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Ein Handbuch Geriatrie Gerontopsyc hiatrie Rehabilitation Assessment Case Man agement Wohnen Ca re Management Ehren amt Selbsthilfe Migr ation Gewalt Sterben und Suizid Hospizarb eit Krankenversicheru ng Demenz Palliative Medizin Behinderung Sozialhilfe Pflegeversi cherung Hilfsmittelve rsorgung Betreuungsg esetz Betreuungsverf ügung Patientenverfü gung Vorsorgevollma cht Christian Zippel, Sibylle Kraus (Hrsg.) Soziale Arbeit für alte Menschen Mabuse-Verlag 2., aktualisierte und erweiterte Ausgabe

Soziale Arbeit für alte Menschen€¦ · 4. Kapitel: Soziale Arbeit in der Geriatrie 77 Mechthild Niemann-Mirmehdi, Michael A. Rapp 5. Kapitel: Klinische Sozialarbeit in der Gerontopsychiatrie

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Ein Handbuch

Geriatrie Gerontopsyc

hiatrie Rehabilitation

Assessment Case Man

agement Wohnen Ca

re Management Ehren

amt Selbsthilfe Migr

ation Gewalt Sterben

und Suizid Hospizarb

eit Krankenversicheru

ng Demenz Palliative

Medizin Behinderung

Sozialhilfe Pflegeversi

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Christian Zippel, Sibylle Kraus (Hrsg.)

Soziale Arbeit für alte Menschen

Mabuse-Verlag

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Angehörige, SozialarbeiterInnen, Case ManagerInnen u.a. sehen

sich in der Betreuung alter Menschen einer Vielzahl von Aufgaben

gegenüber. Das erfordert umfangreiche Kenntnisse und den

schnellen Zugriff auf Gesetzestexte und Adressen. Wann reicht

eine Vorsorgevollmacht aus? Wie und wo kann eine Betreuung

beantragt werden? Bei welchen Hilfsmitteln besteht Zuzahlungs-

pflicht? Wann sind die Krankenkassen, wann die Pflegekassen

leistungspflichtig? Welche Wohnformen helfen, eine Heimunter-

bringung zu vermeiden?

Zu diesen und anderen Fragen bietet das Buch kompetente Hilfe-

stellung. Alle beteiligten AutorInnen verfügen über umfangreiche

praktische Erfahrung. Das Spektrum der sozialen Aufgaben bei

alten Menschen wird umfassend, aktuell und praxisnah darge-

stellt.

»Man wünscht sich mehr Bücher dieser Art, Dichte und Qualität,

die praktischen und wissenschaftlichen Sachverstand bündeln

und für berufliche Praxis und Politik nutzbar machen.«

(Gesundheit und Gesellschaft)

Mabuse-VerlagISBN 978-3-86321-000-7

2., aktualis

ierte und

erweiterte

Ausgabe

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Soziale Arbeit für alte Menschen

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Christian Zippel, geb. 1942, langjähriger Ärztlicher Leiter einer Klinik für Geriatrische Rehabilitation, lehrt an der Alice Salomon Hochschule Berlin zu den Themen Altenhilfe, Geriatrie und Gerontologie. Leiter des Ständigen Aus-schusses „Geriatrische Rehabilitation“ der Deutschen Vereinigung für Rehabi-litation.

Sibylle Kraus, geb. 1962, leitet die Abteilung Case Management und So-zialdienst in den St. Hedwig Kliniken Berlin. Sie ist Mitglied im Vorstand der Deutschen Vereinigung für Sozialarbeit im Gesundheitswesen und Leiterin der Fachgruppe Gesundheit im Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit.

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Christian Zippel, Sibylle Kraus (Hrsg.)

Soziale Arbeit für alte MenschenEin Handbuch

Mabuse-VerlagFrankfurt am Main

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Informationen zu unserem gesamten Programm, unseren AutorInnen und zum Verlag finden Sie unter: www.mabuse-verlag.de.

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elektronische Auflage 2014© 2009 Mabuse-Verlag GmbHKasseler Str. 1a60486 Frankfurt am MainTel.: 069-70 79 96-13Fax: 069-70 41 [email protected]

Umschlaggestaltung und Satz: Alex Feuerherdt, Köln

Druck: fgb • freiburger graphische betriebe, Freiburg i. Br.eISBN: 978-3-86321-248-3 ISBN: 978-3-86321-000-7Printed in GermanyAlle Rechte vorbehalten

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Inhalt

Angaben zu den Herausgebern und Autoren 9

Einführung 15

David Kramer1. Kapitel: Demografische Grundlagen: Die Entjungung des Wohlfahrtsstaats geht weiter 17

Christian Zippel, Norbert Lübke, Kristian Hahn2. Kapitel: Gerontologie, Geriatrie und Geriatrische Rehabilitation 44

Sibylle Kraus3. Kapitel: Aktuelle Entwicklungen im Gesundheitswesen und Auswirkungen auf die Soziale Arbeit 67

Sibylle Kraus, Hildegard Hegeler4. Kapitel: Soziale Arbeit in der Geriatrie 77

Mechthild Niemann-Mirmehdi, Michael A. Rapp5. Kapitel: Klinische Sozialarbeit in der Gerontopsychiatrie 94

Gabriele Trilhof, Markus Borchelt6. Kapitel: Soziales Assessment und systematische Leistungserfassung Sozialer Arbeit in der Geriatrie unter DRG-Bedingungen 117

Ruth Remmel-Faßbender7. Kapitel: Case- und Care Management – Bedarf und Anforderungen in der Altenhilfe 137

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Susanne Tyll8. Kapitel: Wohnen im Alter 163

Peter-Georg Albrecht, Thomas Kauer9. Kapitel: Freiwilliges Engagement von Senioren und Engagementförderung 185

Silva Demirci, Dorothea Grieger10. Kapitel: Interkulturelle Soziale Arbeit mit älteren Migrantinnen und Migranten 203

Rolf D. Hirsch11. Kapitel: Gewalt im Alter 218

Imme-Kathrin Bertheau12. Kapitel: Hospizbewegung und Altenarbeit 230

Dirk Müller, Christian Zippel13. Kapitel: Palliative Geriatrie – ein noch junges Aufgabengebiet 249

Christian Zippel14. Kapitel: Suizidgefährdung und Alter – was kann getan werden? 259

Christian Zippel15. Kapitel: Sexualität und Alter – über den Umgang mit einem Tabuthema 285

Andrea Schulz, Monika Kunisch16. Kapitel: Beratungs- und Unterstützungsangebote für ältere Menschen und ihre Angehörigen 301

Birgitta Neumann17. Kapitel: Soziale Arbeit in Beratungsstellen für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen 321

Ulrike Jaeger18. Kapitel: Soziale Arbeit in ambulanten Pflegediensten und betreuten Wohngemeinschaften 336

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Anemone Falkenroth19. Kapitel: Soziale Arbeit in stationären Pflegeeinrichtungen – von der Versorgungseinrichtung zum Lebens- und Wohnort 347

Sibylle Kraus20. Kapitel: Die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung – SGB V 360

Christian Zippel, Matthias Schmidt-Ohlemann, Ulrich Maltry21. Kapitel: Hilfsmittel und Hilfsmittelversorgung 369

Harry Fuchs22. Kapitel: UN-Behindertenrechtskonvention 392

Harry Fuchs23. Kapitel: Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – SGB IX 400

Heike Ulrich, Sibylle Kraus24. Kapitel: Soziale Pflegeversicherung – SGB XI 422

Heinz Stapf-Finé25. Kapitel: Altenhilfe und die Möglichkeiten des SGB XII 443

Alexandra Gerken, Christian Zippel26. Kapitel: Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung – die Willensbekundungen 462

Bernhard Ortseifen27. Kapitel: Das Betreuungsgesetz und seine praktische Anwendung – was müssen Betreuung und Betreuer leisten? 472

Niels Korte28. Kapitel: Allgemeine sozialrechtliche Bestimmungen 494

Abkürzungsverzeichnis 501

Stichwortverzeichnis 506

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Angaben zu den Herausgebern und Autoren

Herausgeber

Zippel, Christian, Prof. Dr. med.Chefarzt der Geriatrischen Klinik Luckau/Brandenburg, Ärztlicher Leiter a.D. der MEDIAN Klinik Berlin-Mitte, Fachklinik für geriatrische Rehabilitation, Alice Sa-lomon Fachhochschule für Sozialarbeit Berlin (ASH), Facharzt für Innere Medi-zin/Geriatrie, Leiter des Ständigen Ausschusses „Geriatrische Rehabilitation“ der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation e.V.

Kraus, SibylleDipl.-Sozialarbeiterin (FH), Sozialmanagerin, Case Managerin (DCC), Leiterin So-zialdienst/Case Management in den St. Hedwig Kliniken, Leitung Sozialdienst im St.-Josefs-Krankenhaus Potsdam, Vorstandsmitglied in der Deutschen Vereinigung für Sozialarbeit im Gesundheitswesen (DVSG), Leiterin der Fachgruppe Gesund-heit im Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH).

Autoren

Albrecht, Peter-Georg, Dr. phil.Dipl.-Sozialarbeiter, Lehrbeauftragter Hochschule Magdeburg-Stendal, FB Sozial- und Gesundheitswesen, Masterstudiengang „Soziale Dienste und Gesellschaft“.

Bertheau, Imme-Kathrin Dipl.-Sozialarbeiterin (FH), Diakonie-Hospiz Lichtenberg gGmbH.

Borchelt, Markus, M.Sc., Dr. med. Geschäftsführender Inhaber des DRG-Kompetenzteams Geriatrie (DKGER) Ber-lin, www.geriatrie-drg.de.

Demirci, SilvaDipl.-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin (FH), zurzeit Doktorandin an der Frei-en Universität Berlin (FU), Organisationsberaterin, Mediatorin, Referentin für Interkulturelle Öffnung im Diakonischem Werk (DW) der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD).

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angaben zu den herausgebern und autoren

Falkenroth, Anemone Dipl.-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin (FH), Pflegewohnhaus am Waldkranken-haus, Berlin-Spandau. Fuchs, Harry, Dr. phil.Dipl.-Verwaltungswirt, Abteilungsdirektor a.D., Sozialexperte, Lehrbeauftragter der Hochschule München im Masterstudiengang, Düsseldorf.

Gerken, AlexandraJuristin, Leiterin des Betreuungsvereins Berlin-Mitte, Humanistischer Verband Deutschlands, Landesverband Berlin e.V.

Grieger, Dorothea, Dr. phil.Ehemalige Mitarbeiterin im Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Berlin.

Hahn, Kristian, Dr. med. Facharzt für Innere Medizin/Geriatrie, Chefarzt, Klinik für Geriatrie, Diakonische Anstalten Neuendettelsau, stellv. Leiter des Ständigen Ausschusses „Geriatrische Rehabilitation“ der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation e.V. (DVfR).

Hegeler, HildegardDipl.-Sozialarbeiterin(FH), Luisenhospital/Rehabilitationsklinik/Haus Cadenbach, Aachen, Vorstandsmitglied in der Deutschen Vereinigung für Sozialarbeit im Ge-sundheitswesen (DVSG).

Hirsch, Prof. Dr. Dr. Rolf D.Chefarzt der Abteilung für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie des Geront-opsychiatrischen Zentrums, Rheinische Kliniken Bonn, Präsident der Deutschen Akademie für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie, Vorsitzender der „HsM-Bonner Initiativen gegen Gewalt im Alter e.V.“.

Jaeger, Ulrike Dipl.-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin (FH), Koordination ambulant betreuter Wohngemeinschaften für demenziell erkrankte Menschen, Diakonie-Station Süd-stern Berlin, 1. stellv. Vorsitzende der Alzheimer-Gesellschaft Berlin e.V.

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angaben zu den herausgebern und autoren

Kauer, Thomas, Dr. phil. Dipl.-Sozialpädagoge (FH), Lehrbeauftragter der Hochschule für Sozialarbeit Magdeburg-Stendal, BA Studiengang „Soziale Arbeit“, FB Angewandte Human-wissenschaften, Masterstudiengang „Reha-Psychologie“ (FH), Projektleiter von METOP GmbH, An-Institut der Otto-v.-Guericke Universität Magdeburg.

Kramer, David, Prof. PHProfessor für Sozialpolitik an der Alice Salomon Hochschule (ASH), Berlin.

Korte, Niels, Prof. Dr. jur.Alice Salomon Hochschule (ASH), Berlin, Kanzlei Korte, Unter den Linden 12, 10117 Berlin und Wichertstr. 45, 10439 Berlin.

Kunisch, MonikaDipl.-Sozialarbeiterin (FH), Beratungs- und Koordinierungsstelle (BEKO) Lud-wigshafen.

Lübke, Norbert, Dr. med. Facharzt für Innere Medizin/Geriatrie, Leiter des Kompetenz-Centrum Geriatrie (KCG) für den GKV Spitzenverband und die Medizinischen Dienste der Kranken-versicherung (beim MDK Nord).

Maltry, Ulrich, Dipl.-Ing.Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebes für Rehabilitationstechnik Maltry, Potsdam.

Müller, Dirk Exam. Altenpfleger Palliative Care, Projektleiter Kompetenzzentrum Palliative Ger-iatrie. Unionhilfswerk (UHW) Senioren-Einrichtungen gemeinnützige GmbH Berlin.

Neumann, BirgittaDipl.-Sozialarbeiterin (FH), Alzheimer Gesellschaft Brandenburg e.V., Potsdam.

Niemann-Mirmehdi, Mechthild Dipl.-Sozialpädagogin, Koordination Therapeutische Dienste, Psychiatrische Uni-versitätsklinik der Charité im St.-Hedwig-Krankenhaus Berlin; Leitungsteam Ge-rontopsychiatrisches Zentrum, wiss. MA AG Gerontopsychiatrische Forschung.

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angaben zu den herausgebern und autoren

Ortseifen, BernhardDipl.-Sozialarbeiter (FH), Geschäftsführer des Betreuungsvereins SKM – Katho-lischer Verein für Soziale Dienste in Heidelberg e.V., Vorsitzender der Interessenge-meinschaft der Betreuungsvereine in Baden-Württemberg.

Rapp, Michael A., Dr. phil. Dr.med. Oberarzt, Gerontopsychiatrisches Zentrum, Leiter AG Gerontopsychiatrische For-schung, Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus Berlin-Mitte.

Remmel-Faßbender, Ruth, Prof. i.K. Prorektorin der Katholischen Fachhochschule für Sozialarbeit Mainz, Vorstands-mitglied der Deutschen Gesellschaft für Care Management und Case Management e.V. (DGCC).

Schmidt-Ohlemann, Matthias, Dr. med.Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation e.V. (DVfR), Leiter des Ad-hoc-Ausschusses „Hilfsmittel“, Facharzt für Orthopädie, Ärztlicher Direktor der Evangelischen Diakonischen Anstalten Bad Kreuznach.

Schulz, AndreaDipl.-Sozialarbeiterin, Dipl.-Gerontologin, Albatros gGmbH, Pflegestützpunkte Berlin. Stapf-Finé, Heinz, Prof. Dr. Soziologe und Volkswirt, Professor für Sozialpolitik, Alice Salomon Hochschule (ASH), Berlin.

Trilhof, GabrieleM.A., Dipl.-Sozialpädagogin, DRG-Kompetenzteam Geriatrie (DKGER), Mit-glied der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA), Berlin. Tyll, SusanneDiplom-Pädagogin, Politologin, Mediatorin und DCM Basic Userin, Krefeld, Ar-beitsbereiche Beratung, Fortbildung und Projektentwicklung zu Wohnen im Alter, Quartiersentwicklung und Altenarbeit. Lehrbeauftragte an der Hochschule Nie-derrhein, Mönchengladbach, FB Sozialwesen. Gründungsmitglied und eine der bei-den Sprecherinnen der LAG Wohnberatung NRW.

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angaben zu den herausgebern und autoren

Ulrich, HeikeDipl.-Sozialarbeiterin (FH), Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales des Landes Bremen – Referat Ältere Menschen, 2. Vorsitzende der Deut-schen Vereinigung für Sozialarbeit im Gesundheitswesen e.V. (DVSG).

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Einführung

Innerhalb von gut einem Jahr nach seinem Erscheinen 2009 war das Buch „Sozi-ale Arbeit für alte Menschen“ vergriffen, so dass ein Nachdruck notwendig wurde. Das belegt nicht nur den großen Informationsbedarf zur Sozialen Arbeit und sozi-alen Fragen im hohen Lebensalter, es zeigt auch das zunehmende Interesse an die-sem Themenbereich.

Wir als Herausgeber wollen dieses Interesse gern bedienen, weshalb wir uns schon frühzeitig um eine neue Auflage bemüht haben, verbunden mit Überarbei-tung und Aktualisierung im Hinblick auf neue gesetzliche Regelungen, auch neue Erkenntnisse und Erfahrungen. Uns haben dazu auch die fast durchweg wohlwol-lenden Rezensionen ermutigt. Kritische Hinweise wurden berücksichtigt.

Es sind nur wenige neue Autoren hinzugekommen, da sich die Kompetenz des Autorenprofils bestätigt hat. Überdies wurde das Buch um zwei neue Themen er-weitert, auch auf Bitte von Nutzern des Buches. Es handelt sich um eine Darstel-lung zur Behindertenrechtskonvention der UN durch Dr. Harry Fuchs und um ein Kapitel zum Umgang mit der Sexualität im Alter.

Die letzten beiden Jahre waren wiederum geprägt von Reformen im Gesund-heits- und Sozialwesen, z. B. zur Patientenverfügung, dem Aufbau von Pflegestütz-punkten oder im Sozialgesetzbuch V zur Gesundheits- bzw. Krankenversorgung. Sie fanden soweit wie möglich in den einzelnen Kapiteln Berücksichtigung, auch mit ihren manchmal negativen Auswirkungen wie in der Hilfsmittelversorgung.

Das Spektrum der geriatrischen Behandlungs- und Rehabilitationsstrukturen konnte sich erweitern, wenn auch nur langsam. Auch darauf wird eingegangen. Als Herausgeber haben wir den Anspruch, die Breite der Sozialen Arbeit für und mit alten Menschen darzustellen.

Wir haben wiederum das Prinzip verfolgt „aus der Praxis für die Praxis.“ Der Praxisbezug wird außerdem mit Hinweisen zu aktuellen Literatur- und Internet-quellen untersetzt. Falls nicht anders ausdrücklich vermerkt, wurden alle Internet-quellen Ende 2010 gesichtet. In den mehr theoretischen oder gesetzliche Grund- lagen betreffenden Beiträgen wird durch Querverweise auf mögliche Praxis-probleme hingewiesen.

Wir danken den Autoren und Autorinnen, dass sie sich weiterhin oder auch neu zur Mitarbeit an diesem Buch bereit erklärt haben, trotz der manchmal erfor-derlichen Begrenzungen hinsichtlich Gestaltung und Umfang der einzelnen Bei-träge. Wir möchten nicht versäumen, dem Mabuse Verlag, besonders Herrn Tobias Frisch, für die Fortsetzung der jederzeit vertrauensvollen, engen Zusammenarbeit zu danken.

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einführung

Wir hoffen, auch mit dieser Ausgabe „Soziale Arbeit für alte Menschen“ dazu beizutragen, dass alte Menschen auch bei Hilfebedarf, sei dies durch Behinderungen, Pflegebedürftigkeit, Demenz oder Ängste bedingt, ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen können und sie dafür die erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen erhalten. Alle, sowohl völlig selbstständige als auch die hilfebedürftige alte Bürger, wollen wir zu der Erkenntnis und vielleicht auch Einsicht ermutigen, dass sie von der Gesellschaft weiterhin beachtet und gebraucht werden. Das in Deutschland be-stehende Sozialsystem hält ein sehr breit gefächertes Spektrum an Hilfe- und Unter-stützungsangeboten vor, man muss sie nur kennen und sie gezielt einzusetzen wis-sen. Dafür ist dieses Buch mit entsprechenden Hinweisen und Ratschlägen reichlich versehen. Die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen werden angeführt.

Unsere Vorstellungen über eine weitgehend selbstbestimmte Lebensgestaltung alter Menschen gibt einen guten, verbindenden Rahmen für eine professionelle So-ziale Arbeit im Alter. Ein Handeln der Gesellschaft nach dieser Maxime hilft wohl am ehesten, den demografischen Herausforderungen gewachsen zu sein.

Wir hoffen, dass alle sozialen Berufen und auch Ehrenamtliche in den ver-schiedenen Bereichen der Altenhilfe von diesem Buch profitieren können. Das be-trifft auch Sozialarbeiter und Soziale Berufe in Aus- und Weiterbildung. Gleichfalls schließt dies die Aufforderung zur Eigeninitiative und Selbsthilfe alter Menschen ein, so weit es ihnen möglich ist. Gerade dieser Aspekt wurde im Kapitel zum bür-gerschaftlichem Engagement besonders berücksichtigt.

Am Schluss dieser Einführung möchten wir darauf verweisen, dass die Autoren und Autorinnen der einzelnen Kapitel die Inhalte jeweils selbst verantworten.

Die in diesem Buch verwendete Bezeichnung „Soziale Arbeit“ bezeichnet die Aufgabenbereiche aller in der Sozialen Arbeit angesiedelten Berufe. Diese Definiti-on von Sozialer Arbeit gilt ebenso für die dazu führenden Ausbildungswege. Damit wird gleichzeitig die Abgrenzung zu sozialem Handeln und Tätigsein durch ande-re Berufsgruppen, von Ehrenamtlichen oder anderen sozial engagierten Menschen deutlich.

Die überwiegend männliche Form der Berufs- und Personengruppenbezeich-nungen in diesem Buch dient allein der besseren Lesbarkeit, ist also pragmatisch bedingt. Natürlich sind gleichfalls alle Frauen der jeweiligen Personengruppen ge-meint, also auch Sozialarbeiterinnen, Ärztinnen, Migrantinnen oder Nutzerinnen.

Wir freuen uns über Ihre Hinweise und Kritik und wünschen Ihnen, dass Sie der Arbeit mit alten Menschen (weiter) Freude und Erfolge abgewinnen.

Prof. Dr. med. Christian Zippel, Sibylle KrausJuni 2011

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1. KapitelDemografische Grundlagen: Die Entjungung des Wohlfahrtsstaats geht weiter

David Kramer

In der öffentlichen Wahrnehmung der demografischen Herausforderung hat sich in letzter Zeit eine Menge getan. Wurde jahrelang das Thema verdrängt oder belächelt, so wird inzwischen ernsthaft darüber debattiert. Heute weiß fast jeder, dass wir zu viele Alte oder zu wenige Ba-bys oder zu wenig Geld oder alles zusammen haben. Nun zeigt sich auch eine weitere Pro-blemlage: Angeblich stehen wir in der Pflege und im Gesundheitswesen – wie auch in anderen Wirtschaftszweigen – vor einem Fachkräftemangel.

In Wirklichkeit ist der Fachkräftemangel in der Pflege ein Nebenprodukt normaler sozi-aler und wirtschaftlicher Entwicklungen. Die traditionellen „provider of last resort“ auf diesem Gebiet, nämlich Töchter und Schwiegertöchter, stehen prozentual immer weniger zur Verfü-gung, obwohl durch die Pflegeversicherung in Deutschland diese traditionell nicht durch Lohn und Tarifvertrag geregelte Dienstleistung zumindest teilweise monetisiert und geregelt wurde. Die Gründe, warum Pflege – sowohl beruflich wie auch in der Familie – nicht ausreichend attraktiv ist, dürften komplex sein. Auf jeden Fall sind diese Gründe bisher wenig erforscht. Laut einer Studie aus dem Jahr 2009 arbeiten Pflegekräfte in der Altenhilfe durchschnittlich 8,4 Jahre in ihrem Beruf, Pflegekräfte in Krankenhäusern dagegen 13,7 Jahre. Das heißt, das sich abzeichnende Problem des Fachkräftemangels in der Altenpflege ist noch erheblich schär-fer als in der stationären Krankenpflege.1 Darum ist es sehr bedeutsam angemessene Maßnah-men zu ergreifen, um diesen Herausforderungen zu begegnen.

Es wird deutlich, dass Berufe wie Altenpfleger und Sozialarbeiter in der Altenhilfe at-traktiver gemacht werden müssen. Eine bessere Entlohnung kann dabei nur ein Teil der Lö-sung sein, sondern ebenso Ausbildung, Arbeitsbedingungen wie auch gesellschaftliche Aner-kennung.

Bereits heute arbeiten sehr viele Sozialarbeiter in der Altenhilfe, die Geriatrie eingeschlos-sen. Ihre Zahl wird zunehmen, zumal zusammen mit den demografischen Entwicklungen in Deutschland auch die Geriatrie an Bedeutung gewinnt.

Trotz unübersehbarer Fortschritte in den letzten Jahren sind in den Lehrplänen der Hoch- und Fachhochschulen für Sozialarbeit – allerdings im sehr unterschiedlichen Maß – die In-halte und Aufgaben der Sozialen Arbeit bei alten Menschen oft noch unterrepräsentiert. Das mag an mangelndem Interesse vieler Studierender liegen, für die Fragen des hohen Lebens-alters und der Altenhilfe noch in zu weiter Ferne liegen. Eine 2002 an der Alice-Salomon-

1 Arbeitskreis Ausbildungsstätten für Altenpflege (2009).

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david kramer

Hochschule Berlin von David Kramer, Rolf Landwehr und Bernd Kollek durchgeführte Stu-die zu den professionellen „Werten“ von Studierenden der Sozialarbeit im Hauptstudium belegte empirisch die bis dahin eher anekdotisch getragene Vermutung, dass die junge Gene-ration von angehenden Sozialarbeitern sich noch nicht wirklich für Altenhilfe und Geriatrie habe begeistern können. Die Ergebnisse dieser Studie, die Teil einer groß angelegten internati-onalen Untersuchung war, zeigen, dass die befragten Berliner Studenten in Zukunft weniger gern mit Senioren arbeiten möchten als mit allen anderen Altersgruppen. Von 16 angebotenen Arbeitsstellen im sozialen Bereich galt „Altersheim“ als am wenigsten attraktiv, die „Tages-einrichtung für Senioren“ lag an drittletzter Stelle.

Darüber hinaus: Von 18 angebotenen Betroffenengruppen, mit denen künftige Sozial-arbeiter arbeiten könnten, rangierten am Ende der Beliebtheitsskala abgeschlagen als Nr. 18 „Chronisch kranke Alte“. Übrigens: „Chronisch Kranke“ rangierten wesentlich höher in der Beliebtheitsskala. Es scheint nicht so sehr die chronische Krankheit zu sein, die abstößt, son-dern offenbar das Alter.2 Es gibt kaum Hinweise, dass sich dieses Bild in den letzten Jahren wesentlich geändert hat.

1 Mehr Demografie wagen

Die Demografie ist die Wissenschaft von den Entwicklungen der Bevölkerung. Sie hat mehr mathematischen Charakter als geisteswissenschaftliche Bezüge. Sie ana-lysiert auf der Basis wissenschaftlicher Untersuchungen recht nüchtern Bevölke-rungsbewegungen. Nicht nur in planerischer Hinsicht ist die Demografie für das deutsche Sozialsystem von erheblicher Bedeutung. Denn durch die Art der umlage-basierten Finanzierung der tragenden Systeme der Sozialversicherung in Deutsch-land werfen die vorhersehbaren, mittel-fristig nicht mehr umkehrbaren oder kompensier-baren demografischen Entwicklungen ernsthafte Fragen auf. Aber wo es Schatten gibt, muss es auch Licht geben. Die Soziale Arbeit kann sehr viel zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen beitragen, wenn sie rechtzeitig diese erkennt und entsprechende Konsequenzen zieht.

Bis vor kurzem gab es in der deutschen Öffentlichkeit eine gewisse Zurückhal-tung bei der Erörterung von demografischen Befunden. Vielleicht hat dies damit zu tun, dass das Mathematische an der Demografie hier und dort eine seelenlose Tech-nokratie suggeriert. Aber nur wenig ist für das Gemeinwesen so folgenreich wie die Entwicklung seiner Bevölkerung. Auch die beruflichen und wissenschaftlichen Vertreter der Sozialen Arbeit scheinen die Tragweite der demografischen Entwick-

2 Kramer et al. 2003, S. 88-91

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1. kapitel: demografische grundlagen

lungen in Deutschland nur langsam zu begreifen. Diese sind geprägt besonders von zwei grundlegenden Tendenzen:• die Gesamtbevölkerung sinkt kontinuierlich, und• der Anteil alter Menschen erhöht sich ständig.

Nach realistischen Annahmen sinkt die Einwohnerzahl Deutschlands von 1998 bis 2030 von 82,1 Millionen auf 77,5 Millionen Im Jahr 2050 wird sie bei 68 Milli-onen ankommen, wobei größere Zuwanderungszahlen schon eingerechnet sind.3 Der Anteil der über 60-Jährigen wird sich von 21,8 % im Jahr 1998 schon 2030 auf 37,9 % und 2050 auf über 40 % erhöhen. Noch deutlicher steigt der Anteil über 80-jähriger Personen, nämlich von 5,2 % 2010 auf 14,5 % im Jahr 2050.4

Genauere Zahlen sind jedoch wegen noch offener Einflüsse durch die Gebur-tenzahlen, Entwicklung der Lebenserwartung sowie Zahl und Alter von Zugewan-derten gegenwärtig nicht vorherzusagen, was aber an den grundsätzlichen Entwick-lungen nur geringfügig etwas ändern kann.

Die Ursachen konzentrieren sich ebenfalls auf zwei – gegensätzliche – Trends:• die Geburtenrate sinkt und• die Lebenserwartung steigt.

Selbst ein großer Zuzug von außen fängt den Geburtenrückgang nicht ab, wenn er auch manche demografischen Fehlentwicklungen kurzfristig abzuschwächen ver-mag, abgesehen davon, dass ein großer Zuzug von außen schwer überschaubare Probleme mit sich bringen dürfte.

Zu bedenken ist folgender Befund von Birg: Will man den Anstieg des Al-tenquotienten allein durch die Einwanderung Jüngerer verhindern, dann müsste Deutschland bis 2050 188 Mio. Einwanderer aufnehmen.5 Sogar viel gemäßigtere Annahmen führen zu dem Ergebnis, dass bis 2100 Neueinwanderer und deren Nachkommen eine deutliche Mehrheit in der Bundesrepublik Deutschland bil-den würden.

Erklärungen für die problematischen Entwicklungen in Deutschland lassen sich auch aus demografischen Untersuchungsergebnissen ableiten. So sind die Zusam-menhänge zwischen der Geburtenzahl pro Frau und der Lebenserwartung recht überzeugend. In den Ländern mit den höchsten Lebensstandards, gemessen am so-

3 Birg (2001): der hohe Einwanderüberschuss jünger Menschen wird bei etwa 170 Tsd/J. liegen. S.103.

4 Statistisches Bundesamt, 12.koordinierte Vorausberechnung 2010

5 Birg 2001, S. 117.

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david kramer

genannten Human Development Index (HDI)6, liegen die Geburtenzahlen pro Frau zwischen 1,1 und 1,8, in Deutschland bei 1,36. Für eine Bestandserhaltung der Bevölkerung (= Replacement-Rate) wären aber 2,1 Kinder pro Frau erforderlich.7 Dagegen kommen z. B. in der Republik Kongo und Äthiopien auf eine erwachse-ne Frau durchschnittlich mehr als 6 Kinder.

Auch die Zahl der Frauen, die sich zur Kinderlosigkeit entschließen oder keine Kinder bekommen können, hat kontinuierlich mit steigendem Lebensstandard zu-genommen. So bringen zur Zeit in Deutschland rund 30 % aller Frauen bis zum 32. Lebensjahr keine Kinder mehr zur Welt, unter Akademikerinnen liegt dieser Anteil sogar bei 40 %. In diesen Zahlen mögen sich zwar auch Schwierigkeiten wieder-finden, die Familien mit Kindern im gesellschaftlichen Leben zu erwarten haben, sie sind aber noch mehr das Ergebnis kulturell-ökonomischer Entwicklungen seit dem 19. Jahrhundert. Es kann als gesichert gelten, dass die Geburtenzahlen um so geringer sind, je umfassender die sozialen Sicherungssysteme sind. Änderungen von uralten Kulturmustern deuten sich an. Wer keine Kinder hat, kann auch keine En-kel haben. So wird annähernd die Hälfte der Bevölkerung spätestens in der über-nächsten Generation keine Nachkommen mehr haben. Ähnliches gilt für ande-re verwandtschaftlichen Beziehungen – Geschwister, Tanten, Neffen oder Nichten, Cousins oder Cousinen. Sowohl die Kernfamilien wie auch die erweiterten Fami-lien ändern nicht nur ihre Funktionen, sie bleiben weitgehend aus. D. h. eine Rück-kehr auf das, was Politik- und Sozialwissenschaftler „Familismus“ nennen, erscheint – schon mangels Masse – in absehbaren Zeiträumen höchst unwahrscheinlich.8

Die Abb. 1 und 2 zeigen die fortschreitende Verformung der Alterspyramide in Deutschland während des weiteren Verlaufs des vorigen Jahrhunderts. Auf der lin-ken Seite von Abb. 2 ist die Situation 1950 und 1999 nach zwei verloren gegan-genen Weltkriegen, einer Wirtschaftsdepression und fast beispiellosen politischen Wirren zu sehen. So sieht man z. B. einen augenfälligen Einbruch bei verschiedenen Altersgruppen, besonders bei den 36- bis 41-Jährigen. Ist es überraschend, dass diese Menschen zwischen 1915 und 1920 geboren wurden?

6 Das HDI fasst die Lebenserwartung, das Pro-Kopf-Einkommen und der Alphabetisie-rungsgrad eines jeden Landes zu einem vergleichbaren Wert zwischen 0 und 1 zusammen. Birg 2001,S. 24.

7 Seit 1856 hat jeder Frauenjahrgang in Deutschland weniger Kinder zur Welt gebracht als der jeweils vorangegangene. Birg 2001, S. 51. Es handelt sich um einen recht stabilen Trend.

8 „Familismus“ bezeichnet übertriebene, fortschrittshemmende Abhängigkeit und Rück-sichtnahme auf Familie und Sippe. Siehe eine klassische Analyse des „Familismus“ am Bei-spiel eines italienischen Dorfes (Banfield 1958) und (Fukuyama 1995).

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1. kapitel: demografische grundlagen

Abb. 1: Altersstruktur in Deutschland 1910

Abb. 2: Altersstruktur in Deutschland 1950 und 1999

Quelle: Statisches Bundesamt 2000 -15 – 0346, S.14

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Es fällt auf, dass bestimmte Personen in allen drei abgebildeten „Pyramiden“ enthalten, praktisch „zu Hause“ waren, ohne dass wir sie aus der Demografie her-aus persönlich identifizieren können. Fast wie bei einer Mumie können wir ledig-lich feststellen, dass sie mit von der Partie waren, ohne dass wir viel über sie wissen können. Die in der untersten Linie der Pyramide von 1910 (Linie 0) abgebildete Personen sind – soweit damals noch am Leben – mit den Personen in Linie 40 von 1950 und Linie 89 von 1999 identisch. Einige wenige Menschen haben also die ge-samte Entwicklung der Bevölkerungsstruktur in Deutschland persönlich begleitet. Es sind immer noch einige von diesen bewunderten und bestaunten Menschen un-ter uns. Aus der Demografie erfahren wir nicht viel über sie, außer dass die meisten von ihnen Frauen sind.

In einem seiner berühmtesten Fälle („the Silver Blaze case“) erkannte Sherlock Holmes den ausschlaggebenden Clou darin, dass ein Hund nicht bellte; in ähnlicher Weise ist hier beachtenswert, wie viele Menschen zu bestimmten Zeiten nicht ge-boren wurden.

Die „Pyramide“ für 1999 illustriert eine weitere Besonderheit: das leichte Plus des männlichen Geschlechts im Kindes- und Arbeitsalter, gekoppelt mit dem viel stärkeren Überschuss von Frauen im Rentenalter. Das Reich der alten Menschen wird zahlenmäßig von Frauen dominiert.

Durch die Kombination von Geburtenrückgang und langer Lebenserwartung kann sich in einem Land wie Deutschland auch die politische Macht zugunsten der Senioren verschieben. Sie repräsentieren einen steigenden Anteil der Wahl-berechtigten, stellen eine wachsende Minderheit in Großverbänden wie den Ge-werkschaften dar, gründen zunehmend eigene Organisationen und sind in Parteien und Seniorenbeiräten immer stärker präsent.9 Altbundespräsident Roman Herzog hat öffentlich befürchtet, wir sähen gerade Vorboten einer „Rentnerdemokratie“.10 Laut Untersuchungen von Prof. Oskar Niedermayer sind beide große Volksparteien Deutschlands in ihrer Mitgliederstruktur jetzt schon von den Alten fast mehrheit-lich dominiert: in der CDU sind 48 % der Mitglieder über 60 Jahre alt, in der SPD sind es 46,7 %. Gegenüber der Linkspartei wirken diese beiden Parteien fast schon jugendlich, denn 68,1 % derer Mitglieder sind über 60 Jahre alt. Der Anteil über 60-Jähriger lag in der FDP-Mitgliedschaft mit 34,9 % deutlich niedriger. Unvoll-ständige Angaben zu den Grünen ergaben einen Prozentsatz von 11,5 %.11

9 Enquete-Kommission „Demografischer Wandel“ 2002, S.49

10 Spiegel.de 2008: „Herzog warnt vor „Rentner-Demokratie“.

11 Bei den Grünen allerdings ist der Anteil der 30-59 Jährige unvergleichlich größer als bei allen anderen Parteien. Vgl. Niedermayer 2008, S. 4

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1. kapitel: demografische grundlagen

Viele Warner und Mahner ergehen sich in düsteren Prognosen über Vertei-lungskämpfe zwischen den Generationen. Man muss aber nicht jeden Kassandra-Spruch für bare Münze nehmen, um zum Ergebnis zu kommen, dass bislang ein angemessener Ausgleich zwischen den Generationen politisch stabil gehalten wer-den konnte.

2010 gab es gut 4 Millionen Menschen in Deutschland, die schon das 80. Le-bensjahr erreicht haben. Für 2030 wird diese Zahl vom Statistischen Bundesamt auf fast 7 Millionen und für 2050 auf rund 10 Millionen geschätzt.12 Die Zahl der 100-Jährigen und älteren nimmt ebenfalls dramatisch zu: Von rund 12.000 im Jahre 1998 auf etwa 82.000 nach eher konservativen Annahmen um die Jahre 2065/70.13

Das Statistische Bundesamt macht keine getrennten Angaben über den Anteil von 100-Jährigen in Deutschland. Die Sammelposition „95 und älter“ zeigt aller-dings, dass zum Stichtag 31.12.2004 insgesamt 147.749 Bürger 95 Jahre oder älter waren, 39.379 davon waren Männer und 108.370 Frauen. Ein Forscher der Website „Metagrid – die Schlaumeier-Community“ hat herausgefunden, dass der Bundes-präsident jedes Jahr erstmals zum 100. Geburtstag Glückwünsche übermittelt. Ab dem 105. Geburtstag gratuliert er den Jubilaren jedes Jahr. Unterstützt wird er dabei vom Bundesverwaltungsamt, das die gesamte bundesweite Abwicklung vornimmt. Die Zahl der Grußadressen 2004 betraf zum 100. Geburtstag: 4.123 Jubilare, zum 111. Geburtstag 2 Jubilare. Das Bundespräsidialamt wird sich künftig auf erhebliche Mehrarbeit einstellen müssen.

Die Altersverschiebungen bedeuten, dass bis 2050 immer mehr Rentner von immer weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter finanziell unterhalten werden müssen. Bis 2100 (denken Sie bitte daran, dass etliche Menschen schon geboren sind, die das Jahr 2100 noch erleben werden) wird es sogar mehr Menschen geben, die mind. 60 Jahre alt sind, als Menschen im Alter zwischen 20 und 59. Die Berech-nungen bis 2050 sind sehr zuverlässig, darüber hinaus beschreiben sie auch die an-zunehmende Faktenlage (Abb. 3). Allerdings können durch Kriege, Massaker oder schlimme Hungersnöte die demografischen Trends beeinflussen. Auch die Natur kann das, z. B. durch Überschwemmungen, Dürre, Erdbeben oder furchtbare Epi-demien, siehe AIDS, mit außerordentlich negativen Auswirkungen auf die Alters-struktur. Es ist zu hoffen, dass nichts davon eintritt.

Irgendwann im 19. Jahrhundert begannen die Menschen in Deutschland, in Permanenz weniger Kinder zu erzeugen, als zur Erhaltung des demografischen Gleichgewichts notwendig gewesen wäre. Der letzte Jahrgang in Deutschland, der

12 Statistisches Bundesamt 2008a, S. 22

13 Birg/Flöthmann 2001 47b, S. 209-212

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Abb. 3: Altersaufbau der Bevölkerung Deutschlands 2006/2050

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1. kapitel: demografische grundlagen

sich durch die Zahl seiner Kinder ersetzte, war 1892.14 Kurzfristig waren die Aus-wirkungen kaum bemerkbar, denn zunächst haben sie nur die Steilheit der Alters-pyramide erhöht. Längerfristig konnten sie nicht mehr übersehen werden.

Die Replacement-Rate ist die Geburtenrate, die notwendig ist, um die Elternge-neration zahlenmäßig zu ersetzen. Diese Rate liegt, wie gesagt, bei 2,1 pro Frau. Allerdings kann sich die reale Bevölkerungsstruktur trotzdem infolge von Ände-rungen in der Lebenserwartung, durch Krieg, Naturkatastrophen u. a. m. etwas ver-schieben. Wenn die Geburtenquote allerdings einige Jahrzehnte lang hinter der Re-placement-Rate bleibt, kann irgendwann nicht mehr von einer „Alterspyramide“ gesprochen werden. Zu einer Pyramide fehlen dann an der Basis die Kinder. Um mit Ursula Lehr (2003) und Franz-Xaver Kaufmann (2005) zu sprechen: Deutsch-land leidet nicht so sehr an einer Überalterung, sondern an einer Unterjüngung durch zu wenig Kinder.

Dass die Bevölkerungsstruktur in Deutschland aufgrund sowohl der langfris-tigen Trends in der Geburtenrate wie auch bei der Lebenserwartung schon lange nicht mehr pyramidenförmig ist, kann anhand der Abb. 2 und 3 nachvollzogen wer-den. So nimmt es nicht wunder, dass der Lebensbaum in Deutschland, wie die Al-tersstruktur der deutschen und zugewanderten Bevölkerung bezeichnet wird, eine zunehmende Verlagerung in ältere Jahrgänge widerspiegelt.

Die Abb. 4 illustriert die kommenden Verschiebungen zwischen den Alters-gruppen in der Gesellschaft. Ein steiler Anstieg der Altersgruppe der über 60-Jäh-rigen bis 2030 ist bereits im vollen Gange. Dies zeigt, wie stark das demografische Gewicht der älteren Menschen in der Gesellschaft wird. Diese Situation ist beispiel-los in der Geschichte und beinhaltet eine sehr ernste Herausforderung für den demokratischen Wohlfahrtsstaat.

Um wie viel älter die Gesellschaft wird, hängt nicht zuletzt von der durch-schnittlichen Lebenserwartung ab. In Deutschland lag 2007/09 die Lebenserwar-tung für männliche Neugeborene bei 77,33 und für weibliche Neugeborene bei 82,53 Jahren.15 In Afrika bewegen sich dagegen diese Zahlen seit vielen Jahren um das 50. Lebensjahr.

14 Miegel 2002, S.14-15

15 Statistisches Bundesamt 2010

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2 Auswirkungen der demografischen Entwicklungen auf das Gesundheits- und Sozialwesen

Die demografischen Bewegungen konfrontieren unsere Gesellschaft mit bislang un-gekannten Problemen. Trotzdem sollten sie nicht vorschnell mit negativen Bewer-tungen verbunden werden, wie es Begriffe wie „Überalterung“, „demografischer Niedergang“ oder gar „negative Bevölkerungsentwicklung“ nahelegen. Eine kri-tiklose Übernahme der genannten Worte könnte sehr schnell in eine diskriminie-rende Einschätzung alter Menschen münden. Die vorgelegten Zahlen sollten viel-mehr differenziert interpretiert werden. So ist es zunächst eine Errungenschaft, dass Menschen im Durchschnitt länger und gesünder leben, die wir begrüßen sollten.

Die Tatsache, dass die sozialen Sicherungssysteme durch die demografischen Entwicklungen immer stärker belastet werden, verlangt Reformen und Reform-debatten, denn ohne Reformen im Sozialgefüge kann die heutige soziale und me-dizinische Versorgung nicht unbegrenzt in gleicher Qualität aufrecht erhalten wer-den.

Für die Soziale Arbeit sind einige Daten besonders zu betrachten:

Abb. 4: Die Verschiebung der Altersstruktur in Deutschland 1998-2100

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1. kapitel: demografische grundlagen

2.1 Zahl und Größe der privaten Haushalte

Die Zunahme der Zahl und Größe privater Haushalte ist nicht nur durch die alters-demografischen Entwicklungen vorgegeben, sondern sie sind auch Ausdruck von Einstellungen, Haltungen und des vorherrschenden Wertesystems.

1870 gehörten zu einem Haushalt durchschnittlich über 4,5 Personen, im Jahr 1950 waren es immerhin noch um die 3 Personen. Heute liegt diese Zahl bereits bei 2,08 Personen, schon 2018 wird sie vermutlich unter die 2-Personen-Gren-ze rutschen.16 Ähnliche Entwicklungen sind im gesamten europäischen Raum zu beobachten, allerdings unterschiedlich stark. In der Europäischen Union liegt ge-genwärtig der Durchschnittswert bei 2,4 Personen/Haushalt. Dagegen betrug die durchschnittliche Haushaltsgröße im Jahr 2000 in der Türkei immer noch 4,6 Per-sonen.17

In Deutschland geht die Abnahme von Mehrpersonenhaushalten zwangsläu-fig parallel mit einer relativ konstanten Zunahme von Ein-Personen-Haushalten (= Singularisierung). Gegenüber 1950 ist heute der Anteil Alleinlebender an der Ge-samtbevölkerung in den alten Bundesländern zweieinhalbfach so hoch. In den neu-en Bundesländern ist er nicht ganz so hoch, aber die Tendenz ist steigend.18

An diesen Entwicklungen wirken alte Menschen indirekt und direkt mit. Einer-seits ist die Kluft zwischen der Lebenserwartung der Männer und Frauen zugunsten der Frauen immer noch groß, was allgemein zu längeren Witwenzeiten führt, ande-rerseits entschließen sich auch immer mehr alte Menschen, lieber allein zu leben als in unbefriedigenden Partnerschaften zu verbleiben.

2.2 Zahl der berufstätigen Bevölkerung zur Alterspopulation

Die demografischen Entwicklungen haben erhebliche ökonomische Auswirkungen. Eine der wichtigsten könnte sein, dass die niedrigen Geburtenraten und der Be-völkerungsrückgang zu Wohlstandseinbußen führen. Diese Konsequenz kann zwar vermutet, aber nicht eindeutig bewiesen werden, weil schon eine Wachstumsrate von jährlich etwa 1,7 % des Bruttoinlandprodukts bis zum Jahr 2040 zu einer Ver-dopplung des Volkseinkommens führen könnte. Dieser Streit unter Bevölkerungs-

16 Statistisches Bundesamt 2007a, S.11

17 United Nations (UNO): Economic Commission for Europe 2005

18 Enquete-Kommission „Demografischer Wandel“ 1995, S. 263. Vgl. Rübenach/Weinmann 2008.

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wissenschaftlern, Ökonomen und Politikern ist noch nicht entschieden, zumal bei einer Beibehaltung der volkswirtschaftlichen Kraft sogar das Pro-Kopf-Einkommen durch sinkende Bevölkerungszahlen steigen müsste. Hier fehlt es noch an präzisen Daten aus einer Forschung, die sich mit den Auswirkungen der demografischen Veränderungen befasst.

Gesichert ist, dass sich das Verhältnis Berufstätiger zu Rentnern weiter in Rich-tung Rentner verschiebt, Berufstätige also für immer mehr Rentner aufkommen müssen.

2.3 Zunahme des Migrantenanteils

Obwohl es unrealistisch ist, auf die Rettung des demografischen oder sozialversi-cherungsmäßigen Status-Quo durch Einwanderung zu hoffen, soll das keineswegs heißen, dass nicht der Anteil von Migranten und ihre Nachkommen in Deutsch-land zu berücksichtigen wäre. Zunächst muss jedoch geklärt werden, was unter „Migrant“ zu verstehen ist und was nicht. Die formale Staatsangehörigkeit än-dert sich mit jeder Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts und eignet sich des-halb nur bedingt als Sozialindikator. Wenn von einem weiteren Zuzug aus anderen Ländern nach Deutschland gedanklich abgesehen wird und nur bisher Zugezo-gene und diejenigen, die in Familien von bisher Zugezogenen geboren wurden, als „Migranten“ definiert, wird bald festzustellen sein, dass ihr Anteil an der Gesamt-bevölkerung Deutschlands zunehmen wird. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass die „Migranten“, trotz Anpassungstendenz hin zur deutschen Geburtenrate, immer noch mehr Kinder pro Frau haben als der Durchschnitt der einheimischen Deutschen.19 Andererseits ist die Lebenserwartung der „Migranten“ insgesamt etwa 5 Jahre länger als die der Einheimischen. Die Differenz wird meistens auf den „Se-lektionseffekt“ bzw. „healthy worker effect“ zurückgeführt, wonach besonders ge-sunde Menschen dazu neigen, auszuwandern.20 D. h. auch ohne weitere Zuwande-rung würde der Anteil von „Migranten“ an der Bevölkerung insgesamt und auch innerhalb der alten Bevölkerung in Deutschland zunehmen. Die Bereitstellung von Pflegeangeboten, die den Vorstellungen der „Migranten“ gerecht werden, gehört zu den Aufgaben, die Soziale Arbeit in der Altenarbeit vorantreiben sollte (s. 10. Ka-pitel).

19 Trotzdem bleibt die Fertilität der „Migrantinnen“ mit 1,9 deutlich unter der Replace-ment-Rate

20 Birg 2001, S. 103.

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1. kapitel: demografische grundlagen

Eine bestimmte Form der Altenarbeit, nämlich die von Migrantinnen – oft von il-legalen Migrantinnen aus Osteuropa – muss erwähnt werden. Schätzungsweise etwa 100.000 Frauen arbeiten in Deutschland als „Live-in-Pflegekräfte“ im 24-Stunden-Einsatz. Ohne sie wäre die Pflege erheblich teurer, für die betroffenen Familien, aber auch für den Staat. Die soziale Leistungen von nichtdeutschen Pflegekräften sollte durch die Einbeziehung in das soziale Sicherungssystem sicher gestellt werden. Die Reform der Pflegeversicherung 2007 wich dieser Frage durch Nichtbefassung noch aus.21 Es ist aber unumgänglich hier Lösungen zu finden, denn nach jüngeren Be-rechnungen werden 2025 etwa 152 000 Pflegekräfte fehlen.22

2.4 Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme

2.4.1 RentenversicherungUm den Altersquotienten, d. h. das Verhältnis der Menschen im arbeitsfähigen Al-ter zu denen im Rentenalter konstant zu erhalten, wäre – bei gleich bleibenden Altersparametern – eine sehr hohe Zuwanderung junger Menschen aus anderen Ländern nötig. Während 2000 noch rund 35 Millionen Menschen erwerbstätig wa-ren, so können das nach den heutigen Arbeitsmarktbedingungen im Jahr 2030 nur noch etwa 30 Millionen sein, wobei eine stärkere Zuwanderung schon einberech-net wurde.

Da Einwanderung allein keine Lösung bietet, wurde das Ruhestandsalter er-höht. „Reformen“, die in den letzten Jahren beschlossen wurden, beginnen jetzt schon Wirkung zu zeigen. 1992 wurden die vorgezogenen Altersgrenzen für Frauen (früher 63), für Arbeitslose (früher 60) und für langjährig Versicherte (früher 63) auf 65 angehoben – mit einer Übergangszeit von 2001-2014. 1997 wurde die Über-gangszeit verkürzt auf 2004. Im Jahre 2004 wurde die Anhebung der vorgezogenen Altersgrenze für Schwerbehinderte von 60 auf 63 beschlossen. All dieses führt dazu, dass 2004 fast die Hälfte der Neurentner mit Abschlägen in Rente ging. Eine Trend-umkehr beim durchschnittlichen Zugangsalter ist jedoch erreicht worden.

Stufenweise soll das allgemeine Rentenalter in den nächsten Jahren auf 67 Jahre erhöht werden. Die Kombination von längeren Beitragszeiten und altersbedingten Abschlägen soll es ermöglichen, die prozentualen Abgaben der arbeitenden Bevöl-kerung zu senken. So sehr eine Konsolidierung der Rentenkassen zu wünschen ist, so groß ist die Gefahr, dass die „Reformen“ immer nur einige Jahre halten.

21 Vgl. Meyer-Timpe 2007a, S. 27 und 2007b, S. 28.

22 Statistische Bundesamt 2010, www.destatis.de