Strategische Identit¤t — Orientierung im Wandel: Ganzheitliche Transformation zu Spitzenleistungen
-
Upload
others
-
View
0
-
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Springer Berlin Heidelberg New York Barcelona Budapest HongKong
London Mailand Paris Santa Clara Singapur Tokio
Wigand F. Große-Oetringhaus
Mit 148 Abbildungen
ISBN-13: 978-3-642-64733-8 DOI: 10.1007/978-3-642-61177-3
Dieses Werk ist urheberrechtlieh geschützt. Die dadurch begründeten
Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des
Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der
Funksendung, der Mikroverfilmung oder der VervieIniltigung auf
anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine
VervieIniltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist
auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen
des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepu blik Deutschland vom 9.
September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist
grundsätzlich vergü tungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen
den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.
© Springer-Verlag Berlin, Heidelberg 1996
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen
usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung
nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen-
und Marken schutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und
daher von jedermann benutzt werden dürften.
Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze,
Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen
oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr
für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es
empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die
vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen
Fassung hinzuzuziehen.
Satz: Datenkonvertierung, Martin Schenk, Lewis & Leins GmbH,
Berlin Herstellung: PRODUserv Springer Produktions-Gesellschaft,
Berlin SPIN: 10525646 60/3020-5432 I 0 - Gedruckt auf säurefreiem
Papier.
Inhalt
1. Identität und Transformationen ...............................
.
1.1 Die Rolle der Identität bei bedeutenden Transformationen .. .
1.1.1 Die Identitäten von Mercedes-Benz und BMW ......... . 1.1.2
Die Identität von IBM ................................ 4 1.1.3 Die
Identität von Microsoft ........................... 6 1.1.4 Der
Wandel der Identität im Vergleich der Unternehmen 7 1.1.5
Transformation und Identität bei IBM ................. 8 1.1.6
Transformation und Identität bei General Electric ...... 10 1.1.7
Transformation und Identität bei ABB, Motorola
und Siemens ........................................ 12 1.2
Konsequenzen für den Transformationsprozeß . . .. ...... . . .. 14
1.3 Fragen zur Identität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .. 15
2. Der Transformationsprozeß im Überblick . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .. 17
2.1 Charakterisierung des Gesamtprozesses .................... 17
2.1.1 Die Stufen .......................................... 17
2.1.2 Die Ziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . .. 18 2.1.3 Die Dauer. . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.. 21 2.1.4 Die Ebenen ......................................... 22
2.1.5 Die Erfolgsorientierung ..............................
23
2.2 Die Inhalte der Prozeßstufen im Zusammenhang . . . . . . . . .
. .. 25 2.2.1 Der Transformationsplan . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .. 25 2.2.2 Die Umfeldanalyse . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 27 2.2.3 Die
strategische Identität ............................. 27 2.2.4 Die
Systemveränderung .............................. 28 2.2.5 Die
Umsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .. 30
VI Inhalt
3.1 Anforderungen an den Transformationsplan ............... 33 3.2
Das Zielsystem .......................................... 34
3.2.1 Vision ............................................. 35 3.2.2
Leitbild ............................................ 35 3.2.3
Führungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .. 38 3.2.4 Geschäftsziele
...................................... 40
3.3 Das zukünftige Führungssystem .......................... 42
3.3.1 Elemente des Führungssystems ...................... 42 3.3.2
Ziele des Führungssystems .......................... 45 3.3.3
Gestaltungsprinzipien von Führungssystemen ........ 48
3.4 Das Transformationssystem .............................. 55
3.4.1 Struktur des Transformationssystems . . . . . . . . . . . . .
. . .. 55 3.4.2 Ursachen der Transformation ... __ , . . . . . . .
. . . . . . . . . . .. 58 3.4.3 Treiber der Transformation
.......................... 58
3.5 Die Transformationsziele .... .... ... ..... ..... . .. . ..
...... 60 3.5.1 Arten der Transformationsziele
...................... 60 3.5.2 Phasen des Wettbewerbs.... ... .. .
....... . .. ......... 61 3.5.3 Transformationsziele in den Phasen
des Wettbewerbs.. 65 3.5.4 Perspektiven der Transformation . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .. 67
3.6 Der Transformationsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .. 69 3.6.1 Die evolutorische Entwicklung
eines
Transformationsplans ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .. 69 3.6.2 Durchsetzung des Transformationsplans . . . . .
. . . . . . . .. 71 3.6.3 Mobilisierung des gesamten Unternehmens
........... 72
Der Transformationsplan in fünf Schritten .....................
74
4. Umfeldanalyse - die 2. Stufe. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .. 75
4.1 Umfeldänderungen ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .. 75 4.1.1 Entwicklungstrends . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 75 4.1.2 Der
Technologiewandel als Motor der Innovation ...... 78 4.1.3 Das
Entwicklungsdilemma .......................... 83 4.1.4 Analyse der
Zukunft als Quelle der Innovation. . . . . . . .. 84 4.1.5 Ansätze
zum zeitorientierten Führungsprozeß . . . . . . . .. 88
4.2 Entwicklung des Führungswissens ........................ 91
4.2.1 Neue Führungsgrößen .............................. 94 4.2.2
Ursachen des Erfolgs .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .. 98 4.2.3 Erfolgsfaktoren im Umfeld
........................... 100 4.2.4 Der Wert des Erfolgs
................................ 103
4.3 Wettbewerberkompetenz ................................. 107
4.3.1 Führende Wettbewerber ............................. 107 4.3.2
Wettbewerber im Regionalvergleich .................. 108
Inhalt VII
4.4 Unternehmensprobleme ................................. 119
4.4.1 Systematik der Probleme ............................ 119
4.4.2 Positionsprobleme einzelner Geschäftsfelder .......... 120
.4.4.3 Positionsprobleme der Geschäftsstruktur ............. 122
4.4.4 Das Problemfeld europäischer Unternehmen .......... 125
4.5 Transformationsansätze .................................. 131
4.5.1 Systematik der Transformationsansätze ............... 131
4.5.2 Wettbewerbsposition als Transformationsansatz ....... 133
4.5.3 Die zukünftige Wettbewerbsstruktur als
Transformationsansatz .............................. 137 4.5.4
Identität als Transformationsansatz ................... 138
Die Umfeldanalyse in fünf Schritten ........•..................
141
5. Strategische Identität - die 3. Stufe . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . 143
5-1 Identitätsmanagement als universelles Führungsmodell ..... 143
5.1.1 Definition der strategischen Identität ................. 143
5.1.2 Wert der strategischen Identität ...................... 145
5.1.3 Dimensionen der strategischen Identität .............. 146
5.1.4 Verschiedene Auffassungen zur Identität .............. 148
5.1.5 Drei Konzepte zurldentität ..........................
152
5.2 Die Vision .............................................. 154
5.2.1 Erarbeitung einer Vision ............................ 154
5.2.2 Anforderungen an die Vision ........................ 155
5.2.3 Vision, Innovation und Identität ..................... 163
5.2.4 Der überlegene Angebotsvorteil ......................
166
5.3 Der Kompetenzvorteil ................................... 168
5.3.1 Basis- und Angebotskompetenzen .................... 168 5.3.2
Die Konsistenz von Kompetenzvorteilen und Vision .... 172 5.3.3
Kompetenzen und Identität .......................... 178
5.4 Aufbau der strategischen Identität .........................
178 5.4.1 Der Prozeß ......................................... 178
542 Die Integration ..................................... 180 543
Die Wertschäpfung ................................. 193 544
Überprüfung des Angebotsvorteils ................... 199
Die strategische Identität in fünf Schritten .....................
201
6. Systemveränderung - die 4. Stufe ..............................
203
6.1 Ableitung der Leitlinien .................................. 204
6.1.1 Die Dimensionen der Transformation ................ 204 6.1.2
Anforderungen an die Leitlinien ..................... 205
VIII Inhalt
6.2.2 Stärke ............................................. 237 5.
Leitlinie: Problemlösung ........................ 243 6. Leitlinie:
Gemeinsamkeiten ..................... 248 7. Leitlinie:
Kompatibilität ........................ 254 8. Leitlinie:
Systemmanagement ................... 258
6.2.3 Werte .............................................. 261 9.
Leitlinie: Exzellenz ............................. 269
10. Leitlinie: Fortschritt ........ ' .................... 271 11.
Leitlinie: Kompetenzvorteil ..................... 274 12.
Leitlinie: Kundenvorteil ........................ 278
6.2.4 Führungsstil ....................................... 283 13.
Leitlinie: Führungswille ........................ 284 14.
Leitlinie: Siegeswille ............................ 292 15.
Leitlinie: Konsequenz .......................... 297 16. Leitlinie:
Klarheit .............................. 301
6.2.5 Mitarbeiter ......................................... 304 17.
Leitlinie: Risikobereitschaft ..................... 305 18.
Leitlinie: Strategieanreize ....................... 313 19.
Leitlinie: General Manager ...................... 320 20.
Leitlinie: Kooperation .......................... 327
6.2.6 Organisation ....................................... 332 21.
Leitlinie: Marktnähe ........................... 333 22. Leitlinie:
Flache Hierarchie ..................... 346 23. Leitlinie:
Geschäftsfeld ......................... 348 24. Leitlinie: Lernen
............................... 358
6.2.7 Führungsprozeß .................................... 365 25.
Leitlinie: Eindeutiger Vorteil .................... 366 26.
Leitlinie: Quantensprünge ...................... 373 27. Leitlinie:
Prozeßkompetenz ..................... 376 28. Leitlinie:
Prozeßintegration ..................... 381
Die Systemveränderung in fünf Schritten ..................
387
7. Umsetzung - die 5. Stufe ......................................
389
7.1 Transformationserfolge: Die empirische Basis .............. 389
7.1.1 Vergleich der Transformationserfolge im Überblick ....
389
Inhalt IX
7.1.2 Das Work-Out-Programm von General Electric ........ 392 7.1.3
Das Customer Focus-Programm von ABB ............. 403 7.1.4 Das
6-Sigma-Programm von Motorola ................ 407 7.1.5 Das
top-Programm von Siemens ..................... 417 7.1.6 Der
Transformationserfolg von EDS .................. 429
7.2 Erfolgskriterien der Umsetzung ........................... 433
7.2.1 Sach-rationale Kriterien ............................. 433
7.2.2 Human-soziale Kriterien ............................
438
7.3 Der Umsetzungsprozeß .................................. 440
7.3.1 Der Geschäftstransformationsprozeß ................. 440
7.3.2 Die Arbeit in Workshops zur Geschäftsentwicklung .... 443
7.3.3 Das Arbeiten in Teams .............................. 447
7.3-4 Unternehmertum auf allen Ebenen ................... 449
7.4 Der Lernprozeß ...................... " •.................. 450
741 Organisationslernen ................................ 450 7.4.2
Lernen durch Rückkopplung ......................... 453 743 Das
lernende Unternehmen .......................... 456
7.5 Der neue Führungsprozeß ................................ 460
7.5.1 Sein Charakter: Ganzheitliche Geschäftsführung ....... 460
7.5.2 Sein Ziel: Wettbewerbsvorteile in allen Phasen des
Wettbewerbs ....................................... 461 7.5.3 Seine
Bedeutung: Orientierung im Wandel ............ 463
Die Umsetzung in fünf Schritten ...............................
465
8. Zusammenfassung: 30 Thesen zur strategischen Identität ........
467
Literaturverzeichnis .............................................
473
Sachwortverzeichnis .............................................
485
Vorwort
"Business Reengineering steckt in der Krise" stellt James Champy zu
Beginn seines Buches "Reengineering im Management" fest. Die
Teilnehmer einer groß angelegten Umfrage seien um 30% hinter ihren
Vorgaben zurückge blieben. Andere Beobachter kommen zu noch
höheren Prozentzahlen für Defizite. "Unsere Radikalkur für die
Unternehmen befindet sich bislang be stenfalls auf halbem Weg zum
Ziel", fährt Champy fort und widmet sein zweites Buch dem
Management, besonders dem Führungsstil, der Unter nehmenskultur,
der Personalführung.
Eine Effizienzverbesserung in Quantensprüngen ist ohne ein
umfassen des Managementkonzept, das auch die kulturellen und
sozialen Faktoren einbezieht, nicht machbar.
Die Erfahrung, daß nur ein ganzheitliches Vorgehen zum Ziel führt,
ha ben wir bei Siemens sehr viel früher gemacht. Unzufrieden mit
der Umset zung von Strategien fragten wir McKinsey, was die
Voraussetzungen für Marktführerschaft seien, und zwar auf der Basis
von 12 Unternehmen. Die Antworten, die wir von T. Peters und R.
Waterman 1980 erhielten, brachten uns mancherlei Anregungen. Es
blieb aber die Frage: Welche Elemente, die andere Unternehmen zum
Erfolg geführt haben, sind für uns verwendbar und auch unter
unseren spezifischen Rahmenbedingungen umsetzbar.
Zeitgleich mit unserer Neustrukturierung stellten wir die
Grundgedan ken des Führungssystems für Siemens vor: Nach unserer
Meinung die Ant wort auf die Frage nach unserem Weg zu
Spitzenleistungen.
Das von dem Autor dieses Buches entwickelte Führungssystem baut auf
Konsistenz und Motivationskraft der Führung; weitere Elemente sind:
der Wille zum Erfolg, die Unternehmenskultur, also das in der
Tradition des Unternehmens gewachsene Wertverständnis, die Vision,
das gerade noch Erreichbare zu schaffen und die Kompetenz in der
Elektrotechnik, das größte Asset des Unternehmens.
Die seinerseitigen Erkenntnisse haben bis heute ihre Gültigkeit
behalten. Aber die Erarbeitung von Erkenntnissen ist eine Sache,
eine andere Sache
ist deren Umsetzung in die Praxis des Unternehmens und in die Köpfe
aller
XII Vorwort
Mitarbeiter. Mit der Erfahrung bei der Umsetzung hat sich auch das
System geändert. Aus einer Struktur von Elementen - dem
Führungssystem - wurde ein Prozeß: Ein Transformationsprozeß, der
die Orientierung im Wandel systematisch erarbeitet. Davon handelt
dieses Buch. Es generalisiert Siemens Erfahrungen.
Unsere 1990 verbreitete Botschaft, man müsse alles ändern, um unter
veränderten Umfeldbedingungen erfolgreich zu sein, stieß nicht nur
auf Gegenliebe und Verständnis. Der Haupteinwand war, man könne
doch nicht alles auf einmal machen, man müsse sich doch auf etwas
konzentrie ren. So hat sich auch Siemens - dem
Reengineering-Zeitgeist folgend - zunächst auf die Prozesse
konzentriert. Schnell wurde wiederum klar, daß dies allein nicht
erfolgreich sein könne, daß man doch umfassender anset
zenmüsse.
Aber der Einwand ist berechtigt. Man muß sich konzentrieren, denn
man überfordert die Menschen, wenn an allen Stellhebeln
gleichzeitig ge dreht werden soll. Nur: Was ist das Wesentliche?
Sind es die Prozesse? Ist es die Kultur? Steht der Mensch im
Mittelpunkt? Wo ist der Dreh- und Angel punkt einer
Transformation? Womit soll der Prozeß beginnen?
Eine Transformation sollte alle Führungselemente einbeziehen. An
die ser Erkenntnis zweifelt heute wohl niemand mehr. Richtig ist
aber auch, daß man den Prozeß schrittweise so gestalten muß, daß
man sich nicht über nimmt. Wo soll also der erste Schritt
ansetzen?
Dieses Buch macht den Versuch, auf diese Frage eine Antwort zu
geben: Der Dreh- und Angelpunkt einer Transformation ist die
strategische Iden tität- die schlüssige Verbindung von Vision und
Kompetenz. Die Verbin dung begründet innovative Führung und bietet
Orientierung im Wandel.
Dieser wesentliche Kern steht im Mittelpunkt des
Transformationspro zesses und richtet das gesamte
Transformationssystem aus. Aber strategi sche Identität wird nicht
als Teilaspekt der Führung isolierend herausgegrif fen, so wie
Reengineering bzw. Restrukturierung. Diese Teilaspekte führen zur
Produktivitätssteigerung, ohne aber grundsätzlich neue,
zukunftswei sende Ansätze zu finden. Ihnen fehlt die innovative
Kraft. Isolierte Ansätze behindern eine langfristige Entwicklung.
Eine ganzheitliche Transforma tion dagegen bewältigt eine
innovative Entwicklung.
Mit den meisten bisher behandelten Transformationsprozessen sollen
Nachteile beseitigt werden, meist Kosten- oder Zeit nachteile. Aber
damit schafft man noch keine Vorteile, sondern man zieht
bestenfalls gleich mit dem Wettbewerb. Hier setzt das Konzept der
strategischen Identität an: Es zielt auf Vorteile. Vorteile durch
Innovation. Die Vision zeigt die Richtung für innovati ve
Vorteile. Vision zieht Innovation. Kompetenzen zeigen die
Möglichkeiten für innovative Vorteile. Kompetenz treibt Innovation.
Beides - schlüssig ver bunden - wird zur strategischen Identität -
zum Motor für Innovation.
Vorwort XIII
Identität, das Übereinstimmen von Vision und Kompetenz, ist das
Kern stück der Unternehmenspolitik, ist der unverwechselbare
Charakter eines Unternehmens.
Für viele Unternehmen haben sich die Marktbedingungen so grund
legend geändert, daß sie ihre Identität, die auf alten
Vorstellungen über Lei stungen und dazu notwendigen Fähigkeiten
beruhte, verlorenging. Vor dem Hintergrund des Wandels von der
Industriegesellschaft zur Informations gesellschaft sind die
Veränderungen in vielen Fällen durchgreifend, wenn die Hardware nur
noch geringe Teile der Wertschöpfung ausmacht und Software
dominiert. Vielfach müssen statt Produktleistungen heute Dienst
leistungen erbracht werden. Dies erfordert eine Transformation zu
neuen Führungsprozessen.
Oft ist dieser Wandel so grundlegend, daß Unternehmen oder
Geschäfte eine neue Identität, also neue Visionen und neue
Kompetenzen, entwickeln müssen: Neue Visionen, die der Technologie-
und Marktentwicklung vor ausgreifen, und neue Kompetenzen, die auf
neuen Wertschöpfungsstufen aufbauen. Ein grundlegender Umfeldwandel
bedingt die wohl komplexeste Managementaufgabe: Den Wandel zu einer
neuen Identität.
Siemens ist mit dem Wandel von der Industriegesellschaft zur
Informa tionsgesellschaft so eng verbunden, wie kaum ein anderes
Unternehmen. In den nahezu 150 Jahren seiner Geschichte waren es
immer wieder Innova tionen, die Schübe in die
Unternehmensentwicklung gebracht haben. Zwi schen dem
Zeigertelegraphen, mit dem das Unternehmen gegründet wurde, bis zur
letzten Chipgeneration haben wir die Entwicklung der Elektrotech
nik aktiv und innovativ mitgestaltet. Die Innovationskraft ist
ungebrochen.
Innovationen gedeihen nur in einem besonderen Klima, das zu
schaffen eine der herausforderndsten Managementaufgaben ist. In
einem großen Unternehmen mit sehr vielen Arbeitsgebieten läßt sich
sehr leicht beobach ten, welchen Einfluß eine schöpferische
Atmosphäre hat. Es sind in der Re gel nicht die besseren
Ingenieure, die herausragende Ideen produzieren, sondern es ist
fast immer die bessere Führung, die Bedingungen schafft, durch die
Spitzenleistungen möglich werden.
Dieses Buch beruht auf Erfahrungen, die der Autor in seiner
vierund zwanzigjährigen Forschungs-, Beratungs- und Lehrtätigkeit
bei der Siemens AG gesammelt hat. Er hat in unserem Unternehmen die
Entwicklung strate gischer Managementkonzepte vom Anbeginn
verantwortlich mitgestaltet. In einer außergewöhnlichen Fülle von
Vorträgen, Seminaren, Workshops und Projekten gewann und
vermittelte er Erfahrungen, die er zur Entwick lung unseres
Führungs~ystems nutzte.
Dem Leser dieses Buches wird mit vielen amüsant zu lesenden prakti
schen Beispielen die Theorie nahegebracht. Es stellt sozusagen eine
Anlei tung zur Transformation dar.
XIV Vorwort
Es ist aus der Praxis heraus geschrieben und enthält wieder einmal
die altbekannte Botschaft, daß nichts beständiger ist als der
Wandel, daß es aber auch eine der schönsten Aufgaben ist, den
Wandel zu gestalten.
Hermann Franz
1.1.1 Die Identitäten von Mercedes-Benz und BMW
Wenn man die Geschichte von BMW studiert, durch BMW gegen Mercedes:
Ein das BMW-Museum geht, die Anzeigen liest, schon KampfNr. 2 gegen
Nr.l dann fällt die Schlüssigkeit der Unternehmenspoli- tik
auf.
80 Jahre nach seiner Gründung als Hersteller von Flugzeugmotoren
schwingt sich der Autobauer mit dem weißblauen Flugzeugpropeller im
Firmenemblem zum Global Player auf: Das erste komplette BMW-Au
tomobilwerk außerhalb Deutschlands in Spartanburg, die übernahme
von Rover, der Einstieg in Indien und Mexiko, die Ausdehnung in
Südostasien und Südafri ka zeigen die Richtung: Man will
Mercedes-Benz im Geschäftsgebiet PKW überholen. Von Kuenheim hatte
dies 1982 auf einer Führungskräftetagung explizit ge fordert. Die
Geschichte von BMW ist der Kampf "Nr. 2
gegen Nr. 1'~ Neben den großen Transformationen von Unter- Aus den
Kämpfen der Nr. 2
nehmen gehören die Kämpfe zwischen der Nr. 2 und mit der Nr. 1 läßt
sich am der Nr. 1 zu den spannendsten und lehrreichsten in meisten
lernen der Industriegeschichte: Beispielsweise Minolta ge- gen
Canon, Yamaha gegen Honda, Avis gegen Hertz, Pepsi Cola gegen Coca
Cola. 1982 glaubten Peters und Waterman, daß man von den Besten am
meisten ler- nen könne. Für "In Search of Excellence" wählten
sie
2 Identität und Transformation
43 Unternehmen aus. Von diesen verloren in 5 Jahren 29 Unternehmen
ihren "Exzellenz-Status" (Pascale 1990, S. 16 f.). Die Erfahrung
der von Siemens betrie benen Exzellenz-Forschung zeigt, daß man
von den Auseinandersetzungen zwischen der Nr. 2 mit der Nr. 1 und
von den Transformationen führender Unter nehmen weit mehr lernen
kann.
Der Wettkampf BMW gegen Mercedes ist 1996 noch keineswegs
entschieden. Aber: Mit dem Erwerb von Rover bauen die Münchener
fast doppelt so viele Autos wie die Stuttgarter. Im Augenblick hat
BMW die Nase vorn. 1959 konnte dies niemand voraussehen.
Die Geschichte von BMW verlief nach dem Ein bruch von 1959
kontinuierlich. Sie wurde geprägt von der Kompetenz im Motorenbau.
Das 1990 ge gründete Gemeinschaftsunternehmen BMW Rolls Royce
baut das erste deutsche Düsentriebwerk für Verkehrsflugzeuge. Der
Konzern schaffte 1994 den Sprung zur weltweiten N r. 1 bei
Antrieben für Kurz streckenjets. 1995 schnappten die Münchener
Merce des den Prestige-Auftrag vor der Nase weg: Sie lie fern die
Zwölfzylinder-Motoren an Rolls-Royce.
BMW hat seine Identität BMW ist neben Toyota der einzige Autobauer
kontinuierlich aufgebaut weltweit, der seit über 30 Jahren keine
Verluste
schreibt. Die Fast-Pleite von 1959 - und das übernah meangebot
durch Mercedes-Benz - blieben unver gessen: Der Hunger nach
Erfolg, das Wissen, daß Er folge ständig neu erarbeitet werden
müssen. Dies Be wußtsein schuf eine Lernkultur, eine Kultur
kontinu ierlichen Wandels, gelebte Dynamik. Die Geschichte von BMW
liefert keinen "Transformations-Fall", son dern einen "Identitäts
fall", eine Fallstudie für die kontinuierliche Entwicklung einer
Identität.
BMW steht für Dynamik BMW s Identität läßt sich auf eine kurze
Formel
Mercedes steht für Prestige
bringen: "Individuelle Mobilität" (Bößenecker u.a. 1995, S. 65),
genauer: "Dynamik". "Dynamische Au tomobile" ist die Vision. Sie
wird realisiert durch Kompetenz im Motorenbau und in der
Elektronik. Die Kompetenz ist mit der Vision konsistent - iden
tisch. Dieser Identität blieb BMW treu.
Auch Mercedes hatte eine Identität. Das Unter nehmen war der
Automobilbauer schlechthin. Renn-
Die Rolle der Identität bei bedeutenden Transformationen 3
erfolge schufen automobilist ische Legenden. Traum autos für Stars
und Staatsoberhäupter begründeten die Identität von Mercedes:
"Prestige'~ Dieses Image wird auch auf untere Leistungsklassen
übertragen.
Repräsentative Automobile waren eine Vision. Langlebigkeit bei
Taxis, Wirtschaftlichkeit bei Trans portern sind andere. Die
Kompetenz im Qualitäts management paßt zu allen. Aber die
Identität - die Verbindung von Vision und Kompetenz - ist mehr
deutig, nicht eindeutig wie die von BMW.
Jedes diversifizierte Großunternehmen hat ein Das Konzept von
Daimler Problem mit der Klarheit der Vision, mit der Eindeu-
Benz..lntegrierter tigkeit seiner Identität. Daimler-Benz aber
trieb es in Technologiekonzern" blieb die Größe als Selbstzweck,
statt Größe in Geschäfts- eine Worthülse feldern und Klarheit durch
Fokussierung anzustre- ben. Das Konzept "Integrierter
Technologiekonzern" (Hanssen/Remmel 1994, S. 857 ff.) vermochte
keine überzeugenden Synergien zu produzieren. Strategen fragten
sich viele Jahre lang nach dem Vorteil des Ge- samtkonzepts. Sie
fanden keinen. Das Konzept war wohl eher industriepolitisch
begründet, aber es war keine Vision, weil es keine Vorteile schuf.
Es blieb ei- ne Illusion.
Im Gegenteil: Managementkompetenz wurde zersplittert. Zu viele
Unternehmen mit eigener Identität wurden in zu kurzer Zeit gekauft.
Zu der nicht vorhandenen Vision war auch keine technolo gische
Integrationskompetenz vorhanden. Die einst so klare Identität des
Fahrzeugbaus wurde gefähr det. Management-Querelen taten ein
übriges. Mitte der neunziger Jahre schrieb der Konzern Daimler
Benz Verluste. Bis Anfang 1995 verliefen der DAX Index und der
DB-Kurs noch etwa gleich. Ende 1995 lag der Kurs 14% tiefer. Eine
beispiellose Kapitalver nichtung zeigte die Wirkungen des
Identitätsver lustes.
Prof. Simon fragte 1993 die Mercedes-Manager in einem
Inhouse-Seminar: "Was wäre geworden, wenn wir das Geld im
Fahrzeugbau gelassen und in Pro dukt- und Prozeßinnovation
investiert hätten?" Die einhellige Antwort: "Wir wären
unschlagbar." (Sirnon 1994 a, S. 100 und Simon 1995). Sie wären
unschlag-
4 Identität und Transformation
Man sollte auf Stärke Die bekannte strategische Grundeinsicht -
build aufbauen -aber dabei den on strength - bewahrheitet sich
immer wieder. Al Technologiewandelsehen lerdings mit einer
wesentlichen Bedingung: Der
Ausbau der Stärke muß dynamisiert werden. Wird Stärke statisch
gesehen, dann können vergangene Erfolge die Gründe für gegenwärtige
Mißerfolge werden. Das ist der Grund, warum es problematisch ist,
von den Besten zu lernen.
Dies führt zu den großen Transformationen. In der Elektroindustrie
sind zwei von herausragender Bedeutung: Der Wandel von IBM und der
Wandel von General Electric. Der ~ine steht erst am Anfang, der
andere ist bereits erfolgreich realisiert. .
1.1.2 Die Identität von IBM
IBM baute seine Identität Die Identität von IBM baute auf Service
und dem auf Service und zentralen Mainframe-Geschäft auf. Zwei
Wirkungen dieser
Großrechnern auf Strategie prägten darüber hinaus auch die
Identität:
IBM muß transformieren. weil sich die schlüssel-
technologie gewandelt hat
Kostenführerschaft und das Setzen des Industrie standards. Es
scheint an die Grenzen menschlicher Leistungskraft zu gehen, die
Gründe für vergangene Erfolge in Frage zu stellen. Obwohl Berater
späte stens 1986 die Trends in der Computerindustrie wei
testgehend klärten, obwohl Buck Rodgers in seinem Buch "The IBM
Way" die Wandlungsfähigkeit spe ziell im Zusammenhang der
Substitution von Groß rechnern durch PCs ganz deutlich forderte
(Rod gers 1986, S. 18), obwohl der Umsatzrückgang IBM bereits 1987
wie ein Schock traf (Diekhof 1987, S. 30 ff.), vermochte
IBM-Präsident Akers nicht, das Stammgeschäft zu "kannibalisieren".
Für diese lieb lose Aufgabe bedurfte es eines Branchen-Fremden:
Der neue Chairman Lou Gerstner kam von General Foods.
Er muß eine neue Identität fmden, weil der tech nologische Wandel
im Computer-Geschäft, die De zentralisierung von Steuerungs
intelligenz, grund legend ist. Er muß IBM transformieren. Der
Techno- logiewandel hat IBM in ernste Schwierigkeiten ge-
Die Rolle der Identität bei bedeutenden Transformationen 5
bracht. Deshalb wird Technologie für IBM emen neuen Stellenwert
erhalten.
IBM war die exzellenteste Marketing-Organisa tion der Welt. Im
Großrechner-Geschäft betrug der Weltmarktanteil1979 60%, die
Umsatzrendite 27%, der Jahresgewinn 5 Milliarden $. Als IBM den
Indu striestandard bestimmte, war Kostenführerschaft das erklärte
Ziel (Rodgers 1986, S. 86), keineswegs
Technologieführerschaft.
Angesichts eines Technologiewandels ist dieses IBMs größter Fehler:
Ziel gefährlich, weil die Erfahrung von einst obsolet Die Bedeutung
des werden kann. Großunternehmen tendieren dazu,
Kunde-Server-Marktes Größe als Wert an sich anzusehen. Größe ist
aber nur zu spät erkannt die Wirkung von Leistungsvorteilen, die
auf Komp-e- tenzvorteilen beruhen. Heute kämpft IBM um seine
Führungsposition.
"IBM needs radical, not incremental change" sagte Gerstner im Jahr
des größten Verlusts (McCracken 1993, S. 1). Er begann, die
Ressourcen vom notleiden den Großrechnergeschäft auf den schnell
wachsenden Kunden-Server-Markt mit verbundenen PCs umzu schichten.
Dies nicht früher getan zu haben, war nach seiner Meinung "the
single most important mistake IBM has made in the last decade"
(Hays/Ziegler 1994, S. 2). 1994 kündigte er die Migrationsfähigkeit
der Großrechner zum Mikroprozessor an und gab IBM ei ne neue
Vision: "IBM's mission is to be world's most successful and
important information technology company." (Gerstner 1994, S.
3).
Bei aller Markt-und Kundenorientierung gibt er IBM baut seine
Identität der Technologiekompetenz die höchste Priorität. Eine auf
der Technologie Transformation - in dieser Größenordnung - ohne
kompetenz neu auf Beispiel. Es ist die Rückbesinnung auf die
Ursachen, und zwar die Ursache, die allein mit dem Technolo-
giewandel - IBMs Problem - fertig werden kann:
Technologiekompetenz.
"Build on strength" darf nicht statisch verstan den werden. Es
sollte eine dynamische Aufgabe sein. Dann setzt sie auf alten
Stärken auf und wandelt sie zu neuen Stärken. Wenn aber neue
technologische Bedingungen - im Beispiel der Informationstechno
logie die Dezentralisierung - einen grundlegenden
6 Identität und Transformation
Wandel schaffen, ist die Frage, ob vergangene Erfah rung
Gemeinsamkeiten mit der erforderlichen neu en Erfahrung hat. Ist
dies nicht der Fall, dann ist die alte Erfahrung ein Hindernis für
die Innovation - grundsätzlicher: ein Hindernis für den Identitäts
wandel.
Identitäten können sich kontinuierlich und dis kontinuierlich
entwickeln. In beiden Fällen ist das treibende Konzept das Lernen.
Die Umsetzung für ein Unternehmen, das Schaffen eines "lernenden
Unternehmens", stellt hohe Anforderungen an die Mobilisierung aller
Mitarbeiter. Bei einer kontinu ierlichen Entwicklung der Identität
- das ist die Ge schichte von BMW - ist Lernen ausreichend.
Ein Identitätswandel Bei einem grundlegenden Wandel des Umfelds
erfordert ein Veränderungs- und einer dementsprechend
diskontinuierlichen Ent
management - einen wicklung der Identität genügt ein Lernen der
Mitar Transformationsprozeß beiter "aus sich selbst heraus" allein
nicht. Es bedarf
darüber hinaus eines Anstoßes und eines Verände rungsmanagements,
eben der Transformation.
Carl-Friedrich v. Siemens sagte einmal über Identität: "Die größte
Kunst des Leiters eines größe ren Unternehmens scheint mir darin
zu liegen, in seinen Mitarbeitern einen gemeinsamen Geist zu er
ziehen, so daß außer halb Stehende dem juristischen Gebilde
Charaktereigenschaften zusprechen." (Sie mens 1926)
Die Bildung einer Identität - die c.-F. v. Siemens anspricht - ist
zweifellos schwierig. BMW und Micro soft liefern Geschichten für
einen kontinuierlichen Identitätsaufbau. BMW gibt Zeugnis von der
Schwie rigkeit. Bei Microsoft liegt der Fall anders.
1.1.3 Die Identität von Microsoft
Bill Gates denkt den Trend in Microsoft ist eine extreme
Fallstudie, extrem im ma der Informationstechnologie thematischen
Sinn. Bill Gates setzt den Trend in der
konsequent zu Ende Informationstechnologie. Mehr noch: Seine
Vision: "Information at your Fingertips" denkt den Trend konsequent
zu Ende. Bill Gates realisiert die Iden tität extrem: Er schreibt
Industriegeschichte. Er sagte: "Software bin ich". Auf seine
Reaktion auf das Inter-
Die Rolle der Identität bei bedeutenden Transformationen
net und die anderen Ansichten von Sun Microsy sterns wird später
noch genauer eingegangen.
Bill Gates realisiert alles extrem - Visionen, Wachs tumsraten und
persönliches Vermögen. Aber die Bil dung der Identität von
Microsoft erscheint fast spiele risch. Und ein Quäntchen Glück war
auch dabei: IBM als "Steigbügelhalter" zu haben, geschieht nicht
alle Tage. Trotzdem: Microsoft ist die Geschichte einer kon
tinuierlichen Bildung von Identität - in einer extremen
Konsequenz.
1.1.4 Der Wandel der Identität im Vergleich der Unternehmen
Ist die Bildung von Identität schwierig, so ist der Wandel einer
Identität wohl weitaus schwieriger. Das zeigt die Entwicklung von
Mercedes und IBM.
7
Aber es gibt noch eine Steigerung: Der Wandel Die größte
Herausforderung: einer Identität in einem diversifizierten
Unterneh- Identitätswandel von men stößt wohl an die Grenze des
Machbaren. Das diversifizierten sind die Geschichten von ABB,
General Electric und Unternehmen Siemens. GE hat diesen Wandel am
erfolgreichsten bewirkt. Electronic Business schrieb über Bill
Gates bereits 1988: "he may be the most successful entre- preneur
in the history of the world" (Foley 1988, S. 54). Es gibt aber gute
Gründe, den Erfolg von Jack Welch weit höher zu bewerten, wie
später gezeigt werden soll.
Daimler-Benz hat den Identitätswandel noch nicht bewältigt. Der
Konzern hatte bisher dazu auch kein Transformationsprogramm. Er
kaufte Unternehmen, ohne die Konsequenz zu ziehen, ein
unternehmens weites Programm zu starten, das die Konsequenzen auf
das gesamte Führungssystem jedem Mitarbeiter erläuterte und
Teilprogramme professionell erarbei tete.
Ob der neue Versuch von Jürgen Schrempp, einen Die Herausforderung
"integrierten Verkehrskonzern" (o.V. d 1994, S. 8) zu von
Daimler-Benz: schaffen, erklärtes Ziel ist, bleibt abzuwarten. Es
Fokussierung auf wäre der Versuch, die Identität von einem
Hersteller wirtschaftlich sinnvolle prestige tragender Automobile
zu einem Integrator Synergien von Verkehrssystemen zu wandeln. Ein
schwieriger
8
Identität und Transformation
Versuch, weil die Integration nur auf der Dienstlei stungsstufe
stattfinden könnte, so daß die Identität stark gewandelt werden
müßte. Alles wird davon ab hängen, inwieweit es Schrempp gelingt,
einen um fassenden Transformationsprozeß zu etablieren, der die
Vision so konkretisiert, daß sie Synergievorteile schafft und zu
einem Kompetenzvorteil schlüssig ist.
Der Transformationsprozeß muß zu einem um fassenden
Aktionsprogramm führen. So gingen IBM, GE, ABB, Motorola, Siemens
und EDS vor.
1.1.5 Transformation und Identität bei IBM
IBMs Transformation begann mit einer Vision. Zwar hat sich Lou
Gerstner zur Bedeutung der Vision un terschiedlich geäußert,
jedoch hat er sie 1994 klar for muliert: Führerschaft in der
Informationstechnolo gie (Gerstner 1994, S. 2). Die acht
"operating princi pIes" sind Leitlinien (Bild 1) eines
Führungssystems, das ein Transformationsprogramm begründet.
Die neuen Leitlinien von IBM
Die "operating principles" von Lou Gerstner (1993): "11 we all work
by them, then we will transform IBM into aleader"
1. The marketplaee is the driving force behind everything we do. 2.
At our core, we are a technology eompany with an overriding
commitment to quality. 3. Our primary measures of sueeess are
customer satis1aetion and
shareholder value. 4. We operate as an entrepreneurial organization
with a minimum
01 bureaucracy and a neverending focus on productivity. 5. We never
lose sight of our strategie vision. 6. We think and act with a
sense of urgency. 7. Outstanding, dedieated people make it all
happen, particulary when
they work together as a team. 8. We are sensitive to the needs 01
all employees and to the commu
nities in which we operate.
Quelle: McCracken, P., In the Cause of Change, I n: ThinkTwice
Speciallssue, December 1993, S. 1 ff.
Die Rolle der Identität bei bedeutenden Transformationen 9
,,1 do not think we can or should be a procedural- IBMs acht
Leitlinien allein ly driven company. That doesn't mean we don't
have werden nicht genügen, um processes. Effective processes that
serve the custo- Führerschaftzu begründen
mer are important. But we have more procedures in this company than
I have ever seen in my life. We tell people how to behave, what to
do, how to do it - everything. We have to stop. We have to be a
com- pany that bases its decisions on some very funda- mental
operating principles. If we all understand those principles, and we
all work by them, then we will transform IBM into aleader and a
winner." (McCracken 1993, S. 1)
••••• . . .
• • .- - ~ -
Das neue Führungssystem von IBM
IBM's mission is to be world's most successful and important
information technology eompany.
1. Marketorientation 2. Technology as core competence 3. Primary
measures: Customer salls
faction and shareholder value 4. Enlrepreneurshlp,
productlvlty
5. Vision oriented 6. Action orienled 7. Social competence 8.
Sensitive 10 the needs of
people and community
1. Exploiting our teehnology far better than in the past. 2.
Inereasing our share of the elientJserver market. 3. Beeoming a
leader in the emerging network-centric world . 4. Re-engineering
the way we deliver value to eustomers . 5. Rapidly expanding our
position in key emerging geographie
markets. 6. Leveraging our size and seale to aehieve cost and
market
advantages.
Ca. 20 Projekte, die die "strategie imperatives" in umsetzungs
fähige Programme umwandeln
Quellen: McCracken, P., In Ihe Cause 01 Change, I n: ThinkTwice
Speciallssue, 12.93, S. 1 ft ., Gerslner, L. , Rede beim Securities
Analysis Meeting, N.Y., 24.3.94
10 Identität und Transformation
Die Transformation von IBM beginnt somit mit einer Definition der
Identität (das wird später stark eingeschränkt): Der Vision einer
Führungsposition in der Informationstechnologie - aufbauend auf
Techno logiekompetenz. Dazu werden Führungssystem und strategische
Programme formuliert.
Kurz: Aus einer neuen Identität werden Systemver änderungen
konsistent und programmatisch abgeleitet.
1.1.6 Transformation und Identität bei General Electric
Die Vision von Als Jack Welch 1981 die Leitung von General Electric
General Electric: The Most antrat, formulierte er nur drei Wochen
später vor Stu
Competitive Company - der denten der Harvard Business School seine
Füh- Anspruch schlechthin rungsthesen in ungewöhnlich provokativer
Form: Ge
schäfte von General Electric müßten die Nr. 1- oder Nr.
2-Positionen einnehmen. Diesen Anspruch ver dichtete er zur Vision
"The Most Competitive Com pany" und beschrieb sein Führungssystem
(Bild 3).
Das Führungssystem von Jack Welch
1987 beschrieb er das Transformationsziel in der umfassendsten
Form
Bild 3
3. Mitarbeiter Mehr Eigenverantwortung Visionäre Führerschaft
4. Kommunikation Einfachheit Permanenter Dialog
5. Organisation Schlanke Stäbe Wenige Ebenen, große
Leitungsspanne
Welch. 9.10.87, Greenbrier meeting. De1fOil sectlon . SocIety of
AutomolIve Englneers Whlle Sulphur Springs. West Virginia
Die Rolle der Identität bei bedeutenden Transformationen 11
In den achtziger Jahren wandelte Welch die Ge- GE hat die
schäftsstruktur radikal: "Services" "eore Businesses"
Wettbewerbsfähigkeit und "High-Technology Businesses" wurden die
drei eindrucksvoll aufgebaut "Arbeitsgebiete" ("circles"). 1988
wurde ein Produkti- aber keine Identität vitätssteigerungsprogramm
gestartet, das zu einem mehrjährigen, umfassenden
Verbesserungsprogramm "Work-Out" führte. Die Vision betonte das
"bound- arylessness" und die Werte fokussierten sich auf "speed,
simplicity and self-confidence". Die Werte von GE waren primär auf
Managementkompetenz fokussiert, aber auch auf Sozial- und
Prozeßkompe- tenz. Auch diese Kombination zwischen Vision und
Kompetenzen ist zum Managementansatz von Jack Welch schlüssig. Aber
es ist kein geschäftsspezifischer Ansatz, sondern ein genereller
Managementansatz. Im Verbund der drei relativ heterogenen "circles"
(Kern-, Technologie- und Servicegeschäfte) fehlte die
synergiebildende geschäftsspezifische Kompetenz, so daß sich bisher
keine geschäftsspezifische Identität er- geben konnte.
Trotzdem: Die Erfolge von GE sind eindrucksvoll: GEs Transformation
war In der Zeit von 1981 bis 1995 stieg das Umsatzwachs- die
erfolgreichste in der turn von 2% auf 9%, der Globalisierungsgrad
von Industriegeschichte 14% auf 100%, die Eigenkapitalrendite von
8% auf 22%, der Produktivitätszuwachs von 1% auf 8%, der Börsenwert
von 12 Mrd. aufI30 Mrd. $ (4/96) - der höchste Börsenwert in den
USA. GE verdreifachte den Gewinn pro Aktie auf $ 3,90 (1995). Alle
12 bzw. 14 Geschäftsgebiete sind in Nr. 1- oder Nr. 2-Position.
Diese Transformation ist die wohl ehrgeizigste, um- fassendste und
erfolgreichste in der Industriege- schichte.
Die Transformation folgt - sehr generalisiert - wieder dem Muster:
Vision, Werte bzw. Kompetenzen, Führungssystem, Änderungsprogramme.
Aber im In halt ist sie ganz anders: Die Identitätsbildung ist
nicht ausgeprägt - Ausdruck der starken Diversifizierung, des
manageriellen Ansatzes der Transformation und der Dominanz von
Formalzielen: Führungsposition und Rendite. GE ist eine Geschichte
der extremen Transformation, eine managerielle Glanzleistung, aber
nicht eine Geschichte der Identitätsbildung.
12 Identität und Transformation
Identität ist nicht erkennbar
Die Vision ist geschäftsspezifisch.
1.1.7 Transformation und Identität bei ABB, Motorola und
Siemens
Percy Barnevik transformierte ABB in einer Art, die vom Reißbrett
einer Business School hätte kommen können. Wie bei GE dominierten
Finanzziele und Positionsziele. Aber es ist ebenfalls keine
Transfor mation, die eine neue Identität gebildet hätte. Im Ge
genteil: ABB hat ein gravierendes Identitätsproblem, das
vordergründig aus dem Zusammenführen eines schwedischen und
schweizerischen Unternehmens rührt, das sich aber in vielen Ländern
fortsetzt. Aber ABB hat angesetzt, eine Identität zu entwickeln:
"The World of Engineering".
Für das Gesamtunternehmen ist zwar noch keine spezifische Vision
erkennbar, allerdings besteht eine generelle Leitlinie: die
Steigerung des Kundenwertes. Daraus leiten sich Marktorientierung,
das Lösen von Kundenproblemen, Globalisierung, Qualitätsverbes
serung und Zeitreduktion ab. Das breit angelegte Programm "Global
Customer Focus" baute nicht nur die Marketingkompetenz aus, sondern
transformier te das Unternehmen von der Orientierung vom Wert des
Aktionärs in den 80er Jahren zum Kundenwert in den 90er
Jahren.
Motorola wird durch die Vision" Wireless Com munication"
ausgerichtet. Der zentrale Transforma tionsansatz war die
Verbesserung der Qualität, die als Kernproblem des Unternehmens
angesehen wur de. Dafür wurde 1987 das Programm ,,6-Sigma-Qua
lity" gestartet. Das Trainingszentrum von Motorola übernahm die
konzeptionelle Leitung des Pro gramms. Es wurde 1990 in Motorola
University um benannt. Daraus wird deutlich, welche Bedeutung dem
Entwurf eines Gesamtkonzepts für die Transfor mation beigemessen
wurde, aber auch mit welch ho hem professionellen Anspruch die
Prozeßkompe tenz entwickelt wurde. Unter dem Leitziel "Total
Customer Satisfaction" wurden die Qualität verbes sert und die
Zeiten reduziert. Motorola wurde der führende "Zeitwettbewerber".
Der ganzheitliche An satz umfaßte ebenso konsequent die
Weiterentwick-
Die Rolle der Identität bei bedeutenden Transformationen 13
lung der Sozialkompetenz. Motorola gilt nach Value Line 10/94 als
eines der bestgeführten Unternehmen.
Siemens ist neben Hitachi das komplexeste bzw. Siemens hat eine
diversifizierteste Unternehmen der Welt. Trotz dieser
Transformation erfolgreich Komplexität versucht Siemens als
Gesamtheit, sich eingeleitet. Eine Vision eine Identität zu geben -
getreu dem erwähnten Zitat "Systemintegration" von C. F. v.
Siemens. Allerdings dauert die Diskussion beginnt, sich
abzuzeichnen darüber noch an, weil die extreme Komplexität dieses
Anliegen schwierig macht. 1996 kann man noch nicht von einer
einheitlichen Vision sprechen, die von allen Bereichen in gleicher
Weise getragen wird, jedoch wird die Bedeutung der
Systemintegration immer deutlicher. Dr. Franz formulierte bereits
1990 für die- se Kompetenz einen Führungsanspruch.
Im Führungssystem wurden der Vision "Führungs- Das Führungssystem
machte position in der Systemintegration" Basiskompetenzen zur
Identität einen Vorschlag schlüssig zugeordnet: Technologie-,
Sozial- und Mar- ketingkompetenz. 28 konsistente Leitlinien wurden
mit 250 obersten Führungskräften 1990 und 1991 in 6 Workshops
diskutiert. Sie definierten die erforder- liche Systemveränderung.
Erst als ein Konsens hierzu vorlag, wurde das Führungssystem 1992
ausformuliert und als Broschüre verteilt.
Weil Siemens' Kernproblem strategischer Natur war, nämlich der
Verlust an Wettbewerbsposition, wurden drei strategische
Kernaufgaben formuliert - ähnlich wie die strategic imperatives bei
IBM: Die Verbesserung der Geschäfts- und Regionalstruktur und die
Steigerung der Produktivität. Aus dem letzte ren wurde 1993 ein
umfassendes Verbesserungspro gramm abgeleitet, das "top-Programm",
das zunächst als Produktivitätssteigerungsprogramm begann und dann
auf weitere Elemente des Führungssystems er weitert wurde.
Wiederum ist ein generelles Muster erkennbar: Vision,
Führungssystem, Änderungsprogramme.
14
1.2
Aus der Betrachtung dieser wenigen Großunterneh men kann die
Struktur eines generellen Transforma tionsprozesses allein noch
nicht abgeleitet werden. Allerdings sind die Erfahrungen der
Erfolgreichen schon ein überzeugendes Argument.
Aber: Die Rolle der Identität wird in der Gesamt betrachtung
diversifizierter Großunternehmen nicht immer klar. Je
diversifizierter das Unternehmen, de sto genereller sind meist
seine Vision und Kompe tenzen. In der Geschäftsbetrachtung aber
konkreti sieren sich die Visionen und Kompetenzen. Erst im
Geschäft wird vollends deutlich, daß die Identität die tragende
Rolle für den Erfolg hat.
Drei generelle Schlußfolge- Wenn man geschäfts spezifische
Ausprägungen rungen aus den erfolgreichen mit einbezieht, dann kann
man aus dem Vorgehen
Transformationen der bisher behandelten weltweit führenden Unter
nehmen - IBM, GE, ABB, Motorola, Siemens - zum Inhalt des
Transformationsprozesses drei generelle Schlußfolgerungen
ziehen:
1) Der Zusammenhang zwischen Zielen und Kompe tenzen ist für den
Erfolg grundlegend. In einigen Unternehmen bzw. Geschäften werden
die Ziele zu einer Vision konzentriert, einem Erfolgskon zept. Der
schlüssige Zusammenhang zwischen Vision und Kompetenz wird als
Identität bezeich net.
2) Führende Unternehmen realisieren einen Identi tätswandel durch
ein abgestuftes Gesamtprogramm, das Führungssystem, strategische
Leitlinien und systemverändernde Programme umfaßt. Die Aus prägung
und Vertiefung dieser Programme ist unterschiedlich.
3) Die systemverändernden Programme sind aufwen dig. Programme wie
"Work-Out" (GE), ,,6-Sigma" (Motorola), "Customer Focus« (ABB) und
"top« (Siemens) erfaßten die Unternehmen in ihren Grundfesten. Sie
wurden mehrjährig, umfassend und professionell durchgeführt.
Fragen zur Identität 15
In allen Unternehmen folgen die Transformations prozesse zwar
generellen Mustern, sind aber auch in dividuell durch die
geschichtlichen Entwicklungen, die spezifischen
Unternehmensprobleme und die Führungspersönlichkeiten
geprägt.
Aus den kurz charakterisierten Transformations- Charakteristika
fürden prozessen 'und der Anwendungserfahrung bei Siemens
Transformationsprozeß lassen sich für die Struktur des
Transformationsprozes- ses folgende generelle Charakteristika
ableiten:
- Der Transformationsprozeß ist so grundsätzlich und umfassend, daß
er als erste Stufe einen Ge samtplan benötigt.
- Der Transformationsprozeß zieht sich über meh rere Jahre hinweg,
so daß sich mehrere Stufen un terscheiden lassen.
- Der Transformationsprozeß ist stets auf eine bedeu tende
Verbesserung des Erfolges orientiert, so daß die strategische
Identität eine zentrale Rolle hat.
Deshalb ist es sinnvoll, den Transformationsprozeß in fünf Stufen
zu gestalten: Transformationsplan, Umfeldanalyse, Strategische
Identität, Systemverän derung, Umsetzung.
1.3 Fragen zur Identität
Folgende Fragen, die sich aus den inhaltlich wichtig- 10 Fragen
testen Ihr sten Stufen des Transformationsprozesses ableiten,
Führungskonzept
können dazu dienen, die Notwendigkeit für eine Transformation zu
überprüfen:
1) Wenn Sie mit der Entwicklung Ihrer Ergebnisse nicht zufrieden
sind, worin liegt das Kernproblem, die gegenwärtige Situation in
eine nachhaltig po sitive Entwicklung zu transformieren?
2) Wie könnte die Wettbewerbsstruktur in 10 Jahren aussehen? Wer
bestimmt heute und wer bestimmt morgen den Maßstab für die
Weltklasse?
3) Welche Trends treiben den Wandel und welche Einflußfaktoren auf
Ihren Geschäftserfolg könn ten sich ändern?
16 Identität und Tran sformation
4) Lassen Sie sich vom Tagesgeschäft treiben oder wissen Sie, mit
welchem Erfolgskonzept Sie Ihre Mannschaft führen wollen?
5) Wie würden Sie den unverwechselbaren Charak ter Ihres
Unternehmens beschreiben? Wofür steht Ihr Unternehmen? Warum kauft
der Kunde letzt lich von Ihnen?
6) Haben Sie eine Vision? Was wollen Sie in fünf Jahren besser
können als ein Wettbewerber? Was soll in 10 Jahren über Ihr
Unternehmen in der Zeitung stehen?
7) Was sind Ihre Kernkompetenzen? 8) Sind die Kernkompetenzen zu
Ihrer Vision
schlüssig? 9) Wie wollen Sie die Kernkompetenzen zu einer
überlegenen Stärke ausbauen? 10) Ist Ihr Führungssystem (Strategie,
Stärke, Werte,
Stil, Personalführung, Organisation und Füh rungsprozeß) mit Ihrer
Vision, aber auch mit der Lösung Ihres Kernproblems,
konsistent?
Die vorliegende Arbeit Wenn Sie bei der Beantwortung dieser Fragen
un soll helfen, die Antworten sicher sind, dann kann Ihnen das
folgende Werk wei-
zu verbessern terhelfen, denn es bietet Ihnen eine Methodik zur
systematischen Erarbeitung der Antworten. Viele Bei spiele zu
Spitzenleistungen, bewährte Konzepte, die in der Praxis erprobt
wurden, und innovative Kon zepte, die die Praxis weiterentwickeln
sollen, werden Ihnen helfen, bestmögliche Antworten zu
finden.
Das Ziel ist, den Anspruch auf eine Transforma tion zu
Spitzenleistungen konkret einzulösen. Es er fordert aber von Ihnen
Mitarbeit.
2.1
2.1.1
Die Stufen
Viele Unternehmen rüsten sich für den globalen Wett- Kotter, HBS,
fand: bewerb. Doch oft schlagen ehrgeizige Programme
Transformationsprozesse fehl, weil der Gesamtprozeß nicht gründlich
genug verlaufen in bestimmten durchgeplant wurde und weil tradierte
Einstellungen "Stufen" (Phasen) und Vorgehensweisen die Absichten
blockieren. In einer Untersuchung von mehr als 100 Unternehmen
kommt John P. Kotter, Professor für Unternehmens- führung an der
Harvard Business School, zu dem Ergebnis, daß der
Veränderungsprozeß stets eine Rei- he von Phasen durchläuft. "Das
überspringen ein- zelner Abschnitte schafft lediglich die Illusion
von raschem Fortschritt und führt nie zu einem befriedi- genden
Resultat." (Kotter 1995, S. 21)
Bild 4 zeigt den gesamten Transformationspro- 5 Stufen verdichten
den zeß in fünf Stufen. Dies scheint die größtmögliche Prozeß
größtmöglich Verdichtung zu sein. Er zeigt die Stufen, die auf ganz
verschiedene Art den Erfolg bedingen, die aber alle für den Erfolg
notwendig sind.
In der ersten Stufe wird ein Transformationsplan Der Kerngedanke:
Die neue entworfen, der den Prioritäten entspricht, so daß eine
Identität (3. Stufe) verlangt abgestimmte Vorgehensweise zum
gesamten Trans- Systemveränderung formationsprozeß vorliegt. In der
zweiten Stufe wer- (4. Stufe) den durch Umfeldanalyse Trends und
Kernprobleme bestimmt, so daß der Transformationsansatz darauf
aufbauen kann. In der dritten Stufe wird eine strate-
18
Die Stufen des Transformationsprozesses
Identität rung
Transformation auf Geschäftsebene
gisehe Identität, d.h. eine Vision und dazu schlüssige Kompetenzen,
entwickelt. Diese treiben die Trans formation. Wollen und Können
müssen einander entsprechen. Dieses Kernkonzept läßt sich jedoch
nur umsetzen, wenn das gesamte Führungssystem darauf ausgerichtet
wird. Deshalb werden in der vierten Stufe Leitlinien für die
Systemveränderung entworfen, die zur neuen strategischen Identität
pas sen. Das Gesamt dieser Leitlinien zur Veränderung bildet das
Transformationsprogramm. In der fünf ten Stufe, der Umsetzung,
wird mit diesem Pro gramm das Unternehmen in allen Ebenen mobili
siert, d.h. es werden die konkreten Unternehmens und
Geschäftsentwicklungsprogramme mit Arbeits teams, die alle
Mitarbeiter einbeziehen, erarbeitet.
2.1.2 Die Ziele
OerProzeßhatzweiZiele: Im Transformationsprozeß sollen Leitlinien
erarbei- 1. Eine neue Identität tet werden mit zwei Zielen: Einmal
soll eine neue
2. Ein neuer Führungsprozeß Identität aufgebaut werden, so daß das
Kernziel des
Chara kterisierung des Gesamtprozesses
1) Aufbau der neuen Identität: Die Veränderungsleit linien des
Transformationsprogramms wollen die neue, strategische Identität
(Vision und Kompe tenz) mit Handlungsanweisungen ausfüllen. Ohne
eine entsprechende Führungssystemänderung läßt sich die Identität
nicht aufbauen. Gleichzeitig sol len die Leitlinien sicherstellen,
daß alle Mitarbeiter (zumindest in den wesentlichen Geschäften)
einen konsistenten Beitrag zur Identität leisten. Umfas sende
Transformationsprozesse in Unternehmen mobilisieren alle
Mitarbeiter in vielen Projekten. Gibt es dazu keine Leitlinien,
dann laufen die Ak tionsprogramme auseinander. Sie werden dann oft
lediglich als Reengineering-Projekte verstanden, die dann zwar die
Effizienz verbessern, ohne aber die synergistischen Möglichkeiten
zu nutzen - die Möglichkeiten der wechselseitigen Verstärkung. Und
genau hierin liegt der Wert solcher Leitlinien. Die Leitlinien
sollen die Identität so aufbauen, daß sie die Stärkung der
Wettbewerbsposition des ge samten Unternehmens und das Erreichen
von Marktführerschaft in möglichst vielen Geschäften
bewirken.
19
2) Aufbau eines neuen Führungsprozesses: Die Leit- Im neuen
Führungsprozeß ist linien wollen aber gleichzeitig noch ein
weiteres Transformation eine Ziel erreichen, das über den Aufbau
einer Daueraufgabe: Führungsposition hinausreicht: Sie wollen diese
Transformation zur nachhaltig sichern. Dazu müssen die Führungs-
Transformationsfähigkeit prozesse im Unternehmen grundsätzlich
verän- dert werden. Der hier behandelte Transforma- tionsprozeß
wandelt einen alten Führungsprozeß mit alten Umfeldbedingungen in
einen neuen Führungsprozeß mit neuen Umfeldbedingungen. Der neue
Führungsprozeß zielt auf ständige Re-
20
Führungsprozeß
generation der Marktführerschaft, auf ein ständiges Lernen, auf
ständige Erneuerung, auf Transforma tion als Daueraufgabe.
Wirkliche Transformationen begnügen sich nicht mit einem einmaligen
Projekt, sondern wandeln den Führungsprozeß so, daß der Wandel zum
Normalzustand wird.
Nehmen wir ein typisches Beispiel für die Verände rung der
Führungsprozesse:
Der alte Führungsprozeß richtete das Angebot - eine
Werkzeugmaschine - auf höchste Leistungsklas sen aus, auf ein
schmales Segment in einem Ge schäftsfeld, nur auf Spezialprodukte
für den Heimat markt, die jeweils nach Kundenwünschen erstellt
wurden. Man argumentierte mit Technologievortei len. Die
Unternehmensführung kontrollierte die Er gebnisse. Die Produkte
waren zu teuer und verloren Marktanteil. Deshalb entschloß sich das
Unterneh men zu einer grundsätzlichen Änderung.
Der neue Führungsprozeß soll das Angebot auf den Weltmarkt
ausrichten. Marktstudien fanden her aus, daß 80% des Marktes in
drei relativ homogene Segmente eingeteilt werden können. Das erste
ist primär an einem niedrigen Preis interessiert, das zweite an
einer spezifischen Maschinenleistung und das dritte an der
Systemleistung, die Integrations fähigkeit in den Fertigungsfluß
des Kunden. Deshalb soll eine Systemfamilie mit drei
Leistungsklassen entwickelt werden, die für alle Segmente die Wirt
schaftlichkeit des Kunden besser beeinflußt als jeder Wettbewerber.
Dafür will das Unternehmen sowohl Marketing- als auch
Systemkompetenz aufbauen. Die Vision wird in bezug auf einen
Angebotsvorteil for muliert, der die Fertigungskosten beim Kunden
stark senkt. Die strategische Identität soll Anwenderwirt
schaftlichkeit durch Systemkompetenz werden. Drei Teams sollen die
drei Leistungsklassen entwerfen. Sie arbeiten vernetzt und über
alle Funktionen inte griert. Die Leitung sieht sich als Betreuer
dieser Teams, als Treiber der Entwicklungstrends, als Befür worter
der Kompetenzentwicklung und als der füh rende Systemintegrator.
Durch die Systemkompetenz
Charakterisierung des Gesamtprozesses
2.1.3 Die Dauer
In bezug auf die Dauer des TransJormationsprozesses ergeben sich
zwei Sichtweisen: 1) Der Prozeß kann einmal als ein zeitlich
begrenztes Transformation als
Großprojekt - von meist mehreren Jahren - ver- einmaliges
Großprojekt ist standen werden. In dieser Sicht baut er eine neue
nicht so sinnvoll Identität auf und wandelt einen alten Führungs-
prozeß in einen neuen. Sind diese Ziele erreicht, dann ist der
Transformationsprozeß beendet.
21
2) Die andere Sichtweise stellt den neuen Führungs- Der
Umfeldwandel erfordert prozeß in den Mittelpunkt. In ihm sind
Transfor- Transformation als mationen eine DauerauJgabe. Der hier
behandel- Daueraufgabe te Transformationsprozeß will
Führungsprozesse so ändern, daß Transformationen nicht mehr ein
einmaliges Projekt bleiben. Neue Wettbewerbs- und
Technologiebedingungen erfordern zukünf- tig eine ständige
Erneuerung, ein ständiges Ler- nen mit flexiblen Strukturen und
Prozessen.
Der gesamte TransJormationsaufwand in Manntagen Der Entwurf von
kann für die Stufen 1 bis 4 gegenüber der Umsetzung
Transformationsleitlinien (Stufe 5) den weit geringeren Anteil
ausmachen. Je- kann Jahre dauern. doch kann die Zeitdauer für die
Stufen 1 bis 4 höher Der Umsetzungsaufwand sein als für die
Umsetzung. Das hängt von der Kom- ist erheblich. plexität des
Unternehmens, von seiner Geschäfts- struktur und von den
Machtverhältnissen ab. Jack Welch hat von 1981 bis 1988 gebraucht,
um seine Transformationsleitlinien auf Unternehmensebene zu finden
und die Geschäftsstruktur zu ändern. Aber dieser Prozeß umfaßte nur
wenige Führungskräfte. Die Umsetzung seiner Leitlinien zu Werten,
Stil, Pro- zeß, Personalführung auf Geschäftsebene begann 1988. Sie
umfaßte alle Mitarbeiter. 1993 waren die we- sentlichen
Umsetzungsziele erreicht, aber - je nach- dem, wie man die Dinge
betrachtet - dauert die Um- setzung noch an.
22 Der Transformationsprozeß im Überblick
2.1.4 Die Ebenen
Die Transformation verläuft In Unternehmen mit mehreren
Geschäftsfeldern ver zunächst auf der läuft der
Transformationsprozeß in der Regel nicht
Unternehmensebene auf einer Ebene. Unterscheidet man zunächst nur
die Unternehmens- und Geschäftsebene, dann verläuft der
Transformationsprozeß in den Stufen 1 bis 4 zunächst auf der
Unternehmensebene in voller Tiefe. In diesen Stufen werden die
Unternehmensleitlinien erarbeitet. Sie stellen sicher, daß die
geschäftsspezifi schen Transformationen einen synergistischen Bei
trag zum Unternehmen leisten, daß der Prozeß nicht in Suboptima
zersplittert, daß er nur einzelne Ge schäfte verbessert, ohne das
Unternehmen insgesamt zu verbessern - ihm eine neue Identität zu
geben.
Die Umsetzung der Transformation verläuft
vor allem auf der Geschäftsebene
Die Stufe 5 "Umsetzung" unterscheidet sich deut- 1ich für die
Unternehmens- und die Geschäftsebene - den unterschiedlichen
Aufgaben entsprechend.
Auf der Geschäftsebene werden die Stufen 2 bis 4 wieder
geschäftsspezifisch durchlaufen. Die Stufe 1,
der Transformationsplan, wird auf Geschäftsebene nur begrenzt
wiederholt, er wird geschäftsspezifisch modifiziert. Die Stufe 5,
die Umsetzung, hat ihren Schwerpunkt auf der Geschäftsebene.
Empowerment (Kanter 1983, S. 156 ff.), Kommunikation, das Einbe
ziehen aller, die Erarbeitung mit vielen Arbeitsteams, die schnelle
Realisierung erster Umsetzungserfolge, die die Zweifler überzeugen,
das Belohnen und Si chern dieser Erfolge stehen im
Vordergrund.
2.1.5 Die Erfolgsorientierung
sind in der Erfolgs- weniger allgemeine Problemlösungsprozesse zu
orientierung nicht grunde. Auch dann, wenn sich diese Ansätze auf
em
konsequent genug pirische Erfahrungen berufen, behandeln sie nur
den Aspekt der Veränderung (Kilmann 1989, S. 303 ff.), nicht aber
den Aspekt des Erfolges und nicht den Aspekt der Sicherung eines
nachhaltigen Erfolges. So gesehen sind sie Veränderungskonzepte,
aber keine Innovationskonzepte für Spitzenleistungen. Trans-
Charakterisierung des Gesamtprozesses 23
formationsprozesse, die auf Marktführerschaft zielen, lassen sich
nicht wie ein allgemeiner Problemlö sungsprozeß
strukturieren.
Einmal muß ein marktspeziJischer Transforma- Transformationen
müssen tionsansatz gefunden werden, d.h. ein Schwerpunkt,
marktspezifisch sein der der Marktsituation entspricht. In stabilen
Märk- ten sind die Transformationsprobleme anders als in
entstehenden Märkten. In der Automobilindustrie wird die
Transformation durch eine Änderung des Lebensstils und das
Eindringen der Elektronik ge- prägt. Aber die Vorausschau ist hier
leichter als in entstehenden Märkten der Informationstechnologie,
in denen ständig neue Trends von ständig neuen Wettbewerbern eine
extrem hohe Reagibilität verlan- gen.
Zum anderen muß ein erfolgsspeziJischer Transfor- Transformationen
müssen mationsansatz gefunden werden, der auf das Kern-
erfolgsspezifisch sein problem des Unternehmens zugeschnitten ist.
Dieser läßt sich nur finden, wenn man sich tiefgehend mit der
Umfeld- und Wettbewerbsanalyse und dem Un- ternehmen beschäftigt.
Mit generellen Stufen wie "Problemanalyse" und "Systemänderung" ist
es nicht getan. Auch hier wurde der Transformationsprozeß in den
Hauptstufen generalisierend strukturiert. Aber: Die Stufen werden
tiefer untergliedert, so daß dann Methoden erkennbar werden, mit
denen sich die spe zifischen Fragestellungen beantworten
lassen.
Für Spitzenleistungen muß ein innovativer Trans- Transformationen
zu formationsansatz gefunden werden. Dazu wird die
Spitzenleistungen verlangen Stufe "Strategische Identität" in den
Mittelpunkt der einen innovativen Ansatz Überlegungen gestellt.
Strategische Identität zielt auf Vorteile. Die Vision zeigt die
Richtung für innovative Vorteile. Die Vision ist aber auch eine
Zugkraft für Innovation. Kompetenzen zeigen die Möglichkeiten für
innovative Vorteile. Kompetenz treibt Innovati- on. Beides -
schlüssig verbunden - wird zur strategi- schen Identität - zum
Motor für Innovation.
Erfolgsorientierte Transformationsprozesse sind Um
erfolgsspezifische nach unserer Auffassung von den Inhalten der Ge-
Transformationen zu schäfte kaum zu trennen. Spricht man über
Erfolg, konkretisieren, muß man zur dann muß man auch über Stärke
sprechen. Stärken "Stärke" Annahmen treffen sind sehr
geschäftsspezifisch. Will man dieses so ent-
24
Der Anspruch dieser Arbeit stellt auch an die Mitarbeit
des Lesers Ansprüche
Der Transformationsprozeß im Überblick
scheidende Führungselement konkret behandeln, dann muß man zur
Stärke Annahmen treffen. Be zieht man sich - wie hier - primär
aufInvestitionsgü ter, dann spielt heute die
Anwenderwirtschaftlichkeit die dominierende Rolle. Eine weitere
Annahme ist, daß die Systemkompetenz relevant ist. Mit diesen An
nahmen läßt sich die Konsistenz aller Leitlinien kon kret
aufzeigen. Erfolgsorientierte Transformations prozesse zielen auf
die Entwicklung von Stärken (Kompetenzen). Wenn aber alle
Leitlinien daraufhin konsistent ausgerichtet werden müssen und wenn
man gleichzeitig einen systematischen Weg aufzeigen will, einen
Weg, der handwerklich nachvollziehbar ist, dann muß man konkret
werden. Daher diese bei den Annahmen. Einzelbeispiele, die
fragmentarisch den einen oder anderen Aspekt illustrieren, genügen
dann nicht mehr. In der Systematik eines durchgän gigen Prozesses
unterscheidet sich diese Arbeit von anderen.
Das hier behandelte Konzept ist allgemeingültig. Seine
Konkretisierung ist es nicht an allen Stellen. Die Stärke
"Systemintegration" ist für viele, aber kei neswegs für alle
Unternehmen gültig. Der Kunden vorteil
"Anwenderwirtschaftlichkeit" gilt nur für die
Investitionsgüterindustrie, und auch dort nicht im mer. Viele
Unternehmen werden daher einige Kon zepte spezifisch
interpretieren und einige Leitlinien ändern müssen. Aber die hier
behandelte Struktur weist den Weg. Ohne die beiden Annahmen wäre
die Darstellung des Transformationssystems abstrakter
gewesen.
Ein Hinweis zur Mühe des Lesens: "There is no free lunch". Die
Professionalität hat ihren Preis. Der Leser sollte sich durch
einige Systeme, Konzepte und logische Zusammenhänge durcharbeiten.
Das dauert nur wenige Tage. Da aber diese Konzepte auf einer
Erfahrung beruhen, die zu den fundiertesten Erfah rungen gehört,
wird sich das Lesen auszahlen. Es wird dazu beitragen,
Transformationen effektiver zu machen. In der Regel geht es dabei
um sehr viel Geld.
Die Inhalte der Prozeßstufen im Zusammenhang
2.2 Die Inhalte der Prozeßstufen im Zusammenhang
2.2.1 Der Transformationsplan
Bevor die einzelnen Stufen in den nachfolgenden Abschnitten
ausführlich behandelt werden, soll in diesem Abschnitt der
Gesamtzusammenhang be schrieben werden. Bild 5 zeigt die Inhalte
des Trans Jormationsprozesses im Überblick.
In der ersten Stufe "Transformationsplan" wird Die 1. Stufe
entwirft
2S
der Gesamtplan zur Transformation des Unterneh- einen "masterplan",
um den
mens entworfen. Er bildet den Bezugsrahmen (ma- Gesamtprozeß
konsistent sterplan) zur Transformation der Geschäfte. Er ge- zu
gestalten staltet drei Systeme: Ziel-, Führungs- und Transfor-
mationssystem. Mit diesen Instrumenten sollen die Prioritäten der
Transformation definiert und die Konsistenz des gesamten
Transformationsprozesses sichergestellt werden.
Die Inhalte des Transformationsprozesses
1. Stufe: Transforma mationsplan
Mobilisierung Gesamtprozeß
Bild 5
Anforderungen des Marktes
3. Stufe: 4. Stufe: 5. Stufe: Strategische System ver- Umsetzung
Identität änderung
- Vision als - Systematik - gemeinsamer Angebots- der System-
Wille: vorteil veränderung Identifizierung
- Kompetenz- - gemeinsames vorteil - Leitlinien zur Lernen:
- Aufbau der Veränderung Verbesserung Identität: aller 7 E ie- -
gemeinsames Konsistenz mente Handeln: Integration Mobi
lisierung
Überzeugendes Transformations· Erlolgskonzept programm
26 Der T ransformationsprozeß im Überblick
Aber es müssen auch kurzfristig erforderliche Ge schäftsziele und
langfristig notwendige Verände rungsleitlinien aufeinander
abgestimmt werden. Der Gesamtplan muß die Möglichkeiten aller
Geschäfte und die finanziellen Rahmenbedingungen koordi nieren.
Das Tagesgeschäft muß zumindest kurzfristig weitergehen. Die
Transformation muß tragbar sein. Sie darf das Ganze nicht so
gefährden, daß alles zer bricht. Daraus ergeben sich für den
Ansatz und die Zeitdauer der Transformation Einschränkungen.
Grundlage des Deshalb sollte ein Unternehmen in seinem Zielsy-
Transformationsplans stern zuerst die Prioritäten der
Transformation klären. ist das Zielsystem des Ein Ertragsrückgang
kann seine Ursachen in Produk-
Unternehmens tivitätsmängeln (Effizienz). oder in einem Verlust an
Wettbewerbsfähigkeit (Effektivität) haben oder in beidem. Je nach
Ursache stellt sich die Frage, ob eine Verbesserung im Rahmen der
bestehenden Definition der Unternehmensaktivitäten möglich ist oder
ob ein grundsätzlich neuer Ansatz erforderlich ist.
Genügen inkrementale Verbesserungen nicht, dann ist nicht nur ein
Führungslement - z.B. der Pro zeß - betroffen. Wenn ein neuer
Geschäftsführungs ansatz erforderlich ist, dann muß man
ganzheitlich an allen Führungselementen ansetzen. Eine Transfor
mation erfordert eine neue Vision und damit die Ver änderung des
Führungssystems. Die systematische Analyse der Ursachen der
Transformation (z.B. Ge schäftsprobleme) und die systematische
Gestaltung der Treiber der Transformation (z.B. Nutzenpoten tiale)
erweitern das Führungssystem zu einem Trans
formationssystem.
Entscheidend ist die Aber in der ersten Stufe geht es nicht nur um
den Durchsetzbarkeit Entwurf des Transformationsplans. Vor allem
muß
auch seine Durchsetzbarkeit geklärt werden. Der
Transformationswille muß demonstriert und durch "Machtpromotoren"
so klar getragen werden, daß an der Dringlichkeit, dem Commitment
und der Umset zungsbereitschaft keine Zweifel bestehen.
Die Inhalte der Prozeßstufen im Zusammenhang
2.2.2 Die Umfeldanalyse
In der zweiten Stufe "Umfeldanalyse" wird das Be- Inhalt der2.
Stufe ist die wußtsein der Dringlichkeit für die Transformation
Umfeldanalyse. Sie zielt vertieft. Aus Erkenntnissen über den
Umfeldwandel grundsätzlichaufdie und den sich daraus für das
Unternehmen ergeben- Vertiefung des "sense of den Problemen wird
der "sense of urgency" verstärkt. urgency". Diese Analyse zeigt die
bedeutendsten Entwicklungs- trends in Technologie, Lebensstil,
Demographie, Marktregulierung und Geopolitik auf, ebenso wie die
Möglichkeiten aus dem Fortschritt im Führungswis- sen. Daraus
ergeben sich Anregungen für die Innova- tion. Diese Analyse zeigt
auch die Herausforderun- gen auf, indem sie sich an den Besten
orientiert. Sie vergleicht die Leistungsfähigkeit des Unternehmens
mit den Besten im Spiegel der Anforderungen des Marktes.
So führt sie auf das Kernproblem des Unterneh-
Siezieltspezifischaufdas mens hin, und zwar so überzeugend, daß
alle Mitar- Kernproblem beiter von der Dringlichkeit der
Transformation überzeugt werden. Aufzubauen ist ein sense of ur-
gency, ein Dringlichkeitsbewußtsein, das alle akti- viert, nicht
eine Angst, die lähmt.
2.2.3 Die strategische Identität
In der dritten Stufe "Strategische Identität" liegt der Inhalt der
3. Stufe ist der Kern der Transformation, das Herzstück von Unter-
Aufbau der "Strategischen nehmertum und Leadership. Der Erfolg der
Transfor- Identität" mation wird von dem kreativen Prozeß, eine
neue Identität zu finden, wesentlich bestimmt, unabhängig davon, ob
Branchen, Unternehmen oder Geschäfte transformiert werden sollen.
Stets sind Zukunftsori- entierung, Antizipation eines
Angebotsvorteils und Motivation der Mitarbeiter zu
Spitzenleistungen Kern des Unternehmertums. Diese Stufe hat zwei
Haupt- aufgaben: Visionen zu finden und Kompetenzen auf-
zubauen.
Die Vision zeigt das Ziel der Transformation. Sie Erste Komponente
der ist mehr als der Weg zur Lösung des Kernproblems, strategischen
Identität sie zeigt das Erfolgskonzept des neuen unterneh- ist die
Vision menspolitischen Ansatzes. Sie defmiert den Angebots-
27
28
ist die Kompetenz
zusammen
Der Transformationsprozeß im Überblick
vorteil, den man in fünf bis zehn Jahren gegenüber dem
Hauptwettbewerber erreichen will. Die Formu lierung einer Vision
wird sich vor allem an Entwick lungstrends orientieren und die
Entwicklungsstufen vorwegnehmen. Kern der Vision ist
Innovation.
Zur Vision müssen die zugehörigen Kompetenzen gefunden werden, die
zum Unternehmen passen und die es im Wettbewerb differenzieren und
positionie ren. Die Basis- und Angebotskompetenzen sind in be zug
auf den angestrebten Angebotsvorteil zu integrie ren. Dies
verlangt eine entsprechende Gestaltung der Wertschöpfung, die die
Kompetenzen trägt. Erst dann erreicht man eine neue Identität, ein
überzeugendes ErJolgskonzept, das Menschen zu Höchstleistungen
motiviert. Identität hat stets die Schlüsselrolle.
Identität sichert, daß die geschäftsbezogenen
Transformationsprogramme im Unternehmen nicht auseinanderlaufen. In
der Bildung einer Identität unterscheiden sich exzellente von
aktionistischen Transformationsprogrammen. Unter dem Trommel feuer
vieler Veröffentlichungen zum Wandel verfal len zu viele
Unternehmen in einen" Wandelaktionis mus". Auch sie erreichen
Verbesserungen.
Aber wieviel besser könnten die Resultate sein, wenn der Wandel ein
gemeinsames, sich wechselsei tig verstärkendes Ziel hätte. Nicht
irgendein Ziel, nicht ein abstrakt wirtschaftliches Ziel, sondern
eine Vision, die die Existenz eines Unternehmens begrün det. Eine
Vision beinhaltet einen Angebotsvorteil, der durch Kompetenzen
begründet wird. Darin liegt der Kern der Identität. Dieser Kern
wird als strategische Identität bezeichnet. In der nächsten Stufe
sind Leit linien zu erarbeiten, die die Identität umsetzen und den
Zusammenhalt sichern.
2.2.4 Die Systemveränderung
Die 4. Stufe verändert das In der vierten Stufe "Systemänderung"
müssen an Führungssystem schlüssig die grundlegenden, weit
vorausgreifenden Anforde
zur neuen Identität. Sie rungen der neuen Identität alle Elemente
des zukünf entwirft Leitlinien: Das tigen Führungssystems angepaßt
werden. Strategie,
Transformationsprogramm. Stärke, Werte, Führungsstil,
Personalentwicklung,
Die Inhalte der Prozeßstufen im Zusammenhang
Organisation und Führungsprozeß sind auf Vision und Kompetenz
auszurichten.
Die Auswirkung der neuen Identität auf die Sy stemveränderung
bedeutet für die strategischen Füh rungselemente (Strategie,
Stärke und Werte) folgen des: Die neue Identität beinhaltet in der
Vision ein Konzept über den zukünftigen Angebotsvorteil. Im
Führungselement Strategie muß diese Anforderung in
Positionsvorteile umgesetzt werden. Dazu sind z.B. Zielmarkt und
Wirtschaftlichkeitstreiber zu be stimmen. Die neue Identität
beinhaltet weiterhin ein Konzept über die zukünftige
Angebotskompetenz. Im Führungselement Stärke muß diese Anforderung
in Kundenvorteile umgesetzt werden. Dazu sind Kundenproblem und
erreichbare Kundenwerte zu bestimmen. Die neue Identität beinhaltet
schließlich ein Konzept über die erforderlichen Basiskompeten zen.
Im Führungselement Werte müssen diese An forderungen mit den
vorhandenen Werten abgegli chen werden und es müssen bestimmte
Werte geän dert werden, so daß sie zu den erforderlichen Basis
kompetenzen schlüssig werden.
Ebenso wichtig ist der schlüssige Zusammenhang zwischen der
Identität und den operativen Führungs elementen (Führungsstil,
Mitarbeiter, Organisation und Führungsprozeß). Sie müssen so
verändert wer den, daß sich eine Form der Zusammenarbeit und des
Geschäftsprozesses ergibt, die der Identität ent spricht. Einige
Veröffentlichungen stellen lediglich die Entsprechung von Strategie
und Geschäftsprozeß heraus (Treacy/Wiersema 1995, S. 41 ff.). Das
ist grund sätzlich für Marktführerschaft nicht ausreichend. Das
Beispiel General Electric wird dies später zei gen.
Die Systemveränderung muß Hürden beseitigen, die sich aus dem
tradierten System ergeben. Die Leitlinien zur Systemveränderung
bilden das Trans Jormationsprogramm.
29
2.2.5 Die Umsetzung
Das Transformationspro- Die Veränderung des Führungssystems für das
ge gramm bildet den Rahmen samte Unternehmen schafft den Rahmen
für die Um
für die Umsetzung, vor allem setzung auf der Geschäftsebene. Die
Veränderungs- die ges.!=häftsspezifische leitlinien der vierten
Stufe sind der konkrete Input
für die vielfältigen Transformationsprojekte im Un ternehmen. Sie
haben eine koordinierende und ge samtoptimierende Kraft. Dies ist
für Großunterneh men wichtig, weil sie aus ihrer Breite eine
Stärke ma chen sollten - wenn sie sich nicht als Finanzholding
verstehen wollen.
Das Synergiepotential Das erreichen sie durch Ausnutzung ihres
Syner- desUnternehmenswird giepotentials, das aber in·.der Regel
nicht genutzt
oft nicht genutzt wird. Großunternehmen müssen keinen Spagat zwi
schen Zentralisierung und Dezentralisierung ma chen, sondern sie
müssen Koordinierung und Ko operation mit der Gewährung
geschäftspolitischer Freiheit verbinden. Synergiebildung bedeutet
nicht Zentralisierung. Wenn es zentrale Ressourcen gibt, dann haben
sie grundsätzlich unternehmenspoliti sche, geschäftsübergreifende,
aber keine geschäfts politischen Aufgaben.
Das Synergiepotential besteht keineswegs nur hin sichtlich der
Kosten, sondern vor allem hinsichtlich der Kunden und des Wissens.
Die Hauptaufgabe der Leitlinien muß darin bestehen, dieses
Synergiepoten tial freizusetzen, ohne die geschäftspolitischen Um
setzungsentscheidungen zu behindern. Sie sollen le diglich einen
Rahmen vorgeben, so daß alle daraus Nutzen ziehen. Sie sind
keineswegs zentralistische Klammern, im Gegenteil, sie treiben die
unterneh merische Freiheit voran. Allerdings: Sie grenzen in
sofern ein, als sie eine Richtung vorgeben: Die Vision. Sie wollen
zumindest eine gemeinsame Schnittfläche von Kompetenzen erreichen,
die alle oder zumindest die wesentlichen Einheiten des Unternehmens
wech selseitig verstärkt. Das bedeutet Identität.
Unternehmerische Freiheit soll nicht Chaos und nicht das
Auseinanderdriften des Unternehmens be deuten. Die Leitlinien, die
von der ersten bis zur vierten Stufe entworfen werden, zielen auf
eine Um-
Die Inhalte der Prozeßstufen im Zusammenhang 31
setzung, die das Synergiepotential innovativ nutzen soll. Das ist
das besondere Anliegen dieses Buches. Es ist das Anliegen der
Identität.
In Großunternehmen geschieht die Umsetzung Die Umsetzung auf der
des Transformationsprozesses in erster Linie geschäfts-
Geschäftsebene durchläuft spezifisch. und zwar in
geschäftsspezifischen Projek- nochmals die Prozeßstufen, ten. Der
Umsetzungsprozeß geht somit geschäftsspe- jedoch mit geschäfts
zifisch in die Breite und Tiefe. Auf der Geschäfts- spezifischen
Inhalten ebene wird der Transformationsprozeß in allen fünf Stufen
durchlaufen, jedoch nicht mehr mit unterneh- mens-, sondern mit
geschäftspolitischen Inhalten. Der Transformationsplan (1. Stufe)
ist - abhängig von der Komplexität des Geschäfts - fokussierter.
Die Methodik der Umfeldanalyse (2. Stufe) ist grundsätz- lich
gleich. Die neue Identität des Unternehmens muß ihren
geschäftsspezifischen Beitrag (3. Stufe) finden. Die
Systemveränderung (4. Stufe) entwirft geschäftsspezifische
Leitlinien, vor allem aber kon- krete Programme. Die Umsetzung (5.
Stufe) ist hier nicht ein breiter Mobilisierungsprozeß (wie auf der
Unternehmensebene), als vielmehr ein konkreter Maßnahmenplan mit
Meilensteinen.
Auf der Unternehmensebene ist das Ziel der fünf ten Stufe
genereller. Alle Mitarbeiter sollen zu einem gemeinsamen Lernen und
Handeln mobilisiert wer den. Siemens hat z.B. für die Umsetzung
seines Trans formationsprogramms "top" ein "top-Zentrum" ge
schaffen, das die spezifischen Umsetzungsprojekte initiiert,
mitgestaltet, koordiniert, berät und metho disch unterstützt. So
erreicht man die Motivation aller Mitarbeiter, die Akteure in einem
neuen Führungsprozeß·
3
3.1
Die Transformation beginnt mit einem Gesamtplan,
DerTransformationsplan: der die fünf Stufen des
Transformationsprozesses kon- Konzept für alle 5 Stufen zipiert.
Dies erfordert Grundkenntnisse über Umfeld- anforderungen,
Unternehmensprobleme, Ziele und Führungssystem des Unternehmens.
Daraus lassen sich Prioritäten, Ansätze und Ziele der Transforma-
tion bestimmen. Der Gesamtplan soll einen neuen Be- zugsrahmen für
alle Aktivitäten entwerfen. Daraus soll ein konsistenter
Veränderungsprozeß entstehen.
Die Transformation muß vor allem auf Umset- Der Transformationsplan
ist zung zielen. Dazu müssen Transformationswille und keine
Prozeßinitiative, Durchsetzungskraft unmißverständlich sein. Hier
ist sondern er verlangt der oberste Leitungskreis gefordert. Aber
er i