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spezial DAS SPIESSER-SPEZIAL ENTSTAND IN ZUSAMMENARBEIT MIT DEN VOLKSBANKEN RAIFFEISENBANKEN. Unser Denken und Tun bestimmt unsere Ziele und Wünsche. Wir suchen nach Werten, nach dem, was in uns und vor uns liegt. Gut. Lasst uns also über Mode reden!

SPIESSER SPEZIAL 133

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Spezialausgabe zum Thema Mode

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spezial

DAS SPIESSER-SPEZIAL ENTSTAND IN ZUSAMMENARBEIT MIT DEN VOLKSBANKEN RAIFFEISENBANKEN.

Unser Denken und Tun

bestimmt unsere Ziele

und Wünsche. Wir suchen

nach Werten, nach dem, was in uns

und vor uns liegt. Gut. Lasst

uns also über Mode reden!

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jemals Habenwollen und Habenkönnen

unter einen Hut?

CLAUDIA, 20, KAUFT DEN MODEMACHERN DEN GANZEN BOHEI NICHT AB. MIT IHRER OMA HAT SIE SCHON EINMAL SELBST EIN KLEID GENÄHT. VOR HOCHWERTIGER KLEIDUNG HAT SIE SEITDEM RESPEKT. NICHT ABER VOR DES KAISERS NEUEN KLEIDERN.

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Claudia, 20, blättert sich durch eine Mo-dezeitschrift. Doch die Leichtigkeit, die die Bilder ausstrahlen sollen, will sich bei ihr partout nicht einstellen.

Verheißungsvoll glänzen die fünf großen Buchstaben auf dem Titelbild der Modezeitschrift, die ich in den Händen halte. Vorne drauf ein Bild von einer Frau in einem Kleid aus Federn, Maryna Linchuk heißt sie, nie zuvor gehört, schnell vergessen. Das Kleid ist von Dior, einen Preis hat es nicht. Wenn mich doch mal jemand so in Szene setzen würde! Nur für einen Tag: Morgens mit Augenringen aufstehen, zur überirdischen Schönheit geschminkt werden, ein sündhaft teures Kleid spa-zieren tragen und kühl lächelnd für die Ewigkeit festgehalten werden. Aber was nutzt diese Ewigkeit?

Ich blättere rein, überblättere die nächsten Schön-heiten und lande auf Seite 38: Ein kleiner Pinguin aus Gelb-gold, er baumelt an einem Kettchen und starrt mich an. 1.335 Euro kostet er. Eintausenddreihundertfünfunddreißig Euro. Soviel geht bei mir in einem Jahr für Lebensmittel drauf. Wie viel muss man verdienen, um sich diesen kleinen Pinguin zu kaufen? Oder lässt man andere bezahlen? Hat man geerbt? Den richtigen Job? Den richtigen Ehemann? Einfach Glück gehabt?

Kauft man ihn, weil er niedlich ist? Oder weil ir-gendeine Charity-Aktion dahinter steht? Kann dieser Pinguin vielleicht sogar mein Gewissen beruhigen? Ich glaube nicht. Dieser Pinguin ist sinnlos. Er würde an mir nichts verändern, er würde mich doch nicht glücklicher machen. Er wäre das, was er ist: ein Stück Metall. Nichts, um das ich seine Trägerin beneiden würde.

Oder ist doch ein bisschen Neid dabei? Weil andere über solche Preise nicht nachdenken müssen, nicht rechnen müssen, weil ihr Leben leichter scheint?

Geld ausgeben ist Notwendigkeit und Lebenseinstel-lung zugleich. Geld haben eigentlich auch? Ein paar Seiten weiter will mir die Modezeitschrift aus meinem moralischen Dilemma helfen. Es geht ums Habenwollen, aber nicht alles Habenkönnen. In der Einleitung „empfehlen Psychologen freiwillige Selbstbeschränkung“. Kein Problem bei diesen Preisen, möchte man ihnen erwidern.

Kriegen wir Habenwollen

und Habenkönnen unter einen Hut?unter einen Hut?unter einen Hut?

Stattdessen zurück in die Glitzerwelt: Yves Saint Lau-rent hat einen Deckel für eine Kaviardose entworfen. Koffer aus Kalbsleder gibt es auf Bestellung. Dem Schuhdesigner Ma-nolo Blahnik wurde eine Duftkerze gewidmet. Eine Duftker-ze. Für einen Schuhdesigner.

Als nächstes eine Reportage über Äthiopien und die erste Afrikanerin, die eine westliche Hilfsorganisation an-führt. Die Fotos in gedeckten Farben: Seht, diese Menschen sind arm und trotzdem glücklich. Der Artikel zeichnet ein zwiespältiges Bild des Landes.

Und das ist angebracht: Etwa die Hälfte der Einwohner Äthiopiens ist unterernährt. Überschwemmungen, Dürreperi-oden, der Verfall der Kaffeepreise, Bevölkerungswachstum und Krankheiten machen das Land zu einem der ärmsten der Welt. Der größte Importeur von äthiopischem Kaffee ist übrigens Deutschland. Wie teuer ist eine Tasse Kaffee bei uns eigentlich? Zwei Euro, zweifünfzig? Ist das teuer? Oder billig?

Ab Seite 156 werden Badeanzüge mit Lederjacken kombiniert, Skibrillen mit Pelz. Wer soll das tragen? „Before it‘s fashion, it‘s in Vogue“ schießt mir durch den Kopf. Die Mo-demacher und die Modekritiker berauschen sich an sich selbst. Wieso berauschen wir uns an ihnen? Anderswo bestimmt doch auch der Kunde das Angebot und nicht andersherum.

Letzten Sommer habe ich mir selbst ein Kleid genäht. Grüner Stoff und weiße Spitzenborte aus dem Kaufhaus, 25 Euro. Mehrere Nachmittage saß ich mit meiner Oma an der Nähmaschine. Ich habe seitdem großen Respekt für hochwer-tige Kleidung. Aber nicht vor dem, was von knochigen Models auf den großen Laufstegen zur Schau getragen wird. Denn die, die damit viel Geld verdienen, verkaufen uns nicht ihr Hand-werk, sondern Entwürfe, die vielleicht originell, vielleicht vi-sionär sind – und doch nur dazu dienen, eine Illusion aus viel Nichts am Leben zu erhalten.

Aber lässt sich der ganze Mode-Zirkus überhaupt ra-tional begreifen? Mit Fragen nach Wert, Moral und Gerech-tigkeit? Je länger ich blättere, desto mehr kommt es mir vor wie eine Reise in eine andere Realität. Ich will zurück, zu den Dingen, die mir sinnvoll erscheinen und die mich berühren. Ich schlage das Heft zu. Nichts davon werde ich mir kaufen, nichts in meinem Kopf behalten.

In Luises Blog geht es um die schönen Dinge in einer kleinen Modewelt. Trotz-dem gibt es auch noch die großen. Das weiß die 16-Jährige.

Es ist meine kleine Welt, die ich mit anderen teilen kann: mein Blog. Und wer jetzt gleich an Fashion-Victim denkt, den muss ich enttäuschen. So sehe ich mich nicht. Im schicken Kleid-chen bin ich doch kein anderer Mensch. Frustshoppen? Nein, das gehört nicht in mein Repertoire. Denn mit Einkaufen kann man doch nichts vergessen, höch-stens verdrängen. Und was ist das schon wert?

Seit einem Jahr bloggt Luise auf www.smalltowncarrie.blogspot.com

Frustshop-pen? Wie kann man beim Ein-kaufen Probleme vergessen?

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LUISE, 16, DENKT NACH. ÜBER SCHNITTE, FORMEN UND FARBEN. FÜR JEDEN ZUM MITLESEN. IN IHREM MODE-BLOG. EIN SCHICKES OBERTEIL MACHT SIE ABER NICHT ZU EINEM ANDEREN MENSCHEN. DAS WEISS SIE.

Was treibt Was treibt Modemacher an? Modemacher an? Und Käufer?Und Käufer?

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Maurice, 24, Macht Mode und will daMit Geld verdienen. ZuletZt hat ihn ein Kleid aus Grauer Chiffon-seide besChäftiGt. den Käufer würde es bis Zu 1.500 euro Kosten. Zu viel?

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Drei Fragen an Maurice. Der 24-Jährige lernt Modedesigner im dritten Lehrjahr. Wer den Wert eines Kleidungsstückes nur am Stoff ausmacht, hat die Rechnung ohne den Designer gemacht. Trotzdem ist teuer nicht alles.

Wenn du ein Preisschild an dein zuletzt hergestelltes Kleidungsstück hängen müsstest, was würde darauf stehen?MAURICE Das letzte Stück, an dem ich gearbeitet habe, war ein graues Kleid aus Chiffon-Seide, das war wirklich eine aufwändige Arbeit. Allein die Stoffe haben 160 Euro gekostet. Zählt man alle Arbeit zusammen, habe ich bestimmt vier Tage daran gesessen. Die Kombi aus tollem Material und tol-ler Idee bestimmt den Wert. Dieses Kleid entstand aus einer bestimmten Idee heraus. Und: Es ist sehr gut gelungen. 1.000 Euro würde ich aufs Schild schreiben. Ja. Oder vielleicht doch eher 1.500. Und in deinem Schrank? Welches ist das teuerste Teil?MAURICE Eine Hose aus Baumwolle, die ich mir für 60 Euro in einer kleinen Boutique gekauft habe. Obwohl die Hose ja eigentlich gar nicht so viel gekostet hat, ist sie das Wertvollste in meinem Schrank. Sie erinnert mich an so viel. Das ist mehr wert als ein Label von irgendeinem Designer.Also eher Billig-Stange statt Teuer-Label?MAURICE Ganz ehrlich, viele Designer produzieren heute in den selben Fabriken, in denen auch günstige Modeketten herstellen. Trotzdem bezahlt man den Label-Namen. Nicht die Saison oder das Label sind wichtig, sondern die Kreativität und Qualität, die in den Sachen stecken.

Wer Klamotten kauft, braucht Geld. Aber wie viel sollte man dafür ausgeben? Se-bastian, 19, Anne, 20, und Paul, 21, be-stimmen mit, was Mode kostet. Denn sie kaufen die Teile. Oder eben nicht.

SEBASTIAN Mit der ersten BAföG-Überweisung habe ich gleich mal meinen Kleiderschrank ausgemistet und mir was Neues gekauft. Da sind bestimmt 250 Euro draufge-gangen. Ist aber nicht der Schnitt, sonst sind es eher 50 Euro im Monat. Ich trage gern Band-T-Shirts, eben aus meiner Mu-sikrichtung. Mein Lieblings-T-Shirt habe ich letzten Sommer in Schweden gekauft, bei einem Musikfestival in Göteborg. Auf Konzerten schlage ich regelmäßig zu.

ANNE Ich rechne schon um, wie lange ich für dieses oder jenes Kleidungsstück arbeiten müsste. Und dann denke ich mir: Nee, das brauchst du doch nicht. Deswegen geh ich auch lieber alleine einkaufen, geht schneller. Ich hab noch nie mehr als 100 Euro auf einmal für Klamotten ausgegeben. Ich geh nicht in die teuren Läden wie Esprit. Die haben zwar auch hübsche Sachen, aber die kann und will ich mir ohnehin nicht leisten.

PAUL Ich gucke in den Schrank und denke: Hey, du könntest mal wieder ein T-Shirt gebrauchen. Und dann gehe ich los. An einem guten Tag kaufe ich dann zwei, drei Shirts und wenn noch eine Hose dazu kommt, war ich richtig erfolg-reich. Oft finde ich aber auch gar nichts.

SEBASTIAN, 19, TRÄGT NICHT GERN DICK AUF. FÜR KLEIDUNG GIBT DER STUDENT IM MONAT VIELLEICHT 50 EURO AUS. EIN BAND-T-SHIRT BEI EINEM

KONZERT IST ABER IMMER DRIN. WERT: UNBEZAHLBAR.

Wie teuer darf eine Idee sein?

Wie lange muss Wie lange muss ich für einen ich für einen

Pullover arbeiten?Pullover arbeiten?

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Melanie, 18, und Robert, 22, streiten. Über ihre Einstellung zu Mode, über ihre Persönlichkeiten und was Klamotten aus ihnen machen (sollen). Die Fetzen fliegen nicht, dafür der Mantel von Mama und die Hose vom Onkel.

MELANIE Mode ist Spaß. Sobald wir uns anziehen, nimmt unsere Persönlichkeit Farbe und Form an. Heute so und morgen so: Ich kann ausdrücken, wer ich bin oder wer ich gern sein möchte.ROBERT Spaß? Macht mir nicht das Kaufen, sondern die Reaktion der Menschen auf das, was ich anhabe. Ich liebe es, völlig overdressed oder underdressed zu sein.MELANIE Das könnte ich nicht, auf gar keinen Fall. Nein. Ich könnte nie in Jogginghose in die Schule gehen.ROBERT Aber das würde doch zu deinem Wunsch passen, deine Persönlichkeit auszudrücken.MELANIE Aber die hat ja so viele Facetten. Ich kann mal in Jogginghose durch die Kante rennen, aber liebe es auch total schick. Ich bin vielschichtig, ich bin ja nicht nur eine.ROBERT Wenn ich mit meinen Klamotten immer ausdrü-cken wollte, wie es mir gerade geht, dann müsste ich mich wahrscheinlich fünfmal am Tag umziehen.MELANIE Mache ich auch nicht. Trotzdem ist mein Kleider-schrank übervoll. Jetzt denkst du vielleicht, dass ich unglaub-lich viel Geld dafür ausgebe. Stimmt aber nicht. Eine Freundin hat gerade zwei Hosen und ein T-Shirt gekauft – für 107 Euro! Weißt du, wie viel ich dafür kriegen könnte? ROBERT Die Frage ist doch auch: Passt das Outfit zur Per-sönlichkeit? Ich kaufe einem Mädel, das 18 oder 19 ist, nicht ab, dass es aus eigener Kraft die Mittel aufbringt, sich wahnsinnig teure Markenklamotten zu kaufen. Das sagt doch nichts an-deres aus als „Meine Eltern haben eine fette Geldbörse.“MELANIE Dann guckst du ja schon, was andere tragen.ROBERT Generell versucht jeder von uns mit seiner Klei-dung ein möglichst erfolgreiches Signal nach außen zu sen-den. Das kann heißen: Ich habe beruflichen Erfolg. Oder: Ich kann Sex haben, wann immer ich möchte. Oder: Ich komme mit allen Situationen klar.MELANIE Wie oft gehst du eigentlich shoppen?ROBERT Ich glaube, ich gehe gar nicht wirklich shoppen.MELANIE Nicht?

Was ist euer Mode-

Liebling?Ist es das T-Shirt vom Flohmarkt in Amster-

dam oder der Schal, den Oma strickte? Die Jeans, die Rock am Ring über-lebte oder das Kleid, das

schicke? Was ist euer Mode-Liebling? Sagt und

vor allem zeigt es uns: Ladet ein Foto von dem

Kleidungsstück hoch, das euch ans Herz gewachsen ist! Unter allen Teilneh-

mern werden per Online-Voting 4-mal 250 Euro für

Klamotten eurer Lieb-lingsmarke verschenkt.

Mitmachen und gewinnen könnt ihr unter „MeinModeLiebling“ auf SPIESSER.de/gewinnen

oder auf vr-future.de/voting

Machen Kleider wirklich Leute?Leute?Leute?

ROBERT Ich gehe in den Laden, um das, was ich brauche, einzukaufen.MELANIE Also richtig mit Ziel? Du brauchst eine Hose, willst eine Hose kaufen und dann gehts los: Hose kaufen?ROBERT: Einkaufen ist Zeitverschwendung. Mein Onkel ist einmal alle drei Jahre in ein und den selben Hosenladen rein. Auf einen Zettel hat er geschrieben, welche Länge und welche Weite er braucht. Er hat den Zettel vorgezeigt und zur Verkäu-ferin gesagt: „Es ist mal wieder so weit.“MELANIE Wo bleibt da der Spaß? Shoppen, weißt du, das ist toll. Man zieht was anderes an, probiert Sachen aus, trifft Leute...ROBERT ... aber vor allem wendest du Zeit und Geld auf.MELANIE Ich bin nicht die, die 107 Euro ausgegeben hat, ich bin die Schnäppchenjägerin. Ich brauche keine teuren Sachen, da ist mir am Ende auch die Qualität nicht so wichtig. Denn in zwei Jahren trage ich das Oberteil ohnehin nicht mehr, weil ich es nicht mehr toll finde. Und was bringt es mir dann, wenn das Teil zehn Jahre hält?ROBERT Es wäre doch im Interesse deines Geldbeutels und deiner inneren Sanduhr, wenn du dir einen möglichst sicheren Stil zulegst, mit Kleidern, die du möglichst lange tra-gen kannst.MELANIE Ich kann nicht heute dasselbe anziehen wie mor-gen oder gar übermorgen. Ich will jeden Tag was Anderes sein! Es ist doch merkwürdig, wenn ich in den Spiegel schaue und genauso aussehe wie gestern.ROBERT Man kommt langfristig preiswerter weg, wenn man auf Qualität setzt.MELANIE Das sagt meine Mama auch. Beim Blick auf den teuren Mantel – für den ich nie soviel Geld ausgeben hätte – meinte sie: „Aber das ist gute Qualität.“ Stimmt vielleicht, aber ich mag nicht so viel Geld ausgeben. Naja, den Mantel hat mir dann meine Mama bezahlt. Aber ansonsten gehe ich neben der Schule arbeiten und kaufe mir Klamotten von meinem Geld.ROBERT Die Winterjackendiskussion kenne ich. Ich hab mir vor drei Jahren einen Sommermantel gekauft. Nur muss ich mich ja irgendwie im Winter warmhalten. Da habe ich mir einfach im Baumarkt so eine Thermo-Arbeitsweste gekauft und zieh die drunter.MELANIE Scheiße, das geht?ROBERT Ja, das geht.

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Kann ich mit T-Shirts Geld verdienen?

Jasmin ist 26. Fuckingchic heißt ihr Mo-Jasmin ist 26. Fuckingchic heißt ihr Mo-delabel. Spiegelschrift ist ihr Markenzei-chen, Buchhaltung und Steuern sind ihre Herausforderungen.Herausforderungen.

Du designst und verkaufst T-Shirts. Die meisten in dei-nem Alter sind eher Käufer.JASMIN Ja, so begann auch alles bei mir. Ich war als Ein-JASMIN Ja, so begann auch alles bei mir. Ich war als Ein-JASMIN

kaufsberaterin mit einem Freund unterwegs, doch auch im zehnten Laden haben wir kein T-Shirt gefunden, das uns ge-fallen hätte. Da habe ich ihm vorgeschlagen, selbst ein paar Shirts für ihn zu machen.Und du hattest gleich konkrete Ideen?JASMIN Ich dachte mir: Okay, ich kann zeichnen und gute JASMIN Ich dachte mir: Okay, ich kann zeichnen und gute JASMIN

Sprüche fallen mir allemal ein. Ich brauche nur Pinsel, Tex-tilfarbe und ein einfarbiges Shirt – dann mach ich, was mir gefällt, und er muss damit herumlaufen. (lacht)Und er ist damit rumgelaufen...JASMIN Ja, das Ergebnis kam gut an und es gab erste – naja, JASMIN Ja, das Ergebnis kam gut an und es gab erste – naja, JASMIN

sagen wir mal Bestellungen aus dem Freundeskreis. Da kam dann so langsam die Idee, damit Geld zu verdienen. Aber gibt es nicht unsagbar viele T-Shirt-Buden?JASMIN Ja, natürlich. Gerade in Berlin sind so viele kreativ und bereit, sich selbst auszubeuten. Ich habe unzählige Leute ge-troffen, die Shirts bedrucken und habe sie ausgefragt, wo kauft ihr die Shirts, wie viel kosten die, was investiert, was verdient ihr? Das Ergebnis war ernüchternd. Die verdienen nichts.Bei dir wird das anders? Du machst weiter?JASMIN Klar! (lacht) Denn ich habe auch gesehen, dass das, JASMIN Klar! (lacht) Denn ich habe auch gesehen, dass das, JASMIN

was ich mache, etwas Besonderes ist und einen hohen Wieder-erkennungswert hat. Außerdem habe ich viel positive Reso-nanz erhalten. Das motiviert natürlich.Wie lange ist das Besondere besonders?JASMIN Bevor ich auf die Designmärkte ging, machte mir JASMIN Bevor ich auf die Designmärkte ging, machte mir JASMIN

ein Freund richtig Angst: Ich solle unbedingt meine Idee mit der Spiegelschrift schützen lassen, sonst würde ich meine De-

signs in ein paar Monaten bei H&M sehen. Am folgenden Tag war ich drei Stunden auf dem Patentamt – jetzt bin ich Ge-brauchsmusterschutz- und Markenrechts-Profi.Es wurde also ernst.JASMIN Genau. Deswegen musste ein einprägsamer Label-name her und eine Website, um erreichbar zu sein. Ich habe Etiketten drucken und Stempel anfertigen lassen, um meinem Projekt eine griffige Corporate Identity zu verleihen. Ich be-fürchtete, sonst in der verträumten Ich-lebe-mich-jetzt-auch-mal-kreativ-aus-Ecke zu landen. Und dann kamen die Geld-und-Unternehmer-Themen?JASMIN Ja. Den Theorie-Block – Steuer und Buchführung – könnte gern jemand für mich übernehmen. Außerdem den Einkauf der Rohstoffe. Es ist gar nicht so leicht, die besten Shirts und Farben zum niedrigsten Preis zu finden. Am zeit-aufwendigsten sind Vertrieb und Werbung. Ich muss Nach-frage erzeugen. Die Sachen müssen in Läden und im Internet in Blogs oder in sozialen Netzwerken platziert werden. Auch hier ist Einfallsreichtum gefragt.Zum Beispiel?JASMIN Ich habe das Theken-Team einer angesagten Bar überredet, eine Samstagnacht meine Shirts zu tragen. Interes-senten gaben sie meine Visitenkarte.Was müssen Jungunternehmer da draußen also drauf haben?JASMIN Schafft euch ein Gefühl vom Markt und haltet In-vestitionskosten und Selbstausbeutung überschaubar. Dann das Übliche: an seine Idee glauben und durchhalten.Was denkst du, wenn du T-Shirts auf der Straße siehst, die dir nicht gefallen?JASMIN Schlechte T-Shirts faszinieren mich. Ich denke mir dann immer: Super, es gibt für alles einen Markt!

Jasmin betreibt seit Sommer 2010 das Modelabel Fuckingchic(www.fuckingchic.com). Ihre T-Shirts sind handbemalt und zwar in Spiegelschrift.

Impressum Das SPIESSER-Spezial entstand

in Zusammenarbeit mit den

Volksbanken Raiffeisenbanken.

Herausgeber: SPIESSER –

die Jugendzeitschrift

Projektleitung: Romy Rock,

Gunter Leinhoss

Projektbegleitung:

BVR – Bundesverband der

Deutschen Volksbanken

Raiffeisenbanken e.V.

www.vr-future.de

Redaktion:

Jörg Flachowsky

Autoren:

Claudia Flach, Anna Gnörich,

Maria Krausch, Annegret Müller,

Birk Grüling

Fotografen:

Klaus Gigga,

Ilse Dunkel / Pixelio

Grafik: Ronny Pietsch

JASMIN, 26, RECHNET NICHT DAMIT, GANZ OHNE SELBSTAUSBEUTUNG AUSZU- KOMMEN. IHR MODE-LABEL WILL SIE DENNOCH NICHT DARAUF AUFBAUEN. IHRE T-SHIRTS MÜSSEN ERDACHT, GEMACHT UND VERKAUFT WERDEN. DESIGN ALLEIN REICHT NICHT.

Laura bloggt über Mode. Über die Mode, die sie in-spiriert, die ihr hilft, In-dividuum zu sein und sich trotzdem mit anderen zu verbrüdern.

Egal, wie du dich präsentierst, egal, was du wie trägst – unweigerlich drückst du damit etwas aus. Trendgeber sind für mich auch deshalb Menschen, die unangestrengt ihre Attitüde mit Hilfe von Visuellem nach außen tragen, Leute, die sich treu bleiben und sich dennoch entwickeln und inspirieren lassen. Jeder einzelne lässt sich doch – wenn auch nur in Abgrenzung zu ande-ren Gruppen – durch bestimmte äußere Merkmale unterscheiden – Punks tragen Iro, Rapper Baggy Pants und die alter-native Szene trägt Chucks. Auch wenn sich die Grenzen vermischen: Mit der Mode bleibt uns ein kleiner Zusammen-halt, eine Art äußere Verbrüderung.

Laura ist Frontfrau der Band „Deine Jugend“ und bloggt unter www.thesuckingsucks.blogspot.com

Machen Klamotten uns zu Individuen in der Mode-Herde?Herde?