick Sei P endliche nichtleere Menge. Eine bin�are Relation R auf P ist azyklisch,

falls das Netzwerk N (P,R) keine Kreise enth�alt. Ist R ∖ diagP azyklisch, so nennen wir R

fast azyklisch (hierbei bezeichnet diagP ∶= {(p,p) ∣ p ∈ P} die Diagonale von P).

Sei S Semiring. Eine Matrix α ∈ SP×P hei�t Trigonalmatrix, falls suppα ∶={(p,q) ∈ P × P ∣ α(p,q) ≠ 0} fast azyklisch ist. Man nennt α ∈ SP×P �ahnlich zu α ′ ∈ SP×Pin MatP S, falls ein β ∈ GLP S mit α∗β = β∗α ′ existiert. Eine Matrix ist trigonalisierbar,

falls sie �ahnlich zu einer Trigonalmatrix ist.

4.1 Satz

Ist S kommutativer Ring und α ∈ SP×P Trigonalmatrix, dann

detα =∏i∈Pα(i, i).

2

F�ur α# ∶= adjα Adjunkte zu α, also α#(j, i) = ⟨rα⟩i δPj , gilt

α ∗α# = detα ⋅ IP = α# ∗α.

Daher folgt: Ist α Trigonalmatrix, dann ist α regul�ar genau dann, wenn α(i, i) ∈ S× f�ur

alle i ∈ P ist, wobei S× die Menge der multiplikativ invertierbaren Elemente von S sei.

4.2 Satz

Sei S K�orper und α ∈ SP×P. Dann ist α trigonalisierbar genau dann, wenn das cha-

rakteristische Polynom χα in Linearfaktoren zerf�allt. 2

Ist S = C, dann hat jedes Polynom Nullstelle, zerf�allt also in Linearfaktoren. Insbeson-

dere zerf�allt χα in Linearfaktoren.

4.3 Korollar

Jede Matrix aus CP×P ist trigonalisierbar. 2

41

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4 Charakteristisches Polynom

4.1 Aktionsnetzwerke und Faltungsalgebren

Was sind Polynome, was sind Matrizen?

Polynome Typische Antwort: Ein Polynom ist eine Abbildung von R in sich der Form

p ∶ R→ R, x↦n

∑i=0aix

i = a0 + a1x +⋯ + anxn,

wobei a0, . . . ,an ∈ R. Sie eignen sich zur Interpolation von n + 1"St�utzstellen\.

Mathematisch unbefriedigend: hier wird nur eingesetzt, die eigentliche Information ist

(a0,a1, . . . ,an) ∈ Rn+1, bzw. α ∶= (a0,a1, . . . ,an, 0, . . . ) ∈ R(N) (das hei�t suppα ∶={i ∈ N ∣ ai ≠ 0} ist endlich,

"reelle Folge mit endlichem Support\). Also ist

α = ∑i∈Naiδ

N

i ∶= ∑i∈suppα

αiδN

i

(interpretierbar als"Polynom\, α ∈ RN interpretierbar als formale Potenzreihe).

F�ur α ∈ R(N) ist α = α ∗ δN = ∑i∈Nαi ⋅ δNi = ∑i∈N aiδNi f�ur ai ∶= αi. Setze Xi ∶= δNi , dannist α ∈ R(N) gerade α = ∑i∈N aiXi, dabei ist aiXi das i-te Monom zu α. Es hei�t anX

n

Leitmonom von α und an Leitkoe�zient von α, falls n ∶=max(suppα).Einsetzen: W�ahle s ∈ R �x und ersetze Xi durch si, das hei�t N → R, i ↦ si. Ergebnis:

αs ∶= ∑i∈N aisi = ∑ni=0 aisi (dabei ist αs \abuse of notation").Eventuell klappt das auch f�ur α ∈ RN, also ist αs ∶= ∑i∈N aisi wohlde�niert (zum Beispiel

falls α konvergente Reihe).

Multiplikation von Polynomen ist noch zu kl�aren: Setze δNi ∗ δNj ∶= δNi+Nj, das hei�t

XiXj ∶= Xi ∗Xj ∶= Xi+j. F�ur α,β ∈ R(N) folgt durch Ausmultiplizieren:

α ∗β ∶= ∑(i,j)∈N×N

(aiδNi ) ∗ (bjδNj )

= ∑(i,j)∈N×N

aibj ⋅ δNi ∗ δNj = ∑(i,j)∈N×N

aibj ⋅ δNi+j

= ∑h∈N

( ∑(i,j)∈N×Ni+j=h

aibj) ⋅ δNh = ∑h∈N

( ∑i+j=h

aibj) ⋅ δNh (lax),

also (∑i∈N aiXi) ∗ (∑j∈N bjXj) = ∑h∈N (∑i+j=h aibj)Xh.

Matrizen Was ist eine Matrix? Typische Antwort:

Ein Schema (kein mathematisches Objekt im Sinne einer mengenbasierten Modellie-

rung), mit dem ich eine lineare Abbildung beschreiben kann (wenn ich Basen gegeben

habe). Das sieht so aus:

⎛⎜⎜⎝

a11 ⋯ a1n⋮ ⋮

am1 ⋯ amn

⎞⎟⎟⎠∈ Rm,n

(reelles Schema, reelle Matrix).

42

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4.1 Aktionsnetzwerke und Faltungsalgebren

Ist also algebraisch modelliert eine Abbildung α ∶ [m]× [n]→ R, das hei�t α ∈ R[m]×[n].

Dabei [m] × [n] syntaktisches Schema von α, sowie (i, j) ∈ [m] × [n]"Position\ im syn-

taktischen Schema.

Verallgemeinerte Sicht jetzt m�oglich: W�ahle P und Q beliebige Mengen an Stelle von

[m] und [n], dann α ∶ P × Q → R reelle Matrix, wobei (P,Q) Paar von Indexmengen,

"formales (syntaktisches) Schema von α\ und P ×Q realisiertes (syntaktisches) Schema.

(Beachte: Falls P = ∅ ≠ Q, dann ist P ×Q = ∅, also ist Q nicht aus P ×Q rekonstruierbar,

wohl aber aus (P,Q); setze P ××Q ∶= (P,Q).)Matrix-Multiplikation: Zu α ∈ RP×T und β ∈ RT×Q ist α ∗β ∈ RP×Q de�niert als

(α ∗β)(p,q) ∶= ∑t∈Tα(p, t) ⋅β(t,q).

Speziell sei δP×T ∶ P × T → RP×T , (p, t)↦ δP×T(p,t), wobei

δP×T(p,t) ∶ P × T → R, (p ′, t ′) ↦⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

1 (p ′, t ′) = (p, t),0 sonst,

Elementarmatrix zu (p, t). Dann gilt

(δP×T(p ′,t ′) ∗ δT×Q(t ′′,q ′′))(p,q) = ∑

t∈TδP×T(p ′,t ′)(p, t) ⋅ δ

T×Q(t ′′,q ′′)(t,q)

=⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

1 p = p ′ ∧ t ′ = t ′′ ∧ q = q ′′,0 sonst,

das hei�t

δP×T(p ′,t ′) ∗ δT×Q(t ′′,q ′′) =

⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

δP×Q(p ′,q ′′) f�ur t ′ = t ′′,0 sonst.

Ergebnis:

δP×T(p,t) ∗ δT×Q(t,q) = δ

P×Q(p,q).

Speziell f�ur P = T = Q ist δP×P(p,t) ∗ δP×P(t,q) = δ

P×P(p,q) = δ

P×P(p,t)∗(t,q), mit (p, t) ∗ (t,q) = (p,q)

dem Weglassprodukt im logistischen Netzwerk N (P,P × P).

Aktionsnetzwerke Zur Erinnerung, ein Netzwerk (gerichteter Multigraph) ist ein Tripel

G = (V,E,ρ), wobei V, E Mengen und ρ ∶ E → V × V Abbildung sind, setze ρe =∶ (σe,τe)f�ur alle e ∈ E, also sind σ,τ ∈ VE.

e

σeτe

Es bezeichne E⟨n⟩ ∶= {(e1, . . . ,en) ∈ EN ∣ τei = σei+1 f�ur alle i ∈ [n − 1]} die Pfade der

L�ange n in G.

43

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4 Charakteristisches Polynom

4.4 Definition

G ∶= (G,∗, id) hei�t Aktionsnetzwerk, kurz ANW, falls G = (V,E,ρ) Netzwerk ist, sowie

∗ ∶ E⟨2⟩ → E, (a,b)↦ a ∗ b

und id ∶ V → E Abbildungen sind derart, dass gilt:

1. ρ(a∗b) = (σa,τb) = ρa∗ρb f�ur alle (a,b) ∈ E⟨2⟩, wobei ρa∗ρb Weglassprodukt im

logistischen Netzwerk:

ab

a ∗ b

2. (a ∗ b) ∗ c = a ∗ (b ∗ c) f�ur alle (a,b, c) ∈ E⟨3⟩ (Assoziativit�at):

ab

c

a ∗ b b ∗ c

(a ∗ b) ∗ c = a ∗ (b ∗ c)

3. ρ(idp) = (p,p) = idp (logistische Sicht) f�ur alle p ∈ V,"passiv in p sein\,

4. idp ∗ e = e = e ∗ idq f�ur alle e ∈ E und p ∶= σe, q ∶= τe ("Passivit�atsaxiom\):

e

pqidp

idq

2

Anmerkung: Die Elemente in E betrachten wir h�au�g als"Aktionen\ und a ∗ b ist die

(covariante) Verkettung der Aktion a mit der Aktion b ("erst a, dann b\) f�ur (a,b) ∈ E⟨2⟩.

Achtung: Die Verkettung ist nicht f�ur a,b mit τa ≠ σb de�niert.

4.5 Beispiel

1. Sei V Menge von Mengen, E Menge von Abbildungen f mit dom f, codom f ∈ Vund ∗ covariante Verkn�upfung von Abbildungen; f�ur P ∈ V ist idP ∶ P → P, x ↦ x,

idP ∶= idP. Bedingungen:a) {idP ∣ P ∈ V} ⊆ E ,

b) P, T ,Q ∈ E , P f−→ T g−→Q Abbildungen mit f,g ∈ E , so auch f ∗ g ∈ E .

2. Logistisches ANW zur Menge P:

GP ∶= (GP,∗, id) mit GP ∶= (P,P × P, idP×P) logistisches Netzwerk zu P, und

(p, t) ∗ (t,q) ∶= (p,q) f�ur alle p, t,q ∈ P Weglassprodukt, (syntaktische) Verket-

tung syntaktischer Vektoren (p, t) mit (t,q), sowie id ∶ P → P × P, p↦ (p,p).Jede transitive, re exive Relation R auf der Menge P (das hei�t (P,R) ist

Pr�aordnung) liefert ein ANW G(P,R) als Unterstruktur von GP.

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4.1 Aktionsnetzwerke und Faltungsalgebren

3. Monoide als ANWe,"Schreibtischt�ater ANW\:

Ist M = (M,∗M, 1M) Monoid, so sei GM ∶= (GM,∗M, id) mit GM ∶= ({1M} ,M,ρ), woρ ∶ M → {1M}2, x ↦ (1M, 1M), und id ∶ {1M} → M, 1M ↦ 1M, das zu M geh�orige

ANW' "M als einknotiges ANW\.

●1M

id 1M

x

yx ∗M y

Umgekehrt induziert jedes einknotige ANW (das hei�t #V = 1) ein Monoid. 2

Anmerkung: ANWe hei�en auch kleine covariante Kategorien.

Faltungsalgebren Sei S Semiring und G = (G = (V,E,ρ),∗, id) ANW, dann betrachte

S(E) ∶= {u ∈ SE ∣ suppu endlich}, die Menge der endlichen Multimengen zu E �uber S, das

hei�t Menge der Kantenbewertungen von G mit endlichem Support.

4.6 Beispiel

Sei P = {p,q, t} und betrachte das logistische ANW GP = (N (P,P × P),∗, id), wobeiN (P,P × P) das logistische Netzwerk sei:

p

t

q

Sei R ∶= {(p, t), (t,q), (p,q), (p,p), (t, t), (q,q)} ⊆ P×P transitive re exive Relation auf P,

liefert ein ANW G(P,R) als Unterstruktur von GP. Beispiel f�ur u ∈ SE = NR (also S = N,E = R) ist dann:

3

2

0

4

1

2

2

4.7 Definition (Faltungsalgebra)

Sei S Semiring und G endlichknotiges ANW (das hei�t V ist endlich). Dann sei

S[G] ∶= (S(E),+,∗, 0, I)

mit + und ∗ zweistellige Operationen auf S(E), so dass (u + w)e ∶= ue + we f�ur alle

u,w ∈ S(E) und(u ∗w)e ∶= ∑

(c,d)∈E⟨2⟩

c∗d=e

uc ⋅wd

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4 Charakteristisches Polynom

f�ur alle e ∈ E und u,w ∈ S(E) (die Faltung, \convolution" von u mit w, Split(e) ∶={(c,d) ∈ E⟨2⟩ ∣ c ∗ d = e} der Split von e),

e

c d

(u ∗w)e

uc wd

sowie 0 ∶ E→ S, e↦ 0, und

I ∶ E→ S, e↦⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

1 f�ur e ∈ idV,0 sonst;

es hei�t S[G] die Faltungsalgebra von G �uber S. 2

Also lax: (u ∗w)e = ∑c∗d=e uc ⋅wd.Wichtig sind Rtrop und Rarc in der Optimierung, zum Beispiel f�ur S = Rtrop ist (u∗w)e =

min(c,d)∈Split(e)(uc +wd).

Ist S[G] Faltungsalgebra, dann ist

(δEa ∗ δEb)e = ∑(c,d)∈Split(e)

δEac ⋅ δEbd =⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

1 f�ur (a,b) ∈ Split(e),0 sonst,

denn der Fall a = c ∧ b = d tritt auf, falls (a,b) ∈ Split(e). Das hei�t

δEa ∗ δEb = δEa∗b f�ur alle (a,b) ∈ E⟨2⟩,

sowie δEa ∗ δEb = 0, falls (a,b) ∈ E2 mit τa ≠ σb.F�ur u,v ∈ S(E) ist dann

u ∗w = ∑(c,d)∈E2

uc ⋅wd ⋅ (δEc ∗ δEd),

wegen u = ∑c∈E uc ⋅ δEc , w = ∑d∈Ewd ⋅ δEd und der Distributivit�at von ∗ bez�uglich +.

4.8 Satz

Es ist S[G] ein Semiring f�ur jedes echt knotenendliche ANW G (das hei�t V endlich

und V ≠ ∅) und jeden Semiring S. 2

Zum Beispiel Assoziativit�at: Sei (a,b, c) ∈ E⟨3⟩, dann (δEa ∗ δEb) ∗ δEc = δEa∗b ∗ δEc =δE(a∗b)∗c = δ

Ea∗(b∗c) = δ

Ea ∗ δEb∗c = δEa ∗ (δEb ∗ δEc ); gilt auch allgemein (�Ubung).

Zum Beispiel (u ∗ I)e = ∑(c,d)∈Split(e) uc ⋅ I(d) = ue, denn I(d) = 1 falls d = idq, das

hei�t q = τe, und c = c ∗ idq = c ∗ d = e; also u ∗ I = u.4.9 Beispiel

1. Sei P endliche nichtleere Menge. F�ur jeden Semiring S gilt

S[GP] = MatP S.

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4.1 Aktionsnetzwerke und Faltungsalgebren

Begr�undung: Sei u,w ∈ SP×P, hier E = P×P Kantenmenge. Ist e = (p,q) ∈ P×P, dannist Split(e) = {((p, t), (t,q)) ∣ t ∈ P}, also ist (u ∗ w)(p,q) = ∑t∈P u(p, t) ⋅ w(t,q)Matrizenprodukt, und I(p,q) = 1 f�ur p = q (idp = (p,p)), I(p,q) = 0 sonst, I ist

Einheitsmatrix.

2. Sei G = G(N,+, 0) = GNadd und S kommutativer Semiring, also N = E, {0} = V. F�uru,w ∈ S(N) ist

(u ∗w)k = ∑(i,j)∈N×Ni+j=k

ui ⋅wj

(denn Split(k) = {(i, j) ∈ N ×N ∣ i + j = k}), also gilt u ∗w = ∑k∈N (∑i+j=k ui ⋅wj)Xkf�ur Xk ∶= δNk . Ergebnis: S[G] = S[X] Polynomsemiring in X.

3. Sei M = (M,∗M, 1M) Monoid, S kommutativer Semiring,

(u ∗w)x = ∑(y,z)∈M×Mx=y∗Mz

uy ⋅wz.

Dann ist S[M] ∶= S[GM] der sogenannte Monoidsemiring zu M �uber S.

Speziell f�ur M = N(P)add

setze XP ∶= δMp , dann S[M] =∶ S[(Xp)p∈P] Polynomsemiring in

(Xp)p∈P, "multivariate Polynome\ sind Elemente u ∈ S(M).

Ber�uhmter Fall: S = C, M bilde Gruppe, dann C[M] komplexer Gruppenring zu M.2

Einsetzungsmorphismus Anwendung:"Einsetzen in Polynome\.

Eine Algebra A �uber einem kommutativen Semiring S (auch S-Algebra) ist ein S-Modul

mit Multiplikation, so dass (A,+, ⋅, 0, 1) Semiring ist, sowie s ⋅(a ⋅Ab) = (s ⋅a) ⋅Ab = a ⋅A(s ⋅b)f�ur alle s ∈ S und a,b ∈ A. Insbesondere ist S[G] Algebra �uber S f�ur jedes echt endlich-

knotiges ANW G.

4.10 Satz (Einsetzungsmorphismen)

Sei ϕ ∶ M → Amult Monoidmorphismus, wobei A Algebra �uber kommutativen Semi-

ring S sei. Dann existiert genau ein Algebramorphismus ψ ∶ S[M] → A (das hei�t ψ

ist S-linear und ein Semiringmorphismus) mit ψ ○ δM = ϕ, das hei�t:

Mϕ //

δM

��///

Amult

idA

��S[M]

∃!ψ// A

2

Es sei ψ der Einsetzungsmorphismus f�ur ϕ, \evalution morphism"; also ψ regelt das

Einsetzen von ϕ in jedes u ∈ S(M). Explizit ist

ψ ∶ S(M) → A, u↦ u ∗ϕ mit u ∗ϕ ∶= ∑x∈M

ux ⋅ϕx ∈ A.

Wir schreiben u(ϕ) ∶= u∗ϕ = ∑x∈M ux ⋅ϕx, "u(ϕ) ist die Einsetzung von ϕ in u ∈ S(M)\.

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4 Charakteristisches Polynom

Beispiel: Sei ϕ ein Charakter von (Z12)add, das hei�t ϕ ∶ (Z12)add = (12,+, 0)→ C×mult =(C×, ⋅, 1) ist Gruppenmorphismus; induziert Monoidmorphismus, da ϕx = ϕ(0 + x) = ϕ0 ⋅ϕx, also ϕ0 = 1. Zum Beispiel a↦ ea(2π/12)i, also 0↦ 1 und 1↦ e(2π/12)i (30○).Beweis

Zeige ψ(u ∗ w) = ψu ⋅A ψw f�ur alle u,w ∈ S(E) (Rest: �Ubung). Begr�undung: Wegen

(u ∗w)x = ∑(y,z)∶y∗Mz=x uy ⋅wz und ϕ(y ∗M z) = ϕy ⋅A ϕz ist

ψ(u ∗w) = (u ∗w) ∗ϕ = ∑x∈M

(u ∗w)x ⋅ϕx

= ∑x∈M

∑(y,z)∈M×My∗Mz=x

(uy ⋅wz) ⋅ϕ(y ∗M z)

= ∑(y,z)∈M×M

(uy ⋅wz) ⋅ (ϕy ⋅A ϕz)

= ∑(y,z)∈M×M

(uy ⋅ϕy) ⋅A (wz ⋅ϕz)

= ( ∑y∈M

uy ⋅ϕy) ⋅A ( ∑z∈M

wz ⋅ϕz)

= (u ∗ϕ) ⋅A (w ∗ϕ) = ψu ⋅A ψw,

das hei�t ψ(u ∗w) = ψu ⋅A ψw. ∎

Es ist ψ(δMi ) = ϕi f�ur alle i ∈M, also u = ∑i∈M uiδMiψ↦ u(ϕ) ∶= ∑i∈M ui ⋅ϕi f�ur jedes

u ∈ S(M),"Einsetzen von ϕ\. Setzt man Xi ∶= δMi und ϕi ∶= ϕi f�ur alle i ∈M (mit Vorsicht

zu genie�en), so gilt

∑i∈M

uiXi ψ↦ ∑

i∈Muiϕ

i.

Wichtige Anwendung: Sei M = Nadd = (N,+, 0). W�ahle a ∈ A �x. Dann ist

[a] ∶ N→ A, i↦ ai

Monoidmorphismus von Nadd nach Amult. Die Einsetzung von a in u ∈ S[X] = S[Nadd]ist dann gerade u(a) = ∑uiai, das hei�t u(a) ⋅A w(a) = (u ∗ w)a f�ur u = ∑i∈N uiXi,w = ∑i∈NwiXi in S[X].Es ist uA ∶ A→ A, a↦ u(a) die Polynomfunktion zum Polynom u ∈ S[X]. Im Fall A = S

ist also uS ∶ S→ S, s↦ u(s) = ∑i∈N uisi die Polynomfunktion zum Polynom u ∈ S[X].

Produkt von Aktionsnetzwerken4.11 Definition

Seien G,G ′ ANWe. Dann sei

G ×G ′ ∶= (G ×G ′,∗, id)

de�niert via G×G ′ ∶= (V ×V ′,E×E ′,ρ) mit ρ(e,e ′) ∶= ((σe,σ ′e ′), (τe,τ ′e ′)) und (a,a ′)∗(b,b ′) ∶= (a ∗ b,a ′ ∗ b ′) f�ur ((a,a ′), (b,b ′)) ∈ (E × E ′)⟨2⟩.Es ist G ×G ′ ebenfalls ANW, das sogenannte Produkt von G mit G ′. 2

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4.2 Eigenwerte, Eigenvektoren

4.12 Satz

Sei S Semiring, seien G,G ′ echt knotenendliche ANWe. Dann gilt:

1. (S[G])[G ′] ≅ S[G ×G ′],

2. S[G ×G ′] ≅ S[G ′ ×G]. 2

Beweisidee: Sei S ′ ∶= S[G]. F�ur u ′ ∈ S ′(E ′) (das hei�t u ′ ∈ (S[G])[G ′]) ist dann u ′e ′ =∑e∈E(u ′e ′)e ⋅ δEe . Setze ~u(e,e ′) ∶= (u ′e ′)e f�ur alle (e,e ′) ∈ E × E ′, also ~u ∶=mTu ′ ∈ SE×E ′ .Dann ist u ′ ↦ ~u Isomorphismus von (S[G])[G ′] nach S[G ×G ′].Anwendung: G ∶= GNadd, G

′ ∶= GN, S kommutativer Semiring, N ≠ ∅ endlich. Dann

MatN(S[X]) ≅ (MatN S)[X]

(Matrizen von Polynomen vs Polynome von Matrizen).

4.2 Eigenwerte, Eigenvektoren

SeiM Modul �uber einem kommutativen Ring S und sei ϕ ∈ EndM. F�ur v ∈M und s ∈ Sist v

"Eigenvektor zum Eigenwert s bez�uglich ϕ\, falls ϕv = s ⋅ v gilt.

4.13 Definition

Es ist s ∈ S Eigenwert von ϕ, falls ein v ∈M∖{�0} mit ϕv = s ⋅v existiert; ferner bezeichneEigValue(ϕ) die Menge der Eigenwerte von ϕ. Es ist v ∈M Eigenvektor von ϕ, falls v ≠ �0ist und ein s ∈ S mit ϕv = s ⋅ v existiert. F�ur s ∈ S sei

Eig(ϕ, s) ∶= {v ∈M ∣ ϕv = s ⋅ v} ,

und ist s Eigenwert von ϕ, so hei�t Eig(ϕ, s) Eigenraum von ϕ zu s. Gilt ∑s∈SEig(ϕ, s) =M, so hat ϕ eine Eigenraumzerlegung (Eig(ϕ, s) ∣ s ∈ EigValue(ϕ)). 2

Es ist U ∈ LM ein ϕ-invarianter Unterraum, falls ϕU ⊆ U gilt.

4.14 Bemerkung

F�ur ϕ ∈ EndM gilt:

� Eig(ϕ, s) = Ker(s ⋅ idM −ϕ) f�ur alle s ∈ S.

� Eig(ϕ, r) ∩Eig(ϕ, s) = {�0} f�ur r, s ∈ S mit r ≠ s, falls S K�orper ist.

� Eig(ϕ, s) ist ϕ-invariant f�ur alle s ∈ S.

� Existiert eine Basis η ∶ P →M vonM bestehend aus Eigenvektoren von ϕ (das hei�t

ηp ist Eigenvektor von ϕ f�ur jedes p ∈ P), so ist ϕ diagonalisierbar. In diesem Fall

hat ϕ eine Eigenraumzerlegung. 2

4.15 Definition

Sei S kommutativer Ring, N ≠ ∅ endlich und α ∈ SN×N. Dann hei�t

χα ∶= det(X ⋅ IN −α) ∈ S[X]

das charakteristische Polynom von α. 2

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4 Charakteristisches Polynom

4.16 Proposition

F�ur das charakteristische Polynom von α ∈ SN×N gilt

χα =n

∑k=0

(−1)k ⋅ ( ∑J∈(N

k)detαJ) ⋅Xn−k ,

wobei n ∶=#N, (Nk) ∶= {J ∈ 2N ∣ #J = k} und αJ ∶= α∣ J × J. 2

Zum Beispiel f�ur n = 2 und α = (a bc d

) erhalten wir χα = X2 − (a + d)X + (ad − bc).

Beweis

Zun�achst"Determinante einer Summe\. F�ur α,β ∈ SN×N gilt nach der Leibniz-Formel

det(α +β) = ∑σ∈SymN

sgnσ ⋅ λσ f�ur λσ ∶= ∏i∈N

(α(i,σi) +β(i,σi)) .

Dabei ist λσ = ∑J∈2N λ(σ, J) f�ur λ(σ, J) ∶=∏i∈Jα(i,σi) ⋅∏i∈N∖Jβ(i,σi), und es folgt

det(α +β) = ∑σ∈SymN

∑J∈2N

sgnσ ⋅ λ(σ, J) = ∑J∈2N

∑σ∈SymN

sgnσ ⋅ λ(σ, J) .

Speziell f�ur β = X ⋅ IN ∈ (S[X])N×N und σ ∈ SymN, J ∈ 2N ergibt sich

∏i∈N∖J

β(i,σi) =⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

X#(N∖J) falls N ∖ J ⊆ {i ∈N ∣ σi = i} ,0 sonst.

Somit ist

λ(σ, J) =⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩

∏i∈Jα(i,σi) ⋅X#(N∖J) falls N ∖ J ⊆ {i ∈N ∣ σi = i} ,0 sonst,

woraus folgt

∑σ∈SymN

sgnσ ⋅ λ(G, J) = (detαJ) ⋅X#(N∖J) .

Also gilt

det(α +X ⋅ IN) = ∑J∈2N

(detαJ) ⋅Xn−#J =n

∑k=0

( ∑J∈(N

k)detαJ) ⋅Xn−k ,

woraus mit χα = det(X ⋅ IN −α) leicht die Behauptung folgt. ∎

4.17 Bemerkung

Seien S,N,α wie oben.

1. Ist α ′ ∈ SN×N �ahnlich zu α, so ist χα ′ = χα.

2. Ist S K�orper, so ist λ ∈ S Nullstelle von χα genau dann, wenn λ Eigenwert von α. 2

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4.3 Caley-Hamilton, Jordan-Normalform

4.18 Definition

Sei S K�orper, N ≠ ∅ endlich und α ∈ SN×N. Ist λ Eigenwert von α, so ist

� Dimension von Eig(α,λ) ∶= {v ∈ SN ∣ v ∗α = λ ⋅ v} die geometrische Vielfachheit,

� gr�o�tes k ∈ N+ mit χα = (X − λ)k ⋅ f f�ur ein f ∈ S[X] die algebraische Vielfachheit

von λ bez�uglich α. 2

4.19 Bemerkung

Es ist (bez�uglich α) die geometrische Vielfachheit von λ immer kleiner oder gleich der

algebraischen Vielfachheit von λ. 2

4.3 Caley-Hamilton, Jordan-Normalform

4.20 Satz (Cayley-Hamilton)

Sei S kommutativer Ring, N ≠ ∅ endlich. Dann gilt f�ur α ∈ SN×N stets

χα(α) = 0,

wobei χα ∶= det(X ⋅ IN −α) ∈ S[X] und X ⋅ IN −α ∈MatN S[X] ≡ (MatN S)[X]. 2

Zum Beweis:

4.21 Lemma

Sei α ∈MatN S und u ∈ S[X]. Dann folgt aus (X⋅IN−α)∗γ = u⋅IN f�ur ein γ ∈MatN S[X]bereits u(α) = 0. 2

Anwendung: Sei γ ∶= (X ⋅IN−α)# die Adjunkte zu X ⋅IN−α und u ∶= det(X ⋅IN−α) = χα.Also ist (X ⋅ IN −α) ∗ (X ⋅ IN −α)# = χα ⋅ IN, und somit ist χα(α) = 0.Zu zeigen bleibt das Lemma.

Beweis (Lemma)

Links: (X ⋅ IN − α) ∗ γ = ∑k∈N(γkXk+1 − α ∗ γkXk) = ∑k∈N γk−1Xk − ∑k∈Nα ∗ γkXk, daγ = ∑k∈N γkXk und γ−1 ∶= 0.Rechts: u ⋅ IN = ∑k∈N ukXk ⋅ IN = ∑k∈N ukIN ⋅Xk.Koe�zientenvergleich ergibt: γk−1 −α ∗ γk = ukIN f�ur alle k ∈ N.Es folgt αk ∗γk−1−αk+1 ∗γk = ukαk f�ur alle k ∈ N. Summiere, also 0 = ∑k∈N ak ∗γk−1−

∑k∈Nαk+1 ∗ γk = ∑k∈N ukαk = u(α). ∎

Anwendungen"Charakteristisches Polynom\.

4.22 Satz

Sei S K�orper, N ≠ ∅ endlich, α ∈ MatN S. Dann gilt: α ist trigonalisierbar (�ahnlich

zu einer Trigonalmatrix) genau dann, wenn χα in Linearfaktoren zerf�allt, das hei�t

χα =∏i∈N(X − λi) f�ur ein λ ∈ SN. 2

Beweis

"⇒\: Sei α �ahnlich zu α ′ mit α ′ Trigonalmatrix. Dann ist χα = χα ′ = det(X ⋅ IN − α ′) =∏i∈N(X −α ′(i, i)).

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4 Charakteristisches Polynom

"⇐\: Sei χα = ∏i∈N(X − λi), sei j ∈ N fest, χα(λj) = 0. Dann gibt es vj ∈ SN ∖ {�0}

mit fα(vj) = vj ∗ α = λjvj, das hei�t vj ist Eigenvektor. Spalte auf in Svj ⊕U = SN mit

fα(U) ⊆ U. Induktion nach #N.

(Erster Beweisversuch, so klappt's nicht! Gegenbeispiel α = (0 1

0 0), . . . ) ∎

4.23 Korollar

Jede Matrix in MatNC ist trigonalisierbar (da C algebraisch abgeschlossen, das hei�t

jedes Polynom zerf�allt in Linearfaktoren). 2

Jordansche Normalform Sei N = [n], n ∈ N+, S K�orper. Zu 1 ≤m ≤ n und λ ∈ S sei

J(λ,m) =

⎛⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎝

λ 0

1 ⋱ ⋱ 0

⋱ ⋱ ⋱0 ⋱ λ 0

1 λ

⎞⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎠

∈ S[m]×[m]

("einfache Gestalt\) die Jordanmatrix (evtl. transponieren, wenn kontravariante Sicht).

4.24 Satz

Zerf�allt χα f�ur α ∈ MatN S in Linearfaktoren, dann existiert eine zu α �ahnliche

Matrix α ′ (das hei�t α ∗β = β ∗α ′ mit β invertierbar) der Form

⎛⎜⎜⎝

J(λ1,m1) 0

⋱0 J(λk,mk)

⎞⎟⎟⎠,

wobei m1 + ⋅ ⋅ ⋅ +mk = n und λi ∈ S, "fast Diagonalgestalt\. 2

Liften:"orthogonal in C\ hei�t unit�ar: Zu x,y ∈ CN sei

⟨x,y⟩ ∶= ∑i∈N

xi�yi = x ∗ �y,

wo �yi ∶= yi; zu s = s1 + is2 ∈ C sei dabei �s = s1 − is2 die konjugiert komplexe Zahl zu s,

dann s ⋅ �s = ∣s∣2, denn (s1 + is2)(s − is2) = s21 − i2s22 = s21 + s22.Dann ⟨λx,y⟩ = λ ⟨x,y⟩, ⟨x,λy⟩ = �λ ⟨x,y⟩;

√x ∗ �x = ∥x∥, λx ∗ λx = λ�λ ⋅ x ∗ x, also ∥λx∥ =

∣λ∣ ⋅ ∥x∥. Sei x ⊥ y⇔ ⟨x,y⟩ = 0⇔ x ∗ �y = 0 (x unit�ar orthogonal zu y).

Orthogonale Gruppe wird zur unit�aren Gruppe: α ∗ αT = IN, das hei�t α orthogonal,

entspricht α ∗α∗ = IN, das hei�t α unit�ar, wobei α∗ = �αT .

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