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Stark für Streit Konstruktive Konfliktbearbeitung, Streitkultur und Soziales Lernen an der Grundschule Lehrerfortbildung Grundschule Untermoi September 2011 Dr. Verena Bertignoll [email protected] 338/4558603

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Stark für Streit Konstruktive Konfliktbearbeitung, Streitkultur

und Soziales Lernen an der Grundschule

Lehrerfortbildung

Grundschule Untermoi

September 2011

Dr. Verena Bertignoll

[email protected] 338/4558603

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Konfliktmerkmale

Konflikte sind Störungen: sie unterbrechen, wenn auch nur vorübergehend, den Handlungsablauf und zwingen zu einer Neuorientierung.

Konflikte wirken belastend: Wer in einem Konflikt steht, fühlt sich unter Druck, angespannt.

Konflikte haben die Tendenz zu eskalieren: sie weiten sich aus, beziehen immer mehr Menschen und Themen ein, nehmen an Intensität zu.

Konflikte erzeugen einen Lösungsdruck: sie bleiben so lange wirksam und bedeutend, bis eine Bewältigung gelingt.

Konflikte sind die Chance zu einer notwendigen Veränderung.

Konfliktdefinition (Glasl, 2000)

Ein sozialer Konflikt ist eine Interaktion

zwischen Aktoren,

wobei wenigsten ein Aktor

Unvereinbarkeiten im Denken/Vorstellen/Wahrnehmen und/oder Fühlen und/oder Wollen

mit dem anderen Aktor in der Art erlebt,

dass im Realisieren eine Beeinträchtigung durch den anderen Aktor erfolgt.

Fünf seelische Faktoren in sozialen Konflikten

(Glasl 2002)

1.Verzerrung der Perzeption, des Denk- und Vorstellungslebens der Blick verengt sich selektive Aufmerksamkeit Verzerrung der Wahrnehmung Einengung unserer Raum- und Zeitperspektiven Ursache der Verstrickung ist immer die Gegenseite

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Ein Zusammenprall von Meinungen ist keine Katastrophe, sondern eine Gelegenheit!

A.N.Whitehead

2. Beeinträchtigung des Gefühlslebens erhöhte Empfindlichkeit ambivalente Gefühle Wunsch nach Monovalenz Abkapseln der Konfliktparteien gegeneinander Übersteigerte Selbstwahrnehmung Verlust der Empathiefähigkeit 3. Erstarrung des Willenslebens Fixierung auf „Jetzt erst recht“ Mangel an Flexibilität Das Wollen wird auf wenige Möglichkeiten eingeengt

Gleichsetzen von Mittel mit Zielen Regression

4. Veränderungen im äußeren Verhalten Verarmung im Verhalten Können nicht mehr Vielfalt unserer Verhaltensmöglichkeiten nutzen Stereotype und fixierte Verhaltensweisen 5. Einsicht in die Konsequenzen Konfliktparteien verlieren leicht den Blick für die Auswirkungen Sind stark mit dem eigenen Innenleben beschäftigt

Konfliktkultur (Jindra 2004)

Der Umgang mit Konflikten in einer Gruppe oder Gesellschaft orientiert sich wesentlich an der dort verankerten Konfliktkultur. Folgende Grundhaltungen lassen sich unterscheiden:

Konfliktunterdrückung Konfliktlösung Konfliktregelung

§ Leugnung des Konflikts

§ Behauptung einer har-

monischen Gesellschaft

§ Konflikt wird als Störfaktor

gesehen

§ Gemeinschaftsideologie

§ Anerkennung des Konflikts

§ Ziel einer harmonischen

Gesellschaft

§ Gut vs. Böse; Wahr vs.

Falsch

§ „Diktatur des Guten“

§ Anerkennung des Konflikts

§ Legitimation einer

konfliktbeladenen

Gesellschaft

§ Ständiges Regeln

erforderlich

§ Spielregeln im Vordergrund

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Die 9 Stufen der Konflikteskalation (Glasl 2002; Walker 2001)

1. Verhärtung oder: Mir geht der Typ schon lange auf die Nerven Es bilden sich unterschiedliche Meinungen und Einstellungen heraus.

Beispiele: Er starrt mich immer an Er redet immer über mich. Ich kann ihn einfach überhaupt nicht ausstehen.

2. Polarisierung, Debatte oder: Ich sollte mal mit ihm reden! Die egoistischen Standpunkte und die Reizbarkeit nehmen zu. Bei Gruppenkonflikten wird die Zugehörigkeit zur eigenen Partei stärker und die Loyalität zur anderen Partei schwächer.

Beispiele: Ich texte ihn zu, labere ihn voll! Ich lasse mir nichts von ihm gefallen!

Ich denke an seine schlechten Seiten und erzähle allen davon.

3. Taten statt Worte oder: Dem werde ich es zeigen! Es beginnen provozierende Aktionen, die die eigenen Ziele fördern und die des/der Gegners/Gegnerin blockieren sollen.

Beispiele: Ich zeige ihm, was ich drauf habe. Das wird er sich merken! Ich verpasse ihm einen Denkzettel.

4. Sorge um Image und Koalition oder: Ich suche mir Freunde und Verbündete! Die Sorge um die eigene Reputation und die Suche nach Unterstützung bei Außenstehenden tritt in den Vordergrund.

Beispiele: Ich alarmiere meine Kumpel und mache sie scharf! Die Unschlüssigen ziehe ich auf meine Seite. Ich bin doch völlig unschuldig, er hat angefangen!

5. Gesichtsverlust oder: Blamiere ihn! Es kommt zum Gesichtsverlust der Gegenpartei, indem sich die KontrahentInnen jegliche soziale Identität und Integrität absprechen. Vertrauen ist nicht mehr gegeben und es werden Schläge unter die Gürtellinie ausgeteilt.

Beispiele: Ich bringe ihn in peinliche Situationen. Ich mache ihn vor anderen schlecht. Ich denke mit uncoole Eigenarten aus (heulen, motzen…).

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6. Drohstrategien oder: Wenn ich dich erwische… Gewaltdenken, angekündigte Gewalthandlungen und Drohungen, die die Macht des/der Gegners/Gegnerin zu minimieren suchen, bestimmen den Konflikt. Die gegenseitigen Drohstrategien bewirken eine extreme Beschleunigung des Konfliktes. Intrigen und schlimmste Gerüchte werden unter den KontrahentInnen in Umlauf gebracht.

Beispiele: Ich lasse mir etwas Gemeines einfallen. Ich drohe mit allem, was mir einfällt.

7. Begrenzte Vernichtungsschläge oder: … mache ich dich fertig! Die GegnerInnen werden bewusst provoziert und gereizt. Es beginnen systematische Zerstörungsschläge, die die Möglichkeiten der GegnerInnen, sich zur Wehr zu setzen, einschränken und ihre Macht zu vermindern trachten.

Beispiele: Ich mache meine Drohungen wahr. Ich will ihn nur noch am Boden sehen.

8. Zersplitterung oder: Ich kann jetzt nicht mehr zurück. Neben der Zerstörung der materiellen Macht der GegnerInnen wird gezielt eine innere Spaltung der Gegenpartei angestrebt. Die Angriffe eskalieren in Vernichtungsschläge und das Bedürfnis nach Zerstörung der KontrahentInnen bei gleichzeitigem Selbstschutz bestimmt die Konflikteskalation.

Beispiele: Ich höre nicht mehr auf die anderen, niemand kann mich verstehen.

Es ist zu viel geschehen, um jetzt aufzuhören. Alles dreht sich nur noch um ihn und mich.

9. Gemeinsam in den Abgrund oder: Geschafft! Die Situation ist durch die totale Konfrontation der KontrahentInnen, auch wenn dies die Selbstvernichtung bedeutet, bestimmt.

Beispiel: Gemeinsam haben wir uns vernichtet. Es hat viel Mühe und Kraft gekostet, aber wir haben es geschafft. Ich weiß nicht mehr genau, worum es am Anfang eigentlich ging – egal. Ich habe nicht aufgegeben, schließlich war doch der andere schuld!

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Konstruktive Konfliktaustragung – Lösungsstrategien im Konflikt

„Nicht der Konflikt ist das Problem, sondern die Art und Weise, wie wir damit umgehen“

(Kurt Faller) Konflikt und Gewalt Nicht jeder Konflikt führt zur Gewalt, doch vielen Gewaltsituationen liegen Konflikte zugrunde. In der Regel nehmen wir einen Konflikt erst dann wirklich war, wenn dieser bereits eskaliert ist, wenn also aggressive Handlungen realisiert werden. Die Zuspitzung und das Abklingen der Konfliktsituation werden zumeist nicht berücksichtigt. Wenn aber ein Konflikt eskaliert und gewaltsam ausgetragen wird, so ist dies stets Ausdruck einer vorhergehenden problematischen Situation. In der Phase des offenen Konflikts wird die Gewalt eingesetzt um den anderen, also den Konfliktgegner, zu kontrollieren, ihm eigene Interessen aufzuzwängen. Gewalt äußert sich in Folge von Frustration, wird zur Rebellion eingesetzt und durch Imitation übernommen. Der Konflikt wird durch die Gewaltanwendung auf eine persönliche Ebene verschoben, der Konfliktgegenstand wird hierbei meist aus den Augen verloren. Wege und Strategien der Konfliktlösung Jeder von uns neigt in Konfliktsituationen auf der Grundlage unserer persönlichen Erfahrungen, der eigenen Persönlichkeit und aktueller Umweltbedingungen zu bestimmten Verhaltensmustern. Galtung (1996) unterscheidet neun verschiedene Strategien und Verhaltensmuster. Sie unterscheiden sich auf den Achsen Gewalt gegen andere – Gewalt gegen sich selbst Aktiv angehen – sich entziehen § Angreifen § Manipulieren § Lächerlich machen § Andere um Hilfe bitten § In Dialog treten § Vermeiden § Ertragen § Verharmlosen § Sich zurückziehen

Verhalten in Gewaltsituationen:

û in die Auseinandersetzung eingreifen, die Gewalt unterbrechen

û sich einen Überblick über die Lage verschaffen û Opferhilfe leisten û Signal an den Täter geben û Unterstützung holen û ZuschauerInnen wegschicken û die Konfliktparteien beruhigen û Konflikt aufarbeiten û Konsequenzen ziehen

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Einige von diesen Verhaltensmustern sind für eine konstruktive und gewaltfreie Lösung von Konflikten geeignet (in Dialog treten, Andere um Hilfe bitten, Vermeiden). Sie entsprechen dem „Win-Win-Prinzip“, das heißt sie führen zu Konfliktlösungen, bei denen beide Konfliktpartner unbeschadet bleiben und gewinnen. Die anderen Haltungen führen eher zu Lösungen, bei denen einer siegt und der andere verliert und beinhalten damit die Gefahr der Gewalteskalation. Pat Patfoort beschreibt wie es dazu kommt: Im Konflikt versuchen die Beteiligten zumeist ihre Interessen und Standpunkte durchzusetzen. Es geht darum, Recht zu behalten, den anderen zu überzeugen. Je nachdem, welche Macht die Streitenden haben und in welcher Situation sie sich befinden, entwickeln sich so verschiedene Gewaltmuster: a) Sind die Streitenden ebenbürtige Gegner, schaukelt sich der Konflikt immer weiter auf. b) Ist einer dem andern unterlegen, seinerseits aber machtvoller als andere, entwickelt sich eine Kette der Gewalt, in der diese immer weiter getragen wird (ein gutes Beispiel hierfür sind hierarchische Strukturen wie wir sie aus der Arbeitswelt oder der Schule kennen). c) Ist einer der Streitenden unterlegen, besteht außerdem die Gefahr, dass er die Gewalt auf sich nimmt und gegen sich selbst wendet. Um diesen Gewaltmustern zu entkommen, bedarf es kreativer Lösungen, die über herkömmliche Muster von Sieger und Gewinner hinausgehen.

Gewaltfreie Lösungen können darin bestehen, dass man den Konflikt vermeidet, dass man Kompromisse eingehet oder aber indem man neue, kreative Lösungen sucht, die es allen Beteiligten erlauben, ihre Bedürfnisse zu erfüllen.

A gewinnt

B gewinnt

Kompromiss

A und B verlieren

A und B gewinnen

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Wie aber gelangt man zu Lösungen bei denen beide gewinnen? Zunächst gilt es aus den herkömmlichen Denkmustern auszusteigen. Die Beteiligten kämpfen nicht länger darum Recht zu haben, sondern versuchen sich auf den anderen einzulassen und dessen Interessen, Bedürfnisse, Werte und Gefühle zu verstehen. Hierzu sind bestimmte soziale Kompetenzen notwendig: Aktives Zuhören und Empathie Für einen Augenblick gilt es den eigenen Standpunkt zu verlassen und den anderen verstehen zu wollen, die Situation mit seinen Augen zu betrachten. Gewaltfreie Kommunikation Jeder spricht über sich selbst (Ich-Botschaften) und bringt die eigenen Bedürfnisse und Gefühle zum Ausdruck. Kreativität Es gibt viele Lösungen für einen Konflikt. Es gilt Kreativität zu entwickeln um gemeinsam eine neue, für beide akzeptable und befriedigende Lösung zu finden.

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Das Eisbergmodell (nach Hagedorn 1994, Walker 2001)

Eisberge haben, das weiß man spätestens seit der Erfahrung mit der Titanic, die unangenehme Eigenschaft, dass man gerade mal 1/10 der ganzen Masse an der Oberfläche sehen kann. Der größte Teil, etwa 9/10 liegen verborgen unter den Wassermassen. Wenn man sich dessen nicht bewusst ist, läuft man Gefahr aufzulaufen und zu kentern.

Dieses Bild des Eisbergs ist gut übertragbar auf zwischenmenschliche Prozesse im Konflikt zwischen zwei Personen. Der sichtbare Teil des Eisberges steht für die sichtbaren und beobachtbaren Teile der Kommunikation: das Verhalten, Mimik, Gestik, die Körperhaltung und was in einer bestimmten Tonlage gesprochen wird. Unter der Wasseroberfläche verborgen liegen die Gefühle, Interessen, Wünsche und Bedürfnisse der Streitenden. In einem Konflikt sind es zumeist diese verborgenen, unausgesprochenen Wünsche, Gefühle und

Befürchtungen, die zu Missverständnissen und zum Streit führen. Welche Beweggründe jemand hat und worum es ihm eigentlich bei dem Streit geht, ist oberhalb der „Wasseroberfläche“ nur schwer auszuloten – meist muss man dafür auf „Tauchgang“ gehen!

Dazu bedarf es der richtigen Ausrüstung:

Verständnisvolles Zuhören den Gesprächspartner verstehen wollen ihn nicht bewerten echtes Interesse an seinen Gedanken und Gefühlen zeigen

Paraphrasieren

genau hinhören und akzeptierend wahrnehmen ausreden lassen und seine Aussage mit eigenen Worten zusammenfassen sinngemäß seine Aussage im Frageton wiederholen

Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte (Spiegeln)

Wertschätzung zum Ausdruck bringen Sich einfühlen Gefühle im Frageton, kurz und in der Gegenwartsform ansprechen

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Spinnwebenanalyse des Konflikts Die Spinnwebenanalyse hilft beim Abtauchen ins Eismeer: es gilt zunächst die Situation zu erfassen (Ort, Beteiligte, vollzogene Handlungen), um dann Interessen zu erfragen um schließlich die dahinter liegenden Bedürfnisse und Gefühle zu erfassen.

Wo hat der Konflikt stattgefunden?

Wer war beteiligt? Wer war beteiligt?

Was haben diese gemacht? Was haben diese gemacht?

Welche Interessen und Bedürfnisse hatten sie? Welche Interessen und Bedürfnisse hatten sie?

Welche Gefühle kann die Situation in den Personen geweckt haben?

Welche Gefühle kann die Situation in den Personen geweckt haben?

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Systemische Mediation an der Schule

„Nicht der Konflikt ist das Problem,

sondern die Art und Weise, wie wir damit umgehen“ (Kurt Faller)

Mit dieser Formel hat der Autor versucht, die Sichtweise der systemischen Mediation in die Debatte um Gewaltprävention und Umgang mit Konflikten in der pädagogischen Arbeit einzubringen. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, den Konflikt vom Anfang – von der Entstehung – nicht immer nur vom Ende – von den Folgen her – zu betrachten. Die Aufmerksamkeit richtet sich somit vermehrt auch auf alltägliche Konflikte und Streitereien, die ernsthaften Streitereien und Gewalttaten sowie diesen folgenden Sanktionen vorhergehen. Um eine konstruktive Konfliktkultur dauerhaft und nachhaltig an Schulen zu verankern, ist es notwendig, von der Entstehung des Konflikts her zu denken und Konflikte mit anderen Augen zu betrachten. Der Focus liegt auf dem „positiven Konfliktbegriff“, der verdeutlicht, dass etwas im System nicht stimmt und verändert werden muss. Je früher Schulen sich mit Konflikten befassen, umso größer ist die Chance, diese ohne größere Schäden und Verletzungen zu lösen und sie auch als wichtiges Lernfeld in der sozialen Erziehung der Schüler zu nutzen. Der systemische Ansatz der Mediation in der pädagogischen Arbeit versteht Schule als System. Dieses umfasst als solches drei Ebenen:

1. Konfliktfähigkeit der Personen 2. Konfliktfestigkeit der Klassen 3. Konfliktkultur der Schule

Die Ebene der Konfliktfähigkeit der Personen bezieht sich auf alle Personen an der Schule: Schüler, Lehrkräfte usw. Ein gemeinsames soziales Lernen wird angestrebt: „Sie (Lehrer und Schüler) sind gemeinsam für einen Prozess verantwortlich, in dem alle wachsen“ (Freire, 1972) Auf der Ebene der Konfliktfestigkeit der Klassen sind folgende Fragen zu klären: Wie wird ein Konflikt angemeldet? Wie wird ein Konflikt bearbeitet? Wie wird mit den Ergebnissen einer Konfliktbearbeitung umgegangen? Auf der Ebene der Konfliktkultur geht es darum, wie in einer Schule gemeinsam verabredete Formen gefunden werden können, wie mit Konflikten in der Schule umgegangen wird. Dies umfasst als ersten Schritt die Untersuchung der real vorhandenen Konflikte und die Überprüfung der Formen, in denen diese Konflikte bearbeitet werden. Eine gemeinsame Überprüfung bietet die Chance, die einzelnen Bearbeitungsformen daraufhin zu untersuchen, welche Teile sich bewährt haben und welche verändert werden sollten. Im Rahmen einer solchen Analyse sind folgende Fragen zu klären: Die Frage nach der Intervention: n Welche Konflikte gibt es? n Wie hoch sind die Kosten für diese Konflikte? n Wie werden die Konflikte gelöst? n Warum werden diese Verfahren gewählt? n Welche anderen Möglichkeiten sind denkbar?

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Die Frage nach der Prävention: n Wie verlaufen soziale Prozesse (Klassengemeinschaft, Gruppenphasen)? n Gibt es Probleme die immer wieder auftauchen? n Wie wird mit diesen umgegangen? n Welche begleitenden Programme gibt es?

Die Frage nach den Kompetenzen: n Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten zum konstruktiven Umgang mit Konflikten haben

die Schüler? n Welche Lernziele sind im Rahmen des normalen Unterrichts zu erreichen? n Welche sozialen Lernziele können in speziellen Einheiten vermittelt werden?

Aus: Elmar Philipp, Helmolt Rademacher: „Konfliktmanagement im Kollegium“

Förderung sozialer Kompetenzen und Prävention: Um das Entstehen und die Festigung aggressiven Verhaltens zu unterbinden und damit Gewalt vorzubeugen, ist es notwendig möglichst frühzeitig Einfluss auf die Ursachen und Risikofaktoren zu nehmen. Im Wesentlichen sind es folgende Schutzfaktoren auf die Einfluss genommen werden muss (Scheithauer & Petermann 2000): § Selbstwertgefühl § Selbst- und Fremdwahrnehmung § Selbststeuerung § Soziale Kompetenzen § Bewältigungsstrategien und

Handlungskompetenzen § Soziale Unterstützung § Positive Freundschaftsbeziehungen § Positive Schulerfahrungen

Prävention ist nur dann wirkungsvoll, wenn sie mit ganzheitlichen Methoden arbeitet und die Person auf allen Ebenen des Fühlens, Denkens und Handelns sowie mit allen Sinnen anspricht. Grundlegend ist zudem die Umsetzung einer pädagogischen Haltung im Umgang mit den Kindern und Jugendlichen, die durch folgende Prinzipien gekennzeichnet ist (Fröhlich-Gildhoff 2006): 1. Wertschätzung und Konfrontation Wertschätzung für die Person und klare Konfrontation mit dem aggressivem Verhalten; dieses darf nicht gebilligt werden und muss konsequent und deutlich abgelehnt werden.

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2. Beziehung Ein Beziehungsangebot und damit ein sichernder, stabiler emotionaler Bezugspunkt im Leben des Kindes oder Jugendlichen ist Grundlage für eine Verhaltensänderung und Schutzfaktor zugleich. 3. Selbstverantwortung Der Tendenz andere für die Auslösung eigenen Verhaltens verantwortlich zu machen muss entgegengewirkt werden. In einer respektvollen Beziehung muss die Konfrontation und Auseinandersetzung mit der realitätsverzerrenden Selbst- und Fremdwahrnehmung gesucht werden. 4. Korrektive Erfahrungen Die Kinder und Jugendlichen müssen in einer sichernden Beziehung und in einem klaren Setting mit deutlichen Grenzen neue Erfahrungen machen. Die konstruktive Bestätigung des Selbstwerts, positive Selbstwirksamkeitserfahrungen und das Entdecken konstruktiver Ressourcen und Möglichkeiten stehen im Vordergrund. 5. Langer Atem Kurzfristige Erfolge sind nicht möglich, daher bedarf es eigener Ressourcen und Unterstützungssysteme bei den Pädagogen und Helfern. Was kann Schule tun? a) Schaffung klarer sozialer Situationen:

• klare Regeln und Grenzen sowie unmittelbare und konsequente Durchsetzung derselben Begleitung in neuen, fremden Situationen

• Unterstützung bei der Wahrnehmung und Interpretation sozialer Situationen b) Entwickeln einer unterstützenden pädagogischen Haltung û Wertschätzung der Person und Konfrontation mit destruktivem Verhalten û Stabiles Beziehungsangebot û Förderung von Selbstverantwortung û Ermöglichen korrektiver Erfahrungen (positive Selbstwirksamkeitserfahrungen,

Entdecken konstruktiver Ressourcen) û Langer Atem

c) Minderung von Überforderungs- und Frustrationsmomenten û Würdigung individueller Lernfortschritte û Fehler als nützliche Helfer im Lernprozess û Achtungsvoller Umgang mit schlechten Noten û Begleitung und Unterstützung in der Bewältigung von Enttäuschungen

d) Schaffung eines konstruktiven sozialen Klimas û soziales Lernen für die gesamte Schule/Klasse û Vermittlung von Strategien und Aufbau von Unterstützungsystemen im Umgang mit

Konflikten (Streitschlichter) û „Mitspielen verbieten verboten“

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Stärkung und Förderung

sozialer und emotionaler Kompetenzen

(nach Schick und Cierpka, 2003)

Forschungsergebnisse der letzten Jahre legen den Schluss nahe, dass es entgegen Medienberichten, keine generelle Zunahme von Gewalt an Schulen gibt, sondern dass sich vielmehr die Qualität und Schärfe der Gewalttätigkeit von einzelnen erhöht und damit das Klima an Schulen verändert hat. Für die Entstehung von Gewalt und Aggression stehen uns verschiedene Modelle zur Verfügung, die je unterschiedliche Risikofaktoren aufzeigen. Insgesamt können wir von einem multikausalen Bedingungsgefüge ausgehen, also von einem Zusammenspiel verschiedenster gesellschaftlicher, interpersoneller und intrapersoneller Faktoren. Diese Entwicklung macht die Notwendigkeit langfristiger Präventionskonzepte deutlich. Obwohl die Schule nicht der einzige Ort sein kann und darf, von dem Veränderungen ausgehen, bestimmt sie doch über einen längeren und entwicklungspsychologisch entscheidenden Zeitraum das Leben von Kindern und Jugendlichen und hat dadurch einen starken Einfluss auf deren Entwicklung. Schulen werden daher eine zentrale Instanz für die Umsetzung gewaltpräventiver Maßnahmen. Über die Schule können sehr viele Kinder über einen langfristigen Zeitraum erreicht werden, ohne Stigmatisierungsprozesse zu verursachen. Zudem ermöglichen sie ein direktes und permanentes Umsetzen des Gelernten auf konkrete soziale Situationen. Forschungsbefunde und entwicklungspsychologische Theorien zu den Defiziten aggressiver Kinder zeigen insbesondere einen Mangel in grundlegenden emotionalen und sozialen Kompetenzen auf. Dementsprechend müssen Präventionskonzepte an diesen Kompetenzbereichen ansetzen: Stärkung des Selbstwertgefühls Selbstbestätigung und Identitätsentwicklung

• Eigene Stärken kennen lernen • Stärke gewinnen und Stärke zeigen • Gemeinsamkeiten und Unterschiede erleben

Stärkung der Empathiefähigkeit

• Gefühle wahrnehmen, verstehen und ausdrücken • Sich selbst und andere besser verstehen • Perspektivenwechsel erleben

Stärkung der Impulskontrolle und des Umgangs mit Ärger und Wut Stärkung der sozialen Wahrnehmung und Aufbau von Verhaltenskompetenzen

• Auslöser für Wut und Aggression erkennen • Wut und Aggression beherrschen und abbauen • Nicht-aggressive Beziehungen aufnehmen

Stärkung der Kommunikationskompetenzen

• Beobachten und Wahrnehmen • Sich verbal und nonverbal ausdrücken • Zuhören und sich kompetent mitteilen

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Stärkung der Kooperationsfähigkeit

• Vertrauensbildung und Stärkung des Gemeinschaftserlebens • Entscheidungsfindung in der Gruppe • Kooperationsspiele

Anleitung zur gewaltfreien Konfliktaustragung

• Konflikte verstehen • Konflikte friedlich lösen • Streitregeln entwickeln und verinnerlichen

Mediation – die Technik Die Mediation dient der selbstbestimmten und einvernehmlichen Regelung von Konflikten zwischen Personen, Gruppen und/oder Institutionen mithilfe von neutralen Vermittlern. Grundlage dieses Prozesses sind die persönlichen Anliegen, Bedürfnisse und Interessen der Beteiligten. Mediation ist…

- die Vermittlung in Konfliktfällen durch allparteiliche

Dritte - ein freiwilliger, eigenverantwortlicher, zukunfts- und

lösungsorientierter Prozess - die Schaffung einer neuen Gesprächsbasis - Klärung der Positionen, Interessen und Gefühle aller

Beteiligten - Die gemeinsame Suche nach selbst bestimmten

Lösungen Mediation zielt darauf ab, dass n die Konfliktparteien ihre unterschiedlichen Anliegen,

Bedürfnisse und Interessen besser verstehen, n für alle Beteiligten konkrete, selbstbestimmte Lösungen

erreicht werden und, n die Zusammenarbeit und Kompetenz der Partner zur

Lösung künftiger Probleme gestärkt wird. Grundannahmen der Mediation n Konflikte sind normal, aber ein ungelöster Konflikt ist gefährlich. n Häufig resultiert ein Konflikt eher daraus, dass die Parteien nicht wissen, wie sie ein

Problem lösen können, als dass sie es nicht lösen wollten. n Die an einem Streit Beteiligten können grundsätzlich bessere Entscheidungen über ihr

Leben treffen als eine Autorität von außen.

„Mediation kann nur langfristig effektiv sein, wenn sie eingebunden ist in einer Gesamtstrategie zur Schaffung einer konstruktiven Konfliktkultur an der Schule… Es geht nicht darum, Konflikte im Schulalltag zu unterdrücken, sondern vielmehr darum, sich mit der bestehenden Konfliktkultur auseinanderzusetzen und – gemeinsam mit allen am Schulleben Beteiligten eine konstruktive Konfliktkultur zu schaffen, welche folgende Aspekte umfassen sollte: Prävention, Intervention und Konfliktbewältigung, z.B. durch Mediation“

( Jamie Walker, 2001)

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n Die Beteiligten einer Übereinkunft halten sich eher an Bestimmungen, wenn sie selbst für das Ergebnis und für den Prozess der Lösungsfindung verantwortlich sind.

n Die erlernten Verhandlungsfähigkeiten sind nützlich um zukünftige Konflikte zu lösen.

Die fünf Phasen des Mediationsgesprächs 1. Das Gespräch einleiten Die Streitparteien begrüßen und sich vorstellen Die eigene Rolle erläutern: Vertraulichkeit und Neutralität zu sicher; Hilfe bei der Suche nach Lösungen … Ablauf des Gesprächs erläutern Gesprächsregeln erklären Einverständnis einholen 2. Sichtweisen nacheinander klären: wie sieht die Sache aus der Sicht der jeweiligen Konfliktpartner aus? Wer fängt an? Sichtweisen nacheinander erklären lassen Wiederholen, zusammenfassen, nachfragen Auf Einhaltung der Gesprächsregeln achten Gemeinsamkeiten und Unterschiede hervorheben 3. Konflikterhellung: Die persönliche Bedeutung des Konflikts verstehen Ich-Botschaften fördern Auf Gefühle, Bedürfnisse und Interessen konzentrieren Augenblickliche Stimmung ausdrücken Kommunikation zwischen den Beteiligten fördern 4. Gemeinsam nach Lösungen suchen: Wer bietet was an? Lösungsmöglichkeiten sammeln und aufschreiben Vorschläge vorlesen Lösungs-Check: Ist der Lösungsvorschlag realistisch, fair, angemessen, genau genug? 5. Einigung und Abschluss Sich auf eine gemeinsame Lösung verständigen Einigung schriftlich festhalten Vereinbarung unterschreiben lassen und jedem eine Kopie aushändigen Ein weiteres Treffen in ein bis zwei Wochen vereinbaren Für die Mitarbeit bedanken und verabschieden

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Die Friedenstreppe Das Konzept der Friedenstreppe stammt aus dem Training „Komm, wir finden eine Lösung!“ zur Gewaltprävention mit Grundschulkindern von Brigitte Zwenger-Banlink, das in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderschutzbund entwickelt worden ist. Es zielt darauf ab, Kindern zu lernen, mit Konflikten positiv und konstruktiv umzugehen.

Der Ansatz der dem Training zugrunde liegt beruht auf den theoretischen Konzepten der Lösungsorienierten Therapie von De Shazer (1985) und richtet den Blick weg vom Problem, hin zur Lösung. Durch die Fokussierung auf Ressourcen und Stärken können Lösungen und Veränderungen leichter erreicht werden.

Die Friedenstreppe wurde aus dem Konzept der „Friedensbrücke“ von Johnson und Johnson (1991) weiterentwickelt und für den Einsatz an Grundschulen adaptiert. Die Friedenstreppe hilft den Kindern im Streitfall zu einer sicheren und überschaubaren Lösung ihrer Probleme. Klare Strukturen und ritualisierte Abläufe helfen den Kindern gerade in Krisen- oder Streitsituationen, diesen Weg auch selbstständig zu gehen.

Zwei oder mehrere Kinder, die in einem Streit verwickelt sind, betreten die Treppe und nähern sich auf den Stufen Schritt für Schritt. Auf jeder Stufe gilt es einen wichtigen Schritt im Konfliktbearbeitungsprozess zu durchlaufen. Diese Schritte entsprechen in vereinfachter Form den Phasen des Mediationsgesprächs.

Auf der ersten Stufe schildern die Kinder zunächst nacheinander das Streitgeschehen aus ihrer Sicht. Dabei werden die eigenen Gefühle und Wünsche benannt. Auf der nächsten Stufe wird die Geschichte des anderen wiederholt, bevor auf der dritten Stufe besprochen wird, welche faire Lösung gefunden werden kann. Ist ein Weg gefunden, den beide als Gewinner gehen können, treffen sich die Kinder an der Spitze der Treppe und können in einem Ritual Frieden schließen.

Das Ritual der Streitschlichtung hat für die Kinder wichtige Funktionen:

û Die Streitenden beruhigen sich relativ schnell û Durch das Erzählen der eigenen Streitgeschichte fühlen sich die Kinder ernst

genommen.

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û Mit etwas Übung gelingt es den Kindern, selbst die Kontrolle über den Streitablauf zu bekommen.

û Die Kinder gelangen selbstständig zu einer Lösung mit zwei Gewinnern.

Grundlage für die Friedenstreppe sind Gesprächsregeln, die für eine erfolgreiche Streitschlichtung von großer Bedeutung sind: Freundlich miteinander sprechen – keine Beleidigungen und gut zuhören!

Sechs Regeln zur Intervention und Deeskalation in Gewaltsituationen

Ortrud Hagedorn, Von Fall zu Fall, BIL, Berlin, 2000

I Aufmerksam wahrnehmen Gewalt geht uns alle an. Deshalb genau hinsehen,wenn Jungen sich prügeln oder Jungen Mädchen belästigen. Ist das Spaß für alle Beteiligten oder Ernst ? Nicht wegsehen, sondern sich einmischen. Stellung beziehen: "Hier tut keiner dem andern weh! "oder " Übergriffe gegen die Menschenwürde sind nicht zulässig."

II Abbrechen – Norm setzen

Als Garant für Mindestnormen ohne "pädagogisch verständnisvolle" Fassade präsent sein. Statt lauer Du-Botschaft wie:" Das find ich aber gar nicht gut" den Vorfall eindeutig, personen-neutral abbrechen und Norm setzen. Etwa: " Schluss damit! Hier wird nicht geprügelt" " Auseinander! Das ist hier verboten!" "Jetzt reichts aber! Hier wird fair gestritten!" " Aufhören! Alle beide! Das läuft hier anders!"

III Trennung der Kontrahenten

Den Blick- und Hörkontakt der Streiter unterbrechen. Beide räumlich trennen, um erneute Gewalthandlungen zu verhindern. Notfalls Streiter mit dem Rücken zueinander ausrichten. Emotionale Abkühlung einräumen (Auch bei der Eröffnung der Mediation oder ähnlich klärenden Verhandlungen vorerst keinen Blickkontakt der Streiter zulassen).

IV Einfluss behalten

Streiter nicht aus der Interventions- Maßnahme lassen , bis die Situation deeskaliert ist. Ruhe, äußere Ordnung, Körperbesinnung (Rückzug, Sachen richten, und versorgen, auf Atem und Herzklopfen achten) gewähren. Keine Bagatellisierung akzeptieren wie: "War doch nicht so schlimm" oder "Ist doch nichts passiert" sondern:

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" Hier geblieben! Erst wird der Streit geklärt, dann könnt ihr gehen." " Gewalt macht Feinde! Das muss erst wieder in Ordnung gebracht werden."

V Grenzsetzung gemeinsam durchsetzen

Keine Angriffe und Drohungen gegen Intervenierende zulassen. Schulterschluss der Pädagogen deutlich machen: "Grobheiten dulden wir hier alle nicht!"

VI In die Verantwortung nehmen

Sache- Folge- Verantwortung nennen "Das war hier kein Spaß. Dazu müsst ihr euch verantworten." "Eine schlimme Sache mit Schmerzen, Schock und Tränen. Zu diesem Vorfall musst du stehen." "Der Tatbestand war Raub (Körperverletzung, sexueller Übergriff). Das hat Folgen! " Eine Ankündigung ist keine leere Drohung. Sie muss auch umgesetzt werden! Die Streiter sollen sich in Gegenüberstellung mit dem Streitgegner verantworten und den Schaden wieder gut machen. Diese Gegenüberstellung erfolgt mit Hilfe von Lehrer-Mediatoren, Konfliktlotsen, Mitarbeitern der Schulstationen, vor dem Klassenrat oder in der Konfrontationskonferenz.

Literatur

Abedi, Isabel & Neundorf Silvio: Blöde Ziege. Dumme Gans. Eine Geschcihte von Streit und Versöhnung. München: arsEdition, 2002

Aliki: Gefühle sind wie Farben. Weinheim, Basel: Beltz Verlag, 1987

Bansch, Helga: Ein schräger Vogel. Weinheim, Basel: Beltz & Gelberg Verlag, 2007

Bildungsteam Berlin-Brandenburg e.V.: Alltagskonflikte durchspielen. Rollenspiele für den Mediationsprozess. Mühlheim: Verlag an der Ruhr, 2001

Blazejovsky, Maria: Das Königsspiel. Wien: Verlag Jungbrunnen, 1998

Braun Gisela & Wolters Dorothee: Das große und das kleine Nein. Mühlheim: Verlag an der Ruhr, 1991

Brenner, Tilo: Cool bleiben statt zuschlagen! Bausteine zur Gewaltprävention. Horneburg, 2002

Chibici-Revneanu Eva-Maria: Vom starken Ich zum neuen Du. Persönlichkeitsbildung in der Grundschule. Linz: Veritas Verlag, 2002

Dulabaum, Nina L.: Mediation: Das ABC. Die Kunst, in Konflikten erfolgreich zu vermitteln. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz Verlag , 4. neu gest. Aufl., 2003

Faller, K.; Kerntke, W. & Wackmann M.: Konflikte selber lösen. Mediation für Schule und Jugendarbeit. Mühlheim: Verlag an der Ruhr, 1996

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Stark für Streit Lehrer/innenfortbildung GS Untermoi September 2011 Seite 20

© Dr. Verena Bertignoll [email protected] Tel: 338/4558603

Faller, Kurt & Faller, Sabine: Kinder können Konflikte klären. Mediation und soziale Frühförderung im Kindergarten – ein Trainingsbuch. Münster: Ökotopia Verlag, 2002

Faller, Kurt: Mediation in der Pädagogischen Arbeit. Ein Handbuch für Kindergarten, Schule und Jugendarbeit. Mühlheim: Verlag an der Ruhr, 1998

Franz Christa & Franz Peter: Gut miteinander umgehen. Soziales Lernen in der Grundschule. Neuried: Care-line Verlag, 2004

Fröhlich-Gildhoff Klaus: Gewalt begegnen. Konzepte und Projekte zur Prävention und Intervention. Stuttgart: Kolhammer Verlag, 2006

Fuchs, Birgit: Spiele fürs Gruppenklima. München: Don Bosco Verlag, 1998

Geisler, Dagmar & Frey, Jana: Streiten gehört dazu, auch wenn man sich lieb hat. Ravensburger Buchverlag, 1996

Gordon, Thomas: Lehrer-Schüler-Konferenz. Wie man Konflikte in der Schule löst. München: Heyne Verlag, 2004

Götzinger, Marina & Kirsch, Dieter: Grundschulkinder werden Streitschlichter. Ein Ausbildungsprogramm mit vielen Kopiervorlagen. Mühlheim: Verlag an der Ruhr, 2004

Hagedorn, Ortrud: Konfliktlotsen. Lehrer und Schüler lernen die Vermittlung im Konflikt. Stuttgart, 1995

Hämmerle, Susa & Neundorf, Silvio: Tiergeschichten vom Streiten und Versöhnen. Wien/München: Anette Betz Verlag, 2007

Hanke, Ottmar: Konfliktlotse in 30 Stunden. München: Ernst Reinhardt Verlag, 2007

Holler, Ingrid: Trainingsbuch Gewaltfreie Kommunikation. Abwechslungsreiche Übungen für Selbststudium, Seminare & Übungsgruppen. Paderborn: Junfermann Verlag, 2003

Jeffers Karin & Noak Ute: Streiten. Vermitteln. Lösen. Das Schüler-Streit-Schlichter-Programm. Lichtenau: AOL-Verlag, 2001

Jüngling, Christine & Szesny, Susanne: Der Freundschaftsstein. Wuppertal: Albarello Verlag, 2006

Kreul, Holde: Ich und meine Gefühle. Emotionale Entwicklung für Kinder ab 5. Bindlach: Loewe Verlag, 2004

Lichtenegger Barbara: Ge(h)fühle! Arbeitsmaterialien für Schule, Hort und Jugendgruppen. Linz: Veritas Verlag, 1997

Lins, Bernhard & Leberer, Sven: Lass uns wieder Freunde sein. Wien/München: Anette Betz Verlag, 2006

McKee, David: Du hast angefangen! Nein, du! Aarau, Frankfurt, Salzburg: Verlag Sauerländer, 1996

Nöstlinger, Christine: Anna und die Wut. Wien: Dachs Verlag: 1995

Petermann Ulrike: Die Kapitän-Nemo-Geschichten. Geschichten gegen Stress und Angst. Freiburg: Herder Verlag, 2001

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Stark für Streit Lehrer/innenfortbildung GS Untermoi September 2011 Seite 21

© Dr. Verena Bertignoll [email protected] Tel: 338/4558603

Portmann, Marie: Spiele zum Umgang mit Aggressionen. München: Don Bosco Verlag, 2004

Portmann, Marie: Spiele, die stark machen.. München: Don Bosco Verlag, 2006

Rosenberg, Marschall B.: Gewaltfreie Kommunikation. Aufrichtig und einfühlsam miteinander sprechen. Neue Wege in der Mediation und im Umgang mit Konflikten. Paderborn: Junfermann Verlag, 2001

Schilling, Dianne: Soziales Lernen in der Grundschule. 50 Übungen, Aktivitäten und Spiele. Mühlheim: Verlag an der Ruhr, 1996

Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden 1. Störungen und Klärungen. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuchverlag, 1981

Schwarz Britta & Tophoven Manfred: Das kleine Wutmonster. Annette Betz Verlag, 2004

Schwarzhans, Hauck & Redlich: Streit-Training. Faires Streiten lernen in der Grundschule. Weinheim, Basel: Beltz Verlag, 2001

Snunit Michal & Na’ama Golomb: Der Seelenvogel. Hamburg: Carlsen Verlag, 1991

Spathelf, Bärbel & Szesny, Susanne: Die kleinen Streithammel oder wie man Streit vermeiden kann. Albarello Verlag, 2005

Stamer-Brandt, Petra: Wut-Weg-Spiele. Freiburg: Christophorus Verlag, 2003

Thoman, Christoph: Klärungshilfe 2: Konflikte im Beruf: Methoden und Modelle klärender Gespräche. Reinbeck, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2004

Töpelmann R; Jennewein E. & Schiwy M.: Gefühle zeigen Gewalt vermeiden. Unterrichtsmaterialien für die Grundschule: Soziales Lernen und konstruktive Konfliktbearbeitung. Auer Verlag, 2007

Vopel, Klaus W.: Interaktionsspiele für Kinder. Affektives Lernen für 8- bis 12jährige. Teil 1 bis 4. Salzhausen: Iskopress, 1994

Walker, Jamie (Hrsg.): Mediation in der Schule. Konflikte lösen in der Sekundarstufe I. Berlin: Cornelsen Scriptor, 2001

Walker, Jamie: Gewaltfreier Umgang mit Konflikten in der Sekundarstufe I. Spiele und Übungen. Frankfurt am Main: Cornelsen Skriptor, 1995

Zwenger-Balink, Brigitte: Komm wir finden eine Lösung! Training zur Gewaltprävention mit Grundschulkindern. München/Basel: Reinhardt-Verlag, 2004

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