Tarifregister des Landes Nordrhein-Westfalen Aktivitäten des Landes Nordrhein-Westfalen gegen Billiglöhne Landesinitiative Faire Arbeit – fairer Wettbewerb

Tarifregister des LandesNordrhein-Westfalen

Aktivitäten des Landes Nordrhein-Westfalen

gegen Billiglöhne

Landesinitiative „Faire Arbeit – fairer Wettbewerb“

Tagung der Arbeiterkammer Salzburg am 1. Oktober 2013

Landesschlichter Bernhard Pollmeyer


AusgangslageUnsichere Beschäftigung und negative Lohnentwicklung insb. im Niedriglohnbereich

– Rund 1,7 Millionen Menschen in NRW sind geringfügig beschäftigt. Für viele von ihnen sind Minijobs die einzige Beschäftigungsperspektive.

– Die Hälfte des Beschäftigungszuwachses im Jahr 2010 geht auf die Beschäftigung von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern zurück.

– Zwar wurden für Leiharbeit Mindestlöhne eingeführt, doch seitdem wird Leiharbeit zunehmend durch Werkverträge ersetzt. Weiteres Lohndumping ist die Folge.

– Die Reallöhne sind in den vergangenen zwölf Jahren um vier Prozent gesunken. Der Niedriglohnsektor weitet sich aus.


Quelle: G.I.B.: Arbeitsmarktreport NRW 2012, Sonderbericht: Struktur und Entwicklung der Beschäftigung mit dem Schwerpunkt: atypische und Niedriglohn-Beschäftigung, Bottrop, Mai 2012

Rund ¼ aller Kern-Erwerbstätigen sind atypisch beschäftigt. Darunter bilden die geringfügig Beschäftigten (Minijobber) die größte Gruppe.

Ausgangslage


Ausgangslage


Dynamische Entwicklung in der Leiharbeit. Anstieg auf rund 200.000 Leiharbeitnehmer/innen in NRW.


Rund 1/5 aller Kern-Erwerbstätigen in NRW verdient weniger als 1.890,-€ brutto/Monat.

Ausgangslage



Die Mehrheit der Niedriglohnbeschäftigten sind Frauen. Jeder dritte erwerbstätige Frau erhält einen Niedriglohn.

Ausgangslage



Entwicklung der Tarifbindung in NRW 2000 - 2012

74 75

66 64 64 66 64 63 64

5652 51 50 48

42 4034 36

68707272

35403838

0

10

20

30

40

50

60

70

80

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

An

teil

in

Pro

zen

t

Beschäftigte Betriebe

(Quelle: IAB-Betriebspanel NRW, 2012)


Ziele der Landesinitiative

Bewusstsein wecken und gesellschaftlichen Diskurs anregen

An guten betrieblichen Beispielen zeigen, dass faire Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit kein Widerspruch sind

Gute Ansätze und Strategien zur Verhinderung prekärer Beschäftigung fördern und verbreiten

Transparenz über die Situation auf dem Arbeitsmarkt herstellen und auf Missstände hinweisen

Arbeits- und Entlohnungsbedingungen in NRW verbessern

Rahmenbedingungen auf Bundesebene verbessern

Über Rechte und Pflichten zu informieren

Tarifregister des LandesNordrhein-Westfalen9

Minijobs Arbeitsbedingungen geringfügig Beschäftigter verbessern Umwandlung von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in

Minijobs verhindern und umkehren

Leiharbeit Faire Gestaltung von Leiharbeit

Auskömmliche Löhne Sicherung auskömmlicher Löhne

Themenschwerpunkte


Überblick (geplante) Aktivitäten

Bündelung bestehender und geplanter Aktivitäten des MAIS auf unterschiedlichen Ebenen (Europa, Bund, Land, Regionen, Branchen, Unternehmen, Beschäftigte)

Politische Initiativen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen auf Bundesebene

Zusammenarbeit und gemeinsame Aktionen mit arbeitsmarktpolitischen Akteuren

Regionale Bündnisse und branchenbezogene Schwerpunktaktionen Modellprojekte Studien Fachtagungen, (regionale) Veranstaltungen Unterstützung, Beratung, Information Transfer guter Praxis …


Themenschwerpunkt Minijobs

Ziele: Arbeitsbedingungen geringfügig Beschäftigter verbessern Umwandlung von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in Minijobs

verhindern und umkehren

• Einhaltung der tariflichen Entgelte

• Schriftliche Arbeitsverträge

• Einhaltung arbeitsrechtlicher Standards (bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Pausenzeiten etc.)

• Unterstützung der Umwandlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (Vollzeit/Teilzeit)

• Minijobs als Einstieg in den Arbeitsmarkt

• …


Themenschwerpunkt Minijobs

(Bisher geplante) Aktivitäten:

• „Studie zur Analyse der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse“

• Fachtagung “Minijobs“

• Maßnahmen zur Information über Rechte und Pflichten bei Minijobs

• Bundesratsinitiative

• Modellprojekt „Evaluation der Projekte zur Umwandlung von 400,- € Jobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Bielefeld, Dortmund, Duisburg sowie im Kreis Unna“ und landesweiter Transfer der Ergebnisse

• Gezielte Ansprache von Frauen bzw. Berufsrückkehrerinnen


Themenschwerpunkt Leiharbeit

Ziel: Faire Gestaltung von Leiharbeit

• Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, richtige tarifliche Eingruppierung

• Keine Verträge von Fall zu Fall (Wiedereinführung von Synchronisations- und Wiedereinstellungsverbot)

• Mehr Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte für Betriebsräte

• Schriftlicher Arbeitsvertrag und regelmäßige monatliche Lohnabrechnung

• Fahrtkostenerstattung, Weiterbildung/Qualifizierung

• Bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

• Übergang in Beschäftigung außerhalb der Zeitarbeit möglich

• …..


Themenschwerpunkt Leiharbeit

(Bisher geplante) Aktivitäten:

• Bundesratsinitiative für faire und sichere Arbeitsbedingungen in der Leiharbeit

• Maßnahmen zur Information von Zeitarbeitnehmern, Arbeitsuchenden, Jobcentern und Betriebsräten (Hotline Zeitarbeit)

• Modellprojekt „Zeitarbeit – Eine Brücke in den Arbeitsmarkt?“ und landesweiter Transfer der Ergebnisse

• Transfer guter Ansätze für faire Zeitarbeit

• Maßnahmen zur Verhinderung von Lohndumping durch (Schein-) Werkverträge


Themenschwerpunkt Auskömmliche Löhne

Ziel:Sicherung auskömmlicher Löhne

• Der Begriff „auskömmlicher Lohn“ ist nicht exakt definiert.

• In der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen heißt es in Artikel 24 Absatz 2:

„Der Lohn muss der Leistung entsprechen und den angemessenen Lebensbedarf des Arbeitenden und seiner Familie decken.“


„auskömmlicher Lohn“

• Grenze für den Niedriglohn• Sicherung des Existenzminimums• Pfändungsfreigrenze• Armutsschwelle• Gerechtes Arbeitsentgelt nach ESC• Rentenhöhe• Lohnwucher/ Sittenwidriger Lohn• Unterste Entgeltstufe TV-L


Niedriglohnschwelle

• Definition für Niedriglohn:– Verdienst eines Beschäftigten kleiner als zwei

Drittel des Medianverdienstes– International verwendet (z.B. von der

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO))

– Grenzwert für Niedriglohn 2010 10,36 Euro(Quelle: Statistisches Bundesamt 2012)


Sicherung des Existenzminimums(Hartz IV)

• Wie hoch muss eine Vergütung sein, um nicht auf Leistungen nach Hartz IV angewiesen zu sein?

• Kriterien: Alleinstehend, geboren 1960, ohne Kinder, in Düsseldorf bzw. Höxter, Steuerklasse I, ohne Kirchensteuer, gesetzliche Krankenkasse 15,5%


Sicherung des Existenzminimums(Hartz IV)

• Erwerbstätiger ALG II EmpfängerAlg II- Anspruch (ab 01.01.2013)

Düsseldorf Höxter(Regelsatz plus Kosten der Unterkunft und Heizkosten) 701,00 € 595,00 €Pauschaler Grundfreibetrag 100 (SGB II, § 11b) 100,00 € 100,00 €Freibetrag von 20% auf das Einkommen zwischen100 und 1000 € (SGB II, § 11b) 180,00 € 180,00 €Freibetrag von 10% auf das Einkommen zwischen1000 und 1200 € (SGB II, § 11b) 20,00 € 20,00 €

• „Nettoentgelt“ im Monat 1001,00 € 895,00 €

• Bruttolohn im Monat 1348,00 € 1176,00 €

• Stundenlohn bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden 7,75 € 6,76 €


Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen

• Pfändungsfreigrenze für Alleinstehende ohne Kinder (1. Juli 2011 bis 30. Juni 2013)

Nettoeinkommen im Monat 1030,00 Euro

Bruttolohn im Monat 1397,94 EuroStundenlohn bei einer wöchentlichen

Arbeitszeit von 40 Stunden 8,03 Euro


Armutsschwelle

• WHO und OECD definieren Personen als arm, die vom Median des Netto-Äquivalenzeinkommens weniger als 50 Prozent zur Verfügung haben.

• Bruttostundenverdienst 2010 (Median) 15,54 Euro (Quelle: Statistisches Bundesamt 2012)

• Brutto-Armutslohn pro Stunde 7,77 Euro


Gerechter Arbeitslohn laut Europäischer Sozialcarta (ESC)

• Europäische Sozialcharta des Europarates von 1961 (Artikel 4: Das Recht auf ein gerechtes Arbeitsentgelt)

• 60 % des durchschnittlichen Nettolohnes• Nettostundenverdienst 2010 (Median)

10,68 Euro (Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012)

• Gerechtes Arbeitsentgelt nach ESC Netto

6,40 Euro• Gerechtes Bruttoentgelt je Stunde 9,00 Euro


Rentenhöhe

• Ab 2030 droht Arbeitnehmern, die 2500 Euro brutto im Monat verdienen und 35 Jahre gearbeitet haben, eine Rente in Höhe des Grundsicherungsbetrags von 688 Euro. (aus: Spiegel Online, 02.09.2012)

• Dies entspricht einem Bruttostundenlohn in Höhe von 14,37 Euro bei einer 40-Stunden-Woche


Lohnwucher/ Sittenwidriger Lohn

• Sittenwidrigkeit und Wucher gem. § 138 BGB

• Auffälliges Missverhältnis liegt vor, wenn der vertraglich vereinbarte Lohn max. 2/3 des entsprechenden Tariflohns des einschlägigen Wirtschaftszweigs beträgt (aus der Rechtsprechung des BAG)


Grenzen zum sittenwidrigen LohnQualifizierte Beschäftigte (Anfangsentgelt in Euro)

Grenze zum sittenwidrigen

Lohn

2012

Süßwarenindustrie 14,48 9,66

Speditionen 11,34 7,56

Bäckerhandwerk 11,33 7,56

Einzelhandel 10,82 7,21

Gastgewerbe 10,37 6,91

Omnibusgewerbe 9,33 6,22


Unterste Entgeltstufe TV-L

• Grundlage: Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)

• Ausgehandelt zwischen Sozialpartnern• EG 1 Stufe 2: 1528,05 Euro brutto im Monat

ab 01.01.2014 1573,13• Bruttostundenlohn: 8,82 Euro

ab 01.01.2014 9,08 Euro• (Aktueller vergabespezifischer Mindestlohn

nach TVgG-NRW 8,62 Euro)


Instrumente/ Handlungsfelder

• Gesetzlicher Mindestlohn (Bundesinitiativen)

• Mindestlöhne im AEntG (zurzeit 12 Branchen mit ca. 4 Mio. Beschäftigten)

• Allgemeinverbindlicherklärungen in NRW (3 Branchen mit ca. 400 Tsd. Beschäftigten)


Tarifliche Entgelte im Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW

0,00

2,00

4,00

6,00

8,00

10,00

12,00

14,00

16,00

18,00

1990 1995 2000 2005 2010 2011 2012 2013

Stu

nden

lohn

in €

ungelernt qualifiziert hoch qualifiziert Zimmerfrau

8,50 €

5,18 €

6,67 €

2,44 €

10,70 €

Untersten Entgeltgruppen AVE


Tarifliche Entgelte im Friseurgewerbe NRW

0,00

2,00

4,00

6,00

8,00

10,00

12,00

14,00

16,00

1990 1995 2000 2005 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Stu

nden

lohn

in €

ungelernt qualifiziert hoch qualifiziert Meister

8,50 €

7,94 €

3,88 €


Tarifliche Entgelte im Wach- und Sicherheitsgewerbe NRW

Mit Einschränkungen allgemeinverbindlich aktueller Tarifabschluss durch Schlichtung


Instrumente/ Handlungsfelder• Tarifliche Standards bei der Vergabe

öffentlicher Aufträge (TVgG- NRW) und bei der Wirtschaftsförderung (Richtlinie Einschaltung Landesschlichter bei gewerkschaftlichen Bedenken)

• Tarifliche Standards bei der Vergabe

• Orientierung auf tarifliche (Mindest-) Standards


Das Tarifregister


Registrierte Tarifverträge

25%

58%

17%

Branchentarifverträge Firmentarifverträge TV öffentlicher Dienst

Jährlich 1.700 Tarifverträge


Informationsangebot

• Internet www.tarifregister.nrw.de(Ø 24.500 Besucher/ Monat)

• Telefonische Auskünfte durch „Nordrhein-Westfalen direkt“

(Ø 520 Anrufe/ Monat)

• Schriftliche Auskünfte durch die Fachabteilung LS im MAIS

(Ø 550 Anfragen/ Jahr)


Angebot umfasst

Informationen aus Tarifverträgen

– Tarifdaten aus Branchen und Berufen– Übersicht über Ausbildungsvergütungen– Mindestlöhne / Lohnuntergrenze– Tarifspiegel (Grundvergütungen bis 8,50 Euro je Stunde)

– Auswertung der Tarif-Lohnentwicklung u.a.


Tarif-Lohnentwicklung(qualifizierte Beschäftigte)

4,65

6,62

8,79

8,98

5,72

7,53

8,50

9,18

6,71

9,37

10,2

5

10,2

5

6,12

8,79

10,8

0

11,3

9

7,87

11,8

3

14,3

4

15,4

0

8,69

11,9

7

15,0

8

16,4

0

0,00

5,00

10,00

15,00

20,00

1990 2000 2010 2012

Floristik Arzthelferinnen

Fleischerhandwerk Groß- und Außenhandel

Holz/Kunststoff Westfalen Chemische Industrie Nordrh.


Tarif-Lohnentwicklung(unqualifizierte Beschäftigte)4,

21

5,99

6,42

6,42

3,91

5,51

7,87

8,03

4,84

7,21

8,88

9,37

6,69

10,1

7

12,3

3

13,2

4

7,42

10,2

3

12,8

8

14,0

1

0,00

5,00

10,00

15,00

1990 2000 2010 2012

Fleischerhandwerk Floristik

Groß- und Außenhandel Holz/Kunststoff Westfalen

Chemische Industrie Nordr.


Instrumente/ Handlungsfelder

• Regionale Allianzen (Bündnisse der Sozialpartner für fairen Lohn in xxx, Gewerkschaften, NGO´s , Kommunale Sozialpolitik und Wirtschaftsförderung etc.)


Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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