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S T I M M E N D E R Z E I T
Herausgegeben von Wolfgang Seibel SJ (Chefredakteur) unter Mitarbeit von Roman Bleistein SJ. Anschrift der Redaktion: Zuccali-
straße 16, 8000 München 19, Telefon (089) 179009 13, Telefax (089) 179009 10. Zuschriften, Manuskripte, Besprechungsstücke, Tausch-
exemplarc sind nur an die Redaktion zu senden. Unverlangte Manuskripte können nur zurückgegeben werden, wenn Rückporto bei
liegt. Nicht angeforderte Besprechungsstücke werden nicht zurückgesandt. Nachdruck oder photomechanische Wiedergabe einzelner
Beiträge nur mit besonderer Erlaubnis. Verlag: Herder G m b H & Co. K G , Hermann-Herder-Straße 4, 7800 Freiburg. Anzeigen: Ver
lag Herder, Telefon 0761/2717-236, Anzeigenleitung: Hans-Jürgen Herden. Gültige Anzeigen-Preisliste Nr. 28 - Versandort: Frei
burg - Druck: Presse-Druck Augsburg. Die „Stimmen der Zeit" erscheinen jährlich in 12 Heften. Preis: Einzelheft 12,50 D M ; im
Abonnement 10,60 D M , halbjährlich 63,60 D M , zuzüglich Versandspesen; Studentenabonnement: Einzelheit 8,10 D M . Kündigungs
termin: vier Wochen zum Halbjahrcsende. Bestell-Nr. 00022.
I N H A L T DES 209. B A N D S
Avens, Werner: Gehorsam oder Verantwortung 41
Baranzke, Heike: Ö k o l o g i e - Natur - Schöpfung. Zur Funktion einer Schöpfungstheologie
im Rahmen der Umweltproblematik 695
Biser, Eugen: Die dunkle Krone. Z u Joseph Bernharts Essay über die Tragik im Weltlauf* . 357
- Der ferne und nahe Gott 403
- Der Weg durch die Nacht. Die aktuelle Zeitdeutung Gertrud von le Forts 735
Bielstein, Roman: Ignatius feiern. B ü c h e r zu den Jubiläen des Jesuitenordens"' 213
- Die Katholiken und das Dritte Reich"' 138
- Kirche und Jugend miteinander unterwegs? Das Thema Jugend und Kirche in den D i ö z e -
sansynoden 1985-1990 507
- Adolf Kolping 649
- Soziales Pflichtjahr 793
- Verlust der Utopie 1
Böwering, Gerbard: Das Erwachen des Islam 33
Buch, Aloys Johannes: Entwicklung und Evangelisierung. Vorüberlegungen zu einer vernach
lässigten Problematik 821
- Entwicklung und Kultur. Bemerkungen zu einer notwendigen Neuorientierung 723
Bumiller, Meinrad: Europa, die Kirche und die Jugend. Reflexionen eines Jugendseelsorgers 675
Delgado, Mariano: „ W i r waren es nicht, sondern die anderen." Entschuldigungsmechanismen
500 Jahre nach der Entdeckung Amerikas 686
Deuerlein-Bär, Gisela: Das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz 261
Dulles, Avery: Katholizismus und amerikanische Kultur - der riskante Dialog 163
Englert, Rudolf: Religionspädagogik im christentumsgeschichtlichen Wandel 750
Feil, Ernst: Toleranz, Glaube und Vernunft"' 425
Fornet-Betancourt, Raul: Einheit in der Pluralität oder Spaltung? Die katholische Kirche in
Lateinamerika an der Schwelle zum dritten Jahrtausend 254
Fox, Helmut: Erinnerung an ein vergessenes Dokument"" 707
Fries, Heinrieb: Rezeption. Der Beitrag der Gläubigen für die Wahrheitsfindung in den Kir
chen 3
Frohnhofen, Herbert: Eine neue Ausgabe frühchristlicher Texte"' 498
- Zwischen Pazifismus und Heiligem Krieg. Z u r Annäherung der Kirche an die militärische
Gewalt bis zum Beginn der K r e u z z ü g e 831
Fuchs, Josef: Gesetz und Gnade 317
- Innovative Moral 181
- Die schwierige Goldene Regel 773
- Verantwortung 485
Fuchs, Ottmar: Katholisch in England. Begegnungen und Eindrücke 272
- Kirche und Medien auf dem Weg zum Jahr 2000. Anmerkungen zu einem römischen Text
entwurf 411
- „ L u m b k o " - ein leises Wort für einen kräftigen Aufbruch 624
Garcia M ateo, Rogelio: Ignatius von Loyola - Mystik und Dramatik. Z u r geistigen Gestalt
der Geistlichen Ü b u n g e n 345
Grom, Bernhard: Gottes Solidarität mit den Leidenden 721
- Was ist Mystik? Versuch einer Psychologie ohne Psychologismus 810
Haeffner, Gerd: Christliche Philosophie"' 136
Hengsbach, Friedhelm: Flexible Arbeitszeit im Interesse der Familie 53
Hilpert, Konrad: Soziale Gerechtigkeit nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Sy
steme. Die Enzyklika „Centesimus annus" 609
Hoffmann, Fernand: Friedrich D ü r r e n m a t t als Theologe. Gegenentwurf oder Absage? 192
Hoppe, Thomas: Frieden in Europa. Neue Herausforderungen und Antwortversuche 529
ligner, Rainer: Kreativität im Widerspruch 95
irrgang, Bernhard: Sittliche Bewertungskriterien der Human-Gentechnik 239
Janssen, Friedrich: Die Kirche zwischen Kontinuität und Aggiornamento 477
Kasper, Helmut: Ü b e r h o l t e Leerformel oder bleibende Aufgabe? Die „christliche Grundlage"
der Schule in Verfassungs- und Gesetzestexten 844
Keller, Albert: Betroffenheit 289
Kerber, Walter: Centesimus annus 433
Köhler, Oskar: Eine geistliche Liebesgeschichte. Ignatius von Loyola und Isabel Roser" . . . . 494
- Kirchengeschichte. A u f der Suche nach neuen Wegen"" 782
- Liberalität in der Kirche"' 643
- O h Gott, Herr Pfarrer . . . Z u r römischen Bischofssynode"' 62
- Der Papst - in oder über die Kirche?"' 281
Kohlschein, Franz: Eine „Liturgische Bewegung" der Frauen? Z u Erfahrungen und Liturgie
modellen der Frauenbewegung"" 66
Kramer, Hans: Binnenkonflikte im Lehramt. Kontroverses zu Liebe und Partnerschaft 75
Kremer, Jacob: Wer war Jesus wirklich? Orientierungshilfe eines Bibelwissenschaftlers 579
Kuschel, Karl-Josef: Christologie und interreligiöser Dialog. Die Einzigartigkeit Christi im
Gespräch mit den Weltreligionen 387
Langhorst, Peter: Fürs t Löwenstein , die Haider Thesen und Rerum novarum"' 857
Laux, Bernhard: Milieubarrieren fallen. Z u m Verhältnis von Arbeiterschaft und Kirche . . . . 759
Leder, Gottfried: Verfassungsrechtsprechung und Politik. 40 Jahre Gesetz über das Bundes
verfassungsgericht 147
Leimgruber, Stephan: Warum sich heute noch eine Predigt anhören? Neuere Tendenzen in
der evangelischen Homiletik 635
Ludin, Joseph Hamid: Der Islam und der Westen. Mißverständnisse und Konflikte 452
Ludwig, Heiner: 100 Jahre Sozialverkündigung der Kirche"' 783
Lutz-Bachmann, Matthias: Der Beitrag der Christen für eine erneuerte Kultur in Europa . . 323
Maier, Martin: Theologie der Befreiung"' 711
Motte, Magda: Wider die Verlorenheit. Die adventliche Dimension in Werken der Gegen
wartsliteratur 542
Müller, Johannes: Internationale Schuldenkrise. Kirchliche Stellungnahmen zur ethischen D i
mension 219
- Rüstungsexportkontrol le 361
Muth, Ludwig: Wie kann Lesekultur wachsen? Ergebnisse aus 25 Jahren Buchmarktforschung 123
Reiter, Johannes: Warum ist die katholische Kirche gegen die Abtreibung? Z u r gegenwärtigen
Diskussion um den § 2 1 8 515
Röhrig, Johannes: Ein Bild der Deutschen. Z u m Werk italienischer Autoren in Deutschland 306
Roth, Paul: Die sowjetische Religionspolitik. Zwischen Pragmatismus und Ideologie"' 567
Schatz, Klaus: Päpstlicher Primat und politische Verfassungsgeschichte - Spiegel oder K o n
trast? 435
Schavan, Annette: Neue Perspektiven für Ehe und Familie 231
- Z u r Situation von Ehe und Familie 172
Schmitz, Philipp: „ D e r Zweck heiligt die Mittel . " Moralische Anfragen mit jesuitischer L ö
sung? 375
Schockenhoff, Eberhard: Der Schutz des menschlichen Lebens aus theologisch-ethischer Sicht 651
Schöndorf, Harald: Individuum und Indifferenz. Francisco Suärez, Philosoph im Geist des
Ignatius 109
Schützeichel, Harald: „ W o h i n soll ich mich wenden?" Z u r Situation der Kirchenmusik im
deutschen Sprachraum 363
Schwaiger, Georg: Die Jesuiten im alten Bayern 663
Seibel, Wolfgang: Meinungsbildung in der Kirche 505
- Neuevangelisierung Europas 73
- Stagniert die Ö k u m e n e ? 145
- Z ä h m u n g widerspenstiger Christen? 577
Sievernich, Michael: Die Aktualität des Bartolome de las Casas"' 859
Suttner, Ernst Christoph: Die Jesuiten und der christliche Osten 461
Türk, Hans Joachim: Fundamentalismus 86
Waidenfels, Hans: Das Christentum und die Kulturen. Die aktuellen europäischen Christen
tümer 291
- Das Heilige als Grundkategorie religiöser Erfahrung 17
Weger, Karl-Heinz: Notwendigkeit der Mission 217
Wickler, Wolfgang: Welches Vorbi ld für ethisches Verhalten liefert die Natur? Probleme für
die christliche Ethik 795
Windheuser, Karl: Wegbereiter des Neopositivismus"" 422
Wolbert, Werner: Ein Recht auf den Leib des anderen? Z u einigen Fragen der Organtrans
plantation 331
Ziebertz, Hans-Georg: Sexualethische Wertkonzepte von Religionspädagogen 553
Zirker, Hans: „Sagt nicht D r e i ! " Z u r Faszination der Einzigkeit Gottes im Islam 199
Zulehner, Paul M.: Religion und Autoritarismus. Inkulturation des Evangeliums in den K o n
text der Freiheitlichkeit 597
Umschaubeiträge sind durch * gekennzeichnet
Ü B E R S I C H T
I. K I R C H E
Roman Bleistein: Kirche und Jugend miteinander unterwegs? Das Thema Jugend und Kirche
in den Diözesansynoden 1985-1990 507
Helmut Fox: Erinnerung an ein vergessenes Dokument * 707
Heinrich Fries: Rezeption. Der Beitrag der Gläubigen für die Wahrheitsfindung in den K i r
chen 3
Herbert Frohnhofen: Zwischen Pazifismus und Heiligem Krieg. Z u r A n n ä h e r u n g der Kirche
an die militärische Gewalt bis zum Beginn der K r e u z z ü g e 831
Ottmar Fuchs: Kirche und Medien auf dem Weg zum Jahr 2000. Anmerkungen zu einem r ö
mischen Textentwurf 411
- „ L u m k o " - ein leises Wort für einen kräftigen Aufbruch 624
Friedrich Janssen: Die Kirche zwischen Kontinuität und Aggiornamento 477
Oskar Köhler: Liberalität in der Kirche"' 643
- O h Gott, Herr Pfarrer . . . Z u r römischen Bischofssynode"" 62
- D e r Papst - in oder über die Kirche?"" 281
Franz Kohlschein: Eine „Liturgische Bewegung" der Frauen? Z u Erfahrungen und Liturgie
modellen der Frauenbewegung"' 66
Hans Kramer: Binnenkonflikte im Lehramt. Kontroverses zu Liebe und Partnerschaft 75
Harald Schutzeichel: „ W o h i n soll ich mich wenden?" Z u r Situation der Kichenmusik im
deutschen Sprachraum 363
Wolfgang Seibel: Meinungsbildung in der Kirche 505
- Stagniert die Ö k u m e n e ? 145
- Z ä h m u n g widerspenstiger Christen? 577
II. T H E O L O G I E
Heike Baranzke: Ö k o l o g i e - Natur - Schöpfung. Z u r Funktion einer Schöpfungstheologie im
Rahmen der Umweltproblematik 695
Eugen Biser: Der ferne und nahe Gott 403
Bernhard Grom: Gottes Solidarität mit den Leidenden 721
- Was ist Mystik? Versuch einer Psychologie ohne Psychologismus 810
Jacob Kremer: Wer war Jesus wirklich? Orientierungshilfe eines Bibelwissenschaftlers 579
Stephan Leimgruber: Warum sich heute noch eine Predigt anhören? Neuere Tendenzen in der
evangelischen Homiletik 635
Martin Maier: Theologie der Befreiung"' 711
Hans Waldenfels: Das Heilige als Grundkategorie religiöser Erfahrung 17
Karl-Heinz Weger: Notwendigkeit der Mission 217
Paul M. Zulehner: Religion und Autoritarismus. Inkulturation des Evangeliums in den K o n
text der Freiheitlichkeit 597
III. K I R C H E N G E S C H I C H T E
Herbert Frohnhofen: Eine neue Ausgabe frühchristlicher Texte"' 498
Oskar Köhler: Kirchengeschichte. A u f der Suche nach neuen Wegen "' 782
Klaus Schatz: Päpstlicher Primat und politische Verfassungsgeschichte - Spiegel oder K o n
trast? 435
Michael Sievernich: Die Aktualität des Bartolome de las Casas * 859
IV. W E L T R E L I G I O N E N
Gerhard Böwering: Das Erwachen des Islam 33
Karl-Josef Kuschel: Christologie und interreligiöser Dialog. Die Einzigartigkeit Christi im
Gespräch mit den Weltreligionen 387
lì amid Joseph Ludin: Der Islam und der Westen. Mißverständnisse und Konflikte 452
Hans Zirker: „Sagt nicht D r e i ! " Z u r Faszination der Einzigkeit Gottes im Islam 199
V . J E S U I T E N
Roman Bleistein: Ignatius feiern. B ü c h e r zu den Jubiläen des Jesuitenordens"' 213
Rogclio Garcia Mateo: Ignatius von Loyola - Mystik und Dramatik. Z u r geistigen Gestalt der
Geistlichen Ü b u n g e n 345
Oskar Köhler: Eine geistliche Liebesgeschichte. Ignatius von Loyola und Isabel Roser * . . . . 494
Philipp Schmitz: „ D e r Zweck heiligt die Mittel" . Moralische Anfragen mit jesuitischer L ö
sung? 375
Harald Schöndorf: Individuum und Indifferenz. Francisco Suärez, Philosoph im Geist des
Ignatius 109
Georg Schwaiger: Die Jesuiten im alten Bayern 663
Ernst Christoph Suttner: Die Jesuiten und der christliche Osten 461
VI. E T H I K
Werner Arens: Gehorsam oder Verantwortung? 41
Josef fuchs: Gesetz und Gnade 317
- Innovative Moral 181
- Die schwierige Goldene Regel 773
- Verantwortung 485
Bernhard Irrgang: Sittliche Bewertungskriterien der Human-Gentechnik 239
Johannes Reiter: Warum ist die katholische Kirche gegen die Abtreibung? Zur gegenwärtigen
Diskussion um den § 2 1 8 515
Eberhard Schockenhoff: Der Schutz des menschlichen Lebens aus theologisch-ethischer Sicht 651
Wolfgang Wickler: Welches Vorbild für ethisches Verhalten liefert die Natur? Probleme für
die christliche Ethik 795
Werner Wolbert: Ein Recht auf den Leib des anderen? Z u einigen Fragen der Organtransplan
tation 331
VII. P H I L O S O P H I E
Ernst Feil: Toleranz, Glaube und Vernunft"' 425
Gerd Haeffner: Christliche Philosophie"" 136
Rainer ligner: Kreativität im Widerspruch 95
Albert Keller: Betroffenheit 289
Magda Motte: Wider die Verlorenheit. Die adventliche Dimension in Werken der Gegen
wartsliteratur 542
Karl Windheuser: Wegbereiter des Neopositivismus * 422
VIII. G E S E L L S C H A F T , S T A A T , W I R T S C H A F T
Roman Bleistein: Soziales Pflichtjahr 793
- Verlust der Utopie 1
Aloys Job. Buch: Entwicklung und Evangelisierung. Vorüberlegungen zu einer vernachlässig
ten Problematik 821
- Entwicklung und Kultur. Bemerkungen zu einer notwendigen Neuorientierung 723
Friedhelm Hengsbach: Flexible Arbeitszeit im Interesse der Familie 53
Gottfried Leder: Verfassungsrechtsprechung und Politik. 40 Jahre Gesetz über das Bundes
verfassungsgericht 147
Johannes Müller: Internationale Schuldenkrise. Kirchliche Stellungnahmen zur ethischen D i
mension 219
- Rüstungsexportkontrol le 361
Ludwig Muth: Wie kann Lesekultur wachsen? Ergebnisse aus 25 Jahren Buchmarktforschung 123
Annette Schavan: Neue Perspektiven für Ehe und Familie 231
- Z u r Situation von Ehe und Familie 172
Hans Joachim Türk: Fundamentalismus 86
IX. K I R C H L I C H E S O Z I A L L E H R E
Konrad Hilpert: Soziale Gerechtigkeit nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Sy
steme. Die Enzyklika „Centesimus annus" 609
Walter Kerber: Centesimus annus 433
Peter Langhorst: Fürs t Löwenstein , die Haider Thesen und Rerum novarum* 857
Bernhard Laux: Milieubarrieren fallen. Z u m Verhältnis von Arbeiterschaft und Kirche 759
Heiner Ludwig: 100 Jahre Sozialverkündigung der Kirche * 783
X. B I L D U N G U N D E R Z I E H U N G
Gisela Deuerlein-Bär: Das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz 261
Rudolf Englert: Religionspädagogik im christentumsgeschichtlichen Wandel 750
Helmut Kasper: Überhol te Leerformel oder bleibende Aufgabe? Die „christliche Grundlage"
der Schule in Verfassungs- und Gesetzestexten 844
Hans-Georg Ziebertz: Sexualethische Wertkonzepte von Religionspädagogen 553
XI. Z E I T G E S C H I C H T E
Roman Bleistein: Die Katholiken und das Dritte Reich 5 1 ' 138
- A d o l f Kolping 6^9
Mariano Delgado: „ W i r waren es nicht, sondern die anderen". Entschuldigungsmechanismen
500 Jahre nach der Entdeckung Amerikas 686
Avery Dulles: Katholizismus und amerikanische Kultur - der riskante Dialog 163
Raul Fornet-Betancourt: Einheit in der Pluralität oder Spaltung? Die katholische Kirche in
Lateinamerika an der Schwelle zum dritten Jahrtausend 254
Ottmar Fuchs: Katholisch in England. Begegnungen und Eindrücke 272
Paul Roth: Die sowjetische Religionspolitik. Zwischen Pragmatismus und Ideologie"' 567
XII. E U R O P A
Meinrad Bumiller: Europa, die Kirche und die Jugend. Reflexionen eines Jugendseelsorgers 675
Thomas Hoppe: Frieden in Europa. Neue Herausforderungen und Antwortversuche 529
Matthias Lutz-Bachmann: Der Beitrag der Christen für eine erneuerte Kultur in Europa . . . 323
Wolfgang Seibel: Neuevangelisierung Europas 73
Hans Waidenfels: Das Christentum und die Kulturen. Die aktuellen europäischen Chris tentü
mer 291
XIII. L I T E R A T U R
Eugen Biser: Die dunkle Krone. Z u Joseph Bernharts Essays über die Tragik im Weltlauf * . 357
- Der Weg durch die Nacht. Die aktuelle Zeitdeutung Gertrud von le Forts 735
Fernand Hoffmann: Friedrich D ü r r e n m a t t als Theologe. Gegenentwurf oder Absage? 192
Johannes Röhrig: Ein Bild der Deutschen. Z u m Werk italienischer Autoren in Deutschland . 306
Umschaubei t räge sind durch * gekennzeichnet
B U C H B E S P R E C H U N G S G R U P P E N
Z U D I E S E M H E F T
72, 144, 216, 288, 360, 432, 504, 576, 648, 720, 792, 864
V E R Z E I C H N I S D E R B E S P R O C H E N E N B Ü C H E R
Ambrosius: Ü b e r die Sakramente. Ü b e r die M y
sterien. Ü b e r s , u. eingeh v. Josef Schmitz. 499
Äugst, Rüdiger: Lebensverwirklichung und
christlicher Glaube. 502
Baumgartner, Isidor: Pastoralpsychologie. 71
Bernhart, Joseph: Tragik im Weltlauf. Hrsg . v.
Manfred Weitlauff. 357
Die Bistümer und ihre Pfarreien. Hrsg . v. Erwin
Gatz. 782
Das Bleibende im Wandel. Hrsg . v. Reinhild
Ahlers und Peter Krämer . 501
Braun, Karl-Heinz: Hermann von Vicari und
die Erzbischofswahlen in Baden. 573
Der Briefwechsel 1806-1848 zwischen Ignaz
Heinrich von Wessenberg und Heinrich
Zschokke. Bearb. v. Rudolf Herzog und O t h -
marPfyl . 643
Brieskorn, Norbert: Rechtsphilosophie 718
Bumiller, Meinraa: Junge Menschen - alte K i r
che. 862
Christliche Philosophie im katholischen Denken
des 19. und 20. Jahrhunderts. Hrsg . v. Enne
rich Coreth, Walter M . N e i d l , Georg Pfligers-
dorffer. B d . 2 u. 3. 136
Damit der Rand in die Mitte rückt Hrsg . v. Paul
M . Zulehner. 287
Drews, Rainer: Zur Krise katholischer Jugend
verbandsarbeit 862
Eggensperger, Thomas - Engel, Ulrich: Bartolo
me de las Casas. 859
Emeis, Dieter: Zwischen Ausverkauf und Rigo
rismus. 359
Esser, Wolfgang G.: Gott reift in uns. 791
Feldmann, Christian: Adolf Kolping. 575
Fest, Joachim: Der zerstörte Traum. 647
Fischer, Heinz-Joachim: Der heilige Kampf. 214
Flüchtlinge und Asyl. Hrsg. v. Johannes M ü l
ler. 719
Fraas, Hans-Jürgen: Die Religiosität des M e n
schen. 141
Gauly, Thomas M.: Katholiken. 716
Geschichtlichkeit und Glaube. Hrsg . v. Georg
Denzler und Ernst Ludwig G r a s m ü c k . 215
Glaube als Zustimmung. Hrsg. v. Wolfgang
Beinert 788
Gössmann, Wilhelm: Kultur-Christentum. 645
Gutierrez, Gustavo: Gott oder das G o l d . 859
Handbuch der Predigt. Hrsg . v. K . - H . Bieritz,
J. Henkys u.a. 635
Haslinger, Herbert: Sich selbst entdecken - Gott
erfahren. 573
Herzog, Urs: Geistliche Wohlredenheit. 646
Ignatius von Loyola und die Gesellschaft Jesu
1491-1556. Hrsg . v. Andreas Falkner und
Paul lmhof . 213
Immoos, Thomas: Japan - Archaische Moder
ne. 143
Implicaciones sociales y politicas de la teologia de
la liberación. V o n Ignacio Ellacuria u. a. 711
Irrlicht im leuchtenden München? Hrsg . v.
Björn Mensing u. Friedrich Prinz. 430
Die Katholiken und das Dritte Reich. Hrsg. v.
Klaus Gotto und Konrad Repgen. 138
»Katholischer" Fundamentalismus. Hrsg. v.
Wolf gang Beinert 715
Katholische Gesellschaftslehre im Überblick.
Hrsg. v. Walter Kerber, H e i m o Erti und M i
chael H a i n z 783
Kirchschläger, Walter: Die Anfänge der K i r
che. 572
Kranz, Gisbert: Eine katholische Jugend im
Dritten Reich. 286
Maaz, Hans-Joachim: Der Gefühlsstau. 744
Meier, Johannes: Zeuge einer befreienden K i r
che. 859
Meine Seele sieht das Land der Freiheit. Hrsg . v.
Christine Hojenski u.a. 66
Alertes, Klaus - Schmidt, Georg: Der Jesuitenor
den heute. 213
Max Josef Metzger: Christuszeuge in einer zer
rissenen Welt. 429
Neumann, Martin: Las Casas. 859
Niewohner, Friedrich: Veritas sive Varietas. 425
Nuscheier, Franz: Lern- und Arbeitsbuch Ent
wicklungspolitik. 431
Origenes: Römerbr iefkommentar . Erstes und
Zweites Buch. Übers , u. eingeh ν. Theresia
Heither. 499
Pädagogik. Hrsg. v. Leo Roth. 790
Pctuchowski, Jakob J. - Thoma, Clemens: Lexi
kon der jüdisch-christlichen Begegnung. 503
Ruether, Rosemary Radford: Unsere Wunden
heilen, unsere Befreiung feiern. 66
Rupprecht, Martin: Ich war obdachlos. 647
Sauer, Ralph: Mystik des Alltags. 142
Schatz, Klaus: Der päpstliche Primat. 281
Schüssler, Werner: Jenseits von Religion und
Nicht-Religion. 863
Schwager, Raymund: Jesus im Heilsdrama. 789
Schwiedrzik, Wolfgang Matthias: T r ä u m e der
ersten Stunde. 575
Sozial- und Linkskatholizismus. Hrsg. v. Heiner
Ludwig u. Wolfgang Schroeder. 281
Spital, Hermann Josef: Damit auch wir auferste
hen. 359
Stierli, Josef: Ignatius von Loyola . 213
Strafe: Tor zur Versöhnung? Hrsg. v. Kirchen
amt der Evangelischen Kirche in Deutsch
land. 718
Streitgespräch um Theologie und Lehramt. Hrsg.
v. Peter H ü n e r m a n n und Dietmar Mieth. 788
Thils, Gustave - Schneider, Theodor: Glaubens
bekenntnis und Treueid. 501
Die verdrängte Freiheit. Hrsg. v. Hermann
Kochanek. 715
Vor neuen Herausforderungen der Menschheit.
Enzyklika „Centesimus annus" Papst Johan
nes Pauls II. Kommentar von Walter Ker
ber. 787
Winkens, Hans-Joachim: Hilfe für Problemkin
der. 287
Zur Frage der Bischofsernennungen in der rö
misch-katholischen Kirche. Hrsg. v. Gisbert
G reshake. 717
Konrad Hilpert
Soziale Gerechtigkeit nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme
D i e E n z y k l i k a „Centesimus annus"
M i t R e r u m n o v a r u m (1891) begann die K i r c h e auf ihrer höchsten of f iz ie l len Ebene, den ih r in der Französischen R e v o l u t i o n u n d i n deren Gefolge wider fahrenen Ver lus t ihrer staatlichen u n d rechtl ich privi legierten Stel lung nicht mehr v o r n e h m l i c h als U n r e c h t z u beklagen, sondern als p r o d u k t i v e Heraus forderung z u begreifen: Indem sie die den S t rukturwandel z u r Industriegesellschaft begleitende Proletar is ierung erheblicher Bevölkerungsteile als P r o b l e m der sozialen Gerecht igkei t deutete und ihre wesentliche Verbesserung z u r Aufgabe des Staats erklärte, entdeckte sie Gesellschaft, öffentliche M e i n u n g und poli t ische W i l l e n s b i l d u n g als ein für sie wichtiges V e r a n t w o r t u n g s - u n d W i r k u n g s f e l d (vgl. N r . 5). D a d u r c h gewann sie nicht nur selbst wieder an Vitalität, sondern w u r d e letzt l ich auch überhaupt erst lebensfähig unter den Bedingungen des modernen Verfassungsstaats.
In den K o n t e x t der mit R e r u m n o v a r u m beginnenden L e h r t r a d i t i o n ordnet sich auch die neue, sehr umfangreiche E n z y k l i k a ein. W i e schon am T i t e l „Centesimus annus" erkennbar, ist ihr Anlaß der hundertste Jahrestag des Erscheinens v o n R e r u m n o v a r u m . F r e i l i c h möchte sie nicht nur eine Jubelrede sein, also nicht n u r erinnern u n d mit G e n u g t u u n g zurückschauen, sondern auch die heutige S i tuation der Menschhei t und das heißt genauer: der Menschen in ihren gesellschaftlichen Lebenskontexten u n d -bedingungen ins A u g e fassen (12). D a ß dabei der B l i c k die ganze W e l t umfaßt und das Gesagte demgemäß beansprucht, wel t weit gültig z u sein, ist eine angesichts der Verschiedenartigkeit und Komplexität dieser W e l t weitreichende Vorentsche idung. D e n n einerseits nötigt sie d a z u , die großen sozialen Probleme der Gegenwart nicht nur von der Warte des I n d i v i d u ums, des M i t g l i e d s einer Interessengruppe oder des Bürgers eines bestimmten Staats z u betrachten, sondern auch v o m Standpunkt eines Mi tg l ieds der alle u m fassenden Menschhei t . Andererseits birgt sie aber auch die Gefahr , sich auf einer solchen Abstrakt ionsebene z u bewegen, daß sich aus den angebotenen O r i e n t i e rungen für die konkreten und detaillierten Sachprobleme nur wenig Klärung u n d W e g w e i s u n g gewinnen läßt. Diese Gefahr läßt sich allerdings m i n i m i e r e n , w e n n die globalen Or ient ierungen nicht einfach als Grundsätze genommen werden , die d e d u k t i v „umgesetzt" oder auf die konkreten Verhältnisse „angewendet" werden
43 Stimmen 209, 9 609
Konrad Hilpert
müssen, sondern wenn sie d u r c h Ref lex ions- und Suchprozesse, die auf die k o n kreten regionalen, nationalen und mentalen Gegebenheiten, Probleme und M ö g l ichkeiten eingehen, ergänzt w e r d e n , wie es beispielhaft i m amerikanischen W i r t schaftshirtenbrief, aber auch i m Sozialhirtenbrief der österreichischen Bischöfe u n d - auf anderer Ebene - in manchen nachkonzi l iaren Synodendokumenten geschehen ist.
K o m p o s i t i o n , Gedankenführung und Sprache
Centesimus annus ( im folgenden: C A ) 1 gliedert sich in eine E in le i tung u n d sechs K a p i t e l , unter denen das dritte und vierte s o w o h l dem U m f a n g als auch u n d v o r allem dem Inhalt nach die zentralen s ind. In ihnen w i r d zunächst das Kennzeichnende der derzeit igen Welts i tuat ion an den Geschehnissen des Jahres 1989 festgemacht; dabei werden die revolutionären Veränderungen in den Ländern M i t t e l - u n d Osteuropas i n diesem Jahr nur als Höhepunkt einer E n t w i c k lung gesehen, die „einen größeren Zei tbogen und einen breiteren geographischen H o r i z o n t " umfaßt (22); diese werden i m weiteren Text als das Ende der aus dem Z w e i t e n W e l t k r i e g hervorgegangenen und i m A b k o m m e n v o n Jalta festgelegten O r d n u n g Europas (23) u n d als die Fo lgen der Ereignisse v o n 1989 für die Völker Europas u n d der D r i t t e n W e l t präzisiert (27-29).
N a c h dieser zeitgeschichtl ichen V e r o r t u n g und der Analyse ihrer Gründe wendet sich das D o k u m e n t der Frage z u , die sich zwangsläufig daraus ergibt: Welcher W e g öffnet sich u n d welche Aufgaben stellen sich auf diesem W e g hier wie dort u n d insgesamt? Es geht also u m die Marktwir tschaf t und ihre sozial gerechte Gestal tung. D i e Überschrif t des vierten Kapitels deutet diese Zie lvors te l lung in einem harmlos erscheinenden, i n W i r k l i c h k e i t aber äußerst spannungsvol len „und" an: Es geht u m eine O r d n u n g v o n Gesellschaft und Wirtschaft , die die Bejahung des Privateigentums und die universelle Bes t immung der Güter , das bis auf die Kirchenväter zurückgehende Essential aller auf dem Evangel ium basierenden Sozialref lexion, miteinander verbindet. D a z u müssen unter anderem die zentralen Begriffe u n d Kategor ien aktualisiert werden. Ferner dürfen die E r fordernisse einer gerechten Gesta l tung des Wirtschaftssystems nicht als distanzierte Sachprobleme abgehandelt werden ; ihre menschliche Seite k o m m t erst da durch in den B l i c k , daß auf konkrete Feh l formen , Problemgruppen und Mißverhältnisse verwiesen w i r d .
Eröffnet w i r d die E n z y k l i k a d u r c h eine ausführliche Würdigung von R e r u m n o v a r u m , die nicht bloß deren Grundaussagen referiert, sondern sie auch i n i h ren zeitgeschichtl ichen, wirtschaft l ichen, pol i t ischen und sozialen Kontext stellt. V o r allem versucht sie, diesen klassischen Text mit den A u g e n und dem Wissen eines Menschen v o n heute z u lesen - ein Verfahren, für das auch ausdrücklich
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der in der Literaturwissenschaft entwickelte Begriff der „relecture" in A n s p r u c h genommen und das auch d e m Leser selbst e indringl ich empfohlen w i r d . Das zweite K a p i t e l n i m m t den Z e i t r a u m v o n R e r u m novarum bis z u r jüngsten G e genwart in den B l i c k u n d ruft unter der Kategorie des jeweils N e u e n einige besonders prägend gewordene Vorgänge u n d Veränderungen der Gesellschaftsgeschichte ins Gedächtnis ; gleichzeit ig u n d korrespondierend dazu bilanziert es die bisherige E n t w i c k l u n g der Sozial lehre.
E ine ähnliche Brückenfunktion z u den umgebenden K a p i t e l n wie das zweite hat auch das fünfte K a p i t e l . D e n n i m G r u n d geht es auch in i h m u m die Gestal tung einer W i r t s c h a f t s o r d n u n g , die Privateigentum u n d M a r k t mit der Bes t imm u n g der Güter „für al le" vereinbart , also u m das große T h e m a des zentralen vierten Kapi te ls . D a b e i konzentr ier t dieses fünfte K a p i t e l seine A u f m e r k s a m k e i t frei l ich auf die R o l l e , die dem Staat bei der Gestal tung v o n Wirtschaft und S o z i alpol i t ik zufällt, u n d auf die strukturel len Voraussetzungen, die d a z u gegeben sein müssen. D i e mit dieser Beschreibung zwangsläufig verbundene N e n n u n g der G r e n z e n der Staatstätigkeit (pol i t isch sieht C A sie überschritten i m Tota l i ta -rismus, was den Lebensst i l betrifft , in einer ganz auf Nützlichkeit ausgerichteten - C A 29: „utilitaristischen" - Daseinsorient ierung, sozialpol i t isch in dem z u m Fürsorgestaat hypertrophier ten Wohlfahrtsstaat) schafft aber auch die Gelegenheit, den Beitrag der K i r c h e u n d ihre faktische u n d gewünschte Bedeutung für die K u l t u r z u verhandeln . Dies aber ist das eigentliche T h e m a des Schlußkapitels. In i h m w i r d s o w o h l der theologische O r t der Soziallehre i m Gesamt des k i r c h l i chen Hande lns näher best immt als auch e indr ingl ich appelliert.
D i e Sprache der E n z y k l i k a ist insgesamt w o h l t u e n d nüchtern, und in der Schi lderung der Probleme ist ihr diplomatische Verk lausul ierung f remd. A u c h inhalt l ich w i r d die G e f a h r überzogener Erwar tungen gegenüber M o r a l und E t h i k d u r c h häufigere H i n w e i s e auf spezielleres Fachwissen und auf die Eigengesetzl ichkeit gesellschaftlicher, ökonomischer und demokratischer Prozesse gemindert (vgl. etwa 32.41.43.46.47.54.59).
Solche Nüchternheit verträgt sich allerdings durchaus mit dem Gestus des Lehrens, der in diesem D o k u m e n t stark durchscheint und in den Metaref lexio-nen auch i m m e r wieder art ikuliert w i r d . D i e Soziallehre w i r d hierbei als ein durch die S o z i a l e n z y k l i k e n seit R e r u m n o v a r u m aufgestelltes und jetzt durch C A erweitertes „Lehrgebäude" verstanden, das der K i r c h e „ermöglicht, die soziale W i r k l i c h k e i t z u analysieren, sie z u beurteilen u n d Richt l in ien für eine gerechte Lösung der daraus entstehenden Probleme anzugeben" (5). A u c h w e n n die Bedeutung der Inspirat ion d u r c h weniger hochrangige D o k u m e n t e , der A n regung seitens wissenschaftl icher Studien v o n L a i e n , der Tätigkeit der k a t h o l i schen Bewegungen u n d Vere ine und der konkreten diakonischen A r b e i t nicht unerwähnt bleibt (4.56), kann der E i n d r u c k entstehen, daß E n t w i c k l u n g u n d G e l t e n d m a c h u n g der Sozial lehre etwas Autarkes seien. Könnte die H a u p t f u n k -
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t ion solchen „Lehrens" aber nicht darin gesehen werden , Fragen aufzunehmen u n d öffentlich z u stellen, der St imme derer, die keine Chancen haben, G e w i c h t z u verleihen, Denkprozesse anzuregen u n d bei B lock ierungen wieder i n G a n g z u br ingen, das gemeinsame Bemühen, dem G l a u b e n i m A l l t a g Relevanz z u verschaffen, z u ermuntern und F o r m e n der Solidarität mi t denen, die unter die R ä der z u geraten drohen , z u stärken?
M a n mag es für einen weiteren A u s d r u c k der impl iz i t en Ekkles io logie ansehen oder es bloß für eine un reflektierte Fortsetzung eingeschliffener theologischer Sprechweisen halten, w e n n bei der N e n n u n g v o n Uber l ie ferung als zentraler Aufgabe der K i r c h e der G r u n d als nur „von unseren Vätern i m G l a u b e n " gelegt erscheint (3) und bei der Schi lderung v o n Nöten , die nicht bloß materiell u n d fachl ich kompetente Behandlung erfordern, sondern eine, die auch auf die ex i stentielle D i m e n s i o n eingeht, nur z u „aufrichtiger brüderlicher H i l f e " aufgefordert w i r d (48) - u n d beides, obschon die ganze E n z y k l i k a gerade mit der Bitte u m die „mütterliche Fürsprache" Mar ias (62) endet.
W e r die E n z y k l i k a liest, mag zunächst erschrecken über die Vielfal t der T h e men. N i c h t nur die gerechte Gesta l tung der Marktwir t schaf t und die in diesen Zusammenhang gehörenden Stichwörter u n d Fragen werden angesprochen u n d erörtert, sondern so gut wie alle großen Fragen, die die Menschhei t u n d die öffentliche D i s k u s s i o n in den Gesellschaften bewegen wie U n t e r e n t w i c k l u n g , i n ternationale V e r s c h u l d u n g , Ökologie , D e m o k r a t i e , Extremismus , Randgruppen , A r m u t , Fr iede, Abrüstung, Waffenexport . Selbst auf das St ichwort Fundamental ismus trifft man an mehreren Stellen.
D a ß die m i t diesen Stichwörtern signalisierten brennenden Fragen der G e g e n wart als ethisch dr ing l i ch dargestellt werden , ist begrüßenswert: i m Interesse der Betroffenen, w e i l es allgemein das Bewußtsein dafür schärft, daß soziale Vorgänge u n d E n t w i c k l u n g e n nicht einfach A u s d r u c k einer quasi-naturhaften Gesetz-haftigkeit , sondern beeinflußbares Ergebnis komplexen menschlichen Handelns s i n d ; i m „Interesse" eines ganzheitl icheren Glaubens , w e i l es dem immer noch verbreiteten Mißverständnis entgegenarbeitet, die G r u n d f u n k t i o n e n der K i r c h e seien mit Verkündigung, l i turgischer Feier und Seelsorge am einzelnen I n d i v i d u u m ausreichend beschrieben.
F r e i l i c h weckt ein so breites Spektrum v o n T h e m e n auch Fragen wie z u m B e i spiel die, ob die einzelnen Gegenstände bei der zwangsläufigen Kürze innerhalb eines solchen Kontextes überhaupt sachgerecht u n d theoretisch verantwort l ich z u r Sprache gebracht werden können. D e r Verfasser scheint diesen E i n w a n d gespürt z u haben, denn er weist i m Anschluß an den A r t i k e l 36 v o n G a u d i u m et spes darauf h i n , daß die „konkreten und erfolgreichen M o d e l l e [für die Lösungen der aufgezählten Probleme] n u r i m R a h m e n der jeweils verschiedenen historischen Situationen durch das Bemühen aller Verantwort l i chen gefunden werden [können] , die sich den konkreten Prob lemen i n allen ihren eng miteinander ver-
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f lochtenen gesellschaftlichen, wirtschaft l ichen, pol i t ischen u n d kulturel len Aspekten stel len" (43). W e n n an späterer Stelle außerdem die „Zuhilfenahme sämtlicher Beiträge der Wissenschaften u n d der P h i l o s o p h i e " (54) u n d die N o t wendigkeit erwähnt w i r d , daß die Soziallehre „mit den verschiedenen D i s z i p l i nen, die sich mit dem Menschen befassen, i n einen D i a l o g " eintritt (59), darf man die N e n n u n g der vielen T h e m e n auch i m Sinn eines Anstoßes u n d einer Zusage verstehen, daß speziellere Behandlungen dieser T h e m e n nötig u n d erwünscht s ind.
A h n l i c h verhält es sich mit dem Bedürfnis nach der Zusammengehörigkeit u n d inneren Kons i s tenz der vielen T h e m e n . In einem Text , der v o n seinem Genus her möglichst knapp sein muß und der zugleich „die" soziale Prob lemat ik unserer Zei t fassen möchte , haben ausführliche V e r b i n d u n g e n u n d langwieriges Sichtbarmachen v o n ursächlichen Zusammenhängen keinen P la tz ; globale Z u o r d n u n g e n u n d ein eher additives Nebeneinander genügen, schließen allerdings nicht aus, daß eine Passage als nachträglich eingeschoben w i r k t b z w . ein T h e m a in seiner Nachbarschaft als deplaziert empfunden werden k a n n . Dies ist in C A v o r allem dort der F a l l , w o die Sprache auf die Kontextualität des Menschseins in einer K u l t u r und N a t i o n k o m m t (24 sowie 50f .) , aber auch bei der K r i t i k an den systematischen K a m p a g n e n z u r G e b u r t e n k o n t r o l l e i n N r . 38 (diese k o m m t bereits in N r . 33 v o r , dor t f re i l ich systematisch besser integriert).
U m g e k e h r t verwundert es, w e n n i n einem so umfangreichen Thementableau bestimmte wicht ige Aspekte nicht erwähnt werden . O b s c h o n die E n z y k l i k a selbst den H o r i z o n t des Übergangs ins dritte nachchristl iche Jahrtausend aufspannt (3.62), f indet das schon heute äußerst bedrängende P r o b l e m des Bevölkerungswachst ums2 weder bei der Dars te l lung der D r i t t e - W e l t - S i t u a t i o n (33.52.58) noch i m Z u s a m m e n h a n g der ökologischen B e d r o h u n g (37f.) die notwendige A u f m e r k s a m k e i t , wenngleich beide Problembereiche durchaus als besorgniserregende Gefahren ernst genommen werden und ihre Bearbeitung als moral isch d r i n g l i c h eingeschärft w i r d . L e d i g l i c h i m K o n t e x t der scharfen V e r u r t e i l u n g der systematischen Maßnahmen z u r „Bevölkerungs-" (33) b z w . „Geburtenkontrolle" (39) in der D r i t t e n W e l t ist v o n „einer entstellten Auf fassung des demographischen P r o b l e m s " (39) die Rede - eine krypt ische F o r m u l i e r u n g , die auch den gutwil l igsten Leser, der der K r i t i k an staatlichen Zwangsmethoden z u r E i n schränkung der Geburtenrate (nach chinesischem V o r b i l d ) Berecht igung nicht abspricht, völlig allein läßt. D e n n jedes informierte N a c h d e n k e n u n d jede p r a k t i sche Bemühung um eine Z u k u n f t der Menschhei t , die auf Z y n i s m e n der Selbstregulierung d u r c h katastrophische „Checks" (Malthus) wie Kr iege , globale H u n gerskatastrophen, A i d s , Zugrunder ichten der natürlichen Lebensgrundlagen u . ä. verzichtet , kann die A u g e n v o r diesem P r o b l e m nicht verschließen.
E i n anderes T h e m a , das verwunderl icherweise nicht z u r Sprache k o m m t , obschon es seit Jahren alle D i s k u s s i o n e n u m soziale Gerecht igkei t durchzieht , ist
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die Frage der Stel lung der Frau in der Gesellschaft. Ausdrücklich tauchen die Frauen in C A überhaupt nur en passant auf, nämlich i m Zusammenhang der in R e r u m novarum postulierten Begrenzung der Arbei tsze i t , der H y g i e n e und der Rücksichtnahme bei der konkre ten Ausgestaltung der A r b e i t (7.8.12); ferner i m Zusammenhang der Aufzählung der G r u p p e n , die durch den Ausschluß v o n E i gentum, Wissen , T e c h n i k u n d Können marginalisiert werden, die mit der viel z u knappen, aber sachlich i m m e r h i n gewichtigen Feststellung endet, daß die Situat ion der Frau innerhalb der innergesellschaftlichen und weltweiten R a n d g r u p p e n besonders schwer sei (33); schließlich ist v o n den Frauen noch die Rede anläßlich des Rückblicks auf die historischen Versuche, die soziale Botschaft des Evangel i ums in die Praxis solidarischen Zusammenlebens z u übersetzen (57).
Das Scheitern des real existierenden Sozial ismus
M i t Befr iedigung darf man feststellen, daß die E n z y k l i k a die in den Ereignissen des Jahres 1989 kulmin ierenden Umwälzungen in M i t t e l - und Osteuropa behutsam und differenziert behandelt. O b s c h o n dem Stolz über den Beitrag der K i r c h e (im Singular!) z u diesem Prozeß durchaus R a u m gegeben w i r d (22f.) und die Bestätigung der W a r n u n g e n Leos X I I I . v o r dem marxistischen Sozial ismus als dem falschen W e g z u r Lösung der sozialen Probleme durch die jüngste E n t w i c k l u n g der östlichen Staaten ausdrücklich vermerkt w i r d (12), entgeht C A nicht nur selbst der naheliegenden Gefahr , sondern warnt sogar e indringl ich v o r ihr , den Z u s a m m e n b r u c h der realsozialistischen Systeme selbstgerecht und t r i umphierend auszukosten. Statt dessen w i r d die A u f m e r k s a m k e i t entschlossen auf die Ursachen des Zusammenbruchs gelenkt, auf die Subjekte, die den unerwarteten u n d aussichtslos scheinenden K a m p f bestritten haben, und auf die A u f gaben, die sich für den A u f b a u einer besseren Z u k u n f t stellen.
U n t e r den Ursachen stellt C A zunächst z w e i als besonders erwähnenswert heraus, nämlich die V e r l e t z u n g der Rechte der A r b e i t (23, wobei mit Stolz an die In i t ia l funkt ion der „Solidarnosc" in Po len erinnert w i r d ) und die Untaugl ichkei t des Wirtschaftssystems. Dessen entscheidende Fehler werden in der Ver le tzung der Menschenrechte auf wirtschaft l iche Initiative, auf E igentum, auf wir tschaf t l i che Freiheit u n d i m Ignorieren der kulturel len und nationalen Besonderheiten gesehen (24). D a z u k o m m t als weitere Ursache die Mißachtung der „Natur des Menschen , der z u r Freiheit geschaffen is t " , durch staatliche Willkür u n d Gewal t (25). Diese dritte Ursache w i r d noch einmal theologisch vertieft, indem das V e r gessen der Tatsache, daß der M e n s c h auch z u m Bösen fähig ist, als letzter G r u n d für die A b s o l u t s e t z u n g v o n P o l i t i k und Staat ausgemacht w i r d , aus der sich w i e derum das lückenlose, alle Initiative u n d Kreativität erstickende System bürokratischer K o n t r o l l e ergebe.
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Bei der Würdigung der unzähligen und namenlosen U n b e k a n n t e n , die den Sturz der alten Götzen herbeigeführt haben, streicht C A die Le iden und O p f e r , die Mäßigung u n d das grenzenlose Vertrauen in G o t t als beachtenswert heraus (25). Solche E r i n n e r u n g ist nicht u n w i c h t i g , gerät d o c h nach dem Eintreten des Erfo lgs gerade dieser existentielle Einsatz so vieler als erstes in Vergessenheit. N o c h stärker w i r d die Gewal t los igke i t ihres Kampfes hervorgehoben (23.25). E r habe gezeigt, daß V e r h a n d l u n g , D i a l o g , das Eintreten für die Wahrhei t und der A p p e l l an das G e w i s s e n des Gegners eine machtvolle Alternat ive z u m Einsatz v o n Gegengewalt s ind .
D i e E n z y k l i k a läßt aber keinen Z w e i f e l daran a u f k o m m e n , daß die eigentlichen Herausforderungen m i t dem Z u s a m m e n b r u c h des alten Systems erst beginnen. In den betreffenden Ländern selbst habe die Vergangenheit eine schwere „Hypothek schmerzl icher Ungerecht igkei t u n d V e r b i t t e r u n g " hinterlassen (22); daß sie nicht z u r unaufhörlichen Q u e l l e v o n Haßausbrüchen, K o n f l i k t e n u n d Niedergeschlagenheit w i r d , ist eine erste Sorge (27). D e r moralische und materielle Wiederaufbau der geschädigten Wirtschaft u n d der konfliktären Gese l l schaft ist die zweite zentrale Aufgabe (27). D a z u bedarf es energischer A n s t r e n gungen, aber auch großer G e d u l d .
In N r . 28 versucht C A , den reichen Ländern ihre V e r a n t w o r t u n g z u sol idar i scher H i l f e bewußtzumachen, u n d z w a r s o w o h l als eine V e r p f l i c h t u n g der G e rechtigkeit wie auch als A n l i e g e n , das letzt l ich mit ihrem eigenen Interesse an dauerhaftem Fr ieden u n d gesichertem W o h l s t a n d kongruiert . Nachdrücklich plädiert der Text hierbei gegen die V e r s u c h u n g , die notwendigen M i t t e l für diese H i l f e aus einer Kürzung oder V e r r i n g e r u n g der M i t t e l für die D r i t t e Wel t gewinnen z u w o l l e n , u n d schlägt statt dessen ein Bündel v o n außerordentlichen, aber sehr tiefgreifenden Maßnahmen vor , die v o n der N e u d e f i n i t i o n der Prioritäten, aufgrund deren die wirtschaft l ichen und pol i t ischen Entscheidungen in den rei chen Ländern getroffen w e r d e n , über die U m w i d m u n g der durch die Abrüstung fre iwerdenden M i t t e l bis h i n z u m A u f b a u internationaler Konfliktlösungsverfahren reichen, die den K r i e g als M i t t e l z u r D u r c h s e t z u n g von Rechtsposit ionen überflüssig machen (28).
Schließlich erkennt die E n z y k l i k a eine zentrale Aufgabe auch dar in , das G e wissen als le tztverbindl iche Instanz des Handels in den Ländern, in denen es bisher v o m A n s p r u c h des Staates her unterdrückt war , wieder in sein Recht e i n z u setzen. D a b e i ist nicht nur an die Religionsausübung der einzelnen und an die Ermöglichung des inst i tut ionel len W i r k e n s v o n K i r c h e gedacht, sondern ausdrücklich und umfassender daran, die Verfest igung des Grundsatzes „Macht vor V e r n u n f t " i m Bewußtsein der Menschen aufzulösen u n d z u stürzen (vgl. 29).
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Ja z u r Marktwir t schaf t , nein z u m Kapita l i smus ohne soziale V e r b i n d l i c h k e i t e n
A u s der Sicht der E n z y k l i k a bedeutet der Zusammenbruch des real exist ierenden Sozial ismus, daß s o w o h l „auf der Ebene der einzelnen N a t i o n e n w i e auch auf jener der internationalen Beziehungen . . . der freie Markt das wirksamste I n strument für die Anlage der Ressourcen u n d für die beste Befr iedigung der Bedürfnisse z u sein (scheint)" (34, v g l . 40), hingegen nicht, daß die freie E n t f a l t u n g der Marktwir t schaf t die allmächtige Regulationsinstanz für das gesamte gesellschaftliche Leben sein darf. G e r a d e z u le i tmotivisch kehrt i m Text die W a r n u n g wieder , die westl ichen Länder liefen Gefahr , das Scheitern des K o m m u n i s m u s als einseitigen Sieg ihres Wirtschaftssystems z u nehmen u n d sich v o n der A u f g a b e entlastet z u sehen, „an ihrem System die gebotenen K o r r e k t u r e n v o r z u n e h m e n " (56, in der Sache gleich: 26.35.42, rückblickend auf R e r u m n o v a r u m auch : 15). „Die K r i s e des M a r x i s m u s beseitigt nicht (schon) die Situationen v o n U n g e r e c h tigkeit und Unterdrückung in der W e l t " , v o n denen der M a r x i s m u s i n der V e r gangenheit seinen Z u l a u f bezog (26). Sein Z u s a m m e n b r u c h „beseitigt sicher i n vielen Ländern ein H i n d e r n i s i n der sachgemäßen und realistischen Ause inander setzung mit diesen P r o b l e m e n , aber das reicht nicht aus, u m sie z u lösen" (42).
D e r entscheidende Ges ichtspunkt für die posit ive Bewertung der M a r k t w i r t schaft ist f re i l ich nicht n u r i n der Gewährleistung einer ausreichenden V e r s o r gung mit Gütern und i n der höheren Produktivität z u sehen, die die Massenarmut u n d N o t des beginnenden Industriezeitalters beträchtlich zurückzudrängen vermocht u n d mehr Sicherheit u n d einen erheblichen Zuwachs an freier Ze i t ermöglicht hat. V i e l m e h r erkennt die E n z y k l i k a ausdrücklich auch die ethisch p o sitive Bedeutung des Marktes u n d des Unternehmens an, allerdings n u r , w e n n beide auf das G e m e i n w o h l ausgerichtet s ind (43).
D e r W e g , auf dem sie z u dieser posit iven W e r t u n g v o n M a r k t u n d U n t e r n e h men gelangt, setzt bei einer zeitgerechten R e f o r m u l i e r u n g der klassischen P r o dukt ionsfaktoren ein, unter denen der A r b e i t die eigentliche Schlüsselrolle zugesprochen w i r d . D e r Sicht v o n C A zufolge ist die A r b e i t in der heutigen Gese l l schaft v o n vornherein eine soziale Tätigkeit, insofern sie immer mit den anderen u n d für die anderen getan w i r d (31.32.43). Sie steht in einer „Solidaritätskette", die auch unabhängig v o n ihrer mentalen Vergegenwärtigung bei den Lieferanten anfängt und bis z u den K o n s u m e n t e n reicht. E i g e n t u m - darunter fallen außer dem Bestand an Maschinen und P r o d u k t i v m i t t e l n (Kapital) auch neue F o r m e n wie „der Besi tz v o n Wissen , v o n T e c h n i k u n d v o n K ö n n e n " (32) - ist gerechtfertigt, w e n n es nutzbringender A r b e i t dient u n d nicht i m Gegentei l d a z u , solche z u behindern, u m aus ihrer Unterdrückung oder A u s b e u t u n g G e w i n n z u erzielen (43).
U m die Zusammenarbeit i m Produktionsprozeß z u organisieren, seinen V e r lauf z u planen u n d i h n in verantwort l icher Berücksichtigung der R i s iken auf die
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Bedürfnisse der Menschen abzust immen, bedarf es schließlich auch des U n t e r nehmens. A l s sein Z w e c k erscheint „nicht bloß die G e w i n n e r z e u g u n g , sondern auch die V e r w i r k l i c h u n g als Gemeinschaft v o n M e n s c h e n " (35). D e r U n t e r n e h mer w i r d hier nicht mehr einfach i n der R o l l e des Kapitalgebers u n d allein Best immenden gesehen, sondern primär als Init iator und Organisator v o n A r b e i t s gemeinschaften i m Dienst der Gesamtgesellschaft u n d insofern als Verkörperung der in der Ressource M e n s c h liegenden Fähigkeiten, Arbei tsprozesse z u veranstalten, die die P r o d u k t i v k r a f t der E r d e entfalten (vgl. 32 u . 35).
F r e i l i c h liegt der E n z y k l i k a sehr daran, daß trotz dieser grundsätzlich pos i t i ven Sicht v o n M a r k t , Privateigentum, Invest i t ion, U n t e r n e h m e r t u m u n d sogar G e w i n n doch auch die Gefahren und faktischen D e f i z i t e , die mit dieser F o r m des Wirtschaftens zusammenhängen, gesehen u n d als Heraus forderung z u r K o r rektur begriffen werden . Diese bestehen nach drei Seiten h i n . D e r erste P r o b l e m kreis w i r d dar in gesehen, daß viele „Menschen, vielleicht die große M e h r h e i t . . . heute nicht über die M i t t e l (verfügen), die ihnen tatsächlich u n d auf menschenwürdige Weise den E in t r i t t in ein Betriebssystem erlauben, i n dem die A r b e i t eine wahrhaft zentrale Stel lung e i n n i m m t " (33). K o n k r e t aufgezählt werden diejenigen, die keine Chance haben, die Grundkenntnisse z u erwerben, u m „ihre Kreativität z u m A u s d r u c k z u bringen u n d ihre Leistungsfähigkeit z u entfalten" (33), u n d jene, die i n einem M i l i e u leben müssen, „wo der K a m p f u m das N o t wendigste den absoluten V o r r a n g hat" und eine „erbarmungslose unmenschliche A u s b e u t u n g " nach den „Regeln des Kapi ta l i smus der Gründerzeit" herrscht (33). Beide F o r m e n v o n A r m u t s ind v o r allem i n den Dri t te-Welt -Ländern verbreitet, d o c h haben sie der E n z y k l i k a zufolge auch Entsprechungen in den sogenannten neuen A r m e n in den Industrieländern, unter denen die, die mit der Schnell igkeit des Wandels nicht mehr Schritt halten können, die A l t e n , die Jugendlichen, „denen der Einst ieg i n die Gesellschaft nicht gel ingt" , u n d die sozial Schwachen insgesamt eigens erwähnt werden (33).
E i n zweiter Problemkre is liegt dar in begründet, daß der M a r k t als Instrument der Steuerung „nur für jene Bedürfnisse (taugt), die ,bezahlbar 4 s ind . . . und für jene Ressourcen, die verkäufl ich ' s i n d " (34). E i n e Gefahr besteht deshalb, we i l es auch - u n d z w a r viele - „menschliche Bedürfnisse (gibt), die keinen Zugang z u m M a r k t h a b e n " ; w e n n diese der „Logik des Austausches gleicher Werte u n d der für sie wesentlichen F o r m e n der Gerecht igkei t " unterworfen werden , geraten sie unter die Räder (34). D a m i t dies nicht geschieht u n d die Grundbedürfnisse ( C A 34: „zu überleben und einen aktiven Beitrag z u m G e m e i n w o h l der M e n s c h heit z u leisten") gewährleistet s ind , muß der M a r k t kontro l l ier t werden. Dies aber ist die Aufgabe der sozialen Mächte , insbesondere der Gewerkschaf ten (35), u n d des Staats (35.40). Sie erfüllen ihre Steuerungsfunktion zugunsten des M e n schen, indem sie für den Schutz der Subjektivität einerseits u n d für Möglichkeiten v o n Par t iz ipa t ion i m Wirtschaftsprozeß andererseits eintreten (vgl. 35).
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A l s dritter Problemkre is w i r d die Ökologische Situation angesprochen, w o b e i die Zerstörung der natürlichen ( im Sinn v o n : nichtmenschlichen) U m w e l t u n d die der humanen Lebenswelten eng zusammengesehen werden. D i e M a r k t w i r t schaft macht sich zwangsläufig z u ihrem K o m p l i z e n , wenn sie die gemeinsamen Güter als freie betrachtet und zuläßt, daß sie so behandelt werden. D i e M e c h a nismen des M a r k t s für sich sind nämlich nicht in der Lage, dasjenige i n genügender Menge z u erhalten, v o n dem alle leben, was aber nicht i n d i v i d u e l l aufgeteilt werden kann: Schönheit der N a t u r , Artenviel fa l t , gute L u f t , sauberes Wasser usw. , aber auch ein dem L e b e n , der B i n d u n g und der Solidarität günstiges soz ia les M i l i e u . A u c h diesbezüglich w i r d die Begrenzung des M a r k t s als P f l i c h t des Staates dargestellt (40).
A u f den entscheidenden P u n k t gebracht w i r d das i m Kapi te l über die M a r k t wirtschaft aus der Sicht der kathol ischen Soziallehre Gesagte in der abschließenden Frage, ob nach dem Scheitern des K o m m u n i s m u s der Kapita l ismus das siegreiche Gesellschaftssystem sei u n d obendrein jenes M o d e l l , nach dem weltwei t der wahre wirtschaft l iche u n d gesellschaftliche Fortschri t t anzustreben sei. D i e A n t w o r t auf diese Frage besteht i n einer - in den früheren S o z i a l e n z y k l i k e n oft vermißten - Klärung des Begriffs Kapi ta l i smus und fällt zweifach aus:
„ W i r d mit »Kapitalismus* ein Wirtschaftssystem bezeichnet, das die grundlegende und positive
Rolle des Unternehmens, des Marktes, des Privateigentums und der daraus folgenden Verantwortung
für die Produktionsmittel, der freien Kreativität des Menschen im Bereich der Wirtschaft anerkennt,
ist die Antwort sicher positiv. . . . Wird aber unter ,Kapitalismus 4 ein System verstanden, in dem die
wirtschaftliche Freiheit nicht in eine feste Rechtsordnung eingebunden ist, die sie in den Dienst der
vollen menschlichen Freiheit stellt und sie als eine besondere Dimension dieser Freiheit mit ihrem
ethischen und religiösen Mittelpunkt ansieht, dann ist die Antwort ebenso entschieden negativ" (42).
Phänomene der E n t f r e m d u n g in der real existierenden Marktwir t schaf t
A u c h eine gut funktionierende und sozial diszipl inierte Marktwir t schaf t kann nicht ausschließen, daß ihr Erneuerungspotential einseitig und letzten Endes z u Lasten des Menschen realisiert w i r d . D i e E n z y k l i k a erkennt in den heutigen marktwirtschaft l ichen Gesellschaften vor allem z w e i Bereiche, in denen solche R e d u k t i o n geschieht oder d r o h t : die Organisat ion der A r b e i t und der persönliche Lebensst i l der vielen. A r b e i t kann auch dann, w e n n sie gut bezahlt w i r d , so organisiert sein, daß sie die Möglichkeit , A u s d r u c k des sich verwirk l i chenden arbeitenden Menschen z u sein u n d wenigstens ein Mindestmaß an solidarischer Verbundenhei t erfahrbar z u machen, v o n vornherein und p r i n z i p i e l l vernachlässigt. D i e A r b e i t w i r d dann trotz guter Bezahlung ausschließlich unter der Perspektive maximaler Erträge gesehen und zwangsläufig der M e n s c h bloß als M i t tel (41).
Dieselbe V e r k e h r u n g v o n M i t t e l und Z i e l , die hier gegenüber anderen - den
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Soziale Gerechtigkeit nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme
Arbei tenden - prakt iz ier t w i r d , kann aber auch bezüglich der eigenen Person stattfinden. Dies ist der F a l l , w e n n der M e n s c h es i n seiner praktischen Lebensorientierung „ablehnt, über sich selbst h inauszugehen" (41). H i e r i n besteht der G r u n d f e h l e r des konsumist ischen Lebenssti ls : Statt nach „dem W a h r e n , Schönen, G u t e n " z u suchen (36) sowie Selbsthingabe u n d „Bildung einer an seiner letzten B e s t i m m u n g orientierten echten menschl ichen Gemeinschaf t " z u leben (41), läßt sich der M e n s c h hier v o n D i n g e n , S t immungen und Tätigkeiten beherrschen, die man kaufen, besitzen u n d genießen kann oder die solches auch nur vorsprechen.
B e i m K o n s u m i s m u s handelt es sich frei l ich nicht bloß um ein fragwürdiges Verhal ten v o n einzelnen, sondern - wie r icht ig gesehen w i r d - u m ein gesellschaftliches Phänomen, das die Schaffung v o n neuen, „künstlichen" Bedürfnissen durch P r o d u k t i o n und K o n s u m und eine Lebenswelt voraussetzt, die -gleichsam als Korre la t der Wirtschaftsweise - das Ver langen nach Besitzen und Genießen kul t iv ier t und sich dabei d u r c h andere A s p e k t e der Realität nicht mehr selbst relativiert (vgl . 36). Insofern sind verbreiteter D r o g e n k o n s u m , Pornogra phie und andere K o n s u m i s m u s f o r m e n „Anzeichen einer ernsten Funktionsstör u n g des Gesellschaftssystems" (36). V o n den ebenfalls neuen „höheren F o r m e n der Befr iedigung der menschl ichen Bedürfnisse" unterscheiden sich die künstlichen Bedürfnisse durch die B l o c k i e r u n g der Persönlichkeitsbildung, durch ihren Mater ia l ismus und ihren letzten Endes gemeinschafts- u n d lebensfeindlichen E f fekt (36; v g l . auch schon: 19).
Z u r Beschreibung des K o n s u m i s m u s als spezifischer Gefahr der entwickelten marktwir tschaf t l i ch ausgerichteten Gesellschaften greift C A jene typologische Charakter is ierung v o n ko l lek t iven Lebenssti len auf, die schon die Pastora lkons t i t u t i o n 3 und die beiden E n t w i c k l u n g s e n z y k l i k e n 4 verwendet hatten, nämlich die Untersche idung v o n „Haben" und „Sein" (36). M i t dem H a b e n ist jene G r u n d o r i e n t i e r u n g gemeint, die stets N e u e s braucht, u m es dann möglichst ausschließlich für sich selbst z u genießen. Ihr Gegenstand ist weniger das z u m L e ben unbedingt N o t w e n d i g e als solches, was die Qualität des Lebens steigert. A b e r nicht das H a b e n als solches ist schon fragwürdig, sondern seine Uberschätz u n g und Verabsolut ierung. Diese nämlich erstickt die tieferen Bedürfnisse und Fähigkeiten des M e n s c h e n , eben diejenigen, die auf das Sein u n d das Wachsen i m Sein zielen u n d mi t S inn , Wahrheitssuche, Solidarität u n d Selbsthingabe z u tun haben (vgl. 36 u . 41).
Es kann fre i l ich nicht i m Sinn der E n z y k l i k a liegen, daß ihre Gesel lschaftskrit ik gleichsam v o n hinten her als Bestätigung der marxis t i sch-kommunist ischen Gesellschaftstheorie mißverstanden w i r d , nachdem sie z u v o r deren Scheitern festgestellt hat. Deshalb formul ier t C A ihre K r i t i k an fragwürdigen Auswüchsen der Konsumgesel lschaft in einem zweiten Gedankengang auch mit H i l f e der K a tegorie der E n t f r e m d u n g , die i n der marxistischen K r i t i k der bürgerlich-kapitali-
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Konrad Hilpert
stischen Gesellschaft eine zentrale Stellung e innimmt. U m nicht O p f e r falscher Al ternat iven und Vere innahmungen z u werden, stellt der Text w i e d e r u m z u nächst fest, „daß der K o l l e k t i v i s m u s die E n t f r e m d u n g nicht beseitigt, sondern n o c h (gesteigert hat), w e i l der M a n g e l am N o t w e n d i g s t e n und das wirtschaft l iche Versagen h i n z u k o m m e n " (41). Dies schließt aber - so die zweite , ebenso best immte Feststellung - nicht aus, daß „die E n t f r e m d u n g mit dem Ver lust des wahren Lebenssinnes auch i n den westl ichen Gesellschaften eine reale Gegebenheit ist" (41).
D i e K r i t i k der kapitalistischen Gesellschaft in der E n z y k l i k a unterscheidet sich auch dar in grundlegend v o n der des M a r x i s m u s , daß sie die Ent f remdungen z w a r als systemspezifisch ansieht, aber zugleich als durchaus vermeidbar b z w . k o r r i gierbar. Infolgedessen plädiert sie nicht für eine Alternat ive z u m bestehenden marktwirtschaft l ichen System, den sogenannten dritten W e g also, sondern für die innere Ergänzung, Beschränkung u n d L e n k u n g durch eine Z iv i l i sa t ion der Humanität . D a z u notwendig ist ihr zufolge unter anderem „ein groß angelegtes erzieherisches und kulturelles Bemühen, das die E r z i e h u n g der Konsumenten z u einem verantwort l ichen Verbraucherverhalten, die W e c k u n g eines hohen Verant wortungsbewußtseins bei den P r o d u z e n t e n u n d v o r allem bei den Trägern der K o m m u n i k a t i o n s m i t t e l sowie das notwendige Eingrei fen der staatlichen Behörden umfaßt" (36). A u c h an späteren Stellen (z. B . 41) w i r d auf die Schlüsselrolle der Massenmedien verwiesen u n d damit i m p l i z i t die Aufgabe verknüpft, die K o n s u m e n t e n z u r kri t ischen Prüfung der i n ihnen verbreiteten M o d e n u n d M e i nungstrends z u befähigen.
Theologische Posi t ionsbest immungen
D i e E n z y k l i k a versucht an keiner Stelle, die E n t w i c k l u n g z u r modernen I n d u striegesellschaft, wie sie i m 19. Jahrhundert geschah, und heute s o w o h l in O s t e u ropa als auch weltweit die einzige Chance z u einer „Hebung der A r m e n " (28) ist, u n d die Zentr ierung der ökonomischen Prozesse u m den M a r k t aufzuhalten oder z u diskredit ieren; ja, sie bejaht mit erstaunlichen W o r t e n sogar den modernen Plural ismus (46). Das A n l i e g e n , für das sie sich stark macht, ist aber w o h l , die F o l g e w i r k u n g e n für die M e n s c h e n und ihre Lebenszusammenhänge w a h r z u n e h men u n d z u verhindern, daß sie in den Sog einer totalitären und erbarmungslosen Ökonomisierung geraten. Ihre W a r n u n g vor einer „,Vergötzung' des M a r k t s " (40) ist nicht als Plädoyer für die Rest i tut ion traditionaler Verhältnisse z u verstehen, sondern als A u f f o r d e r u n g z u innerer K o r r e k t u r und Steuerung e i ner insgesamt posi t iv bewerteten E n t w i c k l u n g z u r modernen Gesellschaft i m I n teresse des G e m e i n w o h l s . Das „Neue" der jeweiligen Situation erscheint nicht als C h i f f r e für die Auflösung gottgegebener Sozia lordnungen und für die Z u -
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rückdrängung der M o r a l , wie dies in vielen k i rchl i chen D o k u m e n t e n nach der Französischen R e v o l u t i o n der F a l l war u n d auch am A n f a n g v o n R e r u m novar u m nachklingt , sondern geradezu als T o p o s (3.26.61.62), der die doppelte A u f forderung enthält: die soziale Realität w a h r z u n e h m e n , die „uns umgibt u n d in (die) w i r gewissermaßen eingetaucht s i n d " (3), und sie als Heraus forderung „an die menschliche Freiheit z u r Mi tarbe i t am H e i l s p l a n G o t t e s " (26) z u begreifen, das heißt eben nicht als mechanistisches Ergebnis oder unabänderliches F a t u m .
U m so verwunder l icher ist es, daß i n N r . 14 der geistesgeschichtliche A u s gangspunkt für die anthropologischen Grundirrtümer des Sozial ismus i m Rat io nalismus der Aufklärung gesehen w i r d . H i e r sei nämlich die W i r k l i c h k e i t des Menschen u n d der Geschichte mechanisch verstanden w o r d e n . A u c h w e n n das entscheidende Zwischengl ied in dieser n u r grob angedeuteten Ahnenket te der Athe ismus ist (was sich übrigens nur schwer mit der am E n d e der E n z y k l i k a z u m A u s d r u c k gebrachten H o f f n u n g in U b e r e i n s t i m m u n g br ingen läßt, „daß auch jene große G r u p p e , die sich z u keiner R e l i g i o n bekennt, d a z u beitragen k a n n , der sozialen Frage das notwendige sittliche Fundament z u geben", 60), läuft hier eine ungute theologische T r a d i t i o n weiter, die in der Aufklärung nichts anderes als innergeschichtliche H e r s t e l l u n g des Reichs Got tes , D i s k r e d i t i e r u n g v o n Autorität u n d T r a d i t i o n sowie Bestreitung v o n O f f e n b a r u n g erkennen konnte . D a b e i bleibt völlig unberücksichtigt, welch erheblicher T e i l der p o l i t isch-ethischen K u l t u r , die in C A ausdrücklich bekräftigt w i r d , gerade der A u f klärung z u verdanken ist: die Idee der Menschenrechte (21.47), die A n e r k e n n u n g des Rechts auf Rel igionsfreiheit (9.29), die D u r c h s e t z u n g einer auf Freiheit , G e rechtigkeit u n d Par t iz ipat ion aufruhenden demokrat ischen O r d n u n g (46.47), der G r u n d s a t z der Gewal tente i lung als Machtbegrenzungsinstrument (44), die Mögl ichkei t einer nichtfundamentalist ischen Sicht v o n G l a u b e n i m Verhältnis z u G e sellschaft und P o l i t i k (29.46), u m nur diese z u nennen.
Es wäre erstaunlich, würde ein so wichtiges D o k u m e n t nicht auch auf jene theologische Strömung eingehen, die zumindest die Problemat ik der D r i t t e n W e l t u n d die theologischen Gründe für die politisch-gesellschaftliche Verant w o r t u n g der K i r c h e nachdrücklich und innerk i rch l i ch spannungsvol l aufgegriffen hat, nämlich die Befreiungstheologie. E x p l i z i t geschieht das i m A b s c h n i t t mit der N u m m e r 26, der an die Erörterung der unaufhebbaren D i f f e r e n z zwischen R e i c h Gottes und der pol i t ischen F o r m i e r u n g der Gesellschaft anschließt. U n t e r Bezugnahme auf die zweite Ins trukt ion der Kongregat ion für die Glaubenslehre z u r Befreiungstheologie w i r d der posit ive W e r t einer „authentischen Theologie der umfassenden menschlichen Bef re iung" anerkannt u n d „das ehrliche V e r l a n gen, auf der Seite der Unterdrückten z u stehen", gewürdigt. G l e i c h z e i t i g ist v o n Unzulässigkeiten an jenen Versuchen die Rede u n d v o n der N o t w e n d i g k e i t , nach den Umwälzungen in Os teuropa die diversen Versuche z u einem „gar nicht möglichen K o m p r o m i ß zwischen M a r x i s m u s u n d C h r i s t e n t u m " z u revidieren.
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A l s Basis für die Theor ie u n d Praxis der Befreiung werden anstelle des M a r x i s mus die Soziallehre sowie der „konkrete E i n s a t z " und die H i l f e der K i r c h e „für den K a m p f gegen die A u s g r e n z u n g und das L e i d e n " angeboten.
Diese als Bezugspartner angebotene Soziallehre ist frei l ich nicht mehr einfach die alte, sondern hat wicht ige Grundanl iegen der Befreiungstheologie i n sich aufgenommen: allen voran die vorrangige O p t i o n für die A r m e n (11 u . 57, der Sache nach auch 52), die entscheidende Bedeutung v o n Strukturen u n d die Möglichkeit der strukturel len Sünde (38), den engen Zusammenhang z w i s c h e n Befre iung und E n t w i c k l u n g (26, de facto auch 52), w o b e i bei beiden Kategor ien auf ein umfassendes Verständnis W e r t gelegt w i r d . D i e in K o n s e q u e n z der D e -pendenztheorie favorisierte Strategie der A b k o p p e l u n g v o m W e l t m a r k t (seif reliance) w i r d frei l ich als durch die jüngsten Erfahrungen widerlegt betrachtet (33); statt dessen w i r d energisch der gerechte Zugang z u m Wel tmarkt gefordert (33.35). Schließlich ist das i n der E n z y k l i k a praktizierte Ausgehen v o n einer Schi lderung und A n a l y s e der his tor isch-konkreten Vorgänge u n d Gegebenheiten dem befreiungstheologischen D e n k e n der Sache nach sicher näher, als es eine auf die Thematis ierung des geschichtlichen Kontexts verzichtende W i e d e r h o l u n g u n d Systematisierung der klassischen sozialphi losophischen P r i n z i p i e n u n d a l l gemeinen Anwendungsre f l ex ionen gewesen wäre. E ine Schwierigkeit , v o n Seiten der Befreiungstheologie unbefangen gewürdigt und als wichtiger Bezugstext i h rer Praxis rezipiert z u werden , könnte frei l ich in einem ganz anderen Sachverhalt l iegen: D e n Schwerpunkt der E n z y k l i k a bi lden eindeutig die Vorgänge i n E u r o pa, auch w e n n dabei die ganze W e l t u n d die ganze Menschheit i m B l i c k s ind .
B l i c k r i c h t u n g und tote W i n k e l
Indem sich die E n z y k l i k a nicht nur an die Mi tg l ieder der katholischen K i r c h e , sondern an alle Menschen guten Wi l lens wendet, läßt sie es sich nicht b loß gefallen, „von außen" betrachtet und gelesen z u werden, sondern fordert auch ausdrücklich dazu auf. „Außen" - das können die Angehörigen anderer K o n f e s s i o nen und anderer Re l ig ionen sein, an die i m Schlußteil der E n z y k l i k a ausdrückl i ch appelliert w i r d (60, v g l . auch 22). Z u den Adressaten „außen" gehört aber auch „jene große G r u p p e , die sich z u keiner Re l ig ion bekennt" (60). Insofern der G l a u b e heute immer in einer sozialen U m g e b u n g , die weltanschaulich p l u r a l ist, also in unabweisl icher A n f e c h t u n g gelebt werden muß, gehört die Betrachtung „von außen" aber auch z u jeder redlichen gläubigen Existenz, die sich der W a h r nehmung ihrer eigenen U m g e b u n g nicht a p r i o r i verschließt.
Für alle diese G r u p p e n gi l t , daß sie die E n z y k l i k a nicht einfach nur hinsichtl i ch des in ihr inhal t l ich Gesagten hören, sondern auch und möglicherweise sogar v o r allem darauf achten, w i e die Forderungen , die hier erhoben werden , in der
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Soziale Gerechtigkeit nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme
K i r c h e selbst v e r w i r k l i c h t s ind . Das ist übrigens auch dem Verfasser der E n z y k l i k a völlig klar , w e n n er erklärt: „Die K i r c h e ist sich heute mehr denn je dessen bewußt, daß ihre soziale Botschaft mehr i m Zeugnis der W e r k e als in ihrer inneren Folger icht igkei t u n d L o g i k Glaubwürdigkeit f inden w i r d " (57).
U m so mehr muß es erstaunen, daß die E n z y k l i k a die K i r c h e nur als das Subjekt v o n Be lehrung u n d als Trägerin gesellschaftlicher D i a k o n i e (besonders 49 u . 57, im weiteren S inn auch 53-61) thematisiert, der B l i c k in ihren B innenraum hingegen vollständig fehlt. O b beim uneingeschränkten L o b für die G e w e r k schaften (35) oder bei der Würdigung des P r i n z i p s der Gewaltente i lung (44), der k a u m jemals so deut l i ch ausgefallenen Bejahung v o n D e m o k r a t i e und Rechtsstaatlichkeit (46 f.), der i m m e r wiederkehrenden F o r d e r u n g nach Betei l igung (besonders 28.35.46) oder auch bei der heftigen K r i t i k an „neuen F o r m e n eines religiösen Fundamenta l i smus" (29.46) - überall w i r d so gesprochen, als beträfe dies ausschließlich Gesellschaft u n d P o l i t i k . D i e E n z y k l i k a läßt hier eine w i c h t i ge Chance ungenutzt , die Glaubwürdigkeit ihrer so wicht igen Botschaft z u stärken . Schon eine pauschale A n d e u t u n g , daß in diesen P u n k t e n Spannungen und Def iz i t e bestehen (oder noch vorsicht iger : bestehen können) , hätte ihr in den A u g e n vieler mehr G e w i c h t gegeben. D e n n unbeschadet all dessen, was K i r c h e theologisch repräsentiert, ist sie al lemal selbst eine soziale Realität, die in der G e sellschaft u n d i n der Weltöffentl ichkeit existiert. A l s solche aber ist sie „im sozialen u n d pol i t i schen, ja auch i m ökonomischen Bereich eine ins G e w i c h t fa l lende Realität, ein S o c i o l o g i c u m , ein P o l i t i c u m , ja sogar ein O e c o n o m i c u m v o n erhebl ichem G e w i c h t " ; daher k o m m t sie nicht u m h i n , „sich ständig z u fragen und Rechenschaft z u geben, wie sie sich z u verhalten, was sie z u tun und was sie z u unterlassen . . . habe, damit ihr G e w i c h t sich nicht gegen die Gerechtigkeit , sondern zugunsten der Gerecht igkei t auswirkt , nicht dazu beiträgt, bestehende Unrechtss t rukturen z u verfestigen, sondern sie abzubauen und z u beseitigen. Dieses Mindestmaß an ,Pol i t ik% diese Bedachtnahme auf die unvermeidl ichen A u s w i r k u n g e n all ihres T u n s u n d Lassens i m pol i t ischen, sozialen und ökonomischen R a u m kann die K i r c h e sich überhaupt nicht e rsparen . " 5
A N M E R K U N G E N
1 Zugrunde gelegt ist die dt. Ü b e r s e t z u n g in der vom Pressedienst der D t . Bischofskonferenz am 30. 4. 9t v e r ö f
fentlichten vor läuf igen Fassung. Bei Zitaten wurden im allgemeinen die Hervorhebungen weggelassen. 2 S. dazu die j ü n g s t e n Zahlen im diesjährigen W e l t b e v ö l k e r u n g s b e r i c h t des B e v ö l k e r u n g s f o n d s der Vereinten N a
tionen ( U N F P A ) . E ine a u s f ü h r l i c h e Zusammenfassung d a r ü b e r : F A Z 14. 5. 91. 5 G a u d i u m et spes 35 (dt. Text u .a . in : Texte zur katholischen Soziallehre. Die sozialen Rundschreiben der P ä p s t e
und andere kirchliche D o k u m e n t e , hrsg. v. Bundesverband der K A B , K ö l n 7 ! 9 8 9 ) . 4 Populorum progressio 19.51 ; Sollicitudo rei socialis 28 (dt. Text u. a. in : Texte zur katholischen Soziallehre, a. a. O . ) . 5 Ο . v. N e l l - B r e u n i n g , Soziale Sicherheit? Z u Grundfragen der Sozialordnung aus christlicher Verantwortung
(Freiburg 1979) 202, 210.
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