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Themen f¨ ur heute und Montag Wir unterbrechen das Thema ’Abstand zwischen metrischen aumen’ und ’Gromov-Hausdorff Abstand’ f¨ ur die n¨ achsten zwei Vorlesungen. Die folgende Themen werden behandelt: angenr¨ aume, L¨ angenmetrik und intrinsische Metrik (Definition, Fast-Mittelpunkt-Kriterium, Beispiele) urzeste Kurven und Geod¨ atische (Definition, Satz von Hopf-Rinow) Riemannsche Metriken (Induzierte L¨ angenmetrik, Variationsrechnung und Euler-Lagrange Gleichung, R¨ aume von konstanter Kr¨ ummung) Literatur BBI (§2.1-§2.5, §5.1)

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Themen fur heute und Montag

Wir unterbrechen das Thema ’Abstand zwischen metrischenRaumen’ und ’Gromov-Hausdorff Abstand’ fur die nachsten zweiVorlesungen.

Die folgende Themen werden behandelt:

Langenraume, Langenmetrik und intrinsische Metrik(Definition, Fast-Mittelpunkt-Kriterium, Beispiele)

Kurzeste Kurven und Geodatische (Definition, Satz vonHopf-Rinow)

Riemannsche Metriken (Induzierte Langenmetrik,Variationsrechnung und Euler-Lagrange Gleichung, Raumevon konstanter Krummung)

Literatur BBI (§2.1-§2.5, §5.1)

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Abschnitt 1.Langenraume, Langenmetrik und intrinsische Metrik(Definition, Fast-Mittelpunkt-Kriterium, Beispiele)

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Definition Langenraum

Wiederholung. Ein Paar (X ,Ω), wobei X eine Menge und Ω ⊆ 2X

eine Topologie ist, heißt topologischer Raum.Ein Weg in X ist eine stetige Abbildung γ : I → X , wobei I einoffenes, abgeschlossenes oder halboffenes Intervall in R ist.

Definition. Ein Langenraum ist ein topologischer Raum (mitHausdorff-Eigenschaft) zusammen mit einer Familie A vonzugelassenen Wegen in X und einer Funktion L : A → [0,∞),welche jedem zugelassenen Weg eine reelle Zahl (seine Lange)zuordnet.

Wir verlangen außerdem, dass diese Familie abgeschlossen unter elementarenOperationen ist:

1. Die Einschrankung γ|I′ eines zugelassenen Weges γ auf ein TeilintervallI′ ⊆ I soll zugelassen sein.

2. Stimmt der Endpunkt von γ1 : [a, b] → X mit dem Startpunkt vonγ2 : [b, c] → X uberein, und sind beide zugelassen, so auch ihreAneinanderreihung γ1 · γ2 : [a, c] → X .

3. Ist γ zugelassen, so auch jede lineare Reparametrisierungγ(t) = γ(αt + β).

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Definition. Ein Langenraum ist ein topologischer Raum (mit Hausdorff-Eigenschaft)

zusammen mit einer Familie A von zugelassenen Wegen in X und einer Funktion L :

A → [0,∞), welche jedem zugelassenen Weg eine reelle Zahl (seine Lange) zuordnet.

Von der Langenfunktion L : A → [0,∞] verlangen wir folgendeEigenschaften fur alle zugelassenen Wege γ ∈ A:

a. Additivitat: L(γ|[a,c]) = L(γ|[a,b]) + L(γ|[b,c])b. Die Funktion t 7→ L(γ|[a,t]) ist stetig fur jedes a ∈ I.c. Die Lange eines Weges γ ist invariant unter zugelassenen

Reparametrisierungen.

d. Kompatibilitat mit der Topologie: Fur jede Umgebung U einesPunktes x gibt es ein ǫ > 0, s.d. alle in x beginnendenzugelassen Wege der Lange ≤ ǫ in U liegen.

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Jeder Langenraum besitzt eine kanonische Metrik.

Sei (X ,Ω,A, L) ein Langenraum. Wir definieren den Abstand vonzwei Punkten x , y ∈ X als das Infimum uber die Lange allerzugelassenen Wege, die x und y verbinden:

dL(x , y) := infL(γ) | γ ∈ A, γ : [a, b] → X mit γ(a) = x , γ(b) = y

Satz I. Sind je zwei Punkte durch mindestens einen zugelassenenWeg verbunden, so ist (X , dL) ist ein metrischer Raum.

Beweis. d(x , x) = 0, da wegen Eigenschaft (1) der Weg konstanteWeg zugelassen ist und wegen (a) Lange 0 hat.Wegen (d) hatjeder nicht konstante Weg positive Lange; deswegen folgt ausd(x , y) = 0, dass x = y .Symmetrie gilt wegen Eigenschaft (c).

Die Dreiecksungleichung folgt aus (2) und (a): Seien γ1, γ2 Wegevon x nach y und y nach z , s.d. L(γ1) ≤ dL(x , y) + ǫ/2 undL(γ2) ≤ dL(y , z) + ǫ/2.Dann ist fur die AneinanderreihungL(γ1 · γ2) ≤ dL(x , y) + dL(y , z) + ǫ. Da dies fur alle ǫ > 0 gilt,bekommen wir dL(x , z) ≤ dL(x , y) + dL(y , z).

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dL(x , y) := infL(γ) | γ ∈ A, γ : [a, b] → X mit γ(a) = x , γ(b) = y

Satz I. Sind je zwei Punkte durch mindestens einen zugelassenen Weg verbunden, so

ist (X , dL) ist ein metrischer Raum.

Bemerkung. Nicht jeder zusammenhangende metrische Raum istdas Ergebnis einer solchen Konstruktion. Ein metrischer Raum(X , d) heißt Langenraum, falls er das Ergebnis einer solchenKonstruktion ist, also falls es (A, L) gibt, s.d. d = dL.Die Metrik d heißt dann Langenmetrik.

Nicht-Bsp. Der Einheitskreis S1 = x2 + y2 = 1 ⊆ R2 mit der

Teilmengenmetrik aus R2 ist kein Langenraum.

Angenommen, dies ware der Fall.Sei γ : [a, c] → S1 ein Weg vonA = (0, 1) nach C = (0,−1) und enthalte o.B.d.A. B = (1, 0), alsoγ(b) = B . Dann ware

L(γ) = L(γ|[a,b]) + L(γ|[b,c]) ≥ d(A,B) + d(B ,C ) = 2√2.

Wir bekommen den Widerspruch 2 = d(A,C ) ≥ 2√2.

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Beispiele Langenraume

Bsp. Manhattan-Metrik. Wir nehmen als Menge den R2,

schranken aber die Familie von Wegen ein: wir nehmen alle Wege,die parallel zur x- oder y -Achse verlaufen. Als Lange eines Wegeswahlen wir die ubliche euklidische Lange.Dann haben z.B. die Punkte (0, 0) und (1, 1) den Abstand 2.Wie sehen die Balle um einen Punkt aus? Sie sind Rauten (Tafel).

Bsp. Wir nehmen eine beliebige zusammenhangende Teilmenge X

des R2 und als Wege alle stuckweise glatten Kurven mit dereuklidischen Lange (also L(γ) =

∫ b

a|γ′(s)|ds).

Ist X konvex, d.h. zu zwei Punkten liegt die gerade Streckezwischen diesen auch in X , so bekommen wir gerade dieTeilmengenmetrik.

Hat die Menge aber ’Locher’, so vergroßern sich einige Abstande,da einige Wege nicht erlaubt sind. (Tafel)

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Wichtiges Bsp.: Intrinsische Metrik eines metrischen Raumes.

Sei (X , d) ein beliebiger zusammenhangender metrischer Raum.Wir haben gesehen, dass d nicht immer eine Langenmetrik ist.Wir werden jetzt aus d eine Langenmetrik d auf X definieren.Dazu mussen wir sagen, was wir als Familie A von Wegen undLangenfunktion L benutzen.

Definition. Sei (X , d) ein metrischer Raum und γ : [a, b] → X einWeg. Seine Lange bzgl. d ist definiert als

Ld(γ) := sup

N∑

i=1

d(γ(yi−1), γ(yi ))

N ∈ N, a = y0 ≤ y1 ≤ .. ≤ yN = b

.

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Definition. Sei (X , d) ein metrischer Raum und γ : [a, b] → X ein Weg.Seine Lange bzgl. d ist definiert als

Ld (γ) := sup

N∑

i=1

d(γ(yi−1), γ(yi ))

N ∈ N, a = y0 ≤ y1 ≤ .. ≤ yN = b

.

Bemerkung. Durch das wahlen der Punkte y0, .., yN zerteilen wirdas Intervall [a, b] in N Teilintervalle [yi−1, yi ]. Eine solcheZerteilung heißt Partition.

Das Supremum wird uber alle moglichen Partitionengenommen.Fur jede Partition nehmen wir die Zahl∑N

i=1 d(γ(yi−1), γ(yi )): Wir approximieren γ also durch die Punkteγ(y0), γ(y1), .., γ(yn) und summieren die paarweisen Abstandedieser Punkte (Skizze).

Bemerkung Das Supremum ist nicht immer endlich - es gibtkomische Beispiele von Kurven, definiert auf einemabgeschlossenem Intervall, mit Lange ∞. Hat eine Kurve endlicheLange, so heißt sie rektifizierbar.

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Zuruck zur Langenmetrik induziert von einem metrischen Raum (X , d)

Sei (X ,Ω,A, L) ein Langenraum. Seine Metrik ist definiert als

dL(x , y) := infL(γ) | γ ∈ A, γ : [a, b] → X mit γ(a) = x , γ(b) = y

Definition. Die intrinsische Metrik von (X , d) ist die Metrik d desLangenraumes (X ,A, L), bei dem A die Menge aller rektifizierbarerWege in X und L die oben definierte Lange Ld ist, also

d(x , y) := infLd(γ) | γ : [a, b] → X mit Ld(γ) < ∞, γ(a) = x , γ(b) = y.

Bemerkung. Wir sagen, dass eine Metrik d intrinsisch ist, fallsd = d0 fur eine Metrik d0. Jede intrinsische Metrik ist eineLangenmetrik (nach Konstruktion).

Bemerkung. Um sicherzustellen, dass d wirklich eine Metrik aufX ist, konnen wir Satz I benutzen. Wir mussen nur uberprufen obunser (X ,A, L) tatsachlich die Eigenschaften eines Langenraumserfullt.Das kostet viel Zeit und wird ubersprungen - einige Eigenschaftenfindet man in BBI S. 34.

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Bsp. Intrinsische Metrik von S1 mit Teilmengentopologie

d(x , y) := infLd (γ) | γ : [a, b] → X mit Ld (γ) < ∞, γ(a) = x , γ(b) = y.

Wir betrachten den metrischen Raum S1 ⊆ R2 mit der Teilmengen

metrik. Betrachte zwei Punkte x =

(

cosαsinα

)

, y =

(

cosβsinβ

)

.

Was ist ihr Abstand in der intrinsischen Metrik?

Aus den Eigenschaften eines Langenraumes ist klar, dass fur jede nichtinjektive Weg einen kurzeren Weg mit selben Start- und Endpunktexistiert. Deswegen reicht es, dass Infimum uber injektive Wege zunehmen.Die zwei Punkte sind durch genau zwei injektive Wege verbunden.O.B.d.A. sei β − α ∈ [0, π]. Dann ist d(x , y) = Ld(γ), wobei

γ : [α, β] → S1, γ(t) =

(

cos tsin t

)

. Diese ist aber glatt und aus der Analysis

wissen wir, dass die Approximation einer glatten Kurve durch Polygone

gerade∫ β

α|γ′(s)|ds = β − α ist.

Die intrinische Metrik d ist also die Winkelmetrik, bei der der Abstand

zwischen zwei Punkten gerade der Winkel zwischen ihnen ist.

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Intrinsische Metrik einer Langenmetrik

d(x , y) := infL(γ) | γ ∈ A, γ : [a, b] → X mit γ(a) = x , γ(b) = y

d(x , y) := infLd (γ) | γ : [a, b] → X mit Ld (γ) < ∞, γ(a) = x , γ(b) = y.

Ld (γ) := sup

∑Ni=1 d(γ(yi−1), γ(yi ))

∣N ∈ N, a = y0 ≤ y1 ≤ .. ≤ yN = b

Satz II. Sei (X , d) eine Langenmetrik, also d die Metrik induziertvon einem Langenraum (X ,A, L).Dann ist d = d .

Beweis. Fur jede Metrik gilt d ≥ d . In der Tat, fur γ : [a, b] → X

gilt Ld(γ) ≥ d(γ(a), γ(b)), denn im Supremum kommt die trivialePartition y0 = a, y1 = b vor.

Um d ≤ d zu zeigen, zeigen wir Ld(γ) ≤ L(γ) fur jede zugelasseneKurve γ ∈ A. Nimmt man dann das Infimum (uber allezugelassenen Kurven) bekommt man die Ungleichung. (Manbenutzt noch, dass jede zugelassene Kurve rektifizierbar ist, wasauch aus obiger Ungleichung folgt.)

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Ld(γ) ≤ L(γ) fur jede zugelassene Kurve γ ∈ A

d(x , y) := infL(γ) | γ ∈ A, γ : [a, b] → X mit γ(a) = x , γ(b) = y

Ld (γ) := sup

∑Ni=1 d(γ(yi−1), γ(yi ))

∣N ∈ N, a = y0 ≤ y1 ≤ .. ≤ yN = b

Sei γ : [a, b] → X und a = y0 ≤ .. ≤ yN = b eine Partition.Dann ist d(γ(yi−1), γ(yi )) ≤ L(γ|[yi−1,yi ]), denn die linke Seite istdas Infimum aller zugelassene Wege zwischen yi−1 und yi undγ|[yi−1,yi ] ist ein solcher.Also ist

N∑

i=1

d(γ(yi−1), γ(yi )) ≤ L(γ)

und Nehmen des Supremums uber alle Partitionen gibtLd(γ) ≤ L(γ).

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Satz II. Sei (X , d) eine Langenmetrik, also d die Metrik induziert von einem Langenraum

(X ,A, L). Dann ist d = d .

Bemerkung. Aus Satz II folgt, dass eine Metrik d intrinsisch ist,gdw. d = d .Die Richtung ⇐ ist nach Definition und ⇒ wegen SatzII und weil jede intrinsische Metrik insbesondere eine Langenmetrikist.

Satz II besagt auch, dass jede Langenmetrik intrinsisch ist.

Frage. Gegeben eine Metrik d , wie konnen wir feststellen, ob sieintrinsisch ist? Ein notwendiges und hinreichendes Kriterium ist,dass d = d ist.

Als nachstes wollen wir fur vollstandige metrische Raume einweiteres aquivalentes Kriterium bekommen.

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Fast-Mittelpunkt-Kriterium

Definition. Sei (X , d) ein metrischer Raum und x , y ∈ X . DerPunkt m ∈ X heißt ǫ-Mittelpunkt von xy , falls

2d(x ,m) ≤ d(x , y) + ǫ und 2d(y ,m) ≤ d(x , y) + ǫ.

Bemerkung. Ist d(x ,m) = d(y ,m) = 12d(x , y), so heißt m

Mittelpunkt und ist ein ǫ-Mittelpunkt fur jedes ǫ.

Bsp. In R2\0 mit Teilmengenmetrik haben die Punkt (1, 0) und

(−1, 0) keinen Mittelpunkt. Der Punkt (0, 12ǫ) ist ein ǫ-Mittelpunkt.

Satz III (Fast-Mittelpunkt-Kriterium). Sei (X , d) einvollstandiger metrischer Raum. Dann ist d intrinsisch, genau dannwenn es fur alle x , y ∈ X und jedes ǫ > 0 einen ǫ-Mittelpunkt gibt.

Bemerkung. Die Richtung ’⇒’ gilt auch in unvollstandigen Raumen -

wir brauchen die Vollstandigkeit nur fur den Beweis von ’⇐’.

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Beweis von Satz III in Richtung ’⇒’.

Satz III (Fast-Mittelpunkt-Kriterium). Sei (X , d) ein vollstandiger metrischer Raum.Dann ist d intrinsisch, genau dann wenn es fur alle x , y ∈ X und jedes ǫ > 0 einenǫ-Mittelpunkt gibt, d.h. es gibt m ∈ X mit

2d(x ,m) ≤ d(x , y) + ǫ und 2d(y ,m) ≤ d(x , y) + ǫ.

Sei d intrinsisch, also d = d , und x , y ∈ X . Wir mussen zu ǫ > 0einen ǫ-Mittelpunkt m finden.

Nach Definition von d gibt es einen Weg γ : [a, b] → X zwischen x

und y mit L(γ) ≤ d(x , y) + ǫ.

Betrachte die Funktion L(t) := L(γ|[a,t]) (sie ist stetig, nachEigenschaften von Langenraumen).Da L(0) = 0 ist, gibt es nachZwischenwertsatz ein t0 ∈ [a, b] mit

L(t0) =12L(b) ≤ 1

2(d(x , y) + ǫ).

Fur m := γ(t0) ist dann 2d(x ,m) ≤ d(x , y) + ǫ.Da L(γ|[a,t0]) = L(γ|[t0,b]) ist, folgt analog 2d(y ,m) ≤ d(x , y) + ǫ.

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Schwierigere Beweisrichtung ’⇐’.

Das Fast-Mittelpunkt-Kriterium sei erfullt. Dann gibt es furx , y ∈ X und s > 1 einen Punkt m ∈ X mit

2d(x ,m) < sd(x , y) und 2d(y ,m) < sd(x , y).

Wir mussen zeigen, dass d intrinsisch ist, also dass es fur x , y ∈ X

und ǫ > 0 einen Weg γ : [0, 1] → X zwischen x und y gibt, dessenLange d(x , y) ǫ-gut approximiert, d.h. L(γ) < d(x , y) + ǫ.

Wir definieren den gesuchten Weg γ zuerst auf den rationalenPunkten k/2m im Intervall [0, 1], s.d. er eine Lipschitz-Abbildungist. Anschließend setzen wir γ auf ganz [0, 1] fort.

Setze γ(0) = a, γ(1) = b. Wahle fur γ(12) einen Mittelpunkt mzwischen a, b, s.d. obige Ungleichungen fur s = s1 gelten. (Wirwahlen sn > 1 spater.)Wahle nun γ(2i+1

22) als Mittelpunkt zwischen γ( 2i

22) und 2i+2

22, s.d.

obige Ungleichungen mit s2 gelten, usw. fur hohere Potenzen.

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Wahl der sn, sodass γ Lipschitz ist

2d(x ,m) < sd(x , y) und 2d(y ,m) < sd(x , y)

Nach Konstruktion ist d(γ( i2), γ(i+12 )) < 1

2s1d(x , y).Dann ist d(γ( i

22), γ( i+1

22)) < 1

4s2s1d(x , y).

Also bekommen wir dass fur alle t, t ′ von der Form k2m die

Abschatzung

d(γ(t), γ(t ′)) ≤ |t − t ′|(∞∏

n=1

sn)d(x , y).

Wir wahlen sn als eine Folge, s.d. (∏∞

n=1 sn) < ∞ (z.B. sn = e1/n2,

aber das ist nicht wichtig). Dann ist γ wie gewunscht eineLipschitz-Funktion mit Konstanter (

∏∞n=1 sn)d(x , y) auf der

Menge der Zahlen der Form k2m , welche dicht in [0, 1] ist.

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Das folgende Lemma erlaubt uns, γ auf ganz [0, 1] alsLipschitz-Abbildung fortzusetzen.

Lemma I. Sei (X , d) ein metrischer Raum, X ′ ⊆ X dicht und(Y , d) vollstandig. Jede Lipschitz-Abbildung f : X ′ → Y kann(eindeutig) zu einer Lipschitz-Abbildung f : X → Y mit f |X ′ = f

fortgesetzt werden.

Wir bekommen einen Weg γ von x nach y , s.d. fur t, t ′ ∈ [0, 1]

d(γ(t), γ(t ′)) ≤ |t − t ′|(∞∏

n=1

sn)d(x , y).

Also ist∑N

i=1 d(γ(yi−1), γ(yi )) ≤ (∏∞

n=1 sn)d(x , y) fur jedePartition. Es folgt L(γ) ≤ (

∏∞n=1 sn)d(x , y).

Wir konnen die Folge sn so verandern, dass die rechte Seite< d(x , y) + ǫ ist (z.B. indem wir das erste Folgenglied skalieren).Damit haben wir einen Weg gefunden, dessen Lange d(x , y) ǫ-gutapproximiert und d ist instrinsisch.

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Beweis des Lemmas

Lemma I. Sei (X , d) ein metrischer Raum, X ′ ⊆ X dicht und (Y , d) vollstandig. Jede

Lipschitz-Abbildung f : X ′ → Y kann (eindeutig) zu einer Lipschitz-Abbildung f : X →

Y mit f |X ′ = f fortgesetzt werden.

Fur x ∈ X , wahle eine Folge xn ∈ X ′ mit xn → x . Da f Lipschitzist, ist f (xn) eine Cauchy-Folge und wegen Vollstandigkeit von Y

konvergiert sie gegen ein y ∈ Y . Setze f (x) := y .

f ist Lipschitz: Fur x , x ′ ∈ X seien xn → x und x ′n → x ′ diegewahlen Folgen in X ′. Dann ist

d(f (x), f (x ′)) = lim d(f (xn), f (x′n)) ≤ C lim d(xn, x

′n) = Cd(xn, x

′n).

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Abschnitt 2.Kurzeste Kurven und Geodatische (Definition, Satz

von Hopf-Rinow)

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Kurzeste Wege und Geodaten

Definition. Sei (X , d) ein Langenraum.

Ein Weg γ : [a, b] → X heißt kurzester Weg, fallsL(γ) = d(γ(a), γ(b)).

Ein Weg γ : I → X heißt Geodate, falls er lokal ein kurzesterWeg ist, d.h. fur jedes t ∈ I gibt es ǫ > 0, s.d. γ|[t−ǫ,t+ǫ] einkurzester Weg ist.

Bsp. In Rn mit Standardmetrik sind alle Gerade kurzeste Wege

und Geodaten.

Bsp. In R2\0 gibt es keinen kurzesten Weg zwischen (1, 0) und

(−1, 0). Der Satz von Hopf-Rinow wird zeigen, dass dies nichtpassieren kann, wenn der Raum vollstandig ist (hier ist er es nicht).

Bsp. Betrachte S1 ⊆ R2. Zwischen (0, 1) und (0,−1) gibt es

genau zwei kurzeste Wege.Der Weg γ : [0, 2π] → S1, t 7→ (cos t, sin t) ist eine Geodate, aberkein kurzester Weg.

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Lokal-Kompaktheit

Definition. Ein metrischer Raum (X , d) heißt lokal-kompakt, fallsjeder Punkt eine prakompakte Umgebung besitzt (d.h. es gibt zujedem ǫ > 0 ein endliches ǫ-Netz).

Bsp. Jeder kompakte Raum ist lokal-kompakt.

Bsp. Rn mit Standardmetrik ist lokal-kompakt, aber nichtkompakt.

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Der Satz von Hopf-Rinow

Ein Weg γ : [a, b] → X heißt kurzester Weg, falls L(γ) = d(γ(a), γ(b)).

Als nachstes werden wir den Satz von Hopf-Rinow beweisen:

Satz IV (Hopf-Rinow). Sei (X , d) ein lokal-kompakter,vollstandiger Langenraum. Dann gibt es zwischen je zwei Punktenx , y einen kurzesten Weg (und man nennt den Raum strengintrinsisch).

Bsp. R2\0 ist nicht vollstandig und es gibt Punkte ohnekurzesten Weg

Der Beweis ist aufwendig. Wir werden den Satz zuerst unter derAnnahme dass X kompakt ist beweisen und dazu Arzela-Ascolibenutzen.Den allgemeinen Fall werden wir mit einem extra Lemma daraufzuruckfuhren.

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Beweis von Hopf-Rinow, wenn (X , d) kompakt ist

Satz IV (Hopf-Rinow). Sei (X , d) ein lokal-kompakter, vollstandiger Langenraum. Dann

gibt es zwischen je zwei Punkten x , y einen kurzesten Weg.

Sei X kompakt und x , y ∈ X . Da (X , d) ein Langenraum ist, istinfL(γ) | γ rektifizierbarer Weg zwischen x und y = d(x , y).

Sei γi : [0, 1] → X eine Folge von Wegen mit L(γi ) → d(x , y).

O.B.d.A. konnen wir annehmen, dass die γi so parametrisiert sind,dass d(γi (t), γi (t

′)) = Ci |t − t ′|. In der Tat, andernfalls liefert dieUmkehrfunktion der injektiven Funktion [0, 1] → [0, 1] mitt 7→ 1

L(γi )L(γi |[0,t]) eine Umparametrisierung.

Da die Folge L(γi ) konvergiert, ist sie beschrankt, daher sind auchdie Ci beschrankt.Es gibt also ein C > 0 s.d.d(γi (t), γi (t

′)) ≤ C |t − t ′| fur alle i . Alle Wege γi sind daherLipschitz mit gemeinsamer Lipschitz-Konstante.

Nach Arzela-Ascoli ([0, 1] und X sind kompakt und γi ∈ F(δ) mitδ(x , ǫ) = ǫ

C- siehe VL 5, S 11) besitzt γi eine konvergierende

Teilfolge (in Supremumsnorm).

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O.B.d.A. konnen wir annehmen, dass schon die Folge γi gegeneinen Weg γ : [0, 1] → X konvergiert (in Supremumsnorm).DaKonvergenz in Supremumsnorm punktweise Konvergenz impliziert,hat γ den selben Start- und Endpunkt x , bzw. y . Wir mussen nochzeigen, dass L(γ) ≤ d(x , y) ist.

Sei ǫ > 0 und y0 ≤ .. ≤ yN eine Partition von [0, 1], s.d.L(γ)−∑

d(γ(yi ), γ(yi+1)) < ǫ. Wahle j so groß, dassd(γj(yi ), γ(yi )) <

ǫ2N fur alle i = 1, ..,N. Dann ist

L(γ) ≤∑

d(γ(yi ), γ(yi+1)) + ǫ

≤∑

d(γj(yi ), γj(yi+1)) + Nǫ

N+ ǫ

≤ L(γj) + 2ǫ

Da ǫ beliebig ist, ist L(γ) ≤ inf L(γi ) = d(x , y).Andererseits gilt fur jeden Weg zwischen x und y L(γ) ≥ d(x , y),also gilt Gleichheit. Der Satz von Hopf-Rinow ist bewiesen furkompakte metrische Raume.

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Was wir machen, wenn X nicht kompakt ist.

Lemma II. Sei (X , d) ein lokal-kompakter, vollstandigerLangenraum. Dann ist jeder abgeschlossene Ball kompakt.

Aus dem Lemma folgt der allgemeine Satz von Hopf-Rinow: Seienx , y ∈ X und γ eine Kurve zwischen diesen. Dann liegt die Kurve γund alle kurzeren Kurven mit selben Endpunkten in dem BallBL(γ)(x).In der Tat, ware γ(t0) fur ein t0 nicht in dem Ball, soware L(γ) ≥ d(x , γ(t0)) > L(γ).

Daher gibt es eine Folge γi von Wegen zwischen x und y mitL(γi ) → d(x , y), die komplett in dem Ball liegt.Nach dem Lemmaist der Ball kompakt und der erste Teil des Beweises zeigt Existenzeiner kurzesten Kurve.

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Beweisskizze des Lemmas

Lemma II. Sei (X , d) ein lokal-kompakter, vollstandiger Langenraum. Dann ist jeder

abgeschlossene Ball kompakt.

Beweis. Sei x ∈ X und setzte R = supr > 0 | Br (x) kompakt.Da x eine prakompakte Umgebung hat, ist jeder abgeschlosseneBall in dieser Umgebung kompakt, also R > 0. Wir mussen zeigen,dass R = ∞. Wir nehmen das Gegenteil an und betrachtenB = BR(x).

Wir zeigen, dass B kompakt ist. Nach Hausaufgabe 5.1 und weil Babgeschlossen in einem volstandigen Raum und damit vollstandigist, reicht es zu zeigen, dass B prakompakt ist.

Sei S ein endliches ǫ/3-Netz fur BR−ǫ/3(x). Weil d eineLangenmetrik ist, ist fur y ∈ B d(y ,B ′) ≤ ǫ/3. D.h. es gibty ′ ∈ B ′ mit d(y , y ′) < ǫ/2, welches wiederum ǫ/2 nah zu einems ∈ S liegt.Aus Dreiecksungleichung, folgt, dass S ein ǫ-Netz fur B ist.

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Ende des Beweises

Da X lokal-kompakt und B kompakt ist, konnen wir eine endlicheUberdeckung U1, ..,Un ⊆ X aus offenen prakompakten Mengenwahlen. Ihre Vereinigung U ist eine prakompakte Umgebung von B .

Da B kompakt ist, gibt es ein ǫ > 0, s.d. Bǫ(B) ⊆ U:Angenommen, fur jedes ǫ > 0 gibt es ein yǫ ∈ B , s.d. Bǫ(y) 6⊆ U. Wegen

Kompkatheit konvergiert eine Teilfolge von y 1ngegen ein y0 ∈ B .Dann ist

kein Ball um y0 in U enthalten - Widerspruch. Also ist B kompakt.

Dann liegt auch BR+ǫ(x) in U und der Abschluss BR+ǫ(x) istkompakt. Das liefert einen Widerspruch zur Wahl von R .

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Abschnitt 3.Riemannsche Metriken

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Wichtiges Bsp. eines Langenraums: Riemannsche Metriken

Riemannsche Metriken sind eines der wichtigsten Objekte in derGeometrie - sie gehen zuruck auf Bernhard Riemann (1826-1866,Gottingen), der sie in seiner beruhmten Habilitationsschrift ’Ueber dieHypothesen, welche der Geometrie zu Grunde liegen.’ (1854) einfuhrte.Noch heute gibt es viel aktive Forschung in diesem Bereich.

Als Objekt ist eine Riemannsche Metrik eine Familie von Skalarprodukten

auf R2, welches glatt von einem Punkt auf einer offenen Menge U ⊆ R2

abhangt. Mit ihrer Hilfe werden wir ein Langenfunktional L fur glatteKurven in der Menge U definieren.

Wir bekommen einen Langenraum X = U, A die Menge aller glattenKurven in U und L das Langenfunktional der Riemannschen Metrik.

Motivaton. Riemannsche Metriken erlauben uns, Oberflachen S ⊆ R3 zu

untersuchen - insbesondere kurzeste Wege dort zu finden. Z.B. auf einerKugeloberflache (Erdkugel) oder einem verbogenen Blatt Papier.

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Wiederholung Tangentialvektor einer Kurve

Wir betrachten stets eine offene Menge U ⊆ R2.

Sei γ : I → U eine glatte Kurve. Man kann γ als γ(t) =

(

γ1(t)γ2(t)

)

schreiben, wobei γ1, γ2 : I → R die Komponenten sind.

Definition. Der Tangentialvektor von γ zum Zeitpunkt t ist der

Vektor γ′(t) =

(

γ′1(t)γ′2(t)

)

und ist ein Element des Vektorraums R2.

Wir stellen uns γ′(t) als einen Vektor (Pfeil) im Punkt γ(t)vor.

Um ’gleiche’ Tangentialvektoren in unterschiedlichen Punktenzu unterscheiden, mussen wir uns auch den Punkt merken, indem der Vektor liegt. Die Menge aller Vektoren ist alsoTU := U × R

2.

Bsp. γ(t) =

(

t

2t

)

, γ′(t) =

(

12

)

γ(t) =

(

cos tsin t

)

, γ′(t) =

(

− sin tcos t

)

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Wiederholung Skalarprodukt

Definition. Sei V ein Vektorraum (bei uns V = R2). Ein

Skalarprodukt g auf V ist eine symmetrische, positiv-definiteBilinearform auf V , d.h. g : V × V → R mit

a. g(λu + µu′, v) = λg(u, v) + µg(u′, v) (und analog im 2.Argument)

b. g(u, v) = g(v , u)

c. g(u, u) ≥ 0 und = 0 gdw. u = 0

Fakt (LA1). Fur jedes Skalarprodukt g auf R2 gibt es eine

(positiv definite) Matrix g =

(

g11 g12g12 g22

)

mit gij ∈ R, s.d.

g(u, v) = uT(

g11 g12g12 g22

)

v =(

u1 u2)

(

g11 g12g12 g22

)(

v1v2

)

.

Diese Matrix heißt Gramsche-Matrix.

Bemerkung. gij = g(ei , ej), wobei ei der i-te Standardbasisvektor ist

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Norm induziert von einem Skalarprodukt

Fakt/Definition. Ist g ein Skalarprodukt, so ist die Funktion| · |g : R2 → R≥0 definiert durch |u| :=

g(u, u) eine Norm imSinne der Analysis (die Norm von g).

Bsp. Betrachte das Standard-Skalarprodukt (euklidischeSkalarprodukt) auf R2:

g(u, v) = u1v1 + u2v2

Seine Norm ist die euklidische Norm:

|u|g =√

u21 + u22

Die Gramsche Matrix ist dann

g =

(

1 00 1

)

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Definition Riemannsche Metrik

Definition. Eine Riemannsche Metrik auf U ⊆ R2 ist eine glatte

Abbildung, die jedem p ∈ U ein Skalarprodukt auf R2 (der Mengeder Vektoren in p) zuweist.Genauer: g : U × R

2 × R2 → R, so dass gp(u, v) := g(p, u, v) ein

Skalarprodukt fur jedes p ∈ U ist.

Da man jedes gp durch seine Gramsche Matrix darstellen kann,kann man g auch als eine Abbildung g : U → Mat(2, 2) verstehen(s.d. gp die Gramsche Matrix des Skalarprodukts in p ist).

Bsp. Die wichtigsten Riemmanschen Metriken sind die von’konstanter Krummung’ (wird nicht weiter erklart). Sie kommenvon der euklidischen Ebene, der 2-Sphare S2 und derhyperbolischen Ebene H2.Mogliche Formen fur sie sind:

g(x,y) =

(

1 00 1

)

g(x,y) =1

(1 + (x2 + y 2))2

(

1 00 1

)

g(x,y) =1

(1− (x2 + y 2))2

(

1 00 1

)

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Bsp. + Motivation: Die Sphare S2

Die 2-Sphare R3, also S2 = (x , y , z) | x2 + y2 + z2 = 1 ⊆ R

3.

Sei γ : [a, b] → S2 eine Kurve. Ihre Lange ist∫ b

a|γ′(t)|eucldt.

Wir wahlen stereographische Koordinaten bzgl. des Nordpols N:

f : (x , y) 7→ (2x

x2 + y2 + 1,

2y

x2 + y2 + 1,x2 + y2 − 1

x2 + y2 + 1).

Dann haben wir eine Bijektion von Kurven in R2 und Kurven in S2

(welche nicht durch N gehen), eine Kurve γ : [a, b] → R2

entspricht γ(t) := f (γ(t)). Gegeben γ, wie konnen wir die Langeder Kurve γ ausrechnen?

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Riemmansche Metrik von S2 in stereographischen Koordinaten

Wir wahlen stereographische Koordinaten bzgl. des Nordpols N:

f : (x , y) 7→ (2x

x2 + y2 + 1,

2y

x2 + y2 + 1,x2 + y2 − 1

x2 + y2 + 1).

Gegeben γ, wie konnen wir die Lange der Kurve γ ausrechnen?

L(γ) =

∫ b

a

|(f γ)′(t)|eucldt =∫ b

a

γ′T (t) df |Tγ(t) df |γ(t) γ′(t)dt

Wiederholung. dfp :=

∂f1∂x

|p∂f1∂y

|p∂f2∂x

|p∂f2∂y

|p∂f3∂x

|p∂f3∂y

|p

heißt Differential von f in p und es

gilt die Kettenregel (f γ)′(t) = dfγ(t) · γ′(t).

Setzen wir also gp = df Tp · dfp, so ist L(γ) = Lg (γ). Wir konnenalso die Lange von γ nur durch Rechnen in R

2 mit Hilfe von g

finden. Fur unser f ist

g(x ,y) = df T(x ,y) · df(x ,y) = ... =4

(x2 + y2 + 1)2

(

1 00 1

)

.

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Lange einer Kurve bzgl. g

Definition. Sei g eine Riemannsche Metrik auf U undγ : [a, b] → U eine stuckweise glatte Kurve. Wir definieren ihreg -Lange als

Lg (γ) =

∫ b

a

|γ′(s)|gγ(s)ds =∫ b

a

gγ(s)(γ′(s), γ′(s))ds.

Bemerkung. Ist g(x ,y) =

(

1 00 1

)

die euklidische Metrik, so ist

Lγ(γ) =∫ b

a|γ′(s)|ds die euklidische Lange.

Der Unterschied bei einer allgemeinen Riemannschen Metrik ist,dass wir die Lange von γ′(s) nicht mit dem euklidischenSkalarprodukt bestimmen, sondern mit gγ(s) (welches sich vonPunkt zu Punkt andert).

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Die Langenmetrik einer Riemannschen Metrik

Definition. Ein Langenraum ist ein topologischer Raum (mit Hausdorff-Eigenschaft)zusammen mit einer Familie A von zugelassenen Wegen in X und einer Funktion L :A → [0,∞), welche jedem zugelassenen Weg eine reelle Zahl (seine Lange) zuordnet.

dL(x , y) := infL(γ) | γ ∈ A, γ : [a, b] → X mit γ(a) = x , γ(b) = y

Definition. Sei U ⊆ R2 und g eine Riemannsche Metrik. Dann

definieren wir den g -Abstand dg als die Langenmetrik, wobei A dieMenge der stuckweise-glatten Kurven ist und L = Lg die Langebzgl. der Riemannschen Metrik von der letzten Folie. Also:

dg (x , y) := inf

∫ b

a

|γ′(s)|γ(s)ds∣

γ stuckweise glatt, γ(a) = x , γ(b) = y

.

Selbstverstandlich muss man noch uberprufen, dass (U,A, L)alle Eigenschaften eines Langenraums erfullt.

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Eine Differentialgleichung fur Geodaten (lokal kurzeste Wege)

Sei g eine Riemannsche Metrik; schreibe F (p, u) :=√

gp(u, u) furdie g -Norm.

Satz IV. Eine Kurve γ : [a, b] → U ist eine Geodate, gdw. sie dieEuler-Lagrange-Differentialgleichung(en) erfullt:

dF

dxi− d

dt(∂F

∂ui) = 0 i = 1, 2.

Hier x1 = x , x2 = y .

Dies sind zwei Differentialgleichungen von zweiter Ordnung(im zweiten Term kommt die zweite Ableitung von γ vor).

In die Gleichung (in die Ableitungen von F) muss man nochArgumente einsetzen, wir setzen naturlich γ(t) und γ′(t) ein.Obige Gleichung ist eine Abkurzung fur

∂F

∂xi(γ(t), γ′(t))− d

dt(∂F

∂ui(γ(t), γ′(t)) = 0

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Beweis (nur in Richtung ⇒)

Satz IV. Eine Kurve γ : [a, b] → U ist eine Geodate, gdw. sie die Euler-Lagrange-Differentialgleichung(en) erfullt:

∂F

∂xi−

d

dt(∂F

∂ui) = 0 i = 1, 2.

Sei γ : [a, b] → U eine Geodate und o.B.d.A. kurzeste Kurve.Sei V : [a, b] → R

2 ein Vektorfeld mit V (0) = V (1) = 0 (wir stellen unsvor, dass V (t) ein Vektor in γ(t) ist).Dann ist auch γs(t) := γ(t) + sV (t) eine Kurve mit selben Endpunkten.Da γ eine kurzeste Kurve ist, ist L(γs) ≥ L(γ).Deswegen ist d

dt|s=0L(γs) = 0.

d

ds|s=0L(γs) =

d

ds|s=0

∫ b

a

F (γs(t), γ′s(t))dt

=

∫ b

a

(

2∑

i=1

∂F

∂xiVi +

2∑

i=1

∂F

∂ui

dVi

dt

)

dt

=

∫ b

a

2∑

i=1

∂F

∂xiVidt +

∫ b

a

d

dt(

2∑

i=1

∂F

∂uiVi )dt −

∫ b

a

(2∑

i=1

(d

dt

∂F

∂ui)Vi )dt

=2∑

i=1

∫ b

a

(∂F

∂xi−

d

dt

∂F

∂ui)Vidt

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∑2i=1

∫ b

a( ∂F∂xi

− ddt

∂F∂ui

)Vidt = 0 fur alle Vektorfelder V entlang γ

Einsetzen von Vektorfeldern mit V2 = 0 gibt die ersteGleichung

∂F

∂x1− d

dt(∂F

∂u1) = 0

und mit V1 = 0 die zweite.

Fur ⇐ nehmen wir an, dass die Euler-Lagrange Gleichungenerfullt sind und bekommen von der letzen Folie sofort, dassdds|s=0L(γs) = 0. Also sind alle ’benachbarten Kurven’ nicht

kurzer als γ. Das reicht aber noch nicht.

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Satz IV. Eine Kurve γ : [a, b] → U ist eine Geodate, gdw. sie die Euler-Lagrange-Differentialgleichung(en) erfullt:

dF

dxi−

d

dt(∂F

∂ui) = 0 i = 1, 2.

Die Gleichung steht nicht in Euler-Form (γ′′ = f (γ, γ′)) - undman kann sie auch nicht in Euler-Form schreiben. Trick: Manbetrachtet Euler-Lagrange Gleichung fur F 2 - diese ist in EulerForm.

Es folgt, dass fur jedes Paar von Punkt und Vektor (x , u) mitx ∈ U, u ∈ R

2 genau eine Geodate existiert mitγ(0) = x , γ′(0) = u bis auf Reparametrisierung; und es ist dieselbe wie fur (x , λu), λ 6= 0.

Wir haben eigentlich nicht benutzt, dass F die Norm einerRiemannschen Metrik ist. In der Tat, man konnte fur F aucheine allgemeinere Art von ’Norm’ benutzen (Finsler-Norm)

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Bsp. Geodaten auf der 2-Sphare S2

Riemannsche Metrik von S2 g(x,y) =4

(x2+y2+1)2

(

1 00 1

)

.

Satz IV. Eine Kurve γ : [a, b] → U ist eine Geodate, gdw. sie die Euler-Lagrange-Differentialgleichung(en) erfullt:

dF

dxi−

d

dt(∂F

∂ui) = 0 i = 1, 2.

Also F (x , y , u1, u2) =2

x2+y2+1

(u21 + u22).

Man mann einige Geodate raten, z.B. γ(t) = t(a, b), a, b ∈ R,und dann uberprufen, dass sie die Euler-Lagrange Gleichungerfullen.

Das Bild dieser Geodaten unter f entspricht den Langengradenauf S2. Jede Rotation (um eine Achse durch 0) des R3 bildetGeodaten auf Geodaten ab (da Isometrie). Das gibt uns alleGeodaten auf S2: Es sind gerade die Schnitte einer Ebene⊆ R

3 durch den Ursprung mit S2 - sie heißen Großkreise.