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Spin-schaltbare Eisen(II)-Komplexe für die Verankerung auf Oberflächen vorgelegt von Diplom-Chemiker Marco Haryono aus Berlin Von der Fakultät II – Mathematik und Naturwissenschaften der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Naturwissenschaften —Dr. rer. nat.— genehmigte Dissertation Promotionsausschuss: Vorsitzende: Prof. Dr. rer. nat. Regine von Klitzing 1. Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. Andreas Grohmann 2. Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. Berthold Kersting Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 01.12.2008 Berlin 2008 D 83

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Spin-schaltbare Eisen(II)-Komplexe für die

Verankerung auf Oberflächen

vorgelegt von

Diplom-Chemiker

Marco Haryono

aus Berlin

Von der Fakultät II – Mathematik und Naturwissenschaften

der Technischen Universität Berlin

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktor der Naturwissenschaften

—Dr. rer. nat.—

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss:

Vorsitzende: Prof. Dr. rer. nat. Regine von Klitzing

1. Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. Andreas Grohmann

2. Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. Berthold Kersting

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 01.12.2008

Berlin 2008

D 83

Abstract

Die Arbeit beschreibt Synthese und Charakterisierung neuer oberflächenaktiver Liganden und Eisen(II)-Spincrossover (SCO)-Verbindungen, sowie die Präparation und Charakterisierung von selbstorganisierten Monolagen (SAMs) einiger der Verbindungen auf Oberflächen. Der neue Ligand 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-(thiocyanatomethyl)pyridin (6) wurde in einer fünfstufigen Synthese, ausgehend von Citrazinsäure, hergestellt, und zwar über folgende Zwischenstufen: 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carbonsäure (2), Methyl-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxylat (3), Ethyl-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxylat (4) und 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-yl)methanol (5). Die Gasphasenabscheidung von 6 auf Au(111) ergab Monolagen geringer Ordnung. Der FeII-Komplex [Fe(6)2](BF4)2 (26) wurde aus 6 synthetisiert. 26 kokristallisiert unter geeigneten Bedingungen in Form zweier polymorpher Verbindungen: der High Spin (HS)-Verbindung 26a und der SCO-Verbindung 26b mit abruptem thermischen Spinübergang bei T1/2 = 272 K. Beide Verbindungen wurden charakterisiert und mittels Röntgenstrukturanalyse, SQUID-Magnetometrie und Evans-NMR-Spektroskopie auf den temperaturabhängigen Spinzustand untersucht. Ungeordnete Monolagen von 26 wurden bei Präparation aus Lösungen auf Au(111) erhalten. Der neue Ligand N-(2-Mercaptoethyl)-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxamid (10) wurde aus 2 hergestellt. Im Falle von 10 ergab die Präparation aus Lösungen auf Au(111) hochkristalline Monolagen, sofern das Substrat mit PTCDA (3,4,9,10-Perylentetracarbonsäure-Dianhydrid) vorbeschichtet war. Der FeII-Komplex [Fe(10)2](BF4)2 (25) wurde mit Ligand 10 synthetisiert und mittels SQUID-Magnetometrie auf den temperaturabhängigen Spinzustand untersucht. Ungeordnete Schichten von 25 auf Au(111) resultierten bei der Präparation aus Lösung. Die neuen FeII-HS-Komplexe [Fe(3)2](BF4)2 und [Fe(4)2](BF4)2 wurden unter Verwendung der Liganden 3 bzw. 4 synthetisiert. Die neuen oberflächenaktiven Liganden N-(4-(4-Mercaptophenyl)phenyl)-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxamid (12) und (2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-yl)methyl-11-mercaptoundecanoat (14) wurden ausgehend von 2 bzw. 5 synthetisiert. Zur Synthese des neuen Liganden 1-(6-(4-Carboxy-1H-pyrazol-1-yl)-4-(thiocyanatomethyl)pyridin-2-yl)-1H-pyrazol-4-carbonsäure (22) wurde eine achtstufige Syntheseroute ausgehend von Citrazinsäure entwickelt, wovon sieben Stufen abgeschlossen wurden. Die synthetisierten Verbindungen wurden mit Hilfe von 1H- und 13C-NMR-Spektroskopie, IR-Spektroskopie, Massenspektrometrie und/oder Elementaranalyse charakterisiert. Von 3, 23, 24, 25, 26a und 26b wurden Einkristall-Röntgenstrukturanalysen angefertigt. Temperaturabhängige Messungen der magnetischen Suszeptibilität wurden für 23, 25, 26a und 26b mittels SQUID-Magnetometrie durchgeführt. Die auf Au(111)-Oberflächen präparierten Belegungen von 6, 10, 25 und 26 wurden mittels NEXAFS-, XPS- und STM-Messungen charakterisiert.

Die vorliegende Arbeit wurde am Institut für Chemie der Technischen Universität Berlin unter Anleitung von Herrn Prof. Dr. Andreas Grohmann im Zeitraum von September 2005 bis Oktober 2008 angefertigt. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bedanken bei Herrn Prof. Dr. Andreas Grohmann für die interessante Aufgabenstellung, die umfangreiche Betreuung sowie die zahlreichen Anregungen und das große Interesse, mit dem er meine Arbeit begleitet hat; Herrn Prof. Dr. Berthold Kersting für die Übernahme des Zweitgutachtens, sowie Frau Prof. Dr. Regine von Klitzing für die Übernahme des Prüfungsvorsitzes; den Angestellten der TU Berlin: Herrn Dr. Heinz-Jürgen Kroth und Herrn Manfred Detlaff für die Aufnahme der NMR-Spektren, Frau Dr. Elisabeth Irran und Frau Marina Borowski für die Bestimmung von Röntgenstrukturen, Frau Alice Stöckel für die Aufnahme der Massenspektren, Frau Sigrid Imme für die Messung der IR-Spektren und die Durchführung der Elementaranalysen; Herrn Dr. Frank W. Heinemann für die Bestimmung von Röntgenstrukturen; Herrn Dr. Manfred Buck und Herrn Cai Shen für die Einführung in die Rastertunnel-mikroskopie, die Aufnahme von STM-Bildern und die in St. Andrews gewährte Gastfreundschaft; Herrn Prof. Dr. Wolfgang Kuch, Herrn Matthias Bernien, Herrn David Ball, sowie Herrn Dr. habil. Michael Zharnikov für die Durchführung von NEXAFS- und XPS-Analysen; Herrn Prof. Dr. Paul Müller, Herrn Dr. Konstantin Petukhov und Herrn Klaus Gieb für die Durchführung der SQUID-Messungen; Herrn Prof. Dr. Helmut Schwarz und Frau Dr. Maria Schlangen für die Kooperation in einer weiteren Forschungsarbeit; und nicht zuletzt danke ich allen Mitgliedern des Arbeitskreises Grohmann, darunter meinen Laborkollegen Sophie Hain, Holger Kämpf und Thomas Wagner für ihre Ratschläge und stete Hilfsbereitschaft bei chemischen Fragestellungen und die angenehme Arbeitsatmosphäre.

Inhalt:

1 Einleitung .......................................................................................................................1

1.1 Theoretischer Hintergrund......................................................................................1

1.1.1 Eisen in der Natur ...............................................................................................1

1.1.2 Spincrossover .....................................................................................................2

1.1.3 Self-Assembled Monolayers...............................................................................6

1.2 Charakterisierungsmethoden ..................................................................................7

1.2.1 SCO ....................................................................................................................7

1.2.2 SAMs..................................................................................................................8

1.3 Stand der Forschung ..............................................................................................11

1.3.1 Spincrossover und Kooperativität ....................................................................11

1.3.2 Spincrossover im Ensemble .............................................................................14

1.3.3 Spincrossover in dünnen Schichten..................................................................15

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker ............................................................18

2.1 Aufgabenstellung ....................................................................................................18

2.2 Synthese terdentater Liganden .............................................................................22

2.2.1 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-(thiocyanatomethyl)pyridin (6)............................22

2.2.2 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-(isothiocyanatomethyl)pyridin (8).......................29

2.2.3 N-(2-Mercaptoethyl)-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxamid (10) .....32

2.2.4 N-(4-(4-Mercaptophenyl)phenyl)-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-

carboxamid (12)................................................................................................37

2.2.5 (2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-yl)methyl-11-mercaptoundecanoat (14) .40

2.2.6 Versuchte Synthese von 1-(6-(4-Carboxy-1H-pyrazol-1-yl)

-4-(thiocyanatomethyl)pyridin-2-yl)-1H-pyrazol-4-carbonsäure (22) .............42

2.3 Synthese von Eisenkomplexen...............................................................................54

2.3.1 [Fe(3)2](BF4)2 (23)............................................................................................55

2.3.2 [Fe(4)2](BF4)2 (24)............................................................................................60

2.3.3 [Fe(10)2](BF4)2 (25)..........................................................................................63

2.4 Zusammenfassung ..................................................................................................70

2.5 Experimenteller Teil...............................................................................................71

2.5.1 Allgemeines ......................................................................................................71

2.5.2 Synthesen..........................................................................................................72

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 ...............................................................................94

3.1 Einleitung ................................................................................................................94

3.2 Konzept....................................................................................................................94

3.3 Ergebnisse und Diskussion ....................................................................................95

3.3.1 Synthese von [Fe(6)2](BF4)2 (26) .....................................................................95

3.3.2 Polymorph a (26a): High Spin .........................................................................96

3.3.3 Kokristallisation bei Raumtemperatur............................................................101

3.3.4 Polymorph b (26b): SCO................................................................................103

3.3.5 Vergleich der Koordinationsgeometrien der Polymorphe a und b .................109

3.3.6 Temperaturabhängige 1H-NMR-Spektroskopie .............................................111

3.3.7 Supramolekulare Strukturen der Polymorphe a und b ...................................114

3.4 Zusammenfassung ................................................................................................118

3.5 Experimentalteil ...................................................................................................119

3.5.1 Allgemeines ....................................................................................................119

3.5.2 Synthese..........................................................................................................120

4 Self-assembled Monolayers ..................................................................................124

4.1 Einleitung ..............................................................................................................124

4.2 SAM von Ligand 10 auf Au(111) ........................................................................125

4.2.1 STM................................................................................................................125

4.2.2 NEXAFS/XPS ................................................................................................130

4.2.3 Zusammenfassung ..........................................................................................135

4.3 SAM von Ligand 6 auf Au(111) ..........................................................................135

4.3.1 STM................................................................................................................135

4.3.2 NEXAFS/XPS ................................................................................................137

4.3.3 Zusammenfassung ..........................................................................................138

4.4 Volumenprobe von [Fe(5)2](BF4)2 .......................................................................139

4.5 SAM von [Fe(10)2](BF4)2 (25) auf Au(111).........................................................140

4.5.1 NEXAFS/XPS ................................................................................................140

4.5.2 STM................................................................................................................142

4.5.3 Zusammenfassung ..........................................................................................142

4.6 SAM von [Fe(6)2](BF4)2 (26) auf Au(111)...........................................................143

4.6.1 NEXAFS/XPS ................................................................................................143

4.6.2 STM................................................................................................................146

4.6.3 Zusammenfassung ..........................................................................................147

4.7 Zusammenfassung ................................................................................................148

4.8 Experimentalteil ...................................................................................................149

5 Zusammenfassung und Ausblick .......................................................................150

5.1 Zusammenfassung ................................................................................................150

5.2 Ausblick .................................................................................................................157

6 Anhang ........................................................................................................................158

6.1 Verwendete Abkürzungen ...................................................................................158

6.2 Publikationen ........................................................................................................161

7 Literaturverzeichnis ...............................................................................................163

1 Einleitung 1

1 Einleitung In der Chemie der Übergangsmetalle nimmt Eisen durch seine Relevanz für die

bioanorganische Chemie eine prominente Rolle ein. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich

auf die Nutzbarmachung von Eisen(II)-Spincrossover(SCO)-Komplexen in funktionalisierten

Oberflächen. Ein Fernziel des Projekts ist der Einsatz derartiger Oberflächen in der

Datenspeicherung.

1.1 Theoretischer Hintergrund

1.1.1 Eisen in der Natur

Eisenkomplexe stellen die aktiven Zentren in einer Vielzahl natürlicher Verbindungen. Sie

kommen zumeist in Proteinen vor, welche für Sauerstofftransport und katalytische Prozesse

essentiell für lebende Organismen sind. Die Funktion des Metalloproteins Hämoglobin (Hb)

als Sauerstoffüberträger beruht unter anderem auf dem SCO-Effekt. Hämoglobin besteht aus

vier Einheiten des Porphyrin-Eisen(II)-Komplexes Häm (Abbildung 1.1.a), in denen das

Eisenatom über eine fünfte Koordinationsstelle an das Histidin-Stickstoffatom einer

Proteinkette geknüpft ist.

a)

N

NN

N Fe

COO–COO–

NH

N

Häm-Gruppe

proximalesHistidin

b)

Abbildung 1.1. a) Koordinationsumgebung der Eisen(II)-Zentren in Desoxy-Hb, b)

schematische Darstellung der Geometrieänderungen der Häm-Einheit in der α-Untereinheit

des Hb bei O2-Aufnahme und –Abgabe (Distanzen jeweils in Å).[1]

1 Einleitung 2

Die vier Häm-Einheiten sind durch Proteinketten miteinander verbunden. Ein Mechanismus

für die Sauerstoffaufnahme und -abgabe wurde von Perutz vorgeschlagen.[1] Desoxy-Häm

besitzt ein Fe(II)-Zentralion im High Spin-Zustand (HS). HS-Fe(II)-Komplexe weisen

typischerweise Fe–N-Bindungslängen von 2.12 - 2.18 Å auf.[2] Da die Umgebung des

Eisenions bei Anordnung in der Ringebene Fe–N-Bindungslängen zum Porphyrinliganden

von maximal 2.00 - 2.05 Å zulässt, befindet sich das Eisenion über der Ebene des

Porphyrinrings. Bei Koordination eines Sauerstoffmoleküls an die freie Koordinationsstelle

kommt es zu einem Spinübergang des Eisens zum Low Spin-Zustand (LS). Die eg-Orbitale

mit antibindendem Charakter werden beim Übergang depopuliert, wodurch eine Verkürzung

der Fe–N-Bindungslängen auf 1.98 Å resultiert und das Eisenion in die Ebene des

Porphyrinrings wandert. Der proximale Histidin-Ligand in trans-Position zum Sauerstoff

muss der Bewegung des Eisenzentrums folgen, wodurch die Konformation der zugehörigen

Proteinkette geändert wird (T-Form → R-Form). Die Änderung der Konformation überträgt

sich auf das Proteingerüst und steigert die Sauerstoff-Affinität der übrigen Häm-Einheiten. Ist

das Hämoglobin-Protein mit Sauerstoff gesättigt, tritt bei der Sauerstoffabgabe in der Zelle

der entgegengesetzte Effekt ein. Der Spinübergang stellt nach dem Perutz-Mechanismus den

Auslöser für den kooperativen Effekt dar. Weitere Beispiele für Reaktionen, die mit einem

Spinübergang einhergehen, sind katalytische Sauerstoffübertragungen auf nicht aktivierte

Substrate durch Cytochrom P450[3] und Peroxidasen.[4]

1.1.2 Spincrossover

Übergangsmetallkomplexe mit Elektronenkonfigurationen von d4 bis d7 können aufgrund der

Aufspaltung der d-Orbitale im oktaedrischen Ligandenfeld in t2g- und eg-Orbitale im Low

Spin- (LS) oder High Spin-Zustand (HS) vorliegen. Die Konfiguration des Grundzustandes ist

dabei abhängig von der Ligandenfeldstärke und von der Natur des Metallzentrums. Der

Übergang beider Grundzustände ineinander, induziert durch externe Stimuli, ist der so

genannte Spincrossover-Effekt (SCO).[5-8] Das Phänomen wurde zuerst 1937 durch Cambi

und Mitarbeiter beobachtet, die thermisch induzierte Spinübergänge in N,N’-substituierten

Tris(dithiocarbamat)Eisen(III)-Komplexen anhand der magnetischen Suszeptibilität

nachwiesen.[9] In den 1960er Jahren unternahmen König und Madeja den Versuch, die

Spincrossover-Region für Eisen(II)-Komplexe durch Substitution der anionischen Liganden

im System [Fe(phen)2(X)2] (phen = 1,10-Phenanthrolin; X = Br–, Cl–, SCN–, N3–, OCN–,

HCOO– und CN–) zu bestimmen,[10] und entdeckten im Komplex [Fe(phen)2(NCS)2] das erste

1 Einleitung 3

Beispiel für thermischen SCO in einem synthetisch hergestellten Eisen(II)-Komplex.[11]

Eisen(II)-Komplexe mit d6-Elektronenkonfiguration stellen das mit Abstand meist untersuchte

System in der Erforschung von SCO-Verbindungen dar. Zum Einen ist die d6 Low Spin-

Konfiguration durch die maximale Ligandenfeldstabilisierungsenergie energetisch günstig.

Das FeII-Ion erzeugt andererseits, z. B. verglichen mit Cobalt(III) (d6), ein schwächeres

Ligandenfeld, was sowohl HS- wie auch LS-Komplexe durch Wahl geeigneter Parameter

zugänglich macht.

Im Folgenden soll das Spincrossover-Phänomen am Beispiel von Eisen(II) erklärt werden. Im

oktaedrischen Ligandenfeld spalten die d-Orbitale von Übergangsmetallionen in drei t2g-

Orbitale mit nichtbindendem Charakter und zwei energetisch höher liegende eg-Orbitale mit

antibindenem Charakter auf. Bei Eisen(II) mit d6-Konfiguration ergeben sich zwei

Möglichkeiten der Besetzung der Orbitale. Der paramagnetische High Spin-Zustand mit

maximalem Spin 5T2g (t2g4eg

2) und der diamagnetische Low Spin-Zustand mit maximaler

Spinpaarung 1A1g (t2g6eg

0). Die vorliegende Konfiguration im Komplex ist abhängig vom

Verhältnis der Ligandenfeldstärke 10Dq, die von der Art der Liganden und der Art des

Metallions abhängt, zur Stärke der Spinpaarungsenergie Π (Abbildung 1.2.a).

a)

10Dq < Π 10Dq > Π

5T2g (t2g4eg

2) 1A1g (t2g6)

E

Ligandenfeldstärke

b)

Abbildung 1.2. a) Elektronische Konfiguration für ein d6-Ion im oktaedrischen Ligandenfeld

für den HS- (5T2g) und den LS-Zustand (1A1g). b) Tanabe-Sugano-Diagramm für ein d6-

Übergangsmetallion, mit der Energie der angeregten Zustände E relativ zur Energie des

Grundzustands auf der Ordinate und der Ligandenfeldstärke 10Dq auf der Abszisse, jeweils in

Einheiten des Racah-Parameters B.[12]

1 Einleitung 4

Das Tanabe-Sugano-Diagramm in Abbildung 1.2.b zeigt die Aufspaltung der Terme eines d6-

Ions bei angelegtem Ligandenfeld ausgehend von den freien Ionen. Der HS-5T2g-Zustand ist

der elektronische Grundzustand bis zu einer kritischen Ligandenfeldstärke (dem Crossover-

Punkt), bei der 10Dq gleich der Spinpaarungsenergie Π ist. Ab diesem Wert wird der LS-

Zustand 1A1g als Grundzustand stabilisiert. Im Fall von Eisen(II)-Komplexen findet man meist

einen FeN6-Donorsatz mit heterocyclischen wie auch aliphatischen Stickstoffliganden.[6] Die

Ligandenfeldstärke ist zusätzlich zur Art der Liganden abhängig von der Metall-Ligand-

Bindungslänge r mit 10Dq~1/r6. Die Bindungslängen sind in HS-Komplexen größer, da die

im HS-Zustand besetzten eg-Orbitale antibindenden Charakter besitzen. Ihre Entvölkerung

beim Übergang in den LS-Zustand resultiert in einer Zunahme der Metall-Ligand-

Bindungsstärke und damit kürzeren Bindungslängen. In LS-Komplexen liegen Fe–N-

Bindungslängen von 1.95 - 2.00 Å vor, während diese in HS-Verbindungen mit 2.12 - 2.18 Å

typischerweise um ca. 0.2 Å oder 10 % länger sind.[2] Da die Ligandenfeldstärke 10Dq

abhängig von der Metall-Ligand-Bindungslänge r ist, müssen die elektronischen Zustände der

beiden Spinzustände unterschiedliche Energien aufweisen. Die Potentialtöpfe der beiden

Spinzustände sind daher in einem E/r(Fe–L)-Diagramm sowohl horizontal als auch vertikal

gegeneinander verschoben.

Abbildung 1.3. Schematische Darstellung der Potentialtöpfe des 1A1g- und des 5T2g-Zustands

für einen Eisen(II)-SCO-Komplex. Die Bedingung für einen thermischen Spinübergang ist

TkE BHL ≈Δ 0 . Die Kernkoordinate ist als r(Fe-L) bezeichnet (ΔrHL = rHS –rLS).[8]

1 Einleitung 5

Liegt die Differenz der Energien der Grundzustände 000LSHSHL EEE −=Δ in der Größenordnung

thermischer Energien, d. h. TkE BHL ≈Δ 0 , befindet sich das Metallzentrum bei tiefen

Temperaturen im LS-Zustand, während beim Übergang zu höheren Temperaturen der

Spincrossover zum HS-Zustand stattfindet. Ist die Voraussetzung des geringen

Energieunterschieds gegeben, können Übergänge auch durch Druck- oder Lichteinwirkung

(Light-induced excited spin state trapping, LIESST[13]) induziert werden.

Die Verlaufsform des Spinübergangs im Feststoff unterscheidet sich grundsätzlich von der in

Lösung. Bei SCO-Komplexen in Lösung wird ein kontinuierlicher Übergang beobachtet, der

durch eine einfache Boltzmann-Verteilung der Besetzung der Spinzustände erklärt wird. Im

Festkörper tragen kooperative Wechselwirkungen im Kristallgitter dazu bei, dass

verschiedene Verlaufsformen des Spinübergangs beobachtet werden können. Unterscheiden

lassen sich Übergänge mit schleppendem, abruptem, stufenförmigem und unvollständigem

Verlauf und Übergänge mit Hysterese (Abbildung 1.4).

Abbildung 1.4. Darstellung der wesentlichen Verlaufsformen von Spinübergängen. (γHS =

Anteil der Moleküle im High Spin-Zustand). a) Schleppend; b) Abrupt; c) Mit Hysterese; d)

Stufenförmig; e) Unvollständig (T1/2 = gemittelte Übergangstemperatur).[6]

Bei vorliegender Kooperativität im Gitter zeigen sich abrupte oder schleppende Übergänge,

abhängig von der Stärke der Kooperativität. Ist die Kooperativität sehr hoch oder geht eine

Phasenumwandlung mit dem Spinübergang einher, kann eine Hysterese beobachtet werden

1 Einleitung 6

(Abbildung 1.4.c). Diese Form des Spinübergangs ist für die technische Anwendung am

interessantesten. Ein Material mit breitem Hysteresebereich um Raumtemperatur wäre zur

Anwendung in Datenspeicherung und Anzeigetechnik geeignet.[14]

1.1.3 Self-Assembled Monolayers

Selbstorganisierte Monolagen (self-assembled monolayers, SAMs) sind wohlgeordnete

Ensembles von Molekülen, die durch die Adsorption von oberflächenaktiven Substanzen

gebildet werden, welche eine Ankergruppe mit spezieller Affinität zu einem Substrat besitzen.

Endgruppe

Distanzstück(Spacer)

Ankergruppe

Substrat

Abbildung 1.5. Modellvorstellung einer SAM.[15]

Der SAM-Ansatz besitzt mehrere Vorteile gegenüber anderen Methoden der Präparation

ultradünner molekularer Lagen wie der Rotationsbeschichtung (spin-coating),[16] Langmuir-

Blodgett-Filmen,[17] organischer Molekularstrahlepitaxie (organic molecular beam epitaxy,

OMBE)[18] und chemischer Gasphasenabscheidung (chemical vapour deposition, CVD).[19]

Die Präparation von SAMs ist ein einfacher Prozess und erfordert keine kostenintensiven

Apparaturen. Die makroskopischen Eigenschaften der Oberfläche können durch synthetische

Variation der Endgruppen der Moleküle direkt beeinflusst werden. Zusätzlich ist der Aufbau

komplexerer Schichten durch die Knüpfung an bestehende SAMs durch chemische

Reaktionen auf der Oberfläche möglich.

Die meist untersuchten SAMs basieren seit den 1980er Jahren auf dem System Au/Thiol.[15,

20-22] Gold hat als Substrat den Vorteil, dass es chemisch relativ inert und elektrisch leitfähig

ist, was Untersuchungen mittels Rastertunnelmikroskopie erlaubt. Gold zeigt außerdem eine

starke spezifische Wechselwirkung mit Schwefel, auch in Anwesenheit anderer funktioneller

Gruppen. Die Stärke der Bindung von Methanthiolaten auf Au(111) (im Sinne einer

Homolyse) ist mit 45 kJ/mol beispielsweise sehr hoch.[23] Die Moleküle in Au/Thiol-SAMs

sind wie folgt aufgebaut. Die Ankergruppe besteht aus einer schwefelhaltigen funktionellen

Gruppe, bei der es sich meist um die Thiolfunktion handelt. Es sind allerdings auch SAMs mit

alternativen Ankergruppen bekannt,[20] was zusätzliche Flexibilität für die Synthese der

1 Einleitung 7

Moleküle gewährt. Das Distanzstück („spacer“) besteht in Au/Thiol-SAMs üblicherweise aus

einer Methylenkette unterschiedlicher Länge. In neueren Arbeiten werden allerdings auch

zunehmend alternative Distanzstücke gewählt, da starke intermolekulare Wechselwirkungen

wie π-π-Wechselwirkungen[24] oder H-Brückenbindungen[25] als wichtige Triebkraft zur

Ausbildung hochgeordneter Lagen erkannt wurden. Die Natur der Endgruppe ist schließlich

nur durch die Möglichkeiten der organischen Synthese beschränkt. Auf die Ordnung der SAM

hat die Endgruppe allerdings insofern einen Einfluss, als zu sperrige Endgruppen die

Kontaktflächen zwischen den Molekülen in der Schicht reduzieren können, was infolge

geringerer Wechselwirkungen zu schlechterer Ordnung führt (s.a. Kapitel 2).

1.2 Charakterisierungsmethoden

Im Folgenden werden die in dieser Arbeit verwendeten Charakterisierungsmethoden

beschrieben, die über das Maß der in der Synthese gebräuchlichen Methoden hinausgehen.

1.2.1 SCO

Die mit am meisten eingesetzte Technik zur Bestimmung des Spinzustands ist die Messung

der magnetischen Suszeptibilität χ. Eine temperaturabhängige magnetische Messung gibt den

direkten Verlauf des Spinzustandes in Abhängigkeit von der Temperatur wieder. In Lösung

erfolgt die Bestimmung von χ mit 1H-NMR-Messungen nach der Methode von Evans.[26]

Messprinzip ist die Tatsache, dass die Änderung der chemischen Verschiebung von inerten

Referenzsubstanzen durch paramagnetische Substanzen in einer Probe im NMR-Spektrometer

direkt proportional zur magnetischen Suszeptibilität der paramagnetischen Substanz ist. Für

Messungen an Feststoffen hat die Verwendung von hochempfindlichen SQUID-

Magnetometern (Superconducting Quantum Interference Device) die älteren magnetischen

Waagen nach dem Faraday- und Gouy-Prinzip weitestgehend verdrängt.[27]

Eine andere oft verwendete Methode stellt die 57Fe-Mössbauerspektroskopie dar, die neben

einer genauen Bestimmung der Konfiguration des Eisenzentrums bezüglich des Spin- und

Oxidationszustands auch weitergehende Aussagen, z. B. über die Bindungssituation in

untersuchten Komplexen liefern kann.[28] Diese Methode stand während der Anfertigung

dieser Arbeit nicht zur Verfügung und wird wegen ihrer großen Bedeutung für die

Erforschung der SCO-Verbindungen der Vollständigkeit halber an dieser Stelle genannt.

Da der Spinübergang mit einer Änderung der Metall-Ligand-Bindungslängen verbunden ist,

hat man mit der Röntgenstrukturanalyse ein weiteres wertvolles analytisches Mittel zur Hand.

1 Einleitung 8

Besonders in FeII-N6-Verbindungen ist die Änderung der Bindungslänge ΔrHL durch den

großen Spinunterschied von ΔS = 2 zwischen HS- und LS-Zustand besonders groß. Zusätzlich

lassen sich mit der Röntgenstrukturanalyse auch Verzerrungen der Koordinationsumgebung

des Zentralmetalls feststellen, die relevant für die Natur des Spinübergangs sein können.[29]

NEXAFS (Near-Edge X-Ray Absorption Fine Structure) Fe L2,3- und K-Kanten-

Spektroskopie unter Verwendung von Synchrotronstrahlung stellt eine weitere

Charakterisierungsmethode für Spinübergänge in Festkörpern dar, die anhand der

Orbitalbesetzung Informationen über Oxidationszustände und Spinzustände liefert. Ein

wichtiger Aspekt von NEXAFS-Untersuchungen ist die zusätzliche Möglichkeit der

Untersuchung von Oberflächen, was für die vorliegende Arbeit von Relevanz ist (s. u.).

Theoretische DFT-Berechnungen gewinnen verstärkt an Bedeutung für die Untersuchung von

SCO-Verbindungen. Durch Entwicklung geeigneter Hybridfunktionale (B3LYP[30],

B3LYP*[31]) können mittlerweile akkurate Vorhersagen zu potentiellen SCO-Verbindungen

getroffen werden.[32]

1.2.2 SAMs

Selbstorganisierte Monolagen lassen sich durch mikroskopische, wie auch spektroskopische

Methoden untersuchen.[33] In der vorliegenden Arbeit wurden die präparierten Monolagen

durch drei im Folgenden besprochene Methoden charakterisiert.

Die Rastertunnelmikroskopie (scanning tunneling microscopy, STM) stellt zur Untersuchung

von Oberflächen die Methode der Wahl dar.[34] Das Messprinzip besteht darin, eine Spannung

(unter 1 V) zwischen der Probenoberfläche und einer metallischen Spitze anzulegen, die sich

wenige Å voneinander entfernt befinden. Daraus resultiert ein Tunnelstrom, der zwischen

Oberfläche und STM-Spitze fließt. Die Spitze wird nun in einem x-, y-Raster über die Probe

geführt, wobei der Stromfluss durch Auslenkung der Spitze in z-Richtung konstant gehalten

wird (constant current mode).

Abbildung 1.6. STM: Messprinzip.

1 Einleitung 9

Als Ergebnis erhält man ein „topographisches“ Bild der Oberfläche. Voraussetzung ist dabei

die Leitfähigkeit sowohl des Substrats als auch der adsorbierten Moleküle. STM-Messungen

geben Informationen über die Beschaffenheit der Oberfläche bis hin zu molekularer

Auflösung. Die Untersuchungen können temperaturabhängig bei Atmosphärendruck wie auch

im Ultrahochvakuum (UHV) durchgeführt werden.

Die Röntgen-Nahkanten-Absorptions-Spektroskopie[35] (Near-Edge X-Ray Absorption Fine

Structure, NEXAFS) unter Verwendung von Synchrotronstrahlung stellt eine kombinierte

Methode dar, sowohl die Ordnung einer Monolage[36] als auch den Spinzustand von

Eisenverbindungen zu untersuchen.[37, 38] Bei der Röntgenabsorptionsspektroskopie (X-ray

absorption spectroscopy, XAS) führt die Absorption von Röntgenstrahlung dazu, dass

kernnahe Elektronen in unbesetzte Valenz-Zustände oder ins Vakuumskontinuum angeregt

werden. Das erhaltene Absorptionsspektrum setzt sich aus dem Bereich der Absorptionskante

(der bei NEXAFS untersucht wird) durch Übergänge in unbesetzte Valenzorbitale und einer

überlagerten Feinstruktur durch Übergänge ins Vakuumskontinuum zusammen.

Abbildung 1.7. Prinzip der XAS.[35]

Aus dem Intensitätsverlauf des NEXAFS-Spektrums lassen sich Rückschlüsse auf die

elektronische Struktur der unbesetzten Zustände ziehen, und durch den Vergleich mit

Referenzspektren Oxidationsstufen und Spinzustände identifizieren. Für die Untersuchung

von Eisen-SCO-Verbindungen ist insbesondere der Bereich der Fe L2,3-Kanten interessant, der

durch 2p→3d-Übergänge erzeugt wird und der infolgedessen abhängig vom Spinzustand ist.

Während beim HS-Zustand des Eisen(II) (t2g4eg

2) Übergänge sowohl in die teilweise besetzten

t2g- und eg-Orbitale erfolgen können, sind im LS-Zustand durch die Vollbesetzung der t2g-

Orbitale nur Übergänge in eg-Orbitale möglich. Diese liegen energetisch höher, was das

Absorptions-Signal der Fe L2-Kante zu höherer Energie verschiebt (Abbildung 1.8).

1 Einleitung 10

Abbildung 1.8. NEXAFS Fe L2,3-Kanten-Spektrum von [Fe(phen)2(NCS)2] bei 77 und 300

K.[37]

Die Orientierung der Moleküle kann durch die Polarisationsabhängigkeit der in den Spektren

auftretenden Resonanzen bestimmt werden. Entscheidend ist hierbei die relative Orientierung

des Dipolübergangsmomentes der Elektronenanregung zum elektrischen Feldstärkevektor des

anregenden Synchrotronlichtes. Variiert man bei Aufnahme der Spektren (hier C und N K-

Kante) den Einfallswinkel der Anregungsstrahlung, indem man die Probe relativ zum

einfallenden E-Vektor zwischen 0 und 90 Grad rotiert, können aus den

Intensitätsunterschieden Rückschlüsse auf die Ausrichtung der Moleküle gezogen werden.

Bei einem Einstrahlungswinkel von 55° (magic angle) wird ausschließlich die elektronische

Struktur der Moleküle erfasst, die Messung ist unbeeinflußt durch die Orientierung der

Moleküle.

Die Röntgen-Photoelektronenspektroskopie (X-Ray photoemission spectroscopy, XPS) dient

bei Oberflächenuntersuchungen von SAMs neben der Bestimmung der Elementar-

zusammensetzung der Monolage vor allem zur Detektion des gebundenen Schwefels auf der

Goldoberfläche anhand des S-2p-Spektrums.[39, 40] Das Messprinzip der XPS beruht auf dem

Photoeffekt. Die Probe wird mit energiereicher Röntgenstrahlung angeregt, sodass Elektronen

aus den Rumpfniveaus freigesetzt werden. Aus der detektierten kinetischen Energie der

freigesetzten Photoelektronen kann dann die Bindungsenergie berechnet werden.

300 K, High Spin

77 K, Low Spin

L2-Kante

L3-Kante

1 Einleitung 11

Abbildung 1.9. Prinzip der Photoemission (Bild: W. Kuch, FU Berlin).

Das Muster der Bindungsenergien ist elementspezifisch, sodass einzelne Elemente

identifiziert und ihre Konzentration an der Oberfläche aus Intensitätsverhältnissen bestimmt

werden kann. Variationen in der Lage der Bindungsenergien (chemische Verschiebung) geben

Aufschluss über die chemische Umgebung und damit den Bindungszustand des untersuchten

Elements auf der Oberfläche.

1.3 Stand der Forschung

1.3.1 Spincrossover und Kooperativität

Der Wunsch, gezielte Synthesen von SCO-Verbindungen durchzuführen, gründet sich auf das

beträchtliche Potential derartiger Verbindungen für die technische Anwendung. In ihrer

Eigenschaft als molekulare Schalteinheiten sind SCO-Komplexe geeignet für den Einsatz in

der Datenspeicherung, Anzeige- und Sensortechnik.[14, 41, 42]

Abbildung 1.10. Schema des „Memory-Effekts“ durch Hysterese in einem SCO-Material für

die technische Anwendung. Der Spinzustand kann durch Temperatur, Druck, ein Magnetfeld

oder Lichteinstrahlung schaltbar sein.[41]

1 Einleitung 12

Obwohl der Ursprung des SCO-Effekts in den Eigenschaften des isolierten Moleküls

begründet liegt, bewirkt nur ausreichende Kooperativität im Kristallgitter die Entfaltung eines

Spinübergangs im Feststoff.[6] Weist das Kristallgitter eine ungünstige Beschaffenheit für die

Übertragung der Information über die Volumenänderung im Gitter auf, sind die Moleküle

trotz geeigneter Stärke des Ligandenfeldes nicht in der Lage, einen Spinübergang im Feststoff

zu zeigen. Beobachtet wurde dieser Effekt beispielsweise bei der Untersuchung zweier Salze

eines Eisen(II)-Komplexes des dreizähnigen Liganden 2,6-Bis(pyrazol-1-yl)pyridin (Bpp) (I),

[Fe(I)](X)2 (X = BF4, PF6).[43]

NNNN N

2+

[BF4–]2

N

NN

N

NN

N

N

N

N

Fe

I

II

Abbildung 1.11. 2,6-Bis(pyrazol-1-yl)pyridin (Bpp) (I)[44, 45] und [Fe(I)](BF4)2 (II).[46]

Die von Halcrow und Mitarbeitern synthetisierte Stammverbindung [Fe(I)](BF4)2 (II),[46]

sowie diverse andere Komplexe mit derivatisierten Bpp-Liganden, zeigen thermischen aber

auch lichtinduzierten Spincrossover.[47] Während das Tetrafluoroboratsalz des Komplexes

einen thermischen Spinübergang im Feststoff aufweist, liegt das Hexafluorophosphatsalz im

selben Temperaturbereich ausschließlich als High Spin-Verbindung vor. Im Gegensatz dazu

zeigen beide Substanzen in Lösung einen thermischen Spinübergang. Der Grund für dieses

Verhalten muss also im Einfluss zu suchen sein, den die Festkörperstruktur auf die Moleküle

ausübt. In diesem Fall unterscheiden sich die Festkörperstrukturen in der Natur der

Gegenionen im Gitter.

Auch das Vorhandensein von Lösungsmittelmolekülen in der Kristallstruktur kann den

sterischen Zwang im Gitter derart verstärken, dass ein Spinübergang unterbunden wird, wie

Bürgi et al. am Beispiel verschiedener Solvate von Tris(2-picolylamin)eisen(II)-dichlorid

(III) gezeigt haben (Tabelle 1.1).[48]

1 Einleitung 13

Tabelle 1.1. Auswirkung des Solvats auf den Spinübergang in Komplex III im Feststoff.[48]

Solvat Art des Spinübergangs

Methanol kontinuierlich

Ethanol zweistufig, ohne Hysterese

Allylalkohol zweistufig, ohne Hysterese

2-Propanol zweistufig, mit Hysterese

1-Propanol kein Übergang

Fe2+

N

N NH2

NNH2

NH2

2 Cl–

· CH3OH

· CH3CH2OH

· CH2CHCH2OH

· CH3CH2CH2OH

· (CH3)2CHOH

· (CH3)3COH

tert-Butanol kein Übergang

Auch wenn ein Spinübergang in diesem Beispiel bei mehreren Modifikationen vorliegt, hat

die Festkörperstruktur durch die Kooperativität im Gitter zusätzlich Einfluss auf den Verlauf

des Übergangs.

Bei Verbindungen mit identischer chemischer Zusammensetzung sind wenige Beispiele

bekannt, bei denen sich Strukturisomere in ihrem Spinverhalten, hauptsächlich im Verlauf des

Spinübergangs, unterscheiden.[49-51] Im Extremfall wird in einer der polymorphen

Modifikationen ein thermischer Spinübergang beobachtet, während er in einer anderen

Modifikation vollständig unterdrückt ist. Ozarowski et al. konnten zwei polymorphe Formen

von Bis(2,2’-bi-2-thiazolin)bis(isothiocyanato)Eisen(II) (IV) isolieren, von denen eine einen

thermischen Spinübergang mit Hysterese zeigt, während die zweite als reine High Spin-

Verbindung vorliegt.[52] Matouzenko und Mitarbeiter beobachteten drei polymorphe Formen

in unterschiedlichen Raumgruppen von [FeII(DPPA)(NCS)2] (V) (DPPA = (3-

Aminopropyl)bis(2-pyridylmethyl)amin), wobei eine als reine High Spin-Verbindung und die

anderen beiden als SCO-Verbindungen vorliegen.[53] Bei den SCO-Verbindungen tritt beim

Übergang im einen Fall Hysterese auf, während im anderen Fall ein abrupter Übergang

stattfindet. Das jüngste Beispiel für Polymorphismus verbunden mit unterschiedlichem

Spinverhalten fanden Reger und Mitarbeiter 2005[54] in Eisen(II)-Komplexen eines

Skorpionat-Liganden[55] der dritten Generation. Es wurden zwei polymorphe Modifikationen

von Fe[(p-IC6H4)B(3-Mepz)3]2 (VI) isoliert, von denen eine im High Spin-Zustand vorliegt,

während die zweite einen abrupten thermischen Spinübergang zeigt.

III

1 Einleitung 14

N N

NCS

NCSFeII

S

NN

S

SN

N

S

NCS

NCSFeII

NH2

N

N

N

BN N

N N

I BNN

NN

INN

FeII

IV V

VI

Abbildung 1.12. Eisen(II)-Komplexe, die jeweils in mehreren polymorphen Modifikationen

mit unterschiedlichem Spinverhalten existieren.

Diese seltenen Beispiele stellen Gelegenheiten dar, die Kooperativitätseffekte, die einen

Spinübergang beeinflussen, isoliert zu untersuchen.

1.3.2 Spincrossover im Ensemble

Die Notwendigkeit der Synthese von SCO-Materialien mit hysteretischem Verlauf der

γHS/T(bzw. p, B)-Kurve für die technische Anwendung führte in jüngerer Zeit zur

Untersuchung von Ensembles von Spincrossoverkomplexen. Die Stärkung von Kooperativität

im Festkörper lässt sich durch Schaffung von intermolekularen Wechselwirkungen erreichen.

Die Einführung von sekundären Wechselwirkungen wie Wasserstoffbrücken-

bindungen und π-π-Wechselwirkungen[56] in SCO-Verbindungen ist schwer zu kontrollieren,

da die Geometrie der Kristallgitter nicht vorauszusagen ist. Eine alternative Möglichkeit stellt

die Verbindung von Metallzentren innerhalb von polymeren Netzwerken durch

Brückenliganden dar (metal organic frameworks, MOFs).[57] Die durch die Koordination

erreichte Bindung ist stark genug für eine gute Kopplung im Gitter. Ein Beispiel hierfür sind

Eisen(II)-Komplexe mit bidentaten Triazol-Liganden wie [Fe(btr)2(NCS)2] · H2O (btr = 4,4’-

bis-1,2,4-triazol).[58] Ein anderes Beispiel sind Hoffmann-Clathrat-artige Verbindungen wie

(Fe(Pyridin)2[Ni(CN)4]),[59] bei dem die Tetracyanonickelat-Einheiten für die Verbrückung

1 Einleitung 15

zwischen den Eisenzentren sorgen. Während bei den beiden genannten Beispielen

zweidimensionale Netzwerke vorliegen, lässt sich durch Austausch der jeweiligen axialen

monodentaten Liganden gegen bidentate auch die Ausbildung von dreidimensionalen

Netzwerken erreichen.[60, 61]

1.3.3 Spincrossover in dünnen Schichten

Die Funktionalisierung von Oberflächen mit SCO-Molekülen bedeutet die Verbindung der

Konzepte der Oberflächenbeschichtung und des SCO. Die Übertragung von SCO-

Eigenschaften auf Oberflächen verschiedenartiger Zusammensetzung würde einer breiteren

Anwendung von SCO-Materialien in der Technik den Weg bahnen. Bei Schaffung von

Monolagen von SCO-Molekülen wäre es, anders als im Festkörper, prinzipiell möglich,

Moleküle isoliert anzusteuern. Einzelne Moleküle könnten auf diese Weise als

Informationsträger genutzt werden, was eine sehr hohe Informationsdichte auf der so

funktionalisierten Oberfläche ermöglichen würde.

Verbindungen vom Hoffmann-Clathrat-Typ stellen das bisher einzige Beispiel für auf

Oberflächen verankerte, selbstorganisierte Lagen von SCO-Komplexen dar, allerdings handelt

es sich bei diesen Lagen nicht um Monolagen, sondern eher um SCO-Polymere.[62, 63] Die

SCO-Moleküle sind nicht direkt an die Oberfläche gebunden, vielmehr wird eine Monolage

von monodentaten Liganden in Form einer SAM auf einer Au(111)-Oberfläche verankert. Die

Anknüpfung der SCO-Zentren erfolgt über koordinative Bindungen an die freien

Donorfunktionen der SAM in einem zweiten Schritt. Die SAM bestand in einem Beispiel aus

4-Mercaptopyridin, das über die klassische Thiolat-Bindung auf der Oberfläche gebunden

wurde und im anderen Fall aus 4,4’-Azopyridin, das mit einem seiner Stickstoffatome auf

Goldoberflächen binden kann. Die erhaltenen dünnen Schichten bestanden aus ~ 25 Lagen

von SCO-Zentren. Thermischer Spincrossover mit Hysterese wurde mittels

Ramanspektroskopie aus dem Verhältnis der Intensität charakteristischer Banden der

Pyrazinschwingungen detektiert.

1 Einleitung 16

a) b)

Abbildung 1.13. a) Sequentieller Aufbau von (Fe(Pyrazin)[M(CN)4])-Filmen (M = Ni, Pd,

oder Pt) auf einer Mercaptopyridin-SAM. b) Temperaturabhängigkeit des normalisierten

Intensitätsverhältnisses der Raman-Banden bei 1025 und 1230 cm–1 ( HSγ=̂ ) von

(Fe(Pyrazin)[Pt(CN)4]) im Film und im Feststoff.[62]

Im ersten Schritt hin zur technischen Anwendung konnte das SCO-Polymer

(Fe(Pyrazin)[Pt(CN)4]) auf einer durch Polymethylmethacrylat rasterartig vorstrukturierten

Goldoberfläche aufgebracht werden. In der Folge konnte thermischer SCO in isolierten

Bereichen von minimal 500 nm2 Größe beobachtet werden.[63]

Dünne Schichten von ~ 30 nm Dicke einer SCO-Verbindung auf Glas wurden durch

Rotationsbeschichtung (Spin Coating) präpariert. Der erhaltene Film von [Fe(2,6-Bispyrazol-

1-yl)pyridin)](BF4)2 zeigt thermischen Spincrossover.[64]

Langmuir-Blodgett-Filme (LB-Filme) stellen bisher die gängigste Methode zur Präparation

von SCO-Filmen dar. Die Filme basieren in den meisten Fällen auf FeII-Komplexen mit

Triazol-[65], 2,2’-Bipyridin-[66] und Bisterpyridinliganden.[67]

Die oben genannten Beispiele haben gegenüber dem SAM-Ansatz deutliche Nachteile. LB-

Filme und durch Rotationsbeschichtung gewonnene Filme erfordern spezielle Apparaturen.

Sie sind nicht kovalent auf der Oberfläche verankert, so dass man hier nicht wirklich von

einer funktionalisierten Oberfläche sprechen kann. Zusätzlich sind die Schichten in ihrem

Aufbau nicht klar definiert. Genau wie die SCO-Polymere weisen sie den Nachteil auf, dass

es sich um Multilagen handelt, in denen einzelne Moleküle nicht gesondert betrachtet und

manipuliert werden können. Die in Multischichten herrschende Intransparenz schafft

zusätzlich Probleme, sollte die Schaltung der Moleküle mittels Licht erfolgen (LIESST).

Den ersten und bisher einzigen Ansatz in Richtung SAMs von SCO-Komplexen unternahmen

Ruben und Mitarbeiter 2008.[68] Beschrieben wird die Synthese des Eisenkomplexes VII.

Dieser zeigt im Feststoff einen thermischen Spinübergang um 273 K.

1 Einleitung 17

N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeS SO

O

2+

ClO4–

2VII

Abbildung 1.14. Bis[S-(4-([2,6-(dipyrazol-1-yl)pyrid-4-yl]ethynyl)phenyl)ethanethioato]

Eisen(II)-Diperchlorat (VII).[68]

Zur Untersuchung des Ladungstransports durch Einzelmoleküle wurden in diesem Beispiel

Thioacetat-Funktionen zur Bindung an Goldoberflächen an die Liganden geknüpft. Potentiell

sind mit Komplex VII aber auch SAMs auf Au(111)-Oberflächen denkbar, die jedoch bisher

nicht präpariert wurden.

Auch in der hier vorgelegten Arbeit werden —unabhängig von Ruben— Eisen(II)komplexe

des dreizähnigen Liganden 2,6-Bis(pyrazol-1-yl)pyridin (Bpp) (I) als SCO-Einheit verwendet.

Die mit dieser Arbeit vorbereitete Synthese einer selbstorganisierten Monolage von Eisen(II)-

Spincrossoverkomplexen auf Oberflächen würde das erste Beispiel einer auf diese Art

funktionalisierten Oberfläche darstellen.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 18

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker

2.1 Aufgabenstellung

Die Aufgabenstellung besteht darin, Spincrossoverkomplexe kovalent an Oberflächen zu

verankern. Die Komplexe sollen durch externe Stimuli, vor allem thermisch schaltbar sein.

Eine gute zweidimensionale Ordnung der Moleküle auf der Oberfläche soll aus zwei Gründen

erreicht werden. Einerseits wird durch starke intermolekulare Kopplung innerhalb des

Ensembles ein nutzbares Schaltverhalten erzeugt. Andererseits können die funktionalisierten

Oberflächen mit den zur Verfügung stehenden analytischen Methoden besser untersucht

werden.

a) Endgruppe: Eisen(II)-SCO-Komplex

b) Distanzstück

c ) Ankergruppe: schwefelhaltige funktionelle Gruppe

Substrat: Au(111)/Glimmer

Abbildung 2.1. Abstrahiertes Modell eines SCO-Komplexes auf der Goldoberfläche.

Abbildung 2.1 verdeutlicht das Synthesekonzept. Das zu synthetisierende oberflächenaktive

Molekül soll aus folgenden Teilen bestehen:

1. Eisen(II)-SCO-Komplex (a). Der Wechsel zwischen dem diamagnetischen Low Spin-

und dem paramagnetischen High Spin-Zustand im Fall von Eisen(II) kann gut mit

physikalischen Methoden erfasst werden. Die Liganden des Komplexes müssen

synthetisch leicht zugänglich, derivatisierbar und unter den gegebenen Bedingungen gut

zu handhaben sein.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 19

2. Distanzstück (b). Das Ordnungsverhalten der Moleküle auf der Oberfläche kann durch

die Flexibilität der Moleküle und durch die Stärke der intermolekularen

Wechselwirkungen beeinflusst werden. Zwischen SCO-Einheit und Ankergruppe sollte

sich daher eine leicht austauschbare oder derivatisierbare organische Einheit befinden.

3. Ankergruppe (c). Die Bindung der SCO-Einheit an das Substrat soll kovalent erfolgen

und eine Selbstorganisation der Moleküle auf der Oberfläche erlauben. Die Präparation

der Schichten soll sowohl aus der Lösung als auch aus der Gasphase einfach möglich

sein. Die notwendigerweise reaktiven funktionellen Gruppen, die dazu in Betracht

kommen, sollen inert gegenüber einer Reaktion mit dem Eisen(II)-Zentrum der SCO-

Einheit sein. Vor allem eine Oxidation muss ausgeschlossen werden. Die Untersuchung

der beschichteten Oberfläche mit den gängigen Methoden soll gut möglich sein.

Aufgrund der genannten Gesichtspunkte wurde das System der Thiolat-Ankergruppe auf

einer Goldoberfläche gewählt. Die Knüpfung der Schwefel-Gold-Bindung kann dabei

aus diversen Schwefel-funktionellen Gruppen erfolgen.[20]

Als SCO-Einheit werden in dieser Arbeit Eisen(II)komplexe des dreizähnigen Liganden 2,6-

Bis(pyrazol-1-yl)pyridin (Bpp) (I) verwendet.[47] Komplexe dieser Art entsprechen in ihren

Eigenschaften den Vorgaben des Konzepts. Der Bpp-Ligand lässt sich durch den modularen

Charakter der Synthese sowohl am zentralen Pyridin- als auch an den seitlichen Pyrazolringen

derivatisieren. Dadurch werden die Einführung einer Ankergruppe sowie eine möglicherweise

notwendige Anpassung des Ligandenfeldes und die Schaffung intermolekularer

Wechselwirkungen ermöglicht.

Zur Verankerung auf Au(111)-Oberflächen werden üblicherweise schwefelhaltige

funktionelle Gruppen verwendet. Die Thiolgruppe für die Bildung der Schwefel-Gold-

Bindung zur Oberfläche weist trotz des sehr guten Ordnungsverhaltens in der Praxis zwei

Nachteile auf. Eine Verbindung mit SH-Gruppe „R–SH“ kann leicht zu Disulfid-Dimeren

„R–S–S–R“ oxidiert werden, beispielsweise durch Sauerstoff aus der Luft, was die Qualität

gebildeter Monolagen stark beeinflusst.[69] In homoleptischen Komplexen mit zwei Thiol-

Funktionen kann die Bildung von Disulfiden zu Polymeren führen. Darüber hinaus besitzt die

Thiolgruppe durch ihr acides Wasserstoffatom Oxidationspotential für den Eisen(II)-Kern des

Komplexes. Ein Schutz der Thiolgruppe schafft in beiden Fällen Abhilfe. Die gängigsten

schwefelhaltigen funktionellen Gruppen zur Oberflächenverankerung sind in Tabelle 2.1

aufgeführt.[20, 22, 70]

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 20

Tabelle 2.1. Auswahl schwefelhaltiger funktioneller Gruppen zur Verankerung auf Gold-

Oberflächen.

Funktionelle Gruppe Strukturformel Bindungsmuster auf Au-Oberfläche

Thiol R–SH

Thioacetat R–SAc

Thiocyanat R–SCN S

R

Disulfid R–S–S–R’ S

RS

R'

Thioether R–S–R’ S

R R'

Disulfide sind in der Regel schwer löslich und bilden bei Verwendung von asymmetrischen

Disulfiden keine homogenen Schichten. Thioether tragende Moleküle bilden generell

schwächere Bindungen zur Goldoberfläche aus als Thiolate, wobei die gebildeten Monolagen

zusätzlich weniger dicht gepackt sind und geringere Ordnungen aufweisen.[71] Das

Bindungsmuster von Thioacetaten und Thiocyanaten auf Goldoberflächen entspricht dem von

Thiolen. Diese funktionellen Gruppen können also als „geschützte Thiole“ betrachtet werden,

die das Oxidationspotential der –SH-Gruppe blockieren. Thioacetate erfordern eine in situ-

Entschützung durch reaktive Hilfsreagenzien, um gute Beschichtungen zu ergeben.[72] Als

Alternative kommt somit die Thiocyanatgruppe in Betracht, die als Ankergruppe für

Oberflächenbeschichtungen erst 2004 durch Ciszek et al. näher untersucht wurde.[70] Aus

Untersuchungen zur Beschichtung von Gold-, Silber- und Platin-Oberflächen durch

Thiocyanat-tragende Moleküle mittels XPS wurde der in Abbildung 2.2 dargestellte

Mechanismus der Bindung an die Oberfläche formuliert.[73]

RS

CN

Au

S CR N

S SRRSCN R – Au(CN)2

Au(CN)2– S S

R R

Au Au Au

Abbildung 2.2. Mechanismus der Bindung von RSCN an ein Goldsubstrat.

Neueste Untersuchungen zeigen, dass Thiocyanate bei Beachtung geeigneter

Präparationsbedingungen Monolagen derselben hohen Qualität wie die entsprechenden Thiole

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 21

ergeben. Vor allem muss auf eine hohe Reinheit der Substanzen und eine adäquate

Beschichtungsdauer geachtet werden, um der höheren Stabilität der zu spaltenden S–C-

Bindung im Thiocyanat im Vergleich zur S–H-Bindung im Thiol Rechnung zu tragen.[74]

In der Laborphase der vorliegenden Arbeit existierten keine schwefel-funktionalisierten

Derivate des Bpp. In einer 2008 erschienenen Arbeit berichten Ruben et al. von der Synthese

des SCO-Komplexes VII (s. Kapitel 1), der eine derartige Verbindung darstellt.[68] Für die

Verwendung in SAMs weist Komplex VII zwei ungünstige Merkmale auf. Die Thioacetat-

Ankergruppe hat den Nachteil, dass einer guten Beschichtung der Goldoberfläche eine

basenkatalysierte Entschützung der Acetyl-geschützten Thiolat-Funktion vorangestellt werden

muss. Darüber hinaus sind die Liganden durch das konjugierte π-System elektronisch direkt

mit der Goldoberfläche verbunden, was mit Sicherheit Einfluss auf die Stärke des

Ligandenfeldes und damit auch das SCO-Verhalten hat.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 22

2.2 Synthese terdentater Liganden

2.2.1 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-(thiocyanatomethyl)pyridin (6)

Die Synthese zur Einführung einer Thiocyanatfunktion in den Bpp-Liganden ist mit gängigen

organischen Methoden ausgehend von käuflichen Verbindungen durchführbar. Einen

Überblick über den Verlauf der Synthese gibt das Schema in Abbildung 2.3.

NHO OH

COOH

NCl Cl

COOH

NNNN N

COOH

NNNN N

COOR

NNNN N

OH

NNNN N

SCN

i ii

iii

ivv

1 2

3 / 456

R = Me (3), Et (4)

Abbildung 2.3. Synthese von 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-(thiocyanatomethyl)pyridin (6); (i)

POCl3, NMe4Cl, 150 °C, 2 h, 71 %; (ii) Pyrazol, KH, 4-DMAP, Diglyme, 130 °C, 3 d, 76 %;

(iii) 3: MeOH, H2SO4, 60 °C, 3 h, 87 %; 4: EtOH, H2SO4, 80 °C, 3 h, 89 %; (iv) 3: NaBH4,

MeOH, RT, 3 d, 95 %; 4: NaBH4, EtOH, RT, 3 d, 98 %; (v) PPh3, Br2, NH4SCN, MeCN, RT,

24 h, 75 %.

Die käufliche Citrazinsäure wurde nach einer bekannten Synthese mit Phosphoroxychlorid

und Tetramethylammoniumchlorid bei 150 °C in guten Ausbeuten zu 2,6-

Dichlorisonikotinsäure (1) umgesetzt.[74]

Im nächsten Schritt wurden die Chlorsubstituenten in 1 durch Pyrazolyl-Gruppen ersetzt. Die

Pyrazolat-Anionen als Nucleophile wurden in situ mit Kaliumhydrid als Base erzeugt. Eine

Steigerung der Ausbeute an Verbindung 2 um 10 % wurde durch den Einsatz von 4-

Dimethylaminopyridin (4-DMAP) als nucleophilem Katalysator erreicht.[75] Die Reaktion

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 23

erfolgte in Anlehnung an eine Synthese von Verbindung 2 aus 2,6-Dibromisonikotinsäure.[76]

Die Synthese aus der Brom- anstelle der Chlorverbindung als Edukt erbringt normalerweise

deutlich höhere Ausbeuten, allerdings lässt sich 2,6-Dibromisonikotinsäure nur in schlechten

Ausbeuten und mit höherem Aufwand darstellen. Die Verwendung der gut zugänglichen

Chlorverbindung kombiniert mit dem Einsatz des nucleophilen Katalysators ergibt das beste

Verhältnis zwischen Kosten und Ausbeute für diese Synthesestufe. Ein Vergleich mit den

analytischen Daten aus der Literatur bestätigte die erfolgreiche Synthese.

Die Veresterung der Carbonsäure erfolgte sowohl zum Methyl- als auch zum Ethylester. Die

Veresterung von Verbindung 2 in MeOH, katalysiert mit Schwefelsäure, lieferte die

Methylesterverbindung 3 in guten Ausbeuten. Die Verbindung war bereits literaturbekannt

und wies identische Werte für die analytischen Daten auf.[77]

Säurekatalysierte Veresterung mit EtOH führte zur Ethylesterverbindung 4. Diese Verbindung

wurde bereits auf ähnlichem Wege synthetisiert.[76] Die Analytik zeigt die erwarteten Werte.

Farblose Einkristalle von 4 konnten aus einer Lösung der Verbindung in Chloroform durch

langsames Verdunsten bei Raumtemperatur erhalten und mittels Röntgenstrukturanalyse

untersucht werden. Verbindung 4 kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe P21/c. Die

Einheitszelle enthält acht Moleküle von 4, mit 2 Molekülen in der asymmetrischen Einheit.

Abbildung 2.4 zeigt die Struktur eines Moleküls von 4 bei 293 K. Die aromatischen Ringe

liegen koplanar in einer Ebene mit Abweichungen zwischen den Ebenen von unter 5°. Die

Pyrazolringe sind um die Pyridin–Pyrazol-Bindungsachsen drehbar und nehmen jeweils eine

trans-Konformation bezogen auf das Pyridin-Stickstoffatom ein. Begünstigt wird diese

Konformation durch Ausbildung von intramolekularen Wasserstoffbrückenbindungen. Diese

bestehen einerseits zwischen dem Pyridin-Stickstoffatom und den pz5-Wasserstoffatomen mit

einem mittleren Abstand d(N(Pyridin)…H(pz5)) = 2.663(2) Å und andererseits zwischen den

Imin-Stickstoffatomen der Pyrazolringe und den Wasserstoffatomen in 3- und 5-Position des

Pyridinrings mit einem mittleren Abstand von d(N(pz)…H(py3/5)) = 2.518(2) Å. Im

Kristallgitter sind die Moleküle über Wasserstoffbrückenbindungen zwischen dem

Sauerstoffatom der Carbonylgruppe eines Moleküls mit einem pz5-Proton eines

Nachbarmoleküls mit einem mittleren Abstand d(OA…HB) = 2.485(2) Å zu Ketten verknüpft.

Zwischen den Ketten herrscht Zusammenhalt der Moleküle durch π-π-Stapel- und C–H…π-

Wechselwirkungen. Die trans,trans- Konfiguration der Pyrazolringe zum Pyridinring

entspricht der literaturbekannter Bpp-Liganden.[78-80]

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 24

Abbildung 2.4. Struktur von 4 bei 293 K (nur eines der zwei Moleküle in der

asymmetrischen Einheit ist gezeigt, 50 % Wahrscheinlichkeitsellipsoide).

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 25

Tabelle 2.2. Ausgewählte Abstände [Å] und Winkel [°] für 4 bei 293 K. Die

Standardabweichungen sind in Klammern gesetzt.

Abstand Winkel

C4–N3 1.3320(17) N3-C4-C5 124.58(13)

C4–C5 1.3883(18) C7-C6-C5 120.29(12)

C5–C6 1.3897(19) C6-C7-C8 117.08(13)

C6–C7 1.3879(19) N3-C8-N4 114.69(12)

C7–C8 1.3928(19) C7-C8-N4 121.10(12)

C8–N3 1.3314(17) C8-N3-C4 116.92(12)

C1–C2 1.404(2) C3-C2-C1 104.91(13)

C2–C3 1.363(2) C2-C3-N2 106.52(13)

C3–N2 1.3635(18) C1-N1-N2 103.59(12)

N1–N2 1.3639(16) C3-N2-N1 112.38(12)

C4–N2 1.4127(17) C3-N2-C4 127.64(12)

C1-N1 1.3251(19) N1-N2-C4 119.92(11)

C10–C11 1.399(2) C9-C10-C11 105.39(13)

C9–C10 1.362(2) C10-C9-N4 106.22(13)

C9–N4 1.3657(18) C11-N5-N4 104.01(12)

N4–N5 1.3612(16) N5-N4-C9 112.16(12)

C8–N4 1.4061(17) C9-N4-C8 127.46(12)

C11–N5 1.3226(19) N5-N4-C8 120.37(11)

Die Reduktion der Ethylesterverbindung 4 erfolgte mit einem Überschuss (5 Äquivalente)

Natriumborhydrid in EtOH. Der Alkohol 2,6-Bis(pyrazol-1-yl)-4-(hydroxymethyl)pyridin (5)

konnte ohne weitere Aufreinigung in hoher Ausbeute gewonnen werden. Die erfolgte

Umsetzung wurde mit den zur Verfügung stehenden analytischen Methoden bestätigt. Das IR-

Spektrum zeigt den Wegfall der starken Bande der C=O-Streckschwingung der Estergruppe

bei 1729 cm–1 und eine neue breite Bande der O–H-Streckschwingung bei 3299 cm–1. Das EI-

Massenspektrum zeigt den Molekülionenpeak von 5 mit einer Intensität von 100 % bei m/z =

241. Abbildung 2.5 zeigt das 1H-NMR-Spektrum von Verbindung 5 in [D]Chloroform bei RT

mit Vergrößerungen der aufgespaltenen Signale.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 26

Abbildung 2.5. 1H-NMR-Spektrum von 5 in [D]Chloroform bei RT.

Die Signale für die Methylen- und die Methyl-Protonen des Ethylrests der Estergruppe von 4

bei 4.43 bzw. 1.42 ppm tauchen im Spektrum des Produkts 5 nicht auf. Es zeigt sich ein

breites Signal des Hydroxyl-Protons bei 3.08 ppm und ein Signal bei 4.81 ppm für die beiden

Protonen der benachbarten Methylen-Gruppe. Da das Spektrum in [D]Chloroform

aufgenommen wurde, ist eine vicinale Kopplung der Methylen-Protonen mit dem OH-Proton

durch dessen schnellen Austausch nicht zu erkennen. Das Methylen-Signal hat die Form eines

Tripletts mit einer Kopplungskonstante von 0.7 Hz. Die Aufspaltung wird durch eine 4J-

Fernkopplung mit den C3/5-Protonen des Pyridinrings verursacht, deren Signal im Spektrum

dieselbe Aufspaltung von 0.7 Hz aufweist. Die Signale der Protonen des Pyrazolrings

erscheinen jeweils als Dublett von Dubletts im Spektrum, durch Kopplungen mit den anderen

beiden Pyrazol-Protonen. Das Signal für die Protonen an der 4-Position der Pyrazolringe

befindet sich bei 6.47 ppm mit zwei 3J-Kopplungen zu den benachbarten Pyrazol-Protonen

von J = 1.7 und 2.6 Hz. Die Signale der Protonen an der 5-Position des Pyrazols sind

verglichen mit dem Signal der pz3/3’-Protonen bei 7.74 ppm deutlich tieffeldverschoben nach

8.49 ppm. Die zusätzliche Entschirmung wird durch die Wechselwirkung der pz5/5’-Protonen

a

b

cd

e

f

CHCl3

ab

c

d

e

f

NN NN N

OH

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 27

mit dem freien Elektronenpaar des Pyridin-Stickstoffatoms verursacht. Der Abstand

d(N(py)…H(pz5/5’)) beträgt in Verbindung 4 im Mittel 2.66 Å, wie aus der Röntgenstruktur

hervorgeht. Für 5 kann die gleiche Konformation mit ähnlichen Bindungsabständen erwartet

werden. Im 13C-NMR-Spektrum von Verbindung 5 sind die Signale für die Esterfunktion von

4 bei 164.48 (C=O), 62.70 (CH2) und 14.79 ppm (CH3) nicht mehr vorhanden.

Abbildung 2.6. 13C-NMR-Spektrum von 5 in [D6]DMSO bei RT.

Die Signale der tertiären Kohlenstoffatome py2/6 und py4 befinden sich bei 159.1 und 149.5

ppm am stärksten tieffeldverschoben. Richtung Hochfeldbereich erscheinen als nächstes die

Signale der aromatischen CH-Kohlenstoffatome. Die den Stickstoffatomen benachbarten

pz3/3’- und pz5/5’-Kohlenstoffatome erscheinen bei 142.5 und 128.0 ppm. Bei 108.2 und 106.0

befinden sich die Signale der py3/5- und der pz4/4’-C-Atome. Schließlich findet man im

Hochfeldbereich noch das Signal des Methylen-C-Atoms. Die Zuordnungen der chemischen

Verschiebung und Aufspaltung der Signale gilt in guter Näherung auch für die NMR-

Spektren der übrigen Bispyrazolylpyridin-Derivate. Daher wurde auf eine ausführliche

Diskussion der NMR-Spektren in der Folge verzichtet und es werden nur signifikante

Veränderungen beschrieben.

a

bcdef

g

DMSO

a

b

c

de

f

gNN NN N

OH

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 28

Die Substitution der Hydroxylgruppe durch die Thiocyanatgruppe wurde unter Nutzung eines

Protokolls von Iranpoor[81] durchgeführt. Bei dieser Methode wird aus einem Gemisch von

Triphenylphosphan, Brom und Ammoniumthiocyanat die Spezies Ph3P(SCN)2 in situ erzeugt.

Die Methode weist mehrere Vorteile auf gegenüber dem Einsatz von freien SCN–-Ionen als

Nucleophil, beispielsweise in Form von KSCN, oder der Verwendung von giftigem

Thiocyanogen ((SCN)2). Die Reaktion zeigt eine hohe Chemoselektivität. So entsteht

ausschließlich die Thiocyanat-Spezies als Produkt. Das entsprechende Isothiocyanat, welches

bei Verwendung von KSCN (s. Kap. 2.2.2) das Hauptprodukt stellt, wird nicht gebildet.

Darüber hinaus verläuft die Umsetzung schnell und bei Raumtemperatur. Bei der Reaktion

wurde zunächst das Triphenylphosphan mit Brom in einer Lösung in MeCN umgesetzt. Das

entstandene Ph3P(Br)2 wurde anschließend mit NH4SCN umgesetzt, wobei Ph3P(SCN)2

entsteht. Nach Zugabe des Alkohols 5 und anschließendem Rühren bei RT fällt als

Nebenprodukt Triphenylphosphanoxid in Form eines weißen Niederschlags aus. Dieser wurde

abgetrennt und das Filtrat säulenchromatographisch gereinigt, wobei die Thiocyanat-

Verbindung 6 als weißer Feststoff erhalten wurde. Mit der Analytik zu Verbindung 6 musste

neben der Identität der Substanz sichergestellt werden, dass es sich um das Thiocyanat- und

nicht um das Isothiocyanat-Isomer handelt (s. Kap. 2.2.2). Im Vergleich zu Verbindung 5

zeigt das 1H-NMR-Spektrum von 6 nicht länger das breite Signal des OH-Protons der

Hydroxlgruppe. Das Signal der Methylen-Protonen ist im Spektrum von 6 mit 4.21 ppm

hochfeldverschoben im Gegensatz zu 4.81 ppm für 5, entsprechend der geringeren

Elektronegativität des Schwefelatoms verglichen mit dem Sauerstoffatom der Hydroxyl-

gruppe. Aus dem gleichen Grund verschiebt sich das Signal des Kohlenstoffatoms der

Methylengruppe im 13C-NMR-Spektrum deutlich Richtung Hochfeld von 61.7 ppm in 5 nach

36.6 ppm in Verbindung 6. Das Signal des Kohlenstoffatoms der Thiocyanatgruppe erscheint

im Spektrum bei 110.6 ppm im typischen Bereich für Thiocyanate.[81] Signale für das

Kohlenstoffatom in der Isothiocyanatgruppe erscheinen im 13C-NMR-Spektrum bei tieferem

Feld um 130 ppm. Die IR-Spektroskopie stellt ein besonders geeignetes Instrument dar,

Thiocyanat-Verbindungen zu identifizieren. Die Bande der C≡N-Streckschwingung der SCN-

Gruppe erscheint im Bereich 2175–2135 cm–1 mit starker Intensität in einer

Wellenzahlenregion, in der ansonsten wenige Gruppen charakteristische Absorptionen zeigen.

Im Spektrum der Verbindung 6 befindet sich diese starke Bande bei 2160 cm–1. Zusätzlich

findet sich eine charakteristische mittelstarke Bande der ν(C–S)-Schwingung bei 618 cm–1,

welche im IR-Spektrum des Edukts nicht vorhanden ist. Die Elementaranalyse stimmt mit den

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 29

berechneten Werten überein. Hinweise, dass als Nebenprodukt der Reaktion die

Isothiocyanatspezies entstanden ist, finden sich nicht. Im IR-Spektrum wäre ein Isothiocyanat

eindeutig anhand der sehr starken, breiten Doppel-Bande der asymmetrischen –N=C=S-

Streckschwingung im Bereich 2140–2080 cm–1 zu identifizieren (s. Kap. 2.2.2).

Die einzelnen Stufen der Synthese können jede für sich im Gramm-Maßstab mit guten

Ausbeuten durchgeführt werden. Hinsichtlich des Synthesekonzepts liegt mit Verbindung 6

ein dreizähniger Ligand zur Verankerung auf Oberflächen vor, der als Ankergruppe eine

Thiocyanatfunktion und als Distanzstück eine Methylengruppe aufweist.

Beschichtungsversuche von Goldoberflächen mit Ligand 6 wurden durchgeführt. Diese

Untersuchungen werden in Kapitel 4 diskutiert.

2.2.2 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-(isothiocyanatomethyl)pyridin (8)

Die Thiocyanatverbindung 6 sollte ursprünglich über eine alternative Syntheseroute

hergestellt werden. Ausgehend vom Alkohol 5 sollte dabei aus der Bromverbindung 7 mittels

nucleophiler Substitution durch Thiocyanat-Ionen die Thiocyanatverbindung 6 gewonnen

werden. Infolge des ambidenten Charakters des Thiocyanat-Ions bildete sich jedoch

stattdessen die Isothiocyanatverbindung 8. Abbildung 2.7 zeigt den geplanten und den

tatsächlichen Verlauf der Synthese.

NNNN N

OH

NNNN N

Br NNNN N

SCN

NNNN N

NCS

i

ii

5 7

6

8

Abbildung 2.7. Synthese von 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-(isothiocyanatomethyl)pyridin (8);

(i) PPh3, Br2, DCM, 12 h, RT, 66 %; (ii) KSCN, Diglyme, 24 h, 100 °C, 35 %.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 30

Die Alkohol-Verbindung 5 wurde mit Triphenylphosphan und elementarem Brom bei 0 °C

zusammengegeben und 12 h bei Raumtemperatur gerührt. Nach Abtrennung des entstandenen

Triphenylphosphanoxids und säulenchromatographischer Trennung konnte 2,6-Bis(1H-

pyrazol-1-yl)-4-(brommethyl)pyridin 7 in Form eines gelblichen Feststoffes gewonnen

werden. Das 1H-NMR-Spektrum von 7 zeigt im Vergleich zum Edukt 5 die erwartete

Verschiebung des Signals der Methylengruppe in Richtung Hochfeld von 4.81 ppm nach 4.48

ppm durch die schwächere Entschirmung der Methylen-Protonen durch das Bromatom. Das

breite Signal für das Hydroxyl-Proton des Alkohols ist im Spektrum der Verbindung 7 nicht

enthalten.

Die Bromverbindung 7 sollte anschließend in einer nucleophilen Substitution zum Thiocyanat

6 umgesetzt werden. Dazu wurde 7 zusammen mit Kaliumthiocyanat in Diglyme für 24 h auf

100 °C erhitzt. Nach säulenchromatographischer Trennung erhielt man Verbindung 8 als

weißen Feststoff. Die Elementaranalyse von Verbindung 8 entspricht der Summenformel

C13H10N6S, was sowohl der Thiocyanat- als auch der Isothiocyanatverbindung entspricht. Das 1H-NMR-Spektrum von 8 zeigt das Signal der Methylengruppe bei 4.80 ppm. Diese

Verschiebung entspricht der von Methylengruppen in vergleichbaren Isothiocyanat-

Verbindungen.[82] Das Signal der Methylen-Protonen in der Thiocyanatverbindung 6 erscheint

zu höherem Feld verschoben bei 4.21 ppm. Verbindungen 6 und 8 lassen sich am deutlichsten

durch IR-Spektroskopie unterscheiden. Abbildung 2.8 zeigt die IR-Spektren beider

Verbindungen als Feststoffe in KBr.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 31

Abbildung 2.8. IR-Spektren der Isothiocyanatverbindung 8 (a) und der Thiocyanat-

verbindung 6 (b) als Feststoffe in KBr.

Gut zu erkennen ist im Spektrum von 8 die breite Bande der asymmetrischen –N=C=S-

Streckschwingung bei 2106 cm–1. Die Doppelbande bei 2215 und 2194 cm–1 ist

charakteristisch für aliphatische Isothiocyanate, könnte aber teilweise auch von als

Nebenprodukt entstandenem Thiocyanat verursacht sein. Im Spektrum von 6 ist dagegen eine

einzelne scharfe Bande in der gleichen Region des Spektrums bei 2160 cm–1 zu sehen, die

durch die C≡N-Streckschwingung verursacht wird. Im Fingerprintbereich unterhalb von 1600

cm–1 weisen beide Spektren große Übereinstimmung auf, da sich die Substanzen nur in der

Konfiguration einer funktionellen Gruppe unterscheiden, während die Teile der Moleküle mit

den aromatischen Ringen identisch sind. Abweichungen sind besonders im Bereich unterhalb

750 cm–1 zu erkennen. Im Spektrum von 8 tauchen hier die Banden der Deformations-

schwingungen der NCS-Gruppe auf. Im Spektrum von 6 werden die Banden in diesem

Bereich sowohl von den Deformationsschwingungen der SCN-Gruppe als auch den

symmetrischen und asymmetrischen Streckschwingungen der C–S-Bindung verursacht.

ν(C≡N)

νas(N=C=S)

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 32

Die fehlgeschlagene Synthese der Thiocyanatverbindung 6 auf dieser Route ergab die

Isothiocyanatverbindung 8. Durch das Vorliegen der analytischen Untersuchungen zur

Isothiocyanatverbindung konnte jedoch in den späteren Versuchen zur Synthese der

Thiocyanatverbindung (Kap. 2.2.1) zuverlässig auf entstandenes Isothiocyanat als

Nebenprodukt geprüft werden.

2.2.3 N-(2-Mercaptoethyl)-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxamid

(10)

Nachdem Untersuchungen zur Beschichtung von Goldoberflächen mit dem

Thiocyanatliganden 6 und dessen Eisen(II)-Komplex schlechte bzw. keine Ordnung der

Moleküle auf der Oberfläche zeigten (vgl. Kapitel 4), wurde der Ligand gemäß dem flexiblen

Synthesekonzept verändert. Zwei Eigenschaften der verwendeten Moleküle sollten dabei

angepasst werden. Zum einen sind die verwendeten Moleküle in ihrer Gestalt möglicherweise

ungünstig zur Ausbildung gleichmäßiger Schichten. Der relativ schlanke Anker mit dem

Distanzstück trägt als Endgruppe den sterisch stark ausladenden Eisen(II)-Komplex.

Moleküle in geordneten Lagen auf Oberflächen sind jedoch auf signifikante intermolekulare

Wechselwirkungen angewiesen. Diese bestehen in den meisten Fällen aus van-der-Waals-

Wechselwirkungen. Durch die sterisch größere Endgruppe der hier verwendeten Moleküle

werden die Kontaktflächen zu benachbarten Molekülen kleiner und werden von den

Wechselwirkungen der Endgruppen untereinander bestimmt. Die Abstände und Winkel, die

ein solchermaßen erzeugtes Netzwerk aufweisen würde, würden nicht mit dem

darunterliegenden Au(111)-Gitter übereinstimmen. Die Moleküle können deshalb vermutlich

keine größeren geordneten Bereiche bilden.

S

R

S

R

S

R

S

R

S

R

S

R

S S S S S Sa) b)

Abbildung 2.9. Modellansicht von (a) Alkanthiolen (R = Alkylkette) und (b)

oberflächenverankerten Molekülen mit sterisch anspruchsvollen Endgruppen.

Als erstes sollte daher das Distanzstück, das in 6 aus einer Methylengruppe besteht, durch

eine längere Gruppe ersetzt werden, um den Molekülen eine höhere Flexibilität zu geben.

Durch Konformationsänderungen in der längeren Kette könnte so sterische Spannung

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 33

abgebaut und die Wechselwirkungen zwischen den Molekülen erhöht werden. Eine bessere

Ordnung der Moleküle würde auch durch stärkere intermolekulare Wechselwirkungen auf der

Oberfläche erreicht werden. Daher sollte zusätzlich durch Einfügung von Amid-Funktionen in

die Distanzstücke die Ausbildung von intermolekularen Wasserstoffbrückenbindungen

erreicht werden.

S S

N N

R RO O

H

S S

N NH

R RO O

HH

Abbildung 2.10. Modellansicht von Amidgruppen tragenden Molekülen auf einer

Goldoberfläche.

Die Einführung von Amidgruppen in n-Alkanthiole ist eine Möglichkeit, das

Ordnungsverhalten der Moleküle auf Oberflächen durch intermolekulare Wechselwirkungen

zu verbessern.[25] Die Verankerung der Moleküle auf der Oberfläche geschieht wie bei den

nicht funktionalisierten n-Alkanthiolen. Bei der Reorganisation auf der Oberfläche treten die

Moleküle sowohl durch van-der-Waals-Kräfte als auch durch Wasserstoffbrückenbindungen

in Wechselwirkung mit benachbarten Molekülen. Die Wasserstoffbrückenbindungen werden

zwischen dem Sauerstoffatom des Carbonylteils der Amidgruppe und dem Wasserstoffatom

des Aminteils der Amidgruppe eines benachbarten Moleküls gebildet.

Die Synthese des Zielliganden besteht in der Knüpfung der Amid-Bindung ausgehend von

einer Carbonsäurespezies und einer Aminspezies.

NNNN N

COOH

NNNN N

HN

SHH2N+

SHO

i

2 9 10

Abbildung 2.11. Synthese von 10, (i) EDC · HCl, HOBt, Et3N, DMF, 12 h, RT, 83 %.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 34

Zur Knüpfung der Bindung wurde die Methode von König und Geiger verwendet.[83] Statt des

Systems DCC/HOBt (DCC = Dicyclohexylcarbodiimid) wurde hier jedoch EDC · HCl/HOBt

(EDC = 1-(3-Dimethylaminopropyl)-3-ethylcarbodiimid-hydrochlorid) verwendet. EDC

besitzt gegenüber DCC mehrere Vorteile.[84] Der bei der Reaktion aus dem Carbodiimid

entstehende Harnstoff ist im Fall von EDC im Gegensatz zu DCC sehr gut in polaren

Lösungsmitteln löslich und dadurch nach der Reaktion gut abzutrennen. Darüber hinaus ist

DCC auch giftiger als EDC. Die Carbonsäureverbindung 2 wurde zunächst mit EDC-

Hydrochlorid und HOBt in DMF zusammengegeben, um die Säurefunktion zu aktivieren.

Anschließend wurde Cysteamin (9) und nach 20 min Triethylamin zum Reaktionsgemisch

gegeben. Das Gemisch wurde dann 12 h bei Raumtemperatur gerührt und anschließend

wässrig aufgearbeitet. Eine säulenchromatographische Aufreinigung ist nicht notwendig, N-

(2-Mercaptoethyl)-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxamid (10) entsteht in guten

Ausbeuten über 80 % bezogen auf das Edukt 2, in hoher Reinheit. Bei der analytischen

Untersuchung des Produkts konnte neben der Bestätigung einer erfolgreichen Umsetzung

auch das mögliche Vorliegen einer Disulfidverbindung anstelle der gewünschten

Thiolverbindung ausgeschlossen werden. Die Elementaranalyse von 10 stimmt gut mit den

berechneten Werten überein. Das IR-Spektrum, aufgenommen als Feststoff in KBr, bestätigt

durch den Vergleich mit dem Spektrum des Edukts 2 die erfolgreiche Umsetzung. Die

Absorptionsbanden, die den aromatischen Ringen zugeordnet werden, werden im

Produktspektrum wieder gefunden. Die Bande der C=O-Streckschwingung der

Carbonsäurefunktion in 2 bei 1725 cm–1 ist im Produktspektrum nicht mehr zu finden. Das

Vorliegen der Amid-Funktion wird im Spektrum von 10 durch drei charakteristische Banden

angezeigt, die im Spektrum von 2 nicht vorkommen. Die Bande der N–H-Streckschwingung

erscheint bei 3264 cm–1; die Amid I-Bande der C=O-Streckschwingung erscheint mit starker

Intensität bei 1643 cm–1; die Amid II-Bande der N–H-Deformations- und der C–N-

Streckschwingung findet sich bei 1543 cm–1. Bei 2556 cm–1 findet sich eine schwache Bande,

die durch die S–H-Streckschwingung der Thiolfunktion verursacht wird. In dieser Region des

Spektrums tauchen generell sehr wenige Absorptionsbanden auf, sodass die beobachtete

Bande eindeutig zugeordnet werden kann. Eine Disufidverbindung könnte möglicherweise im

IR-Spektrum anhand von zwei schwachen Banden ihrer S–S-Streckschwingung im Bereich

530-500 cm–1 identifiziert werden. Dieser Bereich ist im Spektrum von 10 frei von

Absorptionsbanden. Das 13C-NMR-Spektrum von 10 zeigt die erwarteten Signale, mit den

hinzugekommenen Signalen der beiden Methylen-C-Atome bei 43.0 und 32.1 ppm. Im 1H-

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 35

NMR-Spektrum von 10 ist das breite Signal des Carboxyl-Protons des Edukts bei 14.10 ppm

nicht mehr vorhanden. Die Signale der Wasserstoffatome der Pyrazolringe und des

Pyridinringes im Aromatenbereich sind nicht oder unwesentlich verschoben. Bei 9.26 ppm

findet sich das Signal des Amid-Protons in Form eines Tripletts durch die Kopplung mit den

beiden benachbarten Methylenprotonen. Bei 2.50 ppm befindet sich ein Multiplett-Signal, das

dem Thiol-Proton zugeordnet werden kann. Die beiden letzten Signale sind im Spektrum nur

in Lösung in [D6]DMSO zu erkennen, wie es für schnell austauschende Protonen zu erwarten

ist. Sie entsprechen in ihrem Integral je einem Wasserstoffatom, wobei das Thiol-Signal vom

Resonanzsignal des Lösungsmittels bei 2.49 ppm überlagert ist. Zwei neue Signale zeigen

sich bei 3.47 und 2.69 ppm, die den Methylengruppen der Alkylkette zugeordnet sind. Beide

Signale sind jeweils in ein Dublett von Tripletts aufgespalten und entsprechen in ihren

relativen Integralen zwei Wasserstoffatomen. Die Triplettaufspaltung wird durch die vicinale

Kopplung der Methylen-Protonen untereinander verursacht. Die Dublett-Aufspaltungen

kommen durch die Kopplung der Methylengruppe bei 3.47 ppm mit dem Amid-Proton

einerseits und durch die Kopplung der Methylengruppe bei 2.69 mit dem Thiol-Proton

andererseits zustande. Wird der NMR-Probe ein Tropfen D2O zugefügt, ändert sich das

resultierende 1H-NMR-Spektrum erwartungsgemäß. Durch den Wasserstoff↔Deuterium-

Austausch verschwinden die Signale für das Amid- und das Thiol-Proton im Spektrum,

während die beiden Methylen-Signale nur noch jeweils in ein Triplett aufgespalten sind.

Abbildung 2.12 zeigt das 1H-NMR-Spektrum der Verbindung 10 mit der Zuordnung der

Signale. Ausschnitte aus dem Spektrum nach Zugabe von D2O zur Probelösung sind gezeigt.

In diesen Bereichen fallen die Signale der aciden Amid- und Thiolprotonen weg. Im Bereich

des Thiolprotons um 2.50 ppm verbleibt ein schwaches Signal, das durch das Lösungsmittel

DMSO verursacht wird.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 36

Abbildung 2.12. 1H-NMR-Spektrum von 10 in [D6]DMSO bei RT. Die Ausschnitte zeigen

die Bereiche von 9.4-8.9 und 2.8-2.4 ppm nach Zugabe von D2O zur Probelösung.

Die Untersuchungen bestätigen die Bildung der gewünschten Verbindung. Mithilfe der 1H-

sowie der IR-Spektroskopie konnte das Vorliegen der freien Thiolfunktion in der Verbindung

nachgewiesen werden. Verbindung 10 lässt sich in Ausbeuten über 80 % im Gramm-Maßstab

elementaranalysenrein reproduzieren. Die Ligandensynthese eröffnet durch den modularen

Ansatz die Möglichkeit, Derivate größerer Kettenlänge darzustellen. Dazu könnte das

eingesetzte Cysteamin durch α-Mercapto-ω-amine unterschiedlicher Methylen-Kettenlänge

ersetzt werden. Cysteamin ist allerdings das einzige günstig käuflich erhältliche α-Mercapto-

ω-amin-n-alkan. Die Synthese von Mercaptoamin-n-alkanen längerer Kette stellte sich als

schwierig heraus und wurde nach Untersuchung des Beschichtungsverhaltens des Liganden

und vor allem dessen Eisenkomplexen (Kapitel 4) zugunsten alternativer Liganden

zurückgestellt. Ein weiterer Ligand wurde noch nach dem vorgestellten Konzept synthetisiert

(s. Kapitel 2.2.4).

Mit Verbindung 10 liegt ein dreizähniger Ligand zur Verankerung auf Goldoberflächen mit

Thiolankergruppe vor. Zusätzlich ermöglicht die Struktur von 10 die Ausbildung von nicht-

+ D2O + D2Oa

b

c

d

e

fg

h

abc

de

f

g

h

NNNN N

HN

SHO

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 37

bindenden intermolekularen Wechselwirkungen in Form von Wasserstoffbrückenbindungen

und Flexibilität durch eine größere Kettenlänge, womit eine höhere Ordnung der Monolagen

erreicht werden könnte. Beschichtungsversuche mit Ligand 10 auf Goldoberflächen wurden

durchgeführt und werden in Kapitel 4 behandelt.

2.2.4 N-(4-(4-Mercaptophenyl)phenyl)-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-

carboxamid (12)

Eine in neuester Zeit untersuchte Verbindungsklasse für die Präparation von SAMs auf

Goldoberflächen stellen ω-(Biphenyl-4-yl)alkanthiole dar.[85, 86]

CH2 SHR R = H, Me

n = 0-6n

Abbildung 2.13. Allgemeine Strukturformel von ω-(Biphenyl-4-yl)alkanthiolen.

In den Monolagen dieser Verbindungen existieren intermolekulare Wechselwirkungen in

Form von π-π-Stapelwechselwirkungen zwischen den aromatischen Ringen. Moleküle mit

längeren Alkylketten bringen hierbei die besten Ergebnisse. Bei Knüpfung einer

Amidbindung der Carbonsäure 2 zu einem ω-(Biphenyl-4-yl)alkanthiol mit einem primären

Amin in der 4’-Position würde ein Ligand erhalten werden, der vergleichbar mit Ligand 10

durch Ausbildung zweier Arten sekundärer Wechselwirkungen höhere Ordnung der

Monolagen auf der Oberfläche zeigen könnte.

Die Synthese besteht in der Verknüpfung der Carbonsäure 2 mit dem Mercaptoamin 11 durch

Knüpfung einer Amidbindung nach der König-Geiger-Methode[83] unter Verwendung von

EDC statt DCC.

N

N

N

N

N

COOH

N

N

N

N

N

HN

O

SHi

2 12

H2N

SH

+

11

Abbildung 2.14. Synthese von N-(4-(4-Mercaptophenyl)phenyl)-2,6-bis(1H-pyrazol-1-

yl)pyridin-4-carboxamid (12); (i) EDC · HCl, HOBt, Et3N, DMF, 18 h, RT, 61 %.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 38

EDC · HCl, HOBt, die Carbonsäureverbindung 2 und das Mercaptoamin 11 wurden in DMF

zusammengegeben. Nach 20 min wurde Triethylamin dem Reaktionsgemisch hinzugefügt

und die resultierende Lösung 18 h bei RT gerührt. Nach Abtrennung der Nebenprodukte

durch wässrige Aufarbeitung konnte der Ligand 12 in Form eines weißen Feststoffes in 61 %

Ausbeute gewonnen werden. Das EI-Massenspektrum des Produkts zeigt den erwarteten

Molekülionenpeak mit einer Intensität von 100 % bei m/z = 438. Im Massenspektrum sind

Peaks bei m/z = 201 und 238 enthalten, die Fragmenten nach einer Spaltung der

Amidbindung im Massenspektrum entsprechen. Signale, die einem Dimer der Verbindung

(infolge Disulfidbildung) entsprechen, sind auch bei höheren Messtemperaturen nicht im

Spektrum zu finden. Das 1H-NMR-Spektrum des Produkts in [D6]DMSO zeigt die erwarteten

Signale. Das Signal des einzelnen Amid-Protons befindet sich bei 10.96 ppm. Verglichen mit

dem Signal des Amid-Protons in 10 liegt es noch weiter in Richtung Tieffeldbereich

verschoben, verursacht durch die Nachbarschaft zum aromatischen Ringsystem. Bei Zugabe

von D2O zur Probelösung ist das Signal im resultierenden Spektrum nicht zu finden. Die

Signale der Pyrazol- und der Pyridin-Protonen befinden sich kaum verschoben an den Stellen

im Spektrum wie in Verbindung 10. Das Signal des Protons am C3-Atom der Pyrazolringe bei

7.93 ppm wird dabei durch ein Multiplett überlagert, das durch zwei der Protonen des

Biphenylsystems erzeugt wird. Die restlichen sechs Protonen erscheinen in Multipletts bei

7.73 und 7.64 ppm. Das Signal des Thiol-Protons liegt bei 3.49 ppm im typischen Bereich für

Thiophenole (das S–H-Signal für Thiophenol erscheint bei 3.40 ppm).[82] Bei Zugabe von

D2O zur Probelösung ist kein Signal im resultierenden Spektrum zu erkennen. Die genaue

Identifikation wird durch die Tatsache erschwert, dass Restwasser im verwendeten D2O ein

Signal im gleichen Bereich zeigt, wie im Spektrum zu erkennen ist (Abbildung 2.15)

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 39

Abbildung 2.15. 1H-NMR-Spektrum von 12 in [D6]DMSO bei RT.

Die analytischen Untersuchungen bestätigen die erfolgreiche Synthese der Verbindung 12.

Biphenyle mit der Thiolfunktion direkt am Aromaten, also ohne Alkylkette, sind dafür

bekannt, nur schlecht geordnete Monolagen auf Oberflächen zu bilden. Das durch die π-π-

Wechselwirkungen gebildete Molekül-Netzwerk ist inkommensurabel mit dem es tragenden

Gitter der Goldatome. Die Moleküle benötigen daher zusätzlich Alkylketten variabler Länge,

um Defekte in der Monolage flexibel auszugleichen.[86] Beschichtungsversuche mit

Verbindung 12 wurden bisher nicht unternommen, aber es ist zu vermuten, dass diese

Moleküle keine wohlgeordneten Monolagen bilden. Die Synthese von 12 zeigt jedoch eine

einfache Methode, die gut auf Oberflächen charakterisierten ω-(Biphenyl-4-yl)alkanthiole mit

dem dreizähnigen Bpp-Liganden zu verbinden, sobald die nötigen Derivate des

Mercaptoamins 11 mit eingefügter Alkylkette zugänglich sind.

a

bc

c/d

e

f

g

H2O

H2O

a

b

c

de

f

gc

+ D2O

+ D2O N

N

N

N

N

NH

O

HS

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 40

2.2.5 (2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-yl)methyl-11-mercaptoundecanoat

(14)

Die Synthese von Homologen von Ligand 10 mit größerer Kettenlänge scheiterte bisher an

der schlechten Verfügbarkeit der notwendigen Mercaptoamine. Im Gegensatz dazu sind α-

Mercapto-ω-carboxyl-n-alkane mit verschiedenen Kettenlängen günstig kommerziell

erhältlich. Diese Carbonsäuren können mit einem geeigneten Alkohol eine Esterbindung

eingehen, wie z. B. mit Verbindung 5. Um die Veresterung möglichst schonend für die

Thiolfunktion durchzuführen, wurde auf säure- oder basenkatalysierte Methoden der

Veresterung verzichtet. Stattdessen wurde eine Methode von Gooßen et al. verwendet, die die

Esterbindung mittels Kupplungsreagenzien knüpft.[87] Die Methode verwendet statt der

üblichen DCC/DMAP-Kombination[88] das System Di-t-butyldicarbonat ((BOC)2O)/DMAP.

Der Vorteil der Methode ist die Art der durch das Kupplungsreagenz gebildeten

Nebenprodukte. Es handelt sich um CO2 und t-Butanol, welche infolge ihrer Flüchtigkeit

leicht abzutrennen sind.

NNNN N

OH

+ HOOC CH2 SH10

i

NNNN N

OCH2

OSH

10

5 13 14

Abbildung 2.16. Synthese von 14; (i) (BOC)2O, 4-DMAP kat., MeCN, 23 h, 60 °C, 63 %.

Zur Synthese wurde der Alkohol 5 zusammen mit 11-Mercaptoundecansäure 13, Di-t-

Butyldicarbonat und 5 Mol-% 4-DMAP in MeCN 23 h auf 60 °C erhitzt. Saure Aufarbeitung

zur Vernichtung überschüssigen Di-t-Butyldicarbonats ergab nach säulenchromatographischer

Reinigung die Thiolverbindung 14 in Form eines farblosen Öls, das sich beim Trocknen im

Hochvakuum verfestigte. Das IR-Spektrum des Produktes beinhaltet nicht mehr die

charakteristische Absorptionsbande der O–H-Streckschwingung des Edukts 5 bei 3299 cm–1.

Die durch die aromatischen Ringe verursachten Banden im Spektrum von 14 sowohl im

Bereich 3000-3150 cm–1 als auch unterhalb 1600 cm–1 stimmen gut mit denen im Spektrum

von 5 überein. Die starke Bande der C=O-Streckschwingung der Estergruppe taucht bei 1744

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 41

cm–1 im Spektrum auf. Sie ist deutlich verschoben zur C=O-Streckschwingung der

Carboxylfunktion von Edukt 13, die bei 1714 cm–1 absorbiert. Die lange Alkylkette in 14 hat

eine starke Auswirkung auf das Aussehen des Spektrums. Die Bande der asymmetrischen

Streckschwingung der Methylengruppen erscheint bei 2923 cm–1 und die der symmetrischen

bei 2853 cm–1. Die Banden der beiden ν(C-H)-Schwingungen sind von starker Intensität,

besonders in Relation zur Intensität der ν(C–H)-Schwingungen der aromatischen Ringe um

3100 cm–1, verglichen mit dem Spektrum von 5. Zusätzlich ist ein Dublett starker Absorption

bei 1161 cm–1 und 1128 cm–1 der C–C-Skelett-Streckschwingungen zu erkennen.

Abbildung 2.17. IR-Spektrum (KBr) von (a) 5 und (b) 14 im Vergleich.

Das EI-Massenspektrum von 14 zeigt den erwarteten Molekülionenpeak mit einer Intensität

von 59 % bei m/z = 441. Im 1H-NMR-Spektrum der Verbindung sind die erwarteten Signale

enthalten. Die Signale der Protonen der aromatischen Ringe finden sich im Gegensatz zum

Spektrum von Edukt 5 kaum verschoben im Spektrum wieder. Die Protonen der

Methylengruppe in para-Position des Pyridinrings sind erwartungsgemäß durch die direkte

Bindung zur Estergruppe tieffeldverschoben und liegen bei 5.22 ppm, während das Signal im

Spektrum von 5 bei 4.81 ppm erscheint. Im Hochfeldbereich des Spektrums sind die Signale

der Methylengruppen der C10-Kette zu sehen. Im Bereich von 2.94-2.42 ppm erscheinen die

a)

b)

ν(O–H)

ν(C–H), arom.

ν(C–H), aliphat.

ν(C–H), arom.

ν(C–H), aliphat.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 42

Signale der Methylengruppen mit Bindung zur Thiol- bzw. zur Esterfunktion. Die Signale der

16 Protonen der restlichen Methylengruppen bilden ein breites Multiplett von 1.84-1.17 ppm.

Dieses Signal wird zusätzlich überlagert von Hexan-Signalen im Bereich um 1.26 ppm, die

das Integral verfälschen. Hexan wurde bei der Aufarbeitung als Laufmittel für die

Säulenchromatographie verwendet und ist nur sehr schwer aus dem Produkt zu entfernen.

Abbildung 2.18. 1H-NMR-Spektrum von 14 in [D]Chloroform bei RT.

Die analytischen Untersuchungen bestätigen die erfolgreiche Synthese von Ligand 14. Es ist

anzunehmen, dass analoge Umsetzungen mit α-Mercapto-ω-carboxyl-n-alkanen

unterschiedlicher Kettenlänge ebenso durchführbar sind. Die Methode stellt damit eine wenig

aufwendige Möglichkeit dar, die dreizähnigen Bpp-Liganden mit Distanzstücken variabler

Länge und Thiol-Ankergruppe zu versehen.

2.2.6 Versuchte Synthese von 1-(6-(4-Carboxy-1H-pyrazol-1-yl)-4-

(thiocyanatomethyl)pyridin-2-yl)-1H-pyrazol-4-carbonsäure (22)

Beschichtungsversuche mit Eisenkomplexen der Liganden 6 und 10 (s. u.) ergaben das

Problem, dass sich die Eisenkomplexe zwar verankern lassen, aber keine Ordnung in den

a

bcd e

fg

a

bc

d

e

fg

b

NNNN N

OSH

O

8

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 43

Monolagen zeigen. Der Ansatz aus Kapitel 2.2.3, die anisotrope Form der Moleküle durch

eine größere Kettenlänge und dadurch höhere Flexibilität auszugleichen, ist offensichtlich

nicht ausreichend.

Die Komplexe müssen in einer Monolage auf der Oberfläche bei gegebener Gestalt

gleichmäßigen Abstand zueinander einnehmen und außerdem gute intermolekulare Kopplung

ausbilden. Demgemäß wurde versucht, funktionelle Gruppen in die Peripherie der Bpp-

Liganden einzuführen, die die Bildung von intermolekularen Wasserstoffbrücken in zwei

Dimensionen ermöglichen (Abbildung 2.19). In die im Komplex orthogonal zueinander

stehenden Bpp-Liganden sollte an den 4-Positionen der Pyrazolringe jeweils eine

Carboxylgruppe eingefügt werden. Die Carboxylgruppen dienen gleichzeitig als H-Donor und

-Akzeptor für intermolekulare H-Brückenbindungen. Zwar entspricht das durch die Gestalt

der Komplexe vorgegebene zweidimensionale Netzwerk in seiner Geometrie nicht dem

hexagonalen Gitter der Au(111)-Oberfläche, auf der es verankert werden soll. Allerdings sind

Wasserstoffbrückenbindungen flexibel in ihren Winkeln und Abständen, so dass sich das

gebildete Netzwerk möglicherweise dem Au-Gitter anpassen kann. Als Ankergruppe sollte

zunächst die Thiocyanatfunktion dienen.

N NN NN

N NN NN

Fe

S

2+R

HOOC

COOH

HOOCO

O H

H

O

O Fe

Fe

Fe

Fe

Fe

Fe

AuAu

a) b)

Abbildung 2.19. Modellansichten (a) einer Einheit des Zielkomplexes auf der Oberfläche (R

= CH2SCN), (b) der Aufsicht auf die geordnete Lage der Komplexe auf der Oberfläche

(gestrichelte Linien: H-Brückenbindungen).

Die geplante Syntheseroute beinhaltet 8 Stufen und geht von der kommerziell günstig

erhältlichen Citrazinsäure aus. Abbildung 2.20 zeigt den geplanten und tatsächlichen Verlauf

der Synthese.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 44

N

COOH

OHHO N

COOH

ClCl N

COOEt

ClCl N ClCl

OH

N ClCl

OTHP

THP = O

NN NN N

OTHP

EtO2C CO2EtNN N

N N

OH

EtO2C CO2Et

NN NN N

OH

HOOC COOHNN N

N N

SCN

EtO2C CO2Et

NN NN N

SCN

HOOC COOH

1 15 16 17

1819

20 21

22

i ii iii iv

v

vi

vii viii

Abbildung 2.20. Versuchte Synthese von 1-(6-(4-Carboxy-1H-pyrazol-1-yl)-4-

(thiocyanatomethyl)pyridin-2-yl)-1H-pyrazol-4-carbonsäure (22); (i) POCl3, NMe4Cl, 150 °C,

2 h, 71 %; (ii) H2SO4, EtOH, 80 °C, 2 h, 94 %; (iii) NaBH4, EtOH, RT, 3 d, 97 %; (iv) 3,4-

Dihydropyran, PPTS, DCM, RT, 18 h, 86 %; (v) KH, Ethyl-1H-pyrazol-4-carboxylat,

Diglyme, 130 °C, 5 d, 44 %; (vi) PPTS, EtOH, 55 °C, 3 h, 98 %; (vii) NaOH aq., EtOH, 70

°C, 24 h, 70 %; (viii) PPh3, Br2, NH4SCN, MeCN, RT, 24 h, 40 %.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 45

Die Einführung der Carboxylfunktionen in die Pyrazolringe kann durch Verseifung der

entsprechenden Esterverbindungen geschehen. In 4-Position mit Ethylestergruppen

substituierte Pyrazole sind kommerziell erhältlich. Die Einführung der Pyrazolringe in die

2,6-Dichlorverbindung kann nicht wie in der Synthese von 5 auf der Stufe der Pyridin-4-

carboxylverbindung erfolgen, da diese Carboxylgruppe im weiteren Verlauf verestert werden

muss. Die verschiedenen Estergruppen könnten dann nicht mehr getrennt derivatisiert werden.

Stattdessen werden die Pyrazolringe in die Pyridin-4-hydroxymethylverbindung eingeführt.

Vorversuche zeigten nicht die gewünschte Reaktion der Hydroxymethylverbindung 16 mit

den Pyrazolylresten. Die Alkoholfunktion wird daher in Form eines Tetrahydropyranylethers

(THP) geschützt. Im weiteren Verlauf sollten die Alkoholgruppe durch die

Thiocyanatfunktion substituiert und die seitlichen Estergruppen verseift werden, wobei hier

die richtige Reihenfolge nicht feststand. Die Synthese von Verbindung 1 wurde bereits in

Kapitel 2.2.1 beschrieben. Die Synthesen der Verbindungen 15, 16 und 17 erfolgten in

Anlehnung an Literaturvorschriften.[79, 89]

2,6-Dichlorisonikotinsäure (1) wurde zunächst säurekatalysiert zum entsprechenden

Ethylester (15) umgesetzt. Die Synthese konnte mit relativ kurzer Reaktionszeit von 2 h bei

hohen Ausbeuten von über 90 % durchgeführt werden. Im 1H-NMR-Spektrum sind zusätzlich

zum Signal der Pyridin-Protonen die Signale der Protonen des eingefügten Ethylrests

vorhanden. Die Signale des A2B3-Spinsystems bilden ein Quartett bei 4.43 ppm und ein

Triplett bei 1.42 ppm für die Methylen- bzw. die Methylprotonen, mit einer typischen

Kopplungskonstante für die 3J-Kopplung von 7.1 Hz. Das EI-Massenspektrum enthält den

Molekülionenpeak bei m/z = 219/221 mit dem passenden Isotopenverhältnis für eine Dichlor-

Spezies.

Im nächsten Schritt wurde die Esterverbindung 15 durch Reduktion mit Natriumborhydrid

zum Alkohol 16 umgesetzt. Die Umsetzung konnte bei Raumtemperatur durchgeführt werden

und lieferte hohe Ausbeuten von über 95 % an reinem Produkt. Das 1H-NMR-Spektrum in

[D6]DMSO zeigt die erfolgreiche Abspaltung der Ethylrestes, es finden sich keine Signale für

die entsprechenden Methyl und Methylen-Protonen. Ein Signal in Form eines Tripletts bei

5.65 ppm mit einem Integral, das einem einzelnen Wasserstoffatom entspricht, wird durch das

Proton der Hydroxylgruppe verursacht. Es koppelt mit dem Signal der neuen Methylengruppe

bei 4.56 ppm (J = 5.8 Hz). Dieses Signal ist in ein Dublett von Tripletts aufgespalten. Die

Dublettaufspaltung wird durch eine 4J-Fernkopplung (J = 0.9 Hz) mit den Pyridinprotonen

verursacht, die ihrerseits eine Dublettaufspaltung erfahren.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 46

Die Hydroxylfunktion der Alkoholverbindung 16 wurde mit 3,4-Dihydropyran in Gegenwart

von Pyridinium-p-toluolsulfonat (PPTS) zum Tetrahydropyranylether umgesetzt (Verbindung

17). Ein Vergleich der analytischen Messungen mit Literaturdaten[79] bestätigte die

erfolgreiche Synthese.

Zur Substitution der Chloratome an 2- und 6-Position von 17 durch die substituierten

Pyrazolringe wurde zunächst Ethyl-1H-pyrazol-4-carboxylat mit KH als Base deprotoniert.

Das so erzeugte Nucleophil wurde mit 17 zusammengeführt und in Lösung in Diglyme 5

Tage auf 130 °C erhitzt. Nach wässriger Aufarbeitung und säulenchromatographischer

Trennung an Kieselgel konnte die Dieesterverbindung 18 mit stimmiger Elementaranalyse

erhalten werden. Auch das 1H-NMR-Spektrum bestätigt die erfolgreiche Umsetzung.

Abbildung 2.21. 1H-NMR-Spektrum von 18 in [D]Chloroform bei RT.

Die Signale der aromatischen Protonen der Pyrazolringe befinden sich im Tieffeldbereich bei

9.05 und 8.15 in Form von Dubletts durch die gegenseitige 4J-Fernkopplung. Infolge der

Substitution des H-Atoms an der 4-Position der Pyrazolringe durch die Ethylestergruppen

liegen die Signale der Pyrazol-Protonen nicht mehr wie beispielsweise in 5 als Dubletts von

Dubletts vor. Die Methylen- und Methylprotonen der Ethylesterreste erscheinen in Form eines

b

c

a

c’

d

e’

h

ef

g

i

NNNN N

O

O

EtO2CO

Oa

dh

ig

ef

b

bb

c

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 47

Quartetts bzw. eines Tripletts bei 4.40 und 1.43 ppm. Die Signale der Methylen-Protonen an

der 4-Position des Pyridinrings (e/e’, Abbildung 2.21) erscheinen einzeln bei 4.95 und 4.66

ppm, jeweils aufgespalten in ein Dublett von Tripletts. Durch die Nachbarschaft zum

Stereozentrum des tertiären C-Atoms des THP-Rings sind die Methylenprotonen e und e’

diastereotop. Sie zeigen untereinander eine geminale Kopplung mit J = 14.2 Hz und

zusätzlich noch eine 4J-Fernkopplung (J = 0.7 Hz) zu den Pyridin-Protonen. Deren Signal im

Spektrum ist ebenfalls in ein Triplett aufgespalten. Auch die Signale der dem Sauerstoffatom

des THP-Rings benachbarten Methylenprotonen sind diastereotop und erscheinen getrennt

voneinander im Spektrum. Das einzelne Proton am Stereozentrum erscheint als Triplett durch

die vicinale Kopplung mit der benachbarten Methylengruppe. Das Multiplett, das durch die

restlichen Methylenprotonen des THP-Rings erzeugt wird, erscheint im Bereich 1.91-1.58

ppm. Das Integral des Signals wird von in der Probe enthaltenem H2O verfälscht, welches ein

breites Resonanzsignal in derselben Region erzeugt.

Zur Abspaltung der THP-Schutzgruppe wurde Verbindung 18 mit PPTS in EtOH 3 h auf 55

°C erhitzt. Die Reaktion erfolgte mit nahezu quantitativem Umsatz von 98 %. Das 1H-NMR-

Spektrum von 19 enthält nicht mehr die Signale der THP-Gruppe aus Verbindung 18. Die

Protonen der aromatischen Ringe und die Protonen der Ethylestergruppen zeigen Signale, die

im Vergleich zu Verbindung 18 nur leicht verschoben sind. Durch den Wegfall des

Stereozentrums nach der Entschützung erscheint das Signal der Methylengruppe an der para-

Position des Pyridinrings wieder als einzelnes Signal bei 4.68 ppm. Ein neues breites Signal

eines einzelnen Protons bei 5.69 ppm wird durch die Hydroxylgruppe verursacht. Wird ein

Tropfen D2O zu der Probelösung gegeben, verschwindet das Signal im resultierenden

Spektrum.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 48

Abbildung 2.22. 1H-NMR-Spektrum von 19 in [D6]DMSO bei RT, der Ausschnitt zeigt den

Bereich 5.5-5.9 ppm nach Zugabe eines Tropfens D2O.

Das Signal des Protons der Hydroxylgruppe liegt mit 5.69 ppm bei untypisch tiefem Feld.

Möglicherweise wird das Proton durch Ausbildung von inter- oder intramolekularen

Wasserstoffbrückenbindungen zu den Carbonyl-Sauerstoffatomen der Estergruppen

zusätzlich elektronisch entschirmt. Das 13C-NMR-Spektrum enthält alle erwarteten Signale.

Das Signal des die Hydroxylgruppe tragenden Methylen-Kohlenstoffatoms befindet sich bei

61.48 ppm. Das Signal des entsprechenden Kohlenstoffatoms in Verbindung 5, also der

analogen Verbindung mit unsubstituierten Pyrazolringen, weist mit 61.74 ppm praktisch die

gleiche Verschiebung auf. Zusätzlich zu den drei neuen Signalen für die Kohlenstoffatome in

den Ethylestergruppen weist das Spektrum von 19 im Vergleich zu 5 auch die erwartete

deutliche Tieffeldverschiebung des Signals des C4-Atoms der Pyrazolringe von 105.95 nach

116.48 ppm infolge Substitution auf.

+ D2O

bc

a

d

e

f g

b

c

a

d

e

f

g

NNNN N

OH

EtO2CO

O

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 49

Abbildung 2.23. 13C-NMR-Spektrum von 19 in [D6]DMSO bei RT.

Das IR-Spektrum von 19 zeigt die charakteristische starke Bande der ν(C=O)-Schwingung

der Estergruppen bei 1722 cm–1. Eine Bande der O–H-Streckschwingung ist nicht im

Spektrum zu erkennen, da die Substanz stark hygroskopisch ist und die betreffende Region im

Bereich über 3000 cm–1 durch die Absorptionen von freiem H2O überlagert wird.

Zur weiteren Umsetzung zum Zielliganden mussten die Thiocyanatankergruppe eingeführt

und die Estergruppen verseift werden. Beide möglichen Abfolgen wurden untersucht.

Zur Verseifung der beiden Estergruppen wurde Verbindung 19 mit 4 Äquivalenten

Natriumhydroxid in wässriger Lösung in EtOH 24 h auf 70 °C erhitzt. Durch saure

Aufarbeitung konnte die entstandene Dicarbonsäureverbindung 20 aus der wässrigen

Reaktionslösung gefällt werden. Das Massenspektrum von 20 enthält den erwarteten

Molekülionenpeak bei m/z = 329 mit einer Intensität von 100 %. Die Elementaranalyse der

Verbindung stimmt in einiger Näherung mit den berechneten Gewichtsverhältnissen überein,

allerdings ließen sich Spuren von H2O aufgrund der Hygroskopie der Verbindung nicht

vollständig aus der Probe entfernen. Im IR-Spektrum sind mehrere charakteristische Banden

zu beobachten. Die O–H-Streckschwingung der Carboxylgruppen erzeugt eine breite Bande

b

c

d

e

f

g

a

b

cd

e

f g

a

j

i

h

j

i

h

DMSO NNNN N

OH

EtO2CO

O

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 50

bei 3112 cm–1, die Bande der OH-Gruppe der Alkoholfunktion ist wie bei Verbindung 19 von

Wasser in der Probe überlagert. Die Bande der C=O-Streckschwingung ist erwartungsgemäß

zu kleineren Wellenzahlen von 1722 cm–1 in 19 nach 1694 cm–1 in 20 verschoben. Im 1H-

NMR-Spektrum von 20 sind die Signale der Protonen der Ethylreste der Diesterverbindung

19 nicht mehr enthalten. Das breite Signal des einzelnen Hydroxyl-Protons ist vorhanden und

verglichen mit 19 nur leicht nach 5.73 ppm verschoben. Ein breites Signal im Tieffeldbereich

bei 12.76 ppm entspricht den zwei Protonen der Carboxylgruppen. Die Analysen bestätigen

die erfolgreiche Verseifung der beiden Esterfunktionen zur Dicarbonsäureverbindung 20.

Eine erhöhte Temperatur ist bei der Reaktion notwendig. Die analoge Reaktion durchgeführt

bei 0 °C führte zur Verseifung von nur einer der beiden Carboxylgruppen, wie dem 1H-NMR-

Spektrum des Produktes zu entnehmen war.

Die Umsetzung von Verbindung 20 zur Thiocyanatverbindung 22 gestaltete sich aufgrund der

sehr schlechten Löslichkeit der Verbindung in den verwendeten Lösungsmitteln als schwierig.

Verbindung 20 wurde mit Triphenylphosphan, Brom und Ammoniumthiocyanat in MeCN bei

Raumtemperatur umgesetzt. Das IR-Spektrum des Produkts zeigte nicht die erwartete Bande

für die C≡N-Streckschwingung der Thiocyanatgruppe im Bereich 2175-2135cm–1. Generell

war das IR-Spektrum nahezu identisch mit dem des Edukts, so dass zu vermuten ist, dass kein

Umsatz erfolgte. Ein Grund ist vermutlich die erwähnte schlechte Löslichkeit des Edukts.

Eine erhöhte Reaktionstemperatur könnte helfen, die Dicarbonsäureverbindung besser in

Lösung zu bringen. Dabei muss beachtet werden, dass unter ähnlichen Reaktionsbedingungen

(Diethylazodicarboxylat (DEAD) statt Brom) auch Carbonsäuren zu den korrespondierenden

Isothiocyanatverbindungen reagieren können.[81] Diese Nebenreaktion ist bei Raumtemperatur

gehemmt und verläuft deutlich langsamer als die Umsetzung der Alkohol-Funktionen, könnte

aber bei höherer Temperatur die Umsetzung stören.

Unter Verfolgung der alternativen Syntheseroute wurde die Diester-Alkoholverbindung 19

durch Substitution der Hydroxylgruppe zur Diester-Thiocyanatverbindung 21 umgesetzt.

Verbindung 19 wurde dazu mit dem System PPh3/Br2/NH4SCN in MeCN über 24 h bei RT

zur Reaktion gebracht. Säulenchromatographische Trennung ergab das Produkt in Form eines

hellgelben Feststoffes elementaranalysenrein in Ausbeuten um 40 %. Das IR-Spektrum der

Substanz zeigt bei 2157 cm–1 die starke, scharfe Bande der C≡N-Streckschwingung der

Thiocyanatgruppe. Zusätzlich findet sich eine schwache Bande der ν(C–S)-Schwingung bei

621 cm–1 und eine schwache Bande der asymmetrischen C–S–C-Streckschwingung bei 711

cm–1. Die drei genannten Banden sind im IR-Spektrum des Edukts 19 nicht vorhanden, das

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 51

restliche Spektrum von 21 stimmt mit dem des Edukts überein. Die starke Bande der

Carbonylgruppen der Esterfunktionen befindet sich bei 1722 cm–1. Das 1H-NMR-Spektrum

des Produkts enthält nicht länger das Signal des Hydroxyl-Protons bei 5.69 ppm. Das Signal

der Protonen der Methylengruppe an 4-Position des Pyridinrings ist in Richtung hohem Feld

von 4.68 nach 4.22 ppm verschoben, gemäß der niedrigeren Elektronegativität des

benachbarten Schwefelatoms. Die restlichen Signale der aromatischen Protonen und der

Ethylreste der Estergruppen befinden sich an kaum veränderten Positionen im Spektrum des

Produkts. Das 13C-NMR-Spektrum von Verbindung 21 bestätigt die erfolgreiche Umsetzung.

Abbildung 2.24. 13C-NMR-Spektrum von 21 in [D]Chloroform bei RT.

Bei 110.4 ppm taucht das hinzugekommene Signal des Kohlenstoffatoms der

Thiocyanatgruppe auf (Verbindung 6: 110.6 ppm). Die Signale der benachbarten

Kohlenstoffatome verschieben sich verglichen mit dem Spektrum von 19 erwartungsgemäß

Richtung Hochfeldbereich. Die Signale verschieben sich von 61.5 nach 36.5 ppm für die

Methylengruppe und von 159.5 nach 150.0 ppm für das para-C-Atom des Pyridinrings. Die

übrigen Signale finden sich nur unwesentlich verschoben im Spektrum wieder. Ein absoluter

Vergleich der Spektren ist nicht möglich, da verschiedene Lösungsmittel verwendet werden

NNNN N

SCN

EtO2CO

O

b

c

d

e

f

g

a

j

i

h

b

c

d

e

f

g

a

j

i

h

k

k

CDCl3

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 52

mussten. Abbildung 2.25 zeigt einen direkten Vergleich der beiden Spektren mit den

relevanten Veränderungen. Die analytischen Untersuchungen bestätigen das Vorliegen der

gewünschten Diester-Thiocyanatverbindung 21.

Abbildung 2.25. Vergleich der 13C-NMR-Spektren der Verbindungen 19 (a) in [D6]DMSO

und 21 (b) in [D]Chloroform bei RT. Die ppm-Bereiche von 38-58 sowie 65-105 wurden aus

Gründen der Übersichtlichkeit ausgeschnitten.

Verbindung 21 sollte gemäß der alternativen Syntheseroute zum Zielliganden 22, der

korrespondierenden Dicarbonsäure, verseift werden. Dazu wurde 21 mit 4 Äquivalenten

Natriumhydroxyd in Form einer wässrigen Lösung in EtOH bei 0 °C zur Reaktion gebracht.

Das 1H-NMR-Spektrum des Produkts zeigte, dass die beiden Estergruppen nicht vollständig

verseift wurden. Zusätzlich weist das Spektrum eine große Anzahl nicht zuzuordnender

Signale auf, was auf Nebenreaktionen hindeutet. Das Signal der Methylenprotonen in para-

Position des Pyridinrings tauchte tieffeldverschoben bei 4.55 ppm auf. Die Thiocyanatgruppe

ist nicht stabil gegenüber alkalischer Hydrolyse. Möglicherweise kam es bei der Reaktion zur

a)

b)

py-C4

py–CH2

SCN

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 53

Bildung von Disulfid-, Thiol- oder Thioetherverbindungen. Eine Erhöhung der

Reaktionstemperatur wie bei der erfolgreichen Verseifung von Verbindung 19 würde im Fall

von Verbindung 21 nur die Nebenreaktionen begünstigen. Die Verseifung müsste stattdessen

im neutralen Medium erfolgen (die Thiocyanatgruppe ist auch säurelabil). Beispielsweise ist

eine Esterverseifung mit der harten Lewissäure Aluminiumtriiodid denkbar, die unter milden

Reaktionsbedingungen verläuft.[90]

Die Umsetzungen von 20 bzw. 21 zum Zielliganden 22 konnten aus Zeitgründen nicht mehr

realisiert werden.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 54

2.3 Synthese von Eisenkomplexen

Die Bildung von Eisen(II)-Komplexen mit Bpp-Liganden folgt einem allgemeinen Muster für

die Koordination. Jeweils zwei der dreizähnigen Liganden koordinieren das Fe(II)-Ion in

meridionaler Anordnung ihrer (NNN)-Donorsätze. Das resultierende FeN6-Koordinations-

polyeder besitzt pseudooktaedrische Geometrie. Durch die Geometrie der Liganden und die

festgelegten Fe–N-Bindungslängen im Komplex weist das FeN6-Polyeder maximal D2d-

Symmetrie auf. Eine Veränderung der Anordnung der Liganden relativ zueinander bewirkt

eine Verzerrung des Koordinationspolyeders und damit eine Erniedrigung seiner Symmetrie.

Änderungen der Anordnung finden hauptsächlich durch zwei Effekte statt. Eine Drehung der

Ebenen der Liganden gegeneinander um die N(py)–Fe–N(py’)-Bindungsachse bewirkt eine

Abnahme des Winkels zwischen den Ausgleichsebenen der Liganden θ unter 90°. Eine

Kippung eines Liganden um eine gedachte Achse senkrecht zur N(py)–Fe–N(py’)-

Bindungsachse bewirkt eine Verkleinerung des N(py)-Fe-N(py’)-Winkels φ unter 180°. Bei

Abnahme der Fe–N-Bindungslängen vergrößern sich die N(pz)-Fe-N(py)-Winkel α.

Abbildung 2.26 veranschaulicht die Lage der erwähnten Winkel.

N

N

N

N

NN

N

N

N

N

Feα

θ

φ

Abbildung 2.26. Allgemeine Darstellung der Struktur des Komplexdikations in Eisen(II)-

Komplexen von Bpp-Liganden (α: Winkel N(pz)–Fe–N(py); φ: Winkel N(py)–Fe–N(py’); θ:

Winkel zwischen den Ausgleichsebenen der beiden Liganden).

Die Abweichung des Koordinationspolyeders vom idealen Oktaeder lässt sich mit den

Parametern Σ und υ[91, 92] quantifizieren, deren Definitionen in Abbildung 2.27 dargestellt

sind.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 55

∑=

−=Σ12

190

iiϕ

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛−=

S

P

VV

πυ 1100

VP = Volumen des Koordinationspolyeders

VS = Volumen der Umkugel des Koordinationspolyeders

Ideales Oktaeder: Σ = 0° Ideales Oktaeder: υ = 0 %

Abbildung 2.27. Definition der Verzerrungsparameter Σ und υ.[91, 92]

2.3.1 [Fe(3)2](BF4)2 (23)

Die Synthese erfolgte durch Reaktion von zwei Äquivalenten des Liganden 3 mit einem

Äquivalent Eisen(II)tetrafluoroborat Hexahydrat. Der Ligand wurde hierbei in leichtem

Überschuss eingesetzt, um Fe(BF4)2 möglichst quantitativ umzusetzen. Nach Zugabe der

Lösung des Eisensalzes zum Liganden in THF fiel sofort das Produkt in Form eines orangen

Niederschlags aus. Nach vier Stunden Rühren bei Raumtemperatur wurde der Niederschlag

durch Filtration abgetrennt. Nach Waschen mit THF und Trocknung im Hochvakuum konnte

der Eisenkomplex 23 als oranger Feststoff isoliert werden.

NNNN N

CO2Me

2 iN

NN

N

NN

N

N

N

N

FeMeO2C CO2Me

2+

[BF4–]2

23

3

Abbildung 2.28. Synthese von 23; (i) 0.97 Äq. Fe(BF4)2 · 6 H2O, THF, RT, 4 h, 82 %.

Das IR-Spektrum von 23 in KBr zeigt die starke Bande der B–F-Streckschwingungen bei

1052 cm–1. Zusätzlich ist die Bande der C=O-Streckschwingung der Estergruppe bei 1738

cm–1 vorhanden. Die übrigen Banden im Spektrum entsprechen denen im freien Liganden mit

nur geringen Änderungen. Das 1H-NMR-Spektrum zeigt eine paramagnetische Verbreiterung

und Verschiebung der Signale über einen Bereich von 0-70 ppm. Eine Zuordnung der Signale

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 56

war nicht möglich. Der Eisen(II)-Komplex muss zumindest teilweise im High Spin-Zustand

vorliegen, was den paramagnetischen Einfluss auf das NMR-Spektrum erklären würde.

Möglich wäre alternativ auch das Vorliegen einer Eisen(III)-Spezies; dies wird jedoch durch

die Ergebnisse der weiteren Analytik ausgeschlossen (Elementaranalyse, Röntgenstruktur).

Orange Einkristalle von 23 wurden durch isotherme Diffusion von Diethylether bei RT in

eine Lösung des Komplexes in MeOH nach einer Woche gewonnen. Verbindung 23

kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe C2/c. Die asymmetrische Einheit besteht aus

einem halben Komplexdikation und einem BF4–-Gegenion, die Elementarzelle enthält 4

Einheiten des Komplexes. Das Komplexkation befindet sich auf einer kristallographischen

zweizähligen Achse, die durch das zentrale Eisenatom verläuft und weist demnach C2-

Symmetrie auf. Die BF4–-Ionen sind fehlgeordnet (s. Experimentalteil). Abbildung 2.29 zeigt

die Struktur des Komplexdikations bei 100 K.

Abbildung 2.29. Struktur des Komplexdikations von 23 bei 100 K (50 %

Wahrscheinlichkeitsellipsoide, Wasserstoffatome und Gegenionen sind nicht gezeigt).

Die beiden dreizähnigen Liganden koordinieren meridional an das Eisenzentralatom. Das

FeN6-Koordinationspolyeder hat verzerrte oktaedrische Geometrie. Die charakteristischen

Winkel θ und φ weichen stark von den Werten für eine regelmäßig orthogonale Anordnung

der Ligandenebenen ab, mit dem Interebenwinkel θ = 77.46(1) ° und dem Winkel zwischen

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 57

den Eisen–N(Pyridin)-Bindungen φ = 156.53(8) °. Die Chelatwinkel α betragen 73.37 …

73.44 °. Die Fe–N-Bindungslängen liegen im Bereich 2.1362(14) … 2.1946(16) Å, was auf

Eisen(II) im High Spin-Zustand deutet.[2] Die Parameter zur Beschreibung der Verzerrung des

Koordinationsoktaeders betragen υ = 12.53 % und Σ = 159.46 °. Das Koordinationspolyeder

weicht damit stark von einem idealen Oktaeder ab. Wie ein Vergleich mit Fe-Bpp-Komplexen

aus der Literatur zeigt, deutet ein solches Maß an Verzerrung darauf hin, dass der Komplex

nicht in der Lage ist, thermischen Spincrossover einzugehen.[43]

Tabelle 2.3. Ausgewählte Abstände [Å] und Winkel [°] für 23 bei 100 K. Die

Standardabweichungen sind in Klammern gesetzt.

Abstand Winkel

Fe1–N1#1 2.1663(15) N3#1-Fe1-N3 156.53(8)

Fe1–N3#1 2.1362(14) N3-Fe1-N1 73.44(6)

Fe1–N5#1 2.1946(16) N3-Fe1-N5 73.37(5)

Fe1–N1 2.1663(15) N3#1-Fe1-N1#1 73.44(6)

Fe1–N3 2.1362(14) N3#1-Fe1-N5#1 73.37(5)

Fe1–N5 2.1946(15) N3-C4-N2 112.38(15)

O1–C12 1.203(2) C5-C4-N2 124.20(15)

O2–C12 1.336(2) C3-N2-C4 130.36(15)

O2–C13 1.443(2) N1-N2-C4 118.30(14)

N3-C8-N4 113.10(15)

N3-C8-C7 123.42(16)

C9-N4-C8 130.20(15)

N5-N4-C8 118.27(14)

O1-C12-C6 123.89(17)

O1-C12-O2 125.38(17)

C12-O2-C13 116.02(15)

Um die Temperaturabhängigkeit des Spinzustands des Komplexes zu überprüfen, wurde eine

Messung der magnetischen Suszeptibilität mittels SQUID-Magnetometer im

Temperaturbereich von 1.8-350 K, bei einem angelegten magnetischen Feld von 0.1 T,

durchgeführt. Die Messung ist reversibel und zeigt unabhängig von der Richtung des

Temperaturvorschubs den gleichen Verlauf.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 58

Abbildung 2.30. Magnetische Suszeptibilität von 23 im T-Bereich 1.8-350 K (0.1 T

Feldstärke).

Abbildung 2.30 zeigt die Auftragung des Produkts der molaren magnetischen Suszeptibilität

und der Temperatur, χmT, gegen die Temperatur T. Der Komplex ist paramagnetisch über den

gesamten Temperaturbereich. Im Bereich 60-350 K verläuft χmT parallel zur Abszisse und

beträgt zwischen 3.76 und 3.82 cm3mol–1K. Dieser Wert ist in guter Übereinstimmung mit

einem High Spin-Zustand des Eisen(II)-Zentrums mit S = 2.[27, 93] Der Verlauf von χmT

entspricht dem eines idealen Paramagneten. Unterhalb von 50 K fällt der Wert durch die

Nullfeldaufspaltung des 5T2g-Zustands des Eisen(II)-Zentrums erwartungsgemäß stark ab. Die

magnetische Messung bestätigt die Vermutung, dass 23 als reine High Spin-Verbindung

vorliegt. Das Kristallgitter der Verbindung gibt einen möglichen Grund für das gezeigte

Verhalten. Abbildung 2.31 zeigt einen Ausschnitt aus dem Kristallgitter der Verbindung.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 59

Abbildung 2.31. Kristallpackung in 23 bei 100 K mit Blickrichtung entlang der b-Achse.

Die Komplexdikationen und die BF4–-Anionen stapeln sich in alternierenden

zweidimensionalen Schichten entlang der c-Achse. Innerhalb der Schichten der

Komplexkationen besteht ein intermolekularer Zusammenhang durch sekundäre

Wechselwirkungen in Form von Wasserstoffbrückenbindungen und π-π-Stapel-

wechselwirkungen. Zwischen den Schichten der Komplexkationen kommt es jedoch nicht

zum direkten Kontakt, aufgrund der trennenden Schicht der Anionen. Die Eisenzentren im

Kristall sind demnach nicht direkt miteinander verbunden. Eine Fortpflanzung der

Information über den Spinübergang zwischen den Molekülen ist damit erschwert.[61] Die von

Halcrow und Mitarbeitern untersuchten Fe-Bpp-Komplexe zeigen eine analoge

supramolekulare Struktur, wenn es sich um reine High Spin-Komplexe handelt.[43, 94]

Die analytischen Untersuchungen bestätigen die erfolgreiche Synthese von Verbindung 23.

Die Verbindung liegt im Feststoff im untersuchten Temperaturbereich und in Lösung bei

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 60

Raumtemperatur als High Spin-Eisen(II)-Komplex vor. Weitere Untersuchungen mittels

temperaturabhängiger 1H-NMR-Spektroskopie könnten zeigen, ob das vorliegende

Ligandenfeld grundsätzlich einen thermischen Spinübergang erlaubt.

2.3.2 [Fe(4)2](BF4)2 (24)

Zur Synthese des Eisen(II)-Komplexes des Liganden 4 wurden 2 Äquivalente von 4 in

Lösung in THF vorgelegt und 0.97 Äquivalente Eisen(II)tetrafluoroborat Hexahydrat in THF

zugegeben. Direkt nach Zugabe fiel ein oranger Niederschlag aus der klaren, farblosen

Lösung aus. Es wurde noch weitere drei Stunden bei RT gerührt, um die Reaktion zu

vervollständigen und der orange Feststoff dann per Filtration isoliert, mit THF gewaschen und

im Hochvakuum getrocknet.

NNNN N

CO2Et

2 iN

NN

N

NN

N

N

N

N

FeEtO2C CO2Et

2+

[BF4–]24

24 Abbildung 2.32. Synthese von 24; (i) 0.97 Äq. Fe(BF4)2 · 6 H2O, THF, RT, 3 h, 71 %.

Das IR-Spektrum von 24 wurde in KBr aufgenommen. Eine starke Bande bei 1055 cm–1 zeigt

die B–F-Streckschwingung der Tetrafluoroborat-Gegenionen. Bei 1734 cm–1 erscheint die

starke Bande der C=O-Streckschwingung der Ethylestergruppe. Die Signale des 1H-NMR-

Spektrums in MeOH sind paramagnetisch verschoben und über einen Bereich von 0-70 ppm

verteilt. Vier breite Signale bei 69.15, 64.65, 58.29 und 49.33 ppm weisen ein Verhältnis ihrer

Integrale von 1:1:1:1 auf. Sie gehören vermutlich zu den Protonen an den aromatischen

Ringen. Die restlichen Signale im Hochfeldbereich des Spektrums von 9.48-0.96 ppm müssen

demnach von den Methyl- und Methylenprotonen der Ethylreste sowie dem Lösungsmittel

verursacht werden. Eine genaue Zuordnung ist durch den paramagnetischen Einfluss auf die

Signale nicht möglich. Das Eisenzentrum liegt in Verbindung 24 in einer paramagnetischen

Konfiguration vor.

Orange Einkristalle der Verbindung wurden durch isotherme Diffusion von Diethylether in

eine Lösung des Komplexes in MeOH über eine Woche gewonnen. Die Verbindung

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 61

kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe P21/c. Die Struktur des Komplexdikations bei

100 K ist in Abbildung 2.33 gezeigt.

Abbildung 2.33. Struktur des Dikations von 24 bei 100 K (50 %

Wahrscheinlichkeitsellipsoide, Wasserstoffatome und Gegenionen sind nicht gezeigt).

Die asymmetrische Einheit besteht aus einem Komplexdikation und zwei Tetrafluoroborat-

Gegenionen, die Elementarzelle enthält vier Moleküle des Komplexes. Eine der

Ethylestergruppen ist fehlgeordnet (O2, C13, C14). Es konnten zwei Vorzugslagen verfeinert

werden, die zu 73.5(7) bzw. 26.5(7) % besetzt sind. Das Komplexkation besteht aus einem

Eisen(II)-Zentrum und zwei Liganden 4. Zur Koordination des Eisen-Ions sind die

Pyrazolringe im Vergleich zum freien Liganden 4 um die Pyridin-Pyrazol-Bindungsachsen

um 180 ° gedreht. Die Bpp-Liganden liegen somit in der cis,cis-Konfiguration bezogen auf

das Pyridin-Sticksoffatom vor. Das Eisen-Zentralatom wird sechsfach durch jeweils drei der

fünf Stickstoffatome jedes Liganden pseudooktaedrisch koordiniert. Die Liganden sind dabei

in meridionaler Weise angeordnet, ihre Ebenen stehen ungefähr senkrecht aufeinander, jedoch

mit deutlicher Abweichung des Interebenenwinkels vom Idealwert 90 °, mit θ = 79.47(2) °.

Zusätzlich weicht der Winkel zwischen den Eisen–N(Pyridin)-Bindungen mit φ = 154.62(7) °

vom idealen Wert von 180 ° ab. Die Chelatwinkel α betragen 72.30 … 73.73 ° und liegen im

ähnlichen Bereich wie in Verbindung 23. Die Geometrie des Koordinationspolyeders weicht

durch die unregelmäßige Anordnung der Liganden vom idealen Oktaeder ab. Die

Verzerrungsparameter betragen υ = 14.03 % und Σ = 166.34 °. Die Fe–N-Bindungslängen

betragen 2.1362(18) … 2.2009(19) Å, und liegen damit im Bereich für ein Eisen(II)-

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 62

Zentralion im High Spin-Zustand.[2] Anders als in 23 und vergleichbaren reinen High Spin-

Fe-Bpp-Komplexen weist das Kristallgitter von 24 nicht die typische Stapelung

zweidimensionaler Schichten von Komplexkationen und BF4–-Anionen auf. Allerdings sind

die intermolekularen Abstände zwischen den Molekülen in Richtung der N(py)–Eisen–

N(py’)-Achse aufgrund der Größe der Ethylreste deutlich größer als in Verbindung 23.

Dadurch kommt es wiederum zur Störung der Kooperativität in dieser Richtung im Gitter,

wodurch ein Spinübergang erschwert wird.

Tabelle 2.4. Ausgewählte Abstände [Å] und Winkel [°] für 24 bei 100 K. Die

Standardabweichungen sind in Klammern gesetzt.

Abstand Winkel

Fe1–N3 2.1362(18) N3-Fe1-N8 154.62(7) O3-C26-O4 124.8(2)

Fe1–N8 2.1519(19) N8-Fe1-N10 72.30(7) O3-C26-C20 123.6(2)

Fe1–N10 2.155(2) N8-Fe1-N6 72.92(7) C26-O4-C27 115.85(19)

Fe1–N6 2.157(2) N3-Fe1-N5 73.73(7) N8-C22-N9 111.9(2)

Fe1–N5 2.177(2) N3-Fe1-N1 72.85(7) C21-C22-N9 124.6(2)

Fe1–N1 2.2009(19) C12-O2-C13 116.2(3) C23-N9-C22 131.6(2)

O1–C12 1.195(3) O1-C12-O2 124.5(3) N10-N9-C22 117.64(19)

O2–C12 1.338(3) O1-C12-C6 123.2(2) C17-N7-C18 130.9(2)

O2–C13 1.455(4) C3-N2-C4 130.1(2) N6-N7-C18 117.92(18)

O3–C26 1.202(3) N1-N2-C4 118.55(18) N8-C18-N7 112.04(19)

O4–C26 1.327(3) N3-C4-N2 112.52(19) C19-C18-N7 125.1(2)

O4–C27 1.461(3) C5-C4-N2 124.4(2)

C9-N4-C8 129.7(2)

N5-N4-C8 118.75(18)

N3-C8-N4 112.8(2)

C7-C8-N4 123.6(2)

Der Eisen(II)-Komplex 24 liegt im Feststoff vermutlich als reine High Spin-Verbindung vor.

Ein Spinübergang zum Low Spin-Zustand unterhalb 100 K ist für einen Eisen(II)-Bpp-

Komplex unwahrscheinlich. Ein Vergleich mit Eisenkomplexen von Bpp-Liganden aus der

Literatur sagt für Verbindung 24 auf Basis des Grades der Verzerrung des

Koordinationspolyeders die Abwesenheit thermischen Spincrossovers voraus.[43]

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 63

Die analytischen Untersuchungen bestätigen die Synthese des Eisen(II)-Komplexes 24 als

eine High Spin-Verbindung im Feststoff bei 100 K und in Lösung bei RT.

2.3.3 [Fe(10)2](BF4)2 (25)

Die Synthese des Eisen(II)-Komplexes des Thiol-Liganden 10 erfolgte analog den

Komplexierungsreaktionen, die zu 23 und 24 führten. Zwei Äquivalente des Liganden 10

wurden mit einem Äquivalent Eisen(II)tetrafluoroborat Hexahydrat in Lösung in THF

zusammengegeben. Sofort nach Zugabe fiel ein dunkelroter Niederschlag aus, der mit THF

gewaschen und im Hochvakuum getrocknet wurde. Der Eisenkomplex 25 wurde in Form

eines roten, mikrokristallinen Feststoffes in guten Ausbeuten erhalten.

NNNN N

2 iN

NN

N

NN

N

N

N

N

Fe

2+

[BF4–]2

25

10

HN

SHO

NH

HS

OHN

O

SH

Abbildung 2.34. Synthese von 25; (i) 0.97 Äq. Fe(BF4)2 · 6 H2O, THF, RT, 18 h, 79 %.

Das IR-Spektrum als Feststoff in KBr zeigt die Anwesenheit der BF4–-Anionen durch eine

starke, breite Bande bei 1058 cm–1. Die restlichen Banden entsprechen den Banden des IR-

Spektrums des Liganden 10 mit geringer oder keiner Verschiebung. Die Elementaranalyse der

Verbindung ist durch die Anwesenheit von Restwasser, das sich durch Trocknen im

Hochvakuum nicht restlos entfernen lässt, ungenau. Das 1H-NMR-Spektrum des Komplexes

in [D4]MeOH zeigt paramagnetisch verbreiterte Signale, die über einen Bereich von 0-70 ppm

verschoben sind. Die Signale im Tieffeldbereich bei 69.58, 63.58, 59.15 und 49.01 ppm

weisen ein Integralverhältnis von 1:1:1:1 auf und werden möglicherweise durch die Protonen

der aromatischen Ringe verursacht. Die restlichen Signale im Spektrum befinden sich im

Bereich 8.23-1.09 ppm. Die Signale im 1H-NMR-Spektrum konnten aufgrund des

paramagnetischen Einflusses nicht weiter zugeordnet werden.

Orange Einkristalle von Verbindung 25 konnten durch isotherme Diffusion von Diethylether

in eine Lösung des Rohprodukts in MeOH nach einer Woche gewonnen werden. Verbindung

25 kristallisiert bei 100 K in der monoklinen Raumgruppe P21/c. Die Struktur des

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 64

Komplexdikations ist in Abbildung 2.35 gezeigt. Die asymmetrische Einheit besteht aus

einem Komplexdikation und zwei BF4–-Gegenionen. Die Elementarzelle enthält vier

Moleküle des Komplexes. Beide –CH2–SH-Gruppen sind fehlgeordnet. Es konnten zwei

Vorzugslagen verfeinert werden, die zu 90.3(3) bzw. 9.7(3) % für S1 und C14 bzw. S1’ und

C14’ und zu 84.7(3) bzw. 15.3(3) % für S2 und C28 bzw. S2’ und C28’ besetzt sind. Die

Thiol-Wasserstoffatome befinden sich wie die übrigen Wasserstoffatome in nach

geometrischen Gesichtspunkten berechneten Lagen.

Abbildung 2.35. Struktur des Dikations von 25 bei 100 K (50 %

Wahrscheinlichkeitsellipsoide, Wasserstoffatome und Gegenionen sind nicht gezeigt).

Die Ebenen der beiden Liganden sind nahezu orthogonal zueinander, während das

Eisenzentralatom von jeweils drei ihrer Stickstoffatome pseudooktaedrisch koordiniert wird.

Die Ligandensphäre ist in 25 regelmäßiger gebaut als in 23 und 24. Der Winkel der Eisen–

N(Pyridin)-Bindungen φ liegt mit 178.28(9) ° nah am idealen Wert von 180 °. Die Ebenen der

Liganden stehen beinahe senkrecht aufeinander mit einem Interebenenwinkel θ von 88.22(1)

°. Die Verzerrungsparameter zeigen eine geringere Abweichung des FeN6-Fragments vom

idealen Oktaeder an, mit υ = 3.04 % und Σ = 85.86 °. Die Fe–N-Bindungslängen betragen

1.898(2) … 1.986(2) Å, was im Bereich für Low Spin-Eisen(II)-Komplexe liegt. Als

Konsequenz der kürzeren Fe–N-Bindungen vergrößert sich der Winkel α im Vergleich zu den

High Spin-Verbindungen 23 und 24 und liegt in 25 im Bereich von 79.90(8) … 80.51(9) °.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 65

Tabelle 2.5 Ausgewählte Abstände [Å] und Winkel [°] für 25 bei 100 K. Die

Standardabweichungen sind in Klammern gesetzt.

Abstand Winkel

Fe1–N9 1.898(2) N9-Fe1-N3 178.28(9) C9-N4-C8 132.3(2)

Fe1–N3 1.898(2) N3-Fe1-N1 79.90(8) N5-N4-C8 116.6(2)

Fe1–N5 1.962(2) N3-Fe1-N5 80.51(9) N3-C8-N4 110.3(2)

Fe1–N1 1.969(2) N9-Fe1-N7 80.04(9) C7-C8-N4 126.9(2)

Fe1–N7 1.970(2) N9-Fe1-N11 80.00(9) C17-N8-C18 132.2(2)

Fe1–N11 1.986(2) O1-C12-C6 120.4(2) N7-N8-C18 116.57(19)

S1–C14 1.818(3) O1-C12-N6 123.1(2) N9-C18-N8 110.5(2)

S2–C28 1.810(4) C12-N6-C13 121.3(2) C19-C18-N8 126.5(2)

O1–C12 1.227(3) O2-C26-C20 120.5(2) C23-N10-C22 132.0(2)

O2–C26 1.229(3) O2-C26-N12 122.8(2) N11-N10-C22 117.2(2)

N6–C12 1.341(3) C26-N12-C27 121.1(2) N9-C22-N10 110.2(2)

N12–C26 1.339(3) C3-N2-C4 132.0(2) C21-C22-N10 126.9(2)

N1-N2-C4 116.6(2)

N3-C4-N2 110.0(2)

C5-C4-N2 126.9(2)

Zur Untersuchung des temperaturabhängigen Spinverhaltens von Verbindung 25 wurde eine

Messung der magnetischen Suszeptibilität des Feststoffes mittels SQUID-Magnetometer

durchgeführt. Die Messung erfolgte bei einem angelegten magnetischen Feld von 1 T im

Temperaturbereich 2 … 350 K. Die Messung war vollständig reversibel ohne Hysterese.

Abbildung 2.36 zeigt die Auftragung von χmT gegen T, die aus den Messwerten erhalten

wurde.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 66

Abbildung 2.36. Magnetische Suszeptibilität von 25 im T-Bereich 2-350 K (1 T Feldstärke).

Verbindung 25 geht im Feststoff einen thermischen Spinübergang mit schleppendem Verlauf

ein. Im Bereich von 2 bis 200 K beträgt χmT unter 0.35 cm3mol–1K, was einem Wert für Low

Spin-Eisen(II) bzw. S = 0 entspricht. Ab 200 K beginnt χmT langsam anzusteigen, bis bei 350

K ein Wert von 2.04 cm3mol–1K erreicht ist. Der erwartete Wert für einen vollständigen

Übergang zu High Spin-Eisen(II) von 3.2-3.9 cm3mol–1K wird nicht erreicht. Der Übergang

ist bei 350 K noch nicht vollständig abgeschlossen, da die Steigung des Graphen hier

maximal ist und kein Plateau erreicht wird. Die Probe konnte aus messtechnischen Gründen

nicht bei Temperaturen über 350 K untersucht werden.

Die Strukturen der Komplexdikationen von 23, 24 und 25 stehen im direkten Zusammenhang

mit dem Spinzustand ihrer Eisen(II)-Zentren. Ein Vergleich mit zwei Fe-Bpp-Komplexen in

verschiedenen Spinzuständen aus der Literatur[43, 46] zeigt eine gute Übereinstimmung der

Parameter mit denen aus den Strukturen von 23, 24 bzw. 25 (Tabelle 2.6). Ein hohes Maß an

Verzerrung des FeN6-Koordinationspolyeders unterdrückt danach einen möglichen

Spincrossover.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 67

Tabelle 2.6. Ausgewählte Strukturparameter von 23, 24, 25, [Fe(I)2](PF6)2[43] und

[Fe(I)2](BF4)2.[46]

23 24 [Fe(I)2](PF6)2 25 [Fe(I)2](BF4)2

Spinzustand HS (100 K) HS (100K) HS (120 K) LS (100 K) LS (150 K)

NFe – [Å] 2.166(26) 2.163(23) 2.196(21) 1.947(39) 1.953(40)

φ [°] 156.53(8) 154.62(7) 154.18(7) 178.28(9) 178.00(9)

θ [°] 77.46(1) 79.47(2) 62.64(1) 88.22(1) 89.42(1)

α [°] 73.41(6) 72.95(7) 71.83(5) 80.11(9) 80.04(7)

Σ [°] 159.46 166.34 197.26 85.86 86.48

υ [%] 12.53 14.03 18.50 3.04 3.12

I = Bis(pyrazol-1-yl)pyridin

Der schleppend verlaufende Spinübergang bei Verbindung 25 muss seine Ursache im Grad

der Kopplung der Komplexkationen im Gitter haben. Abbildung 2.37 zeigt das Kristallgitter

von 25 bei 100 K.

Abbildung 2.37. Kristallpackung in 25 bei 100 K mit Blickrichtung entlang der c-Achse.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 68

Das Kristallgitter von Verbindung 25 präsentiert einen Grenzfall in Bezug auf Fe-Bpp-

Komplexe. Bei diesen Komplexen werden vor allem zwei Typen von dreidimensionaler

Ordnung gefunden.

Reine High Spin-Verbindungen zeigen gestapelte zweidimensionale Schichten von

Komplexkationen, die durch Schichten der Anionen voneinander getrennt sind. Die N(py)–

Fe–N(py’)-Bindungsachsen der Moleküle liegen dabei parallel zu den Schichten. Die

Ausdehnung der Komplexkationen beim Spinübergang erfolgt hauptsächlich entlang dieser

Achse. Senkrecht zur Achse ist die Ausdehnung durch die Rigidität des Ligandengerüstes

deutlich schwächer. Bei Anordnung der Komplexkationen in Schichten parallel zur N(py)–

Fe–N(py’)-Bindungsachse wird die Information über den Spinübergang und die damit

einhergehende Größenveränderung zwar innerhalb der Schichten übertragen; zwischen den

Schichten findet aber durch deren „Isolation“ durch die Anionenschichten und die schwache

Ausdehnung der Moleküle senkrecht zur zentralen Bindungsachse, also auch senkrecht zu den

Schichten, keine ausreichende Kopplung statt, so dass sich die Information des Spinübergangs

nicht ohne weiteres dreidimensional im Gitter fortpflanzen kann.

N

NNN

NN

N

N

N

N

FeN

NNN

NN

N

N

N

N

FeN

NNN

NN

N

N

N

N

Fe

Anionenschicht

Richtung derstärksten räumlichen

Ausdehnung beim SCO

N

NNN

NN

N

N

N

N

FeN

NNN

NN

N

N

N

N

FeN

NNN

NN

N

N

N

N

Fe

Anionenschicht

N

NNN

NN

N

N

N

N

FeN

NNN

NN

N

N

N

N

FeN

NNN

NN

N

N

N

N

Fe

Anionenschicht Abbildung 2.38. Schema der Stapelung der Schichten im Kristallgitter von reinen High Spin-

Fe-Bpp-Komplexen.

In Fe-Bpp-Komplexen mit thermischem SCO-Verhalten liegt meist ein dreidimensionales

Netzwerk der Komplexkationen vor, in dem die Anionen gleichmäßig im Gitter verteilt sind.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 69

Kommt es trotzdem zum Aufbau einer Abfolge von alternierenden Schichten von

Komplexkationen und Anionen, liegen die N(py)–Fe–N(py’)-Bindungsachsen orthogonal zu

den Schichten. Innerhalb der Schichten wird die infolge geringer Ausdehnung der Moleküle

senkrecht zur zentralen Bindungsachse geringe Kopplung durch starke sekundäre

Wechselwirkungen zwischen den Molekülen ausgeglichen. Zwischen den Schichten sorgt die

stärkere Ausdehnung der Moleküle in diese Richtung für ausreichende Kopplung.

N NN NN

N NN NN

Fe

Anionenschicht

Richtung derstärksten räumlichen

Ausdehnung beim SCO

N NN NN

N NN NN

FeN N

N NN

N NN NN

Fe

N NN NN

N NN NN

Fe

Anionenschicht

N NN NN

N NN NN

FeN N

N NN

N NN NN

Fe

N NN NN

N NN NN

Fe

Anionenschicht

N NN NN

N NN NN

FeN N

N NN

N NN NN

Fe

Abbildung 2.39. Modell der Stapelung der Schichten im Kristallgitter von SCO-Fe-Bpp-

Komplexen. Die Anionen bilden meist keine scharf abgegrenzten Schichten, sondern befinden

sich eher zwischen den Komplexkationen verteilt.

Im Kristallgitter von 25 ordnen sich die Moleküle in Schichten in der bc-Ebene an, die in

Richtung der a-Achse gestapelt sind (Abbildung 2.37). Die N(py)–Fe–N(py’)-

Bindungsachsen der Komplexkationen sind ungefähr im 45 °-Winkel zu den Schichten

orientiert. Die Schichten der Komplexkationen sind nicht durch Schichten der BF4–-Anionen

voneinander getrennt. Die Moleküle besitzen also einerseits eingeschränkte Kopplung in

Richtung der zentralen Bindungsachsen, sind aber andererseits nicht durch Anionenschichten

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 70

voneinander isoliert. Die dreidimensionale Kopplung im Gitter ist also gegeben, wodurch

Verbindung 25 einen thermischen Spinübergang zeigt. Die relativ schwache Kopplung

zwischen den Schichten bedingt allerdings einen schleppenden Verlauf des Übergangs.

Die Röntgenstrukturuntersuchungen zeigen zusammen mit den Ergebnissen der SQUID-

Untersuchungen, dass es sich bei Verbindung 25 als Feststoff um eine SCO-Verbindung

handelt. Die NMR-Untersuchung gibt einen Hinweis darauf, dass es sich beim schleppenden

Verlauf des Spinübergangs um einen reinen Festkörpereffekt handelt, da 25 in Lösung bei

Raumtemperatur im Gegensatz zum Feststoff paramagnetisch ist.

Die analytischen Untersuchungen bestätigen die erfolgreiche Synthese von Verbindung 25.

Mit dieser Verbindung liegt ein SCO-Eisen(II)-Komplex mit Schwefelankergruppen vor, wie

im Konzept geplant. Der schleppende Verlauf des Spinübergangs ist vermutlich ein Effekt der

Festkörperpackung und mag auf der Oberfläche (wie auch in Lösung) nicht mehr relevant

sein.

2.4 Zusammenfassung

Mit der Synthese der Liganden 6, 10, 12 und 14 liegen die gewünschten oberflächenaktiven

Liganden mit der Bpp-Einheit als Endgruppe vor. Die Liganden unterscheiden sich in ihren

Ankergruppen und Distanzstücken, was durch das flexible Synthesekonzept ermöglicht wird.

Die Synthese des Liganden 22 mit lateral wirksamen H-Brückenbindungsdonoren bzw. -

akzeptoren steht noch aus. Sieben Stufen der achtstufigen Syntheseroute wurden

abgeschlossen.

Verbindung 25 stellt einen oberflächenaktiven Eisen(II)-SCO-Komplex gemäß dem

zugrundegelegten Synthesekonzept dar. Die Untersuchungen zu Verbindung 25, sowie zu den

synthetisierten neuen Eisen(II)-Komplexen 23 und 24 bestätigen die von Halcrow und

Mitarbeitern entwickelte Theorie vom Zusammenhang lokaler Verzerrung und Spinverhalten

in Eisen(II)-Bpp-Komplexen.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 71

2.5 Experimenteller Teil

2.5.1 Allgemeines

Sofern nicht anders vermerkt, wurden sämtliche Reaktionen unter Stickstoffatmosphäre und

mit Hilfe von Standard-Schlenk-Technik in absoluten Lösungsmitteln durchgeführt. Die

verwendeten absoluten Lösungsmittel sind kommerziell gelagert auf Molekularsieb 3 Å

erhältlich (Restwassergehalt ≤ 50 ppm). Die eingesetzten Reagenzien wurden von den Firmen

ABCR, Acros, Alfa Aesar, Fluka, Merck, Sigma-Aldrich und VWR bezogen und ohne

weitere Reinigung verwendet. 4'-Amino-(1,1'-biphenyl)-4-thiol (11) wurde von Frau Ying

Luo, AG Haag, FU Berlin synthetisiert.

Folgende Geräte wurden zur Gewinnung der Daten verwendet:

NMR-Spektren: Die Messungen erfolgten an den Geräten Bruker ARX 200 (1H-NMR: 200

MHz; 13C-NMR: 50.32 MHz) und Bruker ARX 400 (1H-NMR: 400 MHz, 13C-NMR: 100.64

MHz). Die 13C-NMR-Spektren wurden breitbandentkoppelt aufgenommen. Sofern nicht

anders vermerkt wurden NMR-Röhrchen mit 5 mm Durchmesser verwendet und die Spektren

bei Raumtemperatur aufgenommen. Alle chemischen Verschiebungen sind in ppm relativ zur

Rest-1H- bzw. 13C-Absorption des verwendeten Lösungsmittels (interner Standard)

angegeben.

IR-Spektren: Die Proben wurden in Form von Kaliumbromid-Presslingen bzw. als Film an

einem Nicolet Magna System 750 gemessen. Die Wellenzahlen ν~ sind in cm–1 angegeben.

Die Zuordnung der Banden erfolgte anhand geeigneter Literatur.[95]

Elementaranalysen: Die quantitative Bestimmung von Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff

und Schwefel erfolgte verbrennungsanalytisch an einem Thermo Finnigan EAGER 300 (Flash

1112 Series). Die Angaben erfolgen in Gewichtsprozent.

Massenspektren: Die Aufnahme von Massenspektren erfolgte an einem Sektorfeld-

Massenspektrometer des Typs Varian 311A (EI-MS, 70 eV).

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 72

2.5.2 Synthesen

2.5.2.1 2,6-Dibrom-4-carbonsäure

NBr Br

COOH

C6H3Br2NO2

M = 280.9 g/mol

weißer Feststoff

POBr3 (2.92 g, 10 mmol) und Citrazinsäure (1 g, 6.4 mmol) wurden im festen Zustand in

einem 50 ml Einhals-Kolben zusammengegeben. Auf den Kolben wurde ein Intensivkühler

aufgesetzt. Ein Schlauch am oberen Ende des Kühlers führte in einen Eimer mit Eiswasser um

entstehendes HBr-Gas abzuleiten. Es wurde für 5 h unter Rühren auf 175 °C erhitzt, wobei

sich eine braune Schmelze bildete. Über einen Zeitraum von 20 h wurde das Gemisch auf

Raumtemperatur abgekühlt und vorsichtig 15 ml dest. H2O zugefügt. Die entstandene violette

Suspension wurde abfiltriert und das Filtrat mit fünfmal 10 ml DCM extrahiert. Der

Filterrückstand wurde für 24 h mit einem Soxhlet-Extraktor extrahiert. Die vereinigten

organischen Phasen wurden über wasserfreiem Magnesiumsulfat getrocknet und das

Lösungsmittel am Rotationsverdampfer entfernt. Der erhaltene braune Feststoff wurde

zweimal hintereinander aus dest. H2O umkristallisiert und das Produkt wurde als ein weißer,

kristalliner Feststoff erhalten (2.52 g, 20 %).

1H-NMR (200 MHz, [D6]DMSO, 25 °C): δ = 14.12 (br; 1 H; COOH), 7.98 ppm (s; 2 H;

Pyridin H).

IR (KBr): ν~ = 671 (s), 760 (m), 897(w), 924 (w), 996 (w), 1163 (m), 1221 (m), 1237 (m),

1356 (s), 1413 (m), 1536 (s), 1585 (m), 1733 (s), 2925 (s), 3076 cm–1 (s).

MS (EI, 70 eV): m/z (%) = 200 (65) / 202 (60) [M•+– Br]; 279 (51) / 281 (100) / 283 (49)

[M•+].

Elementaranalyse: Ber. (%) für C6H3Br2NO2: C 25.65, H 1.08, N 4.99; gef.: C 25.84, H

1.15, N 5.64.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 73

2.5.2.2 2,6-Dichlor-4-carbonsäure (1)

NCl Cl

COOH

C6H3Cl2NO2

M = 192.0 g/mol

hellbrauner Feststoff

Citrazinsäure (25 g, 0.161 mol, 1 Äq.) und NMe4Cl (18.37 g, 0.167 mol, 1.04 Äq) wurden in

POCl3 (74.14 g, 0.484 mol, 3 Äq.) gelöst. Unter Rühren wurde das Gemisch für 30 min auf

135 °C, und anschließend für 2 h auf 150 °C erhitzt. Die entstandene dunkelbraune Lösung

wurde nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur in einen Kolben mit Eiswasser gegossen.

Nach weiteren 2 h Rühren wurde der ausgefallene Feststoff abfiltriert und mit dest. H2O

nachgewaschen. Das Rohprodukt wurde in 250 ml EtOAc gegeben, es wurde 20 min gerührt

und abfiltriert. Entfernung des Lösungsmittels aus dem Filtrat am Rotationsverdampfer ergab

das Produkt als hellbraunen Feststoff (21.88 g, 71 %).

1H-NMR (200 MHz, [D6]DMSO, 25 °C): δ = 14.16 (br; 1 H; COOH), 7.86 ppm (s; 2 H;

Pyridin H).

IR (KBr): ν~ = 466 (w), 681 (s), 770 (s), 817 (w), 895 (w), 927 (w), 1002 (m), 1167 (s), 1232

(m), 1257 (s), 1368 (s), 1421 (m), 1549 (s), 1598 (w), 1724 (s), 2604 (m), 3079 cm–1 (m).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C6H3Cl2NO2: C 37.53, H 1.57, N 7.30; gef.: C 37.87, H

1.58, N 7.26.

2.5.2.3 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carbonsäure (2)

NNNN N

CO2H

C12H9N5O2

255.2 g/mol

weiße Nadeln

Paraffinfreies Kaliumhydrid (1.378 g, 34.4 mmol, 3.3 Äq.) wurde in einem 250 ml-Schlenk-

Kolben in 50 ml Diglyme vorgelegt. Zu der weißen Suspension wurde unter Rühren eine

Lösung von Pyrazol (2.482 g, 36.5 mmol, 3.5 Äq.) in 50 ml Diglyme über eine Spritze

gegeben. Die entstandene gelbliche Suspension wurde für 2 h bei Raumtemperatur gerührt.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 74

2,6-Dichlor-4-carbonsäure (1) (2 g, 10.4 mmol, 1 Äq.) und 4-Dimethylaminopyridin (64 mg,

0.5 mmol, 0.05 Äq.) wurden in fester Form zur Reaktionslösung gegeben. Das Gemisch

wurde für 3 d auf 130 °C erhitzt. Nach Abkühlen auf Raumtemperatur wurde das

Lösungsmittel im Hochvakuum entfernt. Es wurden 75 ml dest. H2O zugefügt und die braune

Lösung anschließend mit verd. HCl auf pH 4 gebracht. Der entstandene weiße Niederschlag

wurde abfiltriert und mit dest. H2O gewaschen. Der Feststoff wurde in einem Gemisch aus 75

ml DCM und 50 ml MeOH gelöst. Am Rotationsverdampfer wurde die Lösung bei einem

Druck von 500 mbar eingeengt, wobei ein weißer Niederschlag ausfiel. Nach Filtration und

Trocknung im Hochvakuum erhielt man das Produkt in Form von feinen weißen Nadeln

(2.038 g, 76 %).

1H-NMR (200 MHz, [D6]DMSO, 25 °C): δ = 14.10 (br; 1 H; COOH), 8.97 (dd, J = 2.6 Hz,

0.6 Hz; 2 H; pz-H5), 8.15 (s, 2 H; Pyridin H), 7.90 (dd, J = 1.5 Hz, 0.6 Hz; 2 H; pz-H3), 6.65

ppm (dd, J = 2.6 Hz, 1.7 Hz; 2 H; pz-H4 ).

IR (KBr): ν~ = 603 (m), 680 (s), 763 (s), 783 (m), 944 (m), 974 (w), 1049 (m), 1139 (m),

1399 (s), 1466 (s), 1525 (m), 1575 (s), 1618 (m), 1725 (s), 3148 cm–1 (m).

MS (EI, 70 eV): m/z (%) = 255 (100) [M•+].

Elementaranalyse: Ber. (%) für C12H9N5O2: C 56.47, H 3.55, N 27.44; gef.: C 56.36, H 3.61,

N 28.06.

2.5.2.4 Methyl-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxylat (3)

NNNN N

CO2Me

C14H15N5O2

M = 269.3 g/mol

weiße Kristalle

In einem 50 ml-Schlenk-Kolben wurde 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carbonsäure (2)

(0.5 g, 1.9 mmol) in MeOH (20 ml) suspendiert. Konz. H2SO4 (0.67 ml) wurde unter Rühren

zugegeben und das Reaktionsgemisch 3 h auf 60 °C erhitzt. Nach dem Abkühlen wurde das

Lösungsmittel am Rotationsverdampfer entfernt und es wurden 20 ml dest. H2O zugefügt. Der

entstandene weiße Niederschlag wurde abfiltriert, mit dest. H2O gewaschen und in einem

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 75

MeOH/Wasser-Gemisch umkristallisiert. Das Produkt wurde als weißer, mikrokristalliner

Feststoff erhalten, der im Hochvakuum getrocknet wurde (0.46 g, 87 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 8.55 (dd, J = 2.6 Hz, 0.7 Hz; 2 H; pz-H5),

8.39 (s; 2 H; Pyridin H), 7.79 (dd, J = 1.7 Hz, 0.7 Hz; 2 H; pz-H3), 6.52 (dd, J = 2.6 Hz, 1.7

Hz; 2 H; pz-H4), 4.00 (s; 3 H; CH3).

IR (KBr): ν~ = 599 (w), 736 (m), 765 (s), 971 (s), 1052 (vs), 1167 (m), 1247 (s), 1402 (vs),

1462 (vs), 1505 (m), 1517 (s), 1579 (s), 1619 (s), 1732 (s), 2934 (w), 3131 cm–1 (m).

2.5.2.5 Ethyl-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxylat (4)

NNNN N

CO2Et

C14H13N5O2

M = 283.3 g/mol

weiße Kristalle

In einem 100 ml-Schlenk-Kolben wurde 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carbonsäure (2)

(1.5 g, 5.8 mmol) in EtOH (60 ml) suspendiert. 2 ml konz. H2SO4 wurde unter Rühren

zugegeben und das Reaktionsgemisch 3 h auf 80 °C erhitzt. Nach dem Abkühlen wurde das

Lösungsmittel am Rotationsverdampfer entfernt und es wurden 60 ml dest. H2O zugefügt. Es

entstand ein weißer Niederschlag, der abfiltriert, mit dest. H2O gewaschen und in einem

EtOH/Wasser-Gemisch umkristallisiert wurde. Der erhaltene weiße, kristalline Feststoff

wurde im Hochvakuum getrocknet (1.48 g, 89 %). Farblose Einkristalle von 3 konnten durch

langsames Verdunsten einer Lösung der Verbindung in Chloroform erhalten werden.

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 8.50 (dd, J = 2.6 Hz, 0.7 Hz; 2 H; pz-H5),

8.33 (s; 2 H; Pyridin H), 7.76 (dd, J = 1.7 Hz, 0.7 Hz; 2 H; pz-H3), 6.48 (dd, J = 2.6 Hz, 1.7

Hz; 2 H; pz-H4), 4.43 (q, J = 7.1 Hz; 2 H; CH2), 1.42 ppm (t, J = 7.1 Hz; 3 H; CH3). 13C-NMR (100.6 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 164.48 (C=O), 151.22 (py-C2,6),

144.08 (py-C4), 143.32 (pz-C3), 127.71 (pz-C5), 109.61 (py-C3,5), 108.91 (pz-C4), 62.70

(CH2), 14.79 ppm (CH3).

IR (KBr): ν~ = 599 (m), 759 (s), 1056 (s), 1118 (s), 1236 (s), 1398 (vs), 1426 (vs), 1463 (vs),

1495 (m), 1575 (s), 1617 (s), 1729 (s), 3086 cm–1 (s).

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 76

2.5.2.6 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-yl)methanol (5)

NNNN N

OH

C12H11N5O

M = 241.2 g/mol

weiße Nadeln

Methode A: Zu einer Suspension von Ethyl-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxylat (4)

(135 mg, 0.48 mmol, 1 Äq.) in EtOH wurde Natriumborhydrid (89 mg, 2.35 mmol, 5 Äq.) in

fester Form gegeben. Das Reaktionsgemisch wurde 3 d bei Raumtemperatur gerührt. Die

entstandene klare, farblose Lösung wurde am Rotationsverdampfer vom Lösungsmittel

befreit. Der zurückgebliebene Feststoff wurde mit 5 ml dest. H2O versetzt und es wurde verd.

HCl zugefügt, bis keine Gasentwicklung mehr zu bemerken war. Das Gemisch wurde nun mit

gesättigter Natriumcarbonat-Lösung versetzt, bis ein pH-Wert von 7 erreicht war. Die

wässrige Lösung wurde mit dreimal je 30 ml DCM extrahiert und die vereinigten organischen

Phasen über wasserfreiem Magnesiumsulfat getrocknet. Nach Entfernung des Lösungsmittels

am Rotationsverdampfer erhielt man das Produkt in Form von feinen weißen Nadeln (113 mg,

98 %).

Methode B: Zu einer Suspension von Methyl-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxylat

(3) (462 mg, 1.72 mmol, 1Äq.) in MeOH wurde Natriumborhydrid (324 mg, 8.58 mmol, 5

Äq.) in fester Form gegeben. Das Reaktionsgemisch wurde 3 d bei Raumtemperatur gerührt.

Die entstandene klare farblose Lösung wurde am Rotationsverdampfer vom Lösungsmittel

befreit. Der zurückgebliebene Feststoff wurde mit 30 ml dest. H2O versetzt und es wurde

verd. HCl zugefügt, bis keine Gasentwicklung mehr zu bemerken war. Das Gemisch wurde

nun mit Natriumcarbonat in fester Form versetzt, bis ein pH-Wert von 7 erreicht war. Die

wässrige Lösung wurde mit dreimal je 75 ml DCM extrahiert und die vereinigten organischen

Phasen über wasserfreiem Magnesiumsulfat getrocknet. Nach Entfernung des Lösungsmittels

am Rotationsverdampfer wurde das Produkt in Form von feinen weißen Nadeln erhalten (394

mg, 95 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 8.50 (dd, J = 2.6 Hz, 0.7 Hz; 2 H; pz-H5),

7.81 (t, J = 0.7 Hz; 2 H; Pyridin H), 7.74 (dd, J = 1.7 Hz, 0.7 Hz; 2 H; pz-H3), 6.47 (dd, J =

2.6 Hz, 1.7 Hz; 2 H; pz-H4), 4.81 (t, J = 0.7 Hz; 2 H; CH2), 3.08 ppm (br; 1 H; OH).

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 77

13C-NMR (100.6 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 159.11 (py-C2,6), 149.55 (py-C4),

142.47 (pz-C3), 127.97 (pz-C5), 108.25 (py-C3,5), 105.95 (pz-C4), 61.74 ppm (CH2).

MS (EI, 70 eV): m/z (%) = 241 (100) [M•+].

IR (KBr): ν~ = 611 (m), 763 (s), 788 (s), 842 (m), 879 (w), 919 (m), 955 (m), 993 (w), 1051

(s), 1071 (s), 1178 (m), 1205 (s), 1266 (w), 1337 (m), 1357 (m), 1402 (s), 1467 (s), 1520 (m),

1576 (s), 1618 (s), 3130 (m), 3299 cm–1 (s).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C12H11N5O: C 59.74, H 4.60, N 29.03; gef.: C 59.46, H 4.36,

N 29.22.

2.5.2.7 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-(thiocyanatomethyl)pyridin (6)

NNNN N

SCN

C13H10N6S

M = 282.3 g/mol

weißer Feststoff

Zu einer Lösung von Ph3P (570 mg, 2.2 mmol) in MeCN (5,5 ml) in einem 50 ml-Schlenk-

Kolben wurde eine Lösung von Brom (0.11 ml, 2.2 mmol) in MeCN (1.1 ml) tropfenweise

bei Raumtemperatur zugegeben. Nach Beendigung der Zugabe wurde eine Lösung von

NH4SCN (329 mg, 4.3 mmol) in MeCN (7.4 ml) tropfenweise zugegeben. Eine Lösung von

2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-yl)methanol (5) (500 mg, 2.1 mmol) in MeCN (9 ml)

wurde zugetropft und das Reaktionsgemisch 24 h bei Raumtemperatur gerührt. Die

entstandene weiße Suspension wurde filtriert und der Feststoff mit MeCN gewaschen. Das

Filtrat wurde am Rotationsverdampfer vom Lösungsmittel befreit und das zurückgebliebene

gelbe Öl an Kieselgel säulenchromatographisch getrennt (Hexan/EtOAc = 1:1). Das Produkt

erhielt man als zweite Fraktion (Rf = 0.59). Das Thiocyanat wurde als weißer Feststoff

erhalten, der im Hochvakuum getrocknet wurde (440 mg, 75 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 8.57 (dd, J = 2.7 Hz, 0.6 Hz; 2 H; pz-H5),

7.90 (s, 2 H; Pyridin H), 7.79 (dd, J = 1.6 Hz, 0.6 Hz; 2 H; pz-H3), 6.53 (dd, J = 2.7 Hz, 1.7

Hz; 2 H; pz-H4), 4.21 ppm (s, 2 H; CH2).

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 78

13C-NMR (100.6 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 150.6 (py-C2,6), 149.0 (py-C4), 142.7

(pz-C3), 127.2 (pz-C5), 110.6 (SCN), 109.0 (py-C3,5), 108.3 (pz-C4), 36.6 ppm (CH2).

IR (KBr): ν~ = 618 (m), 705 (m), 779 (s), 954 (s), 1043 (s), 1207 (s), 1396 (br), 1465 (br),

1520 (s), 1573 (s), 1620 (s), 2160 (s, –S–C≡N), 3134 cm–1 (m).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C13H10N6S: C 55.30, H 3.57, N 29.77, S 11.36; gef.:

C 55.37, H 3.61, N 29.99, S 11.60.

2.5.2.8 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-(bromomethyl)pyridin (7)

NNNN N

Br

C12H10BrN5

M = 304.1 g/mol

hellgelber Feststoff

In einem 100 ml-Schlenk-Kolben wurde eine Lösung von Triphenylphosphin (1.33 g, 5.1

mmol, 1.5 Äq.) in DCM (15 ml) bei 0 °C vorgelegt. Mit einer Fortuna-Pipette wurde eine

Lösung von Brom (0.26 ml, 5.1 mmol, 1 Äq.) in DCM (7 ml) unter Rühren langsam

zugetropft. Zu der entstandenen Suspension wurde 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-

yl)methanol (5) (0.82 g, 3.4 mmol, 1 Äq.) in 50 ml DCM gegeben. Nach 15 min bei 0 °C

wurde das Reaktionsgemisch weitere 12 h bei Raumtemperatur gerührt. Der entstandene

weiße Niederschlag wurde abfiltriert und das Filtrat am Rotationsverdampfer vom

Lösungsmittel befreit. Das entstandene gelbe Öl wurde in EtOAc gelöst und über eine kurze

Kieselgelsäule filtriert. Nach Entfernen des Lösungsmittels erhielt man das Produkt als

gelblichen Feststoff (0.68 g, 66 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 8.55 (dd, J = 2.6 Hz, 0.7 Hz; 2 H; pz-H5),

7.89 (s; 2 H; Pyridin H), 7.77 (dd, J = 1.7 Hz, 0.7 Hz; 2 H; pz-H3), 6.50 (dd, J = 2.6 Hz, 1.7

Hz; 2 H; pz-H4), 4.48 ppm (s; 2 H; CH2).

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 79

2.5.2.9 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-(isothiocyanatomethyl)pyridin (8)

NNNN N

NCS

C13H10N6S

M = 282.3 g/mol

weißer Feststoff

Zu einer Lösung von 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl) 4-(bromomethyl)pyridin (7) (279 mg, 0.9

mmol, 1 Äq.) in Diglyme (11 ml) wurde Kaliumthiocyanat (1.601 g, 16.5 mmol, 18 Äq.) in

fester Form gegeben. Das Reaktionsgemisch wurde 24 h bei 100 °C unter Rühren erhitzt. Zu

der entstandenen roten Lösung wurden nach dem Abkühlen 50 ml dest. H2O gegeben. Es

wurde dreimal mit je 20 ml EtOAc extrahiert und die vereinigten organischen Phasen über

wasserfreiem Magnesiumsulfat getrocknet. Das Lösungsmittel wurde am

Rotationsverdampfer entfernt und das entstandene rote Öl säulenchromatographisch an

Kieselgel getrennt (Hexan / EtOAc = 1:1). Das Produkt bildete die erste Fraktion (Rf = 0.62).

Nach Entfernung des Lösungsmittels am Rotationsverdampfer erhielt man das Isothiocyanat

als weißen Feststoff, der im Hochvakuum getrocknet wurde (90 mg, 35 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 8.45 (dd, J = 2.6 Hz, 0.6 Hz; 2 H; pz-H5),

7.74 (dd, J = 1.7 Hz, 0.6 Hz; 2 H; pz-H3), 7.70 (t, J = 0.7 Hz; 2 H; Pyridin H), 6.46 (dd, J =

2.6 Hz, 1.7 Hz; 2 H; pz-H4), 4.80 ppm (t, J = 0.7 Hz; 2 H; CH2).

IR (KBr): ν~ = 608 (m), 773 (s), 834 (s), 915 (m), 958 (s), 1048 (s), 1207 (s), 1263 (m), 1401

(br), 1465 (br), 1524 (s), 1576 (s), 1620 (s), 2105 (vs, br, –N=C=S), 2194 (m), 2215 (m), 2935

(m), 3150 cm–1 (m).

MS (EI, 70 eV): m/z (%) = 282 (100) [M•+].

Elementaranalyse: Ber. (%) für C13H10N6S: C 55.30, H 3.57, N 29.77, S 11.36; gef.:

C 54.87, H 3.62, N 28.85, S 11.16.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 80

2.5.2.10 N-(2-Mercaptoethyl)-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxamid (10)

NNNN N

HN

SHO

C14H14N6OS

M = 314.4 g/mol

weißer Feststoff

Zu einer Lösung von 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carbonsäure (2) (794 mg, 3.1 mmol)

in DMF (27 ml) wurden nacheinander N-Ethyl-N′-(3-dimethylaminopropyl)carbodiimid

Hydrochlorid (656 mg, 3.4 mmol), 1-Hydroxy-benzotriazol Hydrat (462 mg, 3.4 mmol) und

Cysteamin (240 mg, 3.1 mmol) als Feststoff gegeben. Das Gemisch wurde 20 min bei

Raumtemperatur gerührt. Triethylamin (0.87 ml, 6.2 mmol) wurde über eine Spritze

zugegeben und das Reaktionsgemisch weitere 12 h bei Raumtemperatur gerührt. Der

entstandenen Suspension wurden 50 ml dest. H2O zugefügt und die wässrige Phase mit

dreimal je 80 ml EtOAc extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen wurden nacheinander

mit wässriger Zitronensäure-Lösung (0.05 M, 240 ml), wässriger Natriumhydrogencarbonat-

Lösung (0.5 M, 180 ml) und gesättigter Kochsalz-Lösung (120 ml) gewaschen. Die

organische Phase wurde über wasserfreiem Natriumsulfat getrocknet, das Lösungsmittel am

Rotationsverdampfer entfernt und der entstandene weiße Feststoff im Hochvakuum

getrocknet (814 mg, 83 %).

1H-NMR (200 MHz, [D6]DMSO, 25 °C): δ = 9.26 (t, J = 5.6 Hz, 1 H; NH), 8.97 (dd, J = 2.8

Hz, 0.6 Hz; 2 H; pz-H5), 8.21 (s, 2H; Pyridin H), 7.90 (dd, J = 1.5 Hz, 0.6 Hz; 2 H; pz-H3),

6.65 (dd, J = 2.8 Hz, 1.7 Hz; 2 H; pz-H4), 3.47 (m, 2 H; N–CH2), 2.69 (m, 2 H; S–CH2); 2.50

ppm (m, 1 H; S–H). 13C-NMR (100.6 MHz, [D6]DMSO, 25 °C): δ = 163.4 (C=O), 150.1 (py-C2,6), 147.6 (py-C4),

142.9 (pz-C3), 128.3 (pz-C5), 108.7 (py-C3,5), 106.8 (pz-C4), 43.0 (NCH2), 23.1 ppm (SCH2).

IR (KBr): ν~ = 754 (m), 955 (m), 1034 (m), 1045 (m), 1209 (m), 1260 (w), 1397 (s), 1461

(vs), 1521 (m), 1543 (m), 1570 (s), 1621 (m), 1643 (m), 3264 cm–1 (br).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C14H14N6OS: C 53.49, H 4.49, N 26.73, S 10.20; gef.:

C 53.70, H 4.48, N 26.49, S 10.32.

Dünnschichtchromatographie: Kieselgel, Hexan/ EtOAc = 1:1; Rf = 0.54.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 81

2.5.2.11 N-(4-(4-Mercaptophenyl)phenyl)-2,6-bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carboxamid

(12)

N

N

N

N

NHN

O

SH C24H18N6OS

M = 438.5 g/mol

weißer Feststoff

Zu einer Lösung von 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-carbonsäure (2) (50 mg, 0.20 mmol)

in DMF (6 ml) wurden nacheinander N-Ethyl-N′-(3-dimethylaminopropyl)carbodiimid

Hydrochlorid (41 mg,0.22 mmol), 1-Hydroxy-benzotriazol Hydrat (29 mg, 0.22 mmol) und

4'-Amino-(1,1'-biphenyl)-4-thiol (39 mg, 0.20 mmol) in fester Form gegeben. Das Gemisch

wurde 20 min bei Raumtemperatur gerührt. Triethylamin (0.055 ml, 0.40 mmol) wurde über

eine Spritze zugegeben und das Reaktionsgemisch weitere 18 h bei Raumtemperatur gerührt.

Der entstandenen Suspension wurden 10 ml dest. H2O zugefügt und die wässrige Phase mit

dreimal je 30 ml EtOAc extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen wurden nacheinander

mit wässriger Zitronensäure-Lösung (0.05 M, 40 ml), wässriger Natriumhydrogencarbonat-

Lösung (0.5 M, 30 ml) und gesättigter Kochsalz-Lösung (20 ml) gewaschen. Die organische

Phase wurde über wasserfreiem Natriumsulfat getrocknet, das Lösungsmittel am

Rotationsverdampfer entfernt und der entstandene weiße Feststoff im Hochvakuum

getrocknet (52 mg, 61 %).

1H-NMR (200 MHz, [D6]DMSO, 25 °C): δ = 10.96 (s; 1 H; NH), 9.02 (d, J = 2.4 Hz; 2 H;

pz-H5), 8.33 (s; 2 H; Pyridin H), 7.93 (m; 4 H; bp-H/pz-H3); 7.73 (m; 4 H; bp-H), 7.64 (m; 2

H; bp-H), 6.69 (m; 2 H; pz-H4), 3.49 ppm (m; 1 H, SH).

MS (EI, 70 eV): m/z (%) = 201 (55) [M+H•+–C12H8N5O], 238 (60) [M•+–C12H10NS], 438

(100) [M•+].

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 82

2.5.2.12 (2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-yl)methyl-11-mercaptoundecanoat (14)

NNNN N

OSH

O

10

C23H31N5O2S

M = 441.6 g/mol

weißer Feststoff

In einem 100 ml-Schlenkrohr wurde unter Rühren eine Lösung von 4-Dimethylaminopyridin

(2 mg, 0.02 mmol, 0.05 Äq.) in MeCN (1 ml) vorgelegt. Zu der Lösung wurden nacheinander

eine Suspension von 11-Mercaptoundecansäure (72 mg, 0.33 mmol, 1 Äq.) in MeCN (2 ml)

und 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)pyridin-4-yl)methanol (5) (80 mg, 0.33 mmol, 1 Äq.) in fester

Form gegeben. Eine Lösung von Di-tert-butyl-dicarbonat (94 mg, 0.43 mmol, 1.3 Äq.) in

MeCN (3 ml) wurde zum Reaktionsgemisch gegeben und die entstandene Suspension für 23 h

auf 60 °C erhitzt. Nach dem Abkühlen wurde der Lösung EtOAc (80 ml) zugefügt und die

organische Phase nacheinander mit verd. HCl (20 ml), NaHCO3 (2 × 40 ml), dest. H2O (2 ×

40 ml) und ges. Kochsalzlösung (40 ml) ausgeschüttelt. Die organische Phase wurde über

Magnesiumsulfat getrocknet und nach Filtration des Trockenmittels das Lösungsmittel am

Rotationsverdampfer entfernt. Das zurückgebliebene Öl wurde säulenchromatographisch an

Kieselgel gereinigt (EtOAc / Hexan = 1:3, Rf = 0.83). Das Produkt wurde in Form eines

farblosen Öls erhalten, das bei Trocknung im Hochvakuum zu einem weißen Feststoff

erstarrte (92 mg, 63 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 8.56 (dt, J = 2.6 Hz, 0.7 Hz; 2 H; pz-H5),

7.84 (dt, J = 5.5 Hz, 0.7 Hz; 2 H; Pyridin H), 7.77 (dd, J = 1.7 Hz, 0.7 Hz; 2 H; pz-H3), 6.50

(m; 2 H; pz-H4), 5.22 (dt, J = 4.8 Hz, 0.7 Hz; py–CH2), 2.94-2.42 (m; 4 H; CH2C=O/CH2–

SH), 1.84-1.17 ppm (m; 16 H; Methylen H).

IR (KBr): ν~ = 542 (w), 608 (m), 650 (w), 758 (s), 788 (s), 854 (m), 917 (m), 954 (m), 1040

(s), 1128 (s), 1161 (s), 1206 (s), 1256 (m), 1278 (m), 1398 (s), 1466 (vs), 1522 (m), 1575 (s),

1621 (s), 1692 (m), 1744 (vs), 2853 (m), 2923 (vs), 3150 cm–1 (w).

MS (EI, 70 eV): m/z (%) = 240 (100) [M•+–C11H21OS], 408 (54) [M•+–SH], 441 (59) [M•+].

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 83

2.5.2.13 Ethyl 2,6-dichlorpyridin-4-carboxylat (15)

NCl Cl

CO2Et

C8H7Cl2NO2

M = 220.0 g/mol

weiße Nadeln

2,6-Dichlor-4-carbonsäure (1) (3 g, 15.6 mmol) wurde in 70 ml EtOH gelöst. Zu der klaren

Lösung wurde unter Rühren konz. H2SO4 (5 ml) gegeben und das Gemisch für 2 h unter

Rückfluss erhitzt. Nach dem Abkühlen wurde das Lösungsmittel am Rotationsverdampfer

entfernt und dest. H2O (50 ml) zugefügt. Der entstandene weiße Niederschlag wurde

abfiltriert, mit dest. H2O gewaschen und in einem EtOH/dest. H2O-Gemisch umkristallisiert.

Nach dem Trocknen im Hochvakuum erhielt man das Produkt in Form von weißen Nadeln

(3.231 g, 94 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 7.81 (s; 2 H; Pyridin H), 4.43 (q, J =

7.1 Hz; 2 H; CH2), 1.42 ppm (t, J = 7.1 Hz; 3 H; CH3). 13C-NMR (100.6 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 162.60 (C=O), 151.34 (py-C2,6),

142.71 (py-C4), 122.55 (py-C3,5), 62.59 (CH2), 14.04 ppm (CH3).

MS (EI, 70 eV): m/z (%) = 146 (28) / 148 (19) [M•+–C3H5O2], 174 (75) / 176 (51) [M•+–

C2H5O], 191 (100) / 193 (64) [MH•+–C2H5], 219 (59) / 221 (35) [M•+].

2.5.2.14 (2,6-Dichlorpyridin-4-yl)methanol (16)

NCl Cl

OH

C6H5Cl2NO

M = 178.0 g/mol

weißer Feststoff

Ethyl 2,6-dichlorpyridin-4-carboxylat (15) (3.23 g, 14.7 mmol, 1 Äq.) wurde in EtOH (120

ml) suspendiert. Unter Rühren wurde Natriumborhydrid (2.78 g, 73.3 mmol, 5 Äq.)

portionsweise in fester Form zugegeben. Das Reaktionsgemisch wurde 3 d bei

Raumtemperatur gerührt. Das Lösungsmittel wurde am Rotationsverdampfer entfernt und der

verbleibende Feststoff mit dest. H2O (50 ml) versetzt. Die Suspension wurde mit verd. HCl

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 84

versetzt bis keine Gasentwicklung mehr zu beobachten war. Anschließend wurde das

Gemisch mit festem Natriumcarbonat auf pH 8 gebracht. Die wässrige Phase wurde dreimal

mit je 150 ml DCM extrahiert und die vereinigten organischen Phasen über Magnesiumsulfat

getrocknet. Nach Filtration des Trockenmittels und Entfernung des Lösungsmittels am

Rotationsverdampfer erhielt man das Produkt in Form eines weißen Feststoffes (2.54 g, 97

%).

1H-NMR (200 MHz, [D6]DMSO, 25 °C): δ = 7.44 (t, J = 0.9 Hz; 2 H; Pyridin H), 5.65 (t, J

= 5.8 Hz; 1 H; OH), 4.56 ppm (dt, J = 5.8 Hz, 0.9 Hz; 2 H; CH2).

IR (KBr): ν~ = 607(m), 819 (m), 845 (s), 904 (m), 991 (m), 1077 (m), 1164 (s), 1234 (w),

1290 (w), 1384 (s), 1460 (m), 1544 (s), 1591 (s), 3358 cm–1 (s).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C6H5Cl2NO: C 40.48, H 2.83, N 7.87; gef.: C 40.45, H 2.81,

N 7.68.

2.5.2.15 2,6-Dichlor-4-((tetrahydro-2H-pyran-2-yloxy)methyl)pyridin (17)

NCl Cl

O

O

C11H13Cl2NO2

M = 262.1 g/mol

weißer Feststoff

In einem 100 ml-Schlenk-Kolben wurden 3,4-Dihydropyran (0.531 ml, 5.9 mmol, 10 Äq.)

und (2,6-Dichlorpyridin-4-yl)methanol (16) (0.5 g, 2.8 mmol, 4.8 Äq.) in DCM (80 ml)

gelöst. Eine Lösung von Pyridinium-p-toluolsulfonat (0.147 g, 0.6 mmol, 1 Äq.) in DCM (5

ml) wurde langsam zur Reaktionslösung getropft. Die klare farblose Lösung wurde 18 h bei

Raumtemperatur gerührt. Das Lösungsmittel wurde am Rotationsverdampfer entfernt. Zum

verbliebenen weißen Feststoff wurde dest. H2O (40 ml) gegeben und mit dreimal je 40 ml

Diethylether extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen wurden über Magnesiumsulfat

getrocknet, das Trockenmittel abfiltriert und das Lösungsmittel am Rotationsverdampfer

entfernt. Das verbliebene hellgelbe Öl wurde säulenchromatographisch an Kieselgel gereinigt

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 85

(Pentan/Diethylether = 75:25, Rf = 0.68). Das Produkt wurde als farbloses Öl erhalten, das

sich beim Abkühlen verfestigt (0.635 g, 86 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 7.25 (t, J = 0.9 Hz; 2 H; Pyridin H), 4.77

(dt, J = 14.4 Hz, 0.9 Hz; 1 H; CHH’–OTHP), 4.70 (m; 1 H; THP-H2), 4.48 (dt, J = 14.4 Hz,

0.9 Hz; 1 H; CHH’–OTHP), 3.89-3.77 (m; 1 H; THP-H6 ), 3.60-3.50 (m; 1 H; THP-H6’),

1.91-1.58 ppm (m; 6 H; THP-H3,4,5).

IR (KBr): ν~ = 809 (s), 869 (m), 905 (w), 972 (w), 1035 (s), 1074 (m), 1126 (m), 1164 (vs),

1201 (w), 1250 (w), 1371 (s), 1546 (s), 1588 (m), 1732 (m), 2943 cm–1 (m).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C11H13Cl2NO2: C 50.40, H 5.00, N 5.34; gef.: C 50.60, H

5.05, N 4.74.

2.5.2.16 Ethyl-1-(6-(4-(ethoxycarbonyl)-1H-pyrazol-1-yl)-4-((tetrahydro-2H-pyran-2-

yloxy)methyl)pyridin-2-yl)-1H-pyrazol-4-carboxylat (18)

NNNN N

O

CO2EtEtO2C

O

C23H27N5O6

M = 469.5 g/mol

weißer Feststoff

Paraffinfreies Kaliumhydrid (242 mg, 6.0 mmol, 3 Äq.) wurde in einem 250 ml-Schlenk-

Kolben in Diglyme (8 ml) vorgelegt. Zu der weißen Suspension wurde unter Rühren eine

Lösung von Ethyl-1H-pyrazol-4-carboxylat (846 mg, 6.0 mmol, 3 Äq.) in Diglyme (25 ml)

über eine Spritze gegeben. Die entstandene gelbliche Suspension wurde für 2 h bei

Raumtemperatur gerührt. 17 (527 mg, 2.0 mmol, 1 Äq.) wurde in fester Form zur

Reaktionslösung gegeben. Das Gemisch wurde für 5 d auf 130 °C erhitzt. Nach Abkühlen auf

Raumtemperatur wurde dest. H2O (150 ml) zugefügt, wobei sich zunächst eine braune, klare

Lösung bildete, aus der schließlich ein hellbrauner Niederschlag ausfiel. Der Niederschlag

wurde abfiltriert und mehrmals mit dest. H2O gewaschen. Das Rohprodukt wurde in wenig

EtOAc aufgenommen und säulenchromatographisch an Kieselgel gereinigt (Hexan/EtOAc =

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 86

1:1, Rf = 0.68). Das Produkt wurde in Form eines weißen, kristallinen Feststoffes erhalten

(417 mg, 44 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 9.04 (d, J = 0.7 Hz; 2 H; pz-H5), 8.14 (d,

J = 0.7 Hz; 2 H; pz-H3), 7.97 (t, J = 0.7 Hz; 2 H; Pyridin H), 4.94 (dt, J = 14.2 Hz, 0.7 Hz; 1

H; CHH’–OTHP), 4.79 (m, 1 H; THP-H2), 4.66 (dt, J = 14.2 Hz, 0.7 Hz; 1 H; CHH’–OTHP),

4.40 (q, J = 7.1 Hz; 4 H, CH2–CH3), 3.95-3.84 (m; 1 H; THP-H6), 3.63-3.53 (m; 1 H; THP-

H6’), 1.91-1.58 (m; 6 H; THP-H3,4,5), 1.43 ppm (t, J = 7.1 Hz; 6 H; CH2–CH3).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C23H27N5O6: C 58.84, H 5.80, N 14.92; gef.: C 58.38, H

5.60, N 14.50.

2.5.2.17 Ethyl-1-(6-(4-(ethoxycarbonyl)-1H-pyrazol-1-yl)-4-(hydroxymethyl)pyridin-2-

yl)-1H-pyrazol-4-carboxylat (19)

NNNN N

OH

CO2EtEtO2C

C18H19N5O5

M = 385.4 g/mol

weißer Feststoff

Unter Rühren wurde zu einer Lösung von 18 (405 mg, 0.86 mmol, 10 Äq.) in EtOH (22 ml),

Pyridinium-p-toluolsulfonat (22 mg, 0.09 mmol, 1 Äq.) in fester Form gegeben. Die klare

farblose Lösung wurde für 3 h auf 55 °C erhitzt. Nach dem Abkühlen wurde das

Lösungsmittel am Rotationsverdampfer entfernt. Zum verbliebenen Feststoff wurde dest. H2O

(50 ml) gegeben und dreimal mit jeweils 50 ml Diethylether extrahiert. Die vereinigten

organischen Phasen wurden noch zweimal mit jeweils 50 ml dest. H2O gewaschen und

anschließend über Magnesiumsulfat getrocknet. Das Trockenmittel wurde abfiltriert und das

Lösungsmittel am Rotationsverdampfer entfernt. Das Produkt wurde in Form eines weißen

Feststoffes erhalten (327 mg, 98 %).

1H-NMR (200 MHz, [D6]DMSO, 25 °C): δ = 9.45 (d, J = 0.7 Hz; 2 H; pz-H5), 8.10 (d, J =

0.7 Hz; 2 H; pz-H3), 7.79 (s; 2 H; Pyridin H), 5.69 (br; 1 H; OH), 4.68 (s; 2H; CH2–OH), 4.27

(q, J = 7.1 Hz; 4 H; CH2CH3), 1.31 ppm (t, J = 7.1 Hz; 6 H; CH3).

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 87

13C-NMR (100.6 MHz, [D6]DMSO, 25 °C): δ = 161.83 (C=O), 159.54 (py-C4), 148.69 (py-

C2/6), 142.70 (pz-C3), 131.32 (pz-C5), 116.48 (pz-C4), 107.56 (py-C3/5), 61.48 (CH2OH), 60.04

(CH2CH3), 14.18 ppm (CH3).

IR (KBr): ν~ = 538 (w), 601 (w), 763 (m), 791 (w), 867 (w), 910 (w), 965 (m), 996 (m), 1024

(s), 1071 (m), 1131 (m), 1193 (m), 1252 (s), 1409 (m), 1471 (s), 1561 (s), 1621 (m), 1722

(vs), 2936 cm–1 (br).

2.5.2.18 1-(6-(4-Carboxy-1H-pyrazol-1-yl)-4-(hydroxymethyl)pyridin-2-yl)-1H-pyrazol-

4-carbonsäure (20)

NNNN N

OH

CO2HHO2C

C14H11N5O5

M = 329.3 g/mol

weißer Feststoff

Unter Rühren wurde die Diesterverbindung 19 (50 mg, 0.13 mmol, 1 Äq.) bei 40 °C in EtOH

(5.3 ml) gelöst. Eine wässrige 0.5 M-Natriumhydroxidlösung (2 ml, 1.00 mmol, 7.7 Äq.)

wurde zugegeben. Die entstandene klare farblose Lösung wurde für 24 h bei 70 °C gerührt.

Zur entstandenen weißen Suspension wurde dest. H2O (5 ml) gegeben, wobei sich der weiße

Niederschlag löste. Durch Zugabe einer wässrigen 1 M-Zitronensäurelösung wurde die

Reaktionslösung auf pH 4 gebracht, wobei ein weißer Niederschlag ausfiel. Der Feststoff

wurde abfiltriert und mit dest. H2O gewaschen. Nach Trocknung im Hochvakuum erhielt man

das Produkt als weißen Feststoff (29.7 mg, 70 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 12.76 (br; 2 H; COOH), 9.57 (d, J = 0.7

Hz; 2 H; pz-H5), 8.16 (d, J = 0.7 Hz; 2 H; pz-H3), 7.89 (s; 2 H; Pyridin H), 5.73 (br; 1 H; OH),

4.72 ppm (s; 2 H; CH2).

IR (KBr): ν~ = 598 (w), 771 (m), 797 (m), 848 (w), 891 (w), 998 (m), 1047 (w), 1262 (m),

1431 (s), 1479 (s), 1564 (vs), 1625 (s), 1694 (vs), 3112 cm–1 (m).

MS (EI, 70 eV): m/z (%) = 44 (55) [CO2], 284 (14) [M•+–CHO2•], 329 (100) [M•+].

Elementaranalyse: Ber. (%) für C14H11N5O5: C 51.07, H 3.37, N 21.27; gef.: C 50.76, H

3.44, N 20.40;

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 88

2.5.2.19 Ethyl-1-(6-(4-(ethoxycarbonyl)-1H-pyrazol-1-yl)-4-(thiocyanatomethyl)pyridin-

2-yl)-1H-pyrazol-4-carboxylat (21)

NNNN N

SCN

CO2EtEtO2C

C19H18N6O4S

M = 426.4 g/mol

hellgelber Feststoff

In einem 25 ml-Schlenk-Kolben wurde eine Lösung von Triphenylphosphin (230 mg, 0.9

mmol, 1.05 Äq.) in MeCN (5 ml) vorgelegt. Unter Rühren wurden nacheinander eine Lösung

von Ammoniumthiocyanat (134 mg, 1.8 mmol, 2.1 Äq.) in MeCN (3 ml) und eine Lösung

von Brom (0.05 ml, 0.9 mmol, 1.05 Äq.) in MeCN (0.5 ml) zugegeben. Das Gemisch wurde

10 min bei Raumtemperatur gerührt und anschließend eine Lösung von 19 (327 mg, 0.8

mmol, 1 Äq.) in MeCN (10 ml) zugegeben. Die Reaktionslösung wurde 24 h bei

Raumtemperatur gerührt. Das Lösungsmittel wurde am Rotationsverdampfer entfernt, der

Rückstand in wenig EtOAc aufgenommen und säulenchromatographisch an Kieselgel

gereinigt (Hexan/EtOAc = 1:1, Rf = 0.70). Das Produkt wurde in Form eines hellgelben

Feststoffes erhalten (135 mg, 40 %).

1H-NMR (200 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 9.02 (s; 2 H; pz-H5), 8.14 (s; 2 H; pz-H3),

7.98 (s; 2 H; Pyridin H), 4.39 (q, J = 7.1 Hz; 4 H; CH2CH3), 4.22 (s; 2 H; CH2–SCN), 1.42

ppm (t, J = 7.1 Hz; 3 H; CH3). 13C-NMR (100.6 MHz, [D1]Chloroform, 25 °C): δ = 162.46 (C=O), 150.13 (py-C2/6),

149.98 (py-C4), 143.53 (pz-C3), 130.28 (pz-C5), 117.76 (pz-C4), 110.67 (py-C3/5), 110.39

(SCN), 60.82 (CH2CH3), 36.47 (CH2SCN), 14.41 ppm (CH3).

IR (KBr): ν~ = 621 (m), 711 (m), 765 (s), 791 (w), 828 (w), 873 (w), 913 (w), 966 (s), 1000

(m), 1023 (s), 1137 (m), 1171 (s), 1197 (m), 1256 (s), 1304 (m), 1407 (s), 1470 (s), 1559 (s),

1622 (s), 1718 (s), 2157 (m), 2988 (m), 3121 (m), 3416 cm–1 (br).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C19H18N6O4S: C 53.51, H 4.25, N 19.71, S 7.52; gef.:

C 53.25, H 4.21, N 18.91, S 7.31.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 89

2.5.2.20 [Fe(C13H11N5O2)2](BF4)2 (23)

N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeMeO2C CO2Me

2+

[BF4–]2

C26H22B2F8FeN10O4

M = 767.9 g/mol

oranger Feststoff

In einem 10 ml-Schlenkrohr wurde eine Lösung von 3 (99.6 mg, 0.4 mmol, 1 Äq.) in THF (3

ml) vorgelegt. Eine Lösung von Eisen(II)tetrafluoroborat Hexahydrat (59.3 mg, 0.2 mmol,

0.48 Äq.) in THF (2 ml) wurde zugetropft. Aus der farblosen, klaren Lösung fiel sofort ein

oranger Niederschlag aus. Das Reaktionsgemisch wurde für 4 h bei Raumtemperatur gerührt.

Der Niederschlag wurde abfiltriert und mit THF gewaschen. Nach Trocknung im

Hochvakuum wurde das Produkt in Form eines orangen Feststoffes erhalten (113 mg, 82 %).

Orange Einkristalle der Verbindung wurden durch isothermale Diffusion von Diethylether in

eine methanolische Lösung der Substanz über eine Woche bei Raumtemperatur erhalten.

1H-NMR (200 MHz, [D4]Methanol, 25 °C): δ = 68.64 (br), 64.16 (br), 57.66 (br), 49.55 (br),

8.46-2.99 ppm (m). (Alle Signale sind paramagnetisch verbreitert)

IR (KBr): ν~ = 521 (w), 599 (w), 736 (m), 765 (s), 793 (m), 912 (w), 971 (s), 1052 (vs), 1167

(m), 1265 (s), 1338 (w), 1408 (vs), 1462 (vs), 1501 (m), 1528 (s), 1582 (s), 1635 (s), 1738 (s),

2920 (w), 3131 cm–1 (m).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C26H22B2F8FeN10O4: C 40.66, H 2.89, N 18.24; gef.:

C 40.64, H 3.06, N 18.15.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 90

2.5.2.21 [Fe(C14H13N5O2)2](BF4)2 (24)

N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeEtO2C CO2Et

2+

[BF4–]2

C28H26B2F8FeN10O4

M = 796.0 g/mol

oranger Feststoff

In einem 10 ml-Schlenkrohr wurde eine Lösung von 4 (122.5 mg, 0.4 mmol, 1 Äq.) in THF (3

ml) vorgelegt. Unter Rühren wurde eine Lösung von Eisen(II)tetrafluoroborat Hexahydrat

(69.3 mg, 0.2 mmol, 0.48 Äq.) in THF (2 ml) zugetropft. Aus der Lösung fiel sofort ein

oranger Niederschlag aus. Die Lösung wurde für 3 h bei Raumtemperatur gerührt, der

Niederschlag abfiltriert und mit THF nachgewaschen. Nach Trocknung im Hochvakuum

wurde der Eisenkomplex in Form eines orangen Feststoffes erhalten (118 mg, 71 %). Orange

Einkristalle der Verbindung wurden durch isothermale Diffusion von Diethylether in eine

Lösung des Komplexes in MeOH über eine Woche gewonnen.

1H-NMR (200 MHz, [D4]Methanol, 25 °C): δ = 69.15 (br), 64.65 (br), 58.29 (br), 49.33 (br),

9.48-0.96 ppm (m). (Alle Signale sind paramagnetisch verbreitert)

IR (KBr): ν~ = 520 (w), 598 (w), 766 (s), 862 (w), 970 (m), 1055 (vs), 1136 (m), 1257 (s),

1286 (s), 1339 (w), 1380 (w), 1408 (s), 1474 (vs), 1499 (m), 1527 (m), 1575 (m), 1631 (m),

1734 (s), 2924 (w), 3126 cm–1 (m).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C28H26B2F8FeN10O4: C 42.25, H 3.29, N 17.60; gef.:

C 41.51, H 3.60, N 18.18.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 91

2.5.2.22 [Fe(C14H14N6OS)2](BF4)2 (25)

N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeHN

NH

2+

[BF4–]2

HS

O

O

SH

C28H28B2F8FeN12O2S2

M = 858.2 g/mol

orangeroter Feststoff

Eine Lösung von 10 (225 mg, 0.7 mmol, 1 Äq.) in THF (10 ml) wurde in einem 10 ml-

Schlenkrohr bei Raumtemperatur vorgelegt. Unter Rühren wurde zu der klaren, farblosen

Lösung eine Lösung von Eisen(II)tetrafluoroborat-Hexahydrat (117 mg, 0.4 mmol, 0.49 Äq.)

in THF (3 ml) gegeben. Aus der Lösung fiel sofort ein dunkelroter Niederschlag aus. Das

Reaktionsgemisch wurde für weitere 18 h bei Raumtemperatur gerührt. Der Feststoff wurde

abfiltriert, mit THF gewaschen und im Hochvakuum getrocknet. Der Eisenkomplex wurde in

Form eines orangeroten Feststoffes erhalten (235 mg, 79 %). Orange Einkristalle der

Verbindung wurden durch isothermale Diffusion von Diethylether in eine methanolische

Lösung des Rohproduktes erhalten.

1H-NMR (200 MHz, [D4]Methanol, 25 °C): δ = 69.58 (br), 63.58 (br), 59.15 (br), 49.01 (br),

8.23-1.09 ppm (m). (Alle Signale sind paramagnetisch verbreitert)

IR (KBr): ν~ = 473 (w), 520 (m), 546 (w), 600 (m), 645 (w), 767 (s), 794 (m), 869 (m), 909

(m), 972 (s), 1058 (vs), 1170 (w), 1221 (w), 1272 (m), 1291 (m), 1338 (m), 1380 (m), 1408

(s), 1460 (s), 1498 (s), 1528 (s), 1572 (s), 1632 (s), 1674 (s), 2577 (w), 2855 (w), 2930 (w),

3116 (m), 3371 cm–1 (m).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C28H28B2F8FeN12O2S2: C 39.19, H 3.29, N 19.59, S 7.47;

gef.: C 39.89, H 3.49, N 19.37, S 7.44.

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 92

2.5.2.23 Röntgenstrukturanalysen

Details zu Kristalldaten, Datensammlung und Strukturverfeinerung sind in Tabelle 2.4.1

angegeben. Die Daten wurden unter Verwendung eines Bruker-Nonius KappaCCD

Diffraktometers mit MoKα-Strahlung (λ = 0.71073 Å) und Graphit-Monochromator ermittelt

(Strukturen für 23, 24 und 25). Datensammlung und Integration erfolgte mit der COLLECT

Suite.[96] Datensammlung für Verbindung 3 erfolgte auf einem Oxford Diffraction Xcalibur S

Sapphire-Diffraktometer (Siemens) unter Verwendung von Mo-Kα-Strahlung (λ = 0.71073

Ǻ). Alle Strukturen wurden mit direkten Methoden gelöst und die Daten nach der Methode

der kleinsten Fehlerquadrate bei voller Matrix gegen F2 verfeinert, unter Benutzung des

Programms SHELXTL NT 6.12.[97] Alle Nichtwasserstoffatome wurden anisotrop verfeinert.

Alle H-Atome wurden in geometrisch optimierten Positionen berechnet und wurden mit

einem isotropen Auslenkungsparameter versehen, der dem 1.2- bzw. 1.5-fachen des

äquivalenten isotropen Auslenkungsparameters des die Wasserstoffatome tragenden C-

Atomes entspricht. Die geometrischen Parameter der Strukturen wurden mit den Programmen

IVTON[98] und Mercury v1.4.2[99] ermittelt. Fehlordnungen: 23: Ein BF4– Ion (Atome F13,

F14), zwei Vorzugslagen verfeinert (Besetzung 70(6):30(6) %); 24: Eine COOEt-Gruppe

(Atome O2, C13, C14), zwei Vorzugslagen verfeinert (Besetzung 73.5(7):26.5(7) %); 25:

Beide endständigen CH2SH-Gruppen (Atome C14, S1 bzw. C28, S2) je zwei Vorzugslagen

verfeinert (Besetzung 90.3(3):9.7(3) % bzw. 84.7(3):15.3(3) %).

2 Eisen(II)-Komplexe mit Schwefelanker 93

Tabelle 2.5.1. Kristallographische Daten für Verbindungen 3, 23, 24 und 25. 23 24 25 3

Summenformel C26H22B2F8FeN10O4 C28H26B2F8FeN10O4 C28H28 B2F8FeN12O2S2 C14H16N5O2

M [g mol–1] 767.9 796.1 858.2 286.3

Kristallsystem, Monoklin, C2/c Monoklin, P21/c Monoklin, P21/c Monoklin, P21/c

T [K] 100(2) 100(2) 100(2) 293(2)

Kristallgröße [mm] 0.10 × 0.09 × 0.07 0.16 × 0.12 × 0.09 0.28 × 0.21 × 0.10 0.14 × 0.23 × 0.26

Farbe orange orange rot farblos

a [Å] 23.212 (2) 17.5448 (10) 17.3500 (10) 13.8221 (4)

b [Å] 10.701 (1) 8.4933 (5) 13.704 (2) 19.2888 (5)

c [Å] 15.367 (2) 22.1899 (16) 15.388 (2) 10.1422 (3)

α [°] 90 90 90 90

β [°] 126.884 (4) 93.993 (6) 108.231 (9) 91.029 (2)

γ [°] 90 90 90 90

V [Å3] 3053.1 (6) 3298.6 (4) 3475.1 (7) 2703.59 (13)

Z 4 4 4 8

Dber [g cm–3] 1.671 1.603 1.640 1.407

μ [mm–1] 0.60 0.56 0.65 0.10

Abs. Korrektur SADABS[a] SADABS SADABS -

Tmin/Tmax 0.871/0.960 0.846/0.950 0.776/0.937 -

Gemessene Reflexe 28861 33867 74539 37970

Sym. unabhängig 3374 7234 7658 8952

Beobachtet[b] 2655 5017 5940 6179

Verf. Parameter 251 509 538 382

wR2 (alle Reflexe)[c] 0.071 0.092 0.108 0.143

R1 (beob. Reflexe)[d] 0.034 0.044 0.043 0.058

ρfin (max/min) [eÅ–3] 0.32/–0.28 0.48/–0.33 0.57/–0.48 0.28/–0.30

GooF = S 1.044 1.011 1.063 1.052

Wichtungsschema[e] k = 0.0228/l = 0.4610 k = 0.0335/l = 2.2752 k = 0.0404/l = 5.9029 k = 0.0667/l = 0.4059

[a] SADABS 2.06, Bruker AXS, Inc., 2002, Madison WI., U.S.A. [b] Mit Fo≥4σ(F). [c] wR2 = [Σ[w(Fo2–Fc

2)2]/Σ[w(Fo2)2]]1/2. [d] R1 = Σ||Fo|–

|Fc||/Σ|Fo| für Fo≥4σ(F). [e] w = 1/[σ2(Fo2)+(kP)2+lP] und P = (Fo

2)+2Fc2)/3.

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 94

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2

3.1 Einleitung

Die gezielte Synthese von Spincrossover(SCO)-Komplexen ist von Interesse im Hinblick auf

ihr Potential in der technischen Anwendung.[14, 42] Eine „Maßschneiderung“ von SCO-

Verbindungen mit genau vorhersagbaren Eigenschaften ist bisher nicht möglich. Durch

Berücksichtigung von Merkmalen bekannter SCO-Verbindungen bei der Synthese ist

allerdings eine große Wahrscheinlichkeit gegeben, dass die Zielverbindung SCO-

Eigenschaften aufweist. Das Verständnis aller den Spinübergang ermöglichenden Einflüsse

auf einen Metallkomplex würde die Wege zu neuen SCO-Verbindungen wesentlich

verkürzen.

3.2 Konzept

Ein geeignetes System zur Untersuchung von Festkörpereffekten stellen die schon erwähnten

Eisen(II)-Komplexe von Bispyrazol-1-ylpyridin-Derivaten dar. Wie durch theoretische

Untersuchungen gezeigt wurde,[43] wird eine Jahn-Teller-Verzerrung des FeN6-

Koordinationsoktaeders im Feststoff durch die starren Bindungswinkel im Liganden

thermodynamisch stabilisiert, was mit einer Erniedrigung der Symmetrie des

Koordinationspolyeders einhergeht. Eine solche „fixierte“ Jahn-Teller-Verzerrung verhindert

Spincrossover. Bisher wurde das Zustandekommen der Jahn-Teller-Verzerrung hauptsächlich

durch den Einfluss zusätzlicher Moleküle (Lösungsmittel, Gegenionen) im Kristallgitter

erklärt. Die in diesem Kapitel geschilderten Beobachtungen lassen jedoch andere Einflüsse an

Gewicht gewinnen. Die Isolierung und Untersuchung zweier Polymorphe eines Eisen(II)-

Komplexes mit identischer Stöchiometrie, aber unterschiedlichem Spinverhalten zeigt, dass es

sich bei den bestimmenden strukturellen Einflüssen um Kooperativitätseffekte in der

Kristallpackung handelt.

Die auf diese Art mögliche isolierte Untersuchung des Festkörpereffektes kann künftig helfen,

„maßgeschneiderte“ SCO-Verbindungen zu synthetisieren.

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 95

3.3 Ergebnisse und Diskussion

3.3.1 Synthese von [Fe(6)2](BF4)2 (26)

Zur Synthese von Komplex 26 wurden zwei Äquivalente des Liganden 6 mit einem

Äquivalent Eisen(II)tetrafluoroborat-Hexahydrat in Tetrahydrofuran bei Raumtemperatur

umgesetzt. Der entstehende Komplex [Fe(6)2](BF4)2 ist nicht in Tetrahydrofuran löslich und

fällt sofort in Form eines gelben Niederschlags aus der Lösung aus. Der gelbe Feststoff ist in

Acetonitril, Aceton und Nitromethan gut und in Methanol ausreichend löslich.

NNNN N

SCN

2 N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeNCS

SCN

2+

[BF4–]2

6 26

i

Abbildung 3.1. Synthese von [Fe(6)2](BF4)2 (26): i) 0.98 Äq. Fe(BF4)2 · 6 H2O, THF, RT, 18

h, 83 %.

Die Elementaranalyse von 26 stimmt gut mit den berechneten Werten überein. Die IR-

Spektren von Ligand 6 und Komplex 26 stimmen in großen Teilen überein. Das Spektrum

von 26 zeigt eine Bande bei 2156 cm–1, die der asymmetrischen Streckschwingung der

Thiocyanatgruppe zugeordnet werden kann. Eine weitere starke Bande bei 1052 cm–1 wird

durch die BF4–-Ionen verursacht.

Das 1H-NMR-Spektrum von 26 in [D3]Acetonitril bei Raumtemperatur zeigt eine starke

paramagnetische Verschiebung der Signale, die sich über einen Bereich von 0 … 70 ppm

verteilen. Eine Zuordnung der Signale war infolge der großen Halbwertsbreiten der Signale

nicht möglich. In Anbetracht des Ausmaßes der Verschiebung handelt es sich nicht um eine

Verunreinigung der Probe durch möglicherweise entstandene Eisen(III)-Spezies, sondern um

ein Vorliegen eines Großteils von 26 mit Eisen(II) im High Spin-Zustand.

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 96

3.3.2 Polymorph a (26a): High Spin

Zur röntgenstrukturanalytischen Untersuchung mussten Einkristalle des Komplexes

[Fe(6)2](BF4)2 (26) gewonnen werden. Dazu wurde eine bei Raumtemperatur gesättigte

Lösung des Komplexes in Methanol gelöst und anschließend filtriert. Durch isothermale

Diffusion von Diethylether in die Lösung des Komplexes über einen Zeitraum von einer

Woche ergaben sich gelbe Einkristalle 26a.

Die Verbindung kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P 1 . Die Struktur des Dikations bei

100 K ist in Abbildung 3.2 gezeigt. Die asymmetrische Einheit besteht aus einem

Komplexdikation und zwei Tetrafluoroborat-Gegenionen, die Elementarzelle enthält zwei

Einheiten des Komplexes. Eine der Thiocyanatomethylgruppen ist fehlgeordnet, es konnten

zwei Vorzugslagen verfeinert werden, die zu 87.5(2) % für S2, C25 und C26 bzw. zu 12.5(2)

% für S2’, C25’ und C26’ besetzt sind. Zusätzlich weist eines der BF4–-Ionen

Rotationsfehlordnung auf. Die folgenden geometrischen Berechnungen beziehen sich auf das

Komplexdikation in der höher besetzten Vorzugslage.

Abbildung 3.2. Struktur des Dikations von 26a bei 100 K (50 %

Wahrscheinlichkeitsellipsoide, Wasserstoffatome und Gegenionen sind nicht gezeigt).

Das zweifach positiv geladene Komplexkation besteht aus einem Eisen(II)-Zentralatom und

zwei Liganden 6. Das Eisenzentrum wird durch jeweils drei der sechs Stickstoffatome jedes

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 97

Liganden in pseudooktaedrischer Geometrie koordiniert. Die beiden Liganden ordnen sich in

meridionaler Weise in der Koordinationssphäre an, sodass ihre Ebenen senkrecht aufeinander

stehen. Das erzeugte FeN6-Koordinationspolyeder weicht durch eine unregelmäßige

Anordnung beider Liganden zueinander deutlich von der Gestalt eines idealen Oktaeders ab.

Einerseits ist der Winkel φ zwischen den Eisen–N(Pyridin)-Bindungen deutlich kleiner als der

für ein ideales Oktaeder erwartete Wert von 180° (N3–Fe1–N9 = 158.10(7)°). Andererseits

sind die Ebenen der Liganden gegeneinander um die N3–Fe1–N9-Achse verdreht, mit einem

Winkel θ zwischen den besten Ebenen der Liganden von 78.84(2)° (ideal 90°). Der Mittelwert

der Chelatwinkel α beträgt 73.2°. Abbildung 2.26 in Kapitel 2 veranschaulicht die Lage der

betrachteten Winkel.

Die Eisen–Stickstoff-Bindungslängen betragen 2.1264(18) … 2.2430(19) Å, was auf ein

Vorliegen des Eisen(II)-Zentrums im High Spin-Zustand deutet.[2] Auf die Geometrie der

Thiocyanatomethylsubstituenten und intermolekulare Wechselwirkungen wird später in

diesem Kapitel eingegangen.

Tabelle 3.1. Ausgewählte Abstände [Å] und Winkel [°] für 26a bei 100 K. Die

Standardabweichungen sind in Klammern gesetzt.

Abstand Winkel

Fe1–N1 2.153(2) N3-Fe1-N9 158.1(1)

Fe1–N3 2.126(2) N1-Fe1-N3 73.8(1)

Fe1–N5 2.180(2) N3-Fe1-N5 73.1(1)

Fe1–N7 2.168(2) N7-Fe1-N9 73.6(1)

Fe1–N9 2.138(2) N9-Fe1-N11 72.5(1)

Fe1–N11 2.243(2)

C6...N6 3.950(4) C6-C12-S1 111.1(2)

C12-S1-C13 100.3(1)

C19...N12 4.085(4) C19-C25-S2 111.2(2)

C25-S2-C26 98.7(2)

Zusätzlich wurde ein Einkristall der Verbindung 26a bei 313 K röntgenstrukturanalytisch

untersucht. Die Struktur liegt in der triklinen Raumgruppe P 1 vor. Die asymmetrische

Einheit besteht aus einem Komplexdikation und zwei Tetrafluoroborat-Gegenionen. Die

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 98

Elementarzelle enthält zwei Formeleinheiten des Komplexes. Beide Me-SCN-Gruppen sind

fehlgeordnet. Es konnten zwei Vorzugslagen verfeinert werden, die zu 41.4(8) bzw. 58.6(8) %

für S1, C13, N6 und S1’, C13’, N6’ sowie zu 79.2(3) bzw. 20.8(3) % für C25, S2, C26 und

C25’, S2’, C26’ besetzt sind. Die beiden BF4-Anionen sind ebenfalls fehlgeordnet. Abbildung

3.3 zeigt das Komplexdikation von 26a bei 313 K, wobei die niedriger besetzten

Vorzugslagen nicht gezeigt sind.

Abbildung 3.3. Struktur des Dikations von 26a bei 313 K (35 %

Wahrscheinlichkeitsellipsoide, Wasserstoffatome und Gegenionen sind nicht gezeigt).

Die allgemeine Anordnung der Liganden um das Eisenzentralatom entspricht der bei 100 K.

Die Fe–N-Bindungslängen liegen im Bereich 2.1253(19) … 2.233(2) Å, d.h. im Mittel in

Übereinstimmung mit den Fe–N-Bindungslängen bei 100 K. Es handelt sich um Eisen(II) im

High Spin-Zustand. Das FeN6-Koordinationspolyeder ist in ähnlichem Maße verzerrt wie bei

der tieferen Temperatur, die charakteristischen Winkel betragen bei 313 K θ = 81.94(2) ° und

φ = 161.76(8) °.

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 99

Tabelle 3.2. Ausgewählte Abstände [Å] und Winkel [°] für 26a bei 313 K. Die

Standardabweichungen sind in Klammern gesetzt.

Abstand Winkel

Fe1–N1 2.172(2) N3-Fe1-N9 161.8(1)

Fe1–N3 2.125(2) N1-Fe1-N3 73.6(1)

Fe1–N5 2.190(2) N3-Fe1-N5 72.9(1)

Fe1–N7 2.168(2) N7-Fe1-N9 73.5(1)

Fe1–N9 2.136(2) N9-Fe1-N11 72.4(1)

Fe1–N11 2.233(2)

C6...N6’ 3.532(4) C6-C12-S1’ 110.6(2)

C12-S1’-C13’ 110.9(4)

C19...N12 4.050(4) C19-C25-S2 111.6(4)

C25-S2-C26 99.7(2)

Der Unterschied zwischen beiden Strukturen besteht hauptsächlich in den Dimensionen ihrer

Elementarzellen. Das Volumen der Elementarzelle vergrößert sich zur höheren Temperatur

aufgrund der thermischen Ausdehnung des Kristallgitters um 60.93(18) Å3. Während

Zellkonstante c, die ungefähr in Richtung des Vektors durch die N(Pyridin)-Atome liegt,

nahezu konstant bleibt, findet die thermische Ausdehnung vor allem in Richtung der

Zellkonstanten a und b statt.

Die Kristallstrukturen von 26a zeigen, dass es im Bereich 100 K … 313 K nicht zu einem

thermischen Spinübergang kommt. Bei beiden Temperaturen liegt das Eisen(II)-Zentrum im

High Spin-Zustand vor.

Zur Bestätigung des Spinzustands des Eisens und zur Untersuchung auf thermisches

Spinübergangsverhalten des Komplexes wurde eine Messung der magnetischen

Suszeptibilität mittels SQUID-Magnetometrie durchgeführt. Die Messung erfolgte bei einem

angelegten magnetischen Feld von 0.1 T über einen Temperaturbereich von 2 bis 350 K an 20

mg einer pulverförmigen Probe von 26a. Messungen erfolgten mit Temperaturvorschub in

beide Richtungen. Abbildung 3.4 zeigt die Auftragung des Produktes der molaren

magnetischen Suszeptibilität χm und der Temperatur gegen die Temperatur.

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 100

Abbildung 3.4. Magnetische Suszeptibilität von 26a (0.1 T Feldstärke).

Der Komplex ist paramagnetisch über den untersuchten Temperaturbereich mit leichter

Abweichung vom idealen Verhalten. Im Bereich 50 … 150 K beträgt χmT zwischen 3.15 und

3.18 cm3mol−1K, in Übereinstimmung mit einem High Spin-Zustand (S = 2) des Eisen(II).[27,

93] Unterhalb von 50 K zeigt χmT eine Temperaturabhängigkeit und nimmt stark ab, was

durch die Aufspaltung des 5T2-Grundzustands des Eisen(II)-Zentrums durch Spin-Bahn-

Kopplung, die so genannte Nullfeldaufspaltung (zero-field splitting) verursacht wird. Nach

einer leichten Zunahme der Suszeptibilität zwischen 150 und 180 K bleibt χmT bis 350 K im

Bereich 3.55 … 3.66 cm3mol−1K, was gut mit Werten für vergleichbare High Spin-Eisen(II)-

Komplexe übereinstimmt.[94] Der leichte Anstieg von 0.37 cm3mol−1K im Bereich um 160 K

wird möglicherweise von einem Spinübergang einer kleinen Fraktion der Moleküle im Gitter

verursacht. Als messtechnische Ursache wäre auch eine Reorientierung der Kristalle in der

Sonde während der Messung nicht ausgeschlossen.

Zusammengenommen ergeben die Untersuchungen, dass es sich bei Verbindung 26a um den

gewünschten Eisen(II)-Komplex handelt. Der Komplex enthält Eisen(II) in der High Spin-

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 101

Konfiguration im Temperaturbereich 2 … 350 K, zeigt also keinen thermischen

Spinübergang.

3.3.3 Kokristallisation bei Raumtemperatur

Da das Rohprodukt 26 in Methanol nur mäßig löslich ist, wurde der Komplex in Methanol bei

Rückflusstemperatur (60 °C) gelöst, um die Sättigung der Lösung zu erhöhen und die

Ausbeute zu steigern. Die Lösung wurde auf Raumtemperatur abgekühlt, filtriert, und es

wurde analog zum oben beschriebenen Ansatz Diethylether isotherm eindiffundieren

gelassen. Nach Ablauf von einer Woche zeigte sich, dass ein Gemisch aus zwei Kristallsorten

entstanden war (Abbildung 3.5). Zusätzlich zu einer Fraktion der bekannten gelben Kristalle

26a, die ca. 95 Gew.-% der Ausbeute ausmachten, entstand eine kleinere Fraktion von

rotbraunen Kristallen. Das Resultat ist reproduzierbar, wobei bei späteren Ansätzen die

isotherme Diffusion in druckdichten Glasgefäßen bei 0.8 bar Stickstoff-Überdruck

durchgeführt wurde, wodurch sich gleichmäßigere Ausbeuten ergaben. Erneute

Umkristallisation von Verbindung 26a unter diesen Bedingungen ergab wiederum das

Gemisch beider Kristallsorten.

Abbildung 3.5. Gemisch aus gelben (26a) und rotbraunen (26b) Kristallen.

Bei den gelben Kristallen handelte es sich um Verbindung 26a, wie die Bestimmung der

Zellkonstanten durch Einkristall-Röntgenstrukturanalyse bestätigte. Die rotbraunen Kristalle

(26b) wurden zunächst für eine oxidierte Form des Komplexes mit Eisen(III)-Zentrum

gehalten, wenngleich eine Oxidation durch den stark chelatisierenden Charakter der

Bispyrazolylpyridin-Liganden bei gleichzeitiger Redox-Stabilität der Thiocyanatgruppe

unwahrscheinlich scheint. Die Elementaranalysen beider Verbindungen stimmen gut mit der

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 102

berechneten Elementarzusammensetzung überein (Tabelle 3.3). Eine Oxidation zu Eisen(III)

würde ein zusätzliches BF4–-Gegenion erfordern, was eine deutlich abweichende

Elementaranalyse ergäbe.

Tabelle 3.3. Berechnete und gefundene Elementaranalysen für 26a und 26b.

C [%] H [%] N [%] S [%]

berechnet für

[Fe(C13H10N6S)2](BF4)2

39.32 2.54 21.17 8.08

gefunden für 26a 39.62 2.60 20.62 7.90

gefunden für 26b 39.66 2.44 20.82 7.82

Das IR-Spektrum von 26b ist mit einer Ausnahme identisch mit dem von 26a. Die Ausnahme

bildet die Bande der C≡N-Streckschwingung der Thiocyanatgruppe, die in 26b als

Doppelbande bei 2167 und 2149 cm–1 erscheint, während sie im Spektrum von 26a eine

einzelne Bande bei 2156 cm–1 bildet.

Abbildung 3.6. Vergleich der IR-Spektren von a) 26a und b) 26b in KBr.

a)

b)

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 103

In Komplex 26 liegen zwei Thiocyanatgruppen pro Komplexdikation vor. Möglicherweise

besitzen die Thiocyanatomethylgruppen in Komplex 26b verschiedene Konformationen oder

eine unterschiedliche chemische Umgebung, während die Substituenten in 26a in dieser

Hinsicht identisch sind.

3.3.4 Polymorph b (26b): SCO

Zur Bestimmung des Kationen/Anionen-Verhältnisses und damit des Oxidationszustands des

Eisen-Zentrums wurden die rotbraunen Kristalle 26b gleichfalls röntgenstrukturanalytisch

untersucht. Genau wie Verbindung 26a kristallisiert 26b bei 100 K in der triklinen

Raumgruppe P 1 . Die Struktur des Komplexdikations ist in Abbildung 3.7 gezeigt.

Abbildung 3.7. Struktur des Dikations von 26b bei 100 K (50 % Wahrscheinlichkeits-

ellipsoide, Wasserstoffatome und Gegenionen sind nicht gezeigt).

Die asymmetrische Einheit besteht aus einem Komplexdikation und zwei BF4–-Gegenionen,

die Elementarzelle enthält zwei Komplexeinheiten. Die stöchiometrische Zusammensetzung

von 26a und 26b ist damit identisch, das Eisenion liegt auch in 26b in der Oxidationsstufe +2

vor. Die generelle Anordnung von Liganden und Eisenzentrum im Komplexkation entspricht

derjenigen in Verbindung 26a. Die Konformationen der Thiocyanatomethylsubstituenten sind

unterschiedlich und strecken sich in 26b in Richtung der Fe–N(py)-Achse, während sie in 26a

eher einwärts verdreht sind. Den wichtigsten Unterschied stellen die Fe–N-Bindungslängen

dar, die bei 26b 1.8966(13) … 1.9862(14) Å betragen, was auf Low Spin-Eisen(II) hindeutet.

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 104

Im Vergleich mit 26a bedeutet dies im Mittel eine Abnahme von 0.19 Å oder 9 % der

Bindungslängen. Durch die kürzeren Fe–N-Bindungen liegt in 26b ein größerer mittlerer

Chelatwinkel α vor (79.9°). Der Winkel N3–Fe1–N9 (φ) beträgt 178.22(6)°, während die

besten Ebenen der Liganden nahezu orthogonal aufeinander stehen (θ = 88.65(0)°). Durch

diese regelmäßigere Anordnung der Liganden erfährt das FeN6-Fragment eine Erhöhung

seiner Symmetrie auf ~D2d, verglichen mit der C2-symmetrischen Koordinationsumgebung in

26a.

Tabelle 3.4. Ausgewählte Abstände [Å] und Winkel [°] für 26b bei 100 K. Die

Standardabweichungen sind in Klammern gesetzt.

Abstand Winkel

Fe1–N1 1.973(1) N3-Fe1-N9 178.2(1)

Fe1–N3 1.898(1) N1-Fe1-N3 80.0(1)

Fe1–N5 1.971(1) N3-Fe1-N5 80.0(1)

Fe1–N7 1.979(1) N7-Fe1-N9 80.1(1)

Fe1–N9 1.897(1) N9-Fe1-N11 79.8(1)

Fe1–N11 1.986(1)

C6...N6 4.836(2) C6-C12-S1 108.1(1)

C12-S1-C13 99.8(1)

C19...N12 4.891(2) C19-C25-S2 108.5(1)

C25-S2-C26 100.0(1)

Eine temperaturabhängige magnetische Messung von 26b wurde an 9 mg der Verbindung

mittels SQUID-Magnetometer im Temperaturbereich 5 … 350 K durchgeführt. Die Messung

erfolgte bei einem angelegten magnetischen Feld von 0.1 T mit Temperaturvorschub in

beiden Richtungen. Die erhaltenen Messwerte waren merklich durch einen

temperaturunabhängigen Paramagnetismus[27] (TUP) beeinflusst. Dieser wird vermutlich

durch paramagnetische Reaktionsprodukte des Eisenkomplexes mit dem aus einer

Gelatinekapsel bestehenden Probenhalter verursacht (z.B. Eisenoxide). Der TUP-Anteil an

der gemessenen magnetischen Suszeptibilität konnte rechnerisch mit χm,TUP = 6.39 · 10–3

cm3mol–1 bestimmt und damit die Messwerte korrigiert werden. Abbildung 3.8 zeigt eine

Auftragung der erhaltenen, korrigierten Werte für χmT gegen T.

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 105

Abbildung 3.8. Magnetische Suszeptibilität von 26b (0.1 T Feldstärke).

Die magnetische Messung ergibt ein deutlich unterschiedliches Verhalten der

temperaturabhängigen magnetischen Suszeptibilität von 26b im Vergleich zu 26a. Das

Spektrum zeigt einen thermischen Spinübergang zwischen Low Spin- und High Spin-

Eisen(II) mit einer Übergangstemperatur T1/2 von 272 K. Der Übergang erfolgt abrupt über

einen Temperaturbereich von 40 K und verläuft reversibel mit einer vernachlässigbar kleinen

Hysterese (< 2 K). Die Werte für χmT liegen im Bereich ≤ 0.4 cm3mol–1K für den Low-Spin-

und 3.1 … 3.6 cm3mol–1K für den High Spin-Zustand und entsprechen damit den

theoretischen Werten für S = 0 bzw. 2.[27, 93] Beim langsamen Erhitzen des Einkristalls wird

Thermochromie beobachtet. Unter 272 K ist der Kristall tiefbraun, während er über T1/2 eine

orange Farbe aufweist. Diese Art von Thermochromie ist typisch für SCO-Verbindungen, die

aufgrund unterschiedlicher d–d-Übergänge im Low Spin-Zustand eine dunklere Farbe

aufweisen als im High Spin-Zustand.[100]

Um den temperaturabhängigen Spinzustand des Eisenzentrums in Verbindung 26b zu

bestätigen und eine gegenseitige Umwandlung von 26a und 26b zu untersuchen, wurde die

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 106

Struktur von 26b bei vier zusätzlichen Temperaturen bestimmt (150, 200, 278 und 313 K, in

dieser Reihenfolge). Alle Strukturen weisen die gleiche Raumgruppe P 1 auf.

Die Strukturen bei 150 und 200 K, also unterhalb von T1/2, entsprechen weitgehend der

Struktur von 26b, die bei 100 K bestimmt wurde. Die Zellkonstanten vergrößern sich mit

ansteigender Temperatur, was die thermische Ausdehnung des Kristallgitters widerspiegelt.

Die Fe–N-Bindungslängen unterscheiden sich nur unwesentlich voneinander und betragen im

Mittel bei allen drei Strukturen 1.95(4) Å. Erwartungsgemäß liegt das Eisen(II)-Zentrum auch

bei 150 und 200 K im Low Spin-Zustand vor.

Die Strukturen von 26b, die oberhalb T1/2, bei 278 und 313 K, bestimmt wurden, sind

einander wiederum sehr ähnlich, während sie sich von den Strukturen unterhalb 272 K

unterscheiden. In beiden Strukturen treten temperaturbedingt Fehlordnungen beider

Thiocyanatomethylgruppen auf (s. Experimentalteil). Abbildung 3.9 zeigt das

Komplexdikation von 26b bei 313 K.

Abbildung 3.9. Struktur des Dikations von 26b bei 313 K (50 %

Wahrscheinlichkeitsellipsoide, Wasserstoffatome und Gegenionen sind nicht gezeigt).

Die mittleren Fe–N-Bindungslängen betragen 2.11(4) und 2.15(4) Å, was einem typischen

Wert für High Spin-Eisen(II) entspricht. Der kleinere Wert bei 278 K wird vermutlich

dadurch verursacht, dass sich ein Teil der Moleküle im Kristallgitter noch im Low Spin-

Zustand befindet. Der Spinübergang erstreckt sich, wie in der SQUID-Messung zu sehen,

über den Bereich von 250 … 290 K und ist folglich bei 278 K noch nicht abgeschlossen. Im

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 107

Vergleich zu den Strukturen, die unterhalb 272 K bestimmt wurden, liegt damit eine

Erhöhung der Fe–N-Bindungslänge um 0.2(4) Å, also ~10 % vor. Dieser Wert ist

charakteristisch für einen Spincrossover in Eisen(II)-Verbindungen.

Tabelle 3.5. Ausgewählte Abstände [Å] und Winkel [°] für 26b bei 150, 200, 278 und 313 K.

Die Standardabweichungen sind in Klammern gesetzt.

Abstand 150 K 200 K Winkel 150 K 200 K

Fe1–N1 1.973(1) 1.973(2) N3-Fe1-N9 178.2(1) 178.2(1)

Fe1–N3 1.898(1) 1.898(2) N1-Fe1-N3 80.0(1) 79.9(1)

Fe1–N5 1.973(1) 1.976(2) N3-Fe1-N5 79.9(1) 79.9(1)

Fe1–N7 1.981(1) 1.981(2) N7-Fe1-N9 80.0(1) 79.9(1)

Fe1–N9 1.897(1) 1.899(1) N9-Fe1-N11 79.7(1) 79.7(1)

Fe1–N11 1.986(1) 1.985(1)

C6...N6 4.832(4) 4.834(4) C6-C12-S1 108.2(1) 108.1(1)

C12-S1-C13 99.9(1) 100.0(1)

C19...N12 4.896(4) 4.899(4) C19-C25-S2 108.3(1) 107.8(2)

C25-S2-C26 100.1(1) 100.2(4)

Abstand 278 K 313 K Winkel 278 K 313 K

Fe1–N1 2.130(2) 2.171(2) N3-Fe1-N9 174.0(1) 172.3(1)

Fe1–N3 2.075(2) 2.114(2) N1-Fe1-N3 74.5(1) 73.3(1)

Fe1–N5 2.125(2) 2.158(2) N3-Fe1-N5 74.8(1) 73.8(1)

Fe1–N7 2.133(2) 2.171(2) N7-Fe1-N9 75.5(1) 74.4(1)

Fe1–N9 2.056(2) 2.0978(2) N9-Fe1-N11 74.8(1) 73.8(1)

Fe1–N11 2.153(3) 2.182(2)

C6...N6 4.911(8) 4.936(8) C6-C12-S1 106.4(2) 106.1(2)

C12-S1-C13 99.9(2) 99.6(2)

C19...N12 4.966(8) 4.986(8) C19-C25-S2 106.8(2) 107.0(2)

C25-S2-C26 100.2(7) 99.7(7)

Aufgrund der längeren Fe–N-Bindungen bei höherer Temperatur kommt es zu einer

Verzerrung des FeN6-Koordinationspolyeders, was anhand der charakteristischen Winkel der

Struktur deutlich wird. Während der Interebenenwinkel θ nahezu unverändert bleibt, nimmt φ

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 108

deutlich ab, was eine Abweichung der Symmetrie des FeN6-Fragments von der angenäherten

D2d-Symmetrie der Tieftemperatur-Strukturen zur Folge hat (s. u., Tabelle 3.6). Die

Verzerrungsparameter Σ und υ (s. Kapitel 2, Abbildung 2.27) vergrößern sich deutlich beim

Übergang zu den Hochtemperatur-Strukturen infolge Verlusts der D2d-Symmetrie des FeN6-

Polyeders, was im Einklang mit Beobachtungen von Halcrow et al. bei ähnlichen Eisen(II)-

Komplexen steht.[94, 101]

Auch die Zellkonstanten von Verbindung 26b spiegeln in ihrem temperaturabhängigen

Verlauf den Spinübergang wieder. Die Auftragung des Volumens der Elementarzelle gegen

die Temperatur zeigt ein Ansteigen des Volumens mit der Temperatur, was hauptsächlich

durch die thermische Ausdehnung des Kristallgitters verursacht wird. Zusätzlich ist eine

Diskontinuität des Graphen um T1/2 zu erkennen, die durch die Volumenzunahme infolge

Verlängerung der Fe–N-Bindungen beim Spinübergang verursacht wird (Abbildung 3.10).

Abbildung 3.10. Volumen der Elementarzelle von Verbindung 26b in Abhängigkeit von der

Temperatur.

Das Volumen der Elementarzelle steigt von 1579.4(3) Å3 bei 100 K auf 1661.0(3) Å3 bei 313

K. Die Zunahme beträgt 81.6(3) Å3. Bei Verbindung 26a, die keinen thermischen

Spinübergang zeigt, liegt eine Volumenänderung von 60.9(2) Å3 zwischen 100 und 313 K

vor, ausschließlich verursacht von der thermischen Ausdehnung. Aus den Differenzen lässt

sich eine Volumenänderung der Elementarzelle von 20.7 Å3 bzw. 1.3 % ermitteln, die bei 26b

nur auf den Spinübergang zurückzuführen ist. Der Wert von 1.3 % liegt im üblichen Bereich

für vergleichbare Moleküle.[101, 102]

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 109

3.3.5 Vergleich der Koordinationsgeometrien der Polymorphe a und b

Zusammenfassend unterscheiden sich die kokristallisierten Spezies 26a und 26b in der

temperaturabhängigen Spinkonfiguration des Eisen(II)-Zentrums. Während 26a im gesamten

Temperaturbereich im High Spin-Zustand vorliegt, handelt es sich bei 26b um eine SCO-

Verbindung. Alle ermittelten Strukturen liegen in der Raumgruppe P 1 vor, unterscheiden

sich jedoch auf charakteristische Weise in ihren Fe–N-Bindungslängen und der Anordnung

der Liganden im Komplexdikation und folglich in der Geometrie des FeN6-Koordinations-

oktaeders.

Tabelle 3.6. Strukturparameter von [Fe(6)2](BF4)2 (26) bei verschiedenen Temperaturen (LS:

Low Spin, HS: High Spin, EZ: Elementarzelle).

26b 26a

T [K] 100 150 200 278 313 100 313

Spinzustand LS LS LS HS HS HS HS

NFe – [Å] 1.95(4) 1.95(4) 1.95(4) 2.11(4) 2.15(4) 2.17(4) 2.17(4)

VEZ [Å3] 1579.4(3) 1587.5(2) 1599.6(2) 1646.0(2) 1661.0(3) 1602.4(2) 1663.4(2)

α [°] 79.9(6) 79.9(5) 79.9(6) 74.9(9) 73.8(8) 73.2(7) 73.1(8)

φ [°] 178.2(1) 178.2(1) 178.2(1) 174.0(1) 172.3(8) 158.1(7) 161.8(1)

θ [°] 88.7 88.8 88.9 88.6 88.5 78.8 81.9

Σ [°] 87.3 87.3 88.3 136.4 147.3 169.1 161.8

υ [%] 3.14 3.18 3.21 7.19 8.30 12.46 11.00

Ein Vergleich der charakteristischen Winkel und der Verzerrungsparameter Σ und υ zeigt,

dass die High Spin-Strukturen von 26a und 26b bei 313 K nicht identisch sind. Es kommt

also nicht zu einer Umwandlung beider Strukturen ineinander. Verbindung 26 liegt

stattdessen in zwei verschiedenen polymorphen Modifikationen vor. Das Schema in

Abbildung 3.11 zeigt den Zusammenhang zwischen den zwei Polymorphen 26a und 26b,

wobei 26b abhängig von der Temperatur in der High Spin- (26b-HS) oder in der Low Spin-

Form (26b-LS) vorliegt.

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 110

[Fe(6)2](BF4)2

26

Gelbe Kristalle, 26a[Fe(6)2](BF4)2, High Spin

T = 2-350 K

Gelbe Kristalle, 26a

i

ii

Orange Kristalle, 26b-HS[Fe(6)2](BF4)2, High Spin

Braune Kristalle, 26b-LS[Fe(6)2](BF4)2, Low Spin

T > 272 K T < 272 K

und

Kristallstrukturen nicht identisch

Abbildung 3.11. Schema der Bildung der Polymorphe von 26. i) Kristallisation aus

methanolischer Lösung, gesättigt bei RT; ii) Kristallisation aus methanolischer Lösung,

gesättigt bei RF-Temperatur.

In Eisenkomplexen von Bpp-Liganden liegt stets eine charakteristische Verzerrung des FeN6-

Koordinationsoktaeders vor. Anhand des Ausmaßes dieser Verzerrung ist es möglich, aus der

Röntgenstruktur Aussagen über das thermische Spinverhalten eines Komplexes zu treffen.

Für Verbindung 26b stimmen die Werte für υ der High Spin- sowie der Low Spin-Form (313

bzw. 150 K) gut mit denen von zwei vergleichbaren Fe-Bpp-SCO-Komplexen überein

(Abbildung 3.12).

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 111

NNNN N

NNNN N

OH

NNNN N

SCN

L =

I 5 6

υ [%]:

High Spin

Low Spin

8.49 (290 K)

3.12 (150 K)

7.70 (300 K)

3.37 (150 K)

8.30 (313 K)

3.18 (150 K)

Abbildung 3.12. Temperaturabhängige Verzerrungsparameter υ für Komplexe

[Fe(L)2](BF4)2 (L = I,[46] 5[101] und 6 (26b)).

In der reinen High Spin-Verbindung 26a liegt υ mit 12.46 % bei 100 K deutlich höher als in

den High Spin-Strukturen dieser drei SCO-Verbindungen. In der Literatur sind diverse Fe-

Bpp-Komplexe bekannt, die ausschließlich in der High Spin-Form vorliegen. Zum Vergleich

weisen die Fe-Komplexe [Fe(I)2](A)2 (A– = ClO4–, PF6

–, SbF6–) υ-Werte zwischen 17.08 und

18.65 % bei 150 K auf.[94] Polymorph 26a verhält sich also eher wie diese reinen High Spin-

Verbindungen, die die in Kapitel 3.3 erwähnte starke Jahn-Teller-Verzerrung aufweisen,

durch die ein SCO unterbunden wird.

3.3.6 Temperaturabhängige 1H-NMR-Spektroskopie

In Anbetracht der übereinstimmenden Stöchiometrie von 26a und 26b liegt der Schluss nahe,

dass das Spinverhalten in diesem System durch die Festkörperstruktur beeinflusst wird; ein

thermischer Spinübergang wird durch die Stärke des Ligandenfeldes prinzipiell ermöglicht.

Um diese Annahme zusätzlich zu stützen, wurde die temperaturabhängige magnetische

Suszeptibilität von 26 auch in Lösung mittels 1H-NMR-Spektroskopie unter Verwendung der

Methode von Evans bestimmt.[26, 103] Auf diese Weise kann der Einfluss des Ligandenfeldes

auf das SCO-Verhalten vom Einfluss der Festkörperstruktur getrennt betrachtet werden.

Die Messung wurde an einer Probe von Verbindung 26, die nicht umkristallisiert wurde, im

Temperaturbereich 194 … 293 K durchgeführt. Als Lösungsmittel diente [D6]Aceton, dem

Tetramethylsilan als externer Standard beigefügt war ((CD3)2CO / Si(CH3)4 = 99:1 v/v). Die

magnetische Suszeptibilität wurde aus der Verschiebung des TMS-Signals in der Probe in

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 112

Relation zum TMS-Signal in einer Referenzkapillare ermittelt. Dazu wurde die Messung in

einem NMR-Rohr mit koaxialem Innenrohr (Firma Wilmad) für die Referenzsubstanz

durchgeführt. Abbildung 3.13 zeigt das 1H-NMR-Spektrum von 26 bei Raumtemperatur.

Abbildung 3.13. 400 MHz-1H-NMR-Spektrum von 26 in (CD3)2CO / Si(CH3)4 99:1 bei

Raumtemperatur. Der Ausschnitt zeigt eine Vergrößerung des Bereichs 0 … 0.36 ppm.

Die Signale sind stark paramagnetisch verbreitert und über einen Bereich von 0-70 ppm

verschoben. Das TMS-Signal der Referenzsubstanz befindet sich bei 0 ppm. Das TMS-Signal

der Probe ist dazu durch den Einfluss des paramagnetischen High Spin-Komplexes um 132

Hz in Richtung Tieffeld verschoben. Der Grad der Verschiebung ist abhängig vom Ausmaß

des Paramagnetismus in der Lösung und damit von der molaren magnetischen Suszeptibilität

χm der Probe. Aus den Verschiebungen in den Spektren bei zehn Temperaturen zwischen 194

und 293 K wurde der χmT/T-Verlauf in Abbildung 3.14 erhalten.

TMS(Referenz)

TMS(Probe)

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 113

Abbildung 3.14. Temperaturabhängige magnetische Suszeptibilität von 26 in Lösung in

(CD3)2CO / Si(CH3)4 99:1.

In Lösung geht Verbindung 26 einen thermischen Spinübergang ein. Der Spinübergang ist im

beobachteten Temperaturbereich, der durch Schmelz- und Siedepunkt des Lösungsmittels

vorgegeben war, nicht vollständig. Der Wert für χmT beträgt bei 293 K 3.12 cm3mol–1K und

sinkt bei abnehmender Temperatur auf 1.13 cm3mol–1K bei 194 K. χmT scheint sich im

Hochtemperaturbereich einem Wert von 3.2-3.8 cm3mol–1K anzunähern. Angesichts der

starken verbleibenden Steigung bei 194 K ist ein Tieftemperaturwert von unter 0.5 cm3mol–1K

zu erwarten. Beide Werte lägen in guter Übereinstimmung mit χmT-Werten für S = 2 bzw. S

=0, die High Spin- und Low Spin-Eisen(II) entsprächen. Wie zu erwarten war, verläuft der

Übergang in Lösung schleppend im Vergleich zum Übergang im Feststoff. Die

Übergangstemperatur T1/2 lässt sich durch den unvollständigen Übergang nicht genau

lokalisieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Komplex 26 in Lösung als SCO-

Komplex vorliegt. Das Ligandenfeld des Eisen(II)-Zentrums in 26 ermöglicht also generell

einen thermischen Spinübergang. Die Diskrepanz im Spinverhalten der Polymorphe 26a und

26b muss damit im Einfluss des Kristallgitters begründet sein.

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 114

3.3.7 Supramolekulare Strukturen der Polymorphe a und b

Die Kristallstrukturen der beiden Polymorphe unterscheiden sich deutlich in Stärke und Art

der intermolekularen Wechselwirkungen. Für den direkten Vergleich wurden die Strukturen

von 26a und 26b bei 313 K jeweils in der höchstbesetzten Vorzugslage gewählt. Beide

Strukturen liegen im High Spin-Zustand vor.

In der Struktur von 26a bilden die Komplexdikationen zweidimensionale Schichten parallel

zur Ebene in (110)-Richtung. Innerhalb der Schichten besteht nur schwacher Zusammenhang

in Form von Van der Waals-Wechselwirkungen. Zwischen zwei Schichten befindet sich

jeweils eine Schicht BF4–-Anionen, wodurch der Zusammenhalt der Schichten durch

elektrostatische Wechselwirkungen gewährleistet wird (Abbildung 3.15).

Abbildung 3.15. Kristallpackung in 26a bei 313 K mit Blickrichtung parallel zur (110)(a,b)-

Ebene. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind Wasserstoffatome und Atome in niedriger

besetzten Vorzugslagen nicht eingezeichnet (schwarz: Komplexdikationen, rot: BF4–-

Anionen).

Die Struktur von Verbindung 26b zeigt eine deutlich unterschiedliche Kristallpackung. Die

BF4–-Anionen bilden hier keine zusammenhängenden Schichten, sondern sind zwischen den

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 115

Komplexdikationen im Gitter verteilt. Die Komplexdikationen bilden zweidimensionale

Schichten parallel zur ( 110 )-Kristallebene. Zwischen den Molekülen innerhalb dieser

Schichten bestehen nicht-kovalente intermolekulare Bindungen sowohl durch π–π-

Wechselwirkungen zwischen benachbarten Pyrazolringen als auch durch C–H…π-

Wechselwirkungen zwischen Pyrazolringen und benachbarten H-Atomen. Zwischen den

zweidimensionalen Schichten besteht zusätzlich starker Zusammenhang durch C–H…N-

Wasserstoffbrückenbindungen zwischen H-Atomen der Pyrazolringe und dem N-Atom der

Thiocyanatgruppen. Dadurch bestehen im Kristallgitter von 26b in allen drei Dimensionen

relevante Bindungskräfte.

Abbildung 3.16. Kristallpackung in 26b bei 313 K mit Blickrichtung ungefähr entlang der a-

Achse der Elementarzelle. Die grauen Ebenen zeigen die zweidimensionalen Schichten der

Komplexdikationen parallel zur ( 110 )-Kristallebene. Wasserstoffatome und Atome in

niedriger besetzten Vorzugslagen sind nicht eingezeichnet (schwarz: Komplexdikationen, rot:

BF4–-Anionen).

Die Abstände und geometrischen Parameter der nicht-kovalenten Wechselwirkungen liegen

sämtlich in charakteristischen Bereichen mit 3.8-4.0 Å (Abstand Schwerpunkt…Schwerpunkt

der Pyrazolringe) für die π–π-Wechselwirkungen,[104] 3.6 Å (Abstand H…Schwerpunkt des

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 116

Pyrazolrings) für die C–H…π-Wechselwirkungen[105] und 2.6-2.9 Å (Abstand H…N) für die

C–H…N-Wasserstoffbrückenbindungen.[106]

Die Richtung und Art der intermolekularen Bindungen erklärt auch die unterschiedlichen

Konformationen der Thiocyanatomethylgruppen in beiden Polymorphen. Die N-Atome der

Thiocyanatgruppen in 26b zeigen in Richtung der benachbarten Schicht, um die

Wasserstoffbrückenbindungen zu bilden. Die Thiocyanatgruppen in 26a scheinen keine

intermolekularen Wasserstoffbrückenbindungen einzugehen. Deutlich wird der Unterschied

an den Abständen C6…N6 und C19…N12, die infolge der „gestreckten“ Anordnung der

MeSCN-Gruppen in 26b um 1.4 bzw. 0.9 Å länger sind als in 26a.

Der Vergleich der beiden Strukturen zeigt, dass in Struktur 26b ein größerer

dreidimensionaler Zusammenhalt der Moleküle besteht als in 26a. Die Eisen(II)-

Komplexkationen in 26b sind durch nicht-kovalente Bindungen in allen drei Dimensionen

direkt miteinander verbunden. In 26a sind die Eisenzentren zumindest in Stapelrichtung der

Schichten nur mittelbar über die BF4–-Ionen verbunden. Ein weiterer wichtiger Aspekt bezieht

sich auf die Orientierung der Komplexdikationen relativ zur Stapelrichtung der Schichten, der

in Kapitel 2.3.3 ausgearbeitet wurde. In der Struktur von 26a sind die Komplexmoleküle mit

ihren zentralen N(py)–Fe–N(py’)-Achsen senkrecht zur Stapelrichtung der Schichten

angeordnet, während die Moleküle in 26b mit den zentralen Achsen parallel zur

Stapelrichtung stehen. Da die Längenänderung des Moleküls entlang der N(py)–Fe–N(py’)-

Achse maximal ist, kann in der Struktur von 26b die Information der Größenausdehnung

beim Spinübergang zwischen den Schichten stärker übertragen werden.

Aus der Literatur ist der Zusammenhang zwischen Packung und SCO-Verhalten bekannt.

[Fe(I)2](PF6)2 ist eine reine High Spin-Verbindung.[43] Hier zeigt die Kristallpackung wie in

26a alternierende Schichten von Komplexkationen und Anionen mit nur schwachen

Wechselwirkungen innerhalb der Kationenschichten. Die N(py)–Fe–N(py’)-Achsen sind

senkrecht zur Stapelrichtung der Schichten orientiert (Abbildung 3.17).

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 117

Abbildung 3.17. Kristallpackung in a) 26a und b) [Fe(I)2](PF6)2. Blick parallel zu den Fe–

N(Pyridin)-Bindungsachsen. Wasserstoffatome und Atome in niedriger besetzten

Vorzugslagen sind nicht eingezeichnet (schwarz: Komplexdikationen, rot: BF4–-(a) bzw. PF6

–-

Anionen (b)).

[Fe(I)2](BF4)2 ist im Gegensatz dazu eine SCO-Verbindung,[46] in deren Gitter die Moleküle

durch intermolekulare Wechselwirkungen einen starken dreidimensionalen Zusammenhalt

haben.

Abbildung 3.18. Kristallpackung in a) 26b und b) [Fe(I)2](BF4)2. Blick parallel zu den Fe–

N(Pyridin)-Bindungsachsen, Die 2D-Schichten befinden sich parallel zur Papierebene.

Wasserstoffatome und Atome in niedriger besetzten Vorzugslagen sind nicht eingezeichnet

(schwarz: Komplexdikationen, rot: BF4–- Anionen).

a) b)

a) b)

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 118

3.4 Zusammenfassung

Mit Verbindung 26 wurde ein Eisen(II)-SCO-Komplex für die Verankerung auf

Goldoberflächen gemäß dem Synthesekonzept aus Kapitel 2 synthetisiert.

Der Eisen(II)-Komplex [Fe(6)2](BF4)2 (26) kristallisiert spontan in Form zweier

unterschiedlicher Polymorphe. Bei Raumtemperatur erhält man gleichzeitig die High Spin-

(26a) und die SCO-Spezies (26b). In der Literatur sind bisher nur zwei Beispiele für die

spontane Kokristallisation einer High Spin- und einer SCO-Modifikation derselben Substanz

beschrieben. In Lösung zeigt Komplex 26 thermischen Spinübergang Der Unterschied im

Spinverhalten beider Polymorphe ist in der Festkörperstruktur begründet. Abrupter Spinübergang in Metallkomplexen erfordert effiziente Kopplung der Metallzentren,

um die Information im gesamten Gitter zu übertragen. Das Beispiel der Verbindung 26

bestätigt diese These, und der Einfluss der Festkörperstruktur lässt sich infolge identischer

Zusammensetzung der Polymorphe isoliert betrachten. Polymorph 26a zeigt wegen der in

seiner Festkörperstruktur vorhandenen schwachen intermolekularen Wechselwirkungen

schlechte dreidimensionale Kopplung der Eisenzentren und folglich keinen thermischen

Spinübergang. Im Kristallgitter von Polymorph 26b herrschen signifikante intermolekulare

Wechselwirkungen in drei Dimensionen, die hohe Kooperativität im Ensemble und damit

Spinübergang ermöglichen.

Im Hinblick auf die gezielte Synthese von SCO-Komplexen für die Verankerung auf

Oberflächen ist Verbindung 26 geeignet, grundlegende Vorgehensweisen zu entwickeln. Es

ist sinnvoll, die Eignung derartiger Verbindungen sowohl in Lösung als auch im Feststoff zu

überprüfen. Dabei gibt die Untersuchung in Lösung Aufschluss über die Eigenschaften

(Stärke) des Ligandenfeldes, und damit über die generelle Eignung als SCO-System. Das

Studium des Feststoffes hilft, kooperative intermolekulare Wechselwirkungen im

Kristallgitter zu identifizieren. Diese haben erheblichen Einfluss auf den Verlauf des

Spinübergangs und können ihn auch vollständig unterbinden. Bei einer auf einer Oberfläche

verankerten Monolage einer SCO-Verbindung spielen beide Effekte eine Rolle, wenngleich

die intermolekulare Kopplung naturgemäß nur in zwei Dimensionen erfolgen kann.

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 119

3.5 Experimentalteil

3.5.1 Allgemeines

Sofern nicht anders vermerkt, wurden sämtliche Reaktionen unter Stickstoffatmosphäre und

mit Hilfe von Standard-Schlenk-Technik in absoluten Lösungsmitteln durchgeführt. Die

verwendeten absoluten Lösungsmittel sind kommerziell gelagert auf Molekularsieb 3 Å

erhältlich (Restwassergehalt ≤ 50 ppm). Die eingesetzten Reagenzien wurden von den Firmen

Acros, Fluka, Sigma-Aldrich und VWR bezogen und ohne weitere Reinigung verwendet.

Folgende Geräte wurden zur Gewinnung der Daten verwendet:

NMR-Spektren: Die Messungen erfolgten an den Geräten Bruker ARX 200 (1H-NMR: 200

MHz) und Bruker ARX 400 (1H-NMR: 400 MHz). Sofern nicht anders vermerkt wurden

NMR-Röhrchen mit 5 mm Durchmesser verwendet und die Spektren bei Raumtemperatur

aufgenommen. Alle chemischen Verschiebungen sind in ppm relativ zur Rest-1H-Absorption

des verwendeten Lösungsmittels (interner Standard) angegeben. Die Bestimmung der

magnetischen Suszeptibilität in Lösung erfolgte am Bruker ARX 400 nach der Methode von

Evans[26, 103] unter Benutzung von koaxialen Innenröhrchen der Firma Wilmad mit einem

Volumen von 60 μl. Die erhaltenen Suszeptibilitätswerte wurden um den Beitrag der

diamagnetischen Suszeptibilität mit Hilfe der Pascal-Konstanten korrigiert.[107]

IR-Spektren: Die Proben wurden in Form von Kaliumbromid-Presslingen bzw. als Film an

einem Nicolet Magna System 750 gemessen. Die Wellenzahlen ν~ sind in cm–1 angegeben.

Die Zuordnung der Banden erfolgte anhand geeigneter Literatur.[95]

Elementaranalysen: Die quantitative Bestimmung von Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff

und Schwefel erfolgte verbrennungsanalytisch an einem Thermo Finnigan EAGER 300 (Flash

1112 Series). Die Angaben erfolgen in Gewichtsprozent.

Magnetische Messungen: Temperaturabhängige Messungen der magnetischen

Suszeptibilität wurden an einem SQUID-Magnetometer (Superconducting Quantum

Interference Device) des Typs Quantum Design MPMS-XL5 bei einem Feld von 0.1 T über

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 120

einen Temperaturbereich von 2-350 K durchgeführt. Die gemessenen Werte wurden um die

diamagnetischen Beiträge der Proben und des Probenhalters korrigiert.

3.5.2 Synthese

3.5.2.1 [Fe(C13H10N6S)2](BF4)2 (26)

N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeNCS

SCN

2+

[BF4–]2

C26H20B2F8FeN12S2

M = 794.1 g/mol

gelber Feststoff

In einem 10 ml-Schlenkrohr wurde eine Lösung von 2,6-Bis(1H-pyrazol-1-yl)-4-

(thiocyanatomethyl)pyridin (6) (150 mg, 0.5 mmol, 1 Äq.) in Tetrahydrofuran (5 ml)

vorgelegt. Unter Rühren wurde eine Lösung von Eisen(II)tetrafluoroborat-Hexahydrat (87

mg, 0.3 mmol, 0.49 Äq.) in Tetrahydrofuran (3 ml) zum Reaktionsgemisch zugegeben. Aus

der klaren, farblosen Lösung fiel sofort ein gelber Niederschlag aus. Das Gemisch wurde 18 h

bei Raumtemperatur gerührt. Der Niederschlag wurde abfiltriert, mit Tetrahydrofuran

gewaschen und im Hochvakuum getrocknet. Das Produkt wurde in Form eines hellgelben

Feststoffes erhalten (172 mg, 83 %). Einkristalle der Verbindung wurden über zwei

verschiedene Methoden gewonnen. Methode A: Durch isothermale Diffusion von Diethylether

in eine bei Raumtemperatur gesättigte Lösung des Komplexes in Methanol ergaben sich gelbe

Einkristalle (26a). Methode B: Eine isothermale Diffusion von Diethylether in eine zuvor heiß

gesättigte Lösung des Komplexes (c = 15 mg/ml) in Methanol wurde in einem druckdichten

Glasgefäß bei 0.8 bar Stickstoff-Überdruck und Raumtemperatur durchgeführt. Es ergab sich

nach einer Woche ein Gemisch aus rotbraunen (26b) (~2 % bezogen auf das Rohprodukt) und

gelben (26a) Einkristallen.

1H-NMR (200 MHz, [D3]Acetonitril, 25 °C): δ = 66.48 (s), 58.77 (s), 39.26 (s), 37.97 (s),

4.86 ppm (s). (Alle Signale sind paramagnetisch verbreitert)

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 121

IR (KBr): 26a: ν~ = 521 (w), 597 (w), 704 (w), 769 (m), 793 (m), 917 (w), 971 (s), 1052 (vs),

1176 (w), 1215 (w), 1287 (m), 1311 (m), 1337 (m), 1406 (s), 1467 (vs), 1527 (s), 1581 (m),

1630 (s), 2156 (m), 3136 cm–1 (m); 26b: ν~ = 468 (w), 520 (m), 551 (w), 598 (m), 617 (m),

643 (w), 724 (w), 765 (s), 793 (m), 860 (m), 912 (m), 972 (s), 1050 (vs), 1139 (m), 1177 (m),

1214 (m), 1222 (m), 1244 (w), 1287 (m), 1312 (m), 1338 (s), 1405 (s), 1467 (s), 1503 (m),

1527 (s), 1582 (s), 1631 (s), 2149 (m), 2167 (m), 3126 cm–1 (m).

Elementaranalyse: Ber. (%) für C26H20B2F8FeN12S2: C 39.32, H 2.54, N 21.17, S 8.08; gef.

(%): 26a: C 39.62, H 2.60, N 20.62, S 7.90; 26b: C 39.66, H 2.44, N 20.82, S 7.82.

Röntgenstrukturanalysen: Details zu Kristalldaten, Datensammlung und

Strukturverfeinerung sind in Tabelle 3.7 angegeben. Die Daten wurden unter Benutzung eines

Bruker-Nonius KappaCCD Diffraktometer mit MoKα-Strahlung (λ = 0.71073 Å) und Graphit-

Monochromator ermittelt. Datensammlung und Integration erfolgte mit der COLLECT

Suite.[96] Alle Strukturen wurden mit direkten Methoden gelöst und die Daten nach der

Methode der kleinsten Fehlerquadrate bei voller Matrix gegen F2 verfeinert, unter Benutzung

des Programms SHELXTL NT 6.12.[97] Alle Nichtwasserstoffatome wurden anisotrop

verfeinert. Alle H-Atome wurden in geometrisch optimierten Positionen berechnet und

wurden mit einem isotropen Auslenkungsparameter versehen, der dem 1.2- fachen des

äquivalenten isotropen Auslenkungsparameters des die Wasserstoffatome tragenden C-

Atomes entspricht. Die Geometrischen Parameter der Strukturen wurden mit den Programmen

IVTON[98] und Mercury v1.4.2.[99] ermittelt.

Fehlordnungen („(Verbindung)_(Messtemperatur)“): 26a_100K: Eine MeSCN Gruppe

(Atome S2, C25, C26), zwei Vorzugslagen verfeinert (Besetzung 87.5(2):12.5(2) %); ein BF4–

Ion (Atome F22–F24), zwei Vorzugslagen verfeinert (Besetzung 74.9(4):25.1(4) %);

26a_313K: Beide MeSCN Gruppen (Atome S1, C13, N6 bzw. C25, S2, C26), zwei

Vorzugslagen verfeinert (Besetzung 58.6(8):41.4(8) % bzw. 79.2(3):20.8(3) %); beide BF4–

Ionen (Atome B1–F14 bzw. F22–F24), zwei Vorzugslagen verfeinert (Besetzung

52.3(8):47.7(8) % bzw. 57.6(8):42.4(8) %); 26b_200K: Eine MeSCN Gruppe (Atome S2,

C26, N12), zwei Vorzugslagen verfeinert (Besetzung 78(3):22(3) %); 26b_278K: Beide

MeSCN Gruppen (Atome S1, C13, N6 bzw. S2, C26, N12), zwei Vorzugslagen verfeinert

(Besetzung 86.4(8):13.6(8) % bzw. 64(4):36(4) %); Ein BF4– Ion (Atome F21–F24), zwei

Vorzugslagen verfeinert (Besetzung 77(2):23(2) %); 26b_313K: Beide MeSCN Gruppen

(Atome S1, C13, N6 bzw. S2, C26, N12), zwei Vorzugslagen verfeinert (Besetzung

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 122

80(1):20(1) % bzw. 62(4):38(4) %); beide BF4– Ionen (Atome F11–F14 bzw. F21–F24), zwei

Vorzugslagen verfeinert (Besetzung 86.4(4):13.6(4) % bzw. 74(2):26(2) %). Die Daten der

Verbindungen können kostenlos beim Cambridge Crystallographic Data Centre unter

www.ccdc.cam.ac.uk/data_request/cif anhand folgender Ablagenummern eingesehen werden:

CCDC-699523 (für 26a_100K), -699524 (für 26a_313K), -699525 (für 26b_100K), -699526

(für 26b_150K), -699527 (für 26b_200K), -699528 (für 26b_278K) and -699529 (für

26b_313K).

3 Polymorphie in [Fe(6)2](BF4)2 123

Tabelle 3.7. Kristallographische Daten für Modifikationen von [Fe(6)](BF4)2. Alle Strukturen besitzen die Raumgruppe

P 1 im triklinen Kristallsystem. 26a_100K 26a_313K 26b_100K 26b_150K 26b_200K 26b_278K 26b_313K

T [K] 100 313 100 150 200 278 313

Spinzustand High Spin High Spin Low Spin Low Spin Low Spin High Spin High Spin

Kristallgröße [mm] 0.23 × 0.23 ×

0.14

0.42 × 0.26 ×

0.12

0.25 × 0.18 ×

0.12

0.41 × 0.28 ×

0.18

0.41 × 0.28 ×

0.18

0.41 × 0.28 ×

0.18

0.41 × 0.28 ×

0.18

Farbe Gelb Gelb Braun Braun Braun Rotbraun Orange

a [Å] 8.0542(5) 8.2151(4) 8.4185(8) 8.4395(6) 8.4624(8) 8.4848(7) 8.4976(9)

b [Å] 12.1047(7) 12.3119(9) 13.4168(7) 13.4235(4) 13.4479(6) 13.5074(6) 13.5192(14)

c [Å] 17.3154(13) 17.3277(11) 15.577(2) 15.6000(13) 15.6397(9) 16.0828(16) 16.2194(14)

α [°] 87.080(5) 87.784(6) 98.231(7) 98.238(4) 98.301(6) 99.246(6) 99.583(5)

β [°] 78.111(6) 79.607(5) 104.417(9) 104.392(6) 104.293(6) 105.059(8) 105.071(8)

γ [°] 75.938(5) 74.788(5) 107.479(5) 107.409(3) 107.374(5) 106.943(4) 106.932(4)

V [Å3] 1602.43(18) 1663.36(18) 1579.4(3) 1587.5(2) 1599.6(2) 1646.0(3) 1661.0(3)

Z 2 2 2 2 2 2 2

Dber [g cm–3] 1.646 1.586 1.670 1.661 1.649 1.602 1.588

μ [mm–1] 0.690 0.664 0.700 0.696 0.691 0.671 0.665

Absorptionskorrektur SADABS[a] SADABS SADABS SADABS SADABS SADABS SADABS

Tmin/Tmax 0.849/0.908 0.770/0.910 0.799/0.919 0.708/0.880 0.708/0.880 0.708/0.880 0.708/0.880

scan φ- und ω-

rotations mit

2.0° und 140 s

je frame

φ- und ω-

rotations mit

2.0° und 100 s

je frame

φ- und ω-

rotations mit

2.0° und 116 s

je frame

φ- und ω-

rotations mit

2.0° und 100 s

je frame

φ- und ω-

rotations mit

2.0° und 56 s

je frame

φ- und ω-

rotations mit

2.0° und 120 s

je frame

φ- und ω-

rotations mit

2.0° und 120 s

je frame

2 θ-Bereich [°] 6.2–54.2 5.8–54.2 6.2–55.8 6.2–55.0 6.2–55.0 6.2–55.0 6.2–55.0

Gemessene Reflexe 29030 57716 38352 37716 33721 38758 37755

Symmetrieunabhängig 7034 7313 7521 7276 7328 7496 7582

Beobachtet[b] 5450 5627 6183 6286 5906 5604 5312

Verfeinerte Parameter 516 590 460 460 488 553 590

wR2 (alle Reflexe)[c] 0.0907 0.1364 0.0670 0.0677 0.0762 0.1222 0.1200

R1 (beob. Reflexe)[d] 0.0385 0.0484 0.0301 0.0284 0.0326 0.0471 0.0456

ρfin (max/min) [e Å–3] 0.593/–0.406 0.491/–0.391 0.401/–0.442 0.590/–0.646 0.785/–0.690 0.485/–0.370 0.480/–0.347

Wichtungsschema[e] k = 0.0343/l =

1.5946

k = 0.0645/l =

1.1903

k = 0.0224/l =

1.2814

k = 0.0230/l =

1.3274

k = 0.0256/l =

1.2332

k = 0.0507/l =

1.2830

k = 0.0230/l =

1.3274

[a] SADABS 2.06, Bruker AXS, Inc., 2002, Madison WI., U.S.A. [b] Mit Fo≥4σ(F). [c] wR2 = [Σ[w(Fo2–Fc

2)2]/Σ[w(Fo2)2]]1/2. [d] R1 = Σ||Fo|–|Fc||/Σ|Fo|

für Fo≥4σ(F). [e] w = 1/[σ2(Fo2)+(kP)2+lP] und P = (Fo

2)+2Fc2)/3.

4 Self-assembled Monolayers 124

4 Self-assembled Monolayers

4.1 Einleitung

Einige der in Kapitel 2 und 3 beschriebenen Liganden und Eisen(II)-Komplexe sollten in

Form selbstorganisierter Monolagen (self-assembled monolayers, SAMs) auf Au(111)-

Oberflächen aufgebracht werden. Gold hat als Substrat mehrere Vorteile.[15] Es ist chemisch

inert, vor allem gegenüber Oxidation. Vor der Beschichtung lassen sich die Goldoberflächen

durch „Ionenstrahlsputtern“,[108] d. h. Beschuss mit energiereichen Ionen, oder einfacher

durch Tempern in einer Flamme reinigen. Die im Beschichtungsprozess gebildete Au–S-

Bindung ist sehr stabil, wodurch die zu verankernden Moleküle in der Lage sind, mögliche

Verunreinigungen von der Oberfläche zu verdrängen. Als Substrat wurden bei allen Ansätzen

epitaktisch aufgewachsene Goldlagen von 300 nm Dicke auf Glimmerträgern verwendet. Die

Goldoberfläche erfährt durch das Tempern eine Rekonstruktion zu gleichmäßig strukturierten

Au(111)-Flächen. Die SAMs der Moleküle auf den Goldoberflächen wurden durch

Abscheidung aus Lösungen oder aus der Gasphase präpariert. Folgende Substanzen wurden

untersucht: die Liganden 6 und 10, und deren Eisen(II)-Komplexe [Fe(6)2](BF4)2 (26) und

[Fe(10)2](BF4)2 (25).

NNNN N

SCN

NNNN N

HN

N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeNCS

SCN

2+

[BF4–]2

N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeHN

NH

2+

[BF4–]2

SHO

SH

HS

O

O

6

10

26

25 Abbildung 4.1. Untersuchte Moleküle auf Oberflächen.

4 Self-assembled Monolayers 125

Die analytischen Methoden umfassten die Rastertunnelmikroskopie (STM), die Röntgen-

Nahkanten-Absorptions-Spektroskopie (NEXAFS) und die Röntgen-Photoelektronen-

Spektroskopie (XPS). Alle Messungen wurden, z. T. unter Beteiligung des Autors, in den

Arbeitskreisen Buck (St. Andrews, Großbritannien), Zharnikov (Heidelberg) bzw. Kuch

(Berlin) vorgenommen.

4.2 SAM von Ligand 10 auf Au(111)

4.2.1 STM

EtOH ist das gebräuchlichste Lösungsmittel zur Präparation von Thiol-Monolagen aus

Lösungen der zu verankernden Moleküle. SAMs, die aus Lösungen von Verbindung 10 in

EtOH bei Raumtemperatur hergestellt wurden, zeigten jedoch eine schlechte

Oberflächenstruktur mit kleinen geordneten Bereichen. Durch Erhöhung der

Präparationstemperatur auf 72 °C und Verlängerung der Beschichtungsdauer ergaben sich

besser geordnete Lagen (Abbildung 4.2.a, b).

Abbildung 4.2. STM-Bilder von 10 auf Au(111)/Glimmer. Präparation: a), b) EtOH, 72 °C, 5

d; c), d) DMF, 90 °C, 15 h.

c) d)

b) a)

50 nm 10 nm

50 nm 10 nm

4 Self-assembled Monolayers 126

Ein Wechsel zu DMF als Lösungsmittel ergab bei der gleichen Temperatur keine

Verbesserung der Schichtqualität. Durch den höheren Siedepunkt des Lösungsmittels konnten

jedoch Monolagen bei einer höheren Temperatur (90 °C) präpariert werden, die eine bessere

Ordnung zeigten (Abbildung 4.2.c, d). Die Oberfläche (Abbildung 4.2.d) zeigt streifenförmige

Strukturen in Abständen von ca. 1.5 nm. Über die gesamte Oberfläche verteilt findet man, wie

auch im Fall der bei niedrigerer Temperatur präparierten Schichten, Vertiefungen von ca. 0.25

nm Tiefe. Es handelt sich hierbei um so genannte „vacancy islands“. Diese entstehen durch

Rekonstruktion der Goldoberfläche beim Bindungsprozess in der obersten Atomlage und

stellen ein übliches Merkmal von Thiol-Monolagen auf Gold dar.[109] Ein Nachteil der so

präparierten SAMs blieb die schlechte Reproduzierbarkeit. Es zeigten sich in aufeinander

folgenden Ansätzen stark schwankende Verhältnisse von geordneten zu ungeordneten

Bereichen der Oberflächen. Grund hierfür waren möglicherweise Moleküle von 10, die durch

Wechselwirkung ihrer aromatischen Ringe mit dem Substrat flach auf der Oberfläche

adsorbiert wurden, statt über die Thiolfunktion kovalente Bindung einzugehen. Abhilfe

schaffte eine von Buck und Mitarbeitern (St. Andrews, Großbritannien) entwickelte Strategie,

und zwar die Vorbeschichtung der Goldoberfläche mit planar adsorbierten organischen

Molekülen. Das Substrat wurde mit dem Perylenderivat 3,4,9,10-Perylentetracarbonsäure-

Dianhydrid (PTCDA) vorbeschichtet, dessen planare Moleküle Monolagen hoher Ordnung

auf Goldoberflächen bilden (Abbildung 4.3).[110, 111] Die PTCDA-Moleküle adsorbieren dabei

durch Wechselwirkung des aromatischen Systems parallel zur Molekülebene flach auf der

Oberfläche und verhindern durch hohe Bedeckungsgrade die weitere Adsorption von

Fremdmolekülen. Abbildung 4.3 zeigt die aus einer DMF-Lösung von PTCDA präparierten

Monolagen auf Au(111).

OO

O

OO

O

PTCDA

Abbildung 4.3. a), b) STM-Bilder einer PTCDA-Monolage auf Au(111)/Glimmer, präpariert

aus gesättigter Lösung in DMF, RT, 5 min; c) Strukturformel von PTCDA.

a) b)

10 nm 10 Å

c)

4 Self-assembled Monolayers 127

Bei der Beschichtung der mit PTCDA vorfunktionalisierten Substrate mit 10 werden die

PTCDA-Moleküle infolge der höheren Affinität der Schwefelfunktion von 10 zur

Goldoberfläche verdrängt, und zwar offenbar unter Vermeidung einer unerwünschten

Wechselwirkung der aromatischen Ringe von 10 mit der Oberfläche. Die Beschichtung

erfolgte aus einer 1 mM Lösung von 10 in DMF bei 90 °C (Einwirkzeit 15h). Die Methode

ergab hoch geordnete Lagen von 10 auf der Au(111)-Oberfläche, bei guter

Reproduzierbarkeit (Abbildung 4.4).

c)

0 10 20 30 400.00.20.40.60.81.0

0 10 20 30 400.00.20.40.60.81.0

vacancy islands

Abbildung 4.4 STM-Bilder einer Monolage von 10 nach Vorbeschichtung der

Goldoberfläche mit PTCDA (DMF, RT, 5 min) aus Lösung (1 mM in DMF, 90 °C, 15 h). Die

durch das weiße Rechteck markierte Fläche in a) ist in Bild b) vergrößert dargestellt; Graph c)

zeigt das Höhenprofil entlang der weißen Linie in Bild b)

Die STM-Bilder zeigen in Domänen angeordnete streifenförmige Strukturen entlang der

>< 211 Richtung. Die in den ohne Vorbeschichtung gewonnen Monolagen auftretenden

Vertiefungen können auch in den Monolagen hoher Qualität (Abbildung 4.4) beobachtet

werden. Sie treten vorwiegend am Schnittpunkt von Domänen auf und weisen großenteils die

geordnete Struktur der übrigen Monolage auf, wie das Höhenprofil in Abbildung 4.4.c zeigt.

Beide Beobachtungen können auch bei SAMs von Alkanthiolen gemacht werden[109] und

a) b)

20 nm

50 nm

<110>

<112>

Höh

e [n

m]

Distanz [nm]

4 Self-assembled Monolayers 128

bestätigen das Vorliegen der erwähnten vacancy islands in der Struktur der Monolagen von

10. Die streifenförmige Struktur in den STM-Bildern deutet auf eine stark anisotrope Packung

der Moleküle auf der Oberfläche. Die hohe Ordnung der Monolage erlaubte die Aufnahme

von STM-Bildern mit molekularer Auflösung. Abbildung 4.5.a zeigt die Vergrößerung einer

Fläche der Monolage von 5 × 5 nm.

a) b)

c)

Abbildung 4.5. a) STM-Bild von 10 auf Au(111)/Glimmer, präpariert aus DMF, 1 mM,

90 °C, 15 h nach Vorbeschichtung mit PTCDA; b) Höhenprofil entlang Linie A in Bild a); c)

Höhenprofil entlang Linie B in Bild a).

Jeder Streifen in den Domänen entlang der >< 211 -Richtung im STM-Bild der SAM von 10

besteht aus Erhebungen mit gleichmäßigen Abständen von ~ 0.5 nm (Profil B). Die einzelnen

Streifen liegen entlang der >< 011 -Richtung ca. 1.5 nm voneinander entfernt (Profil A). Die

Höhenunterschiede sind hier größer als innerhalb der Streifen und betragen bis zu 0.35 nm.

Profil A besteht aus einem sich wiederholenden Motiv von zwei Maxima unterschiedlicher

Höhe und einem Minimum in der Mitte zwischen den Maxima. Das Profil lässt sich gut

erklären, indem man annimmt, dass die Oberfläche durch die Bispyrazolylpyridin-Einheit der

Moleküle gebildet wird, die um die Achse φ durch den Schwerpunkt des Pyridinrings um ~

10° verdreht ist (Abbildung 4.6).

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.50.200.250.300.350.400.45

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0

-0.3-0.2-0.10.00.10.20.30.4

A

B

Distanz [nm]

Distanz [nm]

Höh

e [n

m]

Höh

e [n

m]

B

A

<110>

<112>

1 nm

4 Self-assembled Monolayers 129

a)

b)

Abbildung 4.6. a) Höhenprofil entlang Linie A aus Abbildung 4.5.a mit eingezeichneten

Bpp-Einheiten von 10; b) Geometrische Parameter zur Diskussion im Text.

Aus den Dimensionen der zweidimensionalen Elementarzelle lässt sich eine 3 × 5-Struktur

für die Oberfläche ableiten, mit einem Molekül pro Elementarzelle.

Abbildung 4.7. STM-Bild von 10 auf Au(111)/Glimmer, präpariert aus DMF (1mM, 90 °C,

15 h) nach Vorbeschichtung mit PTCDA (Rechteck = 3 × 5-Elementarzelle).

Die rechteckige Elementarzelle hat eine Fläche von 0.75 nm2, die lange Seite ist dabei in

Übereinstimmung mit der langen Achse der Bpp-Einheit von Molekül 10, ein Hinweis für

eine π-π-Stapelung der Moleküle entlang der >< 211 -Achse. Im Kristall von 2,6-

(Bispyrazol-1-yl)pyridin sind die Moleküle entlang der kristallographischen c-Achse im

Abstand von 3.89 Å zueinander gepackt. Die Ebenen der aromatischen Ringe sind dabei um

28° um die a-Achse (Abbildung 4.6.b) gedreht, wodurch die Ringe nicht deckungsgleich

übereinander stehen und ein kürzerer Abstand zwischen den Ringebenen von 3.43 Å

resultiert.[78] Der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Molekülen in den SAMs von

10 entlang der >< 211 -Achse beträgt 5 Å (Abbildung 4.5.c). Damit der gleiche Abstand

zwischen den die aromatischen Ringe enthaltenden Ebenen zweier benachbarter Moleküle

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0

-0.3 -0.2 -0.1 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4

Distanz [nm]H

öhe

[nm

]

<110>

<112>

1 nm

4 Self-assembled Monolayers 130

wie in der Kristallstruktur von Bpp resultiert, müssten die Moleküle um einen Winkel von θ =

43° um die a-Achse gekippt werden.

Die geometrischen Berechnungen und die Parameter aus den STM-Bildern sind in der

Zeichnung eines Modells der Monolage von 10 zusammengefasst, die in Abbildung 4.8

gezeigt ist.

Abbildung 4.8. Modell der SAM von 10 in der Aufsicht. Nur die Teile der Moleküle an der

Oberfläche sind gezeigt (schwarzes Rechteck = 3 × 5 Elementarzelle).

Bezüglich der Konformation der Pyrazolringe relativ zum Pyridinring können aus den STM-

Daten keine endgültigen Folgerungen getroffen werden. Die trans,trans-Orientierung in den

Festkörperstrukturen von 2,6-(Bispyrazol-1-yl)pyridin[78] und Ethyl-2,6-bis(1H-pyrazol-1-

yl)pyridin-4-carboxylat (4) (Kapitel 2) erscheint auch für die Moleküle von 10 auf der

Oberfläche wahrscheinlich. Ein Gemisch von Konformationen der einzelnen Moleküle ist

unwahrscheinlich, da eine solche statistische Verteilung in den STM-Bildern zu erkennen sein

müsste. Die trans,trans-Konformation wird durch Kontaktwinkel-Messungen der Oberflächen

gestützt, die mit einem Wert von 70° eine eher hydrophobe Oberfläche zeigen. In der cis,cis-

Konformation würden die Stickstoffatome der Pyrazolringe die Oberflächenstruktur

bestimmen und durch die Möglichkeit der Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen

eine bessere Benetzbarkeit zeigen.

4.2.2 NEXAFS/XPS

Die Analyse der chemischen Zusammensetzung der Monolagen von Verbindung 10 auf

Au(111)/Glimmer wurde mittels hochauflösender Röntgen-Photoelektronenspektroskopie

(XPS) für die Bereiche der S 2p-, C 1s-, N 1s- und O 1s-Rumpfniveaus durchgeführt.

>< 011

>< 211

4 Self-assembled Monolayers 131

Das S 2p-Spektrum der Monolage zeigt nach Entfaltung vier Signale (Abbildung 4.9).

Abbildung 4.9. XPS-Spektrum im S 2p-Bereich einer SAM von 10 auf Au(111)/Glimmer

(Anregungsenergie = 350 eV).

Signal 2 in Form eines Dubletts mit der größten Intensität bei 161.9 eV kann der Thiolat-

Spezies mit Bindung zur Goldoberfläche zugeordnet werden.[112, 113] Signal 1 bei 161.0 eV

entspricht einer Schwefelspezies, die in einer alternativen Weise an die Goldoberfläche

gebunden ist. Beide Signale sind üblich für XPS-Spektren von SAMs von Thiolen auf

Au(111) und Ag(111).[114, 115] Neben den beiden Hauptsignalen finden sich noch zwei weitere

Signale 3 und 4 bei 163.7 bzw. 167.6 eV, die ungebundenem Schwefel bzw. Sulfonat-Spezies

entsprechen. Ein Teil der Moleküle liegt also ungebunden oder in oxidierter Form auf der

Oberfläche vor. Der größte Teil befindet sich aber in Form von Thiolaten gebunden auf der

Goldoberfläche.

Das N 1s-Spektrum der SAM zeigt zwei Signale (Abbildung 4.10).

4 Self-assembled Monolayers 132

Abbildung 4.10. XPS-Spektrum im N 1s-Bereich einer SAM von 10 auf Au(111)/Glimmer

(Anregungsenergie = 580 eV).

Da in Verbindung 10 vier verschiedene Sorten Stickstoffatome vorliegen, müssen sich die

Signale einiger Spezies im Spektrum überlappen. Das Signal 1 bei niedrigerer Energie kann

dem Pyridin-Stickstoffatom zugeordnet werden,[116] während Signal 2 bei höherer Energie im

allgemeinen Amin-Spezies zugeordnet wird, also vom Amid-Stickstoffatom in 10 verursacht

wird.[117] Für den Pyrazolring werden zwei verschiedene Signale erwartet, ähnlich der

Situation im Imidazol, wo Emissionen bei 399.5 und 400.9 eV auftreten.[117] Signal 1 im N

1s-Spektrum wird also von den Stickstoffatomen im Pyridinring sowie vom N2-Atom im

Pyrazolring verursacht, während Signal 2 dem Amid-Stickstoffatom und N1 im Pyrazolring

zuzuordnen ist.

Das O 1s-Spektrum zeigt erwartungsgemäß nur ein Signal bei 531.0 eV, das dem Amid-

Sauerstoffatom zugeordnet wird.

4 Self-assembled Monolayers 133

Abbildung 4.11. XPS-Spektrum im O 1s-Bereich einer SAM von 10 auf Au(111)/Glimmer

(Anregungsenergie = 580 eV).

Die Auswertung des C 1s-Spektrums gestaltete sich schwieriger, da die Entfaltung des

Spektrums in Einzelemissionen nicht eindeutig ist. Außerdem liegt in Verbindung 10 eine

relativ große Anzahl von unterschiedlichen Kohlenstoff-Spezies vor. Die Zuordnung der

Signale erfolgt daher vorläufig (Abbildung 4.12). Nr. Zuordnung

1 Alkyl-C py-C3,5 pz-C3,4

2 py-C4 pz-C5

3 py-C2,6

4 Carbonyl-C

Abbildung 4.12 XPS-Spektrum im C 1s-Bereich einer SAM von 10 auf Au(111)/Glimmer

(Anregungsenergie = 350 eV) und Zuordnung der Signale

4 Self-assembled Monolayers 134

Zusätzlich zur chemischen Zusammensetzung konnte mit Hilfe des Verhältnisses der

Intensitäten der Au 4f- und C 1s-Emissionen die Dicke der gebildeten Lagen bestimmt

werden.[118, 119] Es ergab sich eine Dicke von 9.7 Å, was bei der Geometrie des Moleküls 10

einer Monolage entspricht und mit den Ergebnissen aus den STM-Untersuchungen

übereinstimmt.

NEXAFS-Spektren der C- und N-K-Kanten wurden von der Monolage von Verbindung 10

aufgenommen. Mit Hilfe der NEXAFS-Spektroskopie ist es möglich, neben der elementaren

Zusammensetzung der Monolage auch eine Ordnung der Schicht zu erfassen. Dazu wird die

Probe unter verschiedenen Einfallswinkeln bestrahlt. Die C- und N-K-Kanten Spektren zeigen

mehrere Absorptionen, die auf Übergänge in π*-Orbitale zurückzuführen sind. Abbildung

4.13 zeigt die Spektren bei einem Einstrahlungswinkel von 55° sowie die 90°–20°-

Differenzspektren.

Abbildung 4.13. C- und N-K-Kanten-NEXAFS-Spektrum einer SAM von 10 auf

Au(111)/Glimmer bei enem Einfallswinkel von 55° sowie Differenz der Spektren bei 20° und

90°. Die Buchstaben entsprechen der Zuordnung der Signale im Text.

Die Zuordnung der Signale der Absorptionen erfolgte mit Hilfe geeigneter Literatur.[35, 120, 121]

Die Absorptionen der kurzen Alkylkette sind vergleichsweise schwach und können deshalb

im Spektrum nicht zweifelsfrei zugeordnet werden. Die Amid-Gruppe zeigt Absorptionen in

der C-K-Kante bei 287.8 eV (D) und bei 401.8 eV (G) an der N-K-Kante. Für Pyridin

erscheinen Absorptionen bei 285.1 (A) und 285.8 eV (B) an der C-K-Kante, sowie bei 398.8

(E) und 403.3 eV (H) an der N-K-Kante. Die Zuordnung der Absorptionen der Pyrazolatome

war schwieriger, da keine Referenzspektren dieses Verbindungstyps existieren. Die

4 Self-assembled Monolayers 135

Zuordnung erfolgte daher durch den Vergleich mit Spektren der verwandten Verbindungen

Imidazol[122] und Pyrrol.[123] Pyrazol zeigt demnach Signale bei 286.9 eV (C) in der C-K-

Kante und 399.6 eV (F) im N-K-Kanten-Spektrum.

Die Absorptionen, die durch die Pyridin- und Pyrazol-Einheiten des Moleküls verursacht

werden, zeigen einen deutlichen Dichroismus in den Differenzspektren (Signale B, C, E und F

in Abbildung 4.13). Die Differenz-Signale sind positiv, was auf eine aufrechte Orientierung

der aromatischen Ringe und damit des gesamten Moleküls auf der Oberfläche schließen lässt.

4.2.3 Zusammenfassung

Die STM-Untersuchungen zeigen die Bildung einer hochgeordneten Monolage von 10 auf

Au(111)/Glimmer nach Vorbeschichtung der Oberfläche mit PTCDA, das eine planare

Adsorption der Moleküle verhindert. Die Monolage weist eine 3 × 5-Elementarzelle auf, in

>< 211 -Richtung findet π-π-Stapelung der aromatischen Systeme der Moleküle statt.

Zusätzlich wurde mit Hilfe der spektroskopischen Methoden das Vorhandensein der intakten

Moleküle auf der Oberfläche anhand der Elementarzusammensetzung nachgewiesen und die

Bindung in Form einer Thiolat-Bindung an die Goldoberfläche bestätigt. Verbindung 10

erfüllt damit die Anforderungen des Synthesekonzepts aus Kapitel 2.

Kontaktwinkelmessungen lassen anhand der ausgeprägten Hydrophobie der Oberfläche auf

eine trans,trans-Konfiguration der Pyrazolringe bezüglich des Pyridinrings schließen, was

einen schrittweisen Aufbau von Komplexen auf der Oberfläche potentiell erschwert..

4.3 SAM von Ligand 6 auf Au(111)

4.3.1 STM

Monolagen von Verbindung 6 wurden zunächst durch Abscheidung aus Lösungen der

Substanz in EtOH oder DMF präpariert. Die STM-Bilder der Oberflächen zeigten jedoch

keine erkennbaren geordneten Bereiche (Abbildung 4.14). Erkennbar sind „vacancy islands“

auf der Oberfläche. Es ist also davon auszugehen, dass sich geordnete Bereiche auf der

Oberfläche gebildet haben. Allerdings ist die Qualität der Filme schlecht, was sich immer

auch auf die Qualität der STM-Spitze und damit die Auflösung auswirkt.

4 Self-assembled Monolayers 136

Abbildung 4.14. STM-Bild einer Monolage von 6 auf Au(111)/Glimmer, präpariert aus

DMF, 90 °C, 48 h.

Bessere Ergebnisse erbrachte eine alternative Beschichtungsprozedur durch Abscheidung der

Moleküle aus der Gasphase. Dabei wurde eine offene Schale mit Substanz 6 in Pulverform

neben eine Au(111)/Glimmer-Oberfläche in ein verschlossenes Gefäß gestellt. Das Gefäß

wurde dann in einem Ofen 12 h auf 120 °C erhitzt.

Abbildung 4.15. STM-Bilder in unterschiedlicher Vergrößerung einer Monolage von 6 auf

Au(111)/Glimmer, präpariert durch Gasphasenabscheidung (120 °C, 12 h).

In den STM-Bildern in Abbildung 4.15 sind streifenförmige Bereiche unterschiedlicher Größe

zu erkennen, die über die gesamte Oberfläche verteilt sind. Darüberhinaus sind an den

Schnittpunkten der geordneten Domänen Bereiche vorhanden, in denen Moleküle ungeordnet

vorzuliegen scheinen, sowie vacancy islands in Form von Vertiefungen. Die Streifen bestehen

aus Reihen von Erhebungen im Abstand von ca. 0.5 nm. Der Abstand zwischen zwei Streifen

beträgt ~ 1.5 nm. Die Moleküle ordnen sich möglicherweise analog zu den SAMs von

Verbindung 10 (s. o.) aufrecht auf der Oberfläche an, wobei die Bpp-Einheit die

Oberflächenstruktur bildet. Die aromatischen Ebenen wären wie in den SAMs von 10

20 nm

50 nm 20 nm 2 nm

4 Self-assembled Monolayers 137

senkrecht zur Richtung der Streifen orientiert, so dass es zu intermolekularen aromatischen

Wechselwirkungen der Moleküle kommen könnte. Diese Vermutung wird durch die

Abmessungen der Schicht gestützt. Der Abstand zweier Streifen korrespondiert mit den

Ausmaßen der Bpp-Einheit parallel zur die aromatischen Ringe enthaltenden Ebene. Der

Abstand zwischen zwei Molekülen läge im Rahmen für π-π-Wechselwirkungen, eine

entsprechende Kippung der Ligandenebenen vorausgesetzt. Eine weitere Auswertung der

STM-Bilder war bisher nicht möglich, da die Ordnung der Monolage und das Verhältnis von

ungeordneten zu geordneten Bereichen zu schlecht waren, um molekulare Auflösung zu

errreichen. Zusätzlich konnten die Ergebnisse nicht gleichmäßig reproduziert werden.

4.3.2 NEXAFS/XPS

Verbindung 6 wurde durch Sublimation im UHV auf Au(111)/Glimmer-Träger aufgedampft.

Abbildung 4.16. N-K-Kanten-NEXAFS-Spektrum einer SAM von 6 auf Au(111)/Glimmer,

präpariert durch Gasphasenabscheidung im UHV.

Die C- und N-K-Kanten-NEXAFS-Spektren der durch Gasphasenabscheidung präparierten

SAM von 6 bestätigten die Anwesenheit der Elemente in der erwarteten Menge auf der

Oberfläche. Wegen der schlechten Qualität der SAMs, insbesondere der starken

Inhomogenität der Proben, konnten jedoch keine quantitativen Aussagen getroffen werden.

Das N-K-Kanten-Spektrum weist allerdings mit seiner starken Winkelabhängigkeit auf eine

Ordnung der Moleküle auf der Oberfläche hin (Abbildung 4.16).

4 Self-assembled Monolayers 138

Anhand der S-2p-XPS-Spektren der Monolagen von 6 sollte Auskunft über die

Bindungssituation der Moleküle auf der Oberfläche gewonnen werden. Die Entfaltung des

überlagerten Spektrums ergab drei Dublettsignale (Abbildung 4.17). Drei Schwefel-Spezies

konnten im Spektrum identifiziert werden. Das Dublett der Spezies 1 (162.3/163.4 eV) bei

niedrigerer Energie wird durch auf der Goldoberfläche kovalent gebundenen Schwefel

verursacht. Dublett 2 (162.7/163.8 eV) wird vermutlich vom Schwefelatom der

Thiocyanatgruppe, und zwar von nicht an die Oberfläche gebundenen Liganden des

Komplexes, erzeugt. Diese befinden sich möglicherweise adsorbiert auf der Oberfläche.

Dublett 3 (164.6/165.7 eV) mit der schwächsten Intensität wird von nicht gebundenem

Schwefel erzeugt, der von ungebundenen Molekülen oder von Verunreinigungen stammen

kann.[124]

Abbildung 4.17. XPS Spektrum im S-2p-Bereich einer SAM von 6 auf Au(111)/Glimmer

(Anregungsenergie = 260 eV).

4.3.3 Zusammenfassung

Die im UHV durch Sublimation präparierten SAMs von Verbindung 6 zeigten in den

spektroskopischen Untersuchungen die Verankerung der Moleküle in Monolagen auf den

Au(111)/Glimmer-Oberflächen, was anhand der Elementarzusammensetzung bestätigt wurde.

Die XPS-Messung zeigt auf der Goldoberfläche kovalent gebundene Schwefelatome. Es

4 Self-assembled Monolayers 139

scheint aber zusätzlich eine gewisse Anzahl von Molekülen ungebunden auf der Oberfläche

adsorbiert zu sein. Die mittels Gasphasenabscheidung auf die Au(111)/Glimmer-Oberfläche

aufgebrachte Monolage zeigt in den STM-Bildern geordnete Lagen, die jedoch keine

molekulare Auflösung zulassen und bisher schlecht zu reproduzieren sind.

Generell müssen im Fall von Verbindung 6 noch geeignete Präparationsbedingungen

gefunden werden. Die bis zum Zeitpunkt der Niederschrift präparierten SAMs waren von zu

schlechter Qualität. Eine ausführlichere Untersuchung dieser schlecht definierten Oberflächen

wurde nicht unternommen.

4.4 Volumenprobe von [Fe(5)2](BF4)2

Um Referenzspektren für die Bestimmung der Spinzustände anhand der NEXAFS-

Messungen zu erhalten, wurde eine Volumenprobe des bekannten SCO-Komplexes

[Fe(5)2](BF4)2 vermessen.[101] Im Feststoff zeigt dieser Fe-Bpp-Komplex einen thermischen

Spinübergang über einen Bereich von 200-300 K, wie SQUID-Messungen entnommen wurde.

Eine Portion des Komplexes als Feststoff wurde zur Messung auf eine Indiumfolie gepresst.

NEXAFS Fe-L2, 3-Kantenspektren wurden bei vier verschiedenen Temperaturen (190, 270,

283 und 290 K) um die Übergangstemperatur T1/2 bei ~ 271 K aufgenommen.

N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeHO

OH

2+

[BF4–]2

Abbildung 4.18. Fe-L2,3-Kanten-NEXAFS-Spektrum einer Volumenprobe von [Fe(5)2](BF4)2

auf Indiumfolie und Strukturformel des Komplexes.

4 Self-assembled Monolayers 140

Der linke Peak der Fe-L3-Kante bei ca. 709 eV verschwindet beim Übergang zu kleineren

Temperaturen, während sich gleichzeitig ein Peak bei 711 eV ausbildet.

Das NEXAFS-Spektrum zeigt die in der Theorie vorausgesagte Änderung beim Spinübergang

durch die Vollbesetzung der t2g-Orbitale im Low Spin-Zustand (s. Kapitel 1).[37, 38] Ein

Spinübergang von SCO-Komplexen vom FeII-Bpp-Typ ist also anhand von NEXAFS-

Messungen detektierbar.

4.5 SAM von [Fe(10)2](BF4)2 (25) auf Au(111)

4.5.1 NEXAFS/XPS

Die Präparation der Monolagen erfolgte durch Abscheidung von Verbindung 25 aus einer

1 mM Lösung in MeCN auf Au(111)/Glimmer-Oberflächen. Nach einer Beschichtungsdauer

von 24 h wurden die Proben sukzessive mit MeCN und EtOH gespült und im Stickstoffstrom

getrocknet.

Die Untersuchung auf den temperaturabhängigen Spinzustand wurde mittels NEXAFS-

Spektroskopie an der Fe-L2, 3-Kante durchgeführt. Abbildung 4.19 zeigt die Spektren bei drei

verschieden Temperaturen.

Abbildung 4.19 Fe-L3,2-Kanten-NEXAFS-Spektrum einer SAM von 25 auf

Au(111)/Glimmer

4 Self-assembled Monolayers 141

Die Spektren zeigen deutlich die vom Eisen erzeugten L3- und L2-Kanten um 709 bzw. 721

eV. Temperaturabhängige Veränderungen der Spektren sind nur bei der L3-Kante zu

bemerken, während die L2-Kante unbeeinflusst bleibt. Sowohl bei der Tieftemperatur- als

auch auch bei der Hochtemperaturmessung zeigt das Spektrum eine Abnahme der Intensität

des Peaks bei 709 eV, während der Peak bei 707 eV die gleiche Intensität behält. Wenngleich

dieses Verhalten nicht genau erklärbar ist, lässt sich sagen, dass die Probe bei allen

Temperaturen als High Spin-Verbindung vorliegt. Ein thermischer Spinübergang liegt nicht

vor.

Eine Ordnung der Moleküle auf der Oberfläche sollte anhand winkelaufgelöster N- und C-K-

Kanten-NEXAFS-Spektren untersucht werden. Abbildung 4.20 zeigt die entsprechenden

Spektren mit Einfallswinkeln der Anregungsstrahlung von 90° (senkrecht) sowie 20°

(streifend).

Abbildung 4.20. a) N-K-Kanten- und b) C-K-Kanten-NEXAFS-Spektrum einer SAM von 25

auf Au(111)/Glimmer.

Sowohl im N-K-Kanten-Spektrum als auch im C-K-Kanten-Spektrum sind nur geringe

Unterschiede in der Intensität der beiden Messungen zu sehen. Daraus lässt sich ableiten, dass

auf der Oberfläche nur geringe Ordnung besteht und die Orientierung der Moleküle zum

großen Teil statistisch ist.

Mit Hilfe von S-2p-XPS-Spektren der SAMs sollte die Bindung zur Oberfläche untersucht

werden. Abbildung 4.21 zeigt das Spektrum von 25 auf der Au(111)/Glimmer-Oberfläche.

4 Self-assembled Monolayers 142

Abbildung 4.21. XPS-Spektrum im S 2p-Bereich einer SAM von 25 auf Au(111)/Glimmer

(Anregungsenergie = 260 eV).

Die Entfaltung des Spektrums ergibt zwei Signale in Form von Dubletts. Das Dublett der

Spezies 2 bei 162.4/163.6 eV wird von dem als Thiolat an die Au-Oberfläche gebundenen

Schwefel erzeugt. Da der Komplex aufgrund der Länge der Distanzstücke möglicherweise mit

beiden Thiol-Ankergruppen an die Oberfläche gebunden ist, wobei Signal 2 erzeugt wird,

könnte es sich bei Spezies 1 mit dem Dublett bei 161.4/162.5 eV um einfach gebundene

Moleküle handeln, die hinsichtlich des Intensitätsverhältnisses von Signal 1 : Signal 2 = 1:7.3

die deutlich kleinere Fraktion stellen.

4.5.2 STM

Proben für STM-Messungen wurden durch Abscheidung aus Lösungen in EtOH, MeCN und

DMF, bei unterschiedlichen Temperaturen und Beschichtungsdauern, auf Au(111)/Glimmer-

Oberflächen präpariert. In keinem Fall konnten Strukturen oder eine Ordnung auf der

Oberfläche beobachtet werden.

4.5.3 Zusammenfassung

Monolagen von Verbindung 25 ließen sich aus Lösungen der Substanz in MeCN auf

Au(111)/Glimmer-Oberflächen präparieren. Die spektroskopischen Untersuchungen zeigen

die erwarteten Elemente in erwarteter Menge für eine Monolage auf der Oberfläche. Eine

Verankerung der Moleküle mittels Thiolatbindung zur Goldoberfläche wurde bestätigt.

Anders als bei SAMs von Verbindung 26 (s.u.) scheinen hier jedoch beide Schwefelanker des

4 Self-assembled Monolayers 143

Moleküls an die Oberfläche zu binden, da im S-2p-XPS-Spektrum kein Anhaltspunkt für eine

freie Thiolgruppe in ausreichender Intensität zu beobachten ist (wie das bei der SAM von 26

für die freie SCN-Funktion der Fall ist, s. u.). Die winkelaufgelösten NEXAFS-C- und N-K-

Kantenspektren zeigen eine geringe Ordnung auf der Oberfläche an, was mit einer zweifachen

Bindung des Komplexes zur Oberfläche verständlich erscheint. Im Falle dieses

Bindungsmusters wäre ein thermischer Spinübergang des Eisenions durch die fehlende

Flexibilität der Moleküle und zusätzlich wegen der infolge geringer Ordnung der Oberfläche

eingeschränkten intermolekularen Kopplung stark behindert und könnte daher im

Absorptionsspektrum der Eisenkante auch nicht nachgewiesen werden.

4.6 SAM von [Fe(6)2](BF4)2 (26) auf Au(111)

4.6.1 NEXAFS/XPS

Die Präparation der Monolagen erfolgte durch Abscheidung des Eisenkomplexes 26 aus einer

1 mM Lösung in MeCN auf Au(111)/Glimmer-Oberflächen. Nach einer Beschichtungsdauer

von 1 h wurden die Proben mit MeCN und EtOH gespült und im Stickstoffstrom getrocknet.

Die Untersuchung auf den Spinzustand wurde mit einer temperaturabhängigen NEXAFS-

Messung im Bereich der Fe-L2, 3-Kanten durchgeführt. Abbildung 4.22 zeigt die gemessenen

Spektren bei drei verschiedenen Temperaturen.

Abbildung 4.22. Fe-L3,2-Kanten-NEXAFS-Spektrum einer SAM von 26 auf

Au(111)/Glimmer.

4 Self-assembled Monolayers 144

Mit dem Temperaturübergang ändert sich nur die Doppelpeak-Struktur der L3-Kante um 708

eV, während das Signal der L2-Kante um 721 eV unverändert bleibt. Der linke Peak der L3-

Kante bei 707 eV ist bei Raumtemperatur intensitätsstärker als der rechte bei 709 eV. Beim

Übergang zu 21 K weist der Peak bei 709 eV die höhere Intensität auf. Beim Erwärmen der

Probe auf 380 K zeigt das resultierende Spektrum auch eine Intensitätszunahme des rechten

Peaks. Fe-L2, 3-Kanten-Spektren wurden zusätzlich an verschiedenen Positionen der Probe

angefertigt, um die Homogenität der Probe zu untersuchen. Darüber hinaus wurde die

Stabilität der Probe gegenüber der Strahlung durch unterschiedliche Bestrahlungsdauern

geprüft.

Abbildung 4.23. Fe-L3,2-Kanten-NEXAFS-Spektrum einer SAM von 26 auf

Au(111)/Glimmer. a) Positionsabhängig bei 21 K, b) abhängig von der Bestrahlungsdauer bei

RT.

Im positionsabhängigen Spektrum (Abbildung 4.23.a) erkennt man deutliche Unterschiede im

Signal der Fe-L3-Kante, was auf eine allgemeine Inhomogenität der SAM hindeutet. Im

Spektrum in Abbildung 4.23.b erkennt man deutliche Veränderungen des Spektrums mit der

Dauer der Bestrahlung. Qualitativ könnte das Verhalten mit Redox-Prozessen des Eisens auf

der Oberfläche erklärt werden, typischen „Strahlenschäden“.

Die Signatur des Spektrums bei Raumtemperatur weist auf einen High Spin-Zustand des

Eisen(II) hin. Beim Übergang zur tiefen Temperatur könnte ein Teil der Moleküle einen

Spinübergang zum Low Spin-Zustand eingehen, wobei im resultierenden Spektrum eine

Doppelpeak-Strukur vorliegt, die das Vorliegen eines Mischzustands anzeigt. Die

Hochtemperatur-Messung zeigt einen ähnlichen gemischten Spinzustand an, wobei durch die

verwendete hohe Messtemperatur chemische Nebenreaktionen wie z. B. eine Oxidation der

a)

4 Self-assembled Monolayers 145

Moleküle nicht ausgeschlossen werden können. Zum Spinverhalten lassen sich angesichts der

Unzuverlässigkeit der Messung infolge Inhomogenität der Probe einerseits und die

Strahlenschäden andererseits keine verlässlichen Aussagen treffen.

Die Ordnung der Moleküle auf der Oberfläche sollte anhand winkelaufgelöster N- und C-K-

Kanten-NEXAFS-Spektren untersucht werden. Abbildung 4.24 zeigt die entsprechenden

Spektren mit Einfallswinkeln der Anregungsstrahlung von 90° (senkrecht) sowie 20°

(streifend).

Abbildung 4.24 a) N-K-Kanten- und b) C-K-Kanten-NEXAFS-Spektrum einer SAM von 26

auf Au(111)/Glimmer

Sowohl im N-K-Kanten-Spektrum als auch im C-K-Kanten-Spektrum sind nur geringe

Unterschiede in der Intensität der beiden Messungen zu sehen. Daraus lässt sich ableiten, dass

auf der Oberfläche nur geringe Ordnung besteht.

Anhand der S-2p-XPS-Spektren der Monolagen von 26 sollte Auskunft über die

Bindungssituation der Komplexe auf der Oberfläche gewonnen werden. Aus der Entfaltung

des überlagerten Spektrums konnten drei Dublettsignale isoliert werden (Abbildung 4.25).

4 Self-assembled Monolayers 146

Abbildung 4.25. XPS-Spektrum im S-2p-Bereich einer SAM von 26 auf Au(111)/Glimmer

(Anregungsenergie = 260 eV).

Drei Schwefel-Spezies mit einem Flächenverhältnis von 1 : 2.4 : 2.5 konnten im Spektrum

identifiziert werden. Das Dublett 1 (161.7 / 162.8 eV) bei niedrigerer Energie repräsentiert an

die Goldoberfläche gebundenen Schwefel in Form von Thiolat. Dublett 2 (162.6 / 163.7 eV)

ist mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Schwefel der Thiocyanatgruppe des nicht an die

Oberfläche gebundenen Liganden des Komplexes zurückzuführen. Das Dublett 3 (164.0 /

165.1) wird von nicht gebundenem Schwefel erzeugt, der auf der Oberfläche adsorbierten,

aber nicht kovalent gebundenen Komplexen zugeordnet werden kann.

4.6.2 STM

Proben für die STM-Messungen wurden bei Raumtemperatur aus 1 mM Lösungen von

Substanz 26 in DMF auf die Au(111)/Glimmer-Oberflächen abgeschieden. Die

Beschichtungsdauer betrug 15 h. Nach der Beschichtung wurden die Proben mit DMF und

anschließend mit EtOH gespült und im Stickstoffstrom getrocknet. Abbildung 4.26 zeigt

STM-Bilder der Monolage in unterschiedlichen Vergrößerungen.

4 Self-assembled Monolayers 147

Abbildung 4.26. STM-Bilder einer SAM von 26 auf Au(111)/Glimmer, präpariert aus

Lösung in DMF, RT, 15 h.

Die terassenförmige Struktur der Au(111)-Oberfläche ist gut zu erkennen. Regelmäßige

Strukturen finden sich nicht, und eine Auflösung auf molekularer Ebene ist nicht möglich.

Deutlich sind vacancy islands zu erkennen, die in großer Zahl über die Oberfläche verteilt

vorliegen. Dies ist ein Hinweis auf eine Ordnung der Moleküle, die jedoch im STM-Bild

bisher nicht aufgelöst werden konnte. Zumindest kann als sicher gelten, dass Moleküle von 26

über die gesamte Oberfläche verteilt verankert sind.

4.6.3 Zusammenfassung

SAMs von Verbindung 26 ließen sich aus einer Lösung des Komplexes in DMF auf die

Au(111)-Oberfläche aufbringen. Die spektroskopischen Untersuchungen zeigen die

erwarteten Elemente in einer Menge, die einer Monolage entspricht. Der S-2p-XPS-Messung

konnte entnommen werden, dass der Komplex mit einer Ankergruppe in Form einer

Thiolatfunktion an die Goldoberfläche bindet, während die zweite Thiocyanatfunktion

ungebunden bleibt, was im Kontrast zum doppelten Bindungsmuster in den SAMs von

Verbindung 25 steht (Abbildung 4.27). Eine Ordnung auf der Oberfläche ist den NEXAFS-C-

und N-K-Kanten-Spektren nicht zu entnehmen. Das Spektrum der Fe-L3-Kante zeigt

temperaturabhängige Veränderung, die als Low Spin- → High Spin-Übergang beim Wechsel

zu höheren Temperaturen interpretiert werden könnte. Allerdings ist die durchgeführte

Messung nicht geeignet, endgültige Aussagen zum Spinverhalten zu treffen, da wegen der

Inhomogenität der Schicht und durch die Röntgenstrahlung erzeugter Strahlenschäden keine

genaue Auswertung der relevanten Fe-L3-Kantenspektren möglich ist.

40 nm 20 nm 10 nm

4 Self-assembled Monolayers 148

N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeNH

O

S

HN

O

S

NNNN N

NNNN N

Fe

S

SCN

Au Au

2+

2+a) b)

Abbildung 4.27. Modell der Bindungsmuster von a) 25 und b) 26 auf Au.

4.7 Zusammenfassung

Die Untersuchungen zeigen die erfolgreiche Verankerung sowohl der Liganden als auch der

Eisenkomplexe auf Goldoberflächen. Die verankerten Liganden 6 und 10 ergeben

hochgeordnete Monolagen, wie die kombinierten spektroskopischen und mikroskopischen

Methoden zeigen. Das Konzept, Moleküle mit dreizähnigen Bpp-Einheiten auf der Oberfläche

zu verankern, ist trotz der anisotropen Gestalt der Moleküle möglich.

Die Untersuchungen zu den Eisenkomplexen brachten erste ermutigende Ergebnisse. Die

synthetisierten Eisen(II)-Komplexe 25 und 26 wurden durch die spektroskopischen Methoden

eindeutig als auf der Oberfläche verankert identifiziert. Da sich Ordnung auf der Oberfläche

bisher in keinem Fall ergab, konnten die genauen Bindungsmuster nicht mittels Rastertunnel-

mikroskopie charakterisiert werden. Ein thermischer Spinübergang konnte mit der NEXAFS-

Fe-L2,3-Kantenspektroskopie aus den erwähnten Gründen nicht nachgewiesen werden.

Während Strahlenschäden in den gemessenen Proben apparativer Natur sind, stellt die

Inhomogenität der Proben ein Problem dar, das erst durch die Präparation hochgeordneter

Lagen der Komplexe gelöst werden kann und Gegenstand zukünftiger Untersuchungen sein

wird.

4 Self-assembled Monolayers 149

4.8 Experimentalteil

Allgemeines: Folgende Chemikalien wurden kommerziell bezogen und ohne weitere

Reinigung verwendet: Ethanol, analytical reagent grade (Fisher Scientific); N,N-

Dimethylformamid (DMF), 99.9+ % HPLC grade (Aldrich); Acetonitril, 99.9%, H2O < 50

ppm, extra dry (Acros); Perylen-3,4,9,10-tetracarbonsäureanhydrid (PTCDA), >98 %

(Aldrich). Die Goldsubstrate (Georg Albert PVD, Heidelberg) bestanden aus epitaktischen

Goldlagen von 300 nm Dicke auf Glimmerträgern.

Folgende Geräte wurden zur Gewinnung der Daten verwendet:

STM-Messungen: Alle STM-Messungen wurden unter Benutzung eines PicoPlus-

Mikroskops der Firma Molecular Imaging an Luft bei Raumtemperatur ausgeführt. Die STM-

Bilder wurden im Konstant-Strom-Modus bei Tunnelströmen zwischen 10 und 100 pA und

einer Probenspannung zwischen +0.5 und +1.0 V durchgeführt.

NEXAFS/XPS-Messungen: SAMs von Verbindung 10: Die spektroskopischen Messungen

fanden am Synchrotron Speicherring MAX II am MAX-Lab in Lund, Schweden an der

„bending magnet beamline“ D1011 statt. Der Meßstand war mit einem SCIENTA SES200

Elektronenenergie-Analysator und einem „partial electron yield“ (PEY) -Detektor

ausgestattet. Die Messungen wurden unter UHV-Bedingungen bei einem Druck von < 1.5 ×

10–10 mBar durchgeführt. Für Details zur Auswertung der Messergebnisse siehe Ref[125].

SAMs von Verbindung 6, 25 und 26: Die spektroskopischen Messungen fanden am

Synchrotron-Speicherring BESSY II in Berlin an der „bending magnet beamline“ PM3 statt.

Der Messstand war mit einem SPECS PHOIBOS 100 Elektronenenergie-Analysator

ausgestattet. Die Messungen wurden unter UHV-Bedingungen bei einem Druck von < 4 × 10–

10 mbar durchgeführt.

Präparation der Oberflächen: Die Präparation der Oberflächen wird in den einzelnen

Kapiteln gesondert beschrieben.

5 Zusammenfassung und Ausblick 150

5 Zusammenfassung und Ausblick

5.1 Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Nutzbarmachung von Eisen(II)-Spincrossover-

Komplexen in funktionalisierten Oberflächen. Ein Fernziel des Projekts ist der Einsatz

derartiger Oberflächen in der Datenspeicherung.

Behandelt werden die Synthese geeigneter Liganden bzw. entsprechender Eisen(II)-

Spincrossover-Komplexe und die Präparation selbstorganisierter Monolagen (self-assembled

monolayers, SAMs) sowohl der freien Liganden als auch der Komplexe auf Goldoberflächen.

In Kapitel 2 und 3 sind Synthese und Charakterisierung der neuen Liganden 6, 10, 12 und 14

bzw. der Eisen(II)-Komplexe 23, 24, 25 und 26 beschrieben. Kapitel 4 behandelt die Präpa-

ration und Charakterisierung von SAMs der Verbindungen 6, 10, 25 und 26 auf Au(111)-

Oberflächen. Kapitel 3 enthält zusätzlich Untersuchungen zum Einfluss von Festkörper-

effekten auf die Synthese von SCO-Verbindungen, und zwar am Beispiel der Polymorphie

eines Eisen(II)-Komplexes.

Für die Oberflächenverankerung geeignete Moleküle enthalten gemäß dem dieser Arbeit

zugrundegelegten Synthesekonzept folgende Strukturen:

− eine Endgruppe in Form des Eisen(II)-SCO-Komplexes,

− ein Distanzstück, über das sich das Ordnungsverhalten der Moleküle beeinflussen lässt,

− eine Ankergruppe mit spezifischer Affinität zur verwendeten Oberfläche (im konkreten

Fall schwefelhaltige funktionelle Gruppen für die Verankerung auf Goldsubstraten).

Endgruppe ([FeII-Bpp]-SCO-Komplex) Distanzstück (Spacer)

Ankergruppe

Abbildung 5.1. Modell eines oberflächenverankerten SCO-Komplexes.

5 Zusammenfassung und Ausblick 151

Die Liganden 6, 10, 12 und 14 (vgl. entsprechende Formelbilder) wurden diesem

Synthesekonzept entsprechend synthetisiert. Die Synthese von Ligand 22 wurde bis zur

vorletzten Stufe ausgearbeitet. In Anlehnung an in der Volumenphase bereits intensiv

untersuchte SCO-Komplexe wurden Komplexe von Derivaten des Bis(pyrazol-1-yl)pyridins

(Bpp) (vgl. Kap. 1, Abbildung 1.11) als SCO-Einheit gewählt.

Ligand 6 mit einer Thiocyanatfunktion als Ankergruppe wurde in einer sechsstufigen

Synthese aus käuflicher Citrazinsäure erhalten (Abbildung 5.2).

NHO OH

COOH

NCl Cl

COOH

NNNN N

COOH

NNNN N

COOR

NNNN N

OH

NNNN N

SCN

1 2

3 / 456

R = Me (3), Et (4) Abbildung 5.2. Synthese von Ligand 6.

SAMs der Verbindung wurden durch Gasphasenabscheidung auf Au(111)/Glimmer-

Oberflächen präpariert. Sowohl STM-Bilder als auch spektroskopische Untersuchungen

zeigen die erfolgreiche Verankerung der Moleküle als Monolage auf der Oberfläche. Die

Monolage enthält wohlgeordnete Bereiche; die Bereiche sind allerdings nicht gleichmäßig

über die gesamte Oberfläche verteilt, und die Ergebnisse sind schlecht reproduzierbar. Ein

möglicher Grund für die unzureichende Qualität der Monolagen ist die Adsorption einer

Mehrzahl der Moleküle über unerwünschte Wechselwirkungen ihres aromatischen Systems

mit der Oberfläche, wie aus XPS-Messungen hervorgeht.

Die Eisen(II)-Komplexe der Liganden 3, 4, 6 und 10 wurden jeweils aus zwei Äquivalenten

des Liganden und einem Äquivalent Eisen(II)-Tetrafluoroborat Hexahydrat synthetisiert

(Abbildung 5.3).

5 Zusammenfassung und Ausblick 152

NNNN N

Fe(BF4)2 · 6 H2O N

NN

N

NN

N

N

N

N

FeR R

2+

[BF4–]2

2

R

R = CO2Me (23), CO2Et (24),

NH

SHO

(25), CH2SCN (26),

Abbildung 5.3. Synthese der Eisen(II)-Komplexe.

Der Eisen(II)-Komplex [Fe(6)2](BF4)2 (26) kristallisiert unter bestimmten Bedingungen in

Form zweier Polymorphe, von denen eines einen reversiblen Übergang zwischen High Spin

(HS)- und Low Spin (LS)-Zustand bei T1/2 = 272 K zeigt (s. u.). Schichten von 26 auf

Au(111) wurden aus Lösungen des Komplexes in verschiedenen Lösungsmitteln präpariert.

Die STM-Bilder der Oberflächen sowie die winkelabhängigen NEXAFS-Messungen zeigen

keine geordneten Schichten. Das S-2p-XPS-Spektrum bestätigt das Vorliegen kovalent

gebundener Schwefelatome auf der Goldoberfläche (Nachweis einer Thiolat-Spezies). Nicht

verankerter Thiocyanat-Schwefel wird in gleicher Konzentration gefunden. Diese

Beobachtung steht in Übereinstimmung mit der homoleptischen Natur des Komplexes, wobei

nur eine von zwei SCN-Gruppen an die Oberfläche bindet (vgl. Kap. 4, Abbildung 4.27). Die

NEXAFS-Fe-L2,3-Kantenspektren zeigen temperaturabhängige Änderungen. Eine zum

Vergleich gemessene Volumenprobe des bekannten SCO-Komplexes [Fe(5)2](BF4)2 zeigt

temperaturabhängig tendenziell ähnliche Veränderungen des Spektrums. Die für die SAMs

von 26 erhaltenen Messdaten zeigen allerdings eine deutliche Inhomogenität der Schicht und

durch die Röntgenstrahlung verursachte Schäden, die den interessierenden Bereich des Fe-

L2,3-Kantenspektrums beeinflussen. Ein Spinübergang in der SAM von 26 ließ sich daher

nicht bestätigen, doch wurde die Verankerung einer Monolage der Komplexe anhand der

Elementarzusammensetzung zweifelsfrei nachgewiesen.

Die schlechte Ordnung in den SAMs von 26 ist auf die sterisch ausladende Endgruppe in

Verbindung mit einem kurzen Distanzstück zurückzuführen. Deshalb wurde als modifiziertes

5 Zusammenfassung und Ausblick 153

Ligandsystem Verbindung 10 synthetisiert, und zwar durch Amidkupplung zwischen der

Bpp-Carbonsäure 2 und Cysteamin (Träger der Thiol-Ankergruppe; Abbildung 5.4).

NNNN N

COOH

NNNN N

HN

SHH2N

SHO

2 10

Abbildung 5.4. Synthese von Ligand 10.

Das Molekül erhält durch Einführung eines längeren Distanzstücks größere Flexibilität zum

Ausgleich des durch die ausladenden Endgruppen in der SAM induzierten sterischen Zwangs.

Zusätzlich können sich zwischen den Amidgruppen intermolekulare H-Brückenbindungen

ausbilden, was den Ordnungsprozess in der SAM begünstigt. SAMs von Verbindung 10 auf

Au(111) wurden aus DMF-Lösungen präpariert. Zur Vermeidung der Moleküladsorption über

die aromatische Endgruppe wurde die Oberfläche mit dem planaren Perylen-Derivat 3,4,9,10-

Perylentetracarbonsäure-Dianhydrid (PTCDA) vorbeschichtet. Dies ergab Monolagen der

Moleküle auf der Oberfläche von präzedenzloser Kristallinität. Die erhaltenen STM-Bilder

zeigen molekulare Auflösung und ermöglichen in Kombination mit den spektroskopischen

Methoden die Erstellung eines Strukturmodells der Monolage (Abbildung 5.5).

a)

b)

Abbildung 5.5. (a) STM-Bild der SAM von 10 auf Au(111)/Glimmer; (b) Strukturmodell

(Rechteck = 3 × 5 Elementarzelle).

Für den Eisen(II)-Komplex des Liganden 10, [Fe(10)2](BF4)2 (25), zeigen SQUID-Daten

einen thermischen Spinübergang mit schleppendem Verlauf, der bei 350 K noch nicht

vollständig ist. Die SCO-Verbindung 25, wie auch die synthetisierten reinen HS-Eisen(II)-

Komplexe [Fe(3)2](BF4)2 (23) und [Fe(4)2](BF4)2 (24), spiegeln den von Halcrow entdeckten

>< 011

>< 211

>< 211

>< 011

1 nm

5 Zusammenfassung und Ausblick 154

Zusammenhang von Spinverhalten und Verzerrung des FeN6-Koordinationspolyeders in

Eisen(II)-Bpp-Komplexen wider. Verbindung 25 ist ein weiterer mit Thiolgruppen

ausgestatteter und somit für die Oberflächenverankerung geeigneter SCO-Komplex.

Schichten von 25 auf Au(111) wurden aus Lösungen in Acetonitril präpariert. Die

Beschichtungen wurden bisher nicht in der für STM-Messungen benötigten Qualität erhalten,

doch belegen die spektroskopischen Messungen die den intakten Molekülen auf der

Oberfläche entsprechende Elementarzusammensetzung. Das Fe-L2,3-Kantenspektrum zeigt

keine temperaturabhängige Veränderung, die auf einem Spinübergang zurückgeführt werden

könnte. Die XPS-Messungen legen den Schluss nahe, dass in den Schichten von 25 beide

Thiol-Funktionen des homoleptischen Moleküls an die Oberfläche binden (vgl. Kap. 4,

Abbildung 4.27). Dies würde möglicherweise sowohl eine Ordnung der Schicht stören, als

auch einen Spinübergang des Eisenzentrums durch fehlende Flexibilität verhindern.

Mit den Verbindungen 12 und 14 wurden zwei weitere oberflächenaktive Liganden mit

längeren Distanzstücken nach dem Vorbild von Ligand 10 synthetisiert (Abbildung 5.6).

NNNN N

OH

HOOC CH2 SH10

NNNN N

OCH2

OSH

10

5 14

NNNN N

COOH

N

N

N

N

N

HN

O

SH

2 12

H2N SH

Abbildung 5.6. Synthesen der Liganden 12 und 14.

Um besser geordnete Monolagen zu erhalten, wurde ein Ligand mit lateral wirksamen H-

Brückenbindungsdonoren bzw. -akzeptoren konzipiert. Es wurde versucht, in die 4-Postition

der seitlichen Pyrazolringe des Bpp-Liganden Carboxylgruppen einzuführen, zur Ausbildung

von intermolekularen H-Brücken auf der Oberfläche. Die letzte der acht Stufen der

Syntheseroute zur Zielverbindung 22 steht noch aus (Abbildung 5.7).

5 Zusammenfassung und Ausblick 155

N

COOH

OHHO NN NN N

OH

EtO2C CO2Et

NN NN N

OH

HOOC COOHNN N

N N

SCN

EtO2C CO2Et

NN NN N

SCN

HOOC COOH

19

20 21

22

6 Stufen

Abbildung 5.7. Geplante Synthese von Ligand 22.

Im Ergebnis ist es gelungen, wie in Kapitel 2 bis 4 beschrieben, oberflächenaktive Liganden

und Eisen(II)-SCO-Komplexe zu synthetisieren und auf Oberflächen zu verankern. Ein

Spinübergang konnte mit den zur Verfügung stehenden analytischen Mitteln in den

präparierten Schichten bisher nicht beobachtet werden.

In Kapitel 3 wird auf die Festkörperstruktur der Verbindung 26 näher eingegangen. Bei Wahl

bestimmter Kristallisationsbedingungen erfolgt Kokristallisation zweier polymorpher Spezies.

Die gelbe Verbindung 26a ist eine reine HS-Spezies. Die rotbraune Verbindung 26b zeigt

einen thermischen Spinübergang bei T1/2 = 272 K. Beide Spezies besitzen die gleiche

Elementarzusammensetzung. In Lösung weist Verbindung 26 einen thermischen Spin-

übergang auf, das unterschiedliche Verhalten der beiden Polymorphe muss also durch die

Festkörperstruktur verursacht werden. Die Struktur der reinen HS-Verbindung 26a weist ein

stark verzerrtes FeN6-Koordinationspolyeder auf, während die der SCO-Verbindung 26b

annähernd lokale D2d-Symmetrie besitzt. Ein Übergang der beiden Strukturen ineinander wird

nicht beobachtet. Die Strukturen unterscheiden sich zusätzlich in der Konformation der

Thiocyanatomethyl-Gruppen (Abbildung 5.8).

5 Zusammenfassung und Ausblick 156

a)

b)

Abbildung 5.8. Röntgenstrukturen bei 100 K und temperaturabhängige magnetische

Suszeptibilität von Verbindung 26a (a) und 26b (b).

Obwohl das SCO-Phänomen ein Effekt der Eigenschaften des isolierten Moleküls ist, ist im

Festkörper die Kopplung der Moleküle im Ensemble entscheidend für den Verlauf des

Spinübergangs. Im Kristallgitter der SCO-Verbindung 26b sind die Komplexkationen und die

BF4–-Anionen gleichmäßig verteilt, was für gute intermolekulare Kopplung in alle

Richtungen im Gitter sorgt (vgl. Kap. 3, Abbildung 3.16). Im Kristallgitter der reinen HS-

Verbindung 26a liegen zweidimensionale Schichten der Komplexkationen vor, die in der

dritten Dimension durch Schichten der BF4–-Anionen voneinander getrennt sind (vgl. Kap. 3,

Abbildung 3.15). Diese „Isolation“ der Eisenzentren voneinander verhindert die für einen

SCO im Feststoff nötige dreidimensionale Kopplung im Gitter. Dieses Muster der supra-

molekularen Strukturen in Verbindung mit dem Vorliegen von SCO in Eisen(II)-Bpp-

Komplexen findet sich sowohl in den Kristallstrukturen der übrigen in dieser Arbeit

untersuchten Komplexe 23, 24 und 25 als auch in den Eisen(II)-Bpp-Komplexen, die von

Halcrow studiert wurden (M. A. Halcrow, Coord. Chem. Rev. 2005, 249, 2880). Der

Zusammenhang zwischen Molekülgeometrie bzw. supramolekularer Struktur und dem

5 Zusammenfassung und Ausblick 157

Spinverhalten ist ein allgemeingültiges Prinzip bei SCO-Verbindungen. Bisher konnten

allerdings Einflüsse wie die Substitution der Liganden, die Natur der Anionen und das

Vorliegen von Lösungsmittelmolekülen in der Struktur nicht als Ursache für den

unterschiedlichen Verlauf des SCO ausgeschlossen werden. Die polymorphen Verbindungen

26a und 26b besitzen dagegen eine identische Zusammensetzung. Dieser Aspekt macht

Verbindung 26 vor allem für theoretische Untersuchungen interessant, mit denen Vorgaben

für die zukünftige Maßschneiderung von SCO-Materialien entwickelt werden können.

5.2 Ausblick

Für die Zukunft sind neben der Synthese der Eisen(II)-Komplexe von Verbindung 22 und

verwandten Liganden mit funktionellen Gruppen für lateral wirksame intermolekulare

Wechselwirkungen folgende Konzepte interessant.

Die Einführung einer sterisch anspruchsvollen Spacer- oder Ankergruppe mit größerem

Durchmesser als die SCO-Einheit der oberflächenaktiven Moleküle ist ein aussichtsreicher

Ansatz zur Präparation hochgeordneter Lagen. Als Distanzstück kommen hier die Bicyclo-

[2.2.2]oktan-Gruppe sowie closo-Boran-Derivate in Betracht. Auch sterisch anspruchsvolle

tripodale Ankergruppen insgesamt tetraedrischer Geometrie bzw. mit Adamantangerüst sind

bereits publiziert. Ein alternativer Ansatz ist die Vorfunktionalisierung der Oberfläche mit

einem Netzwerk aus adsorbierten organischen Molekülen, die ein Muster für die Verankerung

der SCO-Moleküle vorgeben.

Bei beiden Konzepten erlaubt die räumliche Trennung der Komplex-Fragmente allerdings

keine starke Kopplung der potentiellen SCO-Zentren. Denkbar sind dennoch graduelle

Übergänge oder die Beobachtung von Spinübergängen in Einzelmolekülen mittels STM-

Untersuchungen. Allgemein ist für die Zukunft die Synthese heteroleptischer Komplexe

geplant, bei denen nur einer der zwei dreizähnigen Liganden eine Ankergruppe trägt.

Die unterschiedlichen Konformationen der MeSCN-Gruppen in den polymorphen

Verbindungen 26a und 26b könnten das Vorliegen einer ligandvermittelten Änderung der

Ligandenfeldstärke, ähnlich dem LD-LISC-Effekt (ligand-driven light-induced spin change),

bedeuten. Aufschluss über diesen Aspekt werden theoretische Berechnungen der Strukturen

ergeben, die Gegenstand zukünftiger Arbeiten sind.

6 Anhang 158

6 Anhang

6.1 Verwendete Abkürzungen

Å Ångström (10–10m)

B Magnetische Flussdichte

BOC2O Di-tert-butyldicarbonat

Bpp 2,6-Bis(pyrazol-1-yl)pyridin

br Breit (IR und NMR)

btr 4,4’-Bis-1,2,4-triazol

CID Collision-induced dissociation

CVD Chemical vapour deposition

d Dublett (NMR); Tag

δ Chemische Verschiebung

DCC N,N'-Dicyclohexylcarbodiimid

DCM Dichlormethan

dd Dublett vom Dublett (NMR)

DEAD Azodicarbonsäurediethylester

DFT Dichtefunktionaltheorie

Diglyme Diethylenglykoldimethylether

DMAP 4-Dimethylaminopyridin

DMF N,N-Dimethylformamid

DMSO Dimethylsulfoxid

DPPA (3-Aminopropyl)bis(2-pyridylmethyl)amin)

E Energie

EDC 1-(3-Dimethylaminopropyl)-3-ethylcarbodiimid hydrochlorid

EI Elektronenstoßionisation

ESI Electrospray Ionisation

Et Ethyl

EtOH Ethanol

EZ Elementarzelle

eV Elektronenvolt

6 Anhang 159

g Gramm

h Stunde

Hb Hämoglobin

HOBt 1-Hydroxybenzotriazol

HS High Spin

IR Infrarot

l Wellenlänge

LB Langmuir-Blodgett

LD-LISC Ligand-driven light induced spin change

LIESST Light-induced excited spin state trapping

LS Low Spin

m Multiplett (NMR); mittelstark (IR)

M Molar

Me Methyl

MeCN Acetonitril

mg Milligramm

MHz Megahertz

min Minute

ml Milliliter

MOF Metal organic framework

MS Massenspektrum

m/z Masse-zu-Ladung-Verhältnis (MS)

NEXAFS Near-edge x-ray absorption fine structure spectroscopy

nm Nanometer (10–9m)

NMR Nuclear magnetic resonance

ν~ Wellenzahl (IR)

OMBE Organic molecular beam epitaxy

p Druck

phen 1,10-Phenanthrolin

pm Picometer (10–12m)

ppm Parts per million

PPTS Pyridinium-p-toluolsulfonat

py Pyridin

6 Anhang 160

pyN4 2,6-Bis(1’,3’-diamino-2’methylprop-2’yl)pyridin

pz Pyrazol

R Organischer Rest

RT Raumtemperatur

s Singulett (NMR); stark (IR)

SAM Self-assembled monolayer

SCO Spincrossover

STM Scanning tunneling microscope

T Tesla; Temperatur

t Triplett

T1/2 Gemittelte Übergangstemperatur beim Spinübergang

THF Tetrahydrofuran

THP 2-Tetrahydropyranylgruppe

UHV Ultrahochvakuum

vs Sehr stark (IR)

XAS X-ray absorption spectroscopy

XPS X-ray photoelectron spectroscopy

6 Anhang 161

6.2 Publikationen

Begutachtete Publikationen in Fachzeitschriften:

Full paper: Maria Schlangen, Johannes Neugebauer, Markus Reiher, Detlef Schröder, Jesús Pitarch López, Marco Haryono, Frank W. Heinemann, Andreas Grohmann and Helmut Schwarz „Gas-Phase C–H and N–H Bond Activation by a High Valent Nitrido-Iron Dication and

NH -Transfer to Activated Olefins”

J. Am. Chem. Soc. 2008, 130, 4285–4294.

Full paper: Cai Shen, Marco Haryono, Andreas Grohmann, Manfred Buck, Tobias Weidner, Nirmalya Ballav and Michael Zharnikov „Self-Assembled Monolayers of a Bis(pyrazol-1-yl)pyridine-Substituted Thiol on Au(111)” Langmuir 2008, DOI: 10.1021/la8019974.

Eingereichte Publikationen in Fachzeitschriften:

Full paper: Marco Haryono, Frank W. Heinemann, Konstantin Petukhov, Klaus Gieb, Paul Müller and Andreas Grohmann „Parallel crystallization of a “static” and a spin crossover polymorph of an iron(ii) complex from the same solution” Eur. J. Inorg. Chem., eingereicht.

Vorträge und Posterpräsentationen:

Vortrag: Marco Haryono „Spin-schaltbare Eisen(II)-Komplexe für die Verankerung auf Oberflächen“ „3. Koordinationschemietreffen“, Technische Universität Berlin, Februar 2007.

Poster: Marco Haryono, Sophie Hain, Andreas Grohmann, Matthias Bernien, Wolfgang Kuch, Cai Shen, Manfred Buck, Konstantin Petukhov, Paul Müller „Iron(II) spincrossover complexes for self-assembled monolayers on gold surfaces“ „GDCh Wissenschaftsforum Chemie 2007“, Universität Ulm, September 2007.

6 Anhang 162

Poster: Marco Haryono, Sophie Hain, Matthias Bernien, Wolfgang Kuch, Manfred Buck and Andreas Grohmann „Iron(II) spincrossover complexes for self-assembled monolayers on gold surfaces“ „Sfb 658, International Workshop on Molecular Switching on Surfaces“, Zeuthen b. Berlin, September 2007.

Poster: Marco Haryono, Matthias Bernien, Wolfgang Kuch, Cai Shen, Manfred Buck, Michael Zharnikov, Konstantin Petukhov, Paul Müller and Andreas Grohmann „Iron(II) Spin Crossover Complexes for Self-Assembled Monolayers on Gold Surfaces“ „4th EuCheMS Conference on Nitrogen Ligands“, Garmisch-Partenkirchen, August 2008.

7 Literaturverzeichnis 163

7 Literaturverzeichnis

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