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Stefan Loibl Zur Konstruktion von Qualität in Weiter- bildungseinrichtungen am Beispiel der Kreisvolkshochschule Hochtaunus/Oberursel Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung

Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung Stefan … · Prof. Dr. Ekkehard Nuissl von Rein, Universität Marburg Prof. Dr. Rudolf Tippelt, Universität München ... und „Kooperative

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Stefan Loibl

Zur Konstruktion vonQualität in Weiter-bildungseinrichtungen

am Beispielder KreisvolkshochschuleHochtaunus/Oberursel

Theorie und Praxisder Erwachsenenbildung

THEORIE UND PRAXIS DER ERWACHSENENBILDUNGReihe 1967 begründet von Hans Tietgens

HerausgeberProf. Dr. Sigrid Nolda, Universität DortmundProf. Dr. Ekkehard Nuissl von Rein, Universität MarburgProf. Dr. Rudolf Tippelt, Universität München

Herausgebende InstitutionDas Deutsche Institut für Erwachsenenbildung ist eine Einrichtung der Wis-senschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL) und wird von Bundund Ländern gemeinsam gefördert. Als wissenschaftliches Institut erbringtes Dienstleistungen für Forschung und Praxis der Weiterbildung. Das Institutwird getragen von 18 Einrichtungen und Organisationen aus Wissenschaftund Praxis der Erwachsenenbildung, die Mitglieder im eingetragenen Verein„DIE“ sind.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internetüber <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

Verlag:W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KGPostfach 10 06 3333506 BielefeldTelefon: (0521) 9 11 01-11Telefax: (0521) 9 11 01-19E-Mail: [email protected]: www.wbv.de

Bestell-Nr.: 14/1081

© 2003 W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, BielefeldSatz+Grafiken: Grafisches Büro Horst Engels, Bad VilbelHerstellung: W. Bertelsmann Verlag, BielefeldISBN 3-7639-1863-9

Inhalt

Vorbemerkungen .......................................................................... 7

Einleitung...................................................................................................... 9

1. Bausteine des theoretischen Bezugsrahmens ......................... 15

1.1 Bezugspunkte konstruktivistischer Vorstellungen ................. 15

1.2 Grundlagen konstruktivistischer Denkweisen ........................ 17

1.3 Theorien der gesellschaftlichen Differenzierung .................... 20

1.3.1 Zur Systemtheorie ......................................................................... 20

1.3.2 Zur Akteurstheorie ........................................................................ 22

1.4 Zur Rezeption systemisch-konstruktivistischer Ansätzein der Erwachsenenbildung ......................................................... 25

1.5 Der theoretische Bezugsrahmen und seine Funktion für dieQualitätsentwicklung in der öffentlichen Weiterbildung ...... 27

2. Organisations- und Qualitätsverständnis für das Systemder öffentlichen Weiterbildung ................................................... 31

2.1 Zur Kommunikation sozialer Systeme ........................................ 31

2.2 Wahrnehmungsperspektiven von Organisation undQualität ............................................................................................ 33

2.3 Zur gesellschaftlichen Gestaltungsmacht vonöffentlichen Weiterbildungsinstitutionen................................. 35

2.4 Institutions- und organisationsbiographische Aspekte ......... 37

2.5 Das System der öffentlichen Weiterbildung ............................. 42

2.6 Exemplarische Darstellung der VHS Hochtaunuskreis .......... 44

4

3. Qualitätssicherungssysteme und -empfehlungen ................... 47

3.1 Qualitätssicherung in der öffentlichen Weiterbildung ........... 47

3.2 Für die Weiterbildung adaptierte Konzepte .............................. 50

3.2.1 DIN ISO 9000 ff ................................................................................ 50

3.2.2 Total Quality Management ........................................................... 54

3.3 Weiterbildungspolitische Konzepte ........................................... 60

3.3.1 Das Modell „Gütesiegel“ der Hamburger Weiterbildungs-träger ................................................................................................ 60

3.3.2 Qualitätssicherungsempfehlung des HessischenVolkshochschulverbandes .......................................................... 63

3.4 Selbstevaluative Konzepte .......................................................... 66

3.4.1 Das Qualitätssicherungskonzept des VHS-VerbandesNiedersachsen ............................................................................... 66

3.4.2 Verfahren zur wechselseitigen Entwicklungsberatungdes Landesinstituts für Schule und Weiterbildungin Nordrhein-Westfalen ................................................................ 70

3.5 Qualität als Konstrukt der systemrelevanten Akteure ............ 72

4. Befragung systemrelevanter Akteure an der VHSHochtaunuskreis ............................................................................ 75

4.1 Das empirische Feld: Sammlung subjektiverEinschätzungen .............................................................................. 75

4.2 Datenerhebung............................................................................... 78

4.3 Datenauswertung durch eine qualitative Inhaltsanalyse ...... 79

5. Darstellung und Interpretation der Ergebnisse ........................ 83

5.1 Qualitätskriterien der Kunden ..................................................... 83

5

5.1.1 Ergebnisse der Kundenbefragung .............................................. 83

5.1.2 Interpretation der Kundenperspektive ....................................... 84

5.2 Qualitätskriterien der Kursleitenden ......................................... 85

5.2.1 Ergebnisse der Befragung der Kursleitenden........................... 85

5.2.2 Interpretation der Kursleitendenperspektive ........................... 86

5.3 Qualitätskriterien der hauptamtlichen Mitarbeitenden ......... 88

5.3.1 Ergebnisse der Befragung der hauptamtlichenMitarbeitenden .............................................................................. 88

5.3.2 Interpretation der Perspektive der hauptamtlichenMitarbeitenden .............................................................................. 89

5.4 Qualitätskriterien der politisch Verantwortlichen .................. 90

5.4.1 Ergebnisse der Befragung der politischVerantwortlichen ........................................................................... 90

5.4.2 Interpretation der Perspektive der politischVerantwortlichen ........................................................................... 90

5.5 Gemeinsame Qualitätskriterien der befragten Referenz-gruppen............................................................................................ 92

6. Folgerungen für das Qualitätsmanagement der VHSHochtaunuskreis ............................................................................ 93

6.1 Die Qualitätskategorien „Angebotsvielfalt“ und„Angebote für alle Altersgruppen“ ............................................. 93

6.2 Die Qualitätskategorie „Kompetenz der Kursleitenden“ ....... 95

6.3 Die Qualitätskategorie „Günstige Gebühren“ .......................... 97

6.4 Die Qualitätskategorie „Angemessene, gutausgestattete Räume“ .................................................................. 98

6

6.5 Die Qualitätskategorie „Gute Kommunikation zwischenden hauptamtlichen Mitarbeitenden und denKursleitenden“ ............................................................................. 100

6.6 Die Qualitätskategorien „Funktionierende, flexibleOrganisation“ und „Kundenorientierung“ .............................. 102

6.7 Die Qualitätskategorien „Motivation der Mitarbeitenden“und „Kooperative Teamarbeit“ .................................................. 105

7. Zum Ertrag des systemisch-konstruktivistischenQualitätsentwicklungsmodells ................................................ 107

7.1 Zum Untersuchungskonzept ...................................................... 107

7.2 Konsequenzen für die VHS Hochtaunuskreis ......................... 110

7.3 Konsequenzen für die umgebenden Systeme ......................... 111

7.4 Zur weiteren Entwicklung von Qualität in der öffentlichenWeiterbildung .............................................................................. 113

Anmerkungen........................................................................................... 115

Literatur ..................................................................................................... 116

Anhang ...................................................................................................... 124

Autor ......................................................................................................... 125

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Vorbemerkungen

Als die Qualitätsdiskussion zu Anfang der 1990er Jahre die deut-sche Weiterbildungslandschaft erfasste, war sie von zwei Faktoren ge-prägt: Die mit einer ISO-Zertifizierung verbundenen hohen Kostenschwebten wie ein bedrohliches Menetekel über den Haushalten derBildungseinrichtungen. Gleichzeitig befürchtete man, dass die Weiter-bildungsarbeit den normierten Qualitätskriterien nicht entsprechen kön-ne. In den folgenden Jahren wurden verschiedene, auf die speziellenBedürfnisse der Weiterbildungseinrichtungen ausgerichtete Qualitätsmo-delle entwickelt und in der Praxis erprobt. Die Qualitätsdebatte hat sichmit der wachsenden Kenntnis über Systeme, Modelle und Instrumentari-en weitgehend beruhigt, wird aber auf allen relevanten Ebenen weiter-geführt. Europaweit wird über die Implementation geeigneter Qualitäts-sicherungssysteme, ihre bildungspolitische Begründung und perspekti-vische Umsetzung nachgedacht.

Es wundert nicht, dass zur Qualitätsfrage in den vergangenenzehn Jahren vielfach auch wissenschaftliche Diskussionen stattgefundenhaben und empirische Analysen erstellt wurden, so dass mittlerweilenicht mehr auf einer allgemeinen und plakativen Ebene, sondern kon-kret und differenziert diskutiert wird.

Eine dieser wissenschaftlichen Arbeiten liegt hier vor. Es ist dieFallanalyse der Kreisvolkshochschule Hochtaunus/Oberursel, die empi-rische Betrachtung der Einführung eines Qualitätssystems in dieser Insti-tution. Der Verfasser hat mit dieser Arbeit im Bereich Erwachsenenpäd-agogik an der Universität Leipzig bei Professor Jörg Knoll promoviertund stand selbst in engem praktischen Bezug zu dem analysierten Fall.Er verbindet Detailkenntnisse des Feldes und der konkreten Einrichtungmit präzisem Wissen über Funktionsweise und Reichweite von Quali-tätssystemen. Die Verbindung dieser beiden Stränge in wissenschaftli-cher Sicht macht den Reiz der Arbeit und auch der weiterführendenAnregungen aus. Nicht zuletzt ist dabei sein systemisch-konstruktivisti-scher Ansatz bedeutsam. Der Verfasser geht davon aus, dass Qualitätselbst nur ein Konstrukt ist:

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„Qualität ist ein Konstrukt, das erst durch Einbeziehung möglichstvieler Beteiligter aus unterschiedlichen Referenzgruppen in jeder Bil-dungsorganisation im Einzelfall definiert werden kann. Erwachsenenbil-dung kann nur systemisch gedacht werden. Wenn sich die Einrichtungverändert, verändert sich auch etwas für die systemrelevanten Umwel-ten und ihre Akteure. Ebenso haben Veränderungen in den Systemum-welten oder Wechsel von wichtigen Akteuren Auswirkungen auf die Bil-dungseinrichtungen. Alle Beteiligten sind Experten für die Qualität öf-fentlicher Weiterbildung. Daher müssen die subjektiven Einschätzungendieser Experten in die Qualitätsdiskussion einfließen und im Sinne einerPerspektivverschränkung für das Qualitätsmanagement der Organisati-on fruchtbar gemacht werden.“

Folgerichtig geht es dem Autor darum, das Qualitätsverständnisfür die öffentliche Weiterbildung aus unterschiedlichen Perspektiven zuerfassen und diese miteinander zu verschränken. In dieser Perspektiv-verschränkung liegen überraschende Einsichten in unterschiedliche Be-wertungen und Gewichtungen von Qualität und ihren Konstitutionsbe-dingungen.

Für das DIE hat sich seit Beginn der 1990er Jahre mit der Quali-tätsfrage ein Schwerpunkt der Institutsarbeit herausgebildet, der in unter-schiedliche Richtungen weist. Das Institut beschäftigt sich mit der Ange-botsqualität, der Qualität von Lehre, mit der Sicherung und Entwicklungvon Qualität in Organisationen und der bildungspolitischen Konstrukti-on von Qualitätssystemen. Darüber hinaus erarbeitete es in einem eigen-ständigen Forschungs- und Entwicklungsprojekt ein Konzept zur Qualifi-zierung von „Qualitätsentwickler(inne)n“ in Weiterbildungseinrichtungenund trägt damit dem Umstand Rechnung, dass es mittlerweile ein mitQualitätsfragen verbundenes professionelles Know-how gibt.

Auch in Zukunft wird das DIE sich mit Qualitätsfragen beschäf-tigen. Dabei geht es vor allem um den Versuch, diese heterogenen An-sätze zur Qualitätssicherung und zum Qualitätsmanagement zusammen-zufassen und sie für die nationale wie auch europäische Diskussion inein kohärentes Beziehungsgefüge zu stellen.

Ekkehard NuisslDeutsches Institut für Erwachsenenbildung

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Einleitung

„Zur Begründung für meinen Austritt kann ich nichts ande-res anführen, als dass es mir nicht mehr gefällt. Die neueChorleiterin ist mir zu lasch, sie fordert uns zuwenig und wirdm. E. auf lange Zeit kein Konzert zustande bringen. Auch derneue Übungsraum hat eher den Charme einer Bahnhofshal-le. Und schließlich und endlich sind viele langjährige Sän-gerinnen und Sänger nicht mehr mit von der Partie“(Kündigungsschreiben: Joachim Scherzer, Chor der VHSHochtaunuskreis, 12.04.1999, Archiv VHS Hochtaunuskreis).

Die öffentliche Weiterbildung ist zunehmendem Kosten-, Kon-kurrenz- und Legitimationsdruck ausgesetzt: „Galt die Volkshochschulebis in die achtziger Jahre noch als die historisch spezifische Form, in derdas Projekt der Moderne ‚Bildung der Gesellschaft‘ seine angemesseneInstitutionalisierungsform gefunden zu haben schien, so sind inzwischeneinerseits Tendenzen der Deinstitutionalisierung unübersehbar, unver-kennbar ist andererseits, dass das institutionelle Feld der Erwachsenen-bildung/Weiterbildung1 in modernen Gesellschaften eine extreme Plu-ralität von Bildungs- und Lernwelten aufweist“ (Kade/Nittel 1996, S. 195).

Die Teilnehmerzahlen der Volkshochschulen in Deutschlandsind seit 1993 rückläufig (vgl. Statistik des DVV, Arbeitsjahr 1997, S. 21),die Diskussion über Effektivität und Qualität der Erwachsenenbildung istregelmäßiges Thema auf Tagungen (vgl. Reader zur Bundeskonferenzder regional arbeitenden Volkshochschulen 1997 und 1998). Die Quali-tätsdiskussion, die in der beruflichen Bildung spätestens seit den 1980erJahren geführt wird – angestoßen durch Anforderungen der Bundesan-stalt für Arbeit an die Träger ihrer Bildungsmaßnahmen – und hier auchzu Richtlinien geführt hat (Runderlass zur Sicherung der Qualität undWirtschaftlichkeit der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom15.02.1988), ist zunehmend für die Einrichtungen der Erwachsenenbil-dung maßgeblich (vgl. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft,Forschung und Technologie 1996).

Es gibt Erwachsenenbildungseinrichtungen, die ihre Qualitätdurch die Zertifizierung nach ISO 9000 ff sichern, wie etwa die Ländli-

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che Erwachsenenbildung Niedersachsen e.V. (vgl. Lippert 1999, S. 146)oder die Volkshochschule Reutlingen (vgl. Mayer 1999, S. 137). Andereversuchen durch gezielte Organisationsberatung, angeboten zum Bei-spiel durch das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung (vgl. Programmdes DIE 1999/2000), das Kundeninteresse2 zu gewinnen und mit denzurückgehenden Zuschüssen (Zuschüsse pro Einwohner in Hessen 1993:15,19 DM, in Bayern: 8,90 DM, vgl. Statistik des DVV, 1993, S. 18;1997 in Hessen: 12,38 DM, in Bayern: 8,17 DM, vgl. Statistik des DVV1997, S. 16) effektiver zu wirtschaften.

Der Blickwinkel der vorhandenen und genutzten Konzepte isthäufig „von innen nach außen“ gerichtet, was besagt, dass die Beteilig-ten des Qualitätsentwicklungsprozesses die hauptamtlichen Mitarbeiten-den sind, diejenigen, die Erwachsenenbildung organisieren und verwal-ten. Dieser Aspekt tritt bei der Untersuchung gängiger Qualitätsmanage-mentsysteme deutlich zutage und wird in Kapitel 3 ausführlich erläutert.

Kunden, Dozenten und Öffentlichkeit werden durch die Ver-mutungen der Mitarbeitenden einbezogen. Denn es wird angenommen,dass „erst über den Umweg, dass die Qualität im einzelnen Kurs auchbestimmt wird durch die Träger- und Einrichtungsqualität und diese ab-hängt von den Rahmenbedingungen, welche durch die Systemstruktu-ren der Weiterbildungslandschaft gesetzt sind, (...) Organisation und Sys-temstruktur der Erwachsenenbildung auch für die Teilnehmenden rele-vant (werden, d. Autor). (...) Sicherlich ist richtig, ‚proof of the pudding‘ist das Essen. Die Aus- und Weiterbildung, die Arbeitsbedingungen, dasGeschmacksurteil der Köche und die Ausstattung der Küchen sorgen aberfür die Schmackhaftigkeit“ (Faulstich 1993, S. 98). Folgerichtig empfiehltFaulstich zur Qualitätsentwicklung von Volkshochschulen sogenanntePrüflisten zur Träger-, Einrichtungs-, Durchführungs- und Erfolgsqualität,die von den Mitarbeitenden in den Einrichtungen durchgearbeitet wer-den können. Diese Anregung zur Selbstevaluation ist bei den Volkshoch-schulen auf große Resonanz gestoßen und bietet in der Tat für die orga-nisatorische, verwalterische und marketing-orientierte Arbeit wertvolleHilfen.

Zur Verbesserung der Unterrichtsqualität, zur Senkung desDrop-out in den Kursen und Seminaren, zur Imageverbesserung undzur strategischen Verankerung öffentlicher Weiterbildung im regiona-len oder kommunalen Bezugssystem scheint es jedoch, wie in dieser

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Arbeit dargestellt werden soll, nötig, den Blick auch auf Kunden, Kurs-leiter und Politik zu lenken. Dies sollte so geschehen, dass einemöglichst genaue Deutung dessen erfolgen kann, was Kunden und Teil-nehmende tatsächlich von Einrichtungen der öffentlichen Weiterbildungerwarten, welche Vorstellungen Kommunalpolitiker von öffentlicher Er-wachsenenbildung haben und welches spezifische Qualitäten der Volks-hochschule vor Ort sein könnten. Jochen Kade beschreibt eine solcheVorgehensweise aus Anlass einer Untersuchung zum lebenslangen Ler-nen folgendermaßen: „Wenn man die Sicht der Individuen in den Mit-telpunkt von Theorie- und Forschungsprogrammen stellt, so heißt dies,dass man die Teilnehmer als Handlungssubjekte begreift, die sich Bil-dungsangebote individuell aneignen und von deren Interessen es ab-hängt, wie sie diese für sich im Rahmen ihrer Lebensführung nutzen“(Kade 1996, S. 20).

So zeigt sich in der täglichen Praxis, dass natürlich ein Teildes „Geschmacks“ durch die Köche und die Ausstattung der Kücheentsteht, dass jedoch ein anderer, ebenfalls entscheidender Teil vomEsser, seinem subjektiven Geschmacksempfinden und seinen Vorstel-lungen eines guten Gerichts abhängig ist. (Auf einer Mexikoreise konn-te ich feststellen, dass dort gebratene Heuschrecken als Snack auf denMärkten verkauft werden, ähnlich wie bei uns Popcorn. Obwohl siedurchaus appetitlich aussahen, konnte ich mich nicht durchringen, mireine Tüte zu kaufen!)

Da Gleiches in der individualisierten Gesellschaft auch für Bil-dungsveranstaltungen und -veranstalter gilt, ist es zur Qualitätssicherungnötig, eine Konstruktion und Rekonstruktion der Kurse und Seminare, jader gesamten Bildungsinstitution aus Sicht der „systemrelevanten Akteu-re“ (Begriffserklärung siehe Kap. 1.2) vorzunehmen und organisatorischeund didaktische Modelle vorzulegen, die eine Verbindung der unter-schiedlichen Konstrukte ermöglichen, denn „nicht nur zwischen Leh-renden und Teilnehmer/innen, sondern auch zwischen den Teilnehmer/innen differieren die ‚Konstrukte‘ eines Seminars oft beträchtlich. Je nachVorerfahrung, Motivation und Verwendungsinteresse, aber auch je nachLebenslage und kognitiven Schemata unterscheiden sich die selektivenAufmerksamkeiten, Wahrnehmungen und Erinnerungen. Die Relevanz,die Viabilität, die Anschlussfähigkeit und der Neuigkeitswert der Inhaltewerden individuell unterschiedlich beurteilt“ (Siebert 1997, S. 286).

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Auch die Vorstellungen, die bezüglich der Qualität von Erwach-senenbildung im Umlauf sind, sind sehr unterschiedlich. RegelmäßigeTeilnehmer öffentlicher Weiterbildungsveranstaltungen haben häufig aucheine hohe Meinung von der Qualität der besuchten Kurse (vgl. Tintelnot/Voigts 1998), während sich insbesondere unter Politikern hartnäckig dasVorurteil zu halten scheint, dass Volkshochschule im wesentlichen „Ma-kramee und Seidenmalen“ ist, ein Phänomen, das durch die Mediennoch verstärkt wird.

Zwei Beispiele:1. „In Oberursel wird der Agenda-Prozess zu sehr nach Volkshoch-

schulmanier betrieben“ (Wolfgang Herder, Stadtrat der Stadt BadHomburg v.d.H., in: Frankfurter Rundschau, 27.08.1998).

2. „Orts- und Kreisverbände werkeln mit wenigen Ausnahmen wieVolkshochschulkurse“ (Sabine Giesa, hessische Landesvorsitzen-de von Bündnis 90/die Grünen, in: Frankfurter Rundschau,06.03.1999).

Wenn Siebert daher zur Realität von Volkshochschulen schreibt,„dass es ‚die Volkshochschule‘ gar nicht gibt, nicht nur wegen der Unter-schiede zwischen verschiedenen Einrichtungen, die Volkshochschuleheißen, sondern, weil eine Volkshochschule für verschiedene Menscheneinen unterschiedlichen Realitätsgehalt hat“ (Siebert 1998a, S. 10), be-trifft diese Beobachtung auch die unterschiedlichen Betrachtungsweisenvon Qualität.

Im Folgenden wird ein Verständnis von Qualitätssicherung be-gründet, das auf folgenden Grundannahmen basiert:

• Qualität ist ein Konstrukt, das erst durch Einbeziehung möglichstvieler Beteiligter aus unterschiedlichen Referenzgruppen in je-der Bildungsorganisation im Einzelfall definiert werden kann.

• Erwachsenenbildung kann nur systemisch gedacht werden.Wenn sich die Einrichtung verändert, verändert sich auch et-was für die „systemrelevanten Umwelten“ und ihre Akteure.Ebenso haben Veränderungen in den Systemumwelten oderWechsel von wichtigen Akteuren Auswirkungen auf die Bil-dungseinrichtungen.

• Alle Beteiligten sind Experten für die Qualität öffentlicher Wei-terbildung. Daher müssen die subjektiven Einschätzungen die-

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ser Experten in die Qualitätsdiskussion einfließen und im Sinneeiner Perspektivverschränkung für das Qualitätsmanagement derOrganisation fruchtbar gemacht werden.

Das Ziel der vorliegenden Studie ist, auf der Basis einer konstruk-tivistischen Theoriebildung unter Einbeziehung von System- und Akteurs-theorie und ihrer Rezeption in der Erwachsenenbildung ein perspektiv-verschränkendes Qualitätsverständnis für die öffentliche Weiterbildungzu entwickeln. Die hermeneutische Vorgehensweise wird ergänzt durcheine exemplarische Untersuchung der Kreisvolkshochschule Hochtaunus.

Im ersten Kapitel „Bausteine des theoretischen Bezugsrahmens“werden die wesentlichen Elemente eines konstruktivistischen Wissen-schaftsverständnisses dargestellt. Ergänzt wird dieser Ansatz durch Ein-führungen in die soziologischen Ansätze der Systemtheorie und der Ak-teurstheorie3 und die Rezeption der konstruktivistischen Theoriebildungin der Erwachsenenbildung. Abschließend soll die Funktion des theore-tischen Bezugsrahmens für die Qualitätsentwicklung in der öffentlichenWeiterbildung erläutert werden.

Im folgenden Kapitel „Organisations- und Qualitätsverständnisfür das System der öffentlichen Weiterbildung“ werden wesentliche As-pekte für ein Qualitätsmanagement aus systemisch-konstruktivistischerPerspektive entwickelt. Anschließend folgt die Darstellung und Über-prüfung von Qualitätssicherungsansätzen, die derzeit im Weiterbildungs-bereich eingesetzt werden. Überprüfungskriterien sind die bereits darge-stellten Grundannahmen zur Qualitätssicherung.

Schließlich wird die Kreisvolkshochschule Hochtaunus in ei-ner empirischen, qualitativ angelegten Untersuchung exemplarisch be-trachtet, um aus den gewonnenen Erkenntnissen Qualitätskriterien zuentwickeln. Diese Kriterien sollen konkrete Umsetzungsschritte für dasQualitätsmanagement dieser Organisation ermöglichen und darüberhinaus Hinweise für eine systemisch orientierte Qualitätsentwicklung inregional oder kommunal verankerten, öffentlichen Bildungseinrichtun-gen geben.

Diese Arbeit ist in der theoretischen Erschließung des Konstruk-tivismus, der Darstellung der beiden Ansätze zur gesellschaftlichen Dif-

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ferenzierung (System- und Akteurstheorie) und der Rezeption des Kon-struktivismus in der Erwachsenenbildung hermeneutisch angelegt. Das-selbe gilt für die Entwicklung des systemisch-konstruktivistischen Orga-nisations- und Qualitätsverständnisses und die Untersuchung der in derErwachsenenbildung derzeit verbreiteten Qualitätssicherungssysteme.

Einen empirischen Zugriff unternimmt die exemplarische Un-tersuchung der Kreisvolkshochschule Hochtaunus, die qualitativ ange-legt ist und die Auswertung einer offenen, schriftlichen Befragung von„relevanten Akteuren“ im Umfeld der Volkshochschule vornimmt. Diegesamte Untersuchung ist angelegt als Fallstudie, die durch Einbezie-hung von schriftlichen Dokumenten aus der Geschichte der Volkshoch-schule Hochtaunus, aus aktuellen Arbeitsvorgängen und der qualitati-ven Befragung verwertbares Wissen für das weitere Qualitätsmanage-ment der untersuchten Einrichtung entwickeln soll. Ziel der Fallstudie istzudem, ein Modell zur Qualitätsentwicklung vorzulegen, dessen Struk-tur Anregungen für andere Bildungsträger geben kann.

Entstanden ist diese Schrift aus der Perspektive eines Praktikersmit langjähriger Erfahrung in unterschiedlichen Feldern und Funktionender Erwachsenenbildung (als Teilnehmer, Kursleiter, Fortbildner für Er-wachsenenbildner, hauptamtlicher pädagogischer Mitarbeiter und bis30.06.2000 als Leiter der Kreisvolkshochschule Hochtaunus). Da derAutor und die beteiligten Akteure ihre unmittelbare Praxis reflektieren,fließen die Ergebnisse der Studie direkt in diese Praxis zurück und neh-men Einfluss auf den bereits seit 1994 stattfindenden Organisations- undQualitätsentwicklungsprozess der Kreisvolkshochschule Hochtaunus.

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1. Bausteine des theoretischenBezugsrahmens

In diesem Kapitel werden in hermeneutischer Weise die wich-tigsten Protagonisten und Entwicklungen eines konstruktivistischen Wis-senschaftsparadigmas dargestellt. Ergänzend wird in zwei wichtige sozi-ologische Ansätze gesellschaftlicher Differenzierung, die Systemtheorieund die Akteurstheorie, eingeführt. Schließlich wird die Rezeption dervorgenannten Ansätze in der Erwachsenenbildung behandelt und dieFunktion des theoretischen Bezugsrahmens für die Qualitätsentwicklungverdeutlicht.

1.1 Bezugspunkte konstruktivistischer Vorstellungen

Konstruktivistische Ansätze und Betrachtungsweisen haben inden letzten Jahren in vielen wissenschaftlichen Disziplinen an Beach-tung gewonnen. Naturwissenschaftlichen (vgl. Foerster 1997; Maturana/Varela 1987), hier insbesondere in der Kybernetik und Biologie, soziolo-gischen (vgl. Luhmann 1984; Bardmann 1994) und populärwissenschaft-lichen (vgl. Watzlawick 1978, 1995) Veröffentlichungen folgten Über-tragungen in therapeutische Felder, vor allem in die Familientherapie(vgl. Ludewig 1995; Simon 1997) und schließlich auch vermehrte Aner-kennung in der Pädagogik (vgl. Reich 1996) und der Erwachsenenbil-dung (vgl. Arnold/Siebert 1997; Siebert 1997). Auch in der Organisati-onsentwicklung von Profit- und Non-Profit-Einrichtungen wird schon seiteinigen Jahren zumindest partiell mit systemisch-konstruktivistischen Me-thoden gearbeitet (vgl. Vogel 1994).

Nach konstruktivistischem Verständnis wird angenommen, dassder Mensch nicht eine objektiv vorhandene Welt erkennt, sondern dasser es jeweils mit einem Abbild von Wirklichkeit zu tun hat, das er selbstaufgrund seiner Biographie, seiner Erfahrungen und eigener Notwendig-keiten erbaut hat. Das ist zunächst nichts Neues: Philosophische Schu-len aller Zeiten beschäftigten sich mit konstruktivistischen Aspekten undder Frage, ob der Mensch überhaupt in der Lage sei, die Welt objektiv zuerkennen.

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Als Vorläufer konstruktivistischen Denkens werden vielfach Kantund Vico sowie der Schweizer Biologe und Psychologe Jean Piaget ge-nannt, der sich insbesondere mit seiner Kognitionspsychologie einenNamen gemacht hat. Bedeutende Vertreter dieses wissenschaftlichenParadigmenwechsels sind heute die Biologen Humberto Maturana undFrancesco Varela, die gemeinsam die biologischen Grundlagen für diekonstruktivistische Kognitionstheorie (vgl. Maturana/Varela 1987) liefer-ten, die Kybernetiker Ernst von Glasersfeld (vgl. Glasersfeld 1987) undHeinz von Foerster (vgl. Foerster 1985, 1993), der amerikanische Psy-chologe Paul Watzlawick (vgl. Watzlawick 1978, 1981), der auch fürdie populärwissenschaftliche Verbreitung des konstruktivistischen Ge-dankenguts sorgte. Zu ihnen zählt auch der Bielefelder Soziologe NiklasLuhmann (vgl. Luhmann 1974, 1984, 1990), der seine Systemtheorie aufdem Fundament des Konstruktivismus entwickelte. Eingang in die Päda-gogik und die Erwachsenenbildung findet der Konstruktivismus derzeitvor allem über Rolf Arnold (vgl. Arnold 1995; Arnold/Siebert 1997), HorstSiebert (vgl. Siebert 1996, 1998; Arnold/Siebert 1997) und Kersten Reich(vgl. Reich 1996). Theodor Bardmann (vgl. Bardmann 1991, 1994), Hans-Christoph Vogel (vgl. Vogel 1994) und insbesondere Edgar Schein (vgl.Schein 1985) stehen für eine konstruktivistische Arbeit in Organisatio-nen.

Es gibt keine einheitliche Theorie des Konstruktivismus, son-dern vielmehr eine Fülle verschiedener Theorieansätze und Konzepte,die sich in vielen Punkten unterscheiden, so dass Siebert von einer „Um-brella-Theorie“ (Siebert 1998a, S. 18) spricht, da die breite Palette vonbiologisch und kybernetisch geprägten Ansätzen über vielfältig gefächertesystemtheoretische Ansätze bis zu kultur- und alltagsbestimmten Theori-en reicht. Vor diesem Hintergrund werden in dieser Untersuchung nurdie wesentlichen gemeinsamen Aspekte der konstruktivistischen Erkennt-nistheorien herausgearbeitet. In der Folge wird versucht, eine interdiszi-plinäre Verknüpfung derjenigen Theorien vorzunehmen, die alltagsori-entierte Unterstützung liefern und von daher insbesondere auch Hilfengeben für den organisatorischen Zusammenhang, in dem sich Qualitäts-entwicklung in der öffentlichen Weiterbildung abspielt.

Das betrifft die hier zur Erweiterung konstruktivistischer Vor-stellungen einbezogenen beiden soziologischen Theorien gesellschaftli-cher Differenzierung: die Systemtheorie und die Akteurstheorie, die in

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ihren jeweiligen Grundzügen erläutert werden (ausführliche Darstellun-gen finden sich zur Systemtheorie in Luhmann 1984 und zur Akteursthe-orie in Schimank 1996). Die Untersuchung bezieht sich dabei haupt-sächlich auf solche Studien, die bereits einen systemisch-konstruktivisti-schen Ansatz auf die Erwachsenenbildung oder die Entwicklung sozialerOrganisationen anwenden, um von da aus als eigenen Untersuchungs-gegenstand das Qualitätsmanagement in der öffentlichen Erwachsenen-bzw. Weiterbildung in systemischer und perspektivverschränkender Sichtzu konstituieren.

1.2 Grundlagen konstruktivistischer Denkweisen

Die große Mehrheit der wissenschaftlichen Theorien operiertmit einem kritischen Realismus, für den Kognition ein subjektabhängi-ger, individueller, aktiver Prozess der Rekonstruktion realer Umweltin-formation ist und Objektivität durch die Behauptung erhält, dass demMenschen eine geordnete und daher prinzipiell auch rekonstruierbarereale Welt gegenübersteht. Demgegenüber bricht der Konstruktivismus,unterstützt von der neueren Hirnforschung, mit der erkenntnistheoreti-schen Prämisse, dass die Welt für den Menschen überhaupt erkennbarsei.

Im kognitionstheoretischen Ansatz zeigt sich ein Bruch mit demkonventionellen Denken, das auch unseren Alltag dominiert. „Es ist einvollständiger Entwurf für einen alternativen Ansatz zum Verständnis derbiologischen Wurzeln des Verstehens. (...) Wir werden nämlich eine Sichtvortragen, die das Erkennen nicht als eine Repräsentation der Welt dadraußen versteht, sondern als ein andauerndes Hervorbringen einer Weltdurch den Prozess des Lebens selbst“ (Maturana 1987, S. 7). Die grund-legenden Thesen Humberto Maturanas lauten:

• Menschliches Erkennen ist ein biologisches Phänomen, dasdurch die Struktur des Organismus determiniert ist und nichtdurch die Objekte der Außenwelt.

• Menschen haben ein operational und funktional geschlossenesNervensystem, das nicht zwischen internen und externen Aus-lösern differenzieren kann, aus diesem Grund sind Wahrneh-mung und Illusion, innere und äußere Reize im Prinzip nichtunterscheidbar.

• Menschliche Erkenntnis resultiert aus privaten biographischen

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Erfahrungen, ist als Leistung des Organismus grundsätzlich andas Subjekt gebunden und nicht übertragbar.

• Der Gehalt kommunizierter Erkenntnisse richtet sich nach derbiologischen Struktur des Adressaten(vgl. Maturana 1982; Maturana/Varela 1987).

„Die Feststellung der Hirnforschung, dass der eigentliche Sin-neseindruck nicht in den Sinnesorganen, sondern im Gehirn entsteht,(...) führt direkt zum konstruktivistischen Grundgedanken, dass ‚die pracht-volle Vielfalt‘ unserer Erfahrungswelt, das ‚Was‘, ein Ergebnis der Ver-rechnung der von den Rezeptoren gelieferten Signale ist“ (Foerster 1985,S. 48), ein Produkt also ausschließlich interner Prozesse. Das Gehirn istnicht offen, sondern ein in sich abgeschlossenes System, das nach selbst-entwickelten Kriterien neuronale Signale deutet und bewertet, von de-ren wahrer Herkunft und Bedeutung es nichts Zuverlässiges weiß. UnserWissen über die Welt wird in einer Art „Blindflug in ausschließlicherOrientierung an eigenen Messinstrumenten“ (Maturana 1987, S. 105)erzeugt. Über die objektive Gegebenheit einer äußeren Realität lässt sich– so betrachtet – nichts Eindeutiges diagnostizieren, man kann allenfallsAussagen über die Operationsweise des Informationen erzeugenden undverarbeitenden Gehirns machen.

Der Idee, dass wir uns auf tatsächliche Eindrücke und Erfahrun-gen, auf Echtheit, also auch auf nahtlose Übertragbarkeit berufen kön-nen, wird die These entgegengehalten, dass die Welt prinzipiell vomIndividuum nicht erfassbar sei. Das traditionelle Paradigma der Objekti-vität als Entsprechung von Außen und Innen entspricht danach nichtden Erkenntnismöglichkeiten des Menschen. Die biologische Gebun-denheit allen Erkennens und das Fehlen von Mechanismen, um zwi-schen Illusion und Wahrnehmung unterscheiden zu können, beschränktdas Kriterium der Objektivität auf kommunikative Zwecke.

Dieses subjekt-gebundene Realitätskonzept führt zu der Annah-me, dass unsere sinnlichen Wahrnehmungen, unser Denken, Fühlen undErinnern keine äußere Wirklichkeit widerspiegeln, sondern eine eigeneRealität entwickeln. Die so entstehenden Wirklichkeitskonstruktionen sindnicht richtig oder falsch, sondern sie sind funktionierende, brauchbareVorstellungen von der Welt, die sich in unserer individuellen Lebensge-schichte bewährt haben, Überleben sichern und aktives Handeln ermög-

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lichen. „Die Vorstellung von Wahrnehmung als Input-Verarbeitungs-Output-Modell wird hinfällig. Die Umwelt, die wir wahrnehmen, istunsere Erfindung“ (Foerster 1985, S. 25).

Demgemäß muss auch das Verhältnis zwischen Wissen undWirklichkeit neu gedacht werden: „Während die traditionelle Auffas-sung der Erkenntnislehre sowie der kognitiven Psychologie dieses Ver-hältnis stets als eine mehr oder weniger bildhafte Übereinstimmungoder Korrespondenz betrachtet, sieht der radikale Konstruktivismus esals Anpassung im funktionalen Sinn“ (Glasersfeld 1981, S. 19). UnserWissen von der Wirklichkeit bildet demnach nicht etwa eine absoluteRealität ab, es erschließt sie vielmehr, stimmt sich mit ihr ab, passt sichihr an, ohne dass uns diese äußere Realität kognitiv zugänglich wäre.Unser Wissen ist ein Schlüssel zu einer Wirklichkeit, die sich nicht einfür alle Male erschließen lässt, sondern ständig neu erschlossen wer-den muss.

Für unsere Zwecke sollen hier nochmals die Fixpunkte kon-struktivistischer Ansätze betont werden:

• Realität wird nicht als objektives Phänomen verstanden, son-dern mit der spezifischen Operationsweise kognitiver Systemeerklärt, die eine Erfahrungswirklichkeit konstruieren, in der Re-alität in einem internen Prozess erst entsteht. Es wird nicht be-stritten, dass eine außersubjektive Welt existiert. Allerdings wirdbezweifelt, dass der Mensch diese erkennen kann. Für die Men-schen gilt daher das Postulat von Heinz von Foerster: „DieUmwelt, die wir wahrnehmen, ist unsere Erfindung“ (Foerster1993, S. 26).

• Wenn die Menschen nicht über die Möglichkeit objektiver Er-kenntnis verfügen, verfügen sie auch nicht über den Zugang zuobjektiven Wahrheiten. Damit entfällt die Notwendigkeit zurHierarchisierung und es entsteht die Chance zur Gleichbehand-lung von individuellen Erkenntnissen. Es entsteht eine Gleich-berechtigung der Beobachtungen. Im Hinblick auf Qualität lässtsich vor diesem Hintergrund sagen: Jede Qualitätsdefinition hatihre Berechtigung, muss jedoch auch auf der Basis ihres Entste-hungshintergrundes und ihres Wirklichkeitskonstruktes betrach-tet werden, da Erkenntnisse auf systemeigenen Konstruktionenbasieren.

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1.3 Theorien der gesellschaftlichen Differenzierung

1.3.1 Zur SystemtheorieDie Systemtheorie ergänzt den Konstruktivismus um wesentli-

che Elemente. Maturanas Theorie autopoietischer Systeme (vgl. Matura-na 1982) verweist auf den Zusammenhang von System und Umwelt. Erbezeichnet ein System als autopoietisch, als sich selbst erzeugend, da essich nur auf eigene Operationen bezieht. Als autopoietisch wird daherdie Organisation alles Lebendigen bezeichnet. Alle Aktionen, die Lebe-wesen durchführen, dienen nach dieser Theorie zur Aufrechterhaltungder autopoietischen Organisation, sie sind zirkulär, sie haben also kei-nerlei sonstige Ziele und Zwecke, sie beziehen sich nur auf sich selbst.Alles, was an anderen Kriterien in lebende Systeme hinein interpretiertwird, sind Erfindungen von Beobachtern. Ein lebendes System ist immerauch ein kognitives System. „Ein kognitives System ist ein System, des-sen Organisation einen Interaktionsbereich definiert, in dem es zumZwecke der Selbsterhaltung handeln kann. (...) Lebende Systeme sindkognitive Systeme, und Leben als Prozess ist ein Prozess der Kognition“(ebenda, S. 39).

Der Soziologe Niklas Luhmann nimmt die Ansätze des radika-len Konstruktivismus auf und überträgt sie auf soziale Systeme. Er diffe-renziert die Systemebenen, indem er soziale Systeme in Interaktionen,Organisationen und Gesellschaften unterteilt und zwischen lebendenSystemen und psychischen Systemen differenziert. „Soziale Systemehaben die Funktion der Erfassung und Reduktion von Komplexität. Siedienen der Vermittlung zwischen der äußersten Komplexität der Weltund der sehr geringen, aus anthropologischen Gründen kaum veränder-baren Fähigkeit des Menschen zu bewusster Erlebnisverarbeitung“ (Luh-mann 1970, S. 111). Das Problem der unüberschaubaren Komplexitätentsteht also durch die Vielfalt der Möglichkeiten in der modernen Ge-sellschaft, es bedingt die Bildung sozialer Systeme, da sonst menschli-che Existenz nicht denkbar wäre.

Für den Menschen scheint die Frage nach dem Sinn grundsätz-lich zu sein, so dass soziale Systeme für personale Systeme die Bildungund Erhaltung von Sinngrenzen zur Verfügung stellen. Sie „ordnen einGefälle von Komplexität (...). Die Umwelt hat immer höhere Komplexi-tät als das System und letztlich die unbestimmte Komplexität von Welt

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überhaupt. Sinngrenzen markieren diesen Unterschied und machen ihnfür die Orientierung des Erlebens verfügbar“ (Luhmann 1976, S. 72).

Soziale Systeme sind nach Luhmanns Theorie primär Kommu-nikations-, nicht Handlungssysteme. Kommunikation wird als selbstre-ferentiell verstanden, weil sie immer auf die vorhergehende Kommuni-kation zurückverweist und sich dadurch als Teil eines selbstbezüglichenKommunikationszusammenhanges ausweist. Die systemtheoretischeBetrachtungsweise spricht auch von zirkulärer Kommunikation, sie be-trachtet kommunikative Prozesse als kreisförmig, als rückbezüglich. Eswird angenommen, dass Kommunikation keinen Anfang, keinen Aus-gangspunkt und somit keine Ursache und kein endgültiges Ziel hat. Die-ses Kommunikationsverständnis führt zu einer Verselbständigung desKommunikationsbegriffs von den handelnden Personen. „Zwar ist Kom-munikation auf Psychisches und damit, wenn man so will: auf den Men-schen angewiesen. Aber der Mensch kann die Kommunikation nichtkausal steuern oder determinieren. (...) Allein die Kommunikation kom-muniziert, und dabei kommuniziert die Kommunikation über handeln-de Personen“ (Kneer 1993, S. 90). Dieses von Luhmann und von Fou-cault (1988) beschriebene Phänomen zeigt sich bei Betrachtung derKommunikation der Nachrichtenmedien. Das oben zitierte Beispiel sollhier noch einmal aufgegriffen werden:

• Ein Stadtrat sagt in einem Zeitungsinterview: “In Oberursel wirdder Agenda-Prozess zu sehr nach Volkshochschulmanier be-trieben“ (Wolfgang Herder, in: Frankfurter Rundschau, 27.08.1998).Diese Kommunikation könnte, so vermuten wir, mehrere Be-

wertungen enthalten: Es könnte damit gemeint sein, dass der Agenda-Prozess in Oberursel schlecht „betrieben“ wird, dass das Volk zu starkeingebunden ist oder dass es nicht professionell genug zugeht. Sichergibt es noch mehrere andere Deutungen der Aussage, die sich zuspitztauf den Begriff „Volkshochschulmanier“. Deutlich scheint, dass der Sen-der des Begriffs beim Empfänger ein gleiches Begriffsverstehen voraus-setzt. Ist dies gegeben, so wird das, was in seiner Aussage folgt, unterUmständen auf ein weiteres Verstehen treffen. Ist dies jedoch nicht ge-geben, so bleibt der potentielle Empfänger der Botschaft möglicherweisebei dem Begriff „Volkshochschulmanier“ hängen und beginnt autonomeine neue Kommunikation. Er kommuniziert nicht über die folgendenInformationen, die der Sender gibt, sondern über das, was ihn „irritiert“

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hat. Das Verstehen eines solchermaßen „gestörten“ Empfängers ist jetztauf einen vollkommen anderen Zusammenhang gerichtet. Die aus derKommunikation entstandene Kommunikation richtet sich nun eventuellauf den Ärger über die negative Bemerkung bezüglich der Volkshoch-schule, sie hat sich verabschiedet aus dem ursprünglichen Zusammen-hang des Agenda-Prozesses und ist als Verallgemeinerung (im Sinne ei-ner allgemeinen Ablehnung) in die Beziehung des Senders zur Volks-hochschule eingegangen.

Die Teilsysteme der Gesellschaft sind jeweils von eigenen Kom-munikationscodes geprägt, die sich zu einem autopoietischen Zusam-menhang verbinden. „Soziale Systeme funktionieren wie Getränkeauto-maten, bei denen immer wieder statt des gewünschten Mineralwassersganz etwas anderes herauskommt, aber ebenso oft auch Mineralwasser,wenn etwas anderes gewünscht wurde. Was von außen ,unordentlich‘,vielleicht gar chaotisch wirkt, ist aber für das System selbst gerade Be-hauptung der eigenen Identität und damit Ordnungserhalt“ (Schimank1996, S. 145).

1.3.2 Zur AkteurstheorieDie Systemtheorie betont die Etablierung und Aufrechterhaltung

gesellschaftlicher oder organisationaler Ordnungsmuster. Sie richtet denBlick auf das System, vernachlässigt jedoch die gewollte Einflussnahmevon relevanten Akteuren in der Systemumwelt. Sie bezieht sich vor al-lem auf die Etablierung und Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Ord-nungsmuster, in denen die einzelnen Gesellschaftsmitglieder eine passi-ve Rolle einnehmen. Da bei diesem Erklärungsversuch die beeinflussen-den Aspekte menschlichen Handelns zwangsläufig zu kurz kommen,formierten sich aus der Kritik am Erklärungsdefizit systemtheoretischerAnalysen neue akteurstheoretische Perspektiven, die aufbauend auf dersystemtheoretischen Idee den Akteur in den Mittelpunkt des Gesche-hens und Gestaltens rücken.

Auch aus erwachsenenpädagogischer Sicht scheint es wich-tig, der Idee von gesellschaftlicher Wirklichkeit eine optimistische Pers-pektive des aktiven Subjekts hinzuzufügen. Die Leitidee ist die der „hu-man control over the system“ (Dawe 1978, S. 373). Beide Sichtweisenergänzen einander und ermöglichen es, das Wechselverhältnis von In-dividuum und Gesellschaft genauer zu erfassen. Dieser Dualismus spie-

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gelt die Alltagserfahrungen jedes Gesellschaftsmitgliedes wider und wirdvon Dawe, der den Begriff der „sociology of social action“ geprägt hat(Dawe 1970, S. 207-218), folgendermaßen beschrieben: „The machi-ne, the bureaucracy, the system versus human agency, human creativi-ty, human control: this is the contradictory modern experience runningthrough all our lives in mostly minor and mundance, but occasionallymajor and dramatic ways. While we never cease to experience oursel-ves as acting, choosing, purposeful, aspiring human beings, we alsonever cease to be aware of the factory gates closing behind us, theoffice days are not our own, the sense of oppression by organisationsnobody runs, ,he not-enough world‘ we are forced to inhabit most ofthe time” (Dawe 1978, S. 375). Ein angemessenes Verständnis der mo-dernen Gesellschaft kann, so scheint es, gerade im Zeichen einer fort-schreitenden Individualisierung, nur durch die Beobachtung der Ge-sellschaft aus beiden Perspektiven gewonnen werden. Damit werdenauch jeweils die blinden Flecken einseitiger Betrachtungsweisen deut-lich und es zeigt sich, dass „angesichts der Dynamik des gesellschaftli-chen Wandels (...) die Erfassung der Gleichzeitigkeit von sozialem Wan-del und sozialer Kontinuität am ehesten denkbar ist, indem man dieBedeutung der Akteure in sozialen Systemen betont, ohne ihre Einbin-dung in Strukturen zu leugnen oder zu vernachlässigen“ (Heiner 1998,13).

Ein Beispiel aus dem Volkshochschulzusammenhang kann andieser Stelle das Zusammenspiel von Akteurseinflüssen und Systemzu-sammenhang illustrieren:

• In Hessen ist seit September 1997 ein SPD-KreisbeigeordneterVerbandsvorsitzender, der zur VHS keinen beruflichen Bezughat. Er wurde ausgewählt unter dem Aspekt, dass es wichtig sei,einen kommunalen Wahlbeamten einzubinden, der Lobbyar-beit für die Volkshochschulen betreiben kann. Im April 1999fand ein Wechsel der Landesregierung von SPD/Bündnis90/DieGrünen zu CDU/F.D.P. statt. Bereits im September 1999 wurdeeine Zuschusskürzung der Landesmittel für die hessischen Volks-hochschulen um 30% für das Jahr 2000 angekündigt. In diesemZusammenhang wurde im Landesparlament die Volkshochschu-le Hochtaunuskreis von der bildungspolitischen Sprecherin derF.D.P. explizit als Vorbild für effizientes Handeln gelobt und alsvorbildlich dargestellt, da an dieser VHS der Anteil der Eigen-

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einnahmen über 70% beträgt und in den letzten Jahren ständiggesteigert wurde (vgl. VHS-Statistik 1998 und vorläufiger steno-grafischer Bericht der Sitzung des Hessischen Landtags vom09.09.1999, Archiv der VHS Hochtaunuskreis). Anschließendwurde die Kürzung von 30% der Zuschüsse kategorisch, ohneAusnahmen für alle Volkshochschulen beschlossen, ohne Rück-sicht auf höhere oder niedrigere Effizienz.

Dieses Exempel weist darauf hin, wie Akteure für ihre Interes-sen arbeiten, Einnahmen steigern, Lobbyisten positionieren und wie auchstrukturelle Gegebenheiten wirksam werden. In Landtagen müssen Ent-scheidungen, die schnell umgesetzt werden sollen, pauschale Entschei-dungen sein, Ausnahmen können nicht beachtet werden, da erstens derVerwaltungsapparat dann nicht mehr handlungsfähig ist und zweitenssofort andere Akteure nach weiteren Ausnahmen verlangen würden. Sozeigt sich, dass kein Gegensatz besteht zwischen der Eingebundenheitin soziale Systeme, die immer schon da sind, bevor die Akteure kom-men, und den rational-choice-Theorien, die zeigen, dass jedes Individu-um versucht, Einfluss zu nehmen und die Grenzen dieser Eingebunden-heit zu verändern.

Die Akteurstheorie basiert wie Luhmanns systemtheoretischeBetrachtungen auf der Idee der Komplexitätsreduzierung der Welt durchgesellschaftliche Teilsysteme. Infolge seiner Zugehörigkeit zu verschie-denen Teilsystemen kann der Akteur bestimmen, „welcher Richtung desWollens er sich zuwenden kann und welche Richtungen er entsprechendnicht in den Blick zu nehmen braucht“ (Schimank 1996, S. 243). In je-dem System und zwischen den Systemen existiert eine Vielzahl von Ak-teurskonstellationen und Handlungsmöglichkeiten, die sich dem Indivi-duum durch Beobachtung mehr oder weniger erschließen. Durch Infor-mationsgewinnung aus diesen Beobachtungen versuchen die Akteurewiederum eigene Handlungsorientierung zu gewinnen.

Die Akteurstheorie geht also vom zielstrebig handelnden Ak-teur aus, der sich stets mit anderen Akteuren, die ihrerseits Ziele verfol-gen, konfrontiert sieht. „Durch solche Zielinkompatibilitäten geratenAkteure einander gleichsam ins Gehege. Aus der Sicht des einen stellensich dann die anderen als diejenigen dar, die ihn bei seiner Zielverfol-gung behindern oder gar völlig blockieren“ (ebenda, S. 211). So ergeben

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sich Zielkonflikte, die durch Nutzung von Macht, Desinformation oderKompromissaushandlung beseitigt oder vermindert werden müssen. Alleversuchen, die Verhältnisse, in denen sie agieren, nach ihren Kräftenund Möglichkeiten zu optimieren und zu gestalten. „Eine akteurstheore-tische Herangehensweise an Vorgänge gesellschaftlicher Differenzierungbetrachtet diese also als Konstellationseffekte des handelnden Zusam-menwirkens mehrerer Akteure“ (ebenda, S. 212). Diese Perspektive lässtsich in mehrere Aspekte gliedern:

• Akteure verfolgen meistens Ziele, die sie mit ihren sozialen Ein-flusspotentialen wie Macht, Moral, Wissen oder Geld zu errei-chen suchen.

• Aufgrund der beständigen Auseinandersetzung mit anderenAkteuren ergeben sich Zielinkompatibilitäten, die „Konstellati-onen handelnden Zusammenwirkens einer Pluralität von Ak-teuren“ (ebenda, S. 211) ergeben, was zu sozialen Strukturenführt.

• Häufig entspricht der Effekt der Konstellationen nicht dem be-absichtigten Ergebnis der beteiligten Akteure, da eine Vielfaltvon Handlungen mit unterschiedlicher Zielrichtung zu einemneuen, nicht vorhersehbaren Prozessergebnis führt.

1.4 Zur Rezeption systemisch-konstruktivistischerAnsätze in der Erwachsenenbildung

Da bei der vorliegenden Untersuchung die Qualitätsentwick-lung in der öffentlichen Weiterbildung im Mittelpunkt steht, soll zunächstdargestellt werden, welchen Niederschlag systemisch-konstruktivistischePositionen in der wissenschaftlichen Theoriebildung bereits gefundenhaben.

In der Literatur zur Erwachsenenbildung wird eine konstrukti-vistische Sichtweise vorrangig durch Rolf Arnold, Horst Siebert und Ort-fried Schäffter vertreten. Auf der Suche nach einem „erweiterten, auchproblemadäquateren Verständnis des Lernens Erwachsener“ (Arnold 1997,S. 4) beschäftigen sie sich aus der Einsicht heraus, „dass Erwachsenen-bildung es mit Deutungen und Wirklichkeitskonstruktionen zu tun hat,die sich nur schwer an ,objektiven‘ Maßstäben messen und beurteilenlassen“ (ebenda, S. 4), mit systemisch-konstruktivistischen Ansätzen undentwickeln daraus Erkenntnisse für die Erwachsenenbildung.

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Ortfried Schäffter, dessen Interesse insbesondere der erwachse-nenpädagogischen Organisationsforschung gilt, beschreibt den radika-len Konstruktivismus als Rahmentheorie, „mit der sich schrittweise eineIntegration der disparaten Beschreibungsformen pädagogischer Praxisauf der Ebene einer Beobachtung von Selbstbeschreibungen herstellenlässt“ (Schäffter 1992, S. 119).

Für die Pädagogik relevant wird nach Siebert und Arnold derKonstruktivismus, weil er die fortschreitende Tendenz der Individualisie-rung in der Gesellschaft unterstützt und verdeutlicht. Sie weisen daraufhin, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre eigenen Vorstellungenin Kurse und Seminare der Erwachsenenbildung einbringen und dassdieser Erkenntnis eine veränderte Sicht auf Lernprozesse, auf Inhalte undauf die Teilnehmenden folgen müsse. Die Wahrheitskriterien, die Erwach-senenbildungsforscher und Pädagogen ihrer Arbeit zugrunde legen, ent-stehen auf der Grundlage ihrer spezifischen Wirklichkeitskonstruktio-nen, ebenso wie die Wahrheitskriterien der Teilnehmer deren Lernpro-zess leiten. Der Teilnehmer erscheint als Konstruktion des Pädagogen:„Dabei stellt sich eine Durchmischung der handlungsleitenden Konstrukteein, d. h. – bezogen auf den Teilnehmer als Konstrukt – neben milieuthe-oretischen, biographietheoretischen, erwachsenendidaktischen u. a.Konstruktionssegmenten ist das eigene handlungsleitende Bild vom Teil-nehmer letztlich auch bestimmt durch die eigenen Erfahrungen als Teil-nehmer in Lernprozessen, durch erlebte – positive und negative – Vor-bilder anderer Lehr-Personen, durch lebensgeschichtliche Kränkungenund Demütigungen sowie außerberufliche Erfahrungen und Erlebnisse,um nur einige Aspekte zu nennen“ (Arnold/Siebert 1997, S. 30). Wenndas erkannt ist, entsteht eine neue Sicht auf den Lehr-Lern-Prozess, dieweitreichende Konsequenzen in didaktischer, methodischer und auchorganisatorischer Hinsicht birgt. Die Lehrenden können bestenfalls Be-dingungen schaffen, von denen sie denken, dass sie den Lernenden Pro-zesse der selbsttätigen und selbständigen Wissenserschließung und Wis-sensaneignung ermöglichen. „Lehrende können Deutungsangebote ma-chen. Ob eine Information bedeutungsvoll ist, hängt von lebensgeschicht-lichen Erfahrungen ab und muss deshalb von jedem/r selber entschiedenwerden“ (ebenda, S. 91).

Wie hier dargelegt wurde, beschäftigen sich Siebert und Arnoldhauptsächlich mit der durch den Paradigmenwechsel veränderten Lehr-

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Lern-Beziehung zwischen Kursleitenden und Teilnehmenden. Obwohl siesich nur am Rande auch mit organisatorischen Problemen befassen, diesich aus einer konstruktivistischen Sichtweise ergeben, weisen sie dochauf die „Qualitäts-Problematik“ hin (vgl. Siebert 1996, S. 273-287; Ar-nold 1997, S. 51-61; Siebert 1998, S. 111-123). Siebert registriert etwa inseinem Buch zur Didaktik in der Erwachsenenbildung: „Das Qualitäts-management in seiner derzeitigen Ausprägung ist dem ‚normativ-quanti-fizierenden‘ Paradigma zuzuordnen. Bildungsarbeit wird gemessen, be-rechnet, zertifiziert“ (Siebert 1996, S. 274). Er fordert, aus der konstrukti-vistischen These, „dass subjektive Bildungsprozesse autopoietisch erfol-gen und nur bedingt organisierbar sind“, den Schluss zu ziehen, dass vorallem die „Rahmenbedingungen einer Ermöglichung von (Selbst-)Bildungund (Selbst-)Aufklärung zu messen und zu bewerten“ (ebenda, S. 277)sind. Ortfried Schäffter entwickelt aus einer konstruktivistischen Grund-haltung heraus Überlegungen zur Organisation von Weiterbildungsein-richtungen (vgl. Schäffter 1992, 1995; Küchler/Schäffter 1997). Er verweistauf den Trend zur Ökonomisierung der pädagogischen Selbstbeschrei-bung und stellt fest: „Mit der Frage, ob die Ökonomisierung bereits wirk-lichkeitsstrukturierende und damit handlungsleitende Funktionen erfüllt,geht es auch um den Funktionsverlust professioneller Selbstkonzepte derErwachsenenpädagogik“ (Schäffter 1997, S. 6). Um diesem Verlust, dersich aus der „Übernahme von Deutungsmustern aus dem gesellschaftlichdominanten Bezugssystem“ (ebenda, S. 6) ergibt, zu entgehen, entwickelter eine Klärung der strukturellen Unterschiedlichkeit von Wirtschaftsun-ternehmen und der betriebsförmigen Organisation von Weiterbildung, dain diesem Bereich zunehmend der Konsens innerhalb der öffentlich ver-antworteten Erwachsenenbildung verloren gehe (ebenda). Schäffter emp-fiehlt daher, dass sich die erziehungswissenschaftliche Forschung „grund-sätzlicher als bisher üblich, den Fragen ,erwachsenenpädagogischer Or-ganisation‘ zu stellen“ (ebenda, S. 7) hat.

1.5 Der theoretische Bezugsrahmen und seine Funktionfür die Qualitätsentwicklung in der öffentlichenWeiterbildung

Qualität ist „ein relationaler Begriff (...) und was Qualität ist, istdas Resultat einer Übereinkunft zwischen den verschiedenen Beteilig-ten: denjenigen, die sie produzieren, denjenigen, die dabei mitdefinie-ren, und denjenigen, die die ,Abnehmer‘ solcher Leistungen sind“ (Küchler

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1999, S. 7). Der theoretische Bezugsrahmen, der in vorangegangenenKapiteln gezogen wurde, dient der stringenten Entwicklung der Grund-annahmen, die in dieser Arbeit das Qualitätsverständnis in der öffentli-chen Weiterbildung konstituieren: die Anerkennung der Subjektivität derindividuellen Qualitätsvorstellungen, die Betonung des zielstrebigenHandelns von Akteuren, bei gleichzeitiger systemischer Einbindung invorhandene Strukturen. Da Qualität hier als Konstrukt betrachtet wird,soll dargelegt werden, welche theoretischen Voraussetzungen diesemKonstrukt zugrunde liegen. Dabei ist ausschlaggebend, dass ein Theo-rieverständnis, das für die Weiterbildung tauglich sein soll, Funktionenauf allen Ebenen der Weiterbildung übernehmen kann. Es muss sowohlfür die Lehr-Lern-Beziehung als auch für organisatorische Dimensionen,für den Kontakt zwischen den Mitarbeitenden und Kunden wie für dieZusammenarbeit unter Mitarbeitenden und Leitung tragfähig sein. Erstdann ergibt sich die Möglichkeit einer „pädagogisch reflektierten Ein-richtungspolitik“ (Küchler/Schäffter 1997, S. 50).

Die konstruktivistische These, dass „wir Bildungsergebnisse nicht‚erzeugen‘ bzw. ‚machen‘ können, sondern eigentlich nur durch die Ge-staltung einer anregenden Umgebung sowie fördernd-indirekte Impulseermöglichen“ (Arnold/Siebert 1997, S. 6-7), erläutert die praxisleitendeErkenntnis, „dass es schließlich die subjektiven Wirklichkeitskonstruktio-nen sind, die – häufig genug auch ‚hinter dem Rücken‘ der Handelnden –Sinn und Ziele ihres Handelns konstituieren“ (ebenda, S. 6-7). Aus dieserTheorie erwächst folglich eine Skepsis gegenüber den Planbarkeiten derErwachsenenbildung und insbesondere gegenüber technokratischenMachbarkeitshoffnungen in der Weiterbildung, seien sie auf perfektionierteMethodenvielfalt gerichtet oder auf vollkommene Prozessabläufe.

Mit der „epistemologischen Bescheidenheit“ (ebenda, S. 17)konstruktivistischer Ansätze gegenüber den beteiligten Akteuren der Er-wachsenenbildung, die – wie beschrieben – Eingang in die Lehr-Lern-Beziehung in der Weiterbildung gefunden haben, ist eine Basis zur Über-tragung in die Organisations- und Qualitätsstrukturen der öffentlichenErwachsenenbildung gelegt.

Zusammenfassend lassen sich folgende für die Qualitätsentwick-lung wesentliche Aspekte eines systemisch-konstruktivistischen Paradig-mas festhalten:

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• Die erkenntnistheoretische Leitlinie der Subjektivität jeglicherErkenntnis, mit der Folge des Fehlens objektiver Maßstäbe, er-möglicht eine Gleichbehandlung aller individuellen Qualitäts-vorstellungen. Es entsteht eine Enthierarchisierung der Sichtwei-sen, die unterschiedliche Wertigkeit der individuellen Betrach-tungsweisen wird aufgehoben. Folglich erhält man eine „gleich-wichtige“ Hypothese, die jedem der systemrelevanten Akteureund ihren Wirklichkeitskonstrukten gleichen Wahrheitsgehaltzuweist, der auf Viabilität zu prüfen ist.

• Die Systemtheorie bringt den Aspekt des Unwägbaren in dieQualitätsentwicklung ein, eine Erklärung sowohl für das Schei-tern vieler kluger Ideen und Projekte, die zur falschen Zeit oderam falschen Ort ausgedacht und durchgeführt wurden, sowiefür das Gelingen unausgereifter, aber intuitiv richtig eingesetz-ter Verfahren.

• Der Betonung des passiven Eingebundenseins in Systeme stehtergänzend die Akteurstheorie zur Seite, die darauf verweist, dasses stets aktiv handelnde Individuen sind, die Einfluss auf Orga-nisationen und damit auf ihre Qualität ausüben. Die Ergebnisseihres Handelns können sie jedoch nicht mit Sicherheit vorher-sagen, da das System auch von anderen Einflüssen irritiert wird.

• Sinn und Bedeutung von Handlungen sind nicht per se vorhan-den, sondern stets Ergebnis von Aushandlungsprozessen. De-ren Ziele sind Kompromisse, nicht die ideale Übereinstimmung,vielmehr ein stetiger Handel der Beteiligten bis zum jeweiligenAbschluss einer Bedeutungszuschreibung. Erst wenn diese Zu-schreibung sich bewährt, viabel ist, wird sie nachträglich nor-miert. Bewährt sie sich nicht, wird ein neuer Sinn gesucht.

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2. Organisations- und Qualitäts-verständnis für das System deröffentlichen Weiterbildung

In diesem Kapitel werden, aufbauend auf den vorangegange-nen theoretischen Erläuterungen, die wesentlichen Grundannahmen fürein Qualitätsmanagement in der öffentlichen Weiterbildung aus syste-misch-konstruktivistischer Perspektive entwickelt.

2.1 Zur Kommunikation sozialer Systeme

Organisationen als soziale Systeme produzieren ständig Kom-munikation aus Kommunikation in einem rekursiv geschlossenen Pro-zess. „Organisationen bestehen somit aus einer Vernetzung kommuni-zierter Entscheidungen“ (Kaiser 1994, S. 266). Die Nichtübertragbarkeitvon Informationen, die Unmöglichkeit des Austausches macht ein stän-diges Aushandeln, ein dauerndes Ringen um diese Entscheidungen nö-tig. „Das Geschehen in Arbeitsorganisationen wird, was es wohl immerschon war: eindeutig uneindeutig. Arbeit findet mehr und mehr jenseitsder Eindeutigkeit statt. Sie wird, ebenso wie ihre Effekte, ambivalent“(Bardmann 1994, S. 43). Das System der öffentlichen Erwachsenenbil-dung, das schon immer mehr von Ideen als von Orten und Ergebnissenrepräsentiert wird, unterliegt der Notwendigkeit des Aushandelns vonZielen und Aufgaben noch stärker als Unternehmen im freien Wettbe-werb. Denn deren Legitimation ergibt sich aus ihrer Profiterwartung undihre Regeln und Kommunikationen richten sich zwangsläufig darauf,wie dieses Ziel am günstigsten erreicht werden kann.

Öffentliche Weiterbildung dagegen sieht sich sehr allgemeinenMetazielen verpflichtet, die kaum materialisiert werden können und vondaher keine Eindeutigkeit vermitteln. Zur Veranschaulichung kann einLeitbildpapier des Hessischen Volkshochschulverbandes dienen, in demzum „gesellschaftlichen Auftrag der Volkshochschule“ steht: „Die Volks-hochschulen in Hessen tragen dazu bei, die Zukunftsfähigkeit des Ein-zelnen und der Gesellschaft auf all ihren Ebenen zu sichern. Die Volks-hochschule gestaltet die lernende Gesellschaft mit und führt individuel-

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le Bedürfnisse des Einzelnen und gesellschaftliche Anforderungen zu-sammen“ (Leitbild der hessischen Volkshochschulen, Stand September1999) – ein Beispiel rhetorischer Begrifflichkeit, dessen Sinngehalt jenach Kontext und Weltanschauung sehr unterschiedlich gedeutet wer-den kann. Entsprechend unterschiedlich sind die Realitätskonstrukte, dieüber öffentliche Weiterbildungsorganisationen im Umlauf sind.

Was diskutiert und als relevant und somit unterscheidbar in dieKommunikation einfließt, tangiert und „irritiert“ die Organisation. „Wasaber kommuniziert wird, liefert sich dem Eigensinn des Sozialsystemsund den Prozessen der Organisationskultur aus“ (Bardmann 1994, S.384). In der Kommunikation von Organisationen wird eine Geschichteentwickelt und weitererzählt, die eigene Regeln und Modalitäten hat.Der Einfluss auf ein solches kommunikatives Netzwerk steht immer un-ter dem Vorbehalt der Selbstorganisation des Systems. Jedes Einwirkenist damit lediglich Versuchshandeln, das in die Verfügbarkeit des jewei-ligen Kommunikationssystems gerät und nach den dort geltenden Mit-teln und Regeln verarbeitet und kommuniziert wird. Ein Beispiel ausdem Organisationskonstrukt der Volkshochschule Hochtaunuskreis kanndiesen Zusammenhang beleuchten:

• Im Trägerverein stand vor einigen Jahren ein Generationswech-sel an. Der Vorsitzende, der auch Bürgermeister der Stadt war, fa-vorisierte einen Kandidaten einer Partei, die von den hauptamt-lichen Mitarbeitern und wichtigen Leuten aus deren Umfeld nichtgeschätzt wurde. Diese verhinderten die Wahl durch eine eige-ne Kandidatin, die seither Vorsitzende ist. Der abgelehnte Gegen-kandidat wurde einige Jahre später Bürgermeister. Die Arbeit derVHS ist politisch nicht einseitig ausgerichtet, im Gegenteil, siewird von Vertretern aller Parteien (vgl. Archiv der VHS Hoch-taunuskreis, z. B. Brief der Bürgermeisterin E. Nothacker, Glashüt-ten, 01.09.1999, Brief des Bürgermeisters B. Huke, Königstein,07.01.1997, Brief des Bürgermeisters G. Krämer, 27.05.1998)und der Öffentlichkeit (vgl. Frankfurter Rundschau, 06.08.1999und 28.03.2000, Taunus-Zeitung, 06.08.1999 und 29.03.2000,Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.03.1999) hoch gelobt. Trotz-dem fehlt seit dieser Vorstandswahl jegliche aktive Unterstützungaus der „regierenden“ Partei. Die Volkshochschule wird nichtmehr als unterstützenswert kommuniziert (vgl. Archiv der Volks-hochschule des Hochtaunuskreises 1992-2000, z. B. Schrift-

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wechsel zum Erwerb eines Erbpachtgrundstückes durch die VHSoder Schriftwechsel zum Mietvertrag Oberhöchstadter Str. 5/7).

Diese kommunikative Reaktion war für die handelnden Akteu-re in der Volkshochschule kaum vorhersehbar. Sie haben die Komplexi-tät des Systems unterschätzt und nicht berücksichtigt, dass „nicht-trivia-le Systeme (...) immer ein Risikopotential gegenüber Steuerungs- undInterventionsmaßnahmen in sich (bergen, d. Autor), da die tatsächlichenSystem-Aktionen nicht ohne weiteres abzuschätzen sind“ (Küchler/Schäff-ter 1997, S. 36).

Daraus ergibt sich die grundlegende Erfordernis, bei Qualitäts-entwicklungsprozessen die Komplexität des Systems zu beachten undfrühzeitig möglichst viele systemrelevante Akteure bei wichtigen Ent-wicklungen und Entscheidungen einzubinden. „In diesem generalisier-ten Befund zeigt sich nicht nur der Abschied von gesellschaftlichen Vor-stellungen unbegrenzter Machbarkeit, sondern ein genereller Perspekti-venwechsel“ (ebenda, S. 36).

2.2 Wahrnehmungsperspektiven von Organisation undQualität

Die meisten Betrachtungsweisen, die Qualitätsentwicklungskon-zepten zu Grunde liegen, sehen die Einrichtung aus einer Innenperspek-tive, wenn sie sich mit der Organisation befassen. Innen, in der Organi-sation, sitzen die Fachleute und arbeiten mit Hilfe ihres Expertenwissensan der Qualität für die Kunden, die draußen, außerhalb der Institutionvermutet werden. In den Empfehlungen des Hessischen Volkshochschul-verbandes zur Qualitätsentwicklung heißt es etwa: „Entscheidend fürdie Qualität des Bildungsprozesses sind die Qualifikationen und Kom-petenzen der Mitarbeiter/innen in den verschiedenen Bereichen bzw.auf den verschiedenen Ebenen in der Volkshochschule“ (Hessischer Volks-hochschulverband 1997, S. 3).

Wird der Qualitätsbegriff derartig aus der Binnenperspektivebetrachtet und so verengt, geraten zwangsläufig die Außenperspektivenaus dem Blickfeld. Dabei bedeutet „Lernprozesse zu organisieren undzu begleiten (...) Außenperspektiven in die Institutionen hineinzuneh-men, ohne die Binnenorientierung aufzugeben“ (Zech 1997, S. 19). Da

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es unter systemischen Gesichtspunkten nicht um Vermittlung von abso-luten Wahrheiten geht, sondern um die Anschlussfähigkeiten viablerKonstrukte, könnten angemessene Rollen für eine zeitgemäße Erwach-senenbildung eher eine Berater- und Moderatorenrolle sein als die einerselbstdefinierten Weiterbildungsautorität. Damit soll verdeutlicht wer-den, dass unterschiedliche Positionen ausdrücklich als gleichwertig an-erkannt werden müssen und jedem Systembeobachter das gleiche Ex-pertentum zugeschrieben wird. Dabei muss die Erwachsenenbildung„selbst in hohem Grade flexibel sein für Anschlussmöglichkeiten, sie mussVeränderungen seismographisch registrieren und mit pädagogischenAngeboten beantworten“ (ebenda, S. 18).

Wenn wir daher nach Luhmann die beteiligten Personen alsrelevante Umwelten des Systems verstehen und nicht als dessen Bestand-teile, verändert sich auch das Verhältnis von Person und Organisationgrundlegend. Für diese Beziehung lässt sich aus systemisch-konstrukti-vistischer Sicht festhalten, dass erst in einem systemkommunikativen Kon-text die spezifischen Qualitäten der öffentlichen Bildungsträger sichtbarwerden und unterschiedlichste Beobachterwirklichkeiten erkennen las-sen: „Was ist Volkshochschule für den Hausmeister, der um 22 Uhr dasGebäude abschließt? Was ist Volkshochschule für einen Arbeitslosen ohneHauptschulabschluss? Was ist Volkshochschule für einen jungen Mann,der in einem Spanischkurs die Frau seines Lebens kennen gelernt hat?Was ist Volkshochschule für den Abgeordneten der Mehrheitspartei, derdem Beirat angehört? Was ist Volkshochschule für den Ministerpräsiden-ten oder die Bundestagspräsidentin?“ (Siebert 1998a, S. 1). Jede dieserPersonen ist Akteur im System der öffentlichen Weiterbildung, aber allestehen in anderer Beziehung zur Volkshochschule, was wiederum zuDifferenzen in der Betrachtung der Institution führt, die ebenfalls ver-schiedene Aktionen mit gleicher, ähnlicher oder gar entgegengesetzterZielrichtung konstituiert. Folgendes Beispiel aus der VolkshochschuleHochtaunuskreis soll dies illustrieren:

• Ein junger Metzgermeister, der sich wegen seiner beruflichenZukunft an die Weiterbildungsberatungsstelle der VHS Hoch-taunuskreis gewandt hatte, äußerte sich zum Angebot einer Wei-terbildungsberatung, dass er es als einen hervorragenden Ser-vice empfinde, dass es Bildungsberatung an einer Volkshoch-schule gibt, und dass ihm die Beratung sehr geholfen habe.Außerdem habe er auch von vielen Leuten in Kursen gehört,

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die sehr zufrieden waren. (...) Er stellte die Frage, ob seine Freun-din auch kommen könne, da sie seit drei Jahren zuhause imErziehungsurlaub sei und überhaupt nicht wisse, wie sie wiederin den Beruf zurück kann (vgl. Beratungsprotokoll in der Wei-terbildungsberatungsstelle der VHS Hochtaunuskreis, 13.04.1999). Demgegenüber meinte eine Betriebswirtin, die Beirats-mitglied der VHS für das Bildungswerk der hessischen Wirt-schaft und privat Besucherin von Yoga-Kursen in der VHS Hoch-taunuskreis war, bei einer Diskussion des Beirats zu den zu-künftigen Aufgaben und der Weiterentwicklung der VHS, dassdie Volkshochschule auf jeden Fall den Freizeitbereich weiterausbauen müsse. Denn viele Menschen, die, wie sie selbst, vielarbeiten müssen, benötigten vor allem wohnortnahe Angebote,die gerade gar nichts mit Beruf und Arbeit zu tun haben (vgl.Protokoll der Beiratssitzung der VHS Hochtaunuskreis am04.11.1999, Archiv der VHS Hochtaunuskreis).

„Der entscheidende Gewinn einer Deutung von Weiterbildungals organisiertes soziales System besteht nun darin, dass es nicht mehrdarum geht, derartige Teilperspektiven normativ zu vereinheitlichen undmit der formalen Ordnung in Übereinstimmung zu bringen, sondern dasses um das Verständnis für die Produktivität einer Vielfalt unterschiedli-cher, miteinander durchaus in Konflikt befindlicher Deutungen geht“(Schäffter 1997, S. 14). Aus diesem Verständnis heraus können pädago-gische, aber auch organisatorische Aufgaben nur durch Beachtung derunterschiedlichen Beobachtungen und durch Verschränkung der vielfäl-tigen Perspektiven gelöst werden.

2.3 Zur gesellschaftlichen Gestaltungsmacht vonöffentlichen Weiterbildungsinstitutionen

Mit der zunehmenden Individualisierung einer „reflexiven Mo-dernisierung“ (Beck 1986, S. 16) verlieren die Bildungsinstitutionen zu-nehmend an „Gestaltungsmacht gegenüber ihren Adressaten und Teilneh-mern“ (Kade 1996, S. 20). Die Erwachsenenbildung, deren Bereitstellungund Finanzierung als bedeutende, aber freiwillige Leistung betrachtet wird,spürt diesen Bedeutungsverlust am frühesten und am heftigsten. „Und das,obwohl sie sich außerordentlich flexibel gezeigt hat und allen Bildungs-politikern klar ist, dass die lebenslange Weiterqualifizierung zu Lasten der

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immer schneller veraltenden Erstausbildung ausgebaut werden müsste“(Hartkemeyer, in: Frankfurter Rundschau, 07.11.1996). Trotzdem hat esdie öffentliche Erwachsenenbildung nie geschafft, den institutionellenStellenwert, das Selbstverständnis und die Finanzausstattung der ande-ren grundlegenden Bildungsbereiche (Schule, Berufsausbildung, Hoch-schule) zu erreichen. „Denn aller anderslautender Rhetorik zum Trotzwurde von der Öffentlichkeit Erwachsenenbildung nie als etwas Selbst-verständliches angesehen, mussten immer wieder neue zeitgemäße Exis-tenzbegründungen vorgenommen werden“ (Tietgens 1995, S. 63).

Die Statistiken der Volkshochschulen weisen etwa in Hessen inder Zeit von 1993 bis 1997 einen Teilnehmerrückgang von über 9% aus.Die Gesamtteilnehmerzahl ist von 507.872 auf 461.873 gefallen (Volks-hochschulstatistik 1993 und 1997). Die durchgeführten Unterrichtsstun-den sind um 178.540 zurückgegangen (Volkshochschulstatistik 1993 und1997). Betrachtet man die einzelnen Stoffgebiete, werden die Rückgängenoch deutlicher. In allen allgemeinbildenden Stoffgebieten, mit Ausnahmeder Kunst, sind Rückgänge zu verzeichnen. Lediglich der Bereich „Mathe-matik, Naturwissenschaft, Technik“, hinter dem sich im Wesentlichen EDV-Kurse und Angebote zum Umgang mit neuen Medien verbergen, hat Zu-wächse von über 29% (vgl. Volkshochschulstatistik 1993 und 1997).

Diese Zahlen belegen ein nachlassendes Interesse der Bevölke-rung an allgemeiner Weiterbildung und einen zunehmenden Bedarf anBildung im Bereich EDV/Umgang mit neuen Medien. Während aber dieöffentlichen Bildungsträger im Feld der Allgemeinbildung auf dem „Bil-dungsmarkt“ fast konkurrenzlos sind, sind sie im Wachstumsmarkt EDV/neue Medien großer privater Konkurrenz ausgesetzt: „Die Bildungsland-schaft ist durch eine breite Palette von anwendungsorientierten Weiter-bildungsmöglichkeiten gekennzeichnet. Den Volkshochschulen undanderen öffentlichen Institutionen der Erwachsenenbildung droht dadurchein Bedeutungsverlust“ (Zech 1997, S. 20). Da dieses Problem für dieöffentlichen Bildungseinrichtungen gerade in den gesellschaftlich wich-tigen Bildungssegmenten besteht, bei gleichzeitigem Anwachsen desBildungsbedarfs der Bevölkerung, ist es eine existenzielle Frage, wie dieserBedeutungsverlust aufgehalten werden kann. „Wenn, wie gegenwärtig,die Gesamtgesellschaft unter einen enormen Veränderungsdruck gera-ten ist, so schlägt sich dies auch in neuen Anforderungen an das Weiter-bildungssystem nieder. Dann wird abermals eine grundsätzliche Stand-

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ortbestimmung fällig und möglicherweise auch eine ‚Neujustierung‘ derBewertungsstandards“ (Schäffter 1998, S. 40). Es scheint, als müsse dieöffentliche Weiterbildung sich selbst modernisieren, organisationalesLernen und Qualitätsmanagement als grundlegende Voraussetzungen fürAnpassungsfähigkeit an die gesellschaftliche Dynamik akzeptieren, umnach eigener Effizienzsteigerung und Flexibilisierung wieder dynami-sche Impulse an die Gesellschaft geben zu können.

Hier könnten vorrangig Änderungen am eigenen Selbstverständ-nis nötig sein. Die enorme Zunahme an frei und jederzeit verfügbaremWissen, insbesondere durch die neuen Medien, verbunden mit der Not-wendigkeit, sich ständig weiterzubilden, lebensbegleitend zu lernen, umdie Anschlussfähigkeit an Entwicklungen zu erhalten, entbindet die Institu-tionen wohl mehr und mehr von der Notwendigkeit, Expertenwissen be-reitzustellen, zu „bevorraten“. Damit verbunden ist jedoch notwendiger-weise die Frage nach den zukünftigen Aufgaben von Weiterbildungsinsti-tutionen. Eine Antwort scheint in der Abkehr von der Idee des Expertentumszu liegen: Bildungseinrichtungen benötigen Moderatoren, „Scouts“, dieLernende durch die Informationsflut begleiten, Berater, die unterstützendeRahmen entwickeln und in einer komplexen Welt Unterstützung anbieten.

Die beschriebenen Funktionen speisen ihre Autorität nicht auseinem Vorsprung von Fachwissen gegenüber anderen, sondern durchdie Fähigkeit, andere Perspektiven zulassen zu können, selbst die Hal-tung von Lernenden einnehmen zu können – eine „dialogische Haltung“zu üben, die definiert ist als „ein beständiges Hinterfragen von Prozes-sen, Sicherheiten und Strukturen, die menschlichen Gedanken und Hand-lungen zugrunde liegen“ (Isaacs 1999, S. 63). Um als Bildungsorganisa-tion den Rahmen für die dargestellten Rollen bieten zu können, scheintdie Einbeziehung von unterschiedlichen Akteuren und deren Perspekti-ven grundlegend.

2.4 Institutions- und organisationsbiographische Aspekte

Die Volkshochschule spiegelte stets die gesellschaftlichen Ent-wicklungen wider, war „Seismograph“ der je aktuellen Zeitprobleme:„Anders als die übrigen Bildungsbereiche ist sie stärker dem Markt, denkonkreten ‚Teilnehmern‘ ausgesetzt gewesen, die sich heute als ‚Kun-den‘ verstehen“ (Hartkemeyer, in: Frankfurter Rundschau, 07.11.1996).

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In den Nachkriegsjahren, bis Ende der 1950er Jahre, war dieArbeit der Volkshochschulen gekennzeichnet durch den kulturellen Neu-anfang und die „reeducation“-Politik der Besatzungsmächte:

• In der Oberurseler Volkshochschule (Vorläufer der VHS Hoch-taunuskreis) war in den Jahren nach dem Zweiten Weltkriegdas Programm stark von politischen und gesellschaftlichen The-men geprägt. Im Mittelpunkt stand die Auseinandersetzung mitder noch jungen Demokratie und der Nazizeit (vgl. Archiv derStadt Oberursel). Den Eröffnungsvortrag des Bundes für Volks-bildung Oberursel e.V. hielt 1946 der Historiker Eugen Kogonzum Thema „Die geschichtlichen Ursachen der gegenwärtigenLage“, und 1947 referierte der ehemalige Kultusminister Prof.Strecker über „50 Jahre selbsterlebte deutsche Politik und Ge-schichte“. Eine Vortragsreihe beschäftigte sich mit „Fragen derGegenwart“ (vgl. Archiv der Stadt Oberursel) und Jugendlichehatten einen Diskussionskreis, der der „Aussprache mit denAmerikanern“ (vgl. Archiv der Stadt Oberursel) diente.

Die Vermittlung demokratischer Werte und die Idee der Zweck-freiheit von Bildung standen im Vordergrund der Bemühungen der Volks-hochschulen. Es dauerte bis Anfang der 1960er Jahre, „bis es zu einer quasiverbandsoffiziellen Bejahung berufsnaher Kurse (...) kam“ (Tietgens 1995,S. 80). Ab der ersten Hälfte der 1960er Jahre wurden der Ausbau und dieDifferenzierung der Volkshochschulen vorangetrieben vor dem Hinter-grund einer bildungspolitischen Diskussion, die die Angst vor einer Ab-koppelung der Bundesrepublik Deutschland von den innovativen Entwick-lungen des Westens schürte. „In der Publizistik waren es Reizwörter wie‚Bildungskatastrophe‘, ‚Recht auf Bildung‘, ‚Bildungsökonomie‘, die derDiskussion eine bis dahin unbekannte Lebhaftigkeit gaben“ (ebenda, S.86). Die öffentliche Erwachsenenbildung war anschließend bis 1981 aufWachstumskurs. „Auf eine knappe Formel gebracht: zwischen 1962 und1981 ist die Zahl der durchgeführten Kurse um ein fünffaches und die Zahlder Belegungen um das Dreieinhalbfache gestiegen“ (ebenda, S. 101).

Die Entwicklung im Hochtaunuskreis war fast analog:• „In den sechziger Jahren leiteten die VHS-Aktiven eine gewisse

Professionalisierung ein, die den von kulturell interessiertenBürgern gegründeten Verein reformiert. Ab 1966 fungierte Dr.Otto Rüb als hauptamtlicher Leiter. Der Einzugsbereich wurde

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1974 auf Glashütten, Königstein, Kronberg, Schmitten und Stein-bach ausgedehnt. Das hessische VHS-Gesetz von 1970 verhalfdem Bund für Volksbildung zu einer weiteren Aufwertung. DasGesetz sah zwingend eine Volkshochschule für Kreise und grö-ßere Städte vor. Die Zahl der Mitarbeiter stieg in der Folge sprung-haft an, die VHS konnte auf eine breite Basis blicken. Bis in dieMitte der achtziger Jahre wuchs die VHS beständig“ (Weinert,in: Frankfurter Rundschau 26.06.1996).

Neben den institutionsbiographischen und gesellschaftlichenHintergründen sind auch die organisationsbiographischen Aspekte öf-fentlicher Erwachsenenbildungsträger betrachtenswert. Volkshochschu-len sind mitgeprägt durch ihre Entstehungs-, Entwicklungs- und Kultur-geschichte, die eng mit der Bürgerschaft der jeweiligen Kommune ver-woben ist. „Organisations- und Strukturbildung in der Weiterbildung fol-gen nicht der Logik der anderen Bildungssektoren. Sie spiegeln ihreneigenen und spezifischen Entstehungszusammenhang wider, mit demsie weiterhin verbunden bleiben“ (Weber 1995, S. 321).

In den Erwachsenenbildungsorganisationen entwickelten sichaus diesem Grund auch im Laufe ihrer Bestandsgeschichte eigene, mitden politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten am Ort korres-pondierende Besonderheiten. Am Beispiel der VHS Hochtaunuskreis kanndies dargestellt werden:

• Der Bund für Volksbildung wurde 1946 als Verein gegründet,der sich unter anderem folgenden Aufgaben widmet:„1) Der Verein hat die Aufgabe, durch Veranstaltungen den Er-wachsenen und den Heranwachsenden Kenntnisse und Fertig-keiten zu vermitteln und das Interesse an allen Fragen des geis-tigen, kulturellen und öffentlichen Lebens in weiten Kreisen derBevölkerung zu wecken und zu fördern.(...)3) Der Verein führt im Rahmen seiner kulturellen Aufgabeninsbesondere Theater- und Konzertveranstaltungen durch“(Satzung für den Bund für Volksbildung e.V. Oberursel, 25.06.1974).Als 1970 das hessische Volkshochschulgesetz die Landkreise ver-pflichtet, eine Kreisvolkshochschule zu unterhalten, beschließtder Kreistag des Hochtaunuskreises, diese Aufgaben an die be-

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reits bestehenden Volksbildungsvereine in Oberursel und BadHomburg zu delegieren, um gewachsene Strukturen zu erhalten(Kreistagsbeschluss des Hochtaunuskreises vom 08.02. 1971).So befinden sich im Hochtaunuskreis zwei Volkshochschulen,die sich die Aufgabe der flächendeckenden Versorgung der Be-völkerung mit Erwachsenenbildung und die Landes- und Kreis-zuschüsse teilen. Die Traditionen und Eigenheiten, die seit 1946insbesondere in Oberursel und Bad Homburg entstanden sind,bleiben sowohl inhaltlich (in Bezug auf die spezifischen Bil-dungskonzepte) als auch in der jeweiligen Organisationsstruk-tur erhalten. Beide Volkshochschulen betreiben eine Musikschu-le, die Volkshochschule des Hochtaunuskreises/Oberursel hatbis heute ein Abonnementtheater (vgl. Programm der VHS Hoch-taunuskreis, Frühjahrssemester 2000).

Ähnlich oder davon sehr verschieden (als kommunales Amt, alsGmbH oder Zweckverband) organisiert sind Volkshochschulen in ganzDeutschland.

Aus den unterschiedlichen „Lebensläufen“ von Bildungsträgernentsteht organisationsrelevantes, einrichtungsspezifisches Wissen undKompetenz. „Zum impliziten Wissen gehören auch das kollektive Ge-dächtnis, die Erinnerungen an die Traditionen und herausragenden Er-eignisse und Konflikte der Einrichtung. Diese Erinnerungen sind identi-tätsstiftend und prägen das Profil einer Einrichtung“ (Siebert 1998a, S.48). Im Lauf der Jahre entwickeln die einzelnen Organisationen, beein-flusst durch die gesellschaftlichen und politischen Gesamtentwicklun-gen und die Gegebenheiten und Veränderungen im regionalen und kom-munalen Rahmen, ihre eigene Biographie, werden bei genauerer Be-trachtungsweise unverwechselbar, verlieren ihre Austauschbarkeit. „Je-der Betrieb hat seine Genesis, die Allgemeingut ist, Identifikation bietetund das Wir-Gefühl stärkt – das, was die Psychologie group think nennt.Group think ist die von einer Gemeinschaft getragene Überzeugung,eine gemeinsame Wirklichkeit zu haben, und zwar eine Wirklichkeit,die besser, stärker, hochwertiger als viele – manchmal sogar alle – an-deren ist“ (Wagner 1994, S. 38). Auch dazu soll ein Beispiel aus derVolkshochschule des Hochtaunuskreises zeigen, wie diese gemeinsa-me Überzeugung Handlungen und damit die Organisationsbiographiebeeinflusst:

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• „B: Wie sehen Sie die VHS Oberursel: als reagierend oder agie-rend?R: Also, wir wollen agieren. Wir haben dieses Reagieren, wennüberhaupt, immer nur zähneknirschend mitgemacht. Wir ha-ben zum Beispiel nie einen Fremdsprachen-Zertifikatskurs ge-macht. Ich habe das immer abgelehnt, sehr zum Leidwesen al-ler Fachverbände. (...) dieser Zertifikatskurs bedeutet wiederdieses Produktlernen ohne Prozess. Das funktioniert nicht undich kann Ihnen sagen, einen einzigen Fall kenne ich, wo je-mand ein Zertifikat nicht bestanden hat, hier aus Oberursel. (...)Aber ich sage absolut nicht, dass wir hier in Oberursel schonden Idealfall haben, wir wissen nur, was ideal ist, wir bildenuns wenigstens ein, es zu wissen, wir streben es an. Das ist einProzess“ (Brüning 1989, S. 109/110).

Dieser Auszug aus einem Experteninterview mit dem langjähri-gen Leiter der Volkshochschule zeigt deutlich den in der Institution herr-schenden „Glauben“, einem Ideal von Erwachsenenbildung zu folgen.Solche Leitbilder erzeugen Leitkonzepte, die andere Konzepte (in diesemFall etwa Konzepte zur Durchführung erfolgreicher Zertifikatskurse) aus-schließen und Handlungsorientierung für die Bildungsangebote liefern.

• In Oberursel entstand aus der geschilderten Leitidee ein bis heutebestehendes Kurskonzept. Der Kurs richtet sich nicht nach vor-gegebenen Lernzielen, die Vorgehensweise und das Lerntempowird von den Lernenden selbst bestimmt. Daraus folgt, dass sichdie Fremdsprachenkurse in höheren Semestern sehr voneinanderunterscheiden (vgl. Konzept: Hilfen für neue Sprachdozenten,1981, VHS Oberursel, Archiv der VHS Hochtaunuskreis).

Um sich der institutionalisierten Weiterbildung, ihrer Geschichteund ihren Zukunftsperspektiven annähern zu können, sollte sich der Blickdeshalb dafür öffnen, „dass Organisationen nicht hinreichend erfasst sind,wenn man sie nur als technokratisch verwaltbare, formal programmier-bare und rational beherrschbare Systeme ansieht, dass man der ‚Wirk-lichkeit‘ näher kommt, wenn man sie als Kulturen im Sinne gewachse-ner und sich spontan entwickelnder Sinnzusammenhänge, als mehr oderweniger dynamische Netzwerke von Werten, Normen, Überzeugungen,Annahmen, Phantasien, Ängsten und Wünschen begreift“ (Bardmann1994, S. 344).

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2.5 Das System der öffentlichen Weiterbildung

Organisationen als soziale Systeme benötigen, wie bereits inKapitel 1.3.1 beschrieben, zur Aufrechterhaltung ihrer Strukturen undSystemgrenzen Kommunikation. Ein soziales System Volkshochschulehat sehr viele system-relevante Umwelten. Da die Systemtheorie dieDifferenz von Umwelt und System als Einheit begreift (somit als zusam-mengehörig), ist die Umwelt für das System genau so wichtig wie dasSystem selbst. „Gewonnen wird mit der Unterscheidung von System undUmwelt (...) die Möglichkeit, den Menschen als Teil der gesellschaftli-chen Umwelt zugleich komplexer und ungebundener zu begreifen, alsdies möglich wäre, wenn er als Teil der Gesellschaft aufgefasst werdenmüsste; denn Umwelt ist im Vergleich zum System eben derjenige Be-reich der Unterscheidung, der höhere Komplexität und geringeres Ge-ordnetsein aufweist“ (Luhmann 1987, S. 288). Die systemrelevantenUmwelten sind im Bereich der öffentlichen Erwachsenenbildung äußerstvielfältig: angefangen bei den Mitarbeitenden, über die Vorstandsmit-glieder, die Kunden und die Teilnehmenden bis hin zu den Kommunal-politikern, den politischen Parteien, den Sponsoren, Kooperationspart-nern, Konkurrenten, Landespolitikern, Bundespolitikern und so weiter.Jede Person als systemrelevanter Akteur und jedes soziale System ist überKommunikation relevant für das System Volkshochschule. Daraus resul-tiert eine vielfältige Erweiterung der Komplexität von Deutungen undZuschreibungen. Hauptberufliche Mitarbeiter/innen deuten die VHS ausanderer Perspektive als Kursteilnehmer. Die Deutung des Kursleiters un-terscheidet sich von der des Vorstandsmitgliedes. Diese multiperspekti-vische Kommunikationsstruktur bestimmt das Image und die Qualitätder Volkshochschulen. Ein Auszug aus einem Interview, durchgeführtvom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) an der Volkshoch-schule in Neuwied, mit einer Fachbereichsleiterin, einer Teilnehmerinund einer Kursleiterin, kann exemplarisch diese unterschiedlichen Blick-winkel verdeutlichen:

„M: Was ist für Sie Qualität in der Erwachsenenbildung?TN: Ein Qualitätskriterium war für mich z. B. bei dem Kurs‚Wiedereinstieg‘, dass auch die Frauen mitarbeiten konnten, dieschon 15 Jahre oder länger aus dem Beruf ausgestiegen waren.Am Anfang hatte ich Bedenken, ob sie dem Unterricht gewach-sen sind. Der aber ist so gut gemacht worden, das ist ein großerPluspunkt für die VHS.

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HPM: Ich finde Qualität sehr schwer zu messen. Ein wichtigerAspekt ist z. B., gute Kursleiter einzustellen, die fachlich undpädagogisch geschult sind. Inhaltliche Qualität des Kurses be-deutet für mich zu sehen, ob die Teilnehmerinnen Veränderun-gen durchmachen. Existentiell für so einen Kurs ist die Frage,ob die Frauen danach einen Arbeitsplatz finden. Aber sagt dieVermittlungsquote allein etwas über die Qualität des Kurses aus?(...)M: Welche Aspekte prägen Ihrer Meinung nach sonst noch dieQualität oder das Bild der VHS?KL: Dass man im Programm alles finden kann, dass es so breitgefächert ist, dass es alles abdeckt“(Küchler 1993, S. 10/11; M = Moderatorin, TN = Teilnehmerin,HPM = Hauptamtliche pädagogische Mitarbeiterin, KL = Kurs-leiterin).

Unterschiedliche Beobachterstandpunkte und mannigfacheWahrnehmungen bestimmen in ihrer Gesamtheit und Komplexität dieInstitution und die Organisation. „Ein Schlüsselbegriff des individuellenund organisationalen Lernens ist die Beobachtung. Unsere Wirklichkeitbesteht aus Beobachtungen, wobei sich das Beobachtete nicht von demBeobachter trennen lässt“ (Siebert 1998a, S. 46). Die Beobachter, alsoalle, die in irgendeiner Weise mit dem System in Zusammenhang ste-hen, erzeugen oder konstruieren „die“ Volkshochschule vor Ort ebensowie das gesellschaftliche Bild der Institution Volkshochschule. „Verstehtman im beschriebenen Sinne die Dynamik in der Weiterbildung aus ih-rem systemischen Zusammenhang heraus, wird unmittelbar einsichtig,warum auf einer gesellschaftlichen Makroebene eine Systematisierungdieses Sektors gar nicht möglich und vielleicht auch gar nicht sinnvollist“ (Weber 1995, S. 320). Die Wahrnehmung, die Kommunikation überdiese Wahrnehmung und die daraus entstehenden Handlungen bestim-men, ob eine Bildungseinrichtung freundlich oder abweisend, kompe-tent oder veraltet, kulturell wichtig oder als überflüssiges Gebilde ausvergangener Zeit erscheint. Aus der Vielzahl von Beobachtungen undihren Kommunikationen entsteht ein Bild von Volkshochschule in ihrerGesamtheit. „Organisationen wie die Volkshochschule sind Konstrukteinterner und externer Beobachter, das heißt der Beschäftigten, der Adres-saten, der Nicht-Teilnehmer, der politischen Akteure, der ‚Konkurrenz‘etc.“ (Siebert 1998a, S. 46).

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Zur Qualitätsentwicklung gehört folglich die Notwendigkeit,Fähigkeiten zu erwerben und zu professionalisieren, die es ermöglichen,subjektive Beobachtungen verschiedenster beteiligter Individuen undGruppen zu registrieren und zu reflektieren, Unterschiede zu erkennenund aus diesen Unterscheidungen Erkenntnisse zu gewinnen. „Ein Ver-gleich von Beobachterperspektiven (Leitung, Verwaltung, Technik, Päd-agogik, ‚Kundschaft‘ etc.) macht auf die Kontingenzen und Mehrdeutig-keiten komplexer Organisationen aufmerksam. Solche Vergleiche för-dern organisationales Lernen, weil in Beobachtungen Erfahrungen undWissensbestände eingelagert sind“ (ebenda, S. 47).

Eine Diskussion zur Neugestaltung des Programmheftes derVolkshochschule Hochtaunuskreis kann exemplarisch die unterschied-lichen Beobachterperspektiven zeigen, die bereits innerhalb eines Ar-beitsteams auftreten:

• Während die Mitarbeiter, die schon länger bei der VHS arbei-ten, sich eindeutig für eine Layoutveränderung aussprachen, warein Mitarbeiter, der erst seit etwa einem Jahr bei der VHS arbei-tet, dagegen. Er begründete dies damit, dass die Veränderungennur Änderungen für die Mitarbeiter seien, weil die Teilnehmer,die das Programm ja nur zweimal im Jahr sehen, keine Verän-derung, sondern Kontinuität bräuchten und wollten (vgl. Proto-koll der Teambesprechung der VHS Hochtaunuskreis am14.04.1999, Archiv der VHS Hochtaunuskreis).

2.6 Exemplarische Darstellung der VHS Hochtaunuskreis

Zur Verdeutlichung der Komplexität des Systems der öffentli-chen Weiterbildung soll die Volkshochschule Hochtaunuskreis, derenQualität in dieser Studie Untersuchungsgegenstand ist, näher erläutertwerden: Die VHS Hochtaunuskreis/Oberursel ist eine Kreisvolkshoch-schule, die als öffentlicher Bildungsträger nach dem hessischen Volks-hochschulgesetz (vgl. Gesetz über die Volkshochschulen des LandesHessen, 21.05.1981) die Aufgabe hat, die etwa 220.000 Einwohner desHochtaunuskreises mit Angeboten zu versorgen. Die tatsächliche Zu-ständigkeit erstreckt sich jedoch nur über ein Regionalgebiet mit etwa98.000 Einwohnern (vgl. Statistik des Hochtaunuskreises 1998), da dieVHS Bad Homburg aufgrund einer Kreisvereinbarung von 1971 (vgl.Kreistagsbeschluss des Hochtaunuskreises vom 08.02.1971) für die kreis-

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freie Stadt Bad Homburg, drei weitere Städte und drei Gemeinden (Fried-richsdorf, Usingen, Wehrheim, Neu-Ansbach, Grävenwiesbach, Weil-rod) verantwortlich ist. In den Zuständigkeitsbereich der Kreisvolkshoch-schule fallen derzeit vier Städte und zwei Gemeinden: Oberursel (41.534Einwohner), Steinbach (10.098 Einwohner), Kronberg (17.661 Einwoh-ner), Königstein (15.526 Einwohner), Glashütten (5327 Einwohner),Schmitten (8437 Einwohner) (vgl. Statistik des Hochtaunuskreises, Stand30.06.1999). Der Sitz der Geschäftsstelle befindet sich in Oberursel, dergrößten Stadt im Zuständigkeitsgebiet. Träger der VHS ist, in Delegationdes Hochtaunuskreises, der Verein Bund für Volksbildung Oberursel e.V.(BfV). Die Volkshochschule beschäftigt derzeit (Stand April 1999) 7 haupt-amtliche Mitarbeiter/innen, zwei von ihnen sind auch für die Aufgabendes Bundes für Volksbildung zuständig.

Die Arbeit der Volkshochschule ist eng mit der Geschichte desBfV verknüpft, der 1946 von Bürgern der Stadt Oberursel unter Feder-führung des späteren Kulturamtsleiters Wilhelm Wollenberg gegründetwurde. Waren in den ersten Jahren Konzertreihen und Theatervorstel-lungen prägend für die Arbeit des BfV, so verschob sich der Schwerpunktin den 1950er Jahren zur Volkshochschularbeit, ohne dass die bisheri-gen Tätigkeiten aufgegeben wurden (vgl. Programme des BfV und derVHS Hochtaunuskreis von 1946-1999). 1966 wurde mit der Einstellungeines hauptamtlichen Geschäftsführers und einer Sachbearbeiterin dieArbeit der Volkshochschule professionalisiert. Ab 1970 fand durch dieGründung von Außenstellen eine Ausweitung der Tätigkeit auf Teile desKreisgebietes statt. 1971 wurde, nach der Verabschiedung des hessischenVolkshochschulgesetzes, die VHS Oberursel zur Kreisvolkshochschuledes Hochtaunuskreises, mit der Zuständigkeit für die Städte und Gemein-den Oberursel, Steinbach, Kronberg, Königstein, Glashütten und Schmit-ten. 9.409 Kunden haben im Jahr 1998 die Kurse der Volkshochschulebesucht. Weitere 6.115 besuchten Einzelveranstaltungen. Der Etat wur-de zu 65,8% aus Teilnehmergebühren, zu 4% aus eigenen Einnahmen(Mieten, Zinseinnahmen), zu 12% aus Landesmitteln und zu 19% auskommunalen Zuschüssen bestritten (vgl. Volkshochschulstatistik 1998,Volkshochschule des Hochtaunuskreises).

Durch das von den Mitarbeitenden im Jahr 1978 ausgearbeiteteKonzept des lebenslangen Lernens (vgl. Konzept des lebenslangen Ler-nens, 1978, Archiv der VHS Hochtaunuskreis) unterscheidet sich die

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Volkshochschule des Hochtaunuskreises von anderen Volkshochschu-len. Die Fachbereiche orientieren sich nicht an den Vorgaben des Deut-schen Volkshochschul-Verbandes, sondern folgen einer eigenen Logik:Die Elternvolkshochschule bietet Angebote für junge Familien, die Ju-gendvolkshochschule veranstaltet Kurse für Kinder und Jugendliche, unddie Zentralvolkshochschule bietet alles, was unter „normaler Volkshoch-schularbeit“ verstanden wird (Kultur, Kunst, berufliche Bildung, Frauenetc.), die Volkshochschule für Ältere veranstaltet ein Seniorenprogrammund die Musikvolkshochschule wendet sich ihrerseits mit Musikunter-richt und Workshops an alle genannten Zielgruppen. Die VHS-Bühnehat ca. 275 Abonnenten und zeigt jedes Jahr sieben klassische Theater-aufführungen in der Oberurseler Stadthalle. Außerdem betreibt der Bundfür Volksbildung einen „Mädchentreff“ und eine Weiterbildungsberatungs-stelle (vgl. Geschäftsbericht der VHS Hochtaunuskreis 1998). Es ergibtsich eine ungewöhnliche Verteilung im Programmangebot, die durchdie folgende Grafik verdeutlicht werden soll.

45%

40%

35%

30%

25%

20%

15%

10%

5%

0%

Unterrichtsstundenprofil des Gesamtangebotes

PolitikGesellschaft

Umwelt

KulturGestalten

Gesundheit Sprachen ArbeitBeruf

GrundbildungSchul-

abschlüsse

12

40

8

5

14 14 141412

23

3837

1315

21

1

118

Eigene VHS

Bundesland

Bundesrepublik

(Volkshochschulstatistik 1998; eigene VHS = Volkshochschule Hochtaunuskreis; Bundesland = Hessen)Die Prozentangaben sind teilweise gerundet.

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3. Qualitätssicherungssystemeund -empfehlungen

Nach einer Erläuterung der Hintergründe der Qualitätsdiskussi-on in der öffentlichen Weiterbildung folgt die Darstellung und Überprü-fung von Qualitätssicherungsansätzen, die im Weiterbildungsbereicheingesetzt werden. Die Qualitätssicherungssysteme werden dahingehenduntersucht, ob und in welcher Weise jeweils die „systemrelevanten Ak-teure“ in der Qualitätsentwicklung berücksichtigt werden. Abschließendwerden die Unterscheidungsmerkmale zwischen dem in dieser Studieaufgezeigten Qualitätskonzept für die öffentliche Weiterbildung und denim vorherigen Kapitel vorgestellten Konzepten aufgezeigt. Aus dieserUntersuchung soll erkennbar sein, ob die dargestellten Qualitätsmanage-mentsysteme tauglich sind, ein „viables“ Qualitätskonstrukt für ein „Sys-tem“ Volkshochschule zu erreichen.

3.1 Qualitätssicherung in der öffentlichen Weiterbildung

Qualitätskriterien und formulierte Standards für die Bildung sindfast so alt wie die Erwachsenenbildung selbst. Bereits der „HohenrodterBund“, in der Weimarer Zeit entstanden, formulierte explizite Ziele fürdie Erwachsenenbildung, die, wiewohl damals noch nicht als Qualitäts-merkmale definiert, durchaus heute als moderne Qualitätsziele geltenkönnten:

– „Intensive, erarbeitende Bildung statt extensive Wissensverbrei-tung

– ganzheitliche, interaktive Methoden statt Frontalunterricht– erwachsenengemäße Lernsituationen statt Schulatmosphäre– reflexive Bildung statt instrumentelle Qualifizierung“

(Siebert 1995b, S. 10).

In der weiteren Entwicklung der Erwachsenenbildung war Qua-litätsentwicklung im Sinne einer Verbesserung der Lehr-Lern-Beziehungstets ein wichtiges Thema. Der Qualitätsbegriff selbst wird wahrschein-lich durch den Deutschen Volkshochschul-Verband explizit erstmals1963 in einer Selbstdarstellungsschrift gebraucht (vgl. Tietgens 1999,

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S. 10). Insbesondere in der Aufbruchstimmung der 1970er und 1980erJahre, der Zeit der Bildungsreformen, wurde intensiv an Modellen zurVerbesserung und Innovation der Bildungsangebote gearbeitet. Erinnertsei hier an den Schwerpunkt „Teilnehmerorientierung“ (vgl. z. B.: Bre-loer/Dauber/Tietgens 1980; Tietgens 1977), an Untersuchungen zumDrop-out bei VHS-Kursen (vgl. z. B.: Schrader 1986), an Zielgruppen-konzepte (vgl. z. B.: Weymann/Mader/Dierich 1980) und dergleichenmehr.

Qualitätsdiskussionen wurden jedoch bis in die späten 1980erJahre als rein pädagogische Diskussionen geführt. Die Überlegungenrankten sich um die Kurse und ihre Inhalte, um die Kursleitenden, derenQualifikation, um Unterrichtsstile und Methoden der Erwachsenenbil-dung. „In diesem Sinne waren Qualitätskriterien, die ‚gute‘ Praxis defi-nierten, immer schon Bestandteil des erwachsenenpädagogischen Han-delns, ja, sie bildeten einen zentralen Schwerpunkt der Entwicklungenin den letzten 30 Jahren“ (Küchler 1999, S. 7).

Weitgehend ausgeblendet blieb der Zusammenhang von Orga-nisation und Qualität, von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und qualita-tiv hochwertiger Bildung. „Relativ neu ist die Frage nach der Qualitätvon Institutionen als Bestandteil der Organisationsentwicklung. Die VHSbietet zwar hochwertige Lernveranstaltungen an, ob sie aber selbst opti-mal als ‚lernendes System‘ mit innovativen Informations- und Kommuni-kationsstrukturen aufgebaut ist, erscheint zweifelhaft“ (Siebert 1995b, S.12). Fragen, die mit organisatorischen Problemen zusammenhingen,wurden ausgeblendet, es wurde sogar „die Zurückweisung des Organi-satorischen zunächst als Qualitätsmerkmal gewertet, mit dem sich Bil-dungsarbeit von administrativem Handeln oder von kommerziellen Vor-haben positiv abgrenzen lässt“ (Küchler/Schäffter 1997, S. 46).

Erst als der Konkurrenzdruck der Erwachsenenbildungseinrich-tungen wuchs und die öffentliche Finanzierung der Weiterbildung suk-zessive zurückgefahren wurde, begann eine Hinwendung zu Organisa-tionsentwicklungs- und Qualitätsmanagementverfahren, die ursprüng-lich für marktorientierte Dienstleistungseinrichtungen geschaffen wor-den waren. „Zunächst waren es einige wirtschaftsnahe Einrichtungender beruflichen Weiterbildung, die den Qualitätssicherungsgedankenaufnahmen und (...) danach fragten, was von den in Wirtschaftsbetrie-

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ben offenkundig so erfolgreichen Qualitätsstrategien gelernt und aufWeiterbildungseinrichtungen übertragen werden kann. Dann spielte aucheine Rolle, dass Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung sich schonseit langem mit dem Problem des konkreten Nachweises von Qualität,Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit von Bildungsangeboten auseinan-dersetzen mussten“ (Landesinstitut für Schule und Weiterbildung 1996,S. 9). Hintergrund war, dass die Bundesanstalt für Arbeit in der Folgeoffensichtlich gestiegenen Missbrauchs von Fördermitteln in den neuenBundesländern einen Anforderungskatalog an Bildungsträger (vgl. Bun-desanstalt für Arbeit: Runderlasse 1991, 1992) vorlegte und entsprechendeNachweise verlangte. Verbunden war damit die Hoffnung, „dass die inder Industrie praktizierten Verfahren zu einer weniger bürokratischenund besser nachweisbaren Qualitätssicherung führen würden“ (Landes-institut für Schule und Weiterbildung 1996, S. 9).

Weitere Gründe für das Interesse an Qualitätssicherung in derWeiterbildung liegen in den gestiegenen und differenzierter geworde-nen Ansprüchen der Teilnehmenden: „Das Qualitätsbewusstsein derNachfrager war gestiegen. Das galt sowohl für individuelle wie auch fürkollektive Nachfrager“ (Küchler 1999, S. 8). Die Probleme der öffentli-chen Finanzen, von denen sowohl Bund, Länder und Kommunen alsauch in der Folge die Weiterbildungsträger ergriffen wurden, trugenebenfalls dazu bei, dass „die öffentlichen Förderer von Weiterbildung(...) auf höchstmögliche Effektivität der verausgabten und tendenziellknapper werdenden Mittel“ (ebenda, S. 8) drängten.

Die Diskussion über Qualitätsentwicklung und -sicherung istalso nicht bei den Weiterbildnern selbst entstanden, etwa weil die Ein-richtungen mit der von ihnen erzeugten Qualität der Bildungsangebotenicht mehr zufrieden gewesen wären, sondern sie ist vor allem durchDruck von außen und Veränderungen der Umfeldbedingungen ausge-löst worden. Dieses Kapitel dient daher der Darstellung von derzeit inder öffentlichen Weiterbildung gängigen und viel diskutierten Verfah-ren. Diese Qualitätsmanagementansätze sollen hinsichtlich der folgen-den bereits formulierten Grundannahmen untersucht werden:

a) Qualität ist ein Konstrukt, das erst durch die Einbeziehung derrelevanten Beteiligten (Teilnehmende, Mitarbeitende, Politiker,Öffentlichkeit etc.) definiert werden kann.

b) Erwachsenenbildungsorganisationen sind Systeme. Veränderun-

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gen in den Einrichtungen verändern auch etwas für die „rele-vanten Umwelten“ und ihre Akteure und umgekehrt.

c) Alle Beteiligten sind Experten für die Qualität öffentlicher Wei-terbildung. Daher müssen die subjektiven Einschätzungen die-ser Experten in die Qualitätsdiskussion einfließen und im Sinneeiner Perspektivverschränkung für das Qualitätsmanagement derOrganisation fruchtbar gemacht werden.

Alle Ansätze werden nach ihrer zusammenfassenden Darstel-lung einer kritischen Würdigung unter den oben beschriebenen Gesichts-punkten unterzogen.

3.2 Für die Weiterbildung adaptierte Konzepte

3.2.1 DIN ISO 9000 ffDarstellungDie Abkürzung DIN steht für Deutsches Institut für Normung e.

V., und ISO ist die Abkürzung für International Organization for Standar-dization, ein internationaler Zusammenschluss von Normungsinstitutenmit Sitz in Genf, der zum Ziel hat, nationale Normen zusammenzufas-sen und zu vereinheitlichen. DIN ISO bedeutet also, dass diese Normder ISO auch vom DIN übernommen und akzeptiert worden ist. Außer-dem ist dieses Normensystem als europäische Norm (EN) anerkannt.Dieses Normierungssystem, das Ende der 1970er Jahre entwickelt wur-de, fand sehr schnell internationale Akzeptanz und hat sich in vielenFeldern durchgesetzt.

Das Normsystem ISO 9000 ff enthält Empfehlungen für die In-stallierung von Qualitätsmanagementsystemen in Produktions- undDienstleistungsunternehmen, z. B. in Gaststätten, Schwimmbädern undBehörden, wobei auch Bildungseinrichtungen als Dienstleistungsunter-nehmen betrachtet werden. Ziel ist es, ein Managementsystem einzu-richten, das dafür sorgen soll, dass in allen Stadien des Prozesses zurErbringung der Dienstleistungen eine angestrebte Qualität auch tatsäch-lich erreicht wird. ISO 9000 ff stellt an die beteiligten Unternehmen dieAufgabe, die Qualität als Teil der Unternehmenskultur transparent zumachen und das Unternehmen kundenorientiert auszurichten. Gegen-stand der Qualitätsbeurteilung ist die Organisation und ihr Qualitätsma-nagementsystem.

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Aufschlussreich ist die Unterscheidung in produkt- und verfah-rensorientierte Qualitätssicherung. Bei produktorientierten Qualitätszer-tifikaten wird die Beschaffenheit eines Produkts nach bestimmten Krite-rien geprüft und bescheinigt. Bei verfahrensorientierten Qualitätssiche-rungssystemen – wie der ISO 9000 ff – werden die Verfahrensregelun-gen zur Herstellung eines Produktes oder zur Erbringung einer Dienst-leistung daraufhin untersucht, ob man in ausreichendem Maße daraufvertrauen kann, dass die vereinbarte Qualität auch tatsächlich erreichtwird. Die ISO-Norm betrachtet damit die formalen Aspekte des Quali-tätsmanagementsystems. Der Sinn ist, ein Schema festzulegen, nach demUnternehmen ihr Qualitätsmanagementsystem beschreiben können, umgegenüber den Kunden ihre Fähigkeit nachzuweisen, kontrolliert undregelmäßig Qualität zu liefern. Der Nachweis, die Beschreibung desSystems, findet seinen Ausdruck in der „Darlegung“ (Deutsches Institutfür Normung e. V. 1998) des Qualitätsmanagementsystems. WichtigeSchlüsselbegriffe sind Leitungsverantwortung, Struktur des Qualitätssi-cherungssystems, Sicherstellung der personellen und materiellen Mittelund die Schnittstelle zum Kunden.

Über ein Zertifizierungshandbuch werden zwanzig Qualitäts-elemente festgelegt, deren Schlüsselaspekte in der für Dienstleistungenentwickelten DIN EN ISO 9004 dargelegt werden, wobei gesagt wird,dass „der Kunde im Brennpunkt der drei Schlüsselaspekte eines Quali-tätssicherungssystems steht“ (Deutsches Institut für Normung e. V. 1998,B, DIN ISO 9004 Teil 2, S. 11). Außerdem wird erklärt, dass „Kundenzu-friedenheit nur gesichert werden kann, wenn in der Wechselwirkungzwischen der Verantwortung der obersten Leitung, dem Personal undden materiellen Mitteln sowie der Struktur des Qualitätssicherungssys-tems Harmonie besteht“ (ebenda, S. 11). Als Kunde wird „der Empfängereines Produkts, das von einem Lieferanten bereitgestellt wurde,“ (ebenda,S. 8) bezeichnet, wobei auch Dienstleistungen als Produkte betrachtetwerden und Kunden sowohl Endverbraucher als auch Anwender, Nutz-nießer oder Auftraggeber sein können (ebenda, S. 8).

Im Zertifizierungsverfahren wird „die Übereinstimmung der ‚Dar-legung‘ des Qualitätsmanagementsystems mit den Anforderungen derDarlegungsnorm (DIN EN ISO 9001, 9002 oder 9003) überprüft. Darüberhinaus wird im Audit überwacht, ob das Qualitätsmanagementsystem auchwie in der Dokumentation beschrieben angewandt wird. Es wird jedoch

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keine Aussage darüber gemacht, ob die Produktqualität oder die Qualitätder Verfahren gut oder schlecht ist“ (Wuppertaler Kreis e. V. 1996, S. 17).Das bedeutet, dass im Rahmen dieses Systems die Organisation selbst dieDefinitionsmacht darüber behält, welche Ziele sie anstrebt und welcheAbläufe zur Aufrechterhaltung und Verbesserung ihrer Qualität sie ein-führen will, denn die Normen der „ISO 9000-Familie beschreiben, wel-che Elemente Qualitätsmanagementsysteme enthalten sollten, nicht aber,wie eine spezifische Organisation diese Elemente verwirklicht. (...) DasDesign und die Verwirklichung eines Qualitätsmanagementsystems mussnotwendigerweise durch die besonderen Ziele dieser Organisation, ihreProdukte und Prozesse sowie die spezifischen Vorgehensweisen beein-flusst sein“ (Deutsches Institut für Normung e. V. 1998, B, Teil 1, S. 6).Vereinfacht kann man sagen, dass ISO davon ausgeht, dass, wenn alleProzesse richtig, überprüfbar und ordentlich dokumentiert ablaufen, auchdie Ergebnisse die gewünschte Qualität haben sollten.

Ein wichtiges Element, um eine optimale Prozesssteuerung zugewährleisten, ist der Qualitätskreis für Dienstleistungen. Durch Rück-meldungsverfahren unter Einbeziehung von Lieferanten und Kundensowie über Qualitätsaudits kann der Prozess ständig verbessert werden.Damit soll einem statischen Qualitätsverständnis vorgebeugt werden undes sollen ständig die neuesten Anforderungen an das Qualitätsmanage-ment in den Kreislauf einfließen.

Kritische WürdigungZum QualitätskonstruktDer Qualitätsbegriff ist in ISO 9000 ff nicht vorgegeben, son-

dern die Qualität des Produktes muss bereits definiert sein, um mit Hilfeeines prozessorientierten Verfahrens wie ISO 9000 ff Qualitätsmanage-ment betreiben zu können. So scheint es durchaus möglich, durch Vor-schalten eines Qualitätsdefinitionsprozesses unter Einbeziehung allerBeteiligten eine Qualitätsdefinition zu konstruieren, die den in dieserStudie dargestellten Grundannahmen entspricht. Diese Qualitätsdefini-tion ist allerdings nicht zwingend Bestandteil einer nach ISO durchge-führten Qualitätssicherung.

Zum OrganisationssystemDie Erreichung der Ergebnisqualität soll nach DIN ISO 9000 ff

durch die Überprüfung der Prozessqualität gewährleistet werden. Durch

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die Einführung des Dienstleistungskreises nach DIN 9004-2, mit demZiel der kontinuierlichen Verbesserung, soll die konstante Überprüfungder Ergebnisqualität sichergestellt werden. In der Normensammlung wirdjedoch auch auf Folgendes verwiesen: „... je genauer ein Prozess entwe-der durch Mechanisierung oder durch detaillierte Verfahren festgelegtwerden kann, desto größer ist die Möglichkeit, strukturierte und diszipli-nierte Grundsätze des Qualitätssicherungssystems anzuwenden“ (Deut-sches Institut für Normung e. V. 1998, B, DIN ISO 9004 Teil 2, S. 11). Inkomplexen Systemen wie dem der öffentlichen Weiterbildung könnenjedoch auch unvorhergesehene Beeinflussungen auftreten, die die Pro-zessverläufe durcheinander bringen, etwa durch plötzlichen Wegfall vonerwarteten Zuschüssen oder durch Veränderung der politischen Konstel-lationen im demokratischen Prozess. Da im ISO-9000-ff-Verfahren davonausgegangen wird, dass der gelungene Prozess die Ergebnisqualität si-chert, ist keine systemische Sichtweise vorherrschend. In systemischerSichtweise wird auf den Versuchscharakter aller Einwirkungen verwie-sen, darauf, dass auch die Beobachtung der Beobachtung des Systemsüberraschende Auswirkungen haben kann. Denkbar wäre z. B. folgen-des Szenario: Eine Bildungseinrichtung lässt sich nach ISO 9000 ff zerti-fizieren, etwa zur gleichen Zeit läuft eine großangelegte Kampagne ein-flussreicher Institutionen zur Verbreitung des TQM-Ansatzes an, mitgleichzeitiger Verunglimpfung der ISO 9000 ff. Dadurch wird die Bil-dungseinrichtung diskreditiert, die Kunden bleiben aus trotz nachweis-barer Verbesserung der Qualität.

Zur Einbeziehung der Beteiligten als ExpertenDie Normenreihe ISO 9000 ff als prozessorientiertes Qualitäts-

entwicklungsverfahren stellt der Bildungseinrichtung frei, welche Zielesie anstrebt und welche Abläufe zur Qualitätsverbesserung sie einführenwill. Es kann also durchaus ein Ziel formuliert werden, das die Berück-sichtigung der systemrelevanten Akteure vorsieht. Da zu den Schlüssel-aspekten des Qualitätsmanagementsystems nach DIN EN ISO 9000 ffauch die Schnittstelle zum Kunden und damit die Kommunikation mitdem Kunden gehört, ist in diesem Qualitätsmanagementsystem eindeu-tig festgelegt, dass die Qualität eines Dienstleistungsunternehmens ausder Sicht des Kunden beurteilt werden muss: „So sehr sich das dienst-leistende Bildungsinstitut um die Bewertung seiner Dienstleistung ausder eigenen Perspektive bemühen mag – das Bild vom jeweiligen Institutwird an der Schnittstelle zwischen Bildungsinstitut und Kunden, in der

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Kommunikation zwischen den Mitarbeitern des Instituts und den Teil-nehmern geschaffen“ (Dembski/Lorenz 1995, S. 21). Da die Bildungsor-ganisation den Begriff „Kunde“ selbst definieren und somit auf alle „sys-temrelevanten Akteure“ ausdehnen kann, ist es mit der Arbeit im Sinneeines Qualitätsmanagementsystems nach DIN ISO 9000 ff durchausmöglich, alle „systemrelevanten Akteure“ und ihre subjektiven Einschät-zungen und Interessen angemessen in diesem Prozess zu berücksichti-gen. Es wird in der Begriffserläuterung von DIN ISO 9004 explizit daraufverwiesen, dass ein Kunde sowohl Endverbraucher, Anwender oderNutznießer als auch Auftraggeber sein kann.

3.2.2 Total Quality ManagementDarstellung am Beispiel des amerikanischen Qualitäts-modells „Malcolm Baldrige National Quality Program“Bereits seit den 1950er Jahren werden in Japan Qualitätssiche-

rungsansätze umgesetzt, die schon früher von amerikanischen Ingenieu-ren entwickelt wurden, ohne jedoch in den USA Anklang zu finden. Erstnachdem die japanische Industrie damit weltweiten Erfolg hatte, wurdeauch in Amerika die Notwendigkeit von Qualitätsmanagementkonzep-ten erkannt. Im Jahr 1987 wurde dann der Malcolm Baldrige Award vomamerikanischen Kongress eingerichtet (vgl. Baldrige National QualityProgram 2000, http://www.quality.nist.gov, 15.05.2000)4 . Etwa zur sel-ben Zeit begann auch in Europa der Weg hin zur Systematisierung derQualitätssicherung, so wurde 1987 ISO 9000 ff ins Leben gerufen und1988 die European Foundation for Quality Management gegründet.

Die Grundlagen lassen sich folgendermaßen beschreiben: TotalQuality Management (TQM) soll ein Unternehmen zur absoluten Aus-richtung auf Qualität führen. Qualität wird in diesen Ansätzen konsequentauf die Anforderungen und subjektiven Bedürfnisse des Kunden hin defi-niert, während in anderen Systemen das Produkt oder die Dienstleistungim Mittelpunkt steht. „Das aber heißt, es geht um individuell verschiede-ne, nicht nur auf das Produkt, sondern auch auf den Kommunikations-prozess und den Service bezogene Kriterien” (Gierke 1997, S. 12).

Unter das äußerst vielschichtige TQM-Konzept lassen sich ver-schiedene bekannte Ansätze subsumieren, wie etwa Lean Management,Business Reengineering oder Benchmarking. TQM wird von Elmar Pfit-zinger folgendermaßen beschrieben:

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• „Es ist eine Führungsmethode• Es umfasst alle Mitglieder eines Unternehmens• Es stellt Qualität in den Mittelpunkt der unternehmerischen

Aktivität• Es ist auf langfristigen Geschäftserfolg angelegt• Es soll den Führungskräften und Mitarbeitern einerseits, der

Gesellschaft andererseits dienen“(Pfitzinger 1998, S. 9).

Damit wird die Unterscheidung von ISO 9000 ff und TQM deut-lich: Während ISO 9000 ff Qualität über die Einführung systematischenArbeitens herstellen will, bezieht TQM den Bereich menschlichen Ver-haltens ins Qualitätsmanagement ein und geht dadurch über dieses Sys-tem hinaus.

Nach der Darstellung des Baldrige National Quality Program,dem das Department of Commerce, die Technology Administration und dasNational Institute of Standards and Technology angehören, ist das vordring-liche Ziel der Initiatoren des Malcolm Baldrige National Quality Award,TQM als wichtigen Ansatz zu fördern, um amerikanische Produkte undDienstleistungen mit Hilfe dieses Wettbewerbs wieder zu den besten in derWelt zu machen. Mehrere Industrie- und Dienstleistungsunternehmen er-halten jährlich aus der Hand des US-Präsidenten diesen Preis (vgl. Baldri-ge National Quality Program 2000, http://www.quality.nist.gov, 15.05.2000). Führungskräfte in Unternehmen aller Größenordnungen sollen mitder Auslobung des Preises ein Instrument erhalten, das verständliche Stan-dards liefert, mit denen Organisationen und Firmen analysiert und bewertetwerden können. Für die Teilnahme am Malcolm Baldrige Award müssenUnternehmen je nach Größenordnung eine 60 bis 75 Seiten umfassendeDokumentation ihrer TQM-Prozesse einreichen, die sich an sieben Kate-gorien orientiert. Diese Kategorien sind unterschiedlich gewichtet:

• Leadership (Führung) 9%• Information and Analysis (Informationsbeschaffung und Auswer-

tung) 8%• Strategic Quality Planning (Strategische Qualitätsplanung) 6%• Human Ressource Development and Management (Qualifizie-

rung, Unterstützung, Aktivierung der Beschäftigten) 15%• Management of Process Quality (Unterstützung der Qualität der

Prozesse) 14%

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• Quality and Operational Results (Nachweisbare Ergebnisse derkontinuierlichen Verbesserungsprozesse) 18%

• Customer Focus and Satisfaction (Kundenorientierung und -zu-friedenheit) 30%(vgl. http://www.quality.nist.gov/law.htm, 15.05.2000).

Allein in der Zeit von 1988 bis 1992 haben über eine halbeMillion Firmen und Organisationen die Ausschreibungsunterlagen an-gefordert. „Der Baldrige Award bietet so einen Leitfaden für Unterneh-men, die sich selbst evaluieren wollen. Die wenigen Unternehmen, dieden Preis bekommen, beeinflussen durch ihre Vorbildfunktion viele an-dere Firmen und können so qualitätsverbessernd für die gesamte Bran-che wirken” (Gierke 1997, S. 14).

Es wird seit 1994 auch eine Spezifizierung für Bildungseinrich-tungen herausgegeben, die ebenfalls sieben Bewertungskategorien hat,die sich eng an den ursprünglichen Award-Kategorien orientieren:

• Leadership (Führung)• Strategic Planning (Strategische Qualitätsplanung)• Student and Stakeholder Focus (Studierenden- und Netzwerk-

orientierung)• Information and Analysis (Informationsbeschaffung und Auswer-

tung)• Faculty and Staff Focus (Mitarbeiterorientierung und -förderung)• Educational and Support Process Management (Qualität der

Bildungs- und Unterstützungsprozesse)• Organizational Performance Results (Ergebnisse des kontinuier-

lichen Verbesserungsprozesses)(vgl. http://www.quality.nist.gov,15.05.2000).

Im Jahr 1999 wurde erstmals ein eigenständiger Wettbewerbfür Bildungs- und Gesundheitsinstitutionen ausgeschrieben, der die gleich-wertige Einbeziehung dieser Institutionen in den Malcolm Baldrige Awardermöglicht: „As the result of legislation signed into law by president Clin-ton on October 30, 1998, education institutions and healthcare organi-zations will be eligible to take full advantage of the Malcolm BaldrigeNational Quality Award in 1999“ (http://www.quality.nist.gov, 26.01.1999). Mit Hilfe eines genauen Beurteilungsrasters werden die beteilig-ten Bildungseinrichtungen bewertet. Darüber hinaus gibt es noch weite-

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re Funktionen: Der Wettbewerb soll dabei helfen, die Bildungspraxis zuverbessern, indem Leistungsanforderungen definiert werden; er soll denMeinungs- und Erfahrungsaustausch über gelungene Beispiele und „bestpractice“ erleichtern und befördern; er soll die Kommunikation und dieKooperation zwischen Bildungseinrichtungen und anderen privaten undöffentlichen Institutionen verstärken und er soll als Instrument zur Ver-besserung der Leistungsfähigkeit und zur Organisationsentwicklung die-nen.

Die wesentlichen Orientierungselemente des Baldrige-Konzep-tes für Bildungseinrichtungen sind die Bedürfnisse der Lernenden, dieAkzeptanz des Umfeldes und die Leitungsverantwortung. Die Gewich-tungskategorien sind analog dem ursprünglichen Baldrige-Konzept auf-gebaut und betonen die Bewertung der Bildungsprozesse durch die Teil-nehmenden und die Ergebnisorientierung der Bildungsprozesse. Der Er-folg einer Bildungseinrichtung entsteht nach diesem Konzept aus demZusammenspiel folgender Faktoren:

• Visionary Leadership (Visionäre Führung)• Learning-Centered Education (Lernzielorientierte Bildung)• Organizational and Personal Learning (Organisationales und

persönliches Lernen)• Valuing Faculty, Staff, and Partners (Wertschätzung von Bega-

bungen, Mitarbeitern und Partnern)• Agility (Beweglichkeit, Flexibilität)• Focus on the Future (Zukunftsorientierung)• Managing for Innovation (Innovationsmanagement)• Management by Facts (Kennzahlenorientiertes Management)• Public Responsibility and Citizenship (Öffentliche Verantwor-

tung und gesellschaftliches Engagement)• Focus on Results and Creating Values (Ziel- und Wertschöp-

fungsorientierung)• Systems Perspective (Systemische Perspektive)

(vgl. http://www.quality.nist.gov, 15.05.2000).

Verbesserungen in diesen Bereichen werden als entscheidendfür den Erfolg der gesamten Bildungsinstitution betrachtet. Der BaldrigeAward ist eindeutig ergebnisorientiert, der Weg zur Verbesserung, derProzess, bleibt den einzelnen Bildungsinstitutionen überlassen: „The fo-cus is on results, not on procedures, tools, or organizational structure.

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Organizations are encouraged to develop and demonstrate creative, ad-aptive, and flexible approaches for meeting basic requirements. Non-prescriptive requirements are intended to foster incremental and major(,breakthrough‘) improvement“ (http://www.quality.nist.gov, 15.05.2000).

Entscheidend scheint, „daß Partizipation und Kooperation ei-nen sehr hohen Stellenwert besitzen. Alle Planungen sollen unter derBeteiligung von Lernenden und Lehrenden sowie sonstigen Beschäftig-ten erfolgen“ (Steinbeck 1995, S. 207). Durch Förderung der Kooperati-on nach innen und nach außen soll Verständnis gefördert und Innovati-on und Kreativität freigesetzt werden. Die höchsten Bewertungen imRatingverfahren erhalten der Bereich „Ergebnisse des Bildungsprozes-ses“, der die Teilnehmerleistungen misst und die Verwaltungs- und Un-terstützungsstrukturen der Einrichtungen betrachtet, und die Kategorie„Zufriedenheit der Lernenden und des Umfeldes“. „Es wird versucht, soetwas wie ‚Schulklima‘ oder ‚Betriebsklima‘ zu erfassen, messbar undvergleichbar zu machen“ (Gnahs 1998, S. 210). Alle diese Maßnahmenzur Verbesserung der Bildungseinrichtung dienen der Fokussierung vonzwei Zielen: „Delivery of ever improving value to students and otherstakeholders, contributing to improved education quality; and improve-ment of overall organizational effectiveness and capabilities as educati-onal organizations“ (http://www.quality. nist.gov, 15.05.2000).

Kritische WürdigungZum QualitätskonstruktDer Qualitätsbegriff ist formal bereits vorgegeben. Nicht die ein-

zelne Bildungseinrichtung und die beteiligten Personen entscheiden, wasQualität in ihrem Zusammenhang sein kann, sondern es sind siebenQualitätskriterien festgelegt und in einem Punktesystem gewichtet. Al-lein 450 der möglichen 1.000 Punkte werden für den Erfolg der Organi-sation im Wettbewerb vergeben, die nächstgrößte Punktekategorie istdie Führung des Unternehmens, die 125 Punkte erreichen kann. Für alleanderen Kategorien werden jeweils 85 Punkte vergeben (strategischePlanung, Studenten- und Beteiligten-Fokus, Information und Analyse,Schwerpunkt Personal und Organisation, Management der Bildungs- undOrganisationsprozesse) (vgl. http://www.quality.nist.gov, 15.05.2000).Damit ist eine Einflussmöglichkeit auf die Definition des Qualitätsbe-griffs von Seiten der Beteiligten ausgeschlossen.

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Zum OrganisationssystemTotal Quality Management ist systemisch orientiert und fokus-

siert die obige Grundannahme im Ziel „Systems Perspective“. „A sys-tems perspective means managing your whole organization, as well asits components, to achieve performance improvement“ (http://www.quality.nist.gov, 15.05.2000).

Aus dem Schaubild, entnommen aus der Darstellung der Bald-rige-Kriterien (http://www.quality.nist.gov, 15.05.2000), wird deutlich,dass zwischen allen Kategorien Verbindungen bestehen. Es wird nichtin Kreisläufen gedacht, sondern in Netzen.

Zur Einbeziehung der Beteiligten als ExpertenTQM-Ansätze haben einen eindeutigen Fokus: den Kunden.

Obwohl auch in der Adaption des Malcolm Baldrige Award auf Bil-dungseinrichtungen klare Vorstellungen von „guten” Bildungseinrich-tungen herrschen und damit eine hohe Effizienz der Lehr-Lern-Prozessegefordert und eine kontinuierliche Steigerung der Bildungsleistung und

Student and Stakeholder FocusedStrategy and Action Plans

7OrganizationalPerformance

Results6Educational andSupport Process

Management

3Student andStakeholder

Focus

5Faculty andStaff Focus

2StrategiePlanning

1Leadership

4Information and Analysis

Baldridge Education Criteria for Performance Excellence Framework:A Systems Perspective

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des Bildungsergebnisses angestrebt wird, ist das Modell mit seinen Kern-elementen „verantwortliche Führung und Orientierung an den Bedürf-nissen der Lernenden“ anziehend: „So ist zu betonen, dass Partizipationund Kooperation einen sehr hohen Stellenwert besitzen. Alle Planungensollen unter Beteiligung von Lernenden und Lehrenden sowie sonstigenBeschäftigten erfolgen. Zusätzlich soll die Kooperation nach innen ge-fördert werden (...) um das gegenseitige Verständnis zu fördern und umInnovations- und Kreativitätspotentiale zu aktivieren. Dem gleichen Zieldient auch die externe Kooperation, die sich z. B. auf Betriebe, Behör-den, Verbände, kulturelle Einrichtungen und auch auf Eltern, Ehemaligeund Sponsoren richten kann“ (Gnahs 1998, S. 213). Essentiell ist diehervorragende Transparenz des Modells, die Einbindung der Kunden undLernenden, die sich bei diesem Modell vorbildlich darstellt. Da der Cha-rakter des Award prozessorientiert ist, findet ein andauernder Austauschmit den Kunden statt, deren Kommunikation mit dem Unternehmen eineSchlüsselrolle einnimmt. Insbesondere die Erfolgskriterien nach demBaldrige-Award-Konzept berücksichtigen in hohem Maße die „system-relevanten Akteure“ und ihre subjektiven Interessen und Einschätzun-gen. Von fünf Kategorien beziehen sich zwei auf die subjektiven Ein-schätzungen der Akteure, nämlich die Kategorie „student success/satisf-action“ und die Kategorie „stakeholder satisfaction“ (http://www.quality.nist.gov, 26.01.99).

3.3 Weiterbildungspolitische Konzepte

3.3.1 Das Modell „Gütesiegel“ der HamburgerWeiterbildungsträger

DarstellungNachdem der Hamburger Senat 1991 die Einbringung eines

Weiterbildungsgesetzes angekündigt hatte, fanden sich Bildungsträger,die bereits vorher im Verein „Weiterbildungsinformation“ kooperierten,zusammen, um ein eigenes Qualitätskonzept zu erarbeiten. Aus dembestehenden Verein wurde die „Weiterbildung Hamburg e. V.“, ein Zu-sammenschluss, der die Förderung der Weiterbildung in Hamburg zumZiel hat. Zur Umsetzung dieses Ziels werden vier Bereiche genannt:

• „Informationen und Beratung zu allen Bereichen der Weiterbil-dung anzubieten und zu verbreiten, mit dem Ziel, mehr Trans-parenz hinsichtlich der Weiterbildungsangebote für alle an Wei-terbildung interessierten Personen zu schaffen,

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• für Weiterbildung in Hamburg zu werben,• Qualität in der Weiterbildung zu fördern und zu sichern und• Teilnehmer und Teilnehmerinnen vor unangemessenen Vertrags-

bedingungen zu schützen“(Weiterbildung Hamburg e.V., Satzung § 2, 1996).

Davon ausgehend werden Kriterien zur personellen und sachli-chen Ausstattung und zum Unterricht festgelegt. Außerdem gibt es teil-nehmerbezogene Kriterien und besondere Qualitätsstandards für ab-schlussbezogene Veranstaltungen. Insgesamt umfasst der Katalog 40Qualitätskriterien, deren Einhaltung Voraussetzung der „Gütesiegelmit-gliedschaft” ist. Vom Verein „Weiterbildung Hamburg e. V.“ wurden dreiKriterienkataloge mit Qualitätsstandards als Checklisten für Bildungsträ-ger entwickelt, und zwar für die allgemeine und politische Weiterbil-dung, für die berufliche sowie die sprachliche Weiterbildung. Einrich-tungen, die sich um die Mitgliedschaft und damit um das Gütesiegelbewerben, müssen sich zur Einhaltung dieser Qualitätsstandards verpflich-ten, und im Rahmen des Aufnahmeverfahrens in den Verein erfolgt aucheine Überprüfung, vor allem durch Einrichtungsbesuche. Nachdem einGutachterausschuss nach Prüfung der Checklisten und aufgrund desBesuchsprotokolls eine Empfehlung ausgesprochen hat, entscheidet derVorstand, ob die jeweilige Einrichtung aufgenommen wird.

Eine weitere Aktivität zur Qualitätssicherung besteht in der Ein-richtung einer landesweit tätigen Beschwerdestelle. Die Beschwerde-stelle geht Kritikpunkten von Teilnehmerinnen und Teilnehmern nach,bemüht sich um Aufklärung des Sachverhaltes, gegebenenfalls um eineSchlichtung des Streits und – falls erforderlich – um eine Veränderungder Ursachen, die zu der Beschwerde geführt haben.

Der Verein hat 183 Einrichtungen als Mitglieder (Stand: Juli1998), von denen 161 das Gütesiegel tragen. Zu etwa 70% sind sie aufdem Gebiet der beruflichen Weiterbildung tätig, 18% zählen zum Be-reich der allgemeinen und politischen Weiterbildung und 12% zur sprach-lichen Weiterbildung. Insgesamt decken die Mitglieder des Vereins etwa75% des Hamburger Weiterbildungsangebotes ab (vgl. WeiterbildungHamburg e. V., Aktuelle Daten, Stand Juni 1998). Um frei von EinflüssenDritter zu sein, sollen die Mitglieder die Kosten für die Qualitätssiche-rung im Verein selbst tragen. Die Behörde für Schule, Jugend und Berufs-

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bildung unterstützt die Arbeit mit einer Ergänzungsfinanzierung. Die Höheder Mitgliedsbeiträge ist nach dem Umsatz der Weiterbildungseinrich-tungen gestaffelt.

Im Jahr 1996 wurde eine Evaluation durchgeführt, die den Mit-gliedern eine Einschätzung des Gütesiegels ermöglichte. „Es zeigt sich,dass sie die Außenwirkung höher einschätzen als die Binnenwirkung:80% der Einrichtungen sehen ‚Image und Prestige für die Qualität derBildungsarbeit‘ ‚eher‘ oder ‚stark‘ begünstigt, während dies nur 50% fürdas Qualitätsbewusstsein im eigenen Haus konstatieren“ (Gnahs 1998,S. 179).

Kritische WürdigungZum QualitätskonstruktWas Qualität ist, wird in diesem Ansatz durch den Verein „Wei-

terbildung Hamburg e. V.“ definiert. Träger, die die Gütesiegelmitglied-schaft anstreben, akzeptieren die Forderung nach gleichen, überprüfba-ren Kriterien. Diese Qualitätsnormen sind standardisiert, da es sonst kaummöglich wäre, übertragbare Prüfungen durchzuführen. Wenn es heißt:„Für die Besprechung lehrgangsbezogener Probleme steht in angemes-senem Umfang Zeit zur Verfügung“ (Qualitätsstandards des VereinsWeiterbildung Hamburg e. V., Stand 2/95), werden die Anforderungenformal geregelt, über die tatsächliche Qualität dieser Besprechung wirddamit jedoch wenig ausgesagt. Das selbe gilt für die Forderung „Bera-tung über Anschlussveranstaltungen der Weiterbildung wird angeboten“(ebenda). Es findet also nicht für jede Bildungsinstitution eine eigeneQualitätskonstruktion unter Einbeziehung der jeweiligen relevanten Be-teiligten statt, sondern lediglich eine Überprüfung formaler, durch denVerein festgelegter Qualitätskriterien.

Zum OrganisationssystemSystemische Aspekte werden zumindest in den Informations-

schriften des Vereins Weiterbildung Hamburg e. V. nicht erwähnt. Da esum übergreifende Mindeststandards geht, kann auch das einzelne Sys-tem mit seinen Einflüssen nicht näher betrachtet werden.

Zur Einbeziehung der Beteiligten als ExpertenEine Beteiligung der Kunden findet am ehesten im Hinblick auf

unterrichtsbezogene Kriterien statt: Die Bildungseinrichtung „berücksich-

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tigt die Interessen der Kursteilnehmer/innen bei der Gestaltung der Lern-ziele sowie der Durchführung der Veranstaltung. Die Kursteilnehmer/innen werden in angemessenem Umfang an der Auswertung der Veran-staltung beteiligt“ (ebenda). Wie das genau zu geschehen hat, bleibt je-doch dem Träger überlassen. „Die Beratungs- und Betreuungsangebotesind relativ klar umrissen, während die prozessbezogene Teilnehmerori-entierung sich einer standardisierten Vorgabe weitgehend entzieht“(Gnahs 1998, S. 180). Die subjektive Sichtweise der Kunden und Teil-nehmenden auf die Institution wird weitgehend ausgeklammert, dieMöglichkeiten von Mitwirkung sind sehr begrenzt. Die Kommunikationmit anderen relevanten Umwelten, wie Politik und Öffentlichkeit, er-folgt nicht systematisch.

3.3.2 Qualitätssicherungsempfehlung des HessischenVolkshochschulverbandes

DarstellungDer Hessische Volkshochschulverband hat durch seinen Orga-

nisationsausschuss Empfehlungen erstellen lassen, die zur Qualitätssi-cherung an Volkshochschulen hilfreich sein sollen. Der Verband folgtdarin dem Leitgedanken der „Hildesheimer Erklärung“ des Landesver-bandes Niedersachsen (veröffentlicht in: das forum, 4/1995, S. 10-11)und empfiehlt seinen Volkshochschulen Qualitätsstandards, die in vierHauptkategorien unterteilt werden:

• „Qualität der Institution“ bezieht sich auf die rechtlichen undfinanziellen Grundlagen, die auf der Basis öffentlicher, transpa-renter Einrichtungen definiert werden. Die „Organisation“, un-tergliedert in Struktur, Arbeitsplätze und lernende Organisati-on, befasst sich im letzten Punkt explizit mit den Teilnehmen-den, wenn festgestellt wird: „Die VHS greift Anregungen undKritik der Mitarbeitenden, der Teilnehmenden und der Öffent-lichkeit mit Hilfe jeweils geeigneter Verfahren auf und setzt siezur Verbesserung der Arbeit um“ (Hessischer Volkshochschul-verband 1997, S. 3). Die Anregungen zum Personal beziehensich auf die Qualifikationen der Mitarbeitenden und sehen hierden entscheidenden Faktor: „Entscheidend für die Qualität desBildungsprozesses sind die Qualifikationen und Kompetenzender Mitarbeiter/innen in den verschiedenen Bereichen, bzw. aufden verschiedenen Ebenen in der Volkshochschule“ (ebenda,S. 3).

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„Öffentlichkeit und Marketing“ bezieht sich auf Werbung undAußendarstellung, während unter „Beratung, Anmeldung undallgemeine Geschäftsbedingungen“ mit der Forderung nach„nachfrage- und bedarfsorientierter Beratung“ die Kunden ein-bezogen werden. Auch beim Anmeldeverfahren soll sicherge-stellt werden, „dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter imKundenkontakt die erforderlichen Auskünfte geben können“(ebenda, S. 4). Dasselbe gilt für die Informationszeiten und diebürgerfreundliche Formulierung der Geschäftsbedingungen,natürlich auch für die Erreichbarkeit der Geschäftsstelle und derUnterrichtsräume sowie deren teilnehmergerechte Ausstattung.

• „Planungsqualität“ als zweite Hauptkategorie setzt unter denallgemeinen Grundsätzen ein „bildungspolitisches Gesamtkon-zept“ voraus, dessen Inhalt „sich auf die Beschreibung einerGrundversorgung, z. B. zu Umfang, Tiefe, Kontinuität, Aktuali-tät des Angebots sowie die Berücksichtigung unterschiedlicherZielgruppen und Angebotsformen“ (ebenda, S. 5) bezieht.Weiterhin werden veranstaltungsbezogene Planungsgrundsät-ze eingefordert, die sehr umfassend die verschiedenen Bedürf-nisse miteinander verknüpfen sollen und sich an den „aktuel-len erwachsenenpädagogischen, fachwissenschaftlichen Er-kenntnissen“ (ebenda, S. 5) orientieren. Programminformatio-nen sollen den Kunden möglichst kostenlos und nutzerfreund-lich zur Verfügung gestellt werden.

• „Qualität der Realisierung“ bezieht sich auf die Kompetenz derUnterrichtenden und ihre Begleitung durch die Volkshochschule.Außerdem soll die Begleitung der Teilnehmenden sichergestelltwerden, durch Beratung und durch Ermöglichung von „Einflussder Teilnehmenden auf den Lernprozess und auf die Organisa-tion“ (ebenda, S. 6). Unter der Überschrift „Die Volkshochschulesteuert den Lernprozess“ werden die Anforderungen an ange-messene Unterrichtskonzepte, an räumliche Möglichkeiten zurinformellen Kommunikation und an intensive Prüfungsvorbe-reitung dargestellt. Außerdem wird die Volkshochschule ange-halten, „Lernerfolge und Teilnehmerzufriedenheit durch ver-schiedene Methoden feststellen zu lassen“ (ebenda, S. 6). Auchdie Forderung nach Evaluation der Kurse durch die Dozentenund die „inhaltliche Übereinstimmung zwischen Angebot undDurchführung“ (ebenda, S. 6) werden gefordert. Die Volkshoch-

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schule „erfasst Kritik und Anregung der Teilnehmer/innen syste-matisch und bearbeitet sie sorgfältig“ (ebenda, S. 6).

• „Erfolgsqualität“ bezieht sich auf Effizienz und wirtschaftlichesArbeiten. Das gesellschaftliche Umfeld und die Einbindung derVHS ins kommunale Geschehen sind weitere Aspekte. Unterder Forderung der Qualitätssicherung durch ein „von allen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern getragenes Verfahren zur Qua-litätsverbesserung“ (ebenda, S. 7) findet sich auch die Empfeh-lung: „Sie erkundet subjektive Zufriedenheit bei Teilnehmen-den und Unterrichtenden und geht angemessen damit um“(ebenda, S. 7).

Kritische WürdigungZum QualitätskonstruktEs sind in den Empfehlungen des Hessischen Volkshochschul-

verbandes wie oben beschrieben, vier Kategorien vorgegeben, die Qua-lität beschreiben und definieren: Qualität der Institution, Planungsquali-tät, Qualität der Realisierung und Erfolgsqualität. Innerhalb dieser Kate-gorien werden genaue Kriterien aufgezeigt, die zur Erfüllung der Quali-tätskategorien nötig sind, zum Beispiel:

„II. PlanungsqualitätAllgemeine GrundsätzePlanungsqualität der VHS setzt ein schriftlich ausformuliertes bildungspolitischesGesamtkonzept voraus. Ausgangspunkte hierfür sind das hessische Volkshoch-schulgesetz und eine regionale Strukturanalyse. Daraus ergibt sich der Handlungs-rahmen für ein bedarfsgerechtes und nachfrageorientiertes Weiterbildungsange-bot“(Hessischer Volkshochschulverband 1997, S. 5).

Der Qualitätsbegriff ist damit eindeutig vorgegeben und liegtden hessischen Volkshochschulen zur Umsetzung vor. Die Einbeziehungder systemrelevanten Akteure ist bei der Definition des Konstruktes „Qua-lität“ nicht vorgesehen.

Zum OrganisationssystemDurch Verweis auf einen Leitgedanken in der Erklärung des Lan-

desverbands der Volkshochschulen Niedersachsens, dass Qualität „vomZusammenwirken und der Kompetenz aller in den VolkshochschulenTätigen und Lernenden lebt“ (das forum, 4/1995, S. 10), wird in beschränk-tem Maß Bezug genommen auf den systemischen Aspekt der Organisa-

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tion. Allerdings werden lediglich die Mitarbeitenden und die Kundender Volkshochschulen einbezogen, während alle anderen Akteure aus-geschlossen bleiben. Dem Aspekt, dass es viele relevante Umwelten gibt,wird keine Aufmerksamkeit geschenkt.

Zur Einbeziehung der Beteiligten als ExpertenIn den Anregungen des Hessischen Volkshochschulverbandes,

die sehr allgemein gehalten sind, herrscht eine eindeutige Binnenpers-pektive vor. Die Experten sind die Mitarbeitenden in der Institution. Deut-lich wird dies in der Aussage, „Die Volkshochschule steuert den Lern-prozess“ (Hessischer Volkshochschulverband 1997, S. 6), da damit die-ser Grundgedanke dargelegt wird. Auch im Satz „... sie (die VHS, d.Autor) erkundet subjektive Zufriedenheit bei Teilnehmenden und Unter-richtenden und geht damit angemessen um“ (ebenda, S. 7) wird deut-lich, dass die Definitionsmacht bei der Institution verbleibt. Trotz deroben beschriebenen Allgemeinheit der Empfehlungen kann aus syste-misch-konstruktivistischer Sicht festgestellt werden, dass der hessischeLandesverband diejenigen, die nicht als Mitarbeitende am System betei-ligt sind, nicht als Experten einbezieht.

3.4 Selbstevaluative Konzepte

3.4.1 Das Qualitätssicherungskonzept des VHS-VerbandesNiedersachsen

DarstellungIm novellierten niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetz

findet sich ein Abschnitt über Qualitätssicherung, der eine Verpflichtungder Erwachsenenbildungseinrichtungen zur Evaluation und zur Mitar-beiterfortbildung enthält (vgl. das forum, 4/1995, S. 10-11). Im Vorfeldder Novellierung wurde vom Landesverband der Volkshochschulen imSeptember 1995 die „Hildesheimer Erklärung“ verabschiedet, in der esheißt, „dass Qualität in der Bildungsarbeit mit Erwachsenen nicht durchvorgegebene Normen und Standards allein garantiert werden kann, son-dern vom Zusammenwirken und der Kompetenz aller in Volkshochschu-len Tätigen und Lernenden lebt. Sie ist zudem an organisatorische, fi-nanzielle und örtliche Rahmenbedingungen gebunden, die der ständi-gen Überprüfung und Anpassung bedürfen. Qualität kann daher nichtein für allemal verbindlich festgestellt und bescheinigt, sondern muss

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ständig im Arbeitsalltag angewendet, kontrolliert und nachgewiesenwerden“ (das forum, 4/1995, S. 10). Aus dieser Erklärung wurde ein Ar-beitsauftrag „zur Entwicklung von Dokumenten zur Qualitätssicherung“an den Pädagogischen Ausschuss festgelegt.

In der „Hildesheimer Erklärung“ wurden Qualitätsstandardsdefiniert, die das Personal, die räumliche Ausstattung, die Sachmittel,die Veranstaltungen und die Teilnehmenden betreffen. Der Pädagogi-sche Ausschuss hat sich an diesen Standards orientiert, ist jedoch vonden normierten Vorgaben abgewichen und hat „einen anderen Zugriffgewählt. Leitend ist dabei die Vorstellung, dass Qualitätssicherung vonBeginn an mit Evaluationsprozessen verknüpft ist, das heißt mit einerkontinuierlichen Überprüfung der Arbeit der Einrichtung. Sicherung undEntwicklung von Qualität in der VHS ist weiter einrichtungsspezifischzu sehen, soll also vorrangig als ein von der Einrichtung selbst zu tragen-der und zu verantwortender Prozess organisiert werden. Deshalb stehtfolgerichtig die Selbstevaluation im Vordergrund, die die Voraussetzungfür die interne Entwicklung von Problemlösungs- und Innovationsstrate-gien darstellt“ (Landesverband der Volkshochschulen Niedersachsens1997, S. 1).

Der Pädagogische Ausschuss des Landesverbandes hat einenFragenkatalog erarbeitet, dem vier Qualitätsbereiche zugrunde liegen:Einrichtungsqualität, Programmqualität, Durchführungsqualität und Er-folgsqualität. Mit diesem zur Selbstevaluation vorgesehenen Katalog willder Landesverband bewusst Hilfestellung zur praxisorientierten Quali-tätssicherung leisten. Die Fragen können von Mitarbeiterteams ohneweitere Anleitung durchgearbeitet werden und sollen „einen analytischenZugriff auf die Überprüfung der Qualität in der eigenen Einrichtung er-möglichen. Vielfach enthalten die Fragen normative Setzungen, gleicher-maßen zielen sie jedoch auf die Reflexion gängiger Praxis, ohne be-stimmte Standards vorzugeben. Oder sie fordern zur Entwicklung kon-kreter Maßnahmen oder Verfahrensweisen auf, die der Herstellung oderSicherung von Qualität dienen können“ (ebenda, S. 2). Der Landesver-band geht von einem Qualitätsbegriff aus, der im Diskurs der Mitarbeitergemeinsam entwickelt werden kann und nicht festgeschrieben ist. Da-her sind die Fragen so angelegt, dass sie nicht einfach mit „ja“ oder„nein“ beantwortet werden können, sondern ein genaues Nachdenkenüber die Situation vor Ort erfordern. Zwei Beispiele sollen die Vorge-

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hensweise verdeutlichen: „Welche Regelungen für Kommunikation undKooperation mit anderen Einrichtungen gibt es?“ oder: „Wie wird einbürgerfreundlicher Umgangsstil aller Mitarbeiter/innen gewährleistet?“(ebenda, S. 4-5). „Nicht nach dem OB wird also gefragt, sondern nachdem WIE. Unterstellt ist dabei ein normatives Kriterium, sozusagen eineGüteklasse, nämlich die Erreichbarkeit. Die Frage zielt aber auf die Stra-tegien, Handlungen und Verhalten, mit denen die Erreichbarkeit sicher-gestellt, befördert oder optimiert werden soll“ (Heinen-Tenrich 1998, S.21).

Der Landesverband verbindet mit diesem Konzept die Hoffnung,dass die Qualitätsdiskussion unter den Mitarbeitenden der Erwachse-nenbildung zu einem Motivationsschub führt, der durch ein praxisorien-tiertes Instrument unterstützt werden kann und muss, da „auch aus Ak-zeptanzüberlegungen und um der Glaubwürdigkeit willen – recht schnellund konkret alltagsrelevante Veränderungen eintreten und praktisch er-fahrbar werden (müssen). Es gibt einen Erfolgsdruck innerhalb der Ein-richtungen für Qualitätsentwicklung, auch aus Motivationsgründen, dennin der Vergangenheit sind häufig zu viele Veränderungen im Sande ver-laufen“ (ebenda, S. 21). Der Landesverband Niedersachsen setzt mit sei-nem Evaluationsprojekt auf die Mitarbeitenden und deren Sachkenntnisund Motivation, Veränderung zu erzeugen. Es sollen möglichst alle Be-schäftigten einbezogen werden, um eine effektive „selbstgesteuerte Or-ganisationsentwicklung“ (ebenda, S. 21) betreiben zu können.

Kritische WürdigungZum QualitätskonstruktGrundlage für das niedersächsische Selbstevaluationsmodell

sind die in der Erklärung der Mitgliederversammlung der niedersächsi-schen Volkshochschulen festgelegten Qualitätsstandards, die eine klareQualitätsdefinition liefern (vgl. das forum, 4/1995, S. 10) und für alleVolkshochschulen Niedersachsens gelten sollen. Die Qualitätsstandardssind bereits inhaltlich gefüllt. Dies schließt eine konstruktivistische Qua-litätsdefinition unter Einbeziehung der systemrelevanten Akteure aus.

Zum OrganisationssystemIn der Erklärung des Landesverbandes der Volkshochschulen

Niedersachsens, dass Qualität „vom Zusammenwirken und der Kompe-tenz aller in den Volkshochschulen Tätigen und Lernenden lebt“ (das

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forum, 4/1995, S. 10) wird in beschränktem Maß Bezug genommen aufden systemischen Aspekt der Organisation. Allerdings werden lediglichdie Mitarbeitenden und die Kunden der Volkshochschulen einbezogen,während alle anderen Akteure ausgeschlossen bleiben. Dem Aspekt, dasses viele relevante Umwelten gibt, wird keine Aufmerksamkeit geschenkt.

Zur Einbeziehung der Beteiligten als ExpertenDer Fragenkatalog soll nach Aussage des Landesverbandes Nie-

dersachsen dazu dienen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern derVolkshochschulen eine Arbeitshilfe an die Hand zu geben, mit derenUnterstützung sie selbst ihre Einrichtung evaluieren können. Die Blick-richtung des Leitfadens wird damit deutlich: Die Mitarbeitenden sollenihr Expertenwissen nutzen, um die Qualität der Volkshochschule zu stei-gern. Die in vier Bereiche aufgeteilten Qualitätsfragestellungen betref-fen die Einrichtung, das Programm, die Durchführung und den Erfolg.Da die Vorgehensweise prozessorientiert ist und sich nach den Bedürf-nissen der spezifischen Institution vor Ort richten soll, können durchausInformationen und Meinungen von Teilnehmern einbezogen werden.Die wesentlichen Veränderungen sollen jedoch nach diesem Modell ausden Ressourcen der Einrichtung heraus geleistet werden. Jürgen Heinen-Tenrich, der verantwortliche Fachbereichsleiter des Verbandes, beschreibtdie Vorgehensweise exemplarisch folgendermaßen: „Um die praxisori-entierte Bearbeitung einer solchen Frage zu unterstützen, werden Ar-beitsgruppen gebildet, die folgende Aufgabe bekommen: „Stellen Sie fest,wo es ‚hakt‘, wo ein Problem liegt. Formulieren Sie die Ziele für dieLösung des Problems. Entwerfen Sie ein konkretes Arbeitsvorhaben zurUmsetzung einer der Lösungen unter Verwendung der Formel ‚smart‘.Dabei stehen: s für: spezifisch, m für: meßbar, a für: akzeptabel, r für:realistisch, t für: terminiert (Weiterbildungsprojekt Selbstevaluation), le-gen Sie fest, WER, WAS, WANN, WIE, WOMIT macht. Bestimmen SieZeitpunkt und Verfahren, wie die Umsetzung evaluiert (=eva) werdensoll“ (Heinen-Tenrich 1998, S. 21).

Man erkennt eindeutig die Perspektive, die im Mittelpunkt steht:Probleme und Veränderungen werden mit den Augen der VHS-Mitar-beiter betrachtet, eine Perspektivverschränkung der eigenen Betrachtungs-weise mit der anderer Beteiligter findet kaum statt. Diese Umweltenwerden gesehen, jedoch nicht einbezogen. Der Qualitätsentwicklungs-ansatz offenbart sich hier als „Expertenmodell“, das die Experten unterdem hauptamtlichen Personal vermutet und die Experten aus dem Feld

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der Kunden und anderer beteiligter Akteure ausblendet. Über deren Sicht-weise und die daraus resultierenden Wünsche werden lediglich Annah-men getroffen. Eine echte Einbeziehung findet nicht statt.

3.4.2 Verfahren zur wechselseitigen Entwicklungsberatungdes Landesinstituts für Schule und Weiterbildung inNordrhein-Westfalen

DarstellungAm Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in Nordrhein-

Westfalen ist ein neues Verfahren des Qualitätsmanagements entwickeltworden, das insbesondere auch kleineren Institutionen einen kosten-günstigen, wenig bürokratischen Zugang zur Qualitätssicherung ermög-lichen soll. Dieses „Peer-Review“-Verfahren basiert auf der Idee, dassEinrichtungen voneinander lernen und einander unterstützen können.„Mit wechselseitiger Entwicklungsberatung ist ein zeitlich befristeter undthematisch eingegrenzter Beratungsprozess gemeint, der auf Gegensei-tigkeit stattfindet“ (Rogge 1998, S. 2). Voneinander unabhängige Bil-dungseinrichtungen, nicht durch Konkurrenzdruck oder gemeinsameFinanzierung verbunden, sollen Partnerschaften bilden, um sich gegen-seitig in ihrer Qualitätsentwicklung zu helfen. „Struktur- und entwick-lungsähnliche Einrichtungen, die weder nachbarschaftlich kooperierennoch im Wettbewerb zueinander stehen, sich bisher nicht in einemErfahrungsaustausch untereinander befinden und auch nicht durch Kol-legialkontakte beispielsweise in entsprechenden Landesverbändenmiteinander verbunden sind – sich also ‚fremd‘ sind -, bilden Bera-tungspaare“ (ebenda, S. 1). Die Kooperationen werden bei einem Ein-führungsseminar gebildet, in dem auch die Grundlagen des Verfahrenserläutert werden und das Evaluationsdesign festgelegt wird. Im nächs-ten Schritt legen die Mitarbeitenden der Bildungseinrichtungen fest,welche Fragen des Qualitätsmanagements sie gerne geklärt haben möch-ten. Es wird ein Fragenkatalog entwickelt, der den Lösungsbedarf an-zeigt „oder (jeder Partner, d. Autor) definiert Schlüsselsituationen, dienach eigener Bewertung für die zukünftige Entwicklung der Einrich-tung von struktureller Bedeutung sind“ (ebenda, S. 1). Dieser Fragen-katalog geht an die Partnereinrichtung, die nach geeigneter Vorberei-tung die Einrichtung besucht und sie im Hinblick auf deren Qualitäts-entwicklungsbedarf überprüft. „Zur Bearbeitung werden – je nach Fallund Fragestellung – Informationen und Daten geliefert, Recherchemög-lichkeiten bereitgestellt und Erkundungen und Visitationen vereinbart“

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(ebenda, S. 1). Abschließend wird von den Mitarbeitenden ein schriftli-cher Bericht für die Kolleginnen und Kollegen der Partnereinrichtungerstellt, der auch einen Arbeitsvorschlag enthält, „über dessen Annah-me allein der Beratene entscheidet“ (ebenda, S. 1). Der Ansatz, derunter dem Projektnamen „Wechselseitige Entwicklungsberatung“ läuft,will die Kompetenzen und Erfahrungen der Volkshochschulmitarbei-tenden nutzen, um zu signifikanten Qualitätsverbesserungen zu kom-men. Die VHS-Mitarbeitenden sollen als unbeteiligte Beobachter, diegleichwohl Experten in der untersuchten Materie sind, Entwicklungs-möglichkeiten aufzeigen und vermitteln können. Unterstützen soll diebeteiligten Organisationen eine Projektgruppe, die aus Mitarbeitendendes Landesinstituts für Schule und Weiterbildung in Nordrhein-Westfa-len, des Landesverbandes der Volkshochschulen Niedersachsens undexternen Beratern und Moderatoren gebildet wird. Das dezentrale Pro-jekt ist auf ein Jahr begrenzt.

Kritische WürdigungDas Verfahren, institutionell wechselseitige Entwicklungsbera-

tung zu leisten, hat verschiedene positive Aspekte. So wird mit relativgeringem finanziellen und organisatorischen Aufwand ein „Blick vonaußen“ auf eine Bildungsinstitution geworfen, der den Expertenblick derMitarbeitenden ergänzt und somit überraschende und positive Lösungs-ansätze für vorher genau definierte Probleme bringen kann. Hier liegtjedoch auch die Schwäche des Verfahrens: Die Mitarbeitenden selbstdefinieren das Problem, das sie gelöst haben möchten, und fokussierendamit die Arbeit der zugezogenen Experten. Diese Einschränkung ver-hindert ein mögliches „reframing“ (vgl. Bandler/Grinder 1988) des Pro-blems.

Zum QualitätskonstruktIn diesem Modell wird Qualität eindeutig nur durch die Mitar-

beiter/innen der beteiligten Einrichtungen definiert, die im Rahmen desVerfahrens zusammenarbeiten. Es findet keine Einbeziehung andererAkteure statt.

Zum OrganisationssystemDer Systemaspekt wird in diesem Ansatz vernachlässigt. Im

Gegenteil: Es wird auf direkte Übertragbarkeit von Lösungen von einemSystem ins andere gebaut.

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Zur Einbeziehung der Beteiligten als ExpertenEine gravierende Schwäche des Konzepts liegt in der „Exper-

tenperspektive“: Hauptamtliche Mitarbeiter von Bildungsorganisationenlassen sich von hauptamtlichen Mitarbeitern von Bildungsorganisatio-nen beraten. Obwohl Teilnahmevoraussetzung ist, dass die beteiligtenEinrichtungen voneinander unabhängig sein sollen, besteht doch eineVielzahl von gleichen Grundbedingungen, die hauptamtliche Mitarbei-ter in öffentlichen Bildungseinrichtungen gemeinsam erfüllen (z. B. ähn-liche Arbeitsbedingungen, ähnliche öffentliche Förderungsbedingungen,ähnliche Ausbildung etc.). Diese Übereinstimmungen und der Aspekt,dass die Beratung auf Gegenseitigkeit stattfinden soll, erschweren eineunabhängige und somit „rücksichtslose“ Betrachtung und Bewertung.Insbesondere die bei hauptamtlichen pädagogischen Mitarbeitern oftähnliche berufliche Sozialisation und Organisationsperspektive grenztdas Spektrum der zu erwartenden Lösungsvorschläge ein.

Völlig vernachlässigt wird die Einbeziehung anderer systemre-levanter Akteure wie Teilnehmer, Öffentlichkeit oder finanzverantwortli-che Politiker. Eine „Neu- oder Erweiterungskonstruktion“ der Bildungs-organisation in ihrem regionalen oder kommunalen Umfeld kann mitdiesem „Peer-Review“-Ansatz nicht gelingen. Wahrscheinlicher ist, dass„Experten für Weiterbildung“ einen „Know-how“-Transfer arrangieren,der für begrenzte, eher technische Probleme jedoch durchaus hilfreichsein kann.

3.5 Qualität als Konstrukt der systemrelevanten Akteure

Die dargestellten Ansätze haben bei allen Unterschieden eineGemeinsamkeit: Das Qualitätsziel muss bereits vorhanden und bekanntsein, um Qualität entwickeln zu können. Bei den Ansätzen nach ISO9000 ff wird davon ausgegangen, dass über die Prozessqualität die Er-gebnisqualität gesichert werden kann, wie Jörg Knoll im Zusammenhangmit der Zertifizierung des Lehrstuhls für Erwachsenenpädagogik in Leip-zig schreibt: „Die Norm bewertet die festgesetzte, definierte Qualität derHandlungsschritte (= Prozessqualität), wodurch die Qualität der Hand-lungsergebnisse (= Ergebnisqualität) gewährleistet wird“ (Knoll1999, S.176). Oder wie der Leitfaden zum Qualitätsmanagement des DeutschenWirtschaftsdienstes ausführt: „Qualität ist das Ergebnis eines Soll/Ist-Ver-gleiches“ (Wuppertaler Kreis e. V. 1996, S. 19). Bei den Verfahren desTotal Quality Managements gibt es genau festgelegte Bewertungskatego-

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rien (vgl. Kap. 3.2.2), die ebenfalls eine präzise Definition von Qualitätbereits voraussetzen. Hinzu kommt bei den TQM-Ansätzen die Idee,dass Qualität vom Verhalten der beteiligten Personen, insbesondere derFührungskräfte, abhängig ist. Qualität wird in diesen Ansätzen immer ineinem Vergleich mit anderen Anbietern gemessen und orientiert sichletztlich nur an Ergebnissen.

Die speziell für die Weiterbildung entwickelten Ansätze gehenmit Ausnahme des „Peer-Review“-Verfahrens einen Schritt weiter. Eswerden explizit Qualitätskategorien vorgegeben. Bildungsanbieter müs-sen festgelegte Qualitätsstandards wie z. B. „Transparenz des Angebots“(vgl. Informationsmaterial Weiterbildung Hamburg e. V. 1998) erfüllen,um Mitglied im Verein „Weiterbildung Hamburg e. V.“ werden zu kön-nen, und der Hessische Volkshochschulverband empfiehlt ebenfallsQualitätsstandards, die klare Qualitätsdefinitionen enthalten.

Das Qualitätssicherungskonzept des niedersächsischen Volks-hochschulverbandes gibt den Qualitätsbegriff indirekt vor, indem es Fra-gen stellt wie: „Welche Regelungen zur Kommunikation und Kooperati-on mit anderen Einrichtungen gibt es?“ (Landesverband der Volkshoch-schulen Niedersachsens 1997, S. 29). Die Frage unterstellt, dass es wichtigund somit ein Qualitätsziel sei, Kommunikation und Kooperation mitanderen Einrichtungen zu haben. Außerdem wird unterstellt, dass dieMitarbeiter/innen die „Experten für Qualitätsmanagement“ sind, also dieLösung der Probleme bei näherem Hinsehen oder längerem Nachden-ken finden, ganz im Sinne der Idee „The one who does the job knows itbest“ (Heinold-Krug/Claussen 1999, S. 27).

Im Modell der gegenseitigen Entwicklungsberatung des Landes-instituts für Schule und Weiterbildung wird auf das „Expertenmodell“gebaut, es werden aber keine Qualitätsmaßstäbe vorgegeben. Insofernkönnen bei der Arbeit mit dieser Methode durchaus einrichtungsspezifi-sche Qualitäten gefunden werden.

Die wesentliche Unterscheidung all dieser Ansätze zu dem inder vorliegenden Untersuchung dargestellten Ansatz liegt in der Frage„Was ist eigentlich Qualität?“ Diese Frage ist bei den gängigen Quali-tätsmanagementsystemen entweder formal (ISO und TQM) oder inhalt-lich (Hamburger Modell, niedersächsisches Modell, Empfehlungen des

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Hessischen Volkshochschulverbandes) bereits beantwortet, oder es wirdvorausgesetzt, dass die Mitarbeitenden diese Frage beantworten können(„Peer-Review“-Modell). Insofern finden wir derzeit ein Qualitätsmanage-ment auf zwei Ebenen vor:

• Die weiterbildungsspezifischen Modelle zeigen auf, welchegenau definierten Qualitätskategorien sichergestellt werden müs-sen, um eine Gesamtqualität der Institution zu erreichen. Siegehen weiter davon aus, dass Mitarbeitende in Weiterbildungs-einrichtungen „Experten“ in Qualitätsfragen sind und die Qua-lität sicherstellen können (eine Ausnahme bildet das „Peer-Re-view“-Modell, das lediglich auf die These des Expertentums vonWeiterbildungsmitarbeitern setzt).

• In den für die Weiterbildung adaptierten Modellen wird die je-weilige Einrichtung aus einer Beobachterperspektive betrachtetund es wird versucht, über ein prozessorientiertes (ISO) oderein prozess- und ergebnisorientiertes Raster (TQM) Qualität si-cherzustellen.

Die Idee des in dieser Studie vorgelegten Ansatzes ist, auf derBasis eines systemisch-konstruktivistischen Verständnisses noch einenSchritt zurückzugehen und die Beobachtung des Systems zu beobach-ten. Hieraus ergibt sich die Frage nach den relevanten Beobachtern undAkteuren der jeweiligen Weiterbildungseinrichtung und nach derenQualitätsdefinition. Durch Perspektivverschränkung der verschiedenenReferenzgruppen soll ein umfassender Qualitätsbegriff entstehen, der auchAspekte aufnimmt, die nicht vordergründig sichtbar sind, aber das Sys-tem nachhaltig und langfristig beeinflussen können. Insbesondere dieRelevanz der Einbeziehung von politisch Verantwortlichen scheint beiöffentlichen Weiterbildungsträgern noch zu wenig beachtet zu sein.

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4. Befragung systemrelevanter Akteurean der VHS Hochtaunuskreis

Um aus den bisher gewonnenen Erkenntnissen Qualitätskriteri-en entwickeln zu können, soll die Kreisvolkshochschule Hochtaunusexemplarisch betrachtet werden. Hierzu wird eine schriftliche, qualitati-ve Befragung der „systemrelevanten Akteure“ durchgeführt. Die so er-mittelten Kriterien sollen Folgerungen für das Qualitätsmanagement die-ser Organisation ermöglichen (Konstruktion der Organisation) und Hin-weise für eine systemisch-konstruktivistisch orientierte Qualitätsentwick-lung in regional oder kommunal verankerten öffentlichen Bildungsein-richtungen liefern.

4.1 Das empirische Feld: Sammlung subjektiverEinschätzungen

Abgeleitet aus dem theoretischen Bezugsrahmen von Konstruk-tivismus, System- und der Akteurstheorie, ergibt sich die qualitative Vor-gehensweise. Angelegt ist die Untersuchung als Evaluationsforschungs-projekt: „Die qualitative Evaluationsforschung stellt einen Versuch dar,Organisationen durch Information über ihr Tun zu Änderungsprozessenauf einer rationalen Basis anzuregen. Sie tut dies mit einer neuen Inter-pretation von wesentlichen Aspekten der klassischen Evaluationsfor-schung: Danach beschäftigt sich Evaluationsforschung mit der Beurtei-lung der Tätigkeit von Organisationen bzw. der Beurteilung ihrer Projek-te oder Programme. Dies geschieht mit dem Ziel, die Praxis dieser Pro-gramme zu verbessern“ (Kraus 1995, S. 412).

Im Anschluss an die theoretischen Vorüberlegungen wurdenPersonen, die im Systemumfeld der VHS eine Rolle spielen, sogenannte„Stakeholder“ (Bryk 1983), nach ihren subjektiven Einschätzungen undihren individuellen Erwartungen zur Qualität der VHS befragt. Um densubjektiven Eindrücken der Beteiligten genügend Raum zu geben, wur-de ein offener Fragebogen entwickelt. Im Sinne eines „Stakeholder”-Ansatzes soll der Identifizierungsprozess der konkreten Nutzer der Eva-luationsergebnisse in den Vordergrund gestellt werden. Der Ansatz for-

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dert, „dass nicht nur die Entscheidungsträger, sondern auch diejenigen‚Stakeholder‘, die von solchen Entscheidungen betroffen werden, in denEvaluationsprozess mit einzubeziehen sind” (ebenda, S. 412).

Für diese Studie bedeutete das, Teilnehmende, Kursleitende,hauptamtliche Mitarbeitende, Vorstände, Beiratsmitglieder und damitauch die kommunal-politischen Entscheidungsträger (Landrat, Städte- undGemeindevertreter etc.), die in diesen Gremien (Beirat, Vorstand) vertre-ten sind, in die Untersuchung aufzunehmen. Sie alle sind Beobachterund Akteure des Systems, das dargestellt werden soll, um aus den „mul-tiplen Realitäten“ (ebenda, S. 413) der Entscheidungsträger, der Betroffe-nen und Beteiligten Ergebnisse zu gewinnen, „die so kohärent sind, dasssie sich zu Fundierung organisatorischer Entscheidungsprozesse eignen“(ebenda, S. 413). Es sollte eine Studie entstehen, die versucht, die „Rea-litätssicht möglichst vieler Beteiligter adäquat zu repräsentieren, diver-gente Positionen deutlich zu machen und die Basis für Schlussfolgerun-gen und Empfehlungen klar zu benennen“ (ebenda, S. 413).

Das Interesse richtet sich darauf, mehr darüber zu erfahren, wasQualität der Volkshochschule in der „Bezugsregion“5 für Menschen inunterschiedlichen Lebenslagen und Funktionen bedeutet und welcheQualitätserwartungen sie an die Organisation richten. Zielperspektiveist, das Wissen um den Begriff Qualität in Verbindung mit der Volks-hochschule enger zu fassen, Deutungsmöglichkeiten zu erhalten undsomit das „Möglichkeitswissen“ (Tietgens 1992) über die Erwachsenen-bildung und ihre Organisation zu erweitern. Aus den Ergebnissen sollenSchlüsse gezogen werden können, die in konkretes Qualitätsmanage-ment umsetzbar sind. Insofern zielt die Studie nicht auf allgemeine Gül-tigkeit und große Reichweite, sondern sie soll Impulse für eine reflektier-te und innovative Praxis liefern.

Es scheint dem Erforschungsgegenstand angemessen, die Befra-gung mittels eines offenen Fragebogens durchzuführen. Da möglichstviele Beteiligte einbezogen werden sollten, war es im Rahmen dieserUntersuchung nicht möglich, persönliche Interviews durchzuführen. Daaber der Fokus der Untersuchung auf konkrete, umsetzbare Ergebnissezielt, schien eine schriftliche Befragung der „systemrelevanten Akteure“durchaus erfolgversprechend. Um möglichst vielfältige Perspektiven zuerhalten, sollten wenige offene, aber gezielte Fragen gestellt werden.

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Befragt wurden Mitglieder der für die Volkshochschule in ihrem kom-munalen Umfeld wichtigen Referenzgruppen:

• alle hauptberuflichen Mitarbeitenden der VHS• Kursleiter/innen der VHS• langjährige Kursteilnehmende der VHS (dreijährige, regelmäßi-

ge Kursteilnahme und Mitgliedschaft im Bund für Volksbildungals Auswahlkriterien)

• alle Vorstandsmitglieder (ein satzungsgemäßer Vertreter desHochtaunuskreises, ein satzungsgemäßer Vertreter der StadtOberursel, eine von der Mitgliederversammlung gewählte Vor-sitzende, ein von der Mitgliederversammlung gewählter stell-vertretender Vorsitzender, drei von der Mitgliederversammlunggewählte Beisitzer) (vgl. Satzung des Bundes für Volksbildung,Oberursel 1981)

• alle Beiratsmitglieder (sechs Kommunalpolitiker als Vertreter derKommunen und vier hauptberuflich Mitarbeitende gesellschaft-lich relevanter Gruppen, DGB, katholische Kirche, evangeli-sche Kirche, Verband der hessischen Unternehmer) (ebenda).

An den theoretischen Bezugsrahmen des Konstruktivismus an-schließend wurden die Referenzgruppen nach ihrer subjektiven Dimen-sion des Qualitätsbegriffes im Zusammenhang mit der Volkshochschuledes Hochtaunuskreises befragt. Die Antworten konnten sich sowohl aufAspekte der Strukturqualität (Rahmenbedingungen, Ausstattung, materi-elle und personelle Ressourcen etc.), der Prozessqualität („Mit Prozess-qualität sind alle Eigenschaften der Aktivitäten gemeint, die zur Errei-chung eines bestimmten Zieles beitragen,“ [Heiner 1996a, S. 29]) alsauch der Ergebnisqualität (Zufriedenheit der Kunden mit der Dienstleis-tung) beziehen. Da der Begriff „Qualität“ als Konstruktion der Individu-en in Zusammenhang mit der Institution betrachtet wird, scheint es sinn-voll, über seine Definition durch die Befragten und die anschließendePerspektivverschränkung eine systembezogene Annäherung an diese Kon-struktion zu erreichen. Ziel der Befragung war es, durch eine Verschrän-kung der unterschiedlichen Sichtweisen zu Qualitätsbegriffen zu kom-men, die für die untersuchte Einrichtung tauglich sind und konkrete Schrit-te zur Qualitätsentwicklung ermöglichen. Darüber hinaus sollen sichHinweise für eine systemisch-konstruktivistisch orientierte Qualitätsent-wicklung in regional oder kommunal verankerten öffentlichen Bildungs-einrichtungen ergeben.

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4.2 Datenerhebung

Die Frage nach den subjektiven Qualitätsvorstellungen im Zu-sammenhang mit der VHS Hochtaunuskreis ist die eigentliche Forschungs-frage. Um die Teilnehmenden an der Befragung möglichst persönlichanzusprechen, wurde der Fragebogen so konstruiert, dass die Beteilig-ten direkt als Zugehörige ihrer Referenzgruppe einbezogen wurden. Damitsollte auch die Zugehörigkeits-Identität mit der entsprechenden Refe-renzgruppe gefördert werden. Es gibt also sechs verschiedene Fragebö-gen, die sich durch die Anrede unterscheiden („Sie sind Beiratsmitgliedder VHS ...“). Zusätzlich werden die Befragten im Begleitschreiben so-wohl persönlich („Sehr geehrter Herr X“) als auch in ihrer Referenzgrup-penfunktion („als Teilnehmer an VHS Kursen ...“) angesprochen. Diessoll es den Beteiligten erleichtern, aus der Sicht ihrer spezifischen VHS-Zugehörigkeit zu antworten. Unabhängige Variable ist die Zugehörig-keit zu einer Referenzgruppe. Da alle Befragten mit der Volkshochschu-le bereits seit längerem Kontakt hatten, konnten grundlegende Kenntnis-se über diese Institution vorausgesetzt werden. Sollten zur Beantwor-tung einer Frage bei einem/einer Befragten nicht genügend Kenntnissevorhanden sein, so kann dies bereits als Qualitätsproblem (Öffentlich-keitsarbeit, Transparenz der Einrichtung) gedeutet werden.

Da subjektive Qualitätsbegriffe erforscht werden sollen, mussderen emotionale und kognitive Dimension erfasst werden. Um dieemotionale Dimension zu erkennen, lautet die erste Frage: „Wie erlebenSie ‚Ihre‘ VHS?“, die gleichzeitig sehr allgemein gestellt ist, um so einenEinstieg ins Thema zu ermöglichen (Trichtersystem). Die kognitive Di-mension wird durch die Fragen nach den Fakten angesprochen.Insbesondere die dritte Frage: „Welche Angebote sollte ‚Ihre‘ VHS unbe-dingt machen?“ zielt auf diesen Aspekt. Die zweite Frage: „Falls Sie derMeinung sind, dass die VHS Hochtaunuskreis/Oberursel über besonde-re Qualitäten verfügt, welche sind das?“, die vierte Frage: „BeschreibenSie aus Ihrer Sicht als Kursteilnehmer/in (Beiratsmitglied etc.) eine idealeVolkshochschule, welche positiven Merkmale müsste diese Einrichtungunbedingt aufweisen?“, die fünfte Frage: „Wie könnte es gelingen, dassSie mit der Arbeit ‚Ihrer‘ Volkshochschule unzufrieden wären?“ und diesechste Frage: „Wenn Sie der/die Leiter/in der Volkshochschule Hoch-taunuskreis/Oberursel wären, was würden Sie anders machen?“, zielenauf emotionale und kognitive Aspekte von Qualität. Um den subjektiven

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Qualitätsbegriff der Beteiligten umfassend zu erschließen, ist es nötig,ihn auch indirekt und über verschiedene Perspektiven zu erfragen („Ausihrer Sicht als Vorstandsmitglied ...“, „Wenn Sie der Leiter ...“). Dies solldurch Fragen nach der Leitvorstellung („Beschreiben Sie aus ihrer Sichtals Vorstandsmitglied eine ideale Volkshochschule ...“) und nach Unter-schieden geschehen („... was würden Sie anders machen?“ „Wie könntees gelingen, dass Sie [...] unzufrieden wären?“ „Falls Sie der Meinungsind, dass die VHS [...] über besondere Qualitäten verfügt ...“).

Der Verlauf von allgemeinen zu spezifischen Fragen entsprichtder sogenannten „Trichter-Anordnung“. Es handelt sich um Meinungs-fragen, das bedeutet, es sollen Ansichten, nicht Verhaltensweisen abge-fragt werden. Es werden nur offene Fragen gestellt, da es um subjektiveSichtweisen geht, um Auffassungen, die nicht bekannt sind, also nicht inAntwortvorgaben gefasst werden können.

Die Personen, die befragt werden sollten, wurden angeschrie-ben mit der Bitte, den Fragebogen auszufüllen und an die Volkshoch-schule zurückzugeben. Die hauptamtlichen Mitarbeitenden wurden ge-beten, ihre Rückmeldung maschinenschriftlich zu erstellen, um Anony-mität zu gewährleisten. Die Rückläufe waren folgendermaßen:

• Alle 6 hauptberuflichen Mitarbeitenden der VHS, die angefragtwurden, beantworteten die Fragen (100%).

• Von 213 angeschriebenen Kursleiter/innen der VHS beantwor-teten 42 die Fragen (19,7%).

• Von 116 angefragten Kursteilnehmenden der VHS schickten 25ihren Fragebogen ausgefüllt zurück (21,55%).

• Von 16 angefragten politisch Verantwortlichen beantworteten14 Personen die gestellten Fragen (87,5%).

• Insgesamt konnten also 87 von 351 Fragebögen ausgewertetwerden. Von allen angefragten Akteuren beteiligten sich damit24,7%.

4.3 Datenauswertung durch eine qualitative Inhaltsanalyse

Die Auswertung des gewonnenen Materials wurde mit der Tech-nik der zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse vorgenommen.Die Fragebögen wurden tabellarisiert, und in einem ersten Schritt wurdejede Antwort „in eine knappe, nur auf den Inhalt beschränkte, beschrei-

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bende Form umgeschrieben (Paraphrasierung). Dabei werden bereitsnichtinhaltstragende (ausschmückende) Textbestandteile fallengelassen“(Mayring 1997, S. 61). Die Paraphrasen wurden auf eine einheitlicheSprachebene und in eine grammatikalische Kurzform gebracht. Alle Pa-raphrasen, die unter dem angestrebten Abstraktionsniveau lagen, wur-den verallgemeinert. Ein Beispiel:

Frage: Wenn Sie der Leiter/die Leiterin der Volkshochschule wären, was würdenSie anders machen?Antwort: Aufbau des Programmheftes ändern: z. B. Englisch nicht an 10 Stellen imHeft, sondern nur an einer Stelle zusammenfassen und dann erst unterteilen in„Nachhilfe, „Grundstufe“, „Business“ etc.Reduktion und Generalisierung: Übersichtlichkeit des Programmheftes.

Außerdem wurden alle Antworten auch bei negativer Formu-lierung auf das dahinterliegende Qualitätsmerkmal untersucht und posi-tiv interpretiert. Auch hier soll ein Beispiel die Vorgehensweise deutlichmachen:

Frage: Wie könnte es gelingen, dass Sie mit der Arbeit „Ihrer“ Volkshochschuleunzufrieden wären?Antwort: Wenn die Geschäftsführung/das Team sich ob der erfolgreichen Arbeit„satt geworden“ zurücklehnen würde.Generalisierung und positiv gewendetes Qualitätsmerkmal: Engagement.

Alle Antworten wurden also bereits in dieser Phase ohne Rück-griff auf die Fragen, auf die offenen oder verborgenen individuellen Qua-litätsmerkmale hin untersucht. Im nächsten Schritt wurde aus den gefun-denen Qualitätskriterien und den Antworten der Befragten ein individu-eller „Qualitätssatz“ gebildet, der zusammenfassend alle Antworten ein-bezieht, zum Beispiel:

Qualität bedeutet: Angebotsvielfalt, kompetente Kursleiter, gute Öffentlichkeitsar-beit und ansprechende Unterrichtsräume. Wichtig sind bildungs- und gesell-schaftspolitische Angebote, unverzichtbar ist Kunst und Kultur. Die Gebührenmüssen niedrig sein.

Es folgt eine weitere Zusammenfassung mit einem für alle Refe-renzgruppen gleichen Hauptkategoriensystem, das während des anschlie-ßenden Durchgangs erstellt wird. An dem oben genannten Beispiel er-läutert, sieht es so aus:

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Frage: Wie könnte es gelingen, dass Sie mit der Arbeit „Ihrer“ Volkshochschuleunzufrieden wären?Antwort: Wenn die Geschäftsführung/das Team sich ob der erfolgreichen Arbeit„satt geworden“ zurücklehnen würde.Generalisierung und positiv gewendetes Qualitätsmerkmal: Engagement.Im Hauptkategoriensystem: Motivation der Mitarbeitenden.

Nach diesem Schritt stehen die Qualitätskategorien für jede/nBeteiligten fest. Nun wird in einer nächsten Stufe jede Referenzgruppebetrachtet. Die Kategorien werden nach Häufigkeit sortiert und könnenjetzt Aufschluss darüber geben, welche Kategorie in der jeweiligen Refe-renzgruppe wie häufig genannt wurde.

An dieser Stelle wird also ein quantitativer Untersuchungsschritteingebaut, was auch Mayring für sinnvoll erachtet: „Ist die Grundlagedes Instrumentariums der Gegenstandserfassung geschaffen, könnenquantitative Analyseschritte folgen. Das heißt aber auch, dass die Ergeb-nisse quantitativer Analyseschritte wieder zurückgeführt werden müs-sen an ihren Ausgangspunkt. Sie müssen interpretiert werden, auf dievorausgehende Fragestellung bezogen werden“ (Mayring 1997, S. 19).

Aus den mehrfach genannten Kategorien wird für jede Refe-renzgruppe ein neuer Qualitätssatz gebildet, der – das ist der Anspruchder Studie – eine Annäherung an den Qualitätsbegriff aus der Perspekti-ve der jeweiligen Referenzgruppe sein soll und damit innovative institu-tionelle Handlungsmöglichkeiten eröffnet.

82

.

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5. Darstellung und Interpretation derErgebnisse

In diesem Kapitel werden die Befragungsergebnisse zu Quali-tätskategorien zusammengefasst und einem Rating unterzogen. Wo dieAntworten sich auf inhaltliche Angebote der Volkshochschule beziehen,wurden als Kategorien die Programmbereiche des Deutschen Volkshoch-schul-Verbandes verwendet (Politik/Gesellschaft/Umwelt, Kultur/Gestal-ten, Gesundheit, Sprachen, Arbeit/Beruf, Grundbildung/Schulabschlüs-se, vgl. Statistik des Deutschen Volkshochschul-Verbandes 1998). Dieam häufigsten genannten Qualitätsmerkmale jeder Referenzgruppe er-geben den Qualitätssatz. Anschließend werden diese Kategorien inter-pretiert, und in einem weiteren Schritt werden mögliche zugehörigeQualitätsentwicklungsschritte aufgezeigt.

5.1 Qualitätskriterien der Kunden

5.1.1 Ergebnisse der Kundenbefragung

Angebotsvielfalt 14 56%Kompetente Kursleiter/innen 14 56%Angemessene, gut ausgestattete Räume 9 36%Günstige Gebühren 9 36%Angebote im Programmbereich Kultur/Gestalten 7 28%Kundenorientierung 5 20%Angebote im Programmbereich Politik/Gesellschaft/Umwelt 5 20%Angebote für alle Altersgruppen 5 20%Angebote im Programmbereich Arbeit/Beruf 5 20%Angebote im Programmbereich Gesundheit 5 20%Angebote im Programmbereich Sprachen 4 16%Zeitgemäße Angebote 3 12%Hohes Niveau der Kurse 3 12%Angebote für Frauen 3 12%

Qualitätskriterium

Häufigkeit derNennungen

in %der Befragten

Häufigkeit derNennungen

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Qualität bedeutet aus der Sicht der Kunden der VHS Hochtaunu-skreis: Angebotsvielfalt, kompetente Kursleiter/innen, günstige Gebüh-ren und angemessene, gut ausgestattete Räume. Ein wichtiger Pogramm-bereich ist Kultur/Gestalten.

5.1.2 Interpretation der KundenperspektiveAuffällig und unterschiedlich zu den Ergebnissen der anderen

Referenzgruppen ist insbesondere die Qualitätskategorie „KompetenteKursleiter/innen“, die eine hohe Ausprägung hat. Sie hat zum einen eineemotionale Dimension, die mit einer Bindung der Teilnehmenden anKursleiter/innen gerade bei langjährigen Kursen entsteht, klar nachvoll-ziehbar daran, dass solche Kurse bei Leitungswechsel häufig viele Teil-nehmende verlieren (vgl. Geschäftsbericht VHS Hochtaunuskreis 1997,1998). Dies scheint auch nicht abhängig von einer professionellen, di-daktischen und methodischen Qualifikation zu sein, eher kann hier je-ner Aspekt eine Rolle spielen, den Siebert beschreibt als „den charisma-tischen, begeisterungsfähigen Dozenten mit unverwechselbarer persön-licher Ausstrahlung“ (Siebert 1996, S. 3), worauf etwa folgende Aussagehinweist: „Kunstgeschichte à la Dr. Rüb. Geschichte, Archäologie, Rei-sen à la Dr. Rüb“ (Kunden/S. 8/Frage 3)6 .

Zum anderen gibt es eine kognitive Dimension. Es findet eineZuschreibung von Kompetenz oder Qualifikation auf fachlicher, didakti-scher und methodischer Ebene statt. Hier findet sich ein Qualitätsan-spruch an die Volkshochschule bezüglich der Auswahl der Kursleiter/innen, der auf das Bedürfnis verweist, in Volkhochschulkursen Lerner-gebnisse zu erzielen, sich weiterzubilden. Auf die Frage: „Wie könnte esgelingen, dass Sie mit der Arbeit ‚Ihrer‘ Volkshochschule unzufriedenwären?“, lauten Teilnehmendenantworten zum Beispiel: „Langweilige,im Umgang mit Menschen ungeschickte Dozenten. Oberflächliche oderspießige Inhalte. Wissenschaftliche Sprache. Methodisch nicht geglie-derte Unterrichtseinheiten“ (Kunden/S. 5/Frage 5). Oder: „Dies könnteauftreten bei unfähigen Dozenten, unzureichendem Lehrprogramm. Beischleppenden Lehrstunden würde ich wegen Langeweile wegbleiben“(Kunden/S. 20/Frage 5).

Die Ansprüche an die Kompetenz der Kursleiter steigen mögli-cherweise auch mit dem wachsenden Anteil von Kompaktkursen (vgl.Angebot VHS Hochtaunuskreis, Frühjahrssemester 1994, Frühjahrsse-mester 2000) und dem überall rasant wachsenden Angebot des Pro-

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grammbereichs Arbeit/Beruf (Volkshochschulstatistik 1998, S. 21, Zu-nahme der Unterrichtsstunden im Bereich Arbeit/Beruf von 1997 auf 1998um 10,2%).

Auch die starke Ausprägung der Kategorie „Angemessene, gutausgestattete Unterrichtsräume“ weist auf diese Zusammenhänge hin. InKursen, zu denen man sich nur für ein Wochenende oder für eine Wo-che trifft, könnte der Aspekt der Raumatmosphäre wichtig sein, denn„Seminarräume repräsentieren einen heimlichen Lehrplan“ (Siebert 1996,S. 214). Ist ein EDV-Raum mit den neuesten Geräten und der zugehöri-gen Software ausgerüstet, steht im Rhetorik-Kurs eine Videokamera zurVerfügung, kann man nach der Gymnastik duschen? Auch bei einerumfassenden Teilnehmerbefragung, die an der Volkshochschule Hoch-taunuskreis durchgeführt wurde (vgl. Teilnehmerbefragung VHS Hoch-taunuskreis 1998, Archiv VHS Hochtaunuskreis), wurde die Qualität derRaumausstattung signifikant häufig lobend oder tadelnd erwähnt, ohnedass explizit danach gefragt wurde.

Ein weiterer wichtiger Qualitätsaspekt ist die Höhe der Gebüh-ren. Ein Unterscheidungsmerkmal der öffentlichen Weiterbildung vonprivaten Einrichtungen war von jeher der Anspruch, Weiterbildung an-zubieten, die für alle Bürgerinnen und Bürger bezahlbar ist oder, wie esder Hessische Volkshochschulverband in seinem Leitbild ausführt: „DieVolkshochschule ist für alle da und von jedem und überall erreichbar(…). Die Volkshochschule vereint Pädagogik, soziale Verpflichtung undWirtschaftlichkeit“ (Leitbild der Volkshochschulen in Hessen, Stand Sep-tember 1999, S. 3). Diesen Anspruch fordern die Kunden der Volkshoch-schule ein: „Die ideale VHS ist eine Einrichtung, die Menschen allerAltergruppen, beiderlei Geschlechts, jeglicher Herkunft sofort einfällt,wenn sie sich (...) weiterbilden wollen, ohne dafür allzu viel zahlen (...)zu müssen“ (Kunden/S. 15/Frage 4).

5.2 Qualitätskriterien der Kursleitenden

5.2.1 Ergebnisse der Befragung der KursleitendenQualität bedeutet aus der Perspektive der Kursleiter/innen der

VHS Hochtaunuskreis: Angebotsvielfalt, Angebote für alle Altersgrup-pen, gute Kommunikation zwischen den hauptamtlichen Mitarbeiten-den der Volkshochschule und den Kursleitenden, Kommunikationsmög-

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lichkeiten untereinander, eine funktionierende, flexible Organisation undKundenorientierung.

5.2.2 Interpretation der KursleitendenperspektiveSignifikanter Unterscheidungspunkt der Dozentenperspektive

von der der anderen Akteure ist der direkt benannte Kommunikationsas-pekt. Insbesondere dem Kontakt zu den hauptamtlichen Mitarbeiternscheint eine Schlüsselfunktion zuzukommen: „Mein Fachbereichsleiterist meine primäre Kontaktperson. Ich empfinde ihn als Repräsentanten‚meiner‘ VHS“ (Kursleitende/S. 22/Frage 1), oder als Antwort auf die Fra-ge „Wie könnte es gelingen, dass Sie mit der Arbeit ‚Ihrer‘ Volkshoch-schule unzufrieden wären?“: „Wenn der Kontakt zwischen Verwaltungund Dozenten immer geringer würde. (...) Wenn die persönlichen Kon-taktmöglichkeiten fehlten“ (Kursleitende/S. 25/Frage 5).

Auch Lothar Arabin weist in seiner repräsentativen Studie „Un-terrichtende an hessischen Volkshochschulen“ (Arabin 1996) auf diesenAspekt hin. Er stellt fest: „Es muss zum Nachdenken anregen, wenn nur27% aller Befragten angeben, sie hätten häufiger oder sehr oft einen

Angebotsvielfalt 25 60%Gute Kommunikation zwischen den hauptamtlichen Mitarbeitenden und den Kursleitenden 22 52%Funktionierende, flexible Organisation 17 40%Angebote für alle Altersgruppen 15 36%Kundenorientierung 13 31%Angebote im Programmbereich Arbeit/Beruf 11 26%Angemessene, gut ausgestattete Räume 10 24%Angebote im Programmbereich Kultur/Gestalten 10 24%Öffentlichkeitsarbeit 9 21%Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Kursleitenden 9 21%Angemessene Bezahlung der Kursleitenden 8 19%Fortbildung für Kursleiter/innen 8 19%Günstige Gebühren 7 17%Angebote im Programmbereich Sprachen 7 17%

Qualitätskriterium

Häufigkeit derNennungen

in %der Befragten

Häufigkeit derNennungen

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Erfahrungsaustausch oder längere Gespräche mit der Fachbereichslei-tung“ (ebenda, S. 113). Er konstatiert: „Es wird deutlich, dass die Mehr-zahl der Kursleiterinnen und Kursleiter sich in ihrer Arbeit sich selbstüberlassen fühlt“ (ebenda, S. 113). Da die Volkshochschule Unterrichtund Seminare an vielen verstreut liegenden Orten der Region anbietet,kann die Identifikation mit der Einrichtung nicht über Orte, wie sie beieiner Schule eventuell von Lehrerzimmern repräsentiert werden, oderdurch den täglichen Umgang mit Kolleginnen und Kollegen erreicht,sondern muss durch Kommunikationsmöglichkeiten und -angebote ver-mittelt werden. So beantwortet eine Dozentin die Frage „BeschreibenSie aus Ihrer Sicht als Kursleiter/in eine ideale Volkshochschule, welchepositiven Merkmale müsste diese Einrichtung unbedingt aufweisen?“folgendermaßen: „Ich möchte auch als Dozentin eine gewisse Betreu-ung durch die VHS. Z. B. Bibliothek, Austausch mit anderen Dozenten,Weiterbildungsmaßnahmen, allgemein und fachspezifische Informatio-nen, Würdigung und Anerkennung meiner Arbeit“ (Kursleitende/S. 5/Frage 4).

Auf hohen Kommunikationsbedarf weist auch die mehrfacheNennung der Qualitätskategorie „Möglichkeiten der Kommunikationzwischen den Kursleitenden“ hin: „Ich vermisse schon jetzt die früherregelmäßigen Treffen der Altenkreisleiter. Der Austausch war sehr hilf-reich“ (Kursleitende/S. 25/Frage 5), oder der Wunsch: „Zusammenkunftder Dozenten 1x im Jahr, um über Verbesserungen, Probleme oder Vor-schläge oder vorgesehene Veränderungen von Seiten der VHS zu re-den“ (Kursleitende/S. 28/Frage 6).

Auch dazu soll noch einmal auf die Studie von Arabin verwie-sen werden, der die Frage stellte: „Sind Ihnen andere KL an Ihrer oder ananderen Volkshochschulen näher (d. h. nicht nur vom Sehen) bekannt?“und die Antworten so darstellt: „Drei Viertel aller kennen entwederüberhaupt keine oder nur sehr wenige andere Kursleiterinnen und Kurs-leiter, arbeiten also im wesentlichen vereinzelt“ (Arabin 1996, S. 110).

Dass die Kategorie „Funktionierende, flexible Organisation“ beiden Kursleitenden ausgeprägt ist, verwundert nicht, da diese Referenz-gruppe die Auswirkungen mit am stärksten spürt. Ob der Unterrichts-raum aufgeschlossen, die Teilnehmendenliste korrekt oder der Overhead-projektor defekt ist und wie z. B. die Information, dass kurzfristig der

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Unterrichtsort gewechselt werden muss, die Teilnehmenden erreicht, alldas beeinflusst die Arbeit der Dozentinnen und Dozenten direkt underweist sich als Schnittstelle zwischen Erwachsenenbildungsorganisati-on und -lehre:

„Primär freue ich mich, dass ich meine Kurse halten kann, aberals Manko erlebe ich das Kopieren (...). Da meine Stunden und meinWohnort örtlich und räumlich von dem günstigen VHS-Kopierer getrenntsind, verliere ich im Durchschnitt pro Woche 1/2 Tag“ (Kursleitende/S.20/Frage 1). Dies illustriert auch die Aussage einer anderen Dozentindarüber, wie sie die Volkshochschule erlebt: „Als eine Art Service-Insti-tution für meine Kursteilnehmer und mich, – sie spart mir viel Mühe undVerwaltungsarbeit und ich kann mich ganz auf den Unterricht konzent-rieren“ (Kursleitende/S. 32/Frage 1).

5.3 Qualitätskriterien der hauptamtlichen Mitarbeitenden

5.3.1 Ergebnisse der Befragung der hauptamtlichenMitarbeitenden

Kundenorientierung 6 100%Angebotsvielfalt 5 83%Motivierte Mitarbeiter/innen 5 83%Funktionierende, flexible Organisation 4 67%Kooperative Teamarbeit 4 67%Angebote im Programmbereich Politik/Gesellschaft/Umwelt 3 50%Angemessene, gut ausgestattete Räume 3 50%Kompetente Mitarbeiter/innen 3 50%Effizienz 3 50%Angebote für alle Altersgruppen 2 33%Innovationsfähigkeit 2 33%Gemeinsame Zielvorstellungen 2 33%Öffentliche Anerkennung 2 33%Politische Anerkennung 2 33%Zeit zur Reflexion der Arbeit 2 33%

Qualitätskriterium

Häufigkeit derNennungen

in %der Befragten

Häufigkeit derNennungen

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Qualität bedeutet aus der Perspektive der hauptamtlichen Mit-arbeitenden der Volkshochschule Hochtaunuskreis: Kundenorientierung,Angebotsvielfalt, Motivation der Mitarbeiter/innen, kooperative Teamar-beit und eine funktionierende, flexible Organisation.

5.3.2 Interpretation der Perspektive der hauptamtlichenMitarbeitenden

Die Qualitätskategorie „Kundenorientierung“ steht bei denhauptamtlichen Mitarbeitenden der Volkshochschule Hochtaunuskreisan erster Stelle. Sie wurde von allen Mitarbeitenden genannt. Dies könn-te zwei Gründe haben: Erstens: Die Volkshochschule muss seit ihremBestehen mit niedrigen Zuschüssen auskommen und hat somit traditio-nell eine starke Abhängigkeit von den Gebühreneinnahmen (vgl. Statis-tik des Hessischen Volkshochschulverbandes, Anteil der Teilnehmerge-bühren der VHS Hochtaunuskreis am Gesamtetat in 1998 = 65,8%, Bun-desdurchschnitt = 38%). Zweitens: An der Volkshochschule läuft bereitsseit 1994 ein selbstgesteuerter Organisations- und Qualitätsentwicklungs-prozess, der zu verstärkter Kundenorientierung geführt hat (vgl. Proto-kolle der „Reflexionstage“ der VHS Hochtaunuskreis, 1994-1999). Diesspiegelt sich auch in den Antworten: „Die VHS bietet einen guten undflexiblen Service. Die Angebote sind immer aktuell, sowohl in den Frei-zeitbereichen als auch in der Weiterbildung. Durch das flächendecken-de Feedback-Verfahren ist sie gut über den Stand der Dinge informiertund reagiert relativ prompt“ (Hauptamtliche Mitarbeitende/S. 3/Frage 2).

Die Motivation der Mitarbeiter/innen als Kategorie von Quali-tät weist ebenso wie der Aspekt „Kooperative Teamarbeit“ auf den Kom-munikationsaspekt von Arbeit hin, auf die Frage nach der Entstehung derMotivation, auf die Arbeitsbedingungen, auf hierarchische Fragen undauf die Identifikation mit der Volkshochschule. Auf die Frage, „Wie könntees gelingen, dass Sie mit der Arbeit ‚Ihrer‘ Volkshochschule unzufriedenwären?“ antwortete ein/e Mitarbeitende/r: „Wenn Bedingungen einträ-fen, die aus unserem kooperativen Team einen Haufen heftig konkurrie-rende Fachbereichsleiter/Verwaltungsmitarbeiter/innen machen würden“(Hauptamtliche Mitarbeitende/S. 2/Frage 5).

Ein/e andere/r Mitarbeitende/r antwortet auf die Frage: „FallsSie der Meinung sind, dass die VHS Hochtaunuskreis/Oberursel überbesondere Qualitäten verfügt, welche sind das?“: „Die hohe Motivation

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der KollegInnen für die Arbeit der VHS, die eine sich gegenseitig verstär-kende Dynamik auslöst und ein hohes Maß an sog. corporate identity“(Hauptamtliche Mitarbeitende/S. 5/Frage 2).

Dies gilt auch für den Aspekt „Funktionierende, flexible Orga-nisation“. Auffällig ist, dass die Mitarbeitenden als Hauptaspekte in ho-her Übereinstimmung Kategorien benennen und ausführen, die sie alsumgesetzt betrachten bzw. an deren Umsetzung sie arbeiten. Auch dasdeutet auf eine starke Identifikation mit gemeinsamen Werten und Zie-len hin: „Immer in Bewegung, immer auf der Suche nach Neuem, Ande-rem, mehr; sehr integrationsfähig in Bezug auf neue Mitarbeiter/innen,neue Angebote, neue Arbeitsstrukturen; getragen von einem sehr moti-vierten, ideenreichen Team...“ (Hauptamtliche Mitarbeitende/S. 1/Fra-ge1).

5.4 Qualitätskriterien der politisch Verantwortlichen

5.4.1 Ergebnisse der Befragung der politischVerantwortlichenQualität bedeutet aus der Perspektive der politisch Ver-

antwortlichen der Volkshochschule Hochtaunuskreis: Angebotsvielfaltund Angebote für alle Altersgruppen, Kundenorientierung, Wirtschaft-lichkeit und gute Öffentlichkeitsarbeit. Wichtige Programmangebotsbe-reiche sind Arbeit/Beruf und Politik/Gesellschaft/Umwelt. Offensichtlichist, dass sich in dieser Gruppe die größten individuellen Unterschiede inden Qualitätsvorstellungen zeigen.

5.4.2 Interpretation der Perspektive der politischVerantwortlichen

Am auffälligsten ist, dass bei den befragten politischen Entschei-dungsträgern im Verhältnis zu den anderen Referenzgruppen nur weni-ge Übereinstimmungen in den Qualitätskategorien festgestellt werdenkonnten. Verhältnismäßig häufige Nennungen finden sich für die Ange-botsbereiche Arbeit/Beruf und Politik/Gesellschaft/Umwelt. Insbesonderedie EDV wird in Zusammenhang mit gesellschaftlichen Entwicklungenals wichtig erachtet: „Noch mehr zukunftsorientierte Angebote (Techno-logien/Medien), die erfahrungsgemäß Jugendliche sehr interessieren undderen Vermittlung und Beherrschung mehr und mehr erlernt werdenmuss“ (Politisch Verantwortliche/S. 1/Frage 3), oder: „Kein Haushalt wird

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in der nahen Zukunft ohne zusätzliche elektronische Einrichtungen aus-kommen. Besonders viele ältere Bürger, aber auch nicht berufstätige Frau-en und Mütter benötigen hier Einstiegshilfen zur Nutzung von EDV, In-ternet usw.“ (Politisch Verantwortliche/S. 2/Frage 3).

Insgesamt scheint bei dieser Referenzgruppe der Blick auf dieOrganisation distanzierter und allgemeiner als bei den anderen system-relevanten Akteuren. Dies zeigt sich auch daran, dass Angebote, wieoben beschrieben, in einen gesellschaftlichen Zusammenhang gebrachtwerden, und an generalisierenden Aussagen, wie z. B.: „Vielfalt vonAngeboten spiegelt umfassenden Bildungsauftrag wider“ (Politisch Ver-antwortliche/S. 11/Frage 1), oder: „Ausgewogenheit zwischen breitemAngebot (auch solchem, das nicht ‚populär‘ ist) und Wirtschaftlichkeit“(Politisch Verantwortliche/S. 12/Frage 4). Diese Distanz weist auch auf

Angebote im Programmbereich Arbeit/Beruf 8 57%Angebotsvielfalt 7 50%Kundenorientierung 6 43%Angebote für alle Altersgruppen 5 36%Angebote im Programmbereich Politik/Gesellschaft/Umwelt 5 36%Öffentlichkeitsarbeit 4 29%Wirtschaftlichkeit 4 29%Angemessene, gut ausgestattete Räume 3 21%Günstige Gebühren 3 21%Angebote im Programmbereich Sprachen 3 21%Motivierte Mitarbeiter/innen 3 21%Innovationsfähigkeit 3 21%Kompetente Kursleiter/innen 3 21%Unabhängigkeit, Neutralität 3 21%Qualitätsentwicklung 3 21%Angebote für Senioren 3 21%Funktionierende, flexible Organisation 2 14%Zeitgemäße Angebote 2 14%Kompetente Mitarbeiter/innen 2 14%Angebote für Frauen 2 14%

Qualitätskriterium

Häufigkeit derNennungen

in %der Befragten

Häufigkeit derNennungen

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eine weniger ausgeprägte emotionale Bindung an die VHS hin, als diesbei den anderen Akteursgruppen anklingt.

5.5 Gemeinsame Qualitätskriterien der befragtenReferenzgruppen

Alle Referenzgruppen haben das Qualitätskriterium „Angebots-vielfalt“ am häufigsten (Kursteilnehmende, Kursleitende, politische Ent-scheidungsträger) oder am zweithäufigsten (Mitarbeitende) genannt. DieMöglichkeit, auszuwählen, sein individuelles Angebot zu finden, ist dem-nach die mit Abstand wichtigste Qualitätskategorie.

Häufig wurde die Kategorie auch in Verbindung mit „Angebotefür alle Altersgruppen“ genannt. Letztere Kategorie ist eine traditionelleBesonderheit der untersuchten Volkshochschule, die mit ihrem „Kon-zept des lebenslangen Lernens“ (vgl. Pädagogisches Konzept der Volks-hochschule Oberursel 1978) zusammenhängt. Dieses Konzept scheintbei den Beteiligten durchaus verankert: „Die Oberurseler VHS hat einumfangreiches, interessant wechselndes Angebot für jeden Schüler, vomKind bis zum Senior“ (Kunden/S. 20/Frage 2), oder: „Die VHS sehe ichheute als Institution, die sich mit Themen und Aufgaben befassen sollte,die von Kindesalter bis zur Seniorenzeit die Menschen erreichen“ (Poli-tisch Verantwortliche/S. 2/Frage 4), oder: „Angebote von der Wiege biszur Bahre, wie bereits vorhanden. Wichtig finde ich auch die Jugend-VHS. Das sind die künftigen Teilnehmer ...“ (Kursleitende/S. 25/Frage 3).

Auch Ekkehard Nuissl nennt in einem Aufsatz zur pädagogi-schen Qualität die Angebotsvielfalt als wichtige Kategorie: „Die breiteAngebotspalette gilt in vielen Volkshochschulen, die als kommunale Ein-richtungen der Weiterbildung schlechthin agieren, als ein institutionel-les Qualitätsmerkmal. Aus der Sicht der Teilnehmenden ist dies der As-pekt der generellen Zuständigkeit der Institution, der früher zum synony-men Gebrauch der Begriffe ‚Volkshochschule‘ und Erwachsenenbildunggeführt hatte“ (Nuissl 1993, S. 105).

93

6. Folgerungen für das Qualitäts-management der VHS Hochtaunuskreis

In diesem Kapitel werden aus den Ergebnissen der Studie kon-krete, praxisorientierte Folgerungen für die Qualitätssicherung und dieweitere Qualitätsentwicklung der Volkshochschule Hochtaunuskreis dar-gelegt. Es werden sowohl Instrumente aufgezeigt, die erst in Kenntnisder Ergebnisse der Befragung entwickelt wurden als auch solche, die imLauf des Qualitätsmanagementprozesses der letzten sechs Jahre entstan-den sind.

6.1 Die Qualitätskategorien „Angebotsvielfalt“ und„Angebote für alle Altersgruppen“

Wie ausgeführt, kommt dem Aspekt eines breit gefächerten An-gebotes große Bedeutung zu. Da die Zahl der hauptamtlichen Mitarbei-ter/innen in Hessen durch das Volkshochschulgesetz geregelt wird, in-dem Zuschüsse als Personalkostenzuschüsse bezahlt werden, diewiederum von der Einwohnerzahl des Zuständigkeitsgebietes abhängigsind (vgl. Richtlinien des hessischen Volkshochschulgesetzes, Fassung vom11.03.1988), kann Qualitätsentwicklung in diesem Bereich vor allem durchverstärkte Kooperationen mit anderen Einrichtungen erfolgen.

Insbesondere die Zusammenarbeit mit Schulen, Jugendzentrenund Senioreneinrichtungen gewinnt im Zusammenhang eines Konzepts„Lebenslanges Lernen“ Bedeutung. Eine Vernetzung von Programmenmit anderen Trägern, die auch inhaltlich andere Schwerpunkte setzen,kann eine Erweiterung des Angebots und zusätzlich neue Zielgruppenerbringen, ohne die personellen Ressourcen zu erhöhen. Auf der Jahres-konferenz der regional arbeitenden Volkshochschulen 1997 in Konstanzwurden folgende Voraussetzungen für Kooperation dargelegt:

• „Sie muss von Menschen, die innerlich dazu bereit sind, betrie-ben werden;

• sie setzt Freiwilligkeit, grundsätzliche Offenheit der Partner undgegenseitiges Interesse ohne hierarchische Ansprüche voraus;

• geeignete interne institutionelle Strukturen (...) müssen vorhan-den sein;

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• sie verlangt ein Mehr an Zeit und Geld und in der Regel auchhauptberufliche Mitarbeiter für umfangreiche Planungs- und Vor-bereitungsarbeiten“ (DIE 1997, ohne Seitenangabe).

Abschließend wird in dem Bericht angefügt, dass „den zukünf-tigen Herausforderungen, vor allem in finanzieller Hinsicht, nur durchverstärkte Kooperation und der dadurch bewirkten gemeinsamen Stär-kung begegnet werden kann“ (ebenda, ohne Seitenangabe).

Dem Ergebnis der vorliegenden Studie folgend, dass Angebots-vielfalt das wichtigste gemeinsame Qualitätskriterium aller Referenzgrup-pen ist, wirkt die Volkshochschule Hochtaunuskreis im Jahr 2000 erstmalsan den bundesweiten Aktivitäten zum Lernfest mit:

• Es ist geplant, federführend eine kreisweite Aktion zu initiieren,bei der alle gemeinnützigen Bildungs- und Kulturträger mitwir-ken und sich vorstellen können. So sollen unter dem Dach desLernfestes am 8. und 9. September 2000 möglichst viele öffent-liche Präsentationen dezentral durchgeführt und durch ein ge-meinsames Programmheft kooperativ vermarktet werden. DieHerstellung von Medien- und Öffentlichkeitsinteresse ist einwesentlicher Grundgedanke des gemeinsamen Lernfestes.Ebenso wichtig scheint es, unterschiedliche, teilweise konkur-rierende Institutionen zusammenzuführen, um so die Basis fürkünftige weiterführende Kooperationen zu bilden. Bereits derersten Einladung zu einem Planungstreffen, durchgeführt am24.02.2000, folgten 32 Organisationen. Es zeigte sich bei die-sem und dem folgenden Treffen, dass auch Institutionen, dievorher keinen Kontakt hatten, sehr schnell miteinander ins Ge-spräch kamen und zum Teil bereits gemeinsame Aktionen fürdas Lernfest anstrebten (So plant etwa die Lutherische Theolo-gische Hochschule gemeinsam mit der Gesellschaft für christ-lich-jüdische Zusammenarbeit in Oberursel eine Führung durchden jüdischen Friedhof, bei der eine Inschrift aus dem Hebräi-schen übersetzt werden soll. Verbunden wird dies mit einemVortrag über jüdische Rituale und Bräuche.). Es ist vorgesehen,über das Lernfest einen großen Kreis von Kooperationspartnernzu erschließen, die gemeinsam ein wesentlich größeres Ange-bot an Bildungsveranstaltungen realisieren können, als dies ei-ner einzelnen Einrichtung möglich ist (vgl. Protokolle der Dienst-

95

besprechung der VHS Hochtaunuskreis am 19.01. 2000 und16.03.2000, Archiv der VHS Hochtaunuskreis).

6.2 Die Qualitätskategorie „Kompetenz der Kursleitenden“

Die Forderung nach „kompetenten“ Dozenten steht in Gegen-satz zu der – wie Siebert schreibt – weitverbreiteten Auffassung, „dass esin der Erwachsenenbildung vor allem auf die Sachkompetenz der Leh-renden ankommt – ergänzt durch eine allgemeine Menschenkenntnisund ein ‚Fingerspitzengefühl‘ im Umgang mit erwachsenen Teilnehmer/innen“ (Siebert 1996, S. 12). In seinen weiteren Ausführungen stellt erfest: „Neuerdings mehren sich jedoch die Anzeichen dafür, dass dieQualität der Bildungsarbeit durch die Vernachlässigung einer didakti-schen Kompetenz beeinträchtigt wird“ (ebenda, S. 12). Insbesonderewenn, wie bereits ausgeführt, die Vielfalt der Veranstaltungsformen zu-nimmt, muss der Unterrichtsdidaktik im Sinne einer erhöhten Professio-nalität größeres Interesse gewidmet werden. Auch der Methodenkennt-nis und dem Umgang mit Unterrichtsmedien hat größere Aufmerksam-keit zu gelten, insbesondere, weil die wenigsten Kursleitenden über eineerwachsenenpädagogische Ausbildung verfügen. „Mehr als die Hälfteder Kursleiter/innen in Volkshochschulen sind Lehrer/innen“(ebenda, S.11). Ihre Ausbildung und Berufspraxis bezieht sich meist auf die Arbeitmit Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Schulwesen. Die Aufga-ben und Anforderungen unterscheiden sich wesentlich von denen derErwachsenenbildung.

Von daher ist es eine wichtige Aufgabe der Volkshochschule,ihren Kursleitern die Möglichkeit zu eröffnen, die Institution, ihren Bil-dungsauftrag, ihren Bildungsbegriff, die Erwartungen der Leitung etc.kennen zu lernen. Eine gute Chance dafür besteht in der Einrichtung vonEinführungsseminaren für neue Kursleitende oder anderen innerbetrieb-lichen Formen der Begleitung der Lehrkräfte insbesondere in der An-fangsphase ihrer Tätigkeit an der Volkshochschule.

• An der Volkshochschule Hochtaunuskreis werden seit demHerbstsemester 1998 alle neuen Kursleitenden eingeladen, aneinem solchen Seminar teilzunehmen. Etwa 40% der angeschrie-benen Dozenten besuchen diese Veranstaltung und werden überdie Hintergründe der VHS-Arbeit aufgeklärt, lernen die Struktu-ren der örtlichen Volkshochschule kennen und können bereits

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erste Unterrichtserfahrungen austauschen (vgl. Programme derVHS Hochtaunuskreis, Herbstsemester 1998 bis Frühjahrssemes-ter 2000, Archiv der VHS Hochtaunuskreis).

Ein wichtiges Instrument zur Erhöhung der pädagogischen, di-daktischen und methodischen Kompetenz ist die systematische Fortbil-dung der Kursleitenden. Auch in diesem Feld muss die Bildungseinrich-tung bereits zu Beginn der Lehrtätigkeit einer Dozentin oder eines Do-zenten den Anspruch regelmäßiger Fortbildungen stellen und unterstüt-zen, sei es finanziell oder durch eigene Angebote, denn wie Siebertempirisch nachgewiesen hat, „nimmt die Bereitschaft zur Teilnahme anerwachsenenpädagogischen Fortbildungsseminaren mit zunehmendemDienstalter deutlich ab“ (Siebert 1996, S. 3).

• Die Volkshochschule Hochtaunuskreis bietet seit 1995 jedesSemester Seminare zu erwachsenenpädagogischen Themen,insbesondere zur Didaktik und Methodik andragogischen Han-delns, für ihre Kursleitenden an, die für die Teilnehmenden kos-tenlos sind (vgl. Programme der VHS Hochtaunuskreis, Früh-jahrssemester 1995 bis Herbstsemester 1999, Archiv der VHSHochtaunuskreis).

Gleichzeitig benötigt die Volkshochschule ein dynamisches Kun-den- oder Teilnehmerverständnis, das die Notwendigkeit der aktiven Mit-arbeit und Mitgestaltung von Kursen und Seminaren durch die Teilneh-menden verdeutlicht. Jörg Knolls Beschreibung einer universitären ISO-Zertifizierung ist durchaus auf die öffentliche Weiterbildung übertrag-bar: „Interessant wird es, wenn wir an ein Verständnis von Produkt imSinne von Ergebnis denken, also z. B. an den Lern- oder Studienerfolg.Dieses ‚Produkt‘ kann nicht entstehen ohne Mitwirken des Teilnehmers/der Teilnehmerin bzw. des ‚Kunden‘. Er bzw. sie muß mittun, um etwaszu wissen, zu können, sich zu verändern, d. h. zu lernen“ (Knoll 1999, S.175). Dieses Verständnis muss über verschiedene Wege „kommuniziert“werden, so dass die Kunden ein solches Verständnis ebenso erwerbenkönnen wie die Dozenten. Da diese Kommunikation im Wesentlichenüber die Kursleitenden möglich ist, zeigt sich an der Stelle noch einmaldie Notwendigkeit von regelmäßigen Kontakten und Austausch mit haupt-amtlichen Mitarbeitenden und Fortbildungen der Dozenten.

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6.3 Die Qualitätskategorie „Günstige Gebühren“

Den Qualitätsaspekt „Günstige Gebühren“ sicherzustellen, dendie Kunden der Volkshochschule einfordern, ist einerseits Aufgabe derPolitik, die entscheiden muss, ob öffentliche Weiterbildung eine wichti-ge gesellschaftliche Aufgabe bleiben soll, und diese dann entsprechendfinanziell ausstatten muss, und es ist auf der anderen Seite eine Manage-mentaufgabe der Bildungseinrichtungen selbst, sich entsprechendes be-triebswirtschaftliches und organisationales Know-how anzueignen, umwirtschaftlich und effizient mit den zur Verfügung stehenden Mitteln ar-beiten zu können.

Es scheint wichtig, die Auseinandersetzung mit ökonomischenFragen in die normale betriebliche Realität der Volkshochschule zu inte-grieren und sich darüber im Klaren zu sein, „dass sich kein Bereich derGesellschaft außerhalb ökonomischer Zwänge bewegen kann und da-her volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Kategorien notwen-digerweise einen Platz im Bildungsbereich haben“ (Meisel 1996, S. 6).

• Die Volkshochschule Hochtaunuskreis hat bereits 1997 dieBuchhaltung an eine Steuerberatungsfirma ausgelagert und ar-beitet mit kaufmännischer Buchführung und Kosten-Leistungs-Rechnung (vgl. Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung der VHSHochtaunuskreis 1997, 1998, 1999, Archiv der VHS Hochtaunu-skreis). Dieser „normale“ betriebswirtschaftliche Umgang mitwirtschaftlichen Rahmenbedingungen bringt – unterstützt vonanderen Maßnahmen zur Organisationsentwicklung – ein ho-hes Maß an Effizienz, die wiederum den Kunden in Form vongünstigen Gebühren und Angebotsvielfalt zugute kommt. DieVHS Hochtaunuskreis hat sich im Jahr 1998 zu 65,8% aus Teil-nehmergebühren finanziert und liegt trotz extrem niedriger öf-fentlicher Zuschüsse von lediglich 30,5% bei der Höhe derGebühren nur im Mittelfeld der hessischen Volkshochschulen(vgl. Statistik des Hessischen Volkshochschulverbandes und desDeutschen Volkshochschul-Verbandes 1998).

Auch Klaus Meisel stellt fest, wie wichtig es ist, „dass die Behand-lung mit dieser Fragestellung wegführt von ideologischen Vorurteilen undhinführt zu einer Entmystifizierung der ökonomischen Begrifflichkeit.“ Erbetont sogar, dass „vielerorts (...) durch die von außen erzwungene Be-

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handlung der ökonomischen Seite der Weiterbildungseinrichtung, erstmalsseit Jahren wieder eine inhaltliche Diskussion über pädagogische Inhal-te, über Qualitätsstandards, über Angebotsprofile und Angebotsformenund über die Gestaltung der Beziehungen zu den Teilnehmenden geführtworden“ ist (Meisel 1996, S. 6). Entscheidend für eine gelingende Verbin-dung „betriebswirtschaftlicher Realitäten“ mit pädagogischen Sichtwei-sen scheint die Transparenz der Unternehmensdaten zu sein.

• In der Praxis zeigte sich an der VHS Hochtaunuskreis deutlich,dass Mitarbeitende bereit sind, betriebswirtschaftliche Steue-rungsinstrumente zu akzeptieren und anzuwenden, wenn ihnender Sinn und Hintergrund geläufig ist und wenn es möglich ist,eigenverantwortlich mitzusteuern: „Ich freue mich auch, in einererfolgreichen VHS zu arbeiten (bezüglich steigender Teilnehmer-zahlen und Rentabilität)“ (Hauptamtliche Mitarbeitende/S. 4/Fra-ge 1). Oder als Antwort auf die Frage nach den „besonderenQualitäten der VHS Hochtaunuskreis“: „Hohe Effizienz und Fle-xibilität“ (Hauptamtliche Mitarbeitende/S. 5/Frage 2).Die Transparenz der betriebswirtschaftlichen Steuerung für alleMitarbeitenden wird durch die monatliche Auswertung der wirt-schaftlichen Daten durch das Steuerberatungsbüro gewährleistet(vgl. monatliche Auswertungen der betriebswirtschaftlichenDaten der VHS Hochtaunuskreis seit Januar 1998), die von denMitarbeitenden uneingeschränkt eingesehen werden können.Ergänzend kommt hinzu, dass Einnahmen und Ausgaben, insbe-sondere alle Anschaffungen, in den Dienstbesprechungen be-kannt gemacht werden (vgl. Protokoll der Dienstbesprechungenvom 17.02.1999, 20.10.1999, Archiv der VHS Hochtaunuskreis).

6.4 Die Qualitätskategorie „Angemessene, gutausgestattete Räume“

Diese Qualitätskategorie, häufig benannt von Kunden und Kurs-leitenden, verweist einerseits auf die Notwendigkeit, in vorgegebenen,durch die Volkshochschule mitgenutzten Schulräumen durch Verände-rungen eine erwachsenengerechte Atmosphäre zu gestalten, und anderer-seits auf die Bedeutung eigener, für die Weiterbildung ausgestatteter Räu-me. Während bei eigenen Räumen die adäquate Ausstattung mit Möbelnund Medien durch die Volkshochschule gewährleistet wird, ist die Raum-ausstattung in Schulräumen, in denen ein Großteil des Unterrichts statt-

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findet, ein Problem. Ingrid Schöll beschreibt es in einem Aufsatz zumMarketing deutlich und verallgemeinerbar: „Der Imagekiller ‚Ausstattung‘schlägt bei vielen Schulnutzungen voll zu Buche. Gerade in kleinerenStädten, in denen Haupt- oder Realschulen genutzt werden müssen, istkeine erwachsenengerechte Bestuhlung gewährleistet. Ein weiteres Pro-blem ist das sprichwörtliche erwachsenengerechte Arbeiten: Angefangenbei einer zeitgemäßen Tischanordnung – die keine Frontalbestuhlung mehrertragen kann – über eine halbwegs vertretbare Medienausstattung bis hinzu eingeschränkten Möglichkeiten, die Unterrichtsräume kurs- und er-wachsenengerecht zu gestalten“ (Schöll 1994, S. 89).

Um zu einer Qualitätsverbesserung beizutragen, bieten sich zweiMöglichkeiten an: Die erste ist die Anschaffung und der Einsatz eigenermobiler Medien, die die Kursleitenden bei der VHS ausleihen können.Die zweite betrifft die Raumgestaltung selbst, deren Bedeutung in jünge-rer Zeit stärker ins Blickfeld der Erwachsenenbildner gerät (vgl. Zeitschriftfür Erwachsenenbildung, IV/1999). Jörg Knoll beschreibt die Wechselbe-ziehung zwischen Raum und Mensch als etwas, das häufig als neben-sächlich betrachtet wird, aber in vielen Szenarien der Erwachsenenbil-dung eine Rolle spielt: „Und doch können sie eine Situation grundlegendbestimmen und definieren, bevor ein erstes Wort gefallen ist. Etwa wennErwachsene einen Kursraum betreten, der tagsüber als Klassenraum dient(‚hier ist Schule‘). Oder wenn die Stühle im Lehrgangsraum des Bildungs-zentrums alle nach vorn ausgerichtet stehen (‚hier ist Unterricht‘)“ (Knoll1999b, S. 25). Entscheidend ist, mit Kursleitenden über Raumgestaltungzu kommunizieren und sie dazu anzuregen, Räume auch zu verändern,„den umgebenden Raum und die Dinge so zu schaffen und gestalten, dassdas Lernen der Menschen gefördert wird“ (ebenda, S. 25). Darauf aufbau-end kann ein pädagogisches Verständnis entstehen, „das neben der sach-gerechten Erschließung des Inhalts und der angemessenen Methodenwahlauch die zielgeleitete, sorgsame Gestaltung der gegenständlich-materiel-len Lernumwelt als professionelle Aufgabe annimmt“ (ebenda, S. 24).

• Die Volkshochschule Hochtaunuskreis hat sich bereits zu Be-ginn ihrer Organisations- und Qualitätsentwicklung im Septem-ber 1994 mit diesem Thema auseinander gesetzt und strebt alslangfristiges Ziel ein eigenes Bildungszentrum an, da in eige-nen Räumen am ehesten die Verwirklichung erwachsenenger-echter Ausstattung möglich ist (vgl. Protokoll Reflexionstage derVHS Hochtaunuskreis, 17.-19.08.1994, Archiv der VHS Hoch-

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taunuskreis). Da die Volkshochschule aber über fünf Außen-stellen verfügt, lässt sich dieses Ziel jedoch kaum verwirklichen,so dass der Beschluss gefasst wurde, durch regelmäßige An-schaffung und Erneuerung mobilen „equipments“, den Kurslei-tenden die Nutzung adäquater Medien zu ermöglichen (Flip-charts, Moderationskoffer, tragbare Overheadprojektoren, klapp-bare Pinnwände, Videorecorder etc.). Durch die regelmäßigenTeilnehmerbefragungen wird meist schnell deutlich, was dieKunden unter adäquater Ausstattung jeweils verstehen (vgl. z.B. Kursauswertung B, Semester 1/00, Internet für Einsteiger,Access, Archiv der VHS Hochtaunuskreis). Angeregt durch dieUntersuchungsergebnisse dieser Studie wird versucht, noch mehrmit anderen, auch privaten Erwachsenenbildungseinrichtungenzu kooperieren und so von den öffentlichen Schulen unabhän-giger zu werden. So wurde im Frühjahr 2000 bereits mit derAltenpflegeschule des Deutschen Roten Kreuzes in Kronberg/Taunus eine Zusammenarbeit mit dem Ziel der umfassendenRaumnutzung durch die Volkshochschule vereinbart (vgl. Pro-tokoll zum Besuch der Altenpflegeschule Kronberg, 29.02.2000,Archiv der VHS Hochtaunuskreis).

6.5 Die Qualitätskategorie „Gute Kommunikationzwischen den hauptamtlichen Mitarbeitenden undden Kursleitenden“

Regelmäßiger Austausch zwischen den hauptamtlichen Mitar-beitenden und den Kursleitenden kann durch Zusammenkünfte, die infestgelegten Abständen stattfinden und thematisch orientiert sind, sicher-gestellt werden. Denkbar ist auch die gemeinsame Durchführung vonQualitätszirkeln, die sich sowohl mit Problemen des Unterrichtens alsauch mit dem Qualitätsmanagement der Einrichtung befassen können.

Insbesondere zur Verbesserung der Kommunikation zwischenhaupt- und nebenamtlichen Mitarbeitenden wurden mit solch einemVerfahren in einem Pilotprojekt der Volkshochschule Brunsbüttel bereitspositive Erfahrungen gemacht: „Die Kursleitenden wurden in erhebli-chem Umfang in die planerische Arbeit der Einrichtung einbezogen. Weitüber die Workshops hinaus wurden die ‚Kontaktpunkte‘ zwischen ihnenund der VHS zahlreicher und regelmäßiger. (...) Wenn es gelingt, sie in

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die Organisation und ihre Kommunikationsvorgänge verstärkt einzubin-den, bedeutet dies auf jeden Fall eine Verbesserung der Organisations-qualität“ (Heinold-Krug/Claussen 1999, S. 36).

Eine zweite Möglichkeit zur Intensivierung der Kommunikationist ein einrichtungseigenes Fortbildungsangebot, das von den Fachbe-reichsleitern nicht nur organisiert, sondern mindestens zum Teil auchselbst durchgeführt wird.

• Insbesondere mit der bereits beschriebenen Einführungsveran-staltung für Kursleitende, die stets vom Leiter der Volkshoch-schule gemeinsam mit einem Fachbereichsleiter oder einer Fach-bereichsleiterin durchgeführt wird, sind an der VHS Hochtaunu-skreis gute Erfahrungen gemacht worden, da hier die Basis füreine positive Zusammenarbeit gelegt werden kann. Außerdemtreten der Leiter und die Fachbereichsleiter/innen der Volkshoch-schule bei dieser Veranstaltung selbst als Dozent/innen in Er-scheinung, was eine positive Identifikation zu fördern scheint.Auch das volkshochschuleigene Fortbildungsangebot, das seitdem Frühjahrssemester 1995 regelmäßig stattfindet, bietet guteKommunikationsmöglichkeiten zwischen hauptamtlichen päd-agogischen Mitarbeitenden und Kursleitenden (vgl. Programmeder VHS Hochtaunuskreis, Frühjahrssemester 1995 bis Herbst-semester 1999, Archiv der VHS Hochtaunuskreis).

Unersetzbar erscheint jedoch vor allem der persönliche Kon-takt „zwischen Tür und Angel“, der als Führungsinstrument der haupt-amtlichen Mitarbeitenden institutionalisiert werden muss. Voraussetzungdafür ist, dass die hauptberuflichen Mitarbeiter/innen sich ihrer Führungs-aufgaben bewusst sind. Hier besteht noch ein erheblicher Entwicklungs-bedarf, da – wie Küchler/Schäffter aufzeigen – „die auf den ersten Blickso etabliert erscheinende Position der ‚hauptberuflich-pädagogischenMitarbeiterInnen‘ in Volkshochschulen in Bezug auf ihre planend-dispo-nierenden Aufgaben eine so geringe Leitbildfunktion und professionelleWirksamkeit entfalten konnte.“ Sie führen weiter aus, dass vielfach diehauptamtlichen pädagogischen Mitarbeitenden dazu neigen, „das Or-ganisieren von Weiterbildung als ein von pädagogischen Zielen und vonInhaltsstrukturen unabhängiges ‚Bildungsmanagement‘ misszuverstehenund es z. T. sogar auf Sachbearbeitertätigkeit zu reduzieren“ (Küchler/Schäffter 1997, S. 49).

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6.6 Die Qualitätskategorien „Funktionierende, flexibleOrganisation“ und „Kundenorientierung“

Organisationale Rahmenbedingungen zu schaffen, die schnel-les, flexibles, im zunehmenden Umgang mit neuen Medien auch wenigfehlerhaftes Handeln ermöglichen, ist eine wichtige binnenstrukturelleAufgabe, die nur durch Professionalisierung der Mitarbeitenden geschafftwerden kann. Wichtige Mittel sind Prozessanalysen und Qualitätszirkel,in denen Abläufe und interne Kommunikationsmuster gemeinsam be-trachtet und effektiviert werden. Erfahrungen der VHS Hochtaunuskreiszeigen, dass es günstig ist, formale Strukturen zu schaffen, in denen dieProbleme benannt und gemeinsam gelöst werden können, ohne dass eszu langwierigen „Vertröstungen“ kommt. Eine solche Struktur wurde imQualitätsentwicklungsprozess der VHS Hochtaunuskreis seit 1994 auf-gebaut und beinhaltet mittlerweile folgende Elemente:

• Wöchentliche Teambesprechungen mit allen hauptberuflichenMitarbeitendenAlle Themen, die fachbereichsübergreifend von Interesse sind,werden benannt und erläutert. Dies betrifft sowohl organisato-rische Dinge als auch pädagogische Fragen. Fragen, die sofortgeklärt werden können, werden sofort geklärt. Entstehen darausAufgaben, die zu erledigen sind, werden die Verantwortlichkei-ten festgelegt und im Protokoll festgehalten.Jede/r Mitarbeitende ist im Wechsel zuständig, das Protokoll zuverfassen. Gleiches gilt für die Gesprächsleitung (einschließ-lich Geschäftsführer und Zivildienstleistender). Im Protokoll wirdzu jeder Aufgabe der/die Verantwortliche genannt. Das Proto-koll sollte vor der darauffolgenden Sitzung vorliegen. Fragenoder Probleme, die nicht geklärt werden können, führen zurEinrichtung eines Qualitätszirkels, dessen Termin und Themain der jeweiligen Sitzung festgelegt wird (vgl. Protokolle derTeambesprechungen der VHS Hochtaunuskreis 1994-2000,Archiv der VHS Hochtaunuskreis).

• Regelmäßige Qualitätszirkel mit den betroffenen Mitarbeiten-denIn zweistündigen Sitzungen wird nach Lösungen für das vorlie-gende, genau definierte Qualitätsproblem gesucht. Grundsätz-lich werden so viele Mitarbeitende wie möglich einbezogen.Wichtig für diese Sitzungen ist ein offenes, kommunikatives und

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nicht hierarchisches Klima, um zu umsetzbaren Lösungen zukommen. In den Qualitätszirkeln werden konkrete Schritte undfeste Zuständigkeiten und Zeitkorridore beschrieben, um dieAufgabenerfüllung transparent und überprüfbar zu machen.So wurde etwa am 21.10.1997 ein Qualitätszirkel zum „Pro-blem Einschreibung“ durchgeführt. Hintergrund: Die Zunahmeder schriftlichen Anmeldungen hatte zu erhöhter Nachfrage nachtelefonischer Beratung geführt. Im Qualitätszirkel wurden prak-tikable Lösungen gesucht, wie die telefonische Erreichbarkeitbei gleichzeitig hoher Qualität der telefonischen Beratung si-cherzustellen ist. In der Sitzung, bei der sowohl die pädagogi-schen Mitarbeitenden als auch die Verwaltungsmitarbeitendenbeteiligt waren, konnten konkrete, sofort umsetzbare Lösungenbezüglich der Probleme gefunden werden: Es wurde eine par-allele Telefonleitung eingeführt, die telefonische Erreichbarkeitwurde ausgeweitet und es wurde geklärt, wie pädagogischeMitarbeitende die Beratung gewährleisten können (vgl. Proto-koll Qualitätszirkel, 21.10.1997, Archiv der VHS Hochtaunus-kreis).

• Reflexions- und QualitätsentwicklungstageJeweils vor den Sommerferien werden in drei- bis viertägigenKlausuren, an denen alle hauptberuflichen Mitarbeitenden unddie nebenberuflichen Verwaltungsmitarbeitenden teilnehmen,grundsätzliche Themen behandelt: So wurde im Jahr 1994, nacheinem Leitungswechsel, eine Bestandsaufnahme gemacht, an-schließend wurden einrichtungsspezifische Ziele für eine „Volks-hochschule der Zukunft“ definiert. Außerdem wurden die Ein-führung wöchentlicher Teambesprechungen mit Ergebnisproto-kollen und eine Neuordnung der Fachbereiche beschlossen. ImSeptember 1995 war der „Umgang mit Veränderungen“ The-ma, da sich im laufenden Jahr die Organisationskultur stark ge-wandelt hatte. Im Juni 1996 wurde sowohl die Aufgaben- undVerantwortungsverteilung im Team diskutiert als auch ein Leit-bild für die Volkshochschule erstellt. Im Jahr 1997 arbeitete manan den Themen Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung.1998 wurde die Entwicklung einzelner Fachbereiche betrach-tet, während 1999 der Service im Mittelpunkt stand (vgl. Proto-kolle bzw. Fotodokumente der Reflexionstage 1994-1999, Ar-chiv der VHS Hochtaunuskreis).

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Um zu weiteren Verbesserungen zu kommen, scheint die Ein-beziehung der Kursleitenden sinnvoll, die aus ihrer Perspektive zur Ab-laufverbesserung und Flexibilität beitragen können. Eva Heinold-Krugberichtet dazu aus einem Pilotprojekt der Volkshochschule Brunsbüttel,dass sich nach Meinung der Mitarbeitenden „durch die Verbesserungder Kommunikation an den Schnittstellen des pädagogischen Prozessesauch die Qualität des Kernprozesses erhöht hat“ (Heinold-Krug/Claussen1999, S. 37). Auch bei „Arbeit und Leben Thüringen e. V.“ führte dieIdee der „Einbindung der nebenamtlichen Mitarbeiter/innen in den Pro-zess der Qualitätssicherung“ (Kadler/Klenk 1999, S. 66) zu der Beobach-tung, „dass das Bemühen um die Teamer/innen zu kontinuierlichererZusammenarbeit und transparenter Aufgabenteilung zwischen Teamernund hauptberuflichen pädagogischen Mitarbeiter/innen bei Vor- undNachbereitung von Seminaren geführt hat. Diese intensivere Kommuni-kation hatte sowohl stärkere gegenseitige Akzeptanz als auch – durchdie bessere Abstimmung bei Planung und Durchführung von Seminaren– die Verbesserung der inhaltlichen Qualität der Seminare zur Folge.Gleichzeitig wurde damit ermöglicht, daß diese Fragen nicht mehr vonjedem hauptberuflichen pädagogischen Mitarbeitendem mit ‚seinen‘Referent/innen, sondern gemeinsam im Pädagogenteam besprochenwurden“ (ebenda, S. 67-68). Die gemeinsame Durchführung von Quali-tätszirkeln durch hauptberufliche Mitarbeitende und Kursleitende schließtauch an den Wunsch nach „guter Kommunikation“ mit den hauptberuf-lichen Mitarbeitenden durch die Kursleitenden an.

Kundenorientierung, die in diesem Zusammenhang klar getrenntwerden soll von der didaktischen Teilnehmerorientierung, bezieht sichebenfalls auf organisatorische, strukturelle Dimensionen, die in direkterBeziehung zu Fragen von Ablauforganisation und innerbetrieblichenKommunikationsstrukturen stehen. Positive Veränderungen bei den be-trieblichen Abläufen wirken sich auf die Kundenbeziehungen aus. Wirdetwa bei der Seminarplanung bereits berücksichtigt, dass sämtliche Teil-nehmenden am Ende eine Teilnahmebescheinigung erhalten und sichsofort für das Aufbauseminar anmelden können, entspricht dies einemmodernen Kundenorientierungsverständnis und einer effektiven Ablauf-organisation. Ein zweiter Aspekt, neben der Erbringung von Serviceleis-tungen, ist die Frage nach der Kommunikation mit den Kunden, denn„generell verkörpert das Kundenkontaktpersonal einen wesentlichen Er-folgsfaktor insbesondere für Dienstleistungs- und Handelsunternehmen,

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da es vielfältige Aufgaben erfüllen muß: (...) Persönliche Eindrücke er-möglichen einen höheren Individualisierungsgrad der Kundenbetreuung;der Mitarbeiter fungiert somit als Teilzeit-Marktforscher. Aber auch dieinterne und externe Kommunikation sowie Informationsdichte aus trans-aktions- und personenbezogenen Informationen sind von immenser Be-deutung, wenn es gelingt, diese Informationen kundenbezogen aufzu-bereiten und zu nutzen“ (Mayer-Dornach, in: Frankfurter AllgemeineZeitung, 02.11.1998, S. 35).

6.7 Die Qualitätskategorien „Motivation derMitarbeitenden“ und „Kooperative Teamarbeit“

Die beiden hier zusammengefassten und in der Praxis zusam-mengehörigen Qualitätskategorien wurden weitgehend als in der Orga-nisation vorhanden benannt. Wichtig scheint die handlungsleitende Er-kenntnis zu sein, „dass es nicht unpersönliche Funktionsträger sind, dieeiner Organisation zum Erfolg verhelfen, sondern motivierte, initiieren-de und lernfähige Menschen“ (Nuissl 1996, S. 26). Aus dieser Einsichtergibt sich eine wesentliche Aufgabe für die Führung in Erwachsenenbil-dungsorganisationen.

Anknüpfungspunkt ist die „Diskrepanzerfahrung, durch die pä-dagogisches Handeln schon seit jeher problematisiert wurde und dieimmer wieder Anlass zum (Selbst-)Zweifel bietet: es geht darum, dassLehr-/Lernexperten und ihre jeweiligen Institutionen all das, was sie fürihre Bildungsadressaten zu leisten vermögen, nur selten und meist unzu-reichend auf sich selbst und ihre eigene Situation anzuwenden wissen“(Schäffter 1992, S. 79). Ziel einer pädagogisch motivierten Einrichtungs-kultur sollte jedoch sein, ein Organisationsverständnis zu entwickeln,das die Prozesse, die in einer emanzipatorischen Erwachsenenbildungs-arbeit ablaufen sollen, widerspiegelt. „Eine der entscheidenden Fragenlautet: Wie können und wollen wir unsere pädagogischen Einrichtungenlernfähig machen? Mittlerweile wird in der Praxis durch das Scheiternzahlreicher Reformansätze deutlich, dass diese Prozesse selbst die ent-scheidenden Lernschritte beinhalten. Riskant sind Folienreformen undManagementschulungen ohne wirklich konsequent durchgehaltenenBeteiligungsansatz, in dem die Ideen der Mitarbeiter/innen nicht als ‚Be-drohung‘ gesehen werden, sondern als das ‚Potenzial‘, um das es letztlichgeht“ (Hartkemeyer 1999, S. 44).

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Praxiserfahrungen aus Qualitätsentwicklungsprojekten weisendarauf hin, dass die „aktive Beteiligung möglichst vieler Mitarbeitendenzu Beginn der Qualitätsentwicklung eine hoch motivierende Wirkunghat“ (Heinold-Krug 1999, S. 27). Dies wird auch durch diese Studie be-legt, wenn etwa ein/e Mitarbeitende/r auf die Frage nach besonderenQualitäten seiner/ihrer Volkshochschule schreibt: „Die hohe Motivationder KollegInnen für die Arbeit in der VHS, die eine sich gegenseitig ver-stärkende Dynamik auslöst und ein hohes Maß an sog. corporate identi-ty“ (Hauptamtliche Mitarbeitende/S. 5/Frage 2) und eine/e andere/r be-nennt „Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft ohne Aufgabe eigenerPositionen“ (Hauptamtliche Mitarbeitende/S. 1/Frage 2).

Ein wichtiger Ansatz, die Qualität der Beziehungen im Team zuverbessern, damit kooperative Teamarbeit zu ermöglichen und die Moti-vation der Mitarbeitenden zu stärken, liegt sicher im Aufbau einer funk-tionellen und im täglichen Arbeitsablauf durchhaltbaren Kommunikati-onsstruktur wie sie oben beschrieben wurde. Grundlagen bieten dieaufeinander bezogenen Konzepte des „Action learning“ (Donnenberg1999) und der „lernenden Organisation“ (Senge 1999). Ziel der beidenKonzepte ist es, „Lernende Gemeinschaften“ (Revans 1999, S. 31) zuetablieren. Von grundlegender Bedeutung scheinen die fünf Disziplinender lernenden Organisation, die Hartkemeyer übersetzt als

1. „Personal Mastery, die permanente Weiterentwicklung der ei-genen Fähigkeiten.

2. Mental Modells, die Klarheit über die gegenseitigen tief verwur-zelten Annahmen, die Denk- und Verhaltensweisen in der Re-gel unbewusst steuern.

3. Shared Vision, die Erarbeitung eines von allen getragenen ge-meinsamen Leitbildes.

4. Team Learning, das Team-Lernen als Prozess, durch das ein Teampermanent seine Fähigkeiten weiterentwickelt, die angestreb-ten Ziele auch wirklich zu erreichen.

5. Systems Thinking, die Möglichkeit, eine gemeinsame Sprachezu finden, welche in der Lage ist, die komplexe Wirklichkeitauszudrücken“(Hartkemeyer 1999, S. 44).

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7. Zum Ertrag des systemisch-konstruktivistischenQualitätsentwicklungsmodells

Zum Abschluss wird ein vorläufiges Fazit aus dem in dieser Stu-die entwickelten und exemplarisch dargestellten Modell zur Qualitäts-entwicklung gezogen. Dazu soll eine Rückbindung an das Untersuchungs-konzept erfolgen, in der der Ertrag der Studie zusammenfassend darge-stellt wird. Anschließend soll gezeigt werden, welche praxisrelevantenKonsequenzen sich für die untersuchte und dargestellte Weiterbildungs-einrichtung und die umgebenden Systeme ergeben. Einige Hinweise,die sich als hilfreich bei der weiteren Entwicklung von Qualitätsmanage-mentsystemen in der öffentlichen Weiterbildung erweisen können, schlie-ßen diese Schrift ab.

7.1 Zum Untersuchungskonzept

Um, wie in der Einleitung bereits dargestellt, die Qualität vonWeiterbildungsorganisationen umfassend betrachten zu können, wurdein dieser Studie – aufbauend auf einem systemisch-konstruktivistischenWissenschaftsverständnis und unter Einbeziehung akteurstheoretischerErkenntnisse – ein perspektivverschränkendes Qualitätsverständnis ent-wickelt. Die Untersuchung selbst war als Fallstudie angelegt. Sie bezogneben der Fachliteratur Dokumente aus der Geschichte der untersuch-ten Einrichtung ein und verwertete insbesondere Materialien aus aktuel-len Arbeitsvorgängen der letzten Jahre. Zusätzlich zu diesem hermeneu-tischen Zugriff wurde eine qualitative Befragung „systemrelevanter Ak-teure“ durchgeführt, um den subjektiven Qualitätsbegriff möglichst vie-ler Beteiligter zu erfassen und um den Qualitätsbegriff, den unterschied-liche Referenzgruppen der Volkshochschule im Hinblick auf „ihre“ Ein-richtung haben, zu ermitteln.

Das Wissen zur Frage der Qualität, das dem Untersuchungs-konzept gemäß aus organisationsbiographischen, aktuellen „praktischen“Arbeitsvorgängen und empirischen Daten entwickelt wurde, scheint fürdie Qualitätsentwicklung der untersuchten Volkshochschule relevant und

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weiterführend zu sein. Da das Konzept aus der Arbeit und Systembeob-achtung eines Praktikers entstanden ist, konnten die gewonnenen Ein-sichten zum Teil bereits während der Entstehung der Studie in die Praxisder untersuchten Weiterbildungseinrichtung zurückfließen und die prak-tische Arbeit befördern.

Der wesentliche methodische und inhaltliche Ertrag der vorge-legten Studie findet sich:

a) in der Einbeziehung und Gleichbehandlung unterschiedlicherPerspektiven. Damit entsteht eine Enthierarchisierung der Sicht-weisen, die jeder Wirklichkeitskonstruktion aller systemrelevan-ten Akteure den gleichen Wahrheitsgehalt zuweist. Es wirdinsbesondere die alleinige Expertenperspektive der hauptamt-lich Mitarbeitenden in Weiterbildungseinrichtungen in Fragegestellt, die in vielen Qualitätsentwicklungsmodellen eine be-stimmende Rolle spielt. So entsteht eine neue Offenheit für dieErgiebigkeit verschiedener Deutungen von Qualität.

b) im Einbringen des Gesichtspunkts von Unwägbarkeiten in derQualitätsentwicklung. Gerade die Einbindung von institutions-biographischen Dokumenten kann verdeutlichen, dass Quali-tätsmerkmale öffentlicher Weiterbildungseinrichtungen unterganz subjektiven Vorzeichen entstehen und über lange Zeit hin-weg bestimmend für die Qualität der Organisation werden kön-nen. Ähnliches gilt für das mögliche Scheitern angestrebterQualitätsziele. Durch die systemische Vorgehensweise des Kon-zeptes wird verdeutlicht, dass die Optimierung von Prozessver-läufen für die Qualitätsentwicklung wesentlich ist, jedoch eingutes Ergebnis nicht garantieren kann.

c) in der Hervorhebung der Komplexität des Systems bei Quali-tätsentwicklungsprozessen und der daraus folgenden Notwen-digkeit, wichtige Entwicklungen und Entscheidungen frühzeitigdurch umfassende Einbindung der systemrelevanten Akteureabzusichern.

d) im Vergleich der verschiedenen gängigen Qualitätsentwicklungs-konzepte. Dieser Teil der Untersuchung liefert deutliche Hinwei-se auf Schwächen der einzelnen Konzepte, aber auch auf ihreStärken. Die Bedeutung der weiterbildungsspezifischen Konzep-te liegt demnach im Wesentlichen in der Einfachheit ihrer Umset-zung. Dies korrespondiert mit einem relativ geringen Aufwand

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speziell in finanzieller Hinsicht. Die für die Weiterbildung adap-tierten Qualitätsentwicklungsmodelle bieten wichtige Anhalts-punkte für eine systematische Vorgehensweise beim Qualitätsma-nagement. Besonders das Prozessmanagement, dessen Bedeu-tung durch ISO 9000 ff beschrieben wird, scheint ein Schlüssel-element von kontinuierlichen Qualitätsentwicklungsprozessenzu sein. Ebenso entscheidend mutet die Betonung der Vorbild-funktion von Führungskräften und des Verhaltens von Mitarbei-tenden im Qualitätsentwicklungsprozess an – Aspekte, die kon-stitutiv sind für das Modell des Total Quality Management.

e) in der Einbindung der systemrelevanten Akteure und der Ver-schränkung ihrer Perspektiven. Der Gewinn scheint hier haupt-sächlich darin zu liegen, dass durch die Einbeziehung verschie-dener Referenzgruppen ein umfassender, für die untersuchteEinrichtung spezifischer Qualitätsbegriff entsteht. Besondersbedeutsam erscheint hier die Einbindung der politisch Verant-wortlichen.

f) im Rückgriff auf historische Dokumente und aktuelle Arbeits-unterlagen der vergangenen Jahre. Durch die Aufarbeitung ein-richtungsspezifischen Materials und dessen Einbindung in denQualitätsentwicklungsprozess entsteht einrichtungsrelevantesWissen. Da es den Mitarbeitenden und den anderen Akteurenzur Verfügung gestellt wird, verändert es im Sinne von organi-sationalem Lernen den gemeinsamen Bezugsrahmen der Orga-nisationsmitglieder und verbessert die Handlungs- und Problem-lösungskompetenz der Weiterbildungsorganisation. Damit ver-ändert sich die organisationale Wissensbasis der Volkshochschu-le (vgl. Probst 1994).

Außerdem scheint das mit dieser Untersuchung vorgelegte Qua-litätsentwicklungskonzept mit vertretbarem Aufwand durchaus auf an-dere Einrichtungen der öffentlichen Weiterbildung übertragbar zu sein,da in der Regel die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind:

• Zugriff auf einrichtungsbiographisches Material,• schriftliche Protokolle aktueller Arbeitsvorgänge,• Daten der „systemrelevanten Akteure“.

Wenn diese Basis vorhanden ist, kann mit dem hier entwickel-ten Konzept tatsächlich ein für jede Weiterbildungseinrichtung spezifi-

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scher Qualitätsbegriff erarbeitet werden, der die Besonderheiten und dieEinmaligkeit bestimmter Aspekte und Akteurskonstellationen ebensoberücksichtigt wie biographische und systembedingte Merkmale.

7.2 Konsequenzen für die VHS Hochtaunuskreis

Die Mitarbeitenden der Volkshochschule Hochtaunuskreis be-treiben, wie bereits beschrieben, seit September 1994 ein selbstgesteu-ertes Verfahren, das prozessorientiert der Verbesserung der Qualität derVolkshochschule dienen soll. Während dieses fast sechs Jahre währen-den Prozesses hat sich sehr viel verändert. Der wohl wichtigste Punkt istder auch in der Befragung der Mitarbeitenden bestätigte Wandel voneiner Volkshochschule, deren Mitarbeitende sehr genaue pädagogischeVorstellungen bezüglich der Teilnehmenden hatten (vgl. Brüning 1989),zur Dienstleistungseinrichtung mit Kundenorientierung, in der versuchtwird, ein hohes pädagogisches Niveau mit dem Anspruch effizientenund wirtschaftlichen Arbeitens zu verbinden (vgl. Befragung der Mitar-beitenden, Anhang).

Weitere Veränderungen konnten im Wesentlichen in den unter-schiedlichen Ablaufverfahren erzielt werden. So wurden etwa die per-sönliche Anmeldung auf schriftliche und telefonische Verfahren umge-stellt, automatisierte Serviceabläufe eingeführt (z. B. Teilnahmebeschei-nigungen, Fragebögen, Zusendung von Programmheften an Kunden etc.).Auch die Neuentwicklung vielfältiger Marketingstrategien wurde ermög-licht.

Insgesamt konnten mit diesen Neuerungen die Kundenzahlenkontinuierlich erhöht und die Eigeneinnahmen wesentlich gesteigertwerden (vgl. Geschäftsberichte der VHS Hochtaunuskreis 1994-2000,Archiv der VHS Hochtaunuskreis). Die internen Prozessabläufe sind funk-tional. Es gibt durch die wöchentlichen Teambesprechungen ein schnel-les Rückkopplungssystem, das Probleme rasch verdeutlicht. Durch dieQualitätszirkel mit breiter Mitarbeiterbeteiligung ist eine kontinuierlicheVerbesserung gewährleistet, und bei den jährlichen Qualitätsentwick-lungstagen können auch grundlegende Fragen erörtert werden. Perspek-tiven von anderen Beteiligten konnten in diese institutionsinternen Vor-gänge bisher nur über Vermutungen einbezogen werden. So versuchtensich die Mitarbeitenden etwa beim Thema „Qualitätsentwicklung der

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Musikvolkshochschule“ vorzustellen, welche Anforderungen Teilnehmen-de an die Volkshochschule stellen (vgl. Dokumentation Reflexionstage1998, Archiv der VHS Hochtaunuskreis).

Ein essentieller Nutzen der Studie für die Praxis kann auf derEbene einer „Leitbildqualität“ gewonnen werden. Wenn auf dieser Stufevon Qualitätsentwicklung eine möglichst hohe Beteiligung der system-relevanten Akteure erreicht wird und die Qualitätskategorien als Leitlini-en verstanden werden, scheint dies eine positive, vor allem langfristigwirksame Erweiterung der institutionsinternen Perspektiven zu bewir-ken. Wichtige weiterführende Erkenntnisse konnten auch durch den Ver-gleich der gängigen Qualitätsentwicklungskonzepte gewonnen werden.So soll das im ISO-Modell dargelegte Prozessmanagement künftig nochstärkere Berücksichtigung finden: insbesondere die Ablauforganisationstandardisierter Tätigkeiten wie Telefonservice oder Anmeldeverfahrensoll durch Prozessdokumentation erleichtert werden.

7.3 Konsequenzen für die umgebenden Systeme

Das Modell, auf dem diese Studie basiert, scheint im Hinblickauf das Zustandkommen von Qualitätskriterien fruchtbar zu sein. Denndanach konstruiert sich eine öffentliche Weiterbildungseinrichtung erstaus der Beobachtung durch ihre Beobachter. Sie sind gleichzeitig Akteu-re im Systemumfeld und ihre individuellen Qualitätsvorstellungen sindgrundlegend für den Qualitätsbegriff der Weiterbildungseinrichtung. Sokonnten Qualitätskriterien gefunden werden, die spezifisch für die Volks-hochschule Hochtaunuskreis „konstruiert“ sind und somit eine konkreteund effiziente Umsetzung in die Praxis ermöglichen. Beispielhaft sei hierdie Qualitätskategorie „Angebotsvielfalt“ genannt, die im Zusammenhangmit dem bisherigen Qualitäts- und Organisationsentwicklungsprozess derVolkshochschule Hochtaunuskreis nicht formuliert worden ist. Aus derErkenntnis der Bedeutung dieses Aspektes wurde die Idee einer Lernfest-beteiligung der Volkshochschule entwickelt. Ähnliches gilt auch für an-dere Qualitätskategorien, die häufig genannt wurden. Erst die genaueHerausarbeitung solcher Kategorien ermöglicht die praktische Umsetzung.

Die systemtheoretische Annahme, dass alle Beteiligten gleicher-maßen Beobachter des Systems sind, ermöglicht zudem eine Aufhebungder Trennung von Innen- und Außenbereich des Systems. Dies führt zu

112

der Erkenntnis, dass alle Beobachter, ob Mitarbeitende oder politischVerantwortliche, ob Kunden oder Dozenten, das System auch von außenbetrachten und versuchen, es zu „irritieren“. Die Frage, wer „Experte“für das System Weiterbildung ist, verliert damit an Bedeutung. DieseVeränderung befördert eine Enthierarchisierung der unterschiedlichenBeobachtungen. Jede Sichtweise, jedes Qualitätskriterium wird gleichrelevant, die Kriterien der Mitarbeitenden werden damit genau so ge-wichtet wie diejenigen der Kursleitenden oder der Teilnehmenden.

Hier scheint auch eine wesentliche Bedeutung des zugrunde-gelegten Theorieansatzes dieser Studie zu liegen. In den untersuchtenQualitätsmanagementsystemen werden die Blickwinkel institutionsinternbzw. -extern stets beibehalten. Auch bei den Qualitätsmanagementsys-temen ISO 9000 ff und TQM wird sorgfältig unterschieden zwischenMitarbeitenden und Kunden. So dient etwa das Kriterium der Mitarbei-terzufriedenheit dem Kriterium der Kundenzufriedenheit und wird nuraus diesem Grunde als Qualitätsmerkmal eingeführt. Im Gegensatz dazuführt der Aspekt der Systembeobachtung durch alle Beteiligten zu einerAufhebung der Trennung von Innen und Außen.

Der praktische Ertrag liegt in der Einsicht in durchaus unter-schiedliche Qualitätskriterien der verschiedenen Referenzgruppen, dieauch Referenzgruppenbezogen beachtet werden können. Als Beispielkönnen die Qualitätskriterien der „politisch Verantwortlichen“ gelten.Öffentliche Weiterbildungsträger müssen sich, um Zuschüsse zu erhal-ten, auch politisch rechtfertigen. Daher erscheint es sinnvoll, an der Volks-hochschule Hochtaunuskreis die von dieser Referenzgruppe genanntenKriterien „Angebote im Programmbereich Arbeit/Beruf“, „Angebotsviel-falt“, „Kundenorientierung“ etc. auszubauen und öffentlich professio-neller darzustellen (auch Öffentlichkeitsarbeit ist eine von den „politischVerantwortlichen“ genannte Qualitätskategorie). Darüber hinaus sollteman auch versuchen, Politiker verstärkt in die Aktivitäten der VHS ein-zubinden (die Schirmherrschaft des von der Volkshochschule initiiertenLernfestes 2000 übernimmt im Hochtaunuskreis der Landrat).

113

7.4 Zur weiteren Entwicklung von Qualität in deröffentlichen Weiterbildung

Aus dieser Untersuchung lassen sich abschließend einige Ele-mente ableiten, die sich als hilfreich bei der weiteren Entwicklung vonQualitätsmanagementsystemen in der öffentlichen Weiterbildung erwei-sen können:

a) Aus der Infragestellung der alleinigen Expertenperspektive derhauptamtlich Mitarbeitenden in Weiterbildungseinrichtungen,die in vielen Qualitätsentwicklungsmodellen eine bestimmen-de Rolle spielt, kann eine veränderte Haltung zur Ergiebigkeitunterschiedlicher Deutungen von Qualität entstehen.

b) Auch die Erkenntnis der hohen Komplexität von Systemen undder daraus folgenden Erfordernis, wichtige Entwicklungen undEntscheidungen frühzeitig durch umfassende konzeptionelle Ein-bindung der systemrelevanten Akteure abzusichern, eröffnetneue Perspektiven. Besonders relevant für öffentliche Weiter-bildungssysteme scheint die Einbeziehung der politisch Verant-wortlichen. Wenn bei der Entwicklung einer institutionellen„Leitbildqualität“ eine möglichst hohe Beteiligung der system-relevanten Akteure erreicht wird und die so entstehenden Qua-litätskategorien als Leitlinien verstanden werden, kann dies einepositive, vor allem langfristig wirksame Erweiterung der institu-tionsinternen Perspektiven bewirken.

c) Die Aufarbeitung einrichtungsspezifischen Materials und des-sen Einbeziehung in den Qualitätsentwicklungsprozess schaffteinrichtungsrelevantes Wissen, das den Mitarbeitenden und denanderen Akteuren zur Verfügung steht. Durch diese Vorgehens-weise wird im Sinn von organisationalem Lernen sowohl dergemeinsame Bezugsrahmen der Organisationsmitglieder verän-dert als auch deren Handlungs- und Problemlösungskompetenz.Damit wandelt sich auch die organisationale Wissensbasis vonBildungseinrichtungen.

d) Auch wenn die für die Weiterbildung adaptierten Qualitätsent-wicklungsmodelle ISO 9000 ff und TQM sich nicht in der öf-fentlichen Erwachsenenbildung durchsetzen sollten, bieten siedoch wichtige Anhaltspunkte für eine systematische Vorgehens-weise beim Qualitätsmanagement. Wie bereits dargestellt, istvor allem ein funktionierendes Prozessmanagement ein Schlüs-

114

selelement für längerfristige, kontinuierliche Qualitätsentwick-lungsarbeit. Ebenso entscheidend ist die Betonung der Vorbild-funktion von Führungskräften und des Verhaltens von Mitarbei-tenden im Qualitätsentwicklungsprozess; Gesichtspunkte, diederzeit häufig noch zu wenig Berücksichtigung finden.

Diese Überlegungen zur Annäherung an die Qualitätsentwick-lung in der öffentlichen Weiterbildung sollten eine Studie abrunden, derenZiel es ist, das System und das Systemumfeld einer öffentlichen Weiter-bildungseinrichtung exemplarisch zu betrachten und die Beteiligten inden Mittelpunkt des Qualitätsentwicklungsprozesses zu stellen. Da mitdieser Studie auch die unmittelbare Tätigkeit des Autors reflektiert underforscht wurde, fand eine lohnende Verknüpfung von Theorie und Pra-xis statt, die auch die Qualitätsentwicklung der untersuchten Einrich-tung befördert hat.

115

Anmerkungen

1 Beide Begriffe werden in dieser Arbeit synonym verwendet, da dies auch in dereinschlägigen Literatur seit einigen Jahren üblich ist (vgl. Tippelt 1994).

2 In der vorliegenden Untersuchung wird der Kundenbegriff in Anlehnung an JörgKnolls Definition vom mitproduzierenden Kunden gebraucht (vgl. Knoll 1999, S. 175).Damit soll sowohl dem Dienstleistungscharakter von Bildungsinstitutionen Rech-nung getragen werden als auch eine Öffnung des „eher didaktischen“ (ebenda, S.174) Begriffs „Teilnehmer“ erfolgen. Der Dienstleistungsaspekt spielt besondersbei Anmeldeverfahren, Möglichkeiten der Kursbewertung, Raumausstattung undanderen Rahmenbedingungen eine große Rolle. Mitproduzierend sind die Kundeninsofern, als sie nur durch eine eigene Leistung einen Gewinn aus Bildungsveran-staltungen ziehen können und erst durch die aktive Mitarbeit dieser Kunden einemoderne, teilnehmerorientierte Bildungsarbeit ermöglicht wird.

3 Die theoretischen Grundlagen – insbesondere die Systemtheorie und die Akteurs-theorie – können im Rahmen dieser Arbeit lediglich stark verkürzt wiedergegebenwerden. Sie sollen hier dazu dienen, die theoretische Basis zu erläutern, auf derdie später entwickelten Vorstellungen für Qualitätsentwicklung fußen. Zur aus-führlichen Darstellung der Systemtheorie vgl. Luhmann 1991, zur Akteurstheorievgl. Schimank 1996.

4 Die Website des Baldrige National Quality Program wurde nach der Anfertigungdieser Schrift grundlegend überarbeitet.

5 Volkshochschulen sind für eine Kommune oder eine definierte Region als öffentli-cher Weiterbildungsträger zuständig. Damit soll eine umfassende Versorgung derBevölkerung mit Angeboten zur Erwachsenenbildung gesichert werden.

6 Diese und die nachfolgenden Quellenangaben beziehen sich auf den Anhang derursprünglichen Dissertationsschrift, die im Archiv der VHS Hochtaunuskreis ein-gesehen werden kann. Weitere Informationen sind auch über den Autor erhält-lich: Dr. Stefan Loibl, Dr. Zimmermann Str. 62, 88709 Meersburg, Tel. 07532/495995,mailto: [email protected]

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Verzeichnis unveröffentlichter Dokumente:

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Geschäftsberichte der VHS Hochtaunuskreis 1994-2000, Archiv der VHS HochtaunuskreisDokumentation der Reflexionstage der VHS Hochtaunuskreis 1994-1998, Archiv der VHS Hoch-

taunuskreisBeratungsprotokoll der Weiterbildungsberatungsstelle der VHS Hochtaunuskreis vom 13.04.

1999, Archiv der VHS HochtaunuskreisLoibl, Stefan, „Zur Konstruktion von Qualität in Bildungsorganisationen“ Annäherung an die

Qualitätsentwicklung in der öffentlichen Weiterbildung – Dargestellt am Beispiel der Kreis-volkshochschule Hochtaunus Oberursel –, Archiv der VHS Hochtaunuskreis

Protokoll der Beiratssitzung der VHS Hochtaunuskreis vom 04.11.1999, Archiv der VHS Hoch-taunuskreis

Protokoll der Dienstbesprechungen vom 19.01.1999, 17.02.1999, 14.04.1999 und 20.10.1999, Ar-chiv der VHS Hochtaunuskreis

Protokolle der Dienstbesprechungen der VHS Hochtaunuskreis 1994-2000, Archiv der VHSHochtaunuskreis).

Protokoll Qualitätszirkel, 21.10.1997, Archiv der VHS HochtaunuskreisVorläufiger stenografischer Bericht der Sitzung des Hessischen Landtags vom 09.09.1999,

Archiv der VHS HochtaunuskreisBilanz, Gewinn- und Verlustrechnung der VHS Hochtaunuskreis 1997, 1998, 1999, Archiv der

VHS HochtaunuskreisRogge, Klaus (1998): Wechselseitige Entwicklungsberatung. In: Unveröffentlichter Konferenz-

bericht der 33. Bundeskonferenz regional arbeitender Volkshochschulen, S. 1-2

124

Anhang

Fragebogen der Befragung von Mitarbeitenden, Kunden,Kursleitenden und politisch Verantwortlichen der VHSHochtaunuskreis

1. Sie sind Mitarbeiter/in1 der Volkshochschule Hochtaunuskreis/Oberursel. Wie erleben Sie „Ihre“ VHS?

2. Falls Sie der Meinung sind, daß die VHS Hochtaunuskreis/Oberursel über besondere Qualitäten verfügt, welche sind das?

3. Welche Angebote sollte „Ihre“ VHS Ihrer Meinung nach unbe-dingt machen (Bitte nennen Sie sowohl Angebote, die es bereitsgibt, als auch solche, die nach Ihrer Ansicht zusätzlich gemachtwerden sollten)?

4. Beschreiben Sie aus Ihrer Sicht als Mitarbeiter/in2 eine idealeVolkshochschule, welche positiven Merkmale müßte diese Ein-richtung unbedingt aufweisen?

5. Wie könnte es gelingen, daß Sie mit der Arbeit Ihrer Volkshoch-schule unzufrieden wären?

6. Wenn Sie der/die Leiter/in der Volkshochschule Hochtaunus-kreis/Oberursel wären, was würden Sie anders machen?

1 oder Kursteilnehmer/in, Kursleiter/in, Bürgermeister im Zuständigkeitsbe-reich, Frauenbeauftragte, Beiratsmitglied, Vorstandsmitglied.

2 oder Kursteilnehmer/in, Kursleiter/in, Bürgermeister im Zuständigkeitsbe-reich, Frauenbeauftragte, Beiratsmitglied, Vorstandsmitglied.

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Autor

Dr. phil. Stefan Loibl, Jahrgang 1958, Diplom-Pädagoge, ist Leiterdes Weiterbildungsreferats der IHK Hochrhein-Bodensee. Stu-dium der Erziehungswissenschaften, Psychologie und Soziolo-gie mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung an der Univer-sität Augsburg. Tätigkeiten als Pädagoge beim DAG Bildungs-werk in Augsburg, Leiter der ausbildungsbegleitenden Hilfender Münchner Volkshochschule und später der Kreisvolkshoch-schule Hochtaunus. Seit 2001 Lehraufträge an der Fachhoch-schule Ravensburg Weingarten und der Universität Konstanz.Arbeitsschwerpunkte: Qualitätsmanagement in der Weiterbil-dung, Organisations- und Personalentwicklung sowie Weiter-bildungsnetzwerke.

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