Stoerfaelle in Serie

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Dr. Christian Jochum, Hoechst Aktiengesellschaft, Sicherheitsiiberwachung

StorfaIle in Serie?Seit dem Storfall vom 22. Februar 1993 im Werk Griesheim der Hoechst AG, bei dem ein benachbartes Wohngebiet mit o-Nitroanisol verunreinigt wurde, reiBt die Serie der Storfallmeldungen aus der Chemie anscheinend iiicht ab. Dies beunruhigt nicht nur den Biirger. Auch Fachleute beschlichen Zweifel uber das Sicherheitsniveau in der chemischen Industrie. Eine genaue Analyse war daher notwendig. Die Ergebnisse liegen auf dem Tisch. Die Ursachen der schweren Unfalle und der vielen kleineren Storungen sind luckenlos aufgeklart und vollig unterschiedlich. Eine groBe Zahl von Anlagen wurde inzwischen grundlich uberpriift. In kaum einem Fall wurde akuter Handlungsbedarf festge3tellt. Die Lehre aus den Storfallen, insbesondere das Berucksichtigen ganz ungewohnlicher Fehlerkombinationen, hat inzwischen zu einer Reihe von VerbesserungsmaBnahmzn gefuhrt. Die Sicherheitsorganisation der Woechst AG wurde grundlichst durchleiichtet und bekam ausgesprochen gute Noter . Deli Fachmann mag dies befriedigen. Er wciB auch, daB Betriebsstorungen niemals ausgexhlossen werden konnen und auch Stiirfiille sich nach wie vor ereignen werden. Den Burger vermag dies jedoch nicht zu btruhigen. Er registriert seit einem Jahr dc utlich mehr Storfallmeldungen als fruher. H ier ist eine Eigendynamik festzustellen, die versclriedene Ursachen hat. Zum einen meldc t irisbesondere Hoechst inzwischen auch kl-inste Zwischenfalle: weit unterhalb der gesetzlichen Meldepflichten, den zustandigen BchBTden. Langfristig ist dies sicherlich der richtige Weg, Vertrauen zuriickzugewinnen. Zur Zeit jedoch ist praktisch jede dieser Storungen eine bundesweite Storfallmeldung in den Medien wert. Haben wir es hier mit einem typisch hessischen Effekt zu tun und konnen im Rest der Republik zur Tagesordnung ubergehen? Nichts ware falscher als das. In der kritischen Bewertung wichtiger Technologien ist ,,Hesen vorn", die Auswirkungen werden jedoch auch in anderen Bundeslandern spurbar werden. Was ist zu tun? Zum einen mussen Betriebsstorungen und Storfalle so weit wie moglich vermieden werden. Sollten sie dennoch auftreten, muB man ihre Folgen kompetent beherrschen. Dabei sollte niemand den Eindruck erwecken, einen storfall- oder gar storungsfreien Betrieb garantieren zu konnen. SchlieBlich mussen wir versuchen, einen BewertungsmaBstab fur Betriebsstorungen zu finden. Hier stehen entsprechende Gesprache zwischen dem hessischen Umweltministerium, den am Krisengeschehen beteiligten Behorden sowie der Industrie kurz vor dem AbschluB. Der berechtigte Wunsch von Bevolkerung und Behorden, uber Storungen in Chemieanlagen rasch und offen informiert zu werden, wird zur Akzeptanzkrise werden, wenn nicht zwischen den vielen Bagatellen und den wenigen ernsten Unfallen unterschieden wird. Gerade in der jetzigen wirtschaftlichen Situation wird sich niemand eine solche Krise wunschen. Industrie, Behorden, Medien, aber auch Politiker und Umweltorganisationen sind gleichermaBen gefordert, hier eine Losung zu finden.

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Aktuelles559 562 564 568 572 580 600 606 608 613Editorial Interview Aktuelles in Kiirze Firmenreportage Trends auf der ACHEMA 94 Tagungsbenchte Aus den Gesellschaften Personalien Tagungen Chemiewirtschaft

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Betriebstechnik MeB- und Regeltechnik Buchbesprechungen Firmenverzeichnis zum Anzeigenteil Demnachst erscheinende Beitrage Bestellkarten fur Abonnements und fur den Leser-Service

Grund zur Freude: Der Steamcracker der BASF in Antwerpen lauft. Dr. Jiirgen Strube, Vorstandsvorsitzender der BASF AG, (rechts) im Cesprach mit Luc van den Brande, dem Ministerprasidenten von Flandern (Foto: pf): Seite 613

Ubersichtsbeitrage637 Vierzig Jahre European Federation of Chemical Engineering - Europaische Foderatiou fur Chemie-Ingenieur-Wesen K. R. Westerterp Seit mehr als 40 Jahren gibt es die Europaische Foderation fur das Chemie-Ingenieur-Wesen. Der Autor erlautert die Griinde, die zu ihrer Entstehung fuhrten, ihre Entwicklung uber die Jahrzehnte, ihre Organisationsform und ihre Ziele fur die Zukunft

KurzrnitteiIungen671 Aufarbeitung von gebrauchten Kuhlerinhalten (Ethylenglykol) mit einem Membran-Hybridverfahren W Jehle, T Staneff, J. Steinwandel, B. Wagner 674 Minderung von Quecksilber-Emissionen durch Sorption an metallbeschichteten Sorbenzien W Weisweiler, A . Keller 678 Thermodynamische und kinetische Parameter bei der elektrolytischen Schwermetall-Dekontaminationvon Schlammen und Wassern K. Lucas, 7: Kockel, A . v. Huet 683 Wasserfreies Farben von Synthesefasern in komprimiertem Kohlendioxid D. Knittel, W Saus, E. Schollmeyer 686 Elektrodialyse mit bipolaren Membranen - Ruckgewinnung von Saure und Base aus salzhaltigen Abwassern D. Engel, 7: Lehmann, G. Weiflland, J. Piccari 689 Katalysator-Riickgewinnung bei der Herstellung von Hexadiindiol S. Sridhar 692 Verfahrensoptimierung der Hochdruckextraktion zur Bodensanierung D. Kunert, C. Liitge, A . Schleuflinger, S. Schulz 696 Ruckgewinnung von Zink aus Abwassern durch FlussiglFliissig-Extraktion mit Di(2-ethylhexyl)phosphorsaure H . Stephan, K. Gloe, A. Mannel, F! Miihl 704 Enzym-Feldeffekttransistoren als enantioselektive Detektoren in der FlieBinjektionsanalyse T Kullick, R. Ulber, H. H. Meyer, 7: Scheper, K. Schiigerl 707 Betriebserfahrungen bei der PartikelgroBenmessung im Nanometerbereich mittels dynamischer Lichtstreuung M. WeherChem.-1ng.-Tech. 66 (1994) Nr. 5

EUROPEAN FEDERATION OF CHEMICAL ENGINEERING

643 Neue Technologien - neue Korrosionsprobleme E. Heitz Neue Technologien ergeben neue Korrosionsprobleme. Oft verzogert sich die Einfiihrung einer neuen Technik, weil diese Probleme noch nicht gelost sind. Auf die Korrosionsforschung kommen immer neue Aufgaben zu

652 Simulation des instatiouaren hydraulischen Verhaltens verfahrenstechnischer Anlagen mit langen Rohrleitungen E. Raschke, I? Seelinger, A . Sperber, R. Straflburger In langen, fliissigkeitsfiihrenden Rohrleitungen treten beim Anfahren und beim Abschalten von Anlagen, bei Notabschottungen oder bei Schnellschliissen instationare Stromungsvorgange auf. Wie konnen solche DruckstoRe berechnet werden, und welche MaBnahmen zur DampLung gibt es?

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Ubersichtsbeitrage661 Teilen und Trennen i Recychgm Proze6 M . Melchiorre, M . Giildenpfennig, K . Lohi; J. Zurn Teilen und Trennen ist ein wichtiger Schritt in den meisten Recyclingprozessen. Welche Methoden und Verfahren dazu gibt es? Wie konnen sie systematisch gegliedert werden? Wie wirken sie?

Kurzmitteilungen712 Charakterisierung von Fliissigkeits/Gas-Zweiphasenstromungen mit Methoden der fraktalen Geometrie A . Schmitt, R. Loth 715 Experimentelle Untersuchungen einer Diise zur Erzeugung ionisierter Gasstrome S. Berbner, M . Schmidt, E Lofjler 718 Simulation des dreidimensionalen Aufbaus von Staubschichten mittels Partikelbahnberechnung am Beispiel der Oberflachenfiltration E. Schmidt 720 Modellierung eines Dephlegmators zur partiellen Kondensation eines GaslDampf-Gemisches E. Fiolitakis 724 Gasgehaltsverteilung und Verweilzeitverhalten der Gasphase in Blasensaulen mit langsangestromten Rohrbundeleinbauten S. Berg, A. Steiff, R - M . Weinspach 727 Kinetik der selektiven Hydrierung von Dienen an PdAlZ03-Katalysatoren H . Arnold, S. Gobel, D. Reinig, J. Gaube 730 Synthese des Zeoliths RHO C. Merz, E Fetting 735 Analyse eines Flammenriickschlages in einer thermischen Nachverbrennungsanlage D. Lietze

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Abfall optimal entsorgenTrotz vieler Bemuhungen, Abfall zu vermeiden oder stofnich zu verwerten, entstehen immer noch grok Mengen Restmiill. Ob Deponie,Verbrennung,Vergasung - die optimale Behandlung dieses Mulls ist weiter strittig. Uber geeignete Entsorgungskonzepte sprach CIT-Redakteurin Elke Neuser mit Gunter Dehoust vom Oko-Institut Darmstadt. Das Oko-lnstitut ist ein eingetragener Verein mit 6OOO privaten Fordermitgliedern und etwa 1u)Stadtemitgliedschaften. 50 bis 60 Wissenschaftler sind an den Instituten in h i b u r g und Darmstadt hauptamtlich tatig. Arbeitsschwerpunkte sind neben der Abfallwirtschaft die Bereiche Chemie, Reaktorsicherheit, Energie, Gentechnik und Verkehr.entwickelte Technologie lauft in zwei Stufen ab. Dadurch ist die Pyrolyse unabhangig von der Vergasung. CIT: 1st das KWU-Schwelbrennverfahren technisch ausgereift? Dehoust: Das KWU-Schwelbrennverfahren nutzt zur Vorbehandlung die herkommliche Pyrolysetechnik mit dem Drehrohr. Die Produkte aus der Pyrolyse werden hinterher in der Schmelzkammer verbrannt. Das Pyrolysedrehrohr ist recht anfallig. Daher wird es in der Praxis doppelt ausgelegt. Der zweite Schwachpunkt besteht darin, daB das Inertmaterial nach der Pyrolysestufe ausgeschleust werden muB. Mit diesem Waschgang ist zusatzlicher Aufwand verbunden. Dies stellt jedoch auch den Vorteil dar, daB nach der Pyrolyse noch hochwertige Wertstoffe (z.B. Aluminium) abgetrennt werden konnen. CIT: Was sind die Vorteile gegeniiber d e n herkommlichen Verfahren? Dehoust: Der wesentliche Vorteil besteht darin, daB das KWU-Schwelbrennverfahren auch heizwertreichere Fraktionen verarbeiten kann. Indem die Einzelschritte Trocknung, Pyrolyse, Vergasung und Verbrennung getrennt ablaufen, ist der letzte Abschnitt, die Verbrennung, gut zu kontrollieren. Die Ruckstande sind im Vergleich zu MVAAschen von besserer Qualitat. Die heute im StraBenbau eingesetzten Aschen aus der herkommlichen Verbrennung sind dagegen sehr stark mit Schadstoffen wie Schwermetallen belastet. Wir sind sicher, daB eine solche Verwendung der Aschen in absehbarer Zeit nicht mehr erlaubt sein wird. Die Auslaugbarkeit dieser Aschen ist sehr hoch. CIT: Hat man diesen Punkt bisher zu wenig beachtet ? Dehoust: Das Normverfahren zum Erfassen der Auslaugbarkeit war bislang unzureichend. Es wird dabei mit neutralem Wasser ausgelaugt. Die Auslaugbarkeit von Metallen hangt jedoch extrem vom pH-Wert ab. Schon bald konnten sich daher geeignetere Verfahren durchsetzen, wie sie zur Zeit in Entwicklung sind. CIT: Gibt es Unterschiede beziiglich der Abgase? Dehoust: Das KWU-Schwelbrennverfahren verwendet etwas weniger LuftuberschuB. Dadurch entstehen kleinere Abgasvolumina als bei der herkommlichenVerbrennung.Der Vorteil der geringen Abgasmengen zeichnet in noch groBerem AusmaB dievergasungsverfahren aus, etwa Thermoselect oder NoellDBI. CIT: Welche Vorteile bietet das Thermoselect-Verfahren? Dehoust: Thermoselect ist ein einstufiger ProzeB. Das Inertmaterial muB nach der Entgasung nicht abgetrennt werden. Dadurch ist es moglich, den Energieinhalt des Materi-

Giinter Dehoust vorn Oko-lnstitut Darmstadt als fur den nachsten Schritt zu nutzen N x h der Pyrolyse findet eine Hochtemperal uwergasung rnit Sauerstoff statt. Dabei enstehen Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Aus dem wahrend der Vergasung entstandenen Synthesegas laBt sich Methanol herstellen. Gegenuber der herkommlichen Verbrcnnung zeichnen sich die Vergasungsverfahren durch die geringe GroBe der Aggregate aus. Eine kleine Anlage ist einfacher zu betreiben als eine groBe. Zudem sind wenigcr Akzcptwnzprobleme zu uberwinden. CIT: Insbesondere die Anbieter voii Miillverbrennungsanlagen stehen dem lhermoselect- Verfahren kritisch gegeniiher. Welche Chance geben Sie der Methode:, Dehoust: Sicher gibt es bei Therniosclect noch einige Fragezeichen. Vieles deut et ctwa darauf hin, daB das Verfahren teurcr sein wird, als es die zukunftigen Betreiber hcute darstellen. Dennoch wird es voraussichtlich billiger sein als die herkommlichen Mullverbrennungsanlagen. Es gibt auch viele Aiizeichen dafiir, daB diese Technik sinnvoller als die herkommlichen Methoden ist. Um sich Klarheit zu verschaffen, sollten alle Intcressenten moglichst bald eine Anlage genieinsam errichten und diese iiber eine gewisse Zeit testen. Aufgrund der gewonnenen MeBergebnisse konnte man gezieltere Ektscheidungen treffen. Cll? 1st Thermoselect derzeit genehmigungsfahig ? Dehoust: Thermoselect hat bei TUV-Messungen an der Pilotanlage demonstriert, daB die Einhaltung der 17. BImSchV kcine Probleme bereitet. Ein TUV-Gutachten zur Sicherheit besagt, daB alle Sicherheitsprobleme in den Griff zu bekommen sind. Nach dem MaBstab der Behorden ist Thermoselect also genehmigungsfahig. Nach Einschatzung des Oko-Instituts sollte zunachst eine Anlage im groBtechnischen MaBstab als Versuchsanlage genehmigt und grundlich getestet werden. Chem.-1ng.-Tech. 66 (1994) Nr. 5

CIT: Wie hoch ist derzeit der Miillanfall in Deutschland? Dehoust: In der Bundesrepublik entstehen durchschnittlich 350 Kilogramm Hausmull pro Einwohner und Jahr. Dazu kommen 30 bis 40 Kilogramm Sperrmiill. Uber Gewerbemull lassen sich keine allgemeinen Aussagen machen, weil in den Gemeinden unterschiedliche Industriezweige angesiedelt sind. Insgesamt fallen in manchen GroBstadten bis zu lo00 Kilogramm Hausmull und hausmullahnlicher Abfall pro Einwohner und Jahr an. CIT: Welche Methoden bieten sich fur die Abfallbehandlung an? Dehoust: Wichtig ist, verwertbare Materialien getrennt zii erfassen. Die organische Fraktion - dies sind immerhin 40 bis 50 Prozent des Mulls - laBt sich als Kompost verwerten. Glas, Papier, Kunststoffe und Metalle sollte man getrennt sammeln und der Venvertung zufiihren. Ubrig bleibt schlieBlich eine kleine Restmullfraktion, die noch alle Komponenten enthalt. CIT: 1st eine thermkche Verwertung des heiz wertreichen A nteils des Restmiills rnit herkommlichen Anlagen moglich? Dehoust: Fur die einfachen Rostofen ist dieses Material wegen des hohen Heizwerts ungeeignet. Andere Verbrennungsmethoden, etwa die Wirbelschicht, haben sich auf dem Markt noch nicht durchgesetzt. In Berlin ist zur Zeit eine Wirbelschicht-Anlage im Bau. CIT: Welche Verbrennungsmethodengibt es auflerdem? Dehoust: Ein neueres Verfahren kombiniert Pyrolyse und Verbrennung, das KWUSchwelbrennverfahren. Eine kleine Pilotanlage ist in Ulm in Betrieb. Eine weitere Moglichkeit besteht in der Kombination aus Pyrolyse und Vergasung. Eine solche Hochtemperaturvergasung mit reinem Sauerstoff bietet zum Beispiel Thermoselect an. Dieses Verfahren verbindet beide Schritte in einem ProzeB. Eine weitere, gemeinsam von Noell und dem Deutschen Brennstoffinstitut (DBI)

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Abscheiden von Kuhlschmierstoffen(Eigener Bericht) Kiihlschmierstoffe (KSS) sind mit einem Verbrauch von mehreren MillionenTonnen pro Jahr eine Stoffgruppe, mit der viele tausend Arbeitnehmer dauernden Kontakt haben. Zum Thema ,,Absaugen und Abscheiden von Kuhlschmierstoffen" veranstaltete die Keller Lujitechnik GmbH Co. KG, Kirchheim unter TeckJesingen, ein Symposium. KSS sind in vielen Fertigungsbereichen notwendig. Hauptbestandteile sind meistens Mineralole bestimmter Fraktionen oder synthetisch hergestellte Fliissigkeiten rnit mineralolahnlichen Zusammensetzungen. Die geforderten Eigenschaften erhalt ein KSS jedoch oft erst durch eine Beigabe weiterer Stoffe. Uber die ,,Gesundheitsgefahren beim Umgang mit Kiihlschmierstoffen" berichtete Dr. med. Bernd Ernst, Zahnradfabrik Friedrichshafen A G . An erster Stelle nannte er die Hautschaden durch wasserlosliche KSS. Ursachen sind oft der unsachgemaRe Zusatz von Bakteriziden, zu hoch gefahrene Konzentrationen, zu hohe pH-Werte, Vermischung mit Fremdstoffen bzw. Leckolen und ein hoher Verschmutzungsgrad. ,,Wichtig sind ein konsequenter Hautschutz und eine konsequente Hautpflege der Mitarbeiter", erklarte Ernst. Weitere Gesundheitsgefahren bestehen beim Einatmen von Aerosolen und Dampfen aus den KSS-Emissionen. Es ist bekannt, daB unter gewissen Bedingungen in KSS Nitrosamine entstehen konnen. ,,Durch eine Reihe von Maanahmen lassen sich jedoch die KSS-Emissionen vermeiden oder zumindest begrenzen", erlauterte Dip1.Ing. Wolfgang Pfeiffer vom Berufsgenossenschaftlichen Institut fur Arbeitssicherheit BIA, Sankt Augustin, in seinem Vortrag zu den ,,SchutzmaDnahmen beim Umgang rnit Kuhlschmierstoffen". Pfeiffer nennt hier beispielsweise die Venvendung vernebelungsarmer KSS, die Vermeidung einer Uberwarmung, die Vermeidung offener Pfiitzen sowie eine geschlossene Spanelagerung. ,,Absaugung und Abscheidung luftfremder Stoffe ist Aufgabengebiet von spezialisierten Fachfirmen", so Dipl.-Ing. Herbert Baur, Keller Lufttechnik. Bei den KSS werden vier verschiedene Abscheideverfahren eingesetzt: Fliehkraft-, trockenarbeitende filternde, trockenarbeitende elektrostratische und naBarbeitende Abscheider. Die Auswahl des Abscheideverfahrens beziehungsweise der Abscheideart hangt davon ab, in welcher Art die Emissionen anfallen. (bec)

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Referenten des Symposiums (von links): Hans Stallherm, Horst Keiler, Herbert Baur, Wolfgang Pfeiffer, Dr. Bernd Ernst. (Foto: citlbec)

Trockene Rauchgasreinigung mit ,,Bicar"(Eigener Bericht) Ein neues Verfahren zur trockenen Rauchgasreinigung stellte die Solvay GmbH, Solingen, jetzt in Wiirzburg vor. Im Mullheizkraftwerk der Stadt ist seit Mitte Mirz eine mobile Pilotanlage in Betrieb. Das Verfahren arbeitet mit Natriumbicarbonat (Bicar). Bei den ublichen Rauchgastemperaturen zwischen 160 und 250 Grad Celsius verhalt es sich sehr reaktionsfreudig. Um die Wirkung zu verstarken, wird Bicar fein gemahlen. So lassen sich hohe Abscheidegrade erreichen: 99 Prozent fur Salzsiiure und 95 Prozent fur Schwefeldioxid. Bei den in Wurzburg laufenden Versuchen wurde auch gepriift, wie gut sich Dioxine und Schwermetalle abtrennen lassen. ,,Erste MeBergebnisse zeigen, daR wir auch die strengen deutschen Grenzwerte fur Dioxine erreichen konnen", erkllrte Dr. Hans-Jiirgen Korte, Leiter der Anwendungstechnik der Solvay Alkali GmbH. ,,Eine abschlieRende Auswertung erfolgt aber erst nach dem Ende der Testreihen." Im Vergleich zu den trockenen Verfahren mit Kalk (40bis 60 Kilogramm Kalk je Tonne Hausmull) ist die eingesetzte Menge an Natriumbicarbonat mit 25 bis 30 Kilogramm je Tonne Hausmull geringer. Ein weiterer Vorteil des ,,Bicar"-Verfahrens ist, daB auch Rauchgase relativ niedriger Temperatur gereinigt werden konnen. Die anfallenden Riickstandssalze lassen sich durch Filter abtrennen (Elektrofilter oder vorzugsweise Schlauchfilter). (bec)

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Neues Abwassersicherungssystem bei BayerDas Werk verfugt uber zwei getrennte Abwassersysteme. Die organisch belasteten Wasser werden zur Reinigung in die biologische Klaranlage geleitet. Regen- und Kiihlwasser sowie nur schwach belastete Abwasser (biologisch abbaubar) !dieBen iiber das Reinabwassersystem direkt in den Rhein. Trotz umfangreicher Maonahmen zur Vermeidung und Einsparung von Kuhlwasser betragt die durchschnittliche Menge in diesem System heute noch 520000 Kubikmeter pro Tag (1989: 694 OOO Kubikmeter pro Tag). Das neue Abwassersystem besteht aus vier Teilnetzen. JedesTeilnetz verfiigt iiber eigene Absperrmoglichkeiten und Pumpen. Im Fall einer plotzlich auftretenden Betnebsstorung, zum Beispiel bei Leckagen oder bei Belastung durch Losch- oder verunreinigtes Kuhlwasser, greifen zunachst die Absicherungssysteme des betreffenden Betriebes. In einerzweiten Stufe reagieren die in den Kanalen eingebauten Ubenvachungssysteme und losen in der zentralenMeOwarteeinen Alarmaus.Vondort aus wird dann der Auffangvorgang eingeleitet. Uber vier Meter groSe Schieber versperren nun dem kontaminierten Wasser den weiteren Weg in Richtung Rhein. LJnterirdische Pumpen springen an und leiten das Wasser in vier je 5000 Kubikmeter fassende Tanks um. Der ganze Vorgang wird durch ein Computersystem iiberwacht und gesteuert. Gleichzeitig beginnt die Suche nach der ,,Quelle" der Storung. Falls der Verursacher nicht rechtzeitig gefunden wird, werden nach einem Stufenplan alle Betriebe im betroffenen Teilnetz aufgefordert , ihre Produktion abzufahren und die Abwasserabgabe einzustellen. Als letzter Schritt wird dann das aufgefangene Abwasser behandelt. (bec)

(E gener Bericht) Ihr neues ReinabwasserSicherungssystem fur das Werk Leverkusen stelk.: die Bayer AG jetzt vor. ,,Mit dieser 55 Millionen Mark teuren Investition haben wir u iser umfassendes Konzept zur Abwassersiclieri ng komplettiert", erklarte Dr. Bertram Andt rs, Leiter des Zentralbereichs Werksvcrw;iltungen, Arbeitssicherheit und Umwelts1:hutz und Leiter des Bayenverkes L -ve:-kusen.

E m Hick ins Pumpt-ngebaude: Die ricsigc-n Pumpen befordem das Abwasse: iwi Falle eines Alles uber eine D.'*uckleitungin die Pirfler.tanks. (Foto: B iyer ) c

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Hoechst: Fortschritte im Umweltschutz(Eigener Bericht) Auch im wirtschaftlich schlechten Jahr 1993 investierte die Hoechst AG weiter in den Umweltschutz. 210 Millionen Mark kosteten neue Projekte. Das sind 19,5 Prozent des Gesamtinvestitionsvolumens. Die laufenden Betriebskosten fur Umweltschutzanlagen bei der Hoechst AG beliefen sich 1993 auf uber eine Milliarde Mark. Diese Zahlen machen deutlich, welchen Stellenwert der Umweltschutz in der chemischen Industrie hat. Doch wenn auch die Reinigung von Abwasser, Abluft, die Entsorgung von Abfall oder die Verbrennung von Klarschlamm rnit immer aufwendigeren Methoden betrieben werden, so ist doch der beste Umweltschutz der, bei dem Abfalle moglichst nicht entstehen. So konnte der Verbrauch an Rohwasser in den letzten zehn Jahren um 38 Prozent, der von Trinkwasser sogar um 70 Prozent reduziert werden. Das wurde erreicht durch eine ausgeklugelte Kreislauffuhrung vor allem des Kuhlwassers. Im Durchschnitt wird das Wasser mehr als vierfach genutzt. Allein 1993 ging der Kuhlwasserverbrauch um elf Prozent zuruck. Ahnlich konnten auch die Betriebskosten, die zur Reinigung des Rohabwassers notwendig sind, gesenkt werden. Wesentliche Fortschritte im Urnweltschutz konnen aber bereits bei der Produktionsplanung erreicht werden. Beispiele hierfur sind, wie Dr. Wolfgang Pretzer, Leiter der Ressortgruppe Umwelt der Hoechst A G , hierzu vor der Presse ausfuhrte, neue Produkte auf dem Waschmittelsektor, neue Lacke auf Basis waBriger Systeme und der neue SuBstoff Sunett. Durch solche innovative Verfahren des integrierten Umweltschutzes konnten die Abfallmengen der Hoechst AG 1993 verglichen mit 1992 noch einmal um 17,5 Prozent gesenkt werden. Die neue Produktionsanlage fiir den SuBstoff Sunett im Stammwerk Hoechst ist ein Paradebeispiel: Hier fallen Rest- und Abfallstoffe kaum noch an. Fur andere Produktgruppen hat die Hoechst AG Recyclingkonzepte entwickelt, fur Kalte- und Enteisungsmittel ebenso wie fur Kunststoffe, Fasern und Folien. (pf)

Systemvergleich zur AbfallbehandlungDas Hessische Umweltministerium hat jetzt die Jergleichende Untersuchung zu den Urnweltauswirkungen unterschiedlicher Verfahren der Restabfallbehandlung" - kurz: Systemvergleich Restabfallbehandlung - vorgelegt . Die Grundlagenstudie ist im Auftrag des Landes Hessen von der Arbeitsgemeinschaft ITU GmbH, Niederlassung Dieburg, und Oko-lnstitut e.V, Darmstadt, erstellt worden. Behandelt werden sieben mogliche Verfahren und Verfahrenskombinationen zur mechanisch-biologischen und thermischen Restabfallbehandlung fur vier unterschiedlich strukturierte Entsorgungsgebiete. Als ein Ergebnis stellt die Studie fest, daB die einseitige Systemfestlegung der TA Siedlungsabfall auf die Mullverbrennung nicht gerechtfertigt ist. Die Mullverbrennung weist deutlich hohere Emissionen uber den Luftpfad auf als die mechanisch-biologischen Varianten, die allerdings demgegenuber Nachteile im Bereich des Wasserpfades besitzen.

Diplomarbeit zur OkobilanzierungWolfgang Pretzer: ,,Die chemische Industrie Westdeutschlands ist iibrigens nur noch rnit etwa zwei Prozent an den Gesamtemissionen aller Industrien, der Engergieerzeugung und des Verkehrs beteiligt.I'

BASF: Umweltbelastung verringert(Eigener Bericht) Zum sechsten Ma1 hat die BASF AG jetzt einen Umweltbencht vorgelegt. Zum erstenmal sind darin auch die internationalen Umweltaktivitaten enthalten. ,,Wir wollten so deutlicher als bisher herausstellen, daB wir ein weltweit tatiges Unternehmen sind." Dies sagte Max Dietrich Kley, Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektor der BASF, in Ludwigshafen. ,,In 39 Staaten der Erde betreiben wir an mehr als 180 Standorten Produktionsanlagen. Sie werden uberall nach den gleichen Konstruktionsplanen gebaut. Einfachausfuhrungen fur Lander mit niedrigeren Standards haben wir nicht", betonte Kley. ,,Am Standort Ludwigshafen haben wir wieder eine betrachtliche Verringerung der Umweltbelastungen erreicht." Dies erklarte Dr. Hans Jorg Henne, Leiter des Bereiches Umwelt, Arbeitssicherheit und Energie der BASFAG. So betrug der Ruckgang bei der Luftbelastung 15 Prozent (auf 24300 Tonnen), bei der Abwasserbelastung 16 Prozent (auf 11 OOO Tonnen) bei organischen Stoffen bzw. 17 Prozent (auf 7410 Tonnen) bei Ammonium-Stickstoff und 44 Prozent bei der Deponiemenge (auf 96 OOO Tonnen). ,,Seit Jahren haben wir systematisch Produktionsprozesse und Produkte auf minimalen Ressourcenverbrauch hin optimiert. Jetzt werden die Ergebnisse in den Zahlen deutlich", betonte Henne. Dieser erreichte hohe Stand drucke sich auch im Ruckgang bei den Investitionen BUS. DieVerringerung des Reststoffanfalls aus den bestehenden Anlagen schaffe die Moglichkeit, neue Produktionsanlagen zu erstellen, ohne daR zusatzliche zentrale Entsorgungsanlagen erforderlich wurden. Gleichzeitig mit der Verringerung der Emissionen sei es 1993 auch erstmals gelungen, den Anstieg der Betriebskosten fur den Umweltschutz anzuhalten. (ne)

Fur ihre Diplomarbeit ,,Grundlagen der Okobilanzierung von Packstoffen und Verpackungen" wurden Andreas Balzer und Maik Ilchmann ausgezeichnet. Die beiden Studenten des Wirtschaftsingenieurwesens vom Bereich Bergedorf der FH Hamburg hatten sich an einer Auslobung bei MohndrucklGutersloh beteiligt. Ihre Arbeit befaat sich rnit dem Erstellen von Okobilanzen und bewertet diese. Sie weisen nach, daB dabei haufig Fehler gemacht werden, da man nicht Vergleichbares miteinander vergleicht. In diesem Zusammenhang wird der Begriff ,,Okobilanz" als nicht ausreichend bewertet und stattdessen der Begriff ,,Lebensweganalyse" vorgeschlagen.

Mikropumpe mit MakroleistungEine zur Serienfertigung geeignete Mikropumpe ist vom Kernforschungszentrum Karlsruhe ( K f K ) entwickelt worden. Das nur 7 x 10 mm groBe, elektrisch betriebene Minigerat fordert Flussigkeiten und auch Gase. Es kann beispielsweise in batteriebetriebenen Mikrosystemen im Taschenformat zur chemischen Analyse von flussigen oder gasformigen Proben eingesetzt werden. Das KfK plant die Entwicklung solcher handlichen Analysengerate fur medizin- und umwelttechnische Anwendungen.

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Werkstoff Glas fur den Apparatebau(Eigener Bericht) Glas ist einer der altesten Werkstoffe, doch steckt darin genugend Potential fur neue Entwicklungen und Anwendungen: Ein Beispiel ist offenporiges Sinterglas als Tragermaterial fur Mikroorganismen oder Zellkulturen. Es kann in biotechnischen Produktionsanlagen oder bei der biologischen Abwasserreinigung eingesetzt werden. Die patentierten Formkorper der Schott Glaswerke in Mainz zeichnen sich durch eine groBe innere Oberflache und eng verteilte Porendurchmesser aus. ,,Wir stehen damit am Anfang einer neuen Entwicklung", erklart Siegfried Zyzik, Marketingleiter des Geschaftsbereiches Chemie der Schott Glaswerke; in diesem Bereich sind etwa 250 Mitarbeiter beschaftigt. Zur Herstellung der Siran-Korper werden Kochsalzkorner einer bestimmten GroBe mit gemahlenem Glaspulver vermischt und in die gewunschte Form gebracht. Die Masse wird anschlieBend auf 800C erhitzt. Entscheidend ist dabei, daB der Schmelzpunkt des Salzes hoher als der des Glases ist. Bei dieser Temperatur sintern die Glasteilchen zusammen und verbinden sich zu einem festen Formkorper. Danach wird das Salz mit heiRem Wasser herausgelost . Die verbleibende Glasstruktur gleicht einem Schwamm. Der Porendurchmesser von Siran-Formkorpern kann abhangig vom Herstellungsverfahren zwischen 60 und 400 Mikrometer eingestellt werden. Das Porenvolumen kann bis zu 60 Prozent des Gesamtvolumens betragen. Die spezifische Oberflache erreicht dann Werte bis zu 0,4 m2/g bei einem Raumgewicht von 500 gll. Die Oberflache des unbehandelten Sinterglases besitzt zahlreiche reaktive Silanolgruppen und laBt sich daher chemisch modifizieren. Hydrophile Hydroxy- oder Amin-Gruppen konnen ebenso wie hydrophobe Chlormethyl- oder Octyl-Gruppen kovalent an die Glasoberflache gebunden werden. Auch speziellere Modifizierungen der Oberflache mit organischen Polymeren sind moglich und bereits erprobt. Die Form und GroBe des Siran-Tragermaterials kann an die Anforderungen von Festbett- oder FlieBbettreaktoren angepaBt werden. In der anaeroben Abwasserreinigung werden die Glaskorper, Markenname Siran, bereits erfolgreich eingesetzt . In den Industriebetrieben geht der Trend zur Vorreinigung hochbelasteter Abwasser-Teilstrome. ,,Mit Tragermaterial aus Siran kann man besonders kleine und kompakte Anlagen mit hohen Abbauleistungen betreiben", beschreibt Zyzik den Vorteil. Ein weiterer Vorzug ist die starke Haftung der Mikroorganismen am Siran-Trager. ,,Das verhindert das Auswaschen", sagt Zyzik. Bei Zellkulturen ermoglicht der Siran-Trager das Eindringen der Zellen in die Poren. Das ergibt sehr hohe Zelldichten. AuBerdem sind empfindliche Zellen dort gegen Scherkrafte von zirkulierenden Medien geschutzt. Selbst Zellen, die normalenveise in Suspensionen wachsen, konnen auf Siran immobilisiert werden; der Ruckhaltefaktor ist groBer als 95 Prozent. Weitere Anwendungsgebiete sieht Zyzik als Katalysatortrager fur Metallsalze oder als Speichermedium fur Wirkstoffe, die kontinuierlich an die Umgebung abgegeben werden sollen.

Die groJ3te Glaskugel der Welt kommt von Schott und fa& SO0 Liter, erklaren der Marketingleiter des Geschaftsbereichs Chemie, Siegfried Zyzik (links), und Manfred Borens, zustandig fur Planung und Fertigungsablaufe bei Schott Engineering.

Hergestellt werden die Siran-Formkorper am Hauptsitz der Schott Glaswerke in Mainz. ,,Wir erwagen weitere Investitionen in die Siran-Produktion", gibt sich Zyzik vorsichtig. Schott, weltweit zweitgroBter Hersteller von Spezialglas, beschaftigt in Mainz ungefahr 5000 Mitarbeiter. Das Unternehmen der Carl-Zeiss-Stiftung hat die wirtschaftliche Flaute in der Chemie zu spuren bekommen. Im vergangenen Geschaftsjahr 1992/93 schrumpfte der Umsatz der Schott-Glaswerke um zwei Prozent auf 1 , l Milliarden Mark. ,,Die Auftrage wurden zeitlich gestreckt, aber nicht storniert", betont Zyzik. Auch in der Folgezeit seit September 1993 gestaltet sich das Geschaft rnit Glasern fur die Chemieindustrie schwierig, berichtete Helmut Fahlbusch, der Vorstandssprecher der Schott Glaswerke, zur Bilanzpressekonferenz im Marz. Bei den Chemieunternehmen herrsche ,,Investitionszuruckhaltung". Fur die SchottGruppe insgesamt sieht die gegenwartige Lage besser aus: Der Umsatz in den ersten funf Monaten 1993/94 legte um funf Prozent zu. Die Auftriebskrafte kommen vor allem aus Westeuropa und denvereinigten Staaten. Schon im vergangenen Geschaftsjahr war der im Ausland erwirtschaftete Umsatz der Schott-Gruppe auf 68 Prozent des Weltumsatzes angestiegen. Insgesamt verzeichnete die Gruppe im Geschaftsjahr 1992/93 einen um drei Prozent verminderten Umsatz von 2,4 Milliarden Mark. Dazu gehoren weltweit etwa 17200 Mitarbeiter in 45 Unternehmen. Die groflten Glasteile von Schott mit 1000 Millimeter Nennweite werden auf dieser GleichlaufDer Anlagen- und Rohrleitungsbau Drehbank bearbeitet. (Foto: Schott) Duran-Borosilikatglas ist ein weiterer wichti-

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ger Geschaftszweig von Schoii. Er ist in der

Bei Schoit Engineering gibt es standardi- eine gunstige Kraftevertcilung, so daB kein

Syhoit Engineering GmbH zusammengefal3t. sierte Apparaturen fur alle Grundoperatio- standiges Nachziehen der Verbindung notCrlas wird als Werkstoff im Anlagenbau fur nen der thermischen Verfahrenstechnik wie wendig ist. Als Dichtungsmaterial werden

die berfahrcns- und Umwelttechnik aus versrhiedenen Griinden nachgefragt: Die chemische Bestandigkeit, vor allem gegen Sauren, ist ein wichtiger Grund. In der Pharmaindustrie schatzt man das chemisch und katalyti:;ch merte Verhalten von Glas; aul3erdem ist c6 gut zu rcinigcn. Im Abwasscrbcreich komnit es auf die Glatte der Rohrwand an, die Ablagerungen verhindert.

Destillation, Rektifikation, Extraktion, Absorption. Adsorption, Kristallisation und Reaktion. Die genormten Einzelteile von Apparaturen und Rohrleitungen werden nach einem metrischen Rastersystem rnit Nennweiten von 15bis zu 1000Millimeter gefertigt. Sonderlangen oder Pahtiicke sind iiberfliissig. Alle Bauteile besitzen einen Bundflansch; der groBe Flanschwinkel sorgt fur

Alle Glasteile des Apparate- und Rohrleitungsbaus bis zu 1000 Millimeter Nennweite sowie Glasflaschen konnen mit einem transparenten Kunststoff beschichtet werden. (Foto: citiwit)

meist PTFE oder Viton verwendet. Die Dichtung. nicht das Glas, beschrankt die Betiiebstemperatur der glasernen Anlage auf 200C. Das Baukastensystem mit mehr als 2500 genormten Komponenten ermoglicht Anlagengroaen vom Technikumsmahtab bis zur Produktionsanlage. Seit kurzem konnen die Glasteile mit schwerenttlammbarem, transparentem Kunststoff als Oberflachen- oder Schlagschutz beschichtet werden. Dazu wurde ein neues Wirbelsinterbecken in Betrieb genommen, berichtet Manfred Borens, zu standig fur Planung und Fertigungsablaufe. Eine Armierung mit Glasfaser-Polyester als Schlag- und Splitterschutz ist ebenfalls moglich . Schott liefert aber nicht nur Anlagen. ,,Wir ubernehmen auch die vollstandige Verfahrensentwicklung oder eine bestimmte Teillosung davon", sagt der Leiter desTechnikums, Klaus Gerth. Beispiele sind LasemittelRuckgewinnung durch Rektifikation oder Aufbereitung von Abfall-Schwefelsaure. Das Technikum ist fur eine Kapazitat von 200 bis 2000 Liter Flussigkeit ausgelegt. im Extremfall sogar bis 1 0 0 0 Liter. (wit)

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Trends auf der ACHEMA '94Bodensanierung: Onsite- und In-situVerfahren haben hohe PrioritatSelbst professionelle Kenner der Umwelt- tion im Grundwasser weit uber den naturliszene stochern im Nebel, wenn es um die chen Pegel erhohen. Mit Oxidationsmitteln, genaue Zahl der Altlasten geht. Hierzulande wie z. B. Ozon, lassen sich schwer abbaubare, sind dann iiber 200 000 Verdachtsflachen im aromatische Kohlenwasserstoffe und CyaniGesprach, und es werden fur Dekontamina- de fur den biologischen Abbau aufschlie8en. tion und Immobilisierung Summen von Vor dem Sanieren mu8 das biologische 400 Mrd. DM gehandelt. So groB wie das Abbauverhalten im Labor und vor Ort unterAltlastenproblem ist auch, wie die ACHE- sucht werden. Grundwassermodelle und die MA '94 zcigcn wird, inzwischcn das vcrfah- Simulation drcidimcnsionalcr Konzcntrarenstechnische Angebot fur ihre Beseitigung. tionsprofile machen, wie Angebote von Ein relativ sorgloser Umgang mit Abfallen Dienstleistungsunternehmen zeigen, die und industriellen Riickstanden hat seit Dauer derartiger In-situ-Sanierungen vorherBeginn der Industrialisierung und besonders sehbar. Aber auch bei den Reaktoren ist die Entnatiirlich in der Nachkriegsara zur Kontamination des Bodens als Grundwasserleiter wicklung nicht stehen geblieben. Auf der gefuhrt. Allein die Dimensionen des Pro- ACHEMA werden Biofilmreaktoren vorge'94 blems haben die Einsicht dafiir gescharft, daB stellt, die gleichzeitig Grundwasser und nicht alle Schadstoffeintrage in den Boden Boden reinigen. Die Reaktoren sind sehr durch Dekontamination sanierbar sind. Ver- kompakt und verursachen nur geringe fahren zur Sicherung von Kontaminations- Betriebskosten. Abgebaut werden Kohlenherden mussen hinzutreten, um Schadstoff- wasserstoffe und Chlorkohlenwasserstoffe. austrage, wenn nicht zu vermeiden, so doch Grundwasser rnit leicht fliichtigen CKW-Verzu kontrollieren. An der Praxis orientierte bindungen kann mehrstufig in Strippern mit BeurteilungsmaBstabe fur Bodenkontamina- Wirkungsgraden bis uber 99,5 YO entsorgt tionen, die die Schadstoffmobilitat und Expo- werden. In Absorptionskolonnen lassen sich sitionsbedingungen berucksichtigen, sowie rnit Hilfe spezieller Fliissigkeiten die CKW nutzungsbezogene Sanierungsziele sind eine anschlieBend in hochkonzentrierter Form wichtigeVoraussetzung, um rnit vertretbarem zuruckgetvinnen. Sinn macht das Verfahren Aufwand kontaminierte Standorte zu er- vor allem, wenn Eingangskonzentrationen schlieBen. Hauptverursacher sind Mineral- und Schadstofffrachten hoch sind. Zu dkn am besten erforschten Verfahren ole, aromatische und polycyclische Kohlenwasserstoffe, Nitroaromaten, leicht- und zur Reinigung kontaminierter Bodenluft schwerfluchtige Halogenkohlenwasserstoffe gehort die Adsorption an Aktivkohle. usw. Schwierigkeiten wegen ungiinstiger AdsorpWegen der Kosten und Umweltbelastun- tionseigenschaften bereiten hier besonders gen, die durch den Transport von belastetem leicht fliichtige CKW und Metaboliten aus Material entstehen, gewinnen Onsite- und biologischem CKW-Abbau im Untergrund. In-situ-Verfahren immer mehr an Bedeutung. Mit Erfolg wird hier die photochemische In-situ-Sanierungen setzen aber eine hinrei- NaBoxidation (HzOzKJV) eingesetzt. Cischend gleichmafiige Durchstromung des Bo- 1,2-Dichlorethylen und Vinylchlorid lassen dens voraus (hydraulische Durchlassigkeit sich so vollstandig abbauen. Weil sehr reaknicht unter lop4m/s). Wasserlosliche Konta- tionsfreudig, konnen so auch ungesattigte minationen in der ungesattigten Bodenzone Kohlenwasserstoffe, BTX-Aromaten, Phelassen sich durch In-situ-Bodenwasche und . nole und PAK abgebaut werden. Reinigung des Wassers entfernen. BeispielNaturliche Wasserinhaltsstoffe, wie Huhaft fur die Effektivitat desverfahrens ist: An minsauren u. a . , setzen die Leistungsfahigkeit einem Einsatzort in den Niederlanden konnte der photochemischen Oxidation durch zudie Cadmium-Konzentration eines kontami- satzlichen Verbrauch an Oxidationsmitteln nierten Bodens auf 1 mglkg verringert wer- herab. Unabhangig von derartigen Storeinden. fliissen ist ein in den Niederlanden entwickelDie biologische In-situ-Sanierung nutzt das tes biologisches Reinigungsverfahren fur Abbaupotential im Boden vorhandener Mi- Grundwasser, das mit Per- und Trichlorethykroorganismen. Damit diese aber ihre volle len belastet ist. Beide Verbindungen werden Reinigungsleistung entfalten, miissen Boden anaerob-aerob bis zum Ethylen und Ethan und Grundwasser hinreichend rnit Sauerstoff abgebaut. und Mineralien versorgt werden. Anstelle Bioreaktoren zur Grundwasserreinigung von Luft kann technischer Sauerstoff oder rnit immobilisierten Mikroorganismen wurWasserstoffperoxid die Sauerstoffkonzentra- den in der Schweiz entwickelt. Fur Chlorben-

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zole. u. a. das schwer abbaubare 1,2,4-Trichlorbenzol. wurden auBerordentlich hohe Reinigungsleistungen von uber 99,5 % errcicht, und das bei Verweilzeiten von nur uenigen Minuten. Damit lassen sich selbst g -oBc Wassermassen in vergleichsweise klein8:n Reaktoren behandeln. Nicht imrner mu8 es der Bioreaktor sein, solleii kontaminierte Boden gereinigt werdcn. Biobeet- und Mietenverfahren sind inzwijchen vielfach erprobt zum Abbau von Mine -alolen. BTX-Aromaten, Phenolen, PAK: usw. Spezielle Verfahren existieren fur feinktirnige Zilkontaminierte Sedimente. Imm-r H ird die Abbauleistung der Bodenmikroorganismen optimiert, z. B. durch mechanisc'ie oder stationare Beluftung, durch Zugabe von Nahrstoffen und nicht zuletzt durch Bakte:ienkulturcn. die sich fur diese Aufgaben besonders eignen. Nicht zuletzt bieten auf der A(WF.IA einige Unternehmen Verfahren 'Y4 an. bei denen die Biologie in geheizten Hallen erl'olgi und bei denen die Abluft im Kreislauf ge 'uhi t wird. damit nicht aus einem Altlasteirt Abluftproblem wird. Injektorsysteme sorget1 firr eine gleichmaBige Versorgung der Mieten mit Niihrstoffen und Impfung rnit Mi kroorganismen. Abbauleistungen von ubt:r YO Yo sind die Regel. Eluatkonzentrationeii sinken auf unbedenkliche Werte (bei Miner;iliilen his unter 0,l mg/l), so daB der

Oxidationsmitteln und Tensiden, extrahierbar sind, wie z. B. Schwermetalle und Cyanide. Aber auch wasserunlosliche Stoffe, wie z. B. Mineralole oder PAK, lassen sich abtrennen, nachdem sie durch intensive naBmechanische Behandlung (Klassifizieren, Sortieren) in der Feinstkornfraktion des Bodens angereichert sind Dekontaminierte Sand- und Kiesfraktionen lassen sich problemlos im StraBenbau verwenden. Anlagen, mobil im Container oder fest installiert in Sanierungszentren, sind mit Leistungen von ca. 10 t/h bis 50 t/h im Einsatz. Erreicht werden Dekontaminationsgrade zwischen 85 und 97 % , rnit Spitzenwerten von 99 %. VerlaBt die Feinstkornfraktion nach der Waschmaschine auch die Siebbandpresse, so erreicht der Wassergehalt immer noch Werte zwischen 40-60 %, und das ist immer noch zu vie1 fur Deponie und Weiterverarbeitung. Eine neu entwickelte Niedertemperaturtrocknung, bei der Luft im Kreislauf gefahren wird, verringert den Wassergehalt auf 10-15 % . Die Vorteile: niedriger Energieverbrauch, keine Emissionen. Mit Hochdruck Waschmaschinen fur den Boden wird an thermischen, biologischen und chemischen Verfahren zur Nachbehandlung der Bodenwaschverfahren sind sicher kein All- Feinkornfraktion gearbeitet, um den Teil zu heilmittel, aber sie eignen sich hervorragend verringern, der deponiert werden mu8. zur Abtrennung von Stoffen, die durch Wasser, ggf. unter Zugabe von Sauren, Laugen,

Boden zur Rekultivierung eingesetzt werden kann. Das spart Deponieraum. Klimatisierte Intensivrotten verringern die durchschnittlichen Behandlungszeiten auf 3 bis 12 Monate. Neueste Entwicklungen zeigen, daB auch Boden rnit chlorierten Kohlenwasserstoffen, wie Tetrachlorethylen, Trichlorethylen und Vinylchlorid, in geschlossenen Reaktoren biologisch dekontaminierbar sind. Bereits der Aushub und die Vorbehandlung des Bodens finden in geschlossenen Zelten rnit Luftabsaugung und Abluftreinigung statt.Wegen der hohen Sicherheitsanforderungen und der komplexen ProzeBfuhrung ist der technische Aufwand allerdings wesentlich hoher als bei der Sanierung von Mineralolschaden. Von der Entwicklung von Feststoff-Fermentern fur Boden sind weitere Fortschritte der biologischen Bodenreinigung auch bei bislang schwer abbauenden Schadstoffen wie z. B. TNT und hoher chlorierten Kohlenwasserstoffen zu erwarten. Auf der ACHEMA '94 werden zu diesemThema interessanteverfahrensentwicklungen aus den USA vorgestellt.

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Trends auf der ACHEMA '94Umweltanalytik: Eine Branche auf WachstumskursWann immer Umwelt-, Arbeitsschutz- oder Hygiene-Gesetze verscharft werden, bedeutet das fur die Anbieter von Analysegeraten mehr Umsatz. Und weil das ein Wachstumsgebiet und auBerdem kaum konjunkturanfallig ist, ist die Zahl der Anbieter groB und wird immer groBer, wie die ACHE MA'^^ zeigen wird. Noch nie sind Luft, Wasser und Boden, ob ,,naturbelassen" oder belastet, so grundlich auf Schadstoffe untersucht worden wie heute. Oft muB die Umweltanalytik Substanzen in Konzentrationen nachweisen, die, waren es Medikamente, sich bequem in die Nahe von Placebos rucken lieBen. Und haufig geht es um Toxizitat, womit die ubliche chemische Analytik iiberfordert ist. Das Feld ,,Urnwelt" ist so breit gefachert, daB es schwer fallt, den Uberblick zu behalten. Jemanden, der sich auf allenTeilgebieten wie VorschriftedGesetze, Grenzwerte, MeBverfahren oder Sanierungsmethoden gleich gut auskennt, den gibt es wohl nicht. Diese Lucke ist erkannt. Und so wachst das Angebot an modernen externen On-line- und PC-Datenbanken, so daB Insider schon mit einer Software frozzeln, die bereits den Ratsuchenden bei der Auswahl der Datenbank berat. Fast luckenlos ist das Informationsangebot fur die Umweltanalytik. Andere Datenbanken inforrnieren uber Ausriistungen, Software oder auch Institutionen, fur die der Umweltschutz ein Hauptanliegen ist .Wichtig sind Publikationen uber Ring-Versuche, in denen mehrere Labors identische Proben analysieren. Es ist oft uberraschend, wie sehr die MeBergebnisse differieren. Zur Datenauswertung werden immer mehr chemometrische, also mathernatisch-statistische Rechenmethoden wie Clusteranalyse oder Regressionsverfahren eingesetzt. So laBt sich durch Varianzrechnungen beispielsweise abschatzen, ob saurer Regen im Einzelfall mehr auf naturlichen oder industriellen Ursachen beruht. Auch Probenbanken gewinnen an Bedeutung, Sammlungen belasteter Umweltproben (Schadstoffe einschlieBIich Umgebung), die so aufbewahrt werden, wie sie genommen wurden. Umweltprobenbanken erlauben nachtraglich die Untersuchung von Stoffen, die, weil geeignete analytische Methoden fehlten, bislang nicht bestimmbar waren bzw. deren Gefahrdungspotential erst nach der Probennahme erkannt wurde.

AltlastenSollen Altlasten saniert werden, so ist Sechsstelliges an Kosten und mehr im Spiel. Der Wahl des richtigen Sanierungsverfahrens mussen sorgfaltige Bodenanalysen vorausgehen. Dazu gibt es,wie die ACHEMA zeigen '94 wird, Expertensysteme, die aufgrund einfacher Messungen, wie etwa der Leitfahigkeit des Bodens, erhohte Schadstoffkonzentrationen, z. B. an Cyaniden, ermitteln konnen. Die Bodenanalyse auf polycyclische Aromaten (PAK) war bisher nur mit aufwendigen Verfahren in Umweltlabors moglich. Neue Verfahren ermoglichen nun die rasche Felduntersuchung von Boden auf PAK, so daB unmittelbar vor Ort eine Vorentscheidung uber den Grad der Kontamination und die weitere Behandlung getroffen werden kann. Chemilumineszensverfahrenermoglichen die rasche Summenbestimmung der PAK. Mobile Massenspektrometer, in Verbindung mit sequentieller Extraktion des Bodens, stellen fiir die Zukunft sogar eine breite Einzelstoffanalytik ,,auf der Baggerschaufel" in Aussicht, gekoppelt mit einer Aussage uber die Mobilitat der analytisch erfaBten Schadstoffe im Boden. Fur die Felduntersuchung fluchtiger Schadstoffe,wie z. B. chlorierter Kohlenwasserstoffe in der Bodenluft, stehen bewahrte Entnahrnesonden fur Probenahmetiefen von 2 bis 5 m zur Verfugung. Eine rasche Bestimmung von Kontaminationsherden in der ungesattigten Bodenzone ist damit moglich. Chlororganische Verbindungen im Grundwasser lassen sich heute online mit photochemischen Analyseverfahren im Konzentrationsbereich 1 bis loo0 pg/l aufspuren. Giftige organischkhemische Gase werden im allgemeinen durch Licht, Luft und Wasser schnell abgebaut. Um vor Kampfgasen zu warnen,wurde in Kuweit die Ionenmobilitatsspektroskopie (IMS) eingesetzt. IMS nutzt Analyse-Mechanismen der Saulenchromatographie, der Elektrophorese und der Massenspektrometrie, benotigt aber kein aufwendiges Vakuum. IMS-Gerate fur den zivilen Nutzer stehen vor der Markteinfuhrung. Bei der Beurteilung der Gefahrdung durch Schwermetalle im Boden ist oft die Wertigkeit, in der die Elemente vorliegen, wichtig. So ist dreiwertiges Arsen bedeutend giftiger als funfwertiges. Will man die Toxizitat abschatzen, muB daher mit Reagentien gearbeitet werden, die nur auf dreiwertiges Arsen Chem.-1ng.-Tech. 66 (1994) Nr. 5

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ansprechen. Ahnliches gilt fur Chrom, nur sechswertiges Chrom ruft die ,,Maurerkratze" hervor. Organoquecksilberverbindungen lassen sich nur nachweisen, wenn sie zuvor in eine besser zu isolierende Form iiberfuhrt werden. Zum Nachweis von Metallen in der Altlastenanalytik hat sich die ICP-Methode durchgesetzt (inductively coupled plasma). Dabei wird die Probe so hoch erhitzt, daB sich ein Plasma aus Ionen und Elektronen bildet, in dem Elemente spektroskopisch nachzuweisen sind. Wenn Metalle wie Quecksilber oder Blei im Boden als schwerlosliche Sulfide vorliegen, sind sie nicht extrahierbar, und der Nachweis wird extrem schwierig.

ArbeitsschutzUm vor explosionstrachtigen Grubengasen zu warnen, nahmen friiher in Kohlerevieren Bergleute Kanarienvogel als ,,Biosensoren" mit in den Schacht, ein Verfahren, das heute zu Dauerprotesten von Tierschiitzern fuhren wiirde. Bei einem zu hohen Methangehalt veranderte sich das Verhalten des Tieres. Heute sind gefahrdete Arbeitsplatze mit automatischen Luftsammlern ausgeriistet, in denen eingesaugte Schadstoffe zunachst an Aktivkohle adsorbiert werden. Daraus ent-

fernt, kann mit spektroskopischen, elektrochemischen, Rontgen- oder naachemischen Methoden die Konzentration bestimmt und entschieden werden, ob zulassige Grenzwerte uberschritten wurden. Aber es gibt nicht nur die Information danach, sondern auch online, wie das groBe Angebot von Priifrohrchen fur die unterschiedlichsten Schadstoffe auf der ACHEMA zeigen wird. '94 Ein wahres Hygienemanagement benotigt die Lebensmittelverfahrenstechnik, wenn es darum geht, Schimmelpilze, Salmonellen und andere Mikroben daran zu hindern, ihrer groBten Begabung nachzugehen und Lebensmittel fur den menschlichen Verzehr ungenieBbar zu machen. Dabei ist die biochemische Analytik nur eine unter mehreren Moglichkeiten. Im HACCP-Konzept (hazard analysis on critical control point) beispielsweise werden gemeinsame, von einem Team aus Betriebsleitung, Ingenieuren, Mikrobiologen und Qualitatsverantwortlichen potentielle Risiken auf dem Weg des Lebensmittels analysiert und dann anhand von FlieBdiagrammen kritische Punkte identifiziert. Fur diese Punkte werden gemeinsam Pruf- und Uberwachungsverfahren festgelegt. Fur die Produktion und Abfullung empfindlicher Lebensmittel werden Reinraume immer wichtiger, also Zonen mit Luft

bestimmter Qualitat. Aber auch in der Fertigung von mikroelektronischen oder optoelektronischen Bauteilen, von Pharmaka oder in Operationssalen muB die Umweltanalytik kontrollieren, ob die zugelassene Zahl von Fremdpartikeln pro Volumeneinheit Luft nicht uberschritten wird. Meist werden lasergestiitzte Teilchenzahler eingesetzt, durch die standig ein Luftstrom gesaugt wird. Licht einer Laserdiode wird von durchstromenden Teilchen, wie Hautschuppen, Salzkorner oder Staub, gestreut, und die Auswerteeinheit registriert ihre Zahl. Komplette Reinraumsysteme enthalten zusatzlich Sensoren, mit denen alle relevanten Parameter wie Temperatur, Feuchte, Stromungsgeschwindigkeit der umgewalzten Luft und der erforderliche geringe Uberdruck im Raum bestimmt werden.

SchadgaseIm stationaren Betrieb, also bei gleichmaRigen Fahrbedingungen, haben Automobile inzwischen ein Optimum in bezug auf die Umweltfreundlichkeit erreicht. Der Motor verbraucht wenig Kraftstoff, und der SchadstoffausstoB ist gering. Nicht optimiert sind jedoch dynamische Betriebszustande wie im richtigen Leben, z.B. im Stadtverkehr. Um

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auch unter dynamischen Bedingungen die Abgaszusammensetzung messen und den Motor immer so steuern zu konnen, daB der Kraftstoffvcrbrauch und Abgasschadstoffe (mit Katalysatorhilfe) minimal sind, benotigt man schnelle Instrumente. Dazu gibt es Prototypen von Halbleiterlasern, die inline in einer MeBzelle gleichzeitig Kohlenmonoxid und Stickoxid quantitativ bestimmen. Ein deutscher Automobilkonzern koppelt fiir die Abgasanalyse schadstoffarmer Motorcn in der Werkstatt Laser und Massenspektromcter (MS). Rempi und Retof, so die Akronyme dieser Methode, arbeiten mit Wiederholungsraten von 100 Hertz. Alle 10 Millisekunden kann also gemessen werden, wodurch der nahezu simultane Nachweis etlicher Substanzen moglich ist. Rempi (resonance enhanced multi photon ionization) erlaubt, den Laser auf bestimmte Molekule zu serlsibilisieren. Retof (reflection time of flight ist eine MS-Methode hochster Auflosung. Mit Mikrowellen arbeitet ein neues Nachwcisgzrat fur toxische Gase, wie sie in der

chemischen Industrie oder nach Verbrennungsprozessen auftreten konnen. Die Gase entziehen der elektromagnetischen Strahlung im Gigahertz-Bereich einen spezifischen Teil der Energie. Das wird gemessen und umgerechnet auf die Konzentration des Gases. Das funktioniert z. B. mit Formaldehyd, Methanol, Ammoniak und Distickstoffoxid. Durch ein neuentwickeltes Modulationsverfahren auf Basis des Sattigungseffekts der Gase IaBt sich das Gerat klein und tragbar bauen.

BiomonitoreEine noch so genaue und selektive chemische Analytik kann keine Aussage uber die Toxizitat, also die biologische Wirksamkeit von Schadstoffen machen. Da mussen lebende Systeme eingesetzt werden als Simulationsmodelle fur den Menschen. In FlieBgewassern werden Organismen wie Bakterien, Algen, Muscheln, Kleinkrebse und Fische in Biomonitoren eingesetzt. In diesen Testautomaten greifen Schadstoffe in den Stoffwechsel der Organismen ein und

losen Reaktionen aus. So wird bei einem neuentwickelten Leuchtbakterientest ein Teil der Stoffwechselenergie bestimmter Mikroorganismen in Licht umgesetzt. Eine Hemmung der Stoffwechselreaktion durch toxische Stoffe fuhrt zu einer Minderung der Lichtemissionen. Die gernessene Hemmung der Leuchtintensitat liefert direkte Hinweise auf die Schadstoffwirkung. Andere Biomonitore messen Anderungen im Schwimmverhalten des Wasserflohs (Daphnia magna) oder irn SchlieBverhalten von Muscheln. SchlieBen sich beim Einstromen von Schadstoffen die Muschelschalen unnormal, kann uber die angeschlossene EDV sofort ein Alarmsignal gegeben werden. Biomonitore reagieren ernpfindlich auf Herbizide, Schwermetalle oder Selen selbst in Mikrogramm pro Liter. Biornonitore selbst werden auf der ACHEMA weniger zu sehen '94 sein als vielmehr das Wissen um solche Verhaltensweisen und naturlich Schnittstellen und Peripherie, die solchc Veranderungen registrieren und darauf aufmerksam machen.

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Modellierung von Stoffausbreitungen*32. Tubing-Symposion der DECHEMA e.V.Das diesjahrige 32. Tutzing-Symposion der DECHEMA 7. bis 10. M a n 1994 war der vom Modellierung von Stoffausbreitungen gewidmet. AnlaB zur Wahl des Themas waren Probleme und Fragen, mit denen sich die DECHEMA-Arbeitsausschiisse zur UmWektechnik und Schadstoffausbreitung sowie der die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags zum Schutz des Menschen und der Umwelt begleitende DECHEMA/GDChGemeinschaftsausschufi Okobilanzen befassen. Wahrend zur Modellierung der Ausbreitung von Luftverunreinigungen in den letzten k h n e h n t e n Rechenmethoden entwickelt wurden, die zum Teil bereits Aufnahme in Richtlinien und Verordnungen gefunden haben, sind der Transport und die Verteilung von Schadstoffen in und zwischen den Kompartimenten Wasser, Boden und Luft unter Einbeziehung von Degradation, Transformation und Akkumulation wesentlich komplizierter zu modellieren. In der Evangelischen Akademie Schloll Tutzing wurden 25 wissenschaftliche Vortrage zu dem interdisziplinaren Thema prasentiert und von den rund 90 Teilnehmern des Symposions intensiv diskutiert. Zu Beginn des Symposions definierte Prof. Dr. M. Mutthies, Univ. Osnabruck, die Ziele der Modellierung von Stoffausbreitungen in der Umwelt. Die Fragestellungen reichen von der Stor- oder Unfallfolgenabschatzung uber Expositionsberechnungen fur Risikoabschatzungen bis hin zu globalen biogeochemischen Verteilungsmodellen. Modelle zur Vorsorge, Friiherkennung und Prognose sind zunehmend wichtiger geworden, da sich der Schwerpunkt der Anstrengungen zum Schutz der Umwelt von der Beseitigung von Umweltbelastungen zur Vorsorge und Gefahrdungsabschatzung verschoben hat. Der erste Themenblock behandelte lokale Ausbreitungsvorgange (Vorsitz: Dip1.-Math. G. Herberg, Hoechst AG, FrankfurtlM.). Zur Modellierung des Transports und der Transformation organischer Verunreinigungen in aquatischen Systemen wurde am Beispiel Schweizer Seen und des Herbizids Atrazin das Simulationswerkzeug MASAS (Modellierung anthropogener Substanzen in aquatischen Systemen) entwickelt, das eine Prognose der Substanzkonzentration als Funktion der Zeit und der Wassertiefe erlaubt (Dr. M. Ulrich, EAWAG, Dubendorf/CH) . Die Versickerungsneigung von Pflanzenschutzmitteln in Boden kann mit Hilfe des Computermodells PELMO (Pesticide Leaching Model) berechnet werden, das bereits standardmaaig im Rahmen der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zur Abschatzung der Grundwasserbelastung venvendet wird (Dr. M . Klein, Fraunhofer-Institut fur Umweltchemie und Okotoxikologie, Schmallenberg). Fur die Ausbreitung von Schadstoffen uber den Luftpfad unter Berucksichtigung von Freisetzung, Transport durch den mittleren Wind, Dispersion durch Luftturbulenz, Umwandlungen sowie trockener und nasser Deposition erlauben Partikel-Modelle (Lagrange-Modelle) gegenuber dem ublichen GauB-Fahnenmodell eine physikalisch korrektere Modellierung und werden z.B. als Model1 LASAT im Kernkraftwerk-Fernuberwachungssystem des Landes Niedersachsen eingesetzt (Dr. L. Junicke, Uberlingen). Am Beispiel des Ausbruchs einer Chlorgaswolke erlauterte G. Herberg die Anwendung von Lagrange-Modellen zur Teilchensimulation anlagenbezogener Stoffausbreitungen in der Atmosphiire in ihrem zeitlichen Ablauf auch in Bodennahe mit bebauten Strukturen und der Sedimentation schwerer Teilchen sowie trockener und nasser Deposition. Fur On-line-Ausbreitungsrechnungen bei Storfallen in Industrieanlagen oder bei Unfallen mit Gefahrguttransporten wird zur Zeit im Auftrag des BMFT ein Programmsystem COMPAS entwickelt, mit dem z.B. eine Feuerwehr in die Lage versetzt werden soll, in der Einsatzzentrale und mobil vor Ort die Gefahrenbereiche ausreichend schnell und genau festzulegen (Prof. Dr. G. Munier, Meteorologisches Institut der TH Darmstadt; Brenk Systemplanung, Aachen). Das System wird bei der Berufsfeuenvehr Koln erprobt und soll in Zukunft auch fur die Sicherheitsanalyse bei einer Ausbreitung innerhalb von bebautem Gebiet anstelle der VDI-Richtlinie 3783 (Blatt 1) anzuwenden sein. In einem zweitenThemenblock wurden der grollraumige Transport uud die grollraumige Verteilung von Schadstoffen diskutiert (Vorsitz: Prof. Dr. E. Schuller, Fraunhofer-Institut fur atmospharische Umweltforschung, Garmisch-Partenkirchen). Der Austausch zwischen der turbulenten, im Mittel etwa lo00 m hohen atmospharischen Grenzschicht und der freien Atmosphare ist Grund fur den Transport von Luftverunreinigungen uber weite Entfernungen, wobei durch chemische Umwandlungen und Depositionsvorgange ein wesentlicher Stoffanteil bereits aus der atmospharischen Grenzschicht entfernt wird, bevor eine homogene Verteilung uber die Troposphare ablauft. Die fur globale Betrachtungen wichtige Frage, welcher Anteil der in der Berichterstatter: Dr. G. Collin, DECHEMA atmospharischen Grenzschicht enthaltee. V., FrankfurtlM. nen Stoffe an die freie Atmosphare ubergeChem.-1ng.-Tech. 66 (1994) Nr. 5

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Evungelische Akademie Schlojl Tutzing, der Tagungsort des Symposions.ben wird, ist gegenwartig noch Gegenstand intensiver Forschungen; erste Ergebnisse am Beispiel von Baden-Wurttemberg prasentierte Prof. Dr. E Fiedler (Institut fur Meteorologie und Klimaforschung der Univ. Karlsruhe). Zur Abschatzung des Ferntransports von Luftschadstoffen wird im Rahmen des EUREKA-Umweltprojekts EUROTRAC ein Rechenmodell EURAD (Europaisches Ausbreitungs- und Depositionsmodell) entwikkelt und zur numerischen Simulation der Luftqualitat im europaischen Raum eingesetzt (Prof. M . Memmesheimer, Institut fur Geophysik und Meteorologie der Univ. Koln) . Zur Modellierung atmospharischer Schadstoffeintrage in die Nord- und Ostsee ist das dreidimensionale Stromungsmodell METRAS mit einer horizontalen Auflosung von einigen km2 bis zu einigen 10 km2 und einer zeitlichen Auflosung von Minuten geeignet, wobei die modellierten Depositionsfelder entscheidend von den Eingangsdaten zur groBraumigen meteorologischen Situation, Topographie und Emissionsdaten abhangig sind (Dr. K. Heinke Schlunzen, Meteorologisches Institut und Zentrum fur Meeres- und Klimaforschung der Univ. Hamburg). Wunschenswert ware eine Erweiterung des Modells bezuglich chemischer Umsetzungen, der Niederschlage und zeitabhangiger groBraumiger meteorologischer Situationen. Zur Modellierung groBraumiger Transporte und Verteilungen chemischer Schadstoffe in den verschiedenen Kompartimenten Luft, Wasser, Boden und Sedimente laBt sich mit Vorteil das ,,Multimedia Fugacity Modelling" anwenden, das allerdings auf organische, nichtionisierbare Verbindungen beschrankt ist. Entwickelt wurden hierbei das RIVMODEL zur Simulation der Chemikalien-Konzentrationen in Gewassern und deren Sedimenten sowie HAZCHEM zur Simulation der Konzentrationen in Luft, Wasser, Boden, Sedimenten, Pflanzen sowie pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln (Dr. W E ten Berge, DSM, HeerlenNL). Simulationsmodelle fur den Transport von Schadstoffen im Grundwasser konnen im allgemeinen nur ein grobes Abbild der Prozesse im Aquifer geben, jedoch sind auch mit unsicheren Modellen oft sinnvolle Prognosen moglich, insbesondere dann, wenn eine wirkungsvolle MaBnahme zur Losung eines Verschmutzungsproblems gefunden wird, deren Simulation unempfindlich gegenuber unsicheren Modellparametern ist . Dies zeigte an Beispielen zur Simulation einer biologischen in situ-Sanierung einesToluol/Xylol-Schadenfalls sowie der stochastischen Modellierung zweier Brunneneinzuggebiete Prof. Dr. W Kinzelbuch (Institut fur Umweltphysik der Univ. Heidelberg). Der dritte Themenblock befaBte sich mit Degradation, Transformation und Akkumulation von Schadstoffen (Vorsitz: Prof. Dr. J. Klein, GSF-Forschungszentrum fur Umwelt und Gesundheit GmbH, OberschleiBheim). Der Transfer von Herbiziden wie Carbofuran, Lindan und Atrazin, der Chlorkohlenwasserstoffe LCKW sowie PCB und PCDDlF vom Boden oder uber die Luft in Pflanzen als erster Schritt fur eine Belastung der Nahrungskette und auch des Menschen ist von den Verteilungskoeffizienten zwischen Luft und Wasser sowie von der Starke der Lipophilie der Stoffe abhangig, wobei ein Problem der Modellierung die oft schnelle Metabolisierung von Stoffen innerhalb der Pflanze ist (Dr. S. T r q y , Angewandte Systemwissenschaft , Univ. Osnabruck). Der Photoabbau von Stoffen in der Umwelt ist von groBer Bedeutung fur die abiotischen Abbaureaktionen in Luft, Wasser und Boden. Mit Ausnahme des Bodens wurden hierzu verschiedene Rechenprogramme entwickelt, die zum Teil bereits Eingang in Umwelt-Datenbanken gefunden haben (Prof. Dr. W Klopffer, C. A. U. Gesellschaft fur Consulting und Analytik im Umweltbereich, Frankfurt/M.-Dreieich). Zur Modellierung der Entfernung und des Bioabbaus von Waschmitteln in AbwasserBehandlungsanlagen sind unter Berucksichtigung der Anforderungen an die europaische Chem.-1ng.-Tech. 66 (1994) Nr. 5

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chemische Industrie Rechenmodelle entwikkelt worden, deren Anwendbarkeit insbesondere fur lineare Alkylsulfonate mit befriedigendem Erfolg uberpruft wurde (Dr. 7: Feijtel, Procter & Gamble, Strombeek-Bever/B). Die Modellierung von Schadstoffanreicherungen in landwirtschaftlichen Nahrungsketten ist besonders wichtig fur das Milchfett, das in Deutschland allein fur etwa ein Drittel der taglichen Aufnahme schwerfluchtiger chlororganischer Verbindungen verantwortlich ist. Fur die Kuh wurde hierzu ein Modell entwickelt (Dr. M. S. McLachlun, Lehrstuhl fur Okologische Chemie und Geochemie der Univ. Bayreuth). Das Bioakkumulationspotential von organischen Umweltchemikalien in aquatischen und terrestrischen Organismen sowie im Menschen ist mit Hilfe von quantitativen Struktur-Wirkungs(QSAR)Modellen abschatzbar (Dr. H . J. Ceyer, Institut fur Okologische Chemie im GSF-Forschungszentrum fur Umwelt und Gesundheit GmbH, OberschleiRheim). Der vierte und letzte Themenblock behandelte die Bewertung und Anwendung von Modellergebnissen (Vorsitz: Prof. Dr. M. Matthies, Osnabruck, und Prof. Dr. R. Zellner, Institut fur Physikalische und Theoretische Chemie der Univ. Essen). Neu entwickelt wurde das ,,Dutch Uniform System for the Evaluation of Substances (USES)" im Rahmen des 1989 erstellten niederlandischen nationalen Umweltpolitikplans (Drs. T Jager, RIVM, BilthovedNL). Berucksichtigt werden dieverordnungen und Empfehlungen der Europaischen Union und das Chemikalienprogramm der OECD. Zur Beurteilung von Wirkungen und Exposition wird ein ,,hazard quotient" aus ,,Predicted Environmental Concentrations (PEC)" und ,,No-Effect Concentrations (NEC)" gebildet. Die Grundlagen der biologischen Wirkung von Stoffeintragen in naturnahen Waldokosystemen sind fur die Nutzung im Rahmen der Forst- und Wasserwirtschaft (Vorhersage der Biomasseproduktion und Trinkwasserqualitat) sowie fur den Naturschutz (Vorhersage von Artenzusammensetzung) im Hinblick auf eine zuverlassige, langfristige Vorhersagbarkeit von groBer Bedeutung (Prof. Dr. M. Hauhs, Lehrstuhl fur Okologische Modellbildung der Univ. Bayreuth). Meist ist die Ursachenkette der Okosystemveranderungen auf ProzeBebene noch unklar, so daB ein hoher Forschungsbedarf besteht. Ergebnisse der Ausbreitungsmodellierung lassen sich in Stoffbewertungsmodellen einsetzen (Dr. M . Herrchen, Fraunhofer-Institut fur Umweltchemie und Okotoxikologie, Schmallenberg). Daneben benotigen auch schutzziel- und nutzungsbezogene Bewertungsmodelle z. B. zur Ableitung eines Qualitatsziels fur Wasser, Boden und Luft die Ergebnisse von Ausbreitungsmodellen. Die Stickstoff- und Phosphoreintrage in Oberflachengewasser uber diffuse Quellen insbesondere der Landwirtschaft erlauben ursachen-

orientierte Liisungsansatze zu ihrer hinreichenden Verminderung, so unter anderem einen bedarfsorientierten Einsatz und eine bessere Verwertung der Diingemittel, wobei ein Einsparungspotential an Nahrstoffen fur die Landwirtschaft von mehr als 50 % abgeschatzt wurde (Dr. K. Zsermann, Hanhofen). Im Auftrag der Kommission der Europaischen Gemeinschaften wurde von E. Britter an der Univ. Cambridge eine Studie uber ,,The evaluation of technical models used for major-accident hazard installations" erarbeitet. Die Methoden zur Evaluierung von Modellen in der Risikobewertung werden anschlieaend an diesen Report von einer ,,Model Evaluation Group" weiterentwickelt (Dr. K. E. Petersen, Ris0 National Laboratory, Roskilde/DK). Zur Anwendung von Modellen im Rahmen der Risikobewertung von Chemikalien sind Voraussetzungen und Grenzen zu beachten; dabei dient der Gefahrdungsabschatzung der Quotient PEC/NEC (Dr. K Koch, Hoechst AG, FrankfurtlM.) Die Evaluierung von Modellen fur atmospharische Transportvorgange und luftchemische Prozesse laRt darauf schlieRen, daR auch komplexe, raumlich und zeitlich hochauflosende, dem derzeitigen Stand der Forschung entsprechende Modelle die Immission in gegliedertem Gelande vielfach noch nicht rnit der fur Planungszwecke erforderlichen Genauigkeit vorausberechnen konnen (Prof. Dr. E. Schaller, Garmisch-Partenkirchen). Mathematische Ansatze zu einer okotoxikologischen Bewertung vermeiden die willkurliche Bildung eines Index zum Zwecke einer Einstufung von Objekten wie z. B. von Chemikalien (Dr. R. Bruggemann, GFS-Forschungszentrum fur Umwelt und Gesundheit, OberschleiRheim). Wenn Kausalketten anhand von Modellen noch nicht schlussig aufgebaut werden konnen, lassen sich unter Anwendung der Verbandstheorie rnit Hilfe von ,,Hasse-Diagrammen" geeignete Bewertungsalgorithmen mit einer Visualisierung ,,halbgeordneter" Mengen bereitstellen, wobei die in einer Menge zusammengefaBten Objekte durch mehr als ein Attribut charakterisiert werden. Ein Abendvortrag uber die Anforderungen an Ausbreitungsrechnungen fur storfallbedingte Stofffreisetzungen aus Sicht des Verordnungsgebers (Dr. H.-J. Pettelkau, Bundesministerium fur Umwelt, Bonn) sowie eine von Prof. Zellner geleitete SchluBdiskussion zur Transformation von Modellsimulationen in Risikobetrachtungen und politisches Handeln unter Berucksichtigung der Arbeiten in der Enquete-Kommission zum Schutz des Menschen und der Umwelt rundeten das inhaltsreiche Symposion ab. Die wissenschaftlichen Ergebnisse werden in Kurze in der Zeitschrift ,,Umweltwissenschaften und Schadstoff-Forschung" publiziert.

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GVC-FachausschuB Rheologie"Das diesjahrige Treffen des GVC-Fachausschusses ,,Rheologie" fand am 17. und 18. Februar 1994 in Heidelberg statt.Wie ublich war die Veranstaltung in zwei Vortragsreihen am Donnerstag Nachmittag und am Freitag Morgen eingeteilt. Sie wurde in diesem Jahr zum letzten Ma1 von dem langjahrigen Vorsitzenden des Ausschusses, Prof. Dr. rer. nat. Paul Schiimmer, Institut fur Verfahrenstechnik, RWTH Aachen, geleitet. Es wurden insgesamt 16 wissenschaftliche Arbeiten vorgetragen und von ca. 40 Teilnehmern diskutiert. Die einzelnenvortrage lassen sich wie folgt zu vier Themenkreisen zusammenfassen: 1. Rheologisches Verhalten von Suspensionen (5 Vortdge) 2. Stromungsverhalten und Rheometrie (6 Vortrage) 3. Rheologie und molekulare Struktur (2 Vortrage) 4. Numerische Simulation (3 Vortrage) Auch in dieser recht willkurlichen Zusammenfassung zu verschiedenen Themenkreisen bleibt die Thematik der Vortrage innerhalb der einzelnen Gebiete teilweise noch sehr weit gefachert. So fallen etwa unter den ersten Themenkreis so verschiedenartigevortrage wie das Referat von Dr. H . M . Laun, BASF AG, LudwigshafedRh., uber ,,Normalspannungen konzentrierter Polymerdispersionen im Bereich starker Dilatanz" oder dasjenige von Dip1.-Chem. A. Miiller, Mitautor: Prof. Dr. habil. J. Kernpe, Fachbereich MaschinenbauNerfahrenstechnik der Hochschule furTechnik und Wirtschaft in Dresden, ,,Zur Berucksichtigung der Scherbeanspruchung im FlieBverhalten von KohlelOl-Suspensionen". Laun berichtete uber seine Untersuchungen an Dispersionen aus StyroVEthylacrylat-Copolymeren Glykol. Die in Dispersionen zeigen im Bereich niedriger Schergeschwindigkeiten ein ausgepragt strukturviskoses Verhalten, dem sich beim Uberschreiten einer kritischen SchergeBerichterstatter: Dip1.-Ing. Chr. Becker, schwindigkeit eine starke Scherverfestigung Institut fur Verfahrenstechnik, RWTH anschlieBt. Mit Hilfe von Neutronen-KleinAachen. winkelstreuexperimenten konnte nachgewiesen werden, daB die Viskositatsanderungen mit der Ausbildung unterschiedlicher scherinduzierter Teilchenuberstrukturen verbunden sind. Miiller referierte uber den Einsatz verschiedener halbempirischer Beziehungen zur Auswertung scher- und konzentrationsabhangiger Versuchsdaten. E s wurde festgestellt, daB die scherabhangigen Einflusse sich vorzugsweise im Verhalten der Grenzviskositatszahl [ y] widerspiegeln. Die Ruckfuhrung dieser Schergefalleabhangigkeitauf stoffliche Parameter ist zur Zeit Gegenstand weiterer Untersuchungen. Prof. Dr.-Ing. E. Windhub, Institut fur

Lebensmittelwissenschafteflerfahrenstechnik der ETH Zurich, stellte in seinemvortrag ein ,,Konzept zur Beschreibung der relativen Viskositat von konzentrierten Suspensionen mit ausgepragt scherinduziertem Strukturierungsverhalten" vor. Die in der Literatur zu findenden herkommlichen Beschreibungen der relativen Viskositat von Suspensionssystemen sind aufgrund des Einflusses der dispersen strukturellen Wechselwirkungen (Stichwort: FlieBgrenze) im Bereich kleiner Schergeschwindigkeiten nur unzureichend in

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der Lage, cine hinreichend genaue Abschatzung zu liefern. Mit Hilfe einer neuentwickelten Beschreibung des Einflusses von Scherspannungen auf die strukturellen Wechselwirk ungen in hochkonzentrierten Suspensionen honnte eine Beziehung fur die im Bereich kleiner Scherraten von der Schergeschwindigkeit abhangige relative Viskositat abgeleitet werden. In einem Referat der Autoren Dipl.-Ing. S. Koch und Prof. Dr.-Ing. K. StrauJ3,Lehrstuhl E nergieprmeBtechnik der Universitat Dortniuntl, wurde ,,Uber den EinfluB elektrischer Ladungen auf die rheologischen Eigenschaften in einer Stabchensuspension" beriehtet. KaticmischeTenside zeigen bei einer Konzentration. die in der Ruhelosung zu Stabchenmizellen fuhrt, ab einer gewissen Schergeschwindigkeit einen sogenannten scherinduzi.:rtcn Zustand, der sich dureh einen sprunghnften Anstieg der Viskositat auszeichnet. In diesern Zustand werden auch viskoelastische Eigenschaften beobachtet. Als mogliche Erklaruiig fur ein solchesVerhalten kommt eine kristallahnliche Anordnung der Stabchen in der LBsung in Betracht. Es wurde versucht, des rheologische Verhalten solcher Tensidlosungen zu modellieren, indem davon ausgegangen wurde, daB die Mizellen sich rheologixh wie starre Hanteln verhalten, wobei die

Varianz der Wahrscheinlichkeitsdichte fur die Orientierung der Hanteln durch die Coulombschen Krafte, die zusatzlich zu den hydrodynamischen Kraften wirken, verringert wird. Ein weiterer Vortrag zum rheologischen Verhalten von Suspensionen wurde gehalten von Dip1.-Ing. B. Hochstein. Er referierte uber seine in Zusammenarbeit mit Dr.-Ing. W Gleiple, Institut fur Mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik der Univ. Karlsruhe (TH), durchgefuhrten Untersuchungen ,,Zur Gultigkeit der Cox-Merz-Beziehung fur Suspensionen rnit viskoelastischen Matrixflussigkeiten". Bei vernachlassigbaren PartikeVPartikel-Wechselwirkungskraften kann die Anderung des FlieSverhaltens von Fest/Flussig-Suspensionen in Abhangigkeit vom Feststoffgehalt nach dem Konzept der schubspannungsaquivalenten inneren Schergeschwindigkeit mit einem einzigen Parameter beschrieben werden. Zur Ubertragung der in stationaren Scherversuchen gewonnenen Ergebnisse auf die oszillatorische Scherung wurde eine modifizierte Cox-Merz-Beziehung fur Suspensionen mit viskoelastischen Matrixflussigkeiten vorgestellt. Zum Thema Stromungsverhalten und Rheometrie waren ebenfalls ganz unterschiedliche Vortrage vertreten. Das erste

Referat aus dieser Reihe stammte von Dr. Chr. Friedrich, Institut fur Makromolekulare Chemie der Albert-Ludwigs-Univ. Freiburg, und behandelte ,.Rheologische Konstitutivgleichungen rnit gebrochenen Ableitungen: Anwendung auf statistisch verzweigte Polymere und physikalische Interpretation auf der Basis von Leitermodelleri". Ziel der Arbeit von Friedrich war die Beschreibung komplizierter Stoffe, fur die keine Beschreibungsmoglichkeiten auf molekularer Basis vorliegen. Es wurden dazu als Beispiel rheologische Messungen (G' - Speichermodul, G" - Verlustmodul in Abhangigkeit von der Frequenz lo) an verzweigten Polybutadienen vorgestellt. Diese Polymere zeigen zwischen dem Plateaugebiet und der FlieBzone mehrere Potenzgesetzbereiche. die auf stark verlangsamte Relaxationsprozesse hinweisen. Dieses Verhalten wurde phanomenologisch durch Erweiterung der hckannten rheologischen Konstitutivgleichungen mit gebrochenen Ableitungen beschrieben. ,,Dynamisch-mechanische Untersuchungen an heterogenen Polyrnerschmelzen" waren das Thema eines Vortrages von H. H. Sandner und seinen Koautoren Prof. Dr. H. Miinstedt und Prof. Dr. E R. Schwarzl vom Lehrstuhl fur Kunststoffe dcr Univ. ErlangenNurnberg. PVC-Schmelzen verhalten sich

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unterhalb einer charakteristischen Temperatur ahnlich wie gefullte Schmelzen. Diese Tatsache kann rnit auf geringen kristallinen Anteilen beruhenden Heterogenitaten im schmelzflussigen Zustand erklart werden. Fur funf getemperte Polycarbonate rnit unterschiedlichen Molmassen wurden Abhangigkeiten des dynamisch-mechanischen Verhaltens von Temperzeit und -temperatur ermittelt und mit Hilfe von Modellvorstellungen eine Interpretation der Ergebnisse versucht. Dip1.-Ing. t? Mayer und Prof. Dr.-Ing. M. H. Wagner berichteten uber ihre ,,Untersuchungen zur Irreversibilitat von Netzwerkentschlaufungen beim FlieRen von Polymerschmelzen". Wagner und Stephenson formulierten 1979 ausgehend von einer temporaren Netzwerktheorie der Polymerschmelzen die folgende Irreversibilitatsannahme: Die sich wahrend zunehmender Deformation von Polymerschmelzen entschlaufenden Netzwerksegmente werden bei anschlieRender abnehmender Deformation nicht wieder aufgebaut. Diese Annahme wurde mittels eines konventionellen Kegenlatte-Rheometers in Wechselspannversuchen an Schmelzen eines verzweigten Polyethylens und eines linearen Polyisobutylens untersucht, und die dabei erhaltenen Schub- und Normalspannungen wurden mit theoretischen Voraussagen von rheologischen Zustandsgleichungen vom Integraltyp rnit und ohne Irreversibilitatsannahme verglichen. Prof. Dr. t? 0. Brunn, Lehrstuhl fur Stromungsmechanik der Univ. Erlangen-Nurnberg, prasentierte ein Referat uber ,,Kommerzielle Rotationsviskosimeter und ihre Bedeutung fur die Rheologie". Es wurde gezeigt, wie sich die in kommerziellen Rheometern gewonnenen MeRergebnisse sinnvoll auswerten lassen. Probleme tauchen dabei auf, weil bekanntermaRen solche Rotationsviskosimeter elementar lediglich Aussagen uber die scheinbare Viskositat zulassen. Diese GroRe ist geratespezifisch und hangt davon ab, welches MeRsystem venvendet wird. Auch die BezugsgroRe (z. B. die Scherrate) ist wichtig und nicht eindeutig zuzuordnen. Die Auswirkungen auf die fluidspezifischen FlieBkurven wurden demonstriert. ,,Dehnstromungen rnit schneller Umkehr der Deformationsrichtung" waren das Thema des Referates von Dipl.-Ing. Th. Konig, Institut fur Mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik der Univ. Karlsruhe, und seinem Koautor Prof. Dr. rer. nat. H. Buggisch. An diesem Institut wurde ein Dehnrheometer entwickelt, mit dem man derartige Stromungen verwirklichen kann. Bei diesem Rheometer wird eine kugelformige Blase von niedrigviskoser, inkompressibler und nicht rnit dem Probenmaterial mischbarer Verdrangerflussigkeit in die zu untersuchende Probe von vergleichsweise hoher Viskositat mittels einer Duse injiziert. Wachstum bzw. Schrumpfen dieser Blase fuhren in dem umgebenden Probenmaterial zu zwei- bzw. einachsigen

Dehnungen. Durch die Dosierung der Ver- Kautschukphase das Viskositatsniveau bei drangerflussigkeit mit einem durch einen kleinen Scherraten und der Anstieg der tranSchrittmotor angetriebenen Kolben ist das sienten Dehnviskositat als Funktion der DehVerfahren deformationsgesteuert. MeRgroBe nung gesteuert werden konnen. Durch die ist der Druck im Inneren der Blase. Es Einbringung von Verzweigungen in die wurden Versuchsergebnisse an Silikonolen Matrix kann eine Dehnverfestigung erzielt und Polyisobutylenschmelzen fur verschiede- werden. Der wechselseitige EinfluB von ne Deformationsgeschichten vorgestellt und FlieBverhalten und Morphologie wurde dernit Berechnungen nach verschiedenen Mo- monstriert und die Interpretation der experimentellen Daten durch dieTheorie der lineadellen verglichen. Die ,,Zylinderumstromung rnit schwach ren Viskoelastizitat und die Theorie der gumelastischen Tensidlosungen" war Gegenstand miartigen Flussigkeit unterstutzt. Die Vortrage zum Gebiet der numerischen des letzten Vortrages zum Themengebiet Stromungsverhalten und Rheometrie. E r Simulation wurden eingeleitet durch ein wurde gehalten von Dip1.-Ing. M . Urban, Referat von Dipl.-Ing. Chr. Becker, Institut Lehrstuhl EnergieprozeRtechnik der Univ. fur Verfahrenstechnik der Rheinisch-WestfaDortmund. Koautor war Prof. Dr.-Ing. K. lischen Technischen Hochschule Aachen. Das Struufl. Mit Hilfe der Laser-Doppler-Anemo- Referat entstand in Zusammenarbeit rnit metrie (LDA) gewonnene Ergebnisse zeigen, Prof. Dr. rer. nat. l? Schiimmer. Zur ModeldaB die Zylinderumstromung rnit einer Ten- lierung der Stromung einer viskoelastischen sidlosung im Vergleich zur waBrigen Umstro- Flussigkeit durch eine hyperbolische Verenmung vollstandig anders verlauft. Mit Hilfe gung wurde hier eine Storungsrechnung fur einer Schlierenoptik wurden die Unterschie- die Stromung eines inkompressiblen Secondde bei der Wirbelentstehung fur die Zylinder- Order-Fluids durchgefuhrt. E s zeigt sich hier, umstromung mit Wasser bzw. einer Tensidlo- wie auch im Experiment, daR signifikante sung (Tetradecyltrimethylammoniumsalicy- Einlaufwirbel aufgrund der elastischen Effeklat) ermittelt. Die rnit diesem Verfahren te erst bei recht hohen Weissenberg-Zahlen gewonnenen Ergebnisse wurden rnit LDA- zu beobachten sind. Es ist daher nicht zu erwarten, daB diese in dem bisher bei der MeBergebnissen verglichen. Im Schwerpunkt Rheologie und molekula- vollstandigen numerischen Simulation, etwa re Struktur wurde zunachst von Dipl.-Chem. unter Zugrundelegung des bekannten StoffK. Fuchs, Materialforschungszentrum der gesetzes von Oldroyd, erreichten Bereich Albert-Ludwigs-Univ. Freiburg, uber den dieser Kennzahl auftreten. ,,EinfluR der Taktizitat, des MolekulargeFrau Dr. K. Feigl, Mitautor: Dr. H. C. wichts und der Molekulargewichtsverteilung Ottinger, Institut fur Polymere der ETH auf die viskoelastischen Eigenschaften von Zurich, hielt einen Vortrag rnit dem Titel: monodispersem PMMA" vorgetragen. Koau- ,The Flow of a LDPE Melt Through an toren waren Dr. J. Weese und Dr. Chr. Fried- Axially Symmetrical Contraction: A Numeririch. Es wurden hoch syndiotaktische Poly- cal Study and Comparison to Experimental methylmethacrylate in einem breiten Mole- Results". Es wurde die Stromung einer kulargewichtsbereich rnit geringer Polydi- LDPE-Schmelze in einer abrupten axialsymspersitat synthetisiert und mit den Methoden metrischen 10:1-Verengung mit Hilfe eines der mechanischen Spektroskopie rheologisch Finite-Elemente-Programmes simuliert und untersucht. Diese wurden mit entsprechen- mit experimentellen Ergebnissen einer andeden kommerziellen Produkten, die zu 60 % ren Forschungsgruppe verglichen. In der syndiotaktische und zu 35 % heterotaktische numerischen Simulation wurde ein separierTriaden aufweisen, verglichen. Als eines der bares integrales Stoffgesetz nach Rivlinwichtigsten Ergebnisse ist festzuhalten, daR Sawyers mit einem Spektrum von neun Reladie Taktizitat der Polymere unter Umstanden xationszeiten benutzt. Die Vergleiche der einen erheblichen EinfluR auf die dynamisch- experimentellen und der numerischen Ergebmechanischen Eigenschaften hat. nisse zeigten gute qualitative und in manchen Der,,EinfluB der molekularen Struktur und . Fallen auch quantitative Ubereinstimmung, der Morphologie kautschukmodifizierter was das Wachstum der Einlaufwirbel und den Polypropylene auf die rheologischen Eigen- Eintrittsdruckverlust betrifft. schaften in Scherung und Dehnung" wurde Zum AbschluR berichtete Frau Dip1.-Ing. vonDr. R. Hingmann, Dr. B. Marczinke, Dr. S. Bschorer, Lehrstuhl fur StromungsmechaH. G. Bruun und Dr. S. Brosius, Kunststoffla- nik der Univ. Erlangen-Nurnberg, uber ihre boratorium der BASF AG, Ludwigsha- Arbeiten zur ,,Stromungssimulation nichtfen/Rh., untersucht. Die rheologischen Ei- Newtonscher Fluide". Koautor dieses Referagenschaften der kautschukmodifizierten tes war Prof. Dr. t? 0. Brunn. Frau Bschorer zweiphasigen Polypropylene in Scherung stellte am Beispiel einer ebenen 4.1-Verenwurden rnit oszillatorischen Messungen cha- gung dar, wie die rheologischen Parameter rakterisiert. Uniaxiale Dehnexperimente mit (variable Scherviskositat, Normalspannungsvorgegebener Dehngeschwindigkeit wurden differenzen, . . .) und wie der Typ der rheolornit Hilfe eines Olbad-Dehnrheometers gischen Zustandsgleichung (z. B. Oldroyddurchgefuhrt. Es wurde gezeigt, wie uber die 4-Konstanten-Modell, Giesekus-Modell) die Beeinflussung der molekularen Struktur der numerischen Ergebnisse beeinflussen. Chem.-1ng.-Tech. 66 (1994) Nr. 5

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Korrosion und KorrosionsschutzAbschluB-Symposion des Forschungs- und EntwicklungsprogrammsVom 22. bis 25. November 1993 fand in Leipzig zeitgleich mit der LNNOMATA 93 Innovation by Materials; Internationale Ausstellung fur Materialtechnologie und Werkstoffanwendung - das AbschluB-Symposion des Forschungs- und Entwicklungsprogramms ,,Korrosion und Korrosionsschutz" des Bundesministersfur Forschung und Technologie mit dem Themenschwerpunkt Korrosionsforschung fur die Praxis statt. Die Deutsche Gesellschaft fur Chemisches Apparatewesen, ChemischeTechnik und Biotechnolo- Projekttriiger - verangie e. V. (DECHEMA) staltete dieses AbschluB-Symposion. Nach zwei Jahrzehnten Forderung durch das Bundesministerium fur Forschung und Technologie (BMFT) lief Ende 1993 das Forschungsprogramm Korrosion und Korrosionsschutz (FE-KKs) aus. Ziel und Motivation dieses FuE-Programms wares, die allgegenwartigen Korrosionsprobleme wissenschaftlich aufzuklaren und die Erkenntnisse einer breiten praktischen Nutzung zuzufuhren. Fur die fachliche, organisatorische und administrative Betreuung zeichnete die DECHEMA Projekttrager verantwortlich. als Mit ca. 5 bis 8 Mio. DM pro Jahr gehorte dieses Programm eher zu den kleineren Fordermaanahmen des BMFT. Im Laufe von zwanzig Jahren sind so aber immerhin 130 Mio. DM ZuschuB gewahrt worden. Zu diesen offentlichen Geldern kamen noch rund 111 Mio. DM von der Industne als Eigenmittel. In mehr als 500 Projekten, an denen Industrieunternehmen und Forschungsinstitute beteiligt waren, wurden Korrosionsprobleme fast aller Wirtschaftsbereiche bearbeitet. Die Schwerpunkte des Programms wurden in dieser Zeit mehrfach geandert und den aktuellen Problemen der Praxis angepaBt. So waren z. B. Korrosionsprobleme in Trinkwasserleitungen ein groBerer Fragenkomplex in der Anfangsphase. Spater wurden in einem groBen Verbundprojekt, an dem insgesamt 12 Industrieunternehmen und Forschungsinstitute beteiligt waren, Probleme der Korrosion durch sogenannte Gaswasser bearbeitet. Diese mit aggressiven Inhaltsstoffen anfallenden Gaswasser entstehen bei der Verarbeitung von Kohle und 0 1 . Ihresichere Handhabung ist aus Umweltschutzgrunden zwingend erforderlich. In den letzten Jahren waren u. a. Korrosionsprobleme im Stahlbetonbau ein Forschungsschwerpunkt des Programms. Ubergeordnete Kriterien bei der Bearbeitung aller Fragestellungen waren die Erhohung der Wirtschaftlichkeit durch Vermeidung von Schaden, die Erhohung der Sicherheit, sowie die Verbesserung des Umweltschutzes. Die Ergebnisse und Erkenntnisse sind nicht nur in Publikationen niedergelegt , sondern viele Ergebnisse sind Bestandteil von Normen geworden, wie z. B. uber das Korrosionsverhalten von metallischen Werkstoffen gegenuber waBrigen Medien oder uber den Nachweis der Wirksamkeit des kathodischen Korrosionsschutzes erdverlegter Rohrleitungen. Viele deutsche Normen waren und sind zunehmend die Grundlage fur europaische und internationale Normen, insbesondere solche uber KorrosionsschutzmaBnahmen, Priif- und Untersuchungsverfahren. Die Erfahrungen und der Erfolg des ausgelaufenen Programms zeigen die Wichtigkeit einer langfristigen kontinuierlichen Forderung. Das Vordringen neuer Technologien stellt immer wieder neue Forderungen auch an den Korrosionsschutz. So fordern z. B. die Mikrotechniken ganz neue Konzepte und Untersuchungsmethoden, sind doch hier Korrosionsraten im Bereich von pm pro Jahr nicht tolerierbar, wahrend im klassischen Apparate- und Maschinenbau Werkstoffe mit solchen Korrosionsraten als ,bestandig' eingestuft werden. Die Bedeutung der mikrobiologisch induzierten Korrosion als Schadensursache wurde erst in den letzten Jahren richtig erkannt. Eine starkere interdisziplinare Zusammenarbeit zweier Mikrobiologen sowie Werkstoff- und Korrosionsfachleuten und weiteren Disziplinen wird notwendig sein, urn die Korrosionsmechanismen zu erkennen und damit besser beherrschen zu lernen. Die Ergebnisse der angewandten Korrosionsforschung in Deutschland werden als Fachbuch Anfang 1994 unter dem Titel ,Korrosion verstehen - Korrosionsschaden vermeiden' auf dem Markt erscheinen. Das AbschluB-Symposion bot den uber 200 Teilnehmern Gelegenheit, sich durch Diskussion uber die vorgetragenen Ergebnisse der seit 1990 durchgefuhrten Forschungsarbeiten zu informieren. Die Ergebnisse der einzelnen Forschungsvorhaben sind im 6. Tagungsband des Symposions['] umfangreich dargestellt. In den Vortragen zur SpannungsriB-, SchwingungsriB- und ortlichen Korrosion wurde zunachst uber die SpannungsriBkorrosion niedriglegierter Stahle in CalciumnitratLosung und Natronlauge berichtet. Hierbei Chem.-1ng.-Tech. 66 (1994) Nr. 5

[l] DECHEMA: Ergebnisse des Forschungsund Entwicklungsprogramms ,,Korrosion und Korrosionsschutz", 22. 11. bis 25. 11. 1993, Leipzig, Band 6: 1990-1993. Berichterstatter: Dip1.-Ing. Gregor Steinbeck, Verein Deutscher Eisenhiittenleute VDEh, Dusseldorf.

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stand die Klarung der Fragen im Vordergrund, inwieweit die Ergebnisse der Prufung nach DIN 50 915 fur Alkalilaugen aussagefahig ist, welchen EinfluR die Art der mechanischen Belastung auf die Bestandigkeit von Stahlen gegen SpRK in Nitrat-Losung, Alkalilaugen hat und wie die Bestandigkeit von Stahlen gegen SpRK in Alkalilaugen durch Molybdan beeinfluRt wird. Fur die Praxis folgt, daR die Ergebnisse der Prufung nach DIN 50 915 hinsichtlich der Bestandigkeit gegen SpannungsriBkorrosion (SpRK) fur nitrathaltige Angriffsmittel aussagefahig sind, aber nicht auf Alkalilaugen ubertragen werden durfen. Sie gelten weiterhin nur fur statische Belastungen. Durch Molybdan wird die Bestandigkeit gegen SpRK in nitrathaltigen Angriffsmitteln verbessert ,in Natronlauge aber vermindert. Ferner wurde uber den EinfluR des Kryostreckens auf die Bestandigkeit gegen chloridbedingte Loch- und SpannungsriRkorrosion der austenitischen Stahle 1.4571 und

1.4541 berichtet. Dabei zeigte sich, daR das Kryostrecken von Behaltern zum Zwecke der Materialeinsparung fur die untersuchten Stahle empfohlen werden kann, wenn ihre Oberflache beim Einsatz im passiven Zustand bleibt; denn die Bestandigkeit gegen Lochkorrosion wird nicht verandert, und die Anfalligkeit fur chloridbedingte SpRK geht mit steigendem Gehalt in a'-Martensit zuruck. Die mit der Kryostreckung verbundene Formanderung eines Apparates wird mit abnehmendem Legierungsgehalt geringer. Wegen der 475 "C-Versprodung des a'Martensits ist ein Dauerbetrieb auf 250 "C zu beschranken. Des weiteren wurden Untersuchungen zur SpannungsriBkorrosionsbestandigkeit von Turbinen- und Verdichter-Schaufel-Werkstoffen (X4CrNiMol6-15-1; X3CrNiMoCu14-15-1; X5CrNiCuNb17-4-4-4PH; X5CrNiCuNb15-6-1) in 22 %iger -NatriumchloridLosung bei verschiedenen pH