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Stiftung Zentrum für Türkeistudien Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland: Lebenssituation und Integrationsstand . . . . . . . . Ergebnisse der neunten Mehrthemenbefragung Eine Analyse im Auftrag des Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen Bericht: Dr. Martina Sauer Essen, Februar 2009

Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland: Lebenssituation und Integrationsstand

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Page 1: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Stiftung Zentrum für Türkeistudien

Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland: Lebenssituation und Integrationsstand . . . . . . . . Ergebnisse der neunten Mehrthemenbefragung

Eine Analyse im Auftrag des Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen Bericht: Dr. Martina Sauer

Essen, Februar 2009

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Inhalt Tabellen- und Abbildungsverzeichnis ............................................................................4 1. Vorbemerkung ......................................................................................................9 2. Kurzübersicht der aktuellen Ergebnisse ..........................................................11 3. Ausgangspunkt und Zielsetzung der Untersuchung ......................................18 4. Rückblick auf die Ergebnisse der Vorjahre (1999 bis 2006) ..............................29

5. Methodik und Durchführung der Befragung....................................................44 5.1. Grundgesamtheit und Stichprobenziehung..........................................................44 5.2. Durchführung der Erhebung ..................................................................................46

5.3. Repräsentativität: Fehlertoleranz und Vergleich von Befragten und Grundgesamtheit.....................................................................................................50 5.3.1. Theoretische Fehlertoleranz.............................................................50

5.3.2. Vergleich der Befragtengruppe mit der amtlichen Statistik ..............51

6. Die Ergebnisse ...................................................................................................54 6.1. Soziodemographische Merkmale und Religiosität...............................................55

6.1.1. Soziodemographische Merkmale .....................................................55

6.1.2. Religiosität........................................................................................59

6.2. Kognitive Integration ..............................................................................................65 6.2.1. Schul- und Berufsausbildung ...........................................................65

6.2.2. Sprachkenntnisse.............................................................................74

6.3. Strukturelle Integration ...........................................................................................80 6.3.1. Erwerbstätigkeit, berufliche Stellung, Einkommen und

Wohnsituation...................................................................................80

6.3.2. Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und Zufriedenheit

mit den Lebensbedingungen ............................................................94

6.4. Identifikative Integration .......................................................................................106 6.4.1. Rückkehrabsicht und Heimatverbundenheit...................................108

6.4.2. Staatsbürgerschaft und Einbürgerungsabsicht ..............................116

6.4.3. Index der identifikativen Integration................................................128

6.5. Gesellschaftliche Integration ...............................................................................131 6.5.1. Kontakte in verschiedenen Lebensbereichen und in

der Freizeit .....................................................................................133

6.5.2. Wohnräumliche Segregation? ........................................................148

6.5.3. Organisatorische Integration ..........................................................154

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6.5.4. Diskriminierungserfahrungen .........................................................162

6.5.5. Parallelgesellschaften? ..................................................................168

6.6. Politische Einstellungen und Partizipation.........................................................177 6.6.1. Politisches Interesse ......................................................................178

6.6.2. Interessenvertretung durch politische Organisationen ...................182

6.6.3. Politische Problemwahrnehmung...................................................188

6.6.4. Parteienpräferenz...........................................................................192

6.7. Migranten und Medien ..........................................................................................206 6.7.1. Nutzung deutscher und türkischsprachiger Medien allgemein.......221

6.7.2. Mediennutzung und Integration......................................................224

6.7.3. Art der genutzten Medien ...............................................................225

6.7.4. Zeitungsnutzung.............................................................................228

6.7.5. Fernsehnutzung .............................................................................232

6.7.6. Funktion deutscher und türkischer Medien ....................................240

6.7.7. Glaubwürdigkeit..............................................................................249

6.7.8. Beurteilung der Berichterstattung im Falle des Brandes in

Ludwigshafen .................................................................................253

6.7.9. Nutzung und Einschätzung von Ethnomedien im engeren Sinn. ...261

7. Fazit ..................................................................................................................270 8. Anhang..............................................................................................................277 Literaturverzeichnis ..............................................................................................................278

Tabellarischer Zeitvergleich NRW 1999 bis 2008 ................................................................288

Tabellarischer Vergleich NRW – Deutschland 2008 ............................................................305

Fragebogen ..........................................................................................................................331

Fehlertoleranztabellen..........................................................................................................380

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Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabellen: Tabelle 1: Integrationsbereiche nach Esser.....................................................................21 Tabelle 2a: Ausschöpfung und Ausfallgründe in NRW ......................................................47 Tabelle 2b: Ausschöpfung und Ausfallgründe in den anderen Bundesländern .................49 Tabelle 3a: Vergleich der Befragten in NRW mit dem Mikrozensus 2005 .........................52 Tabelle 3b: Vergleich der bundesweit Befragten mit dem Mikrozensus 2007 ...................53 Tabelle 3c: Vergleich der Befragten mit dem Mikrozensus 2007 nach Bundesländern ....53 Tabelle 4: Soziodemographische Merkmale....................................................................56 Tabelle 5: Religionszugehörigkeit ....................................................................................60 Tabelle 6: Religiosität nach Altersgruppen ......................................................................63 Tabelle 7: Anteile religiöser Befragter nach soziodemographischen Merkmalen ............64 Tabelle 8: Land des Schulbesuchs nach soziodemographischen Merkmalen ................67 Tabelle 9: Schulbildung nach Ländern.............................................................................68 Tabelle 10: Schulabschlüsse zusammengefasst ...............................................................69 Tabelle 11: Schulabschlüsse nach Altersgruppen – nur NRW ..........................................70 Tabelle 12: Schulabschlüsse der 18- bis 29-Jährigen Bildungsinländer nach Geschlecht .............................................................................................71 Tabelle 13: Berufliche Ausbildung – gesamt und nach Geschlecht...................................72 Tabelle 14: Berufsausbildung nach Altersgruppen ............................................................74 Tabelle 15: Sehr gute und gute Deutschkenntnisse (Verstehen) nach

soziodemographischen Merkmalen ................................................................79 Tabelle 16: Erwerbstätigkeit gesamt und nach Geschlecht ...............................................80 Tabelle 17: Struktur der nicht und geringfügig Erwerbstätigen gesamt und nach

Geschlecht ......................................................................................................82 Tabelle 18: Struktur der Erwerbstätigen ............................................................................83 Tabelle 19: Haushaltsnettoeinkommen..............................................................................85 Tabelle 20: Merkmale von Personen, die in Haushalten unterhalb der Armutsgrenze leben ........................................................................................90 Tabelle 21: Einschätzung der wirtschaftlichen Lage nach Altersgruppen..........................97 Tabelle 22: Einschätzung der wirtschaftlichen Lage nach sozioökonomischer Situation ..........................................................................................................98 Tabelle 23: Sorge vor dem Verlust des Arbeitsplatzes nach soziodemographischen Merkmalen ....................................................................................................100 Tabelle 24: Zufriedenheit mit den Berufschancen und den Angeboten zur Aus- und Weiterbildung nach sozioökonomischen Merkmalen .............................104 Tabelle 25: Zufriedenheit mit den Berufschancen und den Angeboten zur Aus- und Weiterbildung nach Einschätzung der wirtschaftlichen Lage ........................105 Tabelle 26: Rückkehrabsicht nach Heimatverbundenheit................................................112 Tabelle 27: Rückkehrabsicht und Heimatverbundenheit nach Zufriedenheit in

verschiedenen Lebensbereichen und Einschätzung der wirtschaftlichen Situation...............................................................................113 Tabelle 28: Rückkehrabsicht und Heimatverbundenheit nach soziodemographischen

Merkmalen – nur NRW..................................................................................114 Tabelle 29: Einbürgerungen türkischer Migranten 1992 bis 2007 ...................................117 Tabelle 30: Deutsche Staatsangehörigkeit nach soziodemographischen Merkmalen.....121 Tabelle 31: Deutsche Staatsangehörigkeit nach Rückkehrabsicht und

Heimatverbundenheit ....................................................................................122 Tabelle 32: Einbürgerungsabsicht nach positiver Einschätzung der wirtschaftlichen

Situation ........................................................................................................124

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Tabelle 33: Einbürgerungsabsicht nach soziodemographischen Merkmalen – nur NRW ....................................................................................................125 Tabelle 34: Identifikative Orientierung nach soziostrukturellen Merkmalen – nur NRW ....................................................................................................130 Tabelle 35: Keine Kontakte zu Deutschen nach soziodemographischen Merkmalen .....134 Tabelle 36: Kontakte zu Deutschen in verschiedenen Lebensbereichen nach

soziodemographischen Merkmalen ..............................................................137 Tabelle 37: Interkulturelle Freizeitkontakte nach soziodemographischen Merkmalen ....................................................................................................141 Tabelle 38: Wunsch nach mehr Kontakten zu Deutschen nach Anzahl der Bereiche mit Kontakten zu Deutschen und nach interkulturellen

Freundschaftsbeziehungen...........................................................................144 Tabelle 39: Wunsch nach mehr Kontakten zu Deutschen nach soziodemographischen Merkmalen ..............................................................145 Tabelle 40: Beziehungen zu Deutschen kombiniert mit dem Wunsch nach weiteren

Kontakten im Zeitvergleich 2001 bis 2008 – nur NRW..................................147 Tabelle 41: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend nach Zufriedenheit mit den Wohnverhältnissen und Zufriedenheit mit dem sozialen Umfeld......152 Tabelle 42: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend nach bestehenden Kontakten in der Nachbarschaft und nach Wunsch nach mehr Kontakten zu Deutschen ...............................................................................153 Tabelle 43: Mitgliedschaft in Vereinen nach soziodemographischen Merkmalen............156 Tabelle 44: Verteilung nach deutschen und türkischen Organisationen..........................159 Tabelle 45: Mitgliedschaft in Vereinen 2001 bis 2008 – nur NRW...................................160 Tabelle 46: Mitgliedschaft in ausgewählten Organisationen nach soziodemographischen Merkmalen ..............................................................161 Tabelle 47: Diskriminierungserfahrungen nach soziodemographischen Merkmalen.......164 Tabelle 48: Diskriminierungserfahrungen nach Einstellungen.........................................165 Tabelle 49: Verteilung der Überschreitung der Segregationsgrenzwerte nach Anzahl der Bereiche......................................................................................171 Tabelle 50: Soziodemographische Merkmale der Angehörigen der "Parallelgesellschaft".....................................................................................174 Tabelle 51: Kognitive und wirtschaftliche Teilhabe der Angehörigen der

"Parallelgesellschaft".....................................................................................175 Tabelle 52: Starkes Interesse an deutscher und türkischer Politik nach

soziodemographischen Merkmalen ..............................................................180 Tabelle 53: Starkes Interesse an deutscher und türkischer Politik nach Einstellungen...181 Tabelle 54: Interessenvertretung (voll und teilweise) durch Institutionen im Vergleich 2006 und 2008 – nur NRW ...........................................................185 Tabelle 55: Interessenvertretung (voll und teilweise) durch Institutionen im Vergleich

Deutschland und NRW .................................................................................187 Tabelle 56: Wichtigkeit politischer Probleme im Vergleich 2006 und 2008 – nur NRW ....................................................................................................191 Tabelle 57: Wichtigkeit politischer Probleme (eher wichtig) – Vergleich Deutschland –

NRW..............................................................................................................191 Tabelle 58: Parteipräferenz bei der nächsten Landtagswahl in NRW – nur NRW...........193 Tabelle 59: Parteipräferenz bei Landtagswahlen sowohl deutscher als auch türkischer

Staatsbürger nach soziodemographischen Merkmalen – nur NRW .............201 Tabelle 60: Parteipräferenz bei der nächsten Landtagswahl in NRW (nur NRW) und der

nächsten Bundestagswahl ............................................................................202 Tabelle 61: Parteipräferenz bei der nächsten Bundestagwahl nach Staatsbürgerschaft.203

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Tabelle 62: Nutzung deutscher und türkischer Medien nach soziodemographischen Merkmalen ....................................................................................................223

Tabelle 63: Mediennutzung nach kultureller Identität und gesellschaftlicher Integration .....................................................................................................225 Tabelle 64: Nutzung deutscher und türkischer Tageszeitungen nach

soziodemographischen Merkmalen ..............................................................229 Tabelle 65: Nutzung deutschen und türkischen Fernsehens nach soziodemographischen Merkmalen ..............................................................234 Tabelle 66: Überwiegender Fernsehkonsum der Komplementärnutzer...........................238 Tabelle 67: Überwiegende Nutzung von deutschem oder türkischem Fernsehen nach

soziodemographischen Merkmalen ..............................................................239 Tabelle 68: Genreinteresse nach deutschem und türkischem Fernsehen.......................242 Tabelle 69: Ausgewählte Genres im deutschen und türkischen Fernsehen nach

soziodemographischen Merkmalen ..............................................................243 Tabelle 70: Meinungen zu deutschen und türkischen Medien.........................................248 Tabelle 71: Glaubwürdigkeit deutscher und türkischer Medien .......................................250 Tabelle 72: Glaubwürdigkeit von Medien nach Mediensprache und Art der genutzten Medien..........................................................................................252 Tabelle 73: Glaubwürdigkeit von Medien nach soziodemographischen Merkmalen – nur NRW ....................................................................................................253 Tabelle 74: Beurteilung der Berichterstattung zum Brand in Ludwigshafen in deutschen und türkischen Medien ................................................................256 Tabelle 75: Index der Beurteilung der Berichterstattung zu Ludwigshafen in deutschen und türkischen Medien ................................................................257 Tabelle 76: Beurteilung der Berichterstattung über den Brand in Ludwigshafen in

deutschen und türkischen Medien nach genutzter Mediensprache ..............258 Tabelle 77: Beurteilung der Berichterstattung über den Brand in Ludwigshafen in

deutschen und türkischen Medien nach generell zugeschriebener Glaubwürdigkeit ............................................................................................259

Tabelle 78: Beurteilung der Berichterstattung über den Brand in Ludwigshafen in deutschen und türkischen Medien nach soziodemographischen

Merkmalen ....................................................................................................260 Tabelle 79: Nutzung von Ethnomedien i.e.S. nach soziodemographischen Merkmalen ....................................................................................................264 Tabelle 80: Ethnomediennutzer i.e.S. nach allgemeiner Mediennutzung........................264 Tabelle 81: Meinungen zu deutschen und türkischen Medien nach der Nutzung von

Ethnomedien i.e.S.........................................................................................265 Tabelle 82: Hohe Wichtigkeit der Zweisprachigkeit von Ethnomedien i.e.S. nach

Deutschkenntnissen und Mediennutzung .....................................................267 Abbildungen: Abbildung 1: Selbsteinschätzung der Religiosität ................................................................61 Abbildung 2: Grad der Religiosität im Zeitvergleich 2000 bis 2008 - nur NRW....................62 Abbildung 3: Berufliche Ausbildung 1999 bis 2008 – nur NRW ...........................................73 Abbildung 4: Subjektive Sprachkompetenz Deutsch ...........................................................76 Abbildung 5: Deutschkenntnisse (Verstehen) 2000 bis 2008 – nur NRW............................76 Abbildung 6: Deutschkenntnisse (Verstehen) nach Altersgruppen – nur NRW ...................77 Abbildung 7: Erwerbstätigkeit 1999 bis 2008 – nur NRW ....................................................81 Abbildung 8: Berufliche Stellung nach Altersgruppen ..........................................................84 Abbildung 9: Nettohaushaltseinkommen 1999 bis 2008 – nur NRW ...................................86

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Abbildung 10: Durchschnittliches Haushaltsnettoeinkommen nach beruflicher und sozialer Stellung.......................................................................................88 Abbildung 11: Wohnsituation .................................................................................................92 Abbildung 12: Wohnsituation 1999 bis 2008 - nur NRW........................................................93 Abbildung 13: Plan zum Erwerb von Wohneigentum.............................................................93 Abbildung 14: Beurteilung der allgemeinen und der eigenen wirtschaftlichen Lage - nur NRW .......................................................................................................95 Abbildung 15: Beurteilung der allgemeinen und der eigenen wirtschaftlichen Lage –

Deutschland ....................................................................................................95 Abbildung 16: Einschätzung der allgemeinen und der eigenen wirtschaftlichen Lage 1999 bis 2008 – nur NRW...............................................................................96 Abbildung 17: Sorge um den Arbeitsplatz in naher Zukunft 1999 bis 2008 – nur NRW ........99 Abbildung 18: Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbedingungen – nur NRW...............101 Abbildung 19: Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbedingungen 1999 bis 2008 – nur NRW ....................................................................................................102 Abbildung 20: Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbedingungen – Vergleich NRW und Deutschland ...........................................................................................103 Abbildung 21: Rückkehrabsicht und Heimatverbundenheit .................................................109 Abbildung 22: Rückkehrabsicht 1999 bis 2008 – nur NRW .................................................110 Abbildung 23: Heimatverbundenheit 1999 bis 2008 – nur NRW..........................................111 Abbildung 24: Staatsangehörigkeit ......................................................................................119 Abbildung 25: Staatsangehörigkeit 1999 bis 2008 – nur NRW ............................................120 Abbildung 26: Absicht zur Einbürgerung..............................................................................123 Abbildung 27: Absicht zur Einbürgerung 1999 bis 2008 – nur NRW ...................................124 Abbildung 28: Erfüllung der Einbürgerungskriterien ............................................................126 Abbildung 29: Erfüllung der Einbürgerungskriterien 2000 bis 2008 – nur NRW ..................127 Abbildung 30: Verteilung der Eingebürgerten, Antragsteller und Einbürgerungswilligen mit

Erfüllung der Einbürgerungskriterien sowie Einbürgerungsunwillige ............128 Abbildung 31: Identifikative Orientierung .............................................................................129 Abbildung 32: Anzahl der Lebensbereiche, in denen Kontakte zu Deutschen bestehen.....133 Abbildung 33: Kontakte zu Deutschen in verschiedenen Lebensbereichen ........................135 Abbildung 34: Kontakte zu Deutschen in verschiedenen Lebensbereichen 1999 bis 2008 – nur NRW ...........................................................................................136 Abbildung 35: Interkulturelle Freizeitbeziehungen ...............................................................138 Abbildung 36: Interkulturelle Freizeitkontakte 2001 bis 2008 - nur NRW.............................139 Abbildung 37: Wunsch nach mehr Kontakt zu Deutschen ...................................................142 Abbildung 38: Wunsch nach mehr Kontakt zu Deutschen 1999 bis 2008 – nur NRW.........143 Abbildung 39: Beziehungen zu Deutschen kombiniert mit Wunsch nach weiteren Kontakten ......................................................................................................146 Abbildung 40: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend ..........................................150 Abbildung 41: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend 1999 bis 2008 – nur NRW 151 Abbildung 42: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend nach Wohnsituation – nur

NRW..............................................................................................................153 Abbildung 43: Mitgliedschaft in Vereinen .............................................................................155 Abbildung 44: Mitgliedschaft in Vereinen 2001 bis 2008 – nur NRW...................................158 Abbildung 45: Diskriminierungserfahrungen ........................................................................163 Abbildung 46: Diskriminierungserfahrungen 1999 bis 2008 – nur NRW..............................163 Abbildung 47: Diskriminierungserfahrungen in verschiedenen Lebensbereichen................166 Abbildung 48: Diskriminierungswahrnehmung 1999 bis 2008 – nur NRW...........................168 Abbildung 49: Gesellschaftliche Integration (summativer Index) .........................................172 Abbildung 50: Verteilung Nicht-Segregierter und Segregierter im Vergleich 2001 bis 2008 – nur NRW ........................................................173

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Abbildung 51: Interesse an deutscher und türkischer Politik ...............................................178 Abbildung 52: Interesse an deutscher und türkischer Politik 1999 bis 2008 – nur NRW .....179 Abbildung 53: Interessenvertretung durch politische Institutionen – nur NRW ....................183 Abbildung 54: Interessenvertretung (voll und teilweise) durch Institutionen 1999 bis 2008 – nur NRW ...........................................................................................184 Abbildung 55: Interessenvertretung durch politische Institutionen – nur Deutschland.........186 Abbildung 56: Wichtigkeit der Bearbeitung politischer Probleme in Nordrhein-Westfalen – nur NRW ....................................................................................................188 Abbildung 57: Wichtigkeit der Bearbeitung politischer Probleme in Nordrhein-Westfalen 1999 bis 2008 – nur NRW.............................................................................190 Abbildung 58: Parteipräferenz bei den nächsten Landtagswahlen in NRW 1999 bis 2008 -

nur NRW .......................................................................................................194 Abbildung 59: Parteipräferenz bei den nächsten Landtagswahlen in NRW nach

Staatsbürgerschaft - nur NRW ......................................................................195 Abbildung 60: Wahlabsicht der Wahlberechtigten bei Landtagswahlen in NRW nach

Interesse an deutscher Politik – nur NRW, nur deutsche Staatsbürger ........196 Abbildung 61: "Gültige Stimmen" der wahlberechtigten türkeistämmigen Migranten bei der nächsten Landtagswahl in NRW – nur NRW ....................................197 Abbildung 62: Gewinne und Verluste der Parteien bei Landtagswahlen in NRW nach gültigen Stimmen von 2006 nach 2008 – nur NRW, nur Wahlberechtigte ....198 Abbildung 63: Parteipräferenz der wahlberechtigten türkeistämmigen Migranten und der wahlberechtigten Gesamtbevölkerung in NRW (Oktober 2008) ......199 Abbildung 64: Wahlabsicht bei Bundestagswahlen nach starkem Interesse an deutscher

Politik – nur Wahlberechtigte ........................................................................203 Abbildung 65: "Gültige Stimmen" der wahlberechtigten türkeistämmigen Migranten bei der nächsten Bundestagswahl ................................................................204 Abbildung 66: Wahlpräferenz der wahlberechtigten türkeistämmigen Migranten in NRW und

in Deutschland und der wahlberechtigten Gesamtbevölkerung bei Bundestagswahlen in Deutschland (Oktober 2008).....................................205

Abbildung 67: Nutzung deutscher und türkischsprachiger Medien ......................................221 Abbildung 68: Nutzung deutscher und türkischer Medien 2001 bis 2008 – nur NRW .........222 Abbildung 69: Nutzung deutscher und türkischer Medien nach Art der Medien ..................226 Abbildung 70: Nutzung deutscher und türkischer Medien nach Art der Medien im

Zeitvergleich 2001 bis 2008 – nur NRW .......................................................227 Abbildung 71: Nutzung von Tageszeitungen nach Sprache ................................................228 Abbildung 72: Nutzung deutscher Tageszeitungen .............................................................230 Abbildung 73: Nutzung türkischer Tageszeitungen..............................................................231 Abbildung 74: Abonnement von Tageszeitungen ................................................................232 Abbildung 75: Nutzung des Fernsehens als Informationsmedium nach Sprache................233 Abbildung 76: Meistgesehene deutsche Fernsehsender .....................................................235 Abbildung 77: Meistgesehene türkische Fernsehsender .....................................................237 Abbildung 78: Überwiegende Nutzung deutschen oder türkischsprachigen Fernsehens....238 Abbildung 79: Genreinteresse..............................................................................................241 Abbildung 80: Informationsmedien zum Geschehen in Deutschland...................................246 Abbildung 81: Informationsmedien zum Geschehen in der Türkei ......................................247 Abbildung 82: Nutzung von Ethnomedien im engeren Sinn.................................................262 Abbildung 83: Bewertung von Ethnomedien im engeren Sinn durch die Nutzer .................266 Abbildung 84: Wichtigkeit der Zweisprachigkeit von Ethnomedien i.e.S..............................267

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1. Vorbemerkung

Die repräsentative Mehrthemenbefragung der türkeistämmigen Bevölkerung in Nordrhein-

Westfalen der Stiftung Zentrum für Türkeistudien im Auftrag des Ministeriums für

Generationen, Frauen, Familie und Integration fand seit 1999 jährlich statt, im Jahr 2006

wurde die achte Untersuchung durchgeführt.1 2007 fand jedoch keine Mehrthemenbefragung

statt, so dass die neunte Folge der Studie erst Ende 2008 durchgeführt wurde und für 2007

keine Daten vorliegen.

Zusätzlich zu der Befragung in NRW wurde 2008 zeitgleich und mit dem gleichen

Erhebungsinstrument eine repräsentative Befragung in den anderen 15 deutschen Bundes-

ländern durchgeführt, um zu untersuchen, ob und inwieweit sich die türkeistämmigen

Migranten in Nordrhein-Westfalen von den türkeistämmigen Migranten im Bundesgebiet

unterscheiden. Die Befragten der bundesweiten Erhebung spiegeln in ihrer Zusammen-

setzung ihre Verteilung nach Bundesländern wider und sind ebenso wie die Befragten in

NRW nach Geschlecht und Alter repräsentativ für die türkeistämmige Bevölkerung ab 18

Jahren.

Die neunte Mehrthemenbefragung widmet sich neben der standardmäßigen Analyse des

Grades der Integration türkeistämmiger Migranten in verschiedenen Lebensbereichen im

variablen Befragungsteil vertiefend der Nutzung und Einschätzung deutscher und

muttersprachlicher Medien.

Das Ziel der repräsentativen Mehrthemenbefragungen unter den türkeistämmigen Bürgerin-

nen und Bürgern ist, Auskünfte über das subjektive Empfinden und das Stimmungsbild unter

den rund 851.0002 türkeistämmigen Migranten in Nordrhein-Westfalen zu geben. Zusätzlich

1 Veröffentlicht: Sauer, Martina: Perspektiven des Zusammenlebens. Die Integration türkisch-

stämmiger Migranten in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse der achten Mehrthemenbefragung. Essen 2007. In: www.zft-online.de.

2 Darunter 630.000 türkische Staatsbürger und rund 221.000 eingebürgerte türkeistämmige Migranten. Quelle: Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrati-onsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 210. Datenquelle Mikrozensus 2006. Al-lerdings lässt der Mikrozensus nur Rückschlüsse auf die Herkunftsnationalität bei ausländi-schen Staatsbürgern und bei eingebürgerten Deutschen zu. Personen, die durch Geburt Deutsche sind, aber türkeistämmige Eltern haben – weil ein oder beide Elternteile deutsche Staatsbürger sind oder aufgrund des neuen Staatsangehörigengesetzes wurden, sind in die-ser Zahl nicht enthalten. Rechnet man diese mit ein, kann die Gesamtzahl der türkeistämmi-gen Zuwanderer in NRW auf ca. 980.000 geschätzt werden.

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soll in der aktuellen Erhebung mit einem bundesweiten Vergleich untersucht werden, wie

sich die Ergebnisse auf Bundesebene darstellen und ob es im Vergleich zur türkeistämmigen

Bevölkerung in Deutschland Besonderheiten bei den in Nordrhein-Westfalen lebenden

türkeistämmigen Zuwanderern gibt.

Die Daten bieten Einblicke in die Wahrnehmungen, Interessen und Einstellungen dieser

Bevölkerungsgruppe und gehen damit weit über den Rahmen der amtlichen Statistiken hin-

aus. Der Zeitvergleich in Nordrhein-Westfalen ermöglicht, Veränderungen der Stimmungen

und Einstellungen sowie den Stand der Integration in zentralen Lebensbereichen

aufzuzeigen.

Der vorliegende Bericht dokumentiert die neunte repräsentative, computerunterstützte,

telefonische Befragung (CATI) unter 1.000 volljährigen türkeistämmigen Migranten in

Nordrhein-Westfalen, die im Oktober 2008 stattfand. Zusätzlich werden die Ergebnisse der

zeitgleich und mit der gleichen Methode und dem gleichen Instrumentarium erhobenen

Daten der bundesweiten Befragung vorgestellt, bei der neben den Befragten aus NRW 655

türkeistämmige Migranten in den anderen Bundesländern befragt wurden. Der Methodenteil

dient dazu, die Qualität der Daten und damit der Ergebnisse bewerten zu können. An den

methodischen Teil schließt sich die Datenanalyse an, die zunächst die soziodemographische

Struktur einschließlich der Religiosität der Befragten vorstellt. Im Anschluss daran werden

die Ergebnisse des inhaltlichen Erhebungsteils sowohl im Zeitvergleich als auch im Vergleich

mit den bundesweiten Daten vorgestellt:

- Die wirtschaftliche und soziale Situation anhand des Bildungs- und Berufsstatus, die

Sprachkenntnisse sowie die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und die Zufrieden-

heit mit der Lebenssituation;

- Die kulturelle Identität anhand der Staatsangehörigkeit, die Einbürgerungsabsicht, die

Heimatverbundenheit und die Rückkehrabsicht;

- Die gesellschaftliche Integration anhand der Kontakte und Freundschaften zu Deutschen,

das Wohnumfeld, die Vereinsmitgliedschaften und die Diskriminierungserfahrungen;

- die politische Einbindung anhand politischer Einstellung und Problemwahrnehmung.

Zusätzlich zu diesem Standarderhebungsteil wurde im variablen Befragungsteil die

Mediennutzung ausführlich und mit im Vergleich zur standardmäßigen Mediennutzung

zahlreichen zusätzlichen Fragen erhoben. Die Ergebnisse hierzu werden im Anschluss an

den Standarderhebungsteil vorgestellt.

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2. Kurzübersicht der Ergebnisse Demographische Merkmale und Religiosität der Migranten

• Die demographischen Merkmale der erwachsenen türkeistämmigen Bevölkerung in NRW

und in Deutschland weichen von denen der einheimischen Bevölkerung aufgrund der

Migrationsgeschichte deutlich ab. Das Durchschnittsalter der Türkeistämmigen ist

geringer, der Anteil Junger ist höher, der Anteil älterer geringer, wobei er stetig wächst.

Mit bedingt durch die Alterszusammensetzung ist die Einbindung in familiäre Bezüge

höher: Der Anteil der Verheirateten liegt bei knapp 80%, die Haushalte sind größer und

die Kinderzahl höher.

• Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liegt bei 25 Jahren, zwei Drittel der Befragten

leben inzwischen 20 Jahre und länger in Deutschland. Rund ein Viertel der Erwachsenen

ist in Deutschland geboren.

• Insgesamt sind knapp ein Fünftel der erwachsenen türkeistämmigen Migranten der

ersten Generation zuzurechnen, rund die Hälfte können als Nachfolgegeneration

bezeichnet werden (in Deutschland geboren oder aufgewachsen). Gut ein Viertel sind

Heiratsmigranten der Nachfolgegeneration.

• Nach einer deutlichen Zunahme der Religiosität im Jahr 2003 hat sich der Anteil nun

offenbar bei rund drei Vierteln eingependelt, die sich als eher oder sehr religiös

definieren. Dabei sind die Altergruppenunterschiede eher gering, deutschlandweit sind

junge Migranten noch häufiger religiös als in NRW. Die Religiosität ist in NRW insgesamt

geringfügig höher

• Zwischen den Befragten in NRW und in Deutschland bestehen bei den demographischen

Merkmalen keine wesentlichen Unterschiede.

Kognitive Integration

• Knapp die Hälfte der erwachsenen türkeistämmigen Migranten sind Bildungsinländer,

haben also die Schule in Deutschland beendet.

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• Insgesamt ist das Bildungsniveau relativ niedrig. Gut ein Viertel verfügt über keinen quali-

fizierenden Schulabschluss, unter denjenigen, die die Schule in der Türkei absolvierten,

liegt dieser Anteil bei fast der Hälfte, bei Bildungsinländern ist es fast jeder Zehnte.

• Das Bildungsniveau nimmt auch unter den Bildungsinländern nur sehr langsam zu, auch

wenn die jüngeren Migranten über ein deutlich höheres Niveau verfügen als die älteren.

In der ältesten Gruppe weisen zwei Drittel der Migranten keinen Schulabschluss auf, bei

den Unter-30-Jährigen sind es 6%. Von den Unter-30-Jährigen haben immerhin 17% das

deutsche Abitur. Unter den Bildungsinländern verfügt rund ein Fünftel der unter 30-

Jährigen über einen Hauptschulabschluss, ein Drittel über einen Realschulabschluss und

knapp ein Viertel über das Abitur.

• In NRW ist das Bildungsniveau der Jüngeren bzw. der Bildungsinländer etwas höher als

bundesweit.

• Mehr als die Hälfte der Migranten verfügt nicht über eine berufliche Ausbildung, auch bei

den Unter-30-Jährigen liegt dieser Anteil bei gut einem Viertel in NRW und bei einem

Drittel deutschlandweit. Allerdings steigt der Anteil derjenigen mit Ausbildung über die

Zeit leicht an.

• Deutschlandweit ist der Anteil ohne Berufsausbildung noch etwas höher als in NRW, dies

gilt auch für die jüngste Gruppe.

• Rund die Hälfte der türkeistämmigen Migranten verfügt nach eigenen Angaben über sehr

gute und gute Deutschkenntnisse. Im Zeitvergleich zeigt sich eine Zunahme sowohl bei

den guten, aber auch bei den schlechten Deutschkenntnissen. Bei jüngeren und höher

gebildeten Migranten ist der Anteil mit guten Deutschkenntnissen deutlich höher.

Strukturelle Integration

• Der Anteil der erwerbstätigen Migranten sinkt im Zeitvergleich, der Anteil der Arbeitslosen

nimmt allerdings leicht ab, der der Rentner nimmt hingegen zu. Knapp die Hälfte der

Befragten geht einer Erwerbstätigkeit nach, deutschlandweit liegt dieser Anteil etwas

höher als in NRW. Insbesondere unter Frauen ist der Erwerbstätigenanteil mit rund

einem Drittel gering.

• Unter den Migranten finden sich mit rund der Hälfte der Erwerbstätigen sehr viel mehr

an- und ungelernte Arbeiter und mit rund einem Fünftel sehr viel weniger Angestellte als

Page 13: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

13

in der deutschen Bevölkerung, wobei sich hier nur leichte Verschiebungen in den

jüngeren Altersgruppen zeigen, die etwas seltener als Arbeiter und etwas häufiger als

Angestellte tätig sind.

• Das Haushaltseinkommen ist mit rund 2.000 € monatlich nach wie vor deutlich geringer

als das deutscher Haushalte, und dies bei einer fast doppelt so hohen Anzahl der

Personen in den Haushalten. Dennoch steigt es langsam an. Deutschlandweit liegt es

geringfügig höher als in NRW, was vor allem auf die höhere Erwerbstätigenquote

zurückzuführen sein dürfte.

• Dennoch sind 40% der türkischen Haushalte in NRW und 34% der türkischen Haushalte

bundesweit – und damit deutlich mehr als in der Gesamtbevölkerung - vom Risiko der

Armut bedroht.

• Die Einschätzung der wirtschaftlichen Situation ist entsprechend der allgemeinen Stim-

mung in Deutschland zwar nach wie vor schlecht – nur jeder Zehnte sieht die allgemeine

und jeder Fünfte die eigene wirtschaftliche Lage positiv, allerdings zeigt sich seit 2006

eine leichte Verbesserung. Auch die Sorge vor dem Arbeitsplatzverlust ist zwar nach wie

vor ausgeprägt, aber geringer als 2005.

Identifikative Integration

• Die kulturelle Identität ist für die Migranten zwiespältig: 60% der türkeistämmigen

Migranten in Deutschland wie in NRW lassen in der Kombination von Rückkehrabsicht,

Heimatverbundenheit, Staatsbürgerschaft und Einbürgerungsabsicht eine Mischidentität

erkennen. Eindeutig auf die Türkei orientiert sind in NRW nur 12%, deutschlandweit 17%,

eine eindeutige Orientierung auf Deutschland findet sich bei rund einem Viertel. Dabei ist

die Orientierung Richtung Deutschland in NRW noch etwas stärker ausgeprägt als

deutschlandweit.

• Eine Mehrheit von 66% in NRW und 61% in Deutschland plant nicht, in die Türkei

zurückzukehren, und 58% in NRW und 54% deutschlandweit fühlen sich mindestens

auch mit Deutschland heimatlich verbunden. Allerdings hat die Rückkehrabsicht im

Zeitvergleich eher zugenommen, die Verbundenheit mit Deutschland hat zunächst

abgenommen, steigt aber seit 2005 wieder etwas an.

Page 14: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

14

Gesellschaftliche Integration

• Mehr als 90% der Migranten haben Kontakte zu Deutschen. Darüber hinaus verfügen

40% der Migranten in NRW und 43% in Deutschland über relativ enge freundschaftliche

Beziehungen zu Deutschen – mit gleich bleibender oder leicht zunehmender Tendenz.

Die Mehrheit wünscht sich mehr Kontakte zu Deutschen, dieser Wunsch nimmt jedoch

eher ab.

• Auf eigenen Wunsch ohne Kontakte – also freiwillig isoliert - sind 2% in NRW und 3% der

Befragten in Deutschland Hierbei sind nur sehr geringe Schwankungen über die Zeit

feststellbar, eine Zunahme ist nicht auszumachen.

• Die wohnräumliche Segregation zeigt über die Zeit keine eindeutige Tendenz und nur

geringe Veränderungen. In NRW leben knapp ein Fünftel in verdichteten Stadtteilen,

deutschlandweit sind es 16%

• Insgesamt nimmt der Anteil der in Verbänden oder Vereinen organisierten Migranten ab,

in NRW sind gut die Hälfte, in Deutschland etwas weniger der Befragten zivilgesellschaft-

lich eingebunden. Dabei macht die Gruppe derjenigen, die nur in türkischen Organisatio-

nen engagiert sind, in NRW 18% und deutschlandweit 12% aus – dies sind 33% der Or-

ganisierten in NRW bzw. 44% in Deutschland. Der größte Anteil der Organisierten ist so-

wohl in deutschen als auch in türkischen Vereinen Mitglied, dieser Anteil steigt leicht an.

• Bildet man aus diesen Merkmalen einen Index der gesellschaftlichen Integration, können

47% der türkeistämmigen Migranten in NRW und in Deutschland als sehr und 35% bzw.

36% als eher gesellschaftlich integriert gelten. Eher nicht oder gar nicht gesellschaftlich

an die Mehrheitsgesellschaft rückgebunden sind jeweils 3%.

• Legt man die Kriterien von Thomas Meyer zu Parallelgesellschaften zugrunde, der

zusätzlich die Religiosität einbezieht, ist keine Zunahme des Anteils der Personen, die in

parallelgesellschaftlichen Strukturen lebt, festzustellen. Als nicht segregiert können

danach 86% der türkeistämmigen Befragten in NRW und 87% der Befragten auf

Bundesebene definiert werden.

• Diskriminierungserfahrungen sind unter den türkeistämmigen Migranten weit verbreitet,

71% in NRW und 72% deutschlandweit haben die Erfahrung von Diskriminierung

berichtet. Für NRW kann dabei eine leichte Abnahme festgestellt werden. Insbesondere

Page 15: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

15

die Bereiche der ökonomischen Konkurrenz wie Arbeits- und Wohnungssuche sowie der

Arbeitsplatz sind diskriminierungsintensiv.

Politische Einstellungen

• Nach wie vor besteht ein höheres Interesse an türkischer als an deutscher Politik,

deutschlandweit ist das Interesse an Politik in beiden Ländern etwas höher als in NRW.

In NRW ist über die Zeit das politische Interesse gesunken, bezüglich der deutschen

Politik noch etwas stärker als bezüglich der türkischen Politik. Das politische Interesse an

beiden Ländern überlappt sich und ist generell eine Frage des Alters, des Geschlechts

und der Bildung; das Interesse an deutscher Politik steht darüber hinaus mit der

kulturellen Identität im Zusammenhang.

• Zugleich bleibt das Gefühl, durch politische Institutionen und Organisationen im politi-

schen System vertreten zu sein, sehr gering. Allerdings ist es in diesem Jahr bezüglich

aller Institutionen in NRW leicht gestiegen, insbesondere bezüglich der Bundesregierung,

der Landesregierung und der Migrantenselbstorganisationen. Dennoch weist nur eine

kleine Minderheit den verschiedenen Institutionen, am häufigsten (Ober)Bürgermeistern,

Migrantenorganisationen, Gewerkschaften und Integrationsräten, eine Interessen-

vertretungsfunktion zu. Dabei bestehen nur geringe Unterschiede zwischen den

Befragten in NRW und in Deutschland.

• Nach wie vor bilden die wirtschaftlichen Bereiche Arbeitslosigkeit und Ausbildungsstellen-

mangel die zentralen Probleme für die Migranten. Doch hat die Verbesserung der

Bildungschancen in diesem Jahr in NRW einen erheblichen Bedeutungszuwachs

erhalten. Deutschlandweit hat die Verbesserung der Bildungschancen eine etwas

geringere Bedeutung als in NRW, ansonsten bestehen jedoch kaum Differenzen

zwischen den Befragten in NRW und denen in Deutschland.

• Ein großer Teil der Migranten – 44% in NRW und 41% in Deutschland - würde an

Landtags- oder Bundestagswahlen nicht teilnehmen oder hat keine eindeutige

Parteipräferenz. Die Parteipräferenz der Migranten in NRW bezüglich Landtagswahlen

liegt mit leicht sinkender Tendenz bei einer Mehrheit von derzeit 69% bei der SPD.

Profitieren würde von der "Wählerwanderung" in NRW bei Landtagswahlen die CDU,

Bündnis 90/Grüne und die Linke. Auch bei Bundestagswahlen wird eindeutig die SPD

favorisiert – von Migranten in NRW und in Deutschland gleichermaßen (68%).

Page 16: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

16

Deutschlandweit sympathisieren die türkeistämmigen Migranten etwas weniger mit der

CDU und etwas stärker mit Bündnis 90/Grüne und der Linken als in NRW.

Migranten und Medien

• Die weit überwiegende Mehrheit der türkeistämmigen Migranten nutzt sowohl deutsche

als auch türkische Medien (90% in NRW und 88% deutschlandweit), sie sind somit

medial bikulturell integriert. Allerdings hat die Nutzung nur türkischer Medien in den

letzten Jahren in NRW leicht zugenommen, dennoch liegt der Anteil derjenigen, die nur

türkische Medien nutzen, in NRW geringfügig unter dem Anteil in Deutschland.

• Die Nutzung deutscher Medien setzt Deutschkenntnisse voraus, diese haben jedoch nur

wenig Einfluss auf die komplementäre Nutzung. Darüber hinaus beeinflussen

Identifikation und gesellschaftliche Integration die Mediennutzung.

• Die wichtigsten Informationsmedien sind gleich bleibend das Fernsehen und die

Tageszeitung, die jeweils in Türkisch etwas häufiger genutzt werden als in Deutsch.

Doch auch hier ist die Nutzung überwiegend komplementär – Zeitungen werden von rund

der Hälfte und Fernsehen von 80% der Befragten in beiden Sprachen genutzt.

• Bei der quantitativen Beurteilung der Fernsehnutzung überwiegt das türkische Fernsehen

das deutsche.

• Türkisches Fernsehen dient sowohl der Information als auch der Unterhaltung,

insbesondere Unterhaltungsserien werden vor allem im türkischen Fernsehen gesehen.

Im deutschen Fernsehen interessieren die türkeistämmigen Zuschauer vor allem

Nachrichten, darüber hinaus Dokumentationen und Reportagen, aber auch Spielfilme.

• Will man sich über das Geschehen in Deutschland informieren, wird am häufigsten das

deutsche Fernsehen herangezogen, mit großem Abstand folgt das türkische Fernsehen,

in NRW noch etwas häufiger als deutschlandweit. Wichtig sind darüber hinaus deutsche

Internetseiten und deutsche Tageszeitungen. Zum Geschehen in der Türkei dominieren

jedoch eindeutig die türkischen Medien, deutsche Medien werden hierfür selten

herangezogen.

• An deutschen Medien wird vor allem kritisiert, dass zu wenig Berichterstattung über

Migranten und ihre Lebenssituation erfolgt, und wenn, dann klischeehaft und negativ.

Zudem fehlt die Berichterstattung über die Türkei.

Page 17: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

17

• Aber auch die türkischen Medien berichten nach Ansicht der überwiegenden Mehrheit

der Befragten zu wenig über die Dinge, die die Migranten in Deutschland betreffen. Doch

sehen sie nach wie vor drei Viertel als eine Brücke in die Heimat.

• Generell wird deutschen Medien eine deutlich höhere Glaubwürdigkeit zugeschrieben als

den türkischen, auch von denjenigen, die auch oder nur türkische Medien nutzen.

• Allerdings ergibt die Beurteilung der Berichterstattung zum Brand in Ludwigshafen im

Februar 2008 ein anderes Bild: Zwar wird der türkischen Berichterstattung in hohem

Maße zu starke Emotionalität und Übertreibung vorgeworfen, jedoch sehr viel häufiger

als den deutschen Medien zugleich Sachlichkeit, Glaubwürdigkeit und Gewissenhaftigkeit

attestiert. Deutschen Medien wird dagegen häufiger Parteilichkeit, Oberflächlichkeit und

Schlampigkeit vorgeworfen. Dies gilt auch für Befragte, die sowohl deutsche als auch

türkische Medien nutzen und auch dann, wenn deutschen Medien generell eine hohe

Glaubwürdigkeit zugeschrieben wird.

• Ethnomedien im engeren Sinn werden von rund einem Viertel der türkeistämmigen

Befragten genutzt, vor allem solchen der mittleren Altersgruppe. Zwei Drittel beurteilen

die Programme als hilfreich, aber nur für wenige füllen sie eine Lücke, die deutsche und

türkische Medien hinterlassen. Die Zweisprachigkeit dieser Medien wird jedoch hoch

geschätzt.

Page 18: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

18

3. Ausgangspunkt und Zielsetzung der Untersuchung3

Die Frage nach der Integration von Gesellschaft stellt sich immer wieder neu, weil sich Ge-

meinschaft immer wieder verändert, differenziert, heterogenisiert und sich die verschiede-

nen, manchmal neu entstehenden Teile und Untergruppen immer wieder neu formieren. Die

Integration von Gesellschaftsstrukturen (Systemintegration) und von Individuen und Gruppen

in die Gesellschaft (Sozialintegration) ist ein ständiger Prozess.4 Mit Blick auf die Zuwanderer

wird die Frage nach Integration jedoch oft so gestellt, als ob es Integration entweder gibt o-

der nicht.5 Anlass der Diskussionen insbesondere über die "gescheiterte Integration" sind

häufig Medienberichte über anomische Handlungen auf Zuwandererseite, die die Stabilität

von Gesellschaft in Frage zu stellen scheinen – so genannte Ehrenmorde, durch Schülerge-

walt und Disziplinlosigkeit überforderte Lehrer, extremer Islamismus oder Fälle von Jugend-

gewalt.6 Deutlich wird bereits hier, dass Integration nicht nur ein wissenschaftlich-

analytisches, sondern auch ein politisch-normatives Konzept ist, das ein bestimmtes Ziel

bzw. eine Vorstellung der gewünschten Gesellschaft transportiert.7

Auch die Sozialintegration von Zuwanderern ist ein Prozess, und zwar einer, der von unter-

schiedlichen und interdependenten Bedingungen und Strukturen abhängt: Von gesellschaftli-

chen Bedingungen ebenso wie von individuellen Ressourcen und Orientierungen. Die Sozi-

alintegration von Zuwanderern funktioniert entgegen der sich lange und hartnäckig haltenden

3 Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit beschränkt sich der vorliegende Text auf die Verwen-

dung der männlichen Form bei der Rede von Individuen und Gruppen. Die weiblichen Individuen und Gruppen sind dabei immer mit gemeint. Strittig ist mitunter die Verwendung des Begriffs "tür-keistämmig". Wir verstehen unter türkeistämmigen Menschen mit familiären Wurzeln in der Tür-kei, unabhängig von der ethnischen Identität und persönlichen Wanderungserfahrung.

4 Vgl. hierzu Imbusch, Peter/Rucht, Dieter: Integration und Desintegration in modernen Gesell-schaften. In: Heitmeyer, Wilhelm/Imbusch, Peter (Hrsg.): Integrationspotenziale einer moder-nen Gesellschaft. Wiesbaden 2005. Im selben Sinn: Bommes, Michael: Integration – gesell-schaftliches Risiko und politisches Symbol. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Heft 22-23/2007; Heitmeyer, Wilhelm: Gibt es eine Radikalisierung des Integrationsproblems? In: Heitmeyer, Wilhelm (Hrsg.): Was hält die Gesellschaft zusammen? Frankfurt 2007. Zur Unter-scheidung von Sozial- und Systemintegration siehe Lockwood, David: Social Integration and System Integration. In: Zollschan, Georg L./Hirsch, Walter (Hrsg.): Explorations in Social Change. London 1964.

5 Ausführlich zu dieser Diskussion: Friedrichs, Jürgen/Jogadzinski, Wolfgang: Theorien sozialer Integration. In: Friedrichs, Jürgen/Jagodzinski, Wolfang (Hrsg.): Soziale Integration. Opla-den/Wiesbaden 1999.

6 Zur Medienberichterstattung in diesem Zusammenhang: Weber-Menges, Sonja: Die Wirkun-gen der Präsentation ethnischer Minderheiten in deutschen Medien. In: Geißler, Rai-ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Bielefeld 2005.

7 So auch Geißler, Rainer: Interkulturelle Integration von Migranten – ein humaner Mittelweg zwischen Assimilation und Segregation. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenme-dien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland. Bielefeld 2005, S. 46.

Page 19: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

19

Vorstellung nicht quasi automatisch, indem sich Zuwanderinnen und Zuwanderer – gleich-

mäßig - über jede Generation ein Stück weiter an die Kultur der Aufnahmegesellschaft an-

passen und ihre Herkunftskultur in entsprechendem Maße aufgeben (Assimilation), wie die

aus den 1930er Jahren stammenden, ersten amerikanischen Integrationskonzepte zu Ein-

wanderern suggerieren.8 Neuere Integrations- bzw. Akkulturaltionsmodelle nehmen – neben

der strukturellen Integration - daher sowohl die Einstellung der Migranten zur Auf-

nahmegesellschaft als auch ihre Einstellung zur Herkunftsgesellschaft in den Blick.9 Von

(kultureller) Integration wird danach dann gesprochen, wenn sich sowohl Elemente der Auf-

nahmekultur als auch solche der Herkunftskultur in den Einstellungen und Orientierungen

zeigen (interkulturelle oder Mehrfachintegration).10 Beides muss nicht reziprok proportional

verlaufen, um von kultureller Integration sprechen zu können. Vor allem ist die Übernahme

der Kultur der Aufnahmegesellschaft nicht nur von den Zuwanderern abhängig, die sich ihr

entweder anpassen oder verweigern, sondern auch von der Offenheit der Gesellschaft, der

Gewährung von Chancengleichheit und gleichberechtigter Teilhabe an gesellschaftlichen

Ressourcen (systemische Integration, Inklusion).11 Die kulturalistische Sicht des Integrations-

prozesses, die nur dann von erfolgreicher Integration spricht, wenn Zuwanderer ihre Her-

kunftskultur zugunsten der Aufnahmekultur aufgeben, sich also kulturell assimilieren, lässt

jedoch die systemischen Bedingungen, die die Teilhabechancen definieren, aus dem Blick.12

Die Migrationsforschung hat herausgearbeitet, dass (kulturelle) Assimilation nur dann wahr-

scheinlich ist, wenn in der Aufnahmegesellschaft keine soziale Schließung zu finden ist,

wenn also die Zugehörigkeit zur Minorität keinen Einfluss auf die sozialen Chancen und den

Statuserwerb hat. Bestehen jedoch hohe Zugangsbarrieren zur Aufnahmegesellschaft und

geringe Teilhabemöglichkeiten, ist auch die (kulturelle) Segregation wahrscheinlicher.13

8 Vgl. Bogardus, Emory S.: A Race-Relations-Cycle. In: American Journal of Sociology 1930, S.

612-617; Park, Robert E.: Race and Culture. Clencoe 1950. 9 So beispielsweise Berry, John W.: Acculturation as Varrieties of Adaption. In: Padilla, Amado

(Hrsg.): Acculturation, Theories, Models and Spome Findings. New York 1980. 10 In diesem Sinn Geißler, Rainer: Einheit-in-Verschiedenheit. Interkulturelle Integration von

Migranten – ein Mittelweg zwischen Assimilation und Segregation. In: Berliner Journal für So-ziologie, 14/2004; Sackmann, Rosemarie: Zuwanderung und Integration. Theorien und empiri-sche Befunde aus Frankreich, den Niederlanden und Deutschland. Wiesbaden 2004.

11 Vgl. Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannheimer Zent-rum für Europäische Sozialforschung Nr. 40. Mannheim 2001, S. 8; Esser, Hartmut: Soziolo-gie. Spezielle Grundlagen Bd. 2: Die Konstruktion der Gesellschaft. Frankfurt 2000, S. 287. Vgl. auch Bade, Klaus J./Bommes, Michael: Einleitung. In: IMIS (Hrsg.): IMIS-Beiträge 23/2004.

12 Vgl. Schiffauer, Werner: Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesell-schaft? Für eine kluge Politik der Differenz. Bielefeld 2008.

13 Vgl. Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannheimer Zent-rum für Europäische Sozialforschung Nr. 40. Mannheim 2001, S.18ff. Siehe hierzu ausführli-cher auch Sauer, Martina/Şen, Faruk: Junge Türken und Türkinnen in Deutschland – Re-Eth-

Page 20: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

20

Neben diesen beiden Möglichkeiten Assimilation und Segregation werden zwei weitere Ver-

läufe des Integrationsprozesses von der Migrationstheorie beschrieben: Die Marginalisierung

und die Mehrfachintegration oder auch interkulturelle Integration. Marginalisierung liegt dann

vor, wenn die Herkunftskultur (z.B. aus Mangel an Gelegenheiten zur Aufrechterhaltung)

aufgegeben oder verloren wurde, ohne dass es zu einer Übernahme der Aufnahmekultur

gekommen ist. Sie wird dann wahrscheinlich, wenn hohe Zugangsbarrieren zu Bildung, Ar-

beit oder sozialer Partizipation bestehen und keine Anreize oder Möglichkeiten gegeben

sind, die Herkunftskultur aufrechtzuerhalten. Mehrfachintegration oder interkulturelle Integra-

tion liegt dann vor, wenn beide Kulturen nebeneinander bestehen bleiben und je nach situa-

tiven Erfordernissen zwischen beiden gewechselt und sie in einen Gesamtzusammenhang

gebracht werden. In diesem Fall stünde die Beibehaltung der Herkunftskultur oder die Ent-

wicklung einer Subkultur nicht im Widerspruch zu einer erfolgreichen (kulturellen) Integration,

da sie nicht mit einer Distanzierung zur Aufnahmegesellschaft verknüpft ist.14 Die beiden

letztgenannten Möglichkeiten werden in der öffentlichen Diskussion, aber auch in der For-

schung zu selten beachtet,15 dabei zeigen sowohl die Ergebnisse der NRW-

Mehrthemenbefragung als auch andere Studien zur Integration, dass Mehrfachintegration

wie auch Marginalisierung durchaus als Phänomen in Frage kommen können.16

nisierung? In: Keim, Wolfgang/Gatzemann, Thomas/Uhlig, Christa (Hrsg.): Jahrbuch für Pä-dagogik 2005 "Religion – kulturelle Identität – Bildung", Berlin 2006.

14 Zu den theoretischen Verläufen des Integrationsprozesses siehe Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialfor-schung Nr. 40. Mannheim 2001, S. 8f. Vgl. zum Konzept der interkulturellen Integration im Un-terschied zu Esser auch Geißler, Rainer/Pöttker, Horst: Mediale Integration von Migranten. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006, S. 18.

15 In diesem Sinn vgl. Geißler, Rainer/Pöttker, Horst: Mediale Integration von Migranten. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006, S. 18; Sackmann, Rosemarie: Zuwanderung und Integration. Theorien und empirische Befunde aus Frankreich, den Niederlanden und Deutschland. Wiesbaden 2004.

16 Vgl. Sauer, Martina: Perspektiven des Zusammenlebens. Die Integration türkischstämmiger Migranten in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse der achten Mehrthemenbefragung. Essen 2007; Celik, Semra: Grenzen und Grenzgänger: Diskursive Positionierungen im Kontext türki-scher Einwanderung. Münster 2006; Reiff, Gesa: Identitätskonstruktionen in Deutschland le-bender Türken der 2. Generation. Stuttgart 2006; Zimmermann, Klaus F.: Migrant ethnic iden-tity: concept and policy implications. Discussion Paper / Forschungsinstitut zur Zukunft der Ar-beit GmbH, No. 3056, 2007. Schubert, Hans-Joachim/Stölting, Erhard: Ethnische Identität und Staatsbürgerschaft: die Bedeutung türkischer und kurdischer Herkunft und Identität für Studie-rende (Bildungsinländer) bei der Wahl ihrer Staatsbürgerschaft. In: Rehberg, Karl-Siegbert (Hrsg.): Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede. Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Frankfurt am Main 2006; Yildiz, Erol: Um-gang mit Differenz: die Migrationsgesellschaft im Kontext globaler Öffnungsprozesse. In: Tschernokoshewa, Elka/Gransow, Volker (Hrsg.): Beziehungsgeschichten: Minderheiten - Mehrheiten in europäischer Perspektive, Bautzen, 2007; Sackmann, Rosemarie/ Schultz, Tan-jev/Prümm, Kathrin/Peters, Bernhard: Kollektive Identitäten: Selbstverortungen türkischer MigrantInnen und ihrer Kinder. Frankfurt am Main 2005.

Page 21: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

21

Unter Bezug auf Esser17 ist wissenschaftlicher Konsens18, dass es verschiedene Bereiche

der Integration gibt, die anhand der vorliegenden Studie untersucht werden: Die kognitive

Integration oder Akkulturation bezeichnet den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten, die

zumeist über Sozialisations- und Bildungsinstanzen übermittelt werden. Die strukturelle In-

tegration bezieht sich auf die soziale Platzierung, d.h. Berufsrolle und Einkommen, aber auch

Akzeptanz. Die soziale Integration oder Interaktion umfasst die Kontakte zur einheimischen

Bevölkerung einschließlich der Teilhabe an gesellschaftlichen Organisationen. Die identifika-

tive Integration bezieht sich auf das Zugehörigkeitsgefühl und die Verinnerlichung von Wer-

ten und Normen als selbstverständliche Handlungsregulative – letztendlich das, was ge-

meinhin als kulturelle Assimilation verstanden wird.

Tabelle 1: Integrationsbereiche nach Esser19

Dimension Akkulturation Platzierung Interaktion Identifikation

Integrations-bereiche

Kognitive In-

tegration

Strukturelle

Integration

Gesellschaftliche

Integration

Identifikative In-

tegration

Indikatoren

Sprache, Bil-

dung, Kennt-

nisse über

Normen

Berufliche

Stellung, Ein-

kommen,

soziale Ak-

zeptanz

Interethnische

Kontakte, gesell-

schaftliche Ein-

bindung

Zugehörigkeit,

Verinnerlichung

von Werten und

Normen

Die Bereiche sind nicht unabhängig voneinander, insbesondere eine Entkoppelung von Ak-

kulturation und Platzierung ist bei Esser nur bedingt und in ethnischen Enklaven vorstellbar,

die nach Esser aber leicht zu Mobilitätsfallen werden können.20 Letztlich ist nach seiner The-

orie Chancengleichheit nur bei kognitiver Assimilation möglich, kulturelle Pluralisierung führt

demgegenüber zu ethnischer Schichtung.21

17 Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannheimer Zentrum für

Europäische Sozialforschung Nr. 40. Mannheim 2001, S.18. 18 So in der Übersicht von Filsinger, Dieter: Bedingungen erfolgreicher Integration – Integrati-

onsmonitoring und Evaluation. Expertise im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn 2008, S. 8.

19 Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung Nr. 40. Mannheim 2001, S.18.

20 Ausführlich hierzu: Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung Nr. 40. Mannheim 2001, S.20.

21 Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung Nr. 40. Mannheim 2001, S.36.

Page 22: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

22

Die Integration sowohl von Individuen als auch von Teilgruppen der Gesellschaft kann in den

verschiedenen Bereichen ungleichmäßig verlaufen. Sowohl Individuen als auch die Zuwan-

derergruppe insgesamt können in einem Bereich intensiv eingebunden sein, in einem ande-

ren hingegen kaum (partielle Integration).22

Die wirtschaftliche und strukturelle Teilhabe der Zuwanderer – ihre Platzierung in der Gesell-

schaft - gilt in der wissenschaftlich-analytischen Betrachtung der Integration neben der Ak-

kulturation (die für die strukturelle Integration eine zentrale Voraussetzung ist) als Schlüssel-

bereich der Integration. Über die Notwendigkeit der wirtschaftlichen und strukturellen Teilha-

be von Migranten besteht wenig Dissens.23 Ob und inwieweit gesellschaftliche Integration

und Identifikation eher Folge einer positiv erlebten wirtschaftlichen Integration ist, oder ob

soziale und identifikative Integration Voraussetzung und Bedingung für die strukturelle Integ-

ration ist, ist jedoch wissenschaftlich kontrovers.24 Ebenso kontrovers – und letztlich der zent-

rale Aspekt der Integrationsproblematik - ist die Frage nach dem Maß an notwendiger kultu-

reller Anpassung oder möglicher kultureller Differenz und ihrer Anerkennung. Dies verweist

auf die bereits bei Emil Durkheim diskutierte Frage nach Heterogenität und Homogenität von

Gesellschaft.25 Inwieweit braucht eine funktionierende, aber pluralistische Gesellschaft ge-

meinsam geteilte Werte – und welche? Als Minimalkonsens gelten hier die Akzeptanz des

Grundgesetzes und des Rechtssystems sowie das Erlernen der deutschen Sprache. Über

weitergehende Anpassungsnotwendigkeiten oder Rechte auf kulturelle Eigenständigkeit

herrscht jedoch keine Einigkeit, hier reicht die Spannweite von der Idee der multikulturellen

über die interkulturelle zur monokulturellen Gesellschaft, letztere in Form einer umfassenden

- deutschen - Wertegemeinschaft.26

22 Vgl. Hierzu auch Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes

Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen 1. Integrati-onsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 120.

23 So die Übersicht in Filsinger, Dieter: Bedingungen erfolgreicher Integration – Integrationsmoni-toring und Evaluation. Expertise im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn 2008, S. 8.

24 Vgl. Filsinger, Dieter: Bedingungen erfolgreicher Integration – Integrationsmonitoring und Eva-luation. Expertise im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn 2008, S. 9.

25 Für den assimilativen Ansatz: Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeits-papier Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung Nr. 40. Mannheim 2001. Für den interkulturellen Ansatz: Schiffauer, Werner: Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesellschaft? Für eine kluge Politik der Differenz. Bielefeld 2008; Pöttker, Horst: Soziale Integration: Ein Schlüsselbegriff für die Forschung über Medien und ethnische Minderheiten, In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Bielefeld 2005. Vgl. grundsätzlich: Durkheim, Emile: Über die Teilung der sozialen Arbeit. Frankfurt 1977 (Original: De la division du travail social, Paris 1893).

26 Vgl. Schiffauer, Werner: Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesell-schaft? Für eine kluge Politik der Differenz. Bielefeld 2008.

Page 23: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

23

Die Orientierungen der Zuwanderer und ihre Teilhabechancen in der Mehrheitsgesellschaft

stehen zwar im Zusammenhang, müssen aber nicht parallel verlaufen. Die enge Anbindung

an die Aufnahmegesellschaft, Akkulturationsleistungen und rege Kontakte sind keine

schlechte Voraussetzung für Chancengleichheit, aber auch keine Garantie.27 So gelingt es

auch gut qualifizierten Zuwanderern nicht in gleichem Maße wie entsprechenden Deutschen,

im Arbeitsleben Fuß zu fassen, auch finden ausländische Hauptschulabsolventen wesentlich

seltener einen Ausbildungsplatz als ihre deutschen Klassenkameraden.28 Somit sind in der

bundesdeutschen Gesellschaft durchaus soziale, ethnisch bedingte Schlie-

ßungsmechanismen zu finden.29

Gesellschaftliche und identifikative Integration sind jedoch gerade die Bereiche, die in der

Öffentlichkeit zumeist als Maßstab für Integration und Assimilation herangezogen werden.30

Debatten um Desintegration haben selten schlechte Arbeitsmarktchancen, hohe Arbeitslo-

sigkeit, Diskriminierung oder mangelnde politische Partizipationsmöglichkeiten von Zuwan-

derern zum Thema, sondern beziehen sich häufig unter dem Schlagwort der Parallelgesell-

schaft auf die Bildung von eigenethnischen Organisationen, das Wohnen in ethnisch verdich-

teten Stadtteilen oder geringe Kontakte zu Einheimischen.31 Dabei geraten insbesondere die

türkeistämmigen und/oder muslimischen Migranten in den Blick. Ihre Integration gilt beim 27 Vgl. OECD: Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern in Deutschland. Paris. OECD 2005.

(www.oecd.org/dataoecd/62/12/35796774.pdf); Bundesministerium für Bildung und For-schung: Berufsbildungsbericht 2005. Berlin 2005; Halm, Dirk/Sauer, Martina: Parallelgesell-schaft und Integration. In: Politische Bildung, Heft 3/2006.

28 Quelle: Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration: 7. Bericht zur Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. Berlin 2007, S.63. In die-sem Sinn auch Seifert, Wolfgang: Integration und Arbeit. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Heft 22-23, 2007; Seibert, Holger/Solga, Heike: Gleiche Chancen dank einer abgeschlosse-nen Ausbildung?: zum Signalwert von Ausbildungsabschlüssen bei ausländischen und deut-schen jungen Erwachsenen. In: Zeitschrift für Soziologie. Jg. 34/2005, H. 5.

29 Vgl. z.B. Diefenbach, Heike: Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien im deutschen Bil-dungssystem. Wiesbaden 2007; Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht-linge und Integration: 7. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flücht-linge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. Berlin 2007, S. 73; Seifert, Wolfgang: Integration und Arbeit. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Heft 22-23, 2007; Stanat, Petra: Heranwachsende mit Migrationshintergrund im deutschen Bil-dungswesen. In: Cortina, Kai/Baumert, Jürgen/Leschinski, Achim/Mayer, Karl-Ulrich/Tromme, Luitgard (Hrsg.): Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Hamburg 2008; Granato, Mona: Berufliche Ausbildung und Lehrstellenmarkt: Chancengerechtigkeit für Ju-gendliche mit Migrationshintergrund verwirklichen. WISO-direkt, hrsgg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn 2007.

30 So vor allem bei der Diskussion um Parallelgesellschaften, siehe hierzu Meyer, Thomas: Pa-rallelgesellschaft und Demokratie. In: Meyer, Thomas/Weil, Reinhard (Hrsg.): Die Bürgerge-sellschaft. Perspektiven für Bürgerbeteiligung und Bürgerkommunikation. Bonn 2002. Ähnlich auch Janssen, Andrea/Polat, Ayça: Soziale Netzwerke türkischer Migranten. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 1-2/2006.

31 Vgl. hierzu Halm, Dirk/Sauer, Martina: Parallelgesellschaft und ethnische Schichtung - Zur empirischen Bedeutung unterschiedlicher Konzepte des Zusammenlebens von Deutschen und Türken. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Jahrgang 2006, Heft 1-2/2006.

Page 24: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

24

Vergleich verschiedener Zuwandererherkünfte als am stärksten defizitär – insbesondere im

strukturellen Bereich.32

Die Daten der vergangenen Mehrthemenbefragung33 zeigen sowohl für die verschiedenen

Bereiche, als auch für verschiedene Untergruppen der türkeistämmigen Migranten unter-

schiedliche Integrationsstadien oder Grade der Integration. Im Generationenvergleich zeigen

sich in allen Dimensionen deutliche Integrationszuwächse in der Nachfolgegeneration, aber

auch die Integrationsleistung der ersten Generation ist erheblich, bedenkt man, dass 40 Jah-

re lang keine Integrationspolitik in Deutschland betrieben wurde. Auch Trebbe (2006) zeigt in

seiner Untersuchung zu Integrationstypen bei türkeistämmigen Migranten im Alter zwischen

14 und 49 Jahren in NRW, dass die Mehrheit der Erwachsenen türkischer Herkunft in NRW

in vielerlei Hinsicht gut integriert ist. Mehr als drei Viertel sind sprachlich, sozial und politisch

gut in den deutschen gesellschaftlichen Kontext eingebunden. Er weist jedoch darauf hin,

dass unterschiedliche Strategien vorhanden sind, sich mit der Herkunfts- und Auf-

nahmekultur auseinanderzusetzen. Die Einbindung in deutsche Kontexte geht allgemein

nicht mit dem Aufgeben oder Zurücklassen der türkischen Kultur einher.34

Dennoch bestehen insbesondere in der kognitiven und strukturellen Integration der türkei-

stämmigen Zuwanderer insgesamt nach wie vor erhebliche Defizite zur Mehrheitsbevölke-

rung, die in den vergangenen Jahren kaum abgebaut werden konnten, auch wenn durchaus

sehr erfolgreiche Untergruppen ausgemacht werden können. Zwar ist das Bildungs- und

Ausbildungsniveau auch der jungen Migranten erheblich gestiegen, doch konnte diese Zu-

nahme nicht mit der Bildungsexpansion, die in den letzten 30 Jahren in der deutschen Be-

32 Vgl. Woellert, Franziska/Kröhmer, Steffen/Sippel, Lilli/Klingholz, Reiner: Ungenutzte Poten-

ziale. Zur Lage der Integration in Deutschland. Hrsgg. vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Berlin 2009.

33 Sauer, Martina: Perspektiven des Zusammenlebens. Die Integration türkischstämmiger Migranten in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse der achten Mehrthemenbefragung. Essen 2006. www.zft-online.de/UserFiles/File/NRW-Bericht%202006.pdf

34 Vgl. Trebbe, Joachim/Weiß, Hans-Jürgen: Integration und Mediennutzung – Eine Typologie junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in NRW. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit tür-kischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 41. In die Bildung der Integrationsty-pen flossen folgende Faktoren ein: Soziale Integration (Umgang mit deutschen Freunden und bikulturelle Heirat), Vertrauen in deutsche Institutionen, politische Integration (Vertretung der türkischen Bevölkerung und Berücksichtigung durch deutsche Politiker), Menge der deutschen Informationsquellen, Besitz deutscher Staatsbürgerschaft oder diese gewünscht, Bleibeab-sicht, deutsche Sprachkompetenz, Politikinteresse.

Page 25: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

25

völkerung stattgefunden hat, Schritt halten.35 Die gesellschaftliche und identifikative Integra-

tion stieg jedoch in den vergangenen Jahren langsam an.

Zu beachten ist, dass sich die Zuwanderer nicht nur – bedingt durch die gesellschaftlichen

Rahmen- und Migrationsbedingungen - an den Generationsgrenzen deutlich unterscheiden,

sondern auch die jüngere Gruppe der türkeistämmigen Zuwanderer sehr heterogen zu-

sammengesetzt ist: Neben den Kindern und Enkeln der ehemaligen "Gastarbeiter", die in

Deutschland geboren wurden oder hier aufwuchsen, besteht ein nicht unerheblicher Teil der

jungen Migranten aus nachgereisten Ehepartnern, die in der Türkei aufgewachsen sind, dort

die Schule besucht haben und erst wenige Jahre in Deutschland leben. Im Jahr 2006 reisten

rund 11.000 Ehepartner im Zuge des Familiennachzugs aus der Türkei nach NRW ein, ihre

Zahl ist seit Jahren rückläufig.36 Ihre Integration ist weit weniger vorangeschritten als die der

"echten" zweiten und dritten Generation. Sie haben große Schwierigkeiten auf dem Arbeits-

markt, da sie häufig nur geringe Deutschkenntnisse haben und ihre Schul- und Ausbildungs-

abschlüsse nicht anerkannt werden und somit auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht ver-

wertbar sind. Die Ergebnisse der Mehrthemenbefragung zeigen auch, dass sie seltener ge-

sellschaftliche Anbindung zu Deutschen haben und sich naturgemäß aufgrund der geringen

Aufenthaltsdauer weniger stark mit Deutschland identifizieren.

Die Anerkennung Deutschlands als Einwanderungsland durch die Politik begann erst Ende

der 1990er Jahre. Bis vor wenigen Jahren existierte auf Bundesebene kein Integrationskon-

zept und keine Integrations- und Zuwanderungspolitik. Bade (2008) spricht in diesem Zu-

sammenhang von einem Einwanderungsland wider Willen, das als nationaler Wohlfahrts-

staat im behördlichen Alltag pragmatisch die soziale Eingliederung von Zuwanderern vor al-

lem mit Hilfe der Wohlfahrtsverbände, zivilgesellschaftlicher Organisationen und in den

35 Vgl. Konsortium Bildungsberichterstattung (Hrsg.): Bildung in Deutschland: Ein indikato-

rengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration; http://www.bildungsbericht.de/daten/gesamtbericht.pdf (2006). Ähnlich auch Riphahn, Regina T.: Are there diverging time trends in the educational attainment of nationals and second gen-eration immigrants? In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik; Band 225/3 2005; Woellert, Franziska/Kröhmer, Steffen/Sippel, Lilli/Klingholz, Reiner: Ungenutzte Potenziale. Zur Lage der Integration in Deutschland. Hrsgg. vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Ent-wicklung. Berlin 2009.

36 Quelle: Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen 1. Integrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 101.

Page 26: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

26

Kommunen sowie durch die Ausländerbeauftragten auf Länder- und Bundesebene gestalte-

te. 37

Inzwischen ist das Fehlen einer konzeptionellen Integrationspolitik zum Teil korrigiert wor-

den, nun findet eine "nachholende Integrationspolitik" (Bade38) statt. Der Status als Einwan-

derungsland wurde politisch und durch das Zuwanderungsgesetz faktisch anerkannt, durch

den Nationalen Integrationsplan ist zumindest die politische Debatte angestoßen worden,

Vielfalt wird nun auch als Chance gesehen und die Notwenigkeit der Integrationsförderung

auch durch die Mehrheitsgesellschaft steht nicht mehr grundsätzlich in Frage.39 Die NRW-

Landesregierung hat sich mit verschiedenen Maßnahmen wie der Sprachstandfeststellung,

den Familienzentren, den Integrationsagenturen, dem Netzwerk für Bildung und der Initiative

KOMM-IN NRW neben anderen Förderprogrammen und dem Aktionsplan Integration explizit

daran gemacht, die bislang fehlende Integrationspolitik nachzuholen.40 Erkannt wurde, so

Bommes41 (2007), dass es keine Alternative zur Integration der Zuwanderer gibt und Integra-

tion sowohl im Interesse der Mehrheitsgesellschaft, als auch im Interesse der Zuwanderer

liegt: Die Mehrheitsgesellschaft brauche nicht zuletzt angesichts des demographischen

Wandels die Ressourcen der Zuwanderer, die Zuwanderer ihrerseits seien am Zugang zu

Bildung, Arbeit, Gesundheit, Wohnen, Recht und Sicherheit interessiert.

Zwar wurden Einwanderung und Integration rechtlich und politisch ausgestaltet und mit dem

Integrations- und Islamgipfel und dem nationalen Integrationsplan ein politisches Zeichen

gesetzt, doch muss sich erst zeigen, inwieweit die Aktivitäten der nachholenden In-

tegrationspolitik über das politische Symbol hinausgehen. So warnt Bommes42 (2007) vor

überhöhten Erwartungen und darin eingeschlossener Enttäuschungen und plädiert dafür,

Integrationspolitik zu einer dauerhaften und langfristigen Aufgabe werden zu lassen und

nicht durch ein "Sonderprogramm" ad hoc schnelle Lösungen zu propagieren. Dies bereite 37 Vgl. Bade, Klaus J.: Zehn Jahre Gemeinsames Wort der Kirchen zu den Herausforderungen

durch Migration und Flucht. In : Goldberg, Andreas/Halm, Dirk: Integration des Fremden als politisches Handlungsfeld, Essen 2008, S. 14. In ähnlichem Sinn: Bommes, Michael: Integrati-on – gesellschaftliches Risiko und politisches Symbol. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Heft 22-23/2007.

38 Bade, Klaus, J. Integration: versäumte Chancen und nachholende Politik. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Heft 22-23/2007.

39 Siehe hierzu Die Bundesregierung: Der Nationale Integrationsplan. Neue Wege – neue Chan-cen. Berlin 2007.

40 Siehe hierzu Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nord-rhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen 1. Integrationsbe-richt der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 9.

41 Bommes, Michael: Integration – gesellschaftliches Risiko und politisches Symbol. In: Aus Poli-tik und Zeitgeschichte. Heft 22-23/2007, S. 3.

42 Bommes, Michael: Integration – gesellschaftliches Risiko und politisches Symbol. In: Aus Poli-tik und Zeitgeschichte. Heft 22-23/2007, S. 5.

Page 27: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

27

den Boden dafür, misslingende Integration erneut einseitig auf die Verweigerung der Migran-

ten zurückzuführen. Auch von den Migranten wird die Entwicklung der letzten Jahre skeptisch beobachtet: Die

Daten der jüngsten Mehrthemenbefragung ergaben, dass das Klima gegenüber Zuwande-

rern in Politik und Gesellschaft von den türkeistämmigen Migranten als schlecht und in den

letzten Jahren verschlechtert wahrgenommen wurde und die politischen Institutionen kaum

als Vertreter der eigenen Interessen gesehen werden, obwohl Integrations- und Islamgipfel

durchaus positiv gesehen werden.43

Eine zentrale Rolle in der Vermittlung und dem Austausch zwischen Minderheits- und Mehr-

heitsgesellschaft und damit im Integrationsprozess nehmen die Medien ein, da sie das ge-

sellschaftliche Stimmungs- und Meinungsbild zu einem großen Teil generieren. Integration

ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, der durch Politik zwar angeregt und unterstützt wer-

den kann, letztlich jedoch durch die Gesamtgesellschaft geleistet werden muss.44

Gerade für die türkeistämmigen Migranten besteht ein weit ausgefächertes Angebot an mut-

tersprachlichen Medien, das auch intensiv genutzt wird. Neben den zahlreichen türkischen

Tageszeitungen mit Europa-Seiten können über Satellit fast alle Fernsehsender aus der Tür-

kei empfangen werden, die zum Teil "europäische" Ableger oder Programmteile haben. Dar-

über hinaus entstehen in jüngster Zeit immer mehr Sender, die von Migranten in Deutsch-

land für Migranten produziert werden und zumeist zweisprachig arbeiten.45

Die intensive Nutzung der türkischen Medien gilt jedoch im öffentlichen Diskurs als Gefahr

einer "medialen Ghettoisierung", da sich die Inhalte der Berichterstattung stark auf die Ge-

schehnisse in der Türkei konzentrieren und auch die Europa-Seiten bzw. -Programme nur

selten über Deutschland oder das Leben der Migranten in Deutschland berichten.46 Darüber

43 Die Ergebnisse hierzu: Sauer, Martina: Perspektiven des Zusammenlebens. Die Integration

türkischstämmiger Migranten in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse der achten Mehrthemenbe-fragung. Essen 2006. www.zft-online.de/UserFiles/File/NRW-Bericht%202006.pdf, S. 197ff.

44 Vgl. Butterwegge, Christoph/Hentges, Gudrun (Hrsg.): Massenmedien, Migration und Integra-tion. Herausforderungen für Journalismus und politische Bildung. Wiesbaden 2006; Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland. Bielefeld 2005.

45 Ausführlich hierzu: Halm, Dirk: Die Medien der türkischen Bevölkerung in Deutschland. Be-richterstattung, Nutzung und Funktion. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im internationalen Vergleich. Bielefeld 2006.

46 Vgl. zur Diskussion um mediale Ghettoisierung: Schneider, Beate/Arnold, Anne-Katrin: Die Kontroverse um die Mediennutzung von Migranten: Massenmediale Ghettoisierung oder Ein-

Page 28: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

28

hinaus wird den türkischen Medien mitunter vorgeworfen, nicht "sachlich" und "objektiv" zu

berichten. Die in Deutschland arbeitenden türkeistämmigen Journalisten verstehen sich un-

abhängig ihrer politisch-ideologischen Ausrichtung häufig explizit als Anwalt oder Interessen-

vertreter ihrer Leserschaft, was die Art ihrer Berichterstattung prägt. Doch mitunter schießt

die Berichterstattung über das Ziel hinaus und wirkt eher spaltend als versöhnend. So schür-

ten die Artikel in türkischen Tageszeitungen rund um den Brand eines von türkeistämmigen

Migranten bewohnten Wohnhauses in Ludwigshafen im Frühjahr 2008 die bereits durch den

hessischen Wahlkampf angeheizte Stimmung unter den Migranten.47

Mit der Mehrthemenbefragung türkeistämmiger Migranten in NRW werden der Stand und die

Entwicklung der Integration in den zentralen Lebensbereichen untersucht. Aus der Perspek-

tive der türkeistämmigen Migranten werden die Bildungssituation, die wirtschaftliche und so-

ziale Situation, die kulturelle Identität, die gesellschaftliche Integration und die politischen

Einstellungen, aber auch die Zufriedenheit und die Wünsche der Migranten analysiert und

die Heterogenität der türkischen Community dargelegt. Die Studie soll aufzeigen, wo aus

Sicht der Migranten Integrationserfolge zu verzeichnen sind, wo Defizite liegen und welche

Einstellungen und Meinungen unter den Migranten zu ihrer persönlichen Lebenssituation

vorherrschen. Mit der diesjährigen Vertiefung der Mediennutzung soll darüber hinaus aus-

gelotet werden, wie deutsche und türkische Medien und ihre Berichterstattung wahrge-

nommen werden, welche Glaubwürdigkeit sie genießen und welche Bedeutung sie jeweils

für das Informationsbedürfnis der türkeistämmigen Migranten in Deutschland haben.

Der Vergleich mit der türkeistämmigen Bevölkerung in Deutschland soll zeigen, ob und in

welchen Bereichen Besonderheiten bei den Zuwanderern in NRW bestehen, oder ob sich die

nordrhein-westfälische türkeistämmige Bevölkerung nicht von der gesamtdeutschen unter-

scheidet und somit gesamtdeutsche Trends repräsentiert.

heit durch Mainstream? In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Mas-senmedien. Medien und Migration im internationalen Vergleich. Bielefeld 2006.

47 Siehe zur Diskussion über die türkische Berichterstattung zum Brand in Ludwigshafen: Spie-gel Online, 06.02.2008: "Misstrauen bei Türken - Angst vor neuem Solingen" von Ferda Ata-man und Jörg Diehl (www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,533424,00.html), Spiegel-On-line 06.02.2008: "Reiz-Reaktion im deutsch-türkischen Komplex" von Reinhard Mohr (www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,533487,00.html)

Page 29: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

29

4. Rückblick auf die Ergebnisse der Vorjahre 1999 bis 2006

Die Lebenssituation und die Integration der türkeistämmigen Migranten stellen sich in allen

bisher durchgeführten Untersuchungen ambivalent dar. Die objektive und subjektive wirt-

schaftliche Situation, die gesellschaftliche Integration, die kulturelle Identität sowie die politi-

schen Einstellungen zeigen dabei keineswegs immer parallele und einheitliche Ausprägun-

gen und Entwicklungen, sondern belegen wechselhafte und manchmal auch gegenläufige

Stimmungen. Es zeigen sich einige positive und erfreuliche Entwicklungen, zugleich aber

nach wie vor Problembereiche. Die Ergebnisse zeigen keine dramatischen Umschwünge,

aber einige Veränderungen, die jedoch manchmal gegenläufig sind und nicht immer in eine

einheitliche Richtung von mehr oder weniger Integration weisen. Insbesondere der kognitive

und wirtschaftliche Bereich weisen unterschiedliche Entwicklungen und auch Stimmungsbil-

der auf, die gesellschaftliche Integration bewegt sich in den letzten Jahren eher in Richtung

weiterer Einbindung der Migranten.

Grundsätzlich wird jedoch deutlich, dass sich die Migranten auf den dauerhaften Verbleib in

Deutschland eingerichtet haben und sich mit dem Zuwanderungsland identifizieren, ohne

sich jedoch von ihrem Herkunftsland und ihrer Herkunftskultur abzuwenden. Auszugehen ist

von einer lang andauernden Doppel- oder Mischidentität der türkeistämmigen Migranten in

Deutschland. Dabei ist ein erhebliches Maß an erbrachter Integrationsleistung und Integrati-

onsbereitschaft sichtbar. Zunehmende "parallelgesellschaftliche" Strukturen lassen sich nicht

feststellen, zugleich zeigen sich Hemmnisse, Defizite und Schwierigkeiten, die das Leben

und die weitere Integration erschweren. Insbesondere die wirtschaftliche Integration scheint

nur sehr langsam voranzuschreiten. Die Aufrechterhaltung der bisherigen Erfolge und der

Abbau bestehender Defizite bedürfen auch weiterhin unterstützender Maßnahmen.

Deutlich wird auch, dass die türkische Community in Deutschland eine heterogene Gruppe

ist. Nicht nur zwischen der ersten und den Nachfolgegenerationen, sondern auch innerhalb

der Nachfolgegenerationen sind deutliche Unterschiede in fast allen Lebensbereichen sicht-

bar. Festzustellen ist eine größer werdende Schere zwischen Migranten, die über gute Vor-

aussetzungen der strukturellen, gesellschaftlichen und identifikativen Integration verfügen

und relativ gut in die Mehrheitsgesellschaft eingebunden sind und solchen, denen die Vor-

aussetzungen hierfür fehlen und die infolgedessen Gefahr laufen, sich in Subgesellschaften

abzuschließen oder in die Marginalisierung abzudriften – beides mit negativen Folgen für

ihre Teilhabechancen. Besonders betroffen hiervon sind die nachgereisten Ehepartner der

Page 30: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

30

zweiten Generation, denen häufig zentrale Voraussetzungen zur Integration in den Arbeits-

markt und in die Gesellschaft wie Deutschkenntnisse, schulische Sozialisation und Be-

rufsausbildung fehlen und die nur über eine geringere gesellschaftliche Einbindung verfügen.

Zwar belegen die Untersuchungen einen zunehmenden Integrationsgrad insbesondere unter

den jüngeren Migranten, dies jedoch bei nach wie vor bestehenden Defiziten gegenüber der

deutschen Bevölkerung.

Zu den Befunden im Einzelnen:

Soziodemographie

Die soziodemographischen Merkmale der türkischen Community zeigen leichte Verände-

rungen in Richtung einer vorsichtigen Angleichung an die Struktur der deutschen Bevölke-

rung, wenngleich noch zahlreiche Besonderheiten, die zum Teil aus der Migrationsge-

schichte resultieren, sichtbar sind. Der aus der Gastarbeiterzeit stammende Männerüber-

schuss hat sich abgeschwächt. Der geringe Anteil an Senioren, ebenfalls bedingt durch die

Migrationsgeschichte, stieg nun deutlich an. Die ehemaligen Arbeitsmigranten kommen zu-

nehmend ins Rentenalter. Daher gilt es, sich zunehmend Gedanken über die Möglichkeiten

der Einbindung von Migranten in die Alten- und Pflegearbeit zu machen.

Zugleich verändert sich das Verhältnis von erster und Nachfolgegeneration weiter. Der Anteil

der ehemaligen Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter sinkt immer stärker, der Anteil der hier

Geborenen und der als Kind nachgereisten steigt, ebenso wie der Anteil der in der Türkei

aufgewachsenen Heiratsmigranten der zweiten Generation. Die alters- und möglicherweise

kulturell bedingte starke Einbindung in familiäre Strukturen veränderte sich nur wenig, weist

aber dabei eine leichte Angleichung an die deutschen Verhältnisse auf, die jedoch von der

Verteilung unter den Deutschen noch weit entfernt ist.

Religiosität

Die überwiegende Mehrheit gehört dem islamischen Glauben an. Zwischen 2002 und 2005

war eine, vor allem im Jahre 2003 stattfindende deutliche Zunahme der Religiosität zu ver-

zeichnen, die sich 2006 jedoch wieder leicht abgeschwächt hat. Dabei ist der Anteil der Reli-

giösen unter den jungen Migranten inzwischen ebenso hoch wie unter älteren. Die zuneh-

mende Hinwendung zur Religion kann eine Reaktion auf die Diskussionen infolge der Atten-

tate des 11. September 2001, der Kriege in Afghanistan und Irak und der gerade in letzter

Page 31: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

31

Zeit durch die Diskussion um den Islam wieder gestiegenen Assimilations- und Positionie-

rungsdrucks sein. Die Befragung des Jahres 200248 hatte gezeigt, dass die Ereignisse vom

11. September 2001 und die daraufhin einsetzende Diskussion um das Wesen des Islam

nach Ansicht der Migranten eher zu einer Verschlechterung des Verhältnisses zwischen

Deutschen und Türkinnen und Türken führten, wenngleich fast die Hälfte der Migranten

kaum Veränderungen im Zusammenleben wahrgenommen hatte. Allerdings ging nur ein

kleiner Teil von einer andauernden Verschlechterung aus, ebenso viele waren damals der

Überzeugung, dass sich das Verhältnis bald wieder normalisiert oder sich bereits normali-

siert hatte. Zwar hatte ein Drittel auf persönlicher Ebene und im Allgemeinen ein zunehmen-

des Interesse der Deutschen am Islam und an den Muslimen festgestellt; die Hälfte der Be-

fragten erlebte konstruktive und positive Diskussionen mit Deutschen. Ebenso viele beur-

teilten die entstandene Diskussion unter den Muslimen positiv. Dennoch spürte ein Viertel

der Befragten seit den Anschlägen ein wachsendes Gefühl der Fremdheit und Distanz.

Akkulturation und wirtschaftliche Integration

Die wirtschaftliche Integration der Migranten zeigt sich zwiespältig, wenngleich sich in den

letzten Jahren eine leichte Verbesserung der Lage abzeichnete.

Positiv sind die seit 2005 verbesserte allgemeine wirtschaftliche Stimmung und die deutlich

gestiegene Zufriedenheit mit den Berufschancen und den Möglichkeiten zur Aus- und Wei-

terbildung zu werten, die 2006 auf dem höchsten Stand seit 2001 waren. Allerdings war die

Einschätzung der eigenen wirtschaftlichen Lage nicht besser als 2005, obwohl erstmalig seit

2002 erfreulicherweise das durchschnittliche Haushaltseinkommen gestiegen ist. Zugleich

hat auch die Sorge vor dem Arbeitsplatzverlust deutlich abgenommen – wie auch der Anteil

der Arbeitslosen unter den Nichterwerbstätigen, zugleich ist jedoch auch der Anteil der Voll-

zeit-Beschäftigten deutlich zurückgegangen.

Vor allem bezüglich der Bildungs- und Ausbildungssituation sowie der beruflichen Tätigkeit

bestehen Defizite im Vergleich zur deutschen Bevölkerung, die sich nur langsam abbauen,

auch wenn die Nachfolgegeneration deutlich verbesserte Bildungsstände aufweist als die

erste Generation. Naturgemäß stieg der Anteil der Bildungsinländer. Aber auch hier macht

sich eine Schere zwischen den in Deutschland Aufgewachsenen und den Heiratsmigranten

bemerkbar. Erfreulicherweise leicht zunehmend ist der Anteil der jungen Migranten mit beruf-

licher Ausbildung. 48 Siehe Goldberg, Andreas/Sauer, Martina: Perspektiven der Integration türkischer Migranten in

Nordrhein-Westfalen, Ergebnisse der vierten Mehrthemenbefragung. Hrsgg. von der Stiftung Zentrum für Türkeistudien. Münster 2003.

Page 32: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

32

Die Deutschkenntnisse, die im variablen Befragungsteil der Untersuchung des Jahres 200049

näher untersucht wurden, stagnieren mit leichten jährlichen Schwankungen. Selbstverständ-

lich verfügen junge Migranten, die in Deutschland geboren wurden oder aufgewachsen sind

und die eine höhere Schulbildung aufweisen, über sehr viel bessere Deutschkenntnisse als

Erstgenerationsangehörige, Migranten mit geringer Schulbildung und Menschen, die erst im

Erwachsenenalter nach Deutschland gekommen sind.

Insgesamt sind in diesem Bereich weiterhin Anstrengungen und Maßnahmen notwendig, um

eine dauerhafte und fest zementierte Unterschichtung der Mehrheits- durch die Minderheits-

bevölkerung zu verhindern und die Integration der Migranten in das Bildungssystem und den

Arbeitsmarkt zu verbessern. Ein besonderes Augenmerk sollte hier auf den Neuzuwanderern

liegen.

Zugleich belegte die Befragung 2002,50 in der neben den Deutschkenntnissen und dem

Spracherwerb die Einschätzung der Zukunftschancen der Kinder im variablen Teil untersucht

wurde, dass durchaus ein ausgeprägtes Bewusstsein über die Bedeutung guter Deutsch-

kenntnisse für die berufliche Zukunft der Kinder besteht. Die Ergebnisse des variablen Be-

fragungsteils 200551 zur Inanspruchnahme von Unterstützung zur Erziehung zeigten, dass

die Landesregierung mit der Etablierung von Familienzentren in Kindertageseinrichtungen an

die Problemanalyse der türkeistämmigen Eltern bezüglich der Bildungsdefizite der Kinder -

mangelnde Unterstützungsmöglichkeiten der Eltern neben dem Verhalten der Lehrer und

den schlechten Deutschkenntnissen der Kinder - anknüpfen kann und damit auf dem richti-

gen Weg zur Unterstützung der türkeistämmigen Eltern ist. Allerdings wurde die Situation der

türkischen Kinder bezüglich Chancengleichheit und verbesserten Möglichkeiten im Vergleich

zur Situation der Eltern und zur Lage in der Türkei, die 2005 im gleichen Fragemodus wie

2002 abgefragt wurde, nicht so positiv eingeschätzt, wie dies noch im Jahr 2002 der Fall war.

Insgesamt betrachtet ließ die Zukunftserwartung für die Kinder durch die türkeistämmigen

49 Siehe Sauer, Martina/Goldberg, Andreas: Die Lebenssituation und Partizipation türkischer

Migranten in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse der zweiten Mehrthemenbefragung. Hrsgg. von der Stiftung Zentrum für Türkeistudien. Münster 2001

50 Siehe Goldberg, Andreas/Sauer, Martina: Perspektiven der Integration türkischer Migranten in Nordrhein-Westfalen, Ergebnisse der vierten Mehrthemenbefragung. Hrsgg. von der Stiftung Zentrum für Türkeistudien. Münster 2003.

51 Siehe Sauer, Martina/Goldberg, Andreas: Türkischstämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen. Stand der Integration – Einstellungen und Meinungen – Inanspruchnahme von Un-terstützung bei der Erziehung. Ergebnisse der siebten Mehrthemenbefragung. Hsgg. vom Mi-nisterium für Gesundheit und Soziales, Frauen und Familie, Düsseldorf 2006.

Page 33: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

33

Migranten, die im Jahr 200252 im variablen Teil erhoben wurde, eine positive Perspektive

erkennen. Vor allem im Vergleich zur eigenen Situation und im Vergleich zu den

Möglichkeiten in der Türkei wurde die Perspektive in Deutschland besser eingeschätzt. Das

optimistische Bild wurde jedoch getrübt durch die häufige Wahrnehmung von

Chancenungleichheit der türkischen Kinder in Deutschland.53

Seit 2002 sank der Anteil der Erwerbstätigen. Insbesondere der Anteil der Vollzeit-

Erwerbstätigen nahm immer mehr ab. Es stand zu befürchten, dass immer mehr Menschen

– nicht nur Migranten – in Teilzeit- oder geringfügige Beschäftigungen abgedrängt werden,

die nicht zur Finanzierung des Lebensunterhaltes ausreichen. Zugleich stiegen die Anteile

der Arbeitslosen, aber auch der Rentner und Hausfrauen. Aufgrund der Migrationsgeschichte

und des geringeren Bildungs- und Ausbildungsniveaus finden sich unter den erwerbstätigen

Migranten sehr viel mehr an- und ungelernte Arbeiter und sehr viel weniger Angestellte als in

der deutschen Bevölkerung. Doch war auch hier der Anteil derjenigen mit qualifizierter Tätig-

keit in den jüngeren Altersgruppen deutlich höher und tendenziell in den letzten Jahren stei-

gend.

Entsprechend der niedrigeren beruflichen Stellung und des relativ großen Anteils Nicht-

erwerbstätiger ist auch das Haushaltseinkommen der türkischen Familien geringer als das

deutscher Haushalte. 2006 stieg es jedoch erstmalig seit 2002.

Die sich weiter öffnende wirtschaftliche Schere zwischen Migranten und Deutschen ist mit

Blick auf die Integration insgesamt ein besorgniserregender Befund, der dringend ein Ge-

gensteuern erfordert.

Auch die Wohnsituation zeigt sich einerseits defizitär zu der der Deutschen, andererseits

nimmt der Anteil der Migranten, die Wohneigentum besitzen, stetig zu. Allerdings nahm seit

2002 der Anteil derjenigen, die den Kauf von Wohneigentum planen, bis 2005 stetig ab, 2006

liegt er auf dem Level von 2005, auch wenn noch ein Drittel derjenigen, die noch zur Miete

wohnen, die Absicht auf Wohneigentumserwerb in Deutschland hegten. Dennoch dokumen-

tiert diese Entwicklung die zunehmende Orientierung auf Deutschland als dauerhafte Hei-

52 Siehe Goldberg, Andreas/Sauer, Martina: Perspektiven der Integration türkischer Migranten in

Nordrhein-Westfalen, Ergebnisse der vierten Mehrthemenbefragung. Hrsgg. von der Stiftung Zentrum für Türkeistudien. Münster 2003.

53 Siehe Sauer, Martina/Goldberg, Andreas: Türkischstämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen. Stand der Integration – Einstellungen und Meinungen – Inanspruchnahme von Unterstützung bei der Erziehung. Ergebnisse der siebten Mehrthemenbefragung. Hsgg. vom Ministerium für Gesundheit und Soziales, Frauen und Familie, Düsseldorf 2006.

Page 34: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

34

mat, da die Investition in Wohneigentum eine langfristige, oft Familien umspannende Ange-

legenheit bedeutet.

Im Jahr 2003 hatten sich dramatische Verschlechterungen bei der pessimistischen Einschät-

zung der wirtschaftlichen Situation und der zunehmenden Sorge vor Arbeitsplatzverlust ge-

zeigt, die sich 2004 noch verstärkt haben. 2005 fiel die Einschätzung der eigenen und der

allgemeinen wirtschaftliche Lage geringfügig positiver aus, 2006 zeigen sich deutlichere Ver-

besserungen, auch die Furcht vor einem Arbeitsplatzverlust ist gesunken. Auch die Zufrie-

denheit mit den Berufschancen und den Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung werden

deutlich besser eingeschätzt, sie lagen 2006 auf dem höchsten Stand seit 2001. Diese ver-

besserte Stimmung kann die Perspektive positiv beeinflussen und so zur Motivation der Zu-

wanderer beitragen.

Doch stellen die Befragten 2006 eine Verschlechterung der eigenen Lage in den letzten Jah-

ren fest und auch für die künftige Entwicklung sieht nur ein Fünftel eine Verbesserung der

eigenen Situation. Die Ambivalenz der Stimmung im wirtschaftlichen Bereich drückt sich ins-

besondere in der großen Unzufriedenheit mit erreichten Zielen im Sozialgefüge der Gesell-

schaft aus. Diese Unzufriedenheit wurde bereits einmal im Jahr 2001 erhoben, damals war

der Anteil der Unzufriedenen wesentlich geringer als heute. Neben dem zu niedrigen Ein-

kommen sind 2006 wesentlich mehr Migranten als 2001 aufgrund mangelnder sozialer Aner-

kennung unzufrieden.

Die Studie des Jahres 200154 konzentrierte sich auf die Analyse der Zusammenhänge von

Identifikation und wirtschaftlicher Situation, der ein theoretisches Kausalmodell mit objektiven

und subjektiven Einflussfaktoren insbesondere der wirtschaftlichen Situation zugrunde lag.

Aus der Migrationsgeschichte der türkischen Arbeitsmigration wurde abgeleitet, dass sowohl

in Bezug auf die objektive Lage als auch auf die subjektiven Befindlichkeiten starke Differen-

zen zwischen der ersten Gastarbeitergeneration und der zweiten Generation existieren. Dar-

über hinaus wurde aber vermutet, dass innerhalb der zweiten Generation aufgrund der zu-

nehmenden Heterogenisierung unterschiedlich gut integrierte Gruppen bestehen. Beide Er-

wartungen wurden durch die Ergebnisse bestätigt. Darüber hinaus zeigte sich eine weit ver-

54 Siehe Zentrum für Türkeistudien: Integration und Segregation türkischer Migranten in Nord-

rhein-Westfalen - Ergebnisse der dritten Mehrthemenbefragung vom September 2001 im Auf-trag des Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie des Landes Nord-rhein-Westfalen. Unveröffentlichtes Manuskript, Essen 2001; dazu auch: Sauer, Martina: Kul-turelle Integration, Deprivation und Segregationstendenzen türkischer Migranten in Nordrhein-Westfalen. In: Goldberg, Andreas/Halm, Dirk/Sauer, Martina (Hrsg.): Migrationsbericht der Stiftung Zentrum für Türkeistudien 2003. Münster 2003.

Page 35: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

35

breitete kulturelle Marginalisierung und Zerrissenheit, bei Teilen gerade der jüngeren Migran-

ten auch starke Unzufriedenheit über den eigenen sozialen und gesellschaftlichen Status

sowie bei einem kleinen Teil sowohl älterer als auch jüngerer Migranten Segregationsbestre-

bungen. Deutlich wurde jedoch, dass die Mehrheit einerseits die türkische Identität bewah-

ren, sich dazu aber anderseits nicht von der deutschen Gesellschaft abgrenzen möchte.

Speziell dieser Befund wurde in der Befragung 200455 bestätigt. Als Faktoren, die die bei

einer kleinen Gruppe bestehenden Segregationstendenzen unterstützen, wurden die Gene-

rationszugehörigkeit, Bildung, soziale Lage und Religiosität, aber auch kulturelle Marginali-

sierung und geringe gesellschaftliche Integration herausgearbeitet. Als "gefährdete Grup-

pen", also solche, die besonders hohe Segregationstendenzen zeigten und sich zugleich

besonders stark marginalisiert fühlten, wurden religiöse Migranten, die sich mit der Türkei

verbunden fühlen und zurückkehren möchten, solche ohne Schulabschluss, ehemalige

Gastarbeiter und Heiratsmigranten der zweiten Generation identifiziert.

Lebenssituation von Frauen

Auch die Lebenssituation der Frauen, die das Thema des variablen Befragungsteils 2004

war, zeigte sich ambivalent.56 Einerseits lebte die Mehrheit der Frauen in familiäre Strukturen

eingebunden die traditionelle Frauenrolle der Hausfrau und Mutter. Die Erwerbsbeteiligung

der Frauen war - nicht immer freiwillig - gering. Es waren, auch bei erwerbstätigen Frauen

und relativ unabhängig vom Alter, nur wenige Ansätze für eine partnerschaftliche Arbeitstei-

lung bei Kindererziehung und Haushalt vorhanden. Der Wunsch der Frauen nach Ausbildung

wurde häufig von der Familie blockiert oder - wie auch der Wunsch nach Erwerbstätigkeit -

durch eine frühe Familiengründung und die Zuweisung der Familienarbeit an die Frauen ver-

hindert. Andererseits war dieses Modell sowohl bei Frauen als auch Männern zumindest

normativ umstritten, je rund die Hälfte unterstützte ein traditionelles bzw. modernes Frauen-

bild. Junge Männer zeigten hier jedoch keine fortschrittlichere Einstellung als ältere. Ausbil-

dung und Erwerbstätigkeit von Frauen, eigenes Einkommen und Gleichberechtigung wurden

dennoch sowohl von Frauen als auch Männern mehrheitlich befürwortet, die Ächtung von

Gewalt gegen Frauen und Kinder und die Emanzipation unterstützt. Zugleich diente das

deutsche Frauenmodell, das deutlich unterschiedlich zum türkischen wahrgenommen wurde, 55 Siehe Goldberg, Andreas/Sauer, Martina: Konstanz und Wandel der Lebenssituation türkisch-

stämmiger Migranten in Nordrhein-Westfalen, Ergebnisse der fünften Mehrthemenbefragung. Hsgg. vom Ministerium für Gesundheit und Soziales, Frauen und Familie, Düsseldorf 2004.

56 Siehe Goldberg, Andreas/Sauer, Martina: Die Lebenssituation türkischstämmiger Frauen und Männer in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse der sechsten Mehrthemenbefragung. Hsgg. vom Ministerium für Gesundheit und Soziales, Frauen und Familie, Düsseldorf 2005.

Page 36: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

36

mit Doppelbelastung und unterstellter Bindungslosigkeit nur eingeschränkt als Vorbild, auch

wenn die Freiheiten der deutschen Frauen bezüglich Partnerwahl und Selbstbestimmung als

Vorteile gesehen und bestimmte Elemente wie Ausbildung und Erwerbstätigkeit, Gleichstel-

lung und finanzielle Unabhängigkeit grundsätzlich als erstrebenswert angesehen wurden.

Dabei entsprach jedoch die Realität den normativ formulierten Vorstellungen nur wenig.

Zugleich waren aber Schulbildung und Sprachkenntnisse der in Deutschland aufgewachse-

nen Frauen sogar besser als die der entsprechenden Männer; bei Frauen, die in der Türkei

aufwuchsen, ist jedoch ein etwas geringeres Schulbildungsniveau zu konstatieren.

Ihre gesellschaftliche Einbindung zeigte keine breit angelegte Tendenz zur Isolation von der

deutschen Gesellschaft, bei jungen Frauen noch weniger als bei älteren, auch wenn die ver-

schiedenen Indikatoren hierzu eine etwas geringer ausgeprägte gesellschaftliche Integration

der Frauen als der Männer belegten. Die Kontakte und freundschaftlichen Beziehungen zu

Deutschen waren dennoch ausgeprägt, sie waren häufig in deutschen Vereinen organisiert;

die Zufriedenheit mit dem sozialen Umfeld und der Wohnsituation war bei Frauen hoch.

Frauen sahen noch häufiger als Männer Deutschland als Heimat und hegten seltener Rück-

kehrneigungen. Sie waren häufiger eingebürgert und fühlten sich hier wohl, wenngleich die

Befunde auch eine starke kulturelle Zerrissenheit und eine mehrheitliche Orientierung zwi-

schen Tradition und Moderne konstatieren. Frauen definierten sich mit leicht abnehmender

Tendenz, und relativ unabhängig vom Alter, häufiger als Männer religiös, zugleich waren sie

jedoch seltener in muslimischen Vereinen organisiert. Dabei scheinen grundsätzlich Religio-

sität und Moderne kein Widerspruch zu sein.

Allerdings bestand ein ausgeprägtes Defizit bei der beruflichen Ausbildung und der Erwerbs-

tätigkeit von Frauen, das als solches auch von den Befragten gesehen wurde. Die Zufrieden-

heit mit den Berufschancen und Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung war entsprechend

gering. Dabei standen der Ausbildung und der von vielen Hausfrauen gewollten Erwerbs-

tätigkeit in erster Linie die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie im Wege, zum Teil aber

auch die gegenteiligen Wünsche der Familie und der Ehemänner, nicht jedoch die mangeln-

den Sprachkenntnisse.

Page 37: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

37

Kulturelle Identität

Auch die kulturelle Identität der türkeistämmigen Migranten und ihre Entwicklung sind zwie-

spältig. Zwar fühlte sich die Mehrheit zumindest auch in Deutschland heimisch und hatte kei-

ne Rückkehrabsichten mehr; bei Migranten der zweiten und dritten Generation noch häufiger

als bei der ersten. Doch steigen die Anteile nur langsam, zugleich blieb das Ver-

bundenheitsgefühl mit der Türkei bestehen, wobei der Anteil derjenigen, die die Absicht ha-

ben, in Deutschland zu bleiben, den der Rückkehrwilligen deutlich übersteigt. Darüber hinaus

steigt der Anteil derjenigen, die sich mit beiden Ländern verbunden fühlen, was die Ent-

scheidung der eindeutigen Positionierung des entweder Türkisch oder Deutsch schwierig

macht und die Existenz einer Mehrfachidentität bei einem nicht geringen und steigenden Teil

der Migranten belegt. Gestiegen ist allerdings auch – zwar langsam, aber seit 1999 stetig -

der Anteil derjenigen, die sich mit keinem der beiden Länder verbunden fühlen. Diese Grup-

pe kann in Gefahr geraten, in die kulturelle Marginalisierung abzurutschen, was Orientie-

rungslosigkeit und Werteverlust zur Folge hätte. Besonders betroffen hiervon sind Heirats-

migranten, aber auch Nachfolge- stärker als Erstgenerationsangehörige, die offenbar in ihrer

kulturellen Orientierung fester verankert sind.

Es ist ein sichtbarer Zusammenhang zwischen der Identifikation mit Deutschland und der

wirtschaftlichen Situation, mehr noch mit den wirtschaftlichen Perspektiven festzustellen: Je

besser die Einschätzung der wirtschaftlichen Situation und der Perspektiven, desto höher ist

der Anteil derjenigen, die sich mit Deutschland identifizieren. Die Eröffnung wirtschaftlicher

Teilhabechancen kann somit auch die identifikative Integration der Zuwanderer verbessern.

Zwar stieg der Anteil der Eingebürgerten und hat sich seit 1999 mehr als verdoppelt, aller-

dings in den letzten drei Jahren mit deutlich niedrigeren Zuwachsraten als früher. Trotz des

wachsenden Anteils ist der große Boom, den man sich vom neuen Staats-

angehörigkeitsrecht des Jahres 2000 erhofft hatte, ausgeblieben. Maßgebliche Gründe, sich

nicht einbürgern zu lassen, sind der Wunsch, die türkische Staatsbürgerschaft nicht aufge-

ben zu wollen, und die geringen Vorteile der Einbürgerung, die gesehen werden. Die Ein-

schätzung, dass man auch als Ausländer betrachtet wird, wenn man die deutsche Staats-

bürgerschaft hat, zählt ebenfalls zu den fehlenden Vorteilen der Einbürgerung. Die Absicht

auf Einbürgerung steht sowohl mit der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage, mehr jedoch

noch mit der kulturellen Identität (Heimatverbundenheit und Bleibeabsicht) in Zusammen-

hang.

Page 38: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

38

Den geplanten Maßnahmen zur Unterstützung der Einbürgerung, die im variablen Befra-

gungsteil 2006 abgefragt wurden – eine Informationskampagne und die feierliche Gestaltung

des Einbürgerungsaktes – stehen die Migranten eher skeptisch gegenüber. Nur eine Min-

derheit glaubt an eine positive Wirkung von Informationskampagnen zur Erhöhung der Ein-

bürgerungszahlen, deutsche ebenso wie türkische Staatsbürger. Allerdings sehen Einbürge-

rungswillige diese Kampagne positiver. Vielleicht lassen sich ja gerade diejenigen, die

grundsätzlich einer Einbürgerung positiv gegenüber stehen, durch eine solche Kampagne

doch motivieren, den entscheidenden Schritt zur Antragstellung zu gehen.

Die feierliche Gestaltung des Einbürgerungsaktes findet nur jeder Zehnte gut, möglicherwei-

se aufgrund falscher Vorstellungen über die konkrete Ausgestaltung. Doch auch hier ist die

Zustimmung bei Einbürgerungswilligen höher, so dass ein Versuch möglicherweise nicht nur

zahlreiche Einbürgerungswillige zum entscheidenden Schritt animiert, sondern auch, um die

vermutlich abschreckenden und falschen Vorstellungen einer solchen Feierlichkeit zu korri-

gieren – mit angemessenen Zeremonien.

Dass allerdings mehr Einbürgerungen die Integration der Zuwanderinnen und Zuwanderer

insgesamt verbessert, glauben nur gut ein Viertel der befragten türkeistämmigen Migranten –

deutsche ebenso wie türkische Staatsbürger, doch auch hier sind die Einbürgerungswilligen

überzeugter. Die Bedingung der Deutschkenntnisse für eine Einbürgerung wird inzwischen

von der Mehrheit der Migranten akzeptiert – wenngleich einige sich Ausnahmeregelungen für

ehemalige Arbeitsmigranten wünschen.

Gesellschaftliche Integration und "Parallelgesellschaft"

Von einer breiten Segregation oder Abschottung kann aufgrund der Analyse der gesell-

schaftlichen Integration nicht gesprochen werden. Die Kontakte zu Deutschen in verschiede-

nen Lebensbereichen schwanken leicht auf einem relativ hohen Niveau. Die gesellschaftli-

che Einbindung der Nachfolgegeneration ist dabei erwartungsgemäß deutlich intensiver als

die der ersten Generation. Heiratsmigranten haben offenbar größere Schwierigkeiten, mit

Deutschen in Kontakt zu kommen. Gewachsen ist auch der Wunsch nach weiteren Kontak-

ten zur Mehrheitsgesellschaft. Jedoch sind nur Einzelne freiwillig ohne Kontakte zu Deut-

schen, eine sehr kleine Gruppe hat entweder keine Gelegenheit oder es mangelt ihnen an

den Voraussetzungen. Doch zeigt dies, dass mangelnde Beziehungen zwischen Zuwande-

rern und Mehrheitsgesellschaft nicht nur am fehlenden Willen oder Voraussetzungen der

Migranten liegt, manchmal kann auch die mangelnde Offenheit der Mehrheitsgesellschaft der

Grund für Isolation sein.

Page 39: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

39

Bei denjenigen, die sich freiwillig in eine Isolation begaben, war die Wahrnehmung von Dis-

kriminierung überdurchschnittlich. Möglicherweise beeinflusst diese Wahrnehmung den

Wunsch nach Distanz zur deutschen Gesellschaft. Zwar ist die Wahrnehmung von Diskrimi-

nierung 2006 erfreulicherweise erstmalig seit 2001 etwas geringer geworden, das Niveau ist

dennoch mit knapp drei Vierteln, die Diskriminierung erlebt haben, sehr hoch. Insbesondere

am Arbeitsplatz und bei der Suche nach einer Arbeitsstelle oder Wohnung wird häufig und

zunehmend Diskriminierung wahrgenommen. Insbesondere junge Zuwanderer geben häufig

Ungleichbehandlung an. Ob sie empfindlicher oder tatsächlich häufiger betroffen sind, lässt

sich anhand der Daten nicht sagen.

Die ausführliche Analyse der kulturellen Identität und der gesellschaftlichen Integration des

Jahres 2001 hatte die schwierige Situation der Migranten zwischen Verbundenheit mit

Deutschland und bestehender Distanz zu den Deutschen aufgezeigt.57

Auch von einer zunehmenden Ghettoisierung kann nicht gesprochen werden, die wohn-

räumliche Segregation zeigte keinen einheitlichen Trend. Rund ein Fünftel der Migranten lebt

in Gegenden, die hauptsächlich von Türkinnen und Türken bewohnt werden. Darüber hinaus

zeigte sich, dass die Koloniebildung offenbar nicht immer selbst gewählt ist.

Ebenso lassen die Organisationsstrukturen der Migranten keine zunehmende Parallelgesell-

schaft erkennen. Leicht gesunken ist 2006 der Organisationsgrad der türkeistämmigen

Migranten in Vereinen oder Verbänden, nachdem dieser bisher stetig zugelegt hatte. Der

Rückgang ging dabei zu Lasten der deutschen Organisationen. Dennoch ist die deutliche

Mehrheit der Organisierten zumindest auch in deutschen Vereinen. Das Schwergewicht bei

türkischen Organisationen lag im religiösen und kulturellen Bereich, in dem es keine deut-

schen Alternativen gibt.

Die Ergebnisse – und dies ist einer der positiven Befunde der Untersuchung der letzten Jah-

re - lassen keinen Trend zur viel zitierten, aber selten untersuchten Parallelgesellschaft er-

kennen, auch wenn es eine kleine, jedoch nicht wachsende Gruppe innerhalb der türkischen

Community gab, die Gefahr läuft, sich in solchen Strukturen ihre wirtschaftlichen Teilhabe-

57 Siehe Zentrum für Türkeistudien: Integration und Segregation türkischer Migranten in Nord-

rhein-Westfalen - Ergebnisse der dritten Mehrthemenbefragung vom September 2001 im Auf-trag des Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie des Landes Nord-rhein-Westfalen. Unveröffentlichtes Manuskript, Essen 2001; dazu auch: Sauer, Martina: Kul-turelle Integration, Deprivation und Segregationstendenzen türkischer Migranten in Nordrhein-Westfalen. In: Goldberg, Andreas/Halm, Dirk/Sauer, Martina (Hrsg.): Migrationsbericht der Stiftung Zentrum für Türkeistudien 2003. Münster 2003.

Page 40: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

40

chancen zu verbauen. Freiwillige Isolation - also fehlende Kontakte zu Deutschen, ohne dass

diese gewünscht werden - ließ sich nur bei einem sehr kleinen und ebenfalls keineswegs

wachsenden Teil der Migranten nachweisen, ebenso viele waren unfreiwillig isoliert, d. h. sie

hatten zwar keine Kontakte zu Deutschen, wünschten sich diese jedoch.

Politische Integration

Die politische Einbindung der Migranten lässt jedoch zu wünschen übrig, auch wenn die poli-

tischen Einstellungen und die Mediennutzung über die Zeit nur wenig spektakuläre Verände-

rungen zeigen. Nach wie vor war das Interesse an deutscher Politik geringer als an türki-

scher. Dabei findet man jedoch eine Überlappung der Interessen, d.h. diejenigen, die an

deutscher Politik interessiert waren, interessierten sich auch für die Politik in der Türkei. Das

politische Interesse ist eine Frage des Geschlechts, des Alters insbesondere in Bezug auf

die türkische Politik, der Aufenthaltsdauer, der Bildung, der sozialen Stellung und der kultu-

rellen Identität.

Bedenklich stimmt, dass nur wenige Migranten politische Organisationen, Institutionen und

Verbände als Vertreter ihrer Interessen im politischen Prozess wahrnehmen und sich daher

nur selten als Bürger ernst genommen und eingebunden fühlen.

Zentrale Probleme, die die Migranten dringend bearbeitet sehen wollten, waren unverändert

neben Arbeitslosigkeit und Ausbildungsstellenmangel die Ausländerfeindlichkeit sowie die

Geschlechtergleichstellung, deren Bedeutung seit 2004 deutlich zunahm. Auch die Verbes-

serung der Bildungschancen und die Bekämpfung des Unterrichtsausfalls waren den Migran-

ten wichtige politische Anliegen. Die Reihenfolge entspricht auch der Wichtigkeitseinschät-

zung der entsprechenden Maßnahmen des Aktionsplans Integration, die im variablen Befra-

gungsteil 2006 abgefragt wurde. Auch dort wird vor allem den Maßnahmen hohe Wichtigkeit

beigemessen, die sich auf den Arbeitsmarkt beziehen. Allerdings liegen, trotz der zuneh-

menden Bedeutung der Verbesserung der Bildungschancen, die schul- und bildungsbezoge-

nen Maßnahmen bei der Wichtigkeitseinschätzung der Maßnahmen des Aktionsplans am

unteren Ende der Skala, wenngleich auch diese von der überwiegenden Mehrheit als wichtig

eingestuft werden.

Page 41: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

41

Insgesamt wird die Integrationspolitik der Landesregierung, die 2006 im variablen Befra-

gungsteil thematisiert wurde58, eher verhalten beurteilt. Die Landesregierung kann offenbar

ihre integrationspolitischen Ansätze und Maßnahmen nicht an die Migranten vermitteln, nur

ein Fünftel der Türkeistämmigen beurteilt die Integrationspolitik der Landesregierung positiv.

Möglicherweise ist dieser Eindruck überschattet von der Bundespolitik, obwohl Integrations-

und Islamgipfel mehrheitlich auf Zustimmung stoßen. Die Integrationspolitik vor Ort wird im-

merhin von 37% als positiv eingeschätzt. Vielleicht ist die Wahrnehmung der Landespolitik

ein generelles Problem der politischen Ebene zwischen der medial mit viel mehr Aufmerk-

samkeit bedachten Bundespolitik und der eigenen Erfahrungswelt in den Gemeinden und

Stadtteilen. Feststellbar ist jedoch eine Wechselwirkung zwischen der Einschätzung der

Landespolitik und der der Bundes- wie der lokalen Politik. Etwas besser scheint die Integrati-

onspolitik der Landesregierung bei Nachfolgegenerationsangehörigen, bei höher Gebildeten

und bei an Politik Interessierten anzukommen.

Die verhaltene Beurteilung der Integrationspolitik in NRW resultiert auch aus der sehr

schlechten Einschätzung des Klimas gegenüber Zuwanderern in Politik und Gesellschaft,

das ebenfalls 2006 im variablen Teil erfragt wurde. Dieses Klima hat sich nach Meinung der

Mehrheit der Migranten in den letzten Jahren eher verschlechtert als verbessert: Nicht ein-

mal ein Fünftel schätzt das derzeitige Klima in Politik und Gesellschaft gut oder eher gut ein;

der negative Eindruck gilt insbesondere bei Angehörigen der Nachfolgegeneration.

Doch trotz – oder vielleicht wegen – der negativen Wahrnehmung der Politik durch die

Migranten werden die im Aktionsplan vorgestellten Maßnahmen von der überwiegenden

Mehrheit der Befragten als wichtig eingestuft, somit ist die Landesregierung mit ihrem Vor-

haben aus Perspektive der Migranten auf dem richtigen Weg. Am wichtigsten sind für die

Migranten Maßnahmen, die in der Arbeitswelt ansetzen: Verbesserung der Ausbildungsmög-

lichkeiten, Wiedereingliederung von Arbeitslosen, Zugang zu qualifizierter Beschäftigung.

Dies korrespondiert mit der Wahrnehmung der dringendsten Probleme im Land, die ebenfalls

den Fokus auf die Arbeitswelt setzt. Aber auch Stadtteilprojekte und Projekte unter Beteili-

gung der Migrantenorganisationen werden als besonders wichtig beurteilt. Weniger wichtig,

aber dennoch mehrheitlich von Bedeutung erscheinen den Migranten die Maßnahmen, die

an den Schulen ansetzen. Immerhin zählt die Verbesserung der Bildungschancen zu den

Problemlagen, die in diesem Jahr deutlich höhere Priorität erhalten als früher. 58 Siehe Sauer, Martina: Perspektiven des Zusammenlebens. Die Integration türkischstämmiger

Migranten in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse der achten Mehrthemenbefragung. Essen 2007.

Page 42: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

42

Auch wenn die Migranten die vom Ministerium geplanten Maßnahmen für wichtig halten, se-

hen sie doch zugleich in weit überwiegendem Maß die Verantwortung für die Verbesserung

der Integration sowohl bei den Deutschen als auch bei den Zuwanderern selbst, zwei Drittel

sehen sogar die Migranten noch stärker in der Pflicht. Nur ein Viertel weist vorwiegend den

Deutschen diese Aufgabe zu. Dies gilt auch für diejenigen, die das Klima in Politik und Ge-

sellschaft als schlecht bezeichnen und die Landespolitik negativ beurteilen, wenn auch in

etwas eingeschränktem Maß.

Die hohe Affinität zur SPD ist relativ stabil, bei gleichzeitig deutlich gesunkenen Anteilen von

Nichtwählern und Unentschlossenen.

Mediennutzung

Auch die Mediennutzung zeigt nur geringfügige Veränderungen im Zeitvergleich und die weit

überwiegende komplementäre Nutzung deutscher als auch türkischer Medien. Allerdings

nimmt sowohl die alleinige Nutzung türkischer als auch deutscher Medien in den letzten Jah-

ren leicht zu. Der Konsum deutscher Medien ist in den Nachfolgegenerationen häufiger und

setzt selbstverständlich Deutschkenntnisse voraus, dies geht aber nur zu einem geringen

Teil zu Lasten der Nutzung türkischer Medien. Wichtigste Medien sind Fernsehen und Ta-

geszeitungen, die ebenfalls mehrheitlich komplementär genutzt werden. Das Fernsehen –

und zwar sowohl deutsches als auch türkisches – büßt tendenziell etwas von seiner großen

Bedeutung als Informationsmedium ein, dafür gewinnen Tageszeitungen – ebenfalls in bei-

den Sprachen - wieder an Bedeutung. Deutlich wichtiger ist jedoch das Internet geworden,

auch hier werden beide Sprachen zunehmend genutzt.

Einbindung in das Gesundheitssystem

Die im variablen Teil der Befragung 200359 untersuchte Einbindung der Migranten in das Ge-

sundheitssystem bestätigte in weiten Teilen die Ergebnisse der wenigen bis dahin vorliegen-

den Untersuchungen und belegte, dass zur Verbesserung von Kenntnissen und In-

anspruchnahmeverhalten im Gesundheitssystem noch zahlreiche Anstrengungen unter-

59 Siehe Goldberg, Andreas/Sauer, Martina: Konstanz und Wandel der Lebenssituation türkisch-

stämmiger Migranten in Nordrhein-Westfalen, Ergebnisse der fünften Mehrthemenbefragung. Hsgg. vom Ministerium für Gesundheit und Soziales, Frauen und Familie, Düsseldorf 2004.

Page 43: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

43

nommen werden müssen. Es bestätigte sich, dass Migranten erst beim Vorhandensein eines

größeren Leidensdrucks das Gesundheitssystem in Anspruch nehmen. Wenig erfreulich war,

dass der subjektive Informationsstand bezüglich verschiedenster Bereiche des Gesund-

heitswesens durchgängig sehr gering war.

Page 44: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

44

5. Methodik und Durchführung der Befragung

5.1. Grundgesamtheit und Stichprobenziehung

Um eine repräsentative Auswahlgrundlage60 für zufällige Adressen- bzw. Telefonnummern-

ziehungen türkischer Haushalte in Nordrhein-Westfalen wie im gesamten Bundesgebiet zu

bilden, wird in der Stiftung Zentrum für Türkeistudien ein spezifisches Verfahren verwendet,

da landes- oder bundesweite, umfassende Pools solcher Daten nicht existieren. Dabei wur-

den Adressen und Telefonnummern von einem elektronischen Telefonverzeichnis (KlickTel

2008) über eine in der Stiftung Zentrum für Türkeistudien erstellte und ständig aktualisierte

Liste von rund 12.000 typischen türkischen Nachnamen und einer ebensolchen Liste mit

rund 9.000 türkischen Vornamen selektiert, um ein möglichst umfangreiches Verzeichnis der

Grundgesamtheit, nämlich türkische Haushalte in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland,

zu erhalten. In der so erstellten Adressendatei sind somit auch türkische Privathaushalte

enthalten, deren Mitglieder die deutsche Staatsangehörigkeit haben.

Die Namensziehung gewährleistet, dass eine systematische Verzerrung sozialer Gruppen

ausgeschlossen werden kann und die Sozialstruktur der türkischen Bevölkerung in Deutsch-

land widergespiegelt wird, da Namen im Türkischen nicht in einer kausalen Beziehung zu be-

stimmten Sozialmerkmalen stehen.61

Die aktuelle Adressendatei aus KlickTel 2008 enthält rund 90.000 Adressen und Festnetz-

Telefonnummern türkeistämmiger Haushalte in Nordrhein-Westfalen, sowie weitere 200.000

Festnetz-Telefonnummern in den anderen Bundesländern, insgesamt für Deutschland somit

rund 290.000 Haushalte. Diese Adressendateien bieten eine umfassendere und repräsenta-

tivere Grundlage für die dann anhand eines computergenerierten Algorithmus nach dem Zu-

fallsprinzip ausgewählte Stichproben, als die willkürliche und manuelle Auswahl der Stich-

probe direkt aus den die gesamte Bevölkerung umfassenden und nach Orten sortierten Tele-

fonbüchern oder Einwohnermelderegistern, wie sie in den meisten anderen Telefonbefragun-

60 Das bedeutendste Element für Repräsentativität ist die Zufälligkeit der ausgewählten Perso-

nen. Vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft: Qualitätskriterien der Umfrageforschung. Hrsgg. von Kaase, Max. Berlin 1999, S. 13.

61 In der Türkei wurde erst 1923 durch eine Namensreform die Einführung von Nachnamen vor-genommen. Dadurch ist die Gesamtzahl der verwendeten Nachnamen im Vergleich zu ande-ren Nationalitäten relativ überschaubar. Zudem gibt es keine regionale oder ethnische Bin-dung von Namen. Vgl. dazu auch: Humpert, Andreas/Schneiderheinze, Klaus: Stichproben-ziehung für telefonische Zuwandererumfragen. In: ZUMA-Nachrichten, Heft 47, Mannheim 2000, S. 36ff; Gabler, Siegfried/Häder, Sabine (Hrsg.): Telefonstichproben. Methodische Inno-vationen und Anwendungen in Deutschland. Münster/New York/Berlin/München 2002.

Page 45: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

45

gen angewandt wird.62 Ein Vergleich der Befragtengruppe mit amtlichen Daten (Alter, Ge-

schlecht etc.) bietet weitere Einsicht in die Stichprobenqualität (siehe Kap. 5.3.2.).

Die Stichproben wurden getrennt für Nordrhein-Westfalen und die anderen Bundesländer

gezogen. Für die Erhebung in NRW wurde aus der Grundgesamtheit der rund 90.000 türki-

schen Haushalte in NRW, die in der Datenbank des ZfT enthalten sind, eine Zufallsstich-

probe mit 5.000 Telefonnummern gezogen, um ausreichend Spielraum für die anvisierte Be-

fragtenzahl von 1.000 Personen zu erhalten. Diese flossen komplett und ungewichtet in die

Auswertung für Nordrhein-Westfalen ein.

In Nordrhein-Westfalen leben nach den Ergebnissen des Mikrozensus 200663 34,5% der tür-

keistämmigen Bevölkerung, im restlichen Bundesgebiet 65,5%. Um für die Bundesebene

eine nach Bundesländern, Geschlecht und Alter repräsentative Datenbasis zu erhalten, wur-

den die 1.000 Interviews, die in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurden, mit dem Faktor

0,345 gewichtet, so dass eine gewichtete Befragtenzahl von 345 entstand. In den anderen

15 Bundesländern wurden zeitgleich und mit dem gleichen Erhebungsinstrument insgesamt

655 türkeistämmige Migranten befragt, proportional zu ihrer Verteilung nach Bundesländern.

Die gewichteten Interviews aus NRW, die jeweils nur zu gut einem Drittel gewertet werden,

wurden zu den 655 in den anderen Bundesländern durchgeführten Interviews zugespielt, so

dass insgesamt eine gewichtete Befragtenzahl von 1.000 Personen auf Bundesebene (345

aus NRW und 655 aus den anderen Bundesländern) vorliegt, die in der Zusammensetzung

dem Anteil der türkeistämmigen Migranten in Deutschland nach Bundesländern entspricht.

Um auch in den anderen 15 Bundesländern eine repräsentative Auswahl der Stichprobe zu

erhalten, wurde aus der restlichen Grundgesamtheit der 200.000 Adressen und Telefon-

nummern türkischer Haushalte (ohne NRW) der ZfT-Datenbank eine ebenfalls 5.000 Adres-

sen umfassende Zufallsstichprobe über einen computergesteuerten Algorithmus ausgewählt,

wobei die Bundesländerverteilung auch bei der Stichprobe berücksichtigt wurde.

Die Zufallsauswahl der zu befragenden Personen im Haushalt wird dadurch sichergestellt,

dass das Haushaltsmitglied befragt wurde, welches zuletzt Geburtstag hatte. Dadurch wird 62 Vgl. zur Stichprobenziehung Deutsche Forschungsgemeinschaft: Qualitätskriterien der Umfra-

geforschung. Hrsgg. von Kaase, Max. Berlin 1999, S.35, sowie Humpert, Andre-as/Schneiderheinze, Klaus: Stichprobenziehung für telefonische Zuwandererumfragen. In: ZUMA-Nachrichten, Heft 47, Mannheim 2000, S. 36ff.

63 Statistisches Bundesamt: Mikrozensus 2006. Fachserie 1, Reihe 2.2 Bevölkerung und Er-werbstätigkeit - Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Wiesbaden 2008.

Page 46: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

46

auch auf der Ebene der Personenauswahl ein Verfahren genutzt, das Stichproben produ-

ziert, die weitestgehend frei von systematischen Fehlern bzw. Verzerrungen sind und die Re-

präsentativität erhöhen.64

5.2. Durchführung der Erhebung

Nach der Konstruktion bzw. Ergänzung des Fragebogens zum Themenbereich Mediennut-

zung in Absprache mit dem Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration

des Landes Nordrhein-Westfalen wurden zunächst Probeinterviews in deutscher Sprache

durchgeführt. Nach der Einarbeitung der Korrekturen und der Intervieweranweisungen wurde

die türkische Übersetzung des Fragebogens angefertigt, rückübersetzt und Unklarheiten kor-

rigiert. Die deutsche und türkische Version des Fragebogens wurde von den Mitarbeitern und

Interviewern kontrolliert und die türkische Version ebenfalls in einem Pre-Test geprüft. Die-

sem Arbeitsschritt folgte die Programmierung der Dateneingabemaske in Deutsch und Tür-

kisch, die den Fragebogen und die Eingabefelder am Computer miteinander verbindet.65

Damit entfällt die im herkömmlichen, nicht-computerunterstützten Verfahren notwendige Da-

teneingabe im Anschluss an die telefonische Befragung, die eine erhebliche Fehlerquelle

bedeutet. Über Voreinstellungen können bei der CATI-Befragung zulässige Werte und unzu-

lässige Fragen (Filterführung) definiert werden. Dadurch werden Fehleingaben weiter mini-

miert. Die zwölf Interviewerinnen und Interviewer führten nach der Besprechung des Fra-

gebogens und der besonderen Gesprächssituationen einige Test-Interviews durch. Die Stif-

tung Zentrum für Türkeistudien kann auf erfahrene Interviewerinnen und Interviewer zurück-

greifen, die zweisprachig aufgewachsen sind. Dadurch ist es möglich, auch während des In-

terviews die Sprache zu wechseln. Darüber hinaus erhöht die Ansprache in der Mutterspra-

che die Teilnahmebereitschaft erheblich.66

Die Interviews von durchschnittlich 30 Minuten Dauer wurden vom 06.10.2008 bis

30.10.2008 durchgeführt. An sieben Arbeitsstationen wurden die Interviews in NRW und an

fünf Arbeitsstationen die Interviews in den anderen Bundesländern bearbeitet. An Werktagen

(Montag bis Donnerstag) wurde zwischen 16.30 Uhr und 21.30 Uhr interviewt, am Freitag 64 Zu den Methoden der Sicherung der Repräsentativität von Stichproben Deutsche For-

schungsgemeinschaft: Qualitätskriterien der Umfrageforschung. Hrsgg. von Kaase, Max. Ber-lin 1999, S. 19.

65 Verwendet wurde das Programm DataEntry, ein Modul des Statistikprogramms SPSS. 66 So der Nachweis in Blohm, Michael/Diehl, Claudia: Wenn Migranten Migranten befragen: Zum

Teilnahmeverhalten von Einwanderern bei Bevölkerungsbefragungen. In: Zeitschrift für Sozio-logie, 3/2001.

Page 47: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

47

zwischen 15 und 21 Uhr, am Samstag und Sonntag zwischen 12 und 20 Uhr. 7% der Inter-

views in NRW wurden in Deutsch und 93% in Türkisch, in den anderen Bundesländern wur-

den 5% in Deutsch und 95 in Türkisch geführt.

Der Erfolg bzw. Misserfolg der Kontaktversuche wurde für jede Adresse benannt. Bei Haus-

halten, die nicht erreicht werden konnten, wurden weitere Kontaktversuche unternommen.

Insgesamt wurde die Stichprobe der 5.000 Adressen in NRW zur Erreichung der ange-

strebten Befragtenzahl von 1.000 Personen in drei Wellen bearbeitet, ebenso die Stichprobe

der 5.000 Adressen in den anderen Bundesländern. Um einen Eindruck von den Ausfall-

gründen und der Ausschöpfungsquote zu erhalten, sind in der folgenden Tabelle 2 die Kon-

taktcodes für NRW (Tabelle 2a) und die anderen Bundesländer (Tabelle 2b) aufgeführt.

Tabelle 2a: Ausschöpfung und Ausfallgründe in NRW

Nordrhein-Westfalen Ausfallgrund/realisierte Interviews

Anzahl Prozent (alle

Adressen)

Prozent (erreichte

Haushalte) Zahl der Adressen der Zufallsstichprobe 5.000 Angerufene Haushalte 5.000 100,0 Ausfälle ohne Kontakt:

Besetzt 102 2,0 Es hebt niemand ab 613 12,3

Anrufbeantworter 74 1,5 Telefonnummer falsch (‘Kein Anschluss…’) 254 5,1

Faxanschluss 59 1,2 Telefonischer Kontakt kommt zustande 3898 78,0 100,0 Ausfälle mit Kontakt:

Im Haushalt keine Personen türkischer Herkunft 146 2,9 3,7 Haushalt lehnt ab 1.578 31,6 40,5

Kein Privathaushalt, sondern Unternehmen, o. ä. 77 1,5 2,0 Jetzt keine Zeit 85 1,7 2,2

Zielperson zur Zeit nicht anwesend 233 4,7 6,0 Zielperson während der Feldphase nicht anwesend 227 4,5 5,8

Eltern/Erwachsene sind nicht anwesend 21 0,4 0,5 Kontakt mit Zielperson kommt zustande 1.531 30,6 39,3 Reaktion der Zielperson :

Lehnt Interview ab 356 7,1 9,1 Nicht jetzt, aber später 33 0,7 0,8

Stimmt Interview zu 1.142 22,8 29,3 Von den 5.000 Haushalten in NRW konnten insgesamt 22% nicht erreicht werden, haupt-

sächlich deshalb, weil während des Befragungszeitraumes niemand zu Hause war (12% es

hebt niemand ab, 2% Anrufbeantworter), bei 6% war die Telefonnummer falsch (kein An-

schluss unter dieser Nummer, Faxnummer). Dies hat seine Ursache darin, dass nach An-

Page 48: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

48

gaben der Telekom jährlich ca. 10% der Haushalte umziehen und die Telefonnummer wech-

seln. Die Nummern der aktuellsten, verwendeten CD-Rom (KlickTel 2008) stammen aus

dem Jahr 2007. Darüber hinaus sind die Telefonnummern-CD-ROMs von vornherein mit Da-

tenfehlern behaftet.

3% der angerufenen Haushalte waren keine türkischen Haushalte. Diese Haushalte sind ent-

weder solche mit Familiennamen, die auch im Türkischen vorkommen, oder solche, die in

letzter Zeit umgezogen sind und die Telefonnummer der türkischen Vormieter übernommen

haben.

Knapp ein Drittel (32%) der angerufenen und 41% der erreichten Haushalte lehnte ein Inter-

view beim ersten Kontakt ab. Bei 9% der Haushalte war die Zielperson, die über die "Ge-

burtstagsfrage" ausgewählt wurde, nicht anwesend. 31% der angerufenen Haushalte stimm-

ten jedoch einer Befragung zu. Waren einmal die Zielpersonen am Telefon, lehnten 356 Per-

sonen ein Interview ab, 33 Zielpersonen hatten gerade keine Zeit. Die Ausschöpfungsquote

liegt insgesamt bei 23% aller angerufenen Telefonnummern und bei 29% aller erreichten

Haushalte.

Die Interviews wurden anschließend auf Vollständigkeit und Plausibilität geprüft. Insgesamt

wurden 142 Interviews der NRW-Befragung wegen Unvollständigkeit (Abbruch) und auf-

grund von Unplausibilitäten aus der Auswertung herausgenommen. So fließen in die NRW-

Auswertung 1.000 Interviews ein.

Von den 5.000 Haushalten in den restlichen Bundesländern konnten insgesamt 22% nicht

erreicht werden, hauptsächlich deshalb, weil während des Befragungszeitraumes niemand

zu Hause war (16% es hebt niemand ab, 3% Anrufbeantworter), bei 7% war die Telefonnum-

mer falsch (kein Anschluss unter dieser Nummer, Faxnummer).

3% der angerufenen Haushalte waren keine türkischen Haushalte.

Gut ein Drittel (36%) der angerufenen und 49% der erreichten Haushalte lehnte ein Inter-

view beim ersten Kontakt ab. Bei 5% der Haushalte war die Zielperson, die über die "Ge-

burtstagsfrage" ausgewählt wurde, nicht anwesend. 30% der angerufenen Haushalte stimm-

ten jedoch einer Befragung zu. Waren einmal die Zielpersonen am Telefon, lehnten 293 Per-

sonen ein Interview ab, 51 Zielpersonen hatten gerade keine Zeit. Die Ausschöpfungsquote

in den restlichen Bundesländern liegt insgesamt bei 15% aller angerufenen Telefonnummern

und bei 20% aller erreichten Haushalte.

Page 49: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

49

Tabelle 2b: Ausschöpfung und Ausfallgründe in den anderen Bundesländern Andere Bundesländer Ausfallgrund/realisierte Interviews

Anzahl Prozent (alle

Adressen)

Prozent (erreichte

Haushalte) Zahl der Adressen der Zufallsstichprobe 5.000 Angerufene Haushalte 5.000 100,0 Ausfälle ohne Kontakt:

Besetzt 146 2,9 Es hebt niemand ab 784 15,7

Anrufbeantworter 135 2,7 Telefonnummer falsch (‘Kein Anschluss...’) 176 3,5

Faxanschluss 118 2,4 Telefonischer Kontakt kommt zustande 3641 72,8 100,0Ausfälle mit Kontakt:

Im Haushalt keine Personen türkischer Herkunft 152 3,0 4,2Haushalt lehnt ab 1783 35,7 49,0

Kein Privathaushalt, sondern Unternehmen, o. ä. 102 2,0 2,8Jetzt keine Zeit 80 1,6 2,2

Zielperson zur Zeit nicht anwesend 179 3,6 4,9Zielperson während der Feldphase nicht anwesend 62 1,2 1,7

Eltern/Erwachsene sind nicht anwesend 202 4,0 5,5Kontakt mit Zielperson kommt zustande 1081 21,6 29,7Reaktion der Zielperson :

Lehnt Interview ab 293 5,9 8,0Nicht jetzt, aber später 51 1,0 1,4

Stimmt Interview zu 737 14,7 20,2

Auch hier wurden die Interviews auf Vollständigkeit und Plausibilität geprüft. Insgesamt wur-

den 82 Interviews, die in den anderen 15 Bundesländern geführt wurden, wegen Unvollstän-

digkeit (Abbruch) und aufgrund von Unplausibilitäten aus der Auswertung herausgenommen.

In die bundesweite Auswertung fließen neben den mit dem Faktor 0,345 gewichteten 1.000

Interviews aus NRW (= 345 gewichtete Personen) 655 Interviews aus den anderen Bundes-

ländern ein.

Page 50: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

50

5.3. Repräsentativität: Fehlertoleranz und Vergleich von Befragten und Grundgesamtheit

5.3.1. Theoretische Fehlertoleranz

Die Repräsentativität von Befragungsdaten bezieht sich auf die möglichst genaue Wider-

spiegelung bestimmter, definierter (und dazu notwendigerweise bekannter) Charakteristika

der Grundgesamtheit in der Stichprobe. Sie ist jedoch immer relativ, da eine statistisch ex-

akte Deckung nur bei einer Vollerhebung möglich ist. Der statistisch-theoretisch berechen-

bare Grad der Abweichung von dieser Deckung (Fehlertoleranz) ist abhängig von der Rela-

tion zwischen der Größe der Grundgesamtheit und der Stichprobe, sinkt jedoch nicht pro-

portional mit der Größe der Stichprobe. Zudem verändert sich die Fehlertoleranz bei gleich

bleibender Stichprobengröße und zunehmender Grundgesamtheit nur sehr gering.

Für NRW liegt diese Fehlertoleranz der Ergebnisse bei einer Stichprobe von 1.000 Befragten

und einer Grundgesamtheit von rund 630.000 Personen (türkeistämmige Zuwanderer ab 18

Jahren in Nordrhein-Westfalen67) mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% zwischen 1,9% und

4,4% - je nach Anteil der Untergruppen.68 Für die bundesweite Erhebung liegt diese Fehler-

toleranz einer Stichprobe von 1.000 Befragten und einer Grundgesamtheit von rund

1.756.000 Personen (türkeistämmige Zuwanderer ab 18 Jahren in Deutschland69) mit einer

Wahrscheinlichkeit von 95% ebenfalls zwischen 1,9% und 4,4% - je nach Anteil der Unter-

gruppen.

Diese Größendimension der theoretischen Fehlertoleranz wird in der Wissenschaft akzeptiert

und stellt somit die Repräsentativität der Befragungsergebnisse nicht in Frage.70

67 Quelle: Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung des Landes Nordrhein-Westfalen, Son-

derauswertung des Mikrozensus 2005. E-Mail auf Anfrage, 20.02.2008. 68 Da die theoretische Fehlertoleranz nicht proportional zur Stichprobengröße abnimmt (vgl. die

im Anhang beiliegende Fehlertoleranztabelle), wäre zur Reduzierung der Fehlertoleranz ein erheblich größerer Stichprobenumfang notwendig. Hier stellt sich grundsätzlich die Frage nach der Höhe des zusätzlichen Aufwandes und erreichbarer Verbesserung der Repräsentati-vität.

69 Quelle: Statistisches Bundesamt: Mikrozensus 2006. Fachserie 1, Reihe 2.2 Bevölkerung und Erwerbstätigkeit - Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Wiesbaden 2008.

70 Vgl. zur Fehlertoleranz Lindner, Arthur/Berchtold, Willi: Elemente statistischer Methoden. Ba-sel, Boston, Stuttgart 1979.

Page 51: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

51

5.3.2. Vergleich der Befragtengruppe mit der amtlichen Statistik

Ein weiterer Indikator für den Grad der Repräsentativität der Befragungsdaten für die Ge-

samtheit der volljährigen türkeistämmigen Migranten in Nordrhein-Westfalen bzw. in

Deutschland kann der Vergleich soziodemographischer Strukturen von Befragtengruppe und

amtlichen Daten zur türkeistämmigen Bevölkerung liefern. Durch den Vergleich von Befra-

gungsdaten und amtlichen Statistiken ist zu erkennen, ob bestimmte Gruppen der türkischen

Bevölkerung in der Befragung unter- bzw. überrepräsentiert sind. Soziodemographische Ü-

bereinstimmungen der Befragtengruppe mit der Grundgesamtheit zeigen an, dass die

Grundgesamtheit durch die Zufallsstichprobe repräsentiert wird.

Als amtliche Statistik werden die Angaben des Mikrozensus von 2005 für Nordrhein-Westfa-

len, die vom Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (LDS

NRW) speziell für die Personen mit türkischem Migrationshintergrund ab 18 Jahre zur Verfü-

gung gestellt wurden,71 verwendet, so dass ein direkter Vergleich nun möglich ist. Der Mikro-

zensus ist die einzige amtliche Statistik, die – erstmalig 2005 – nicht nur nach Staatsangehö-

rigkeit unterscheidet, sondern auch den Migrationshintergrund72 erfasst. So ist es seit Vorlie-

gen der Ergebnisse des Mikrozensus 2005 nun möglich, die türkeistämmigen Befragten ins-

gesamt und nicht nur die darin enthaltenen türkischen Staatsbürger auf ihre Repräsentativität

zu prüfen (siehe Tabelle 3a). Allerdings enthält der Mikrozensus 2005, wenn er die Personen

mit Migrationshintergrund nach Herkunft unterscheidet, nur Daten solcher Migranten, die

derzeit oder früher eine ausländische bzw. türkische Staatsbürgerschaft hatten (N =

630.000). Türkeistämmige Personen, die durch Geburt – aufgrund des geänderten Einbür-

gerungsgesetzes aus dem Jahr 2000 oder weil ein oder beide Elternteile deutsche Staats-

bürger sind – und nicht durch Einbürgerung Deutsche sind, können in den Daten des Mikro-

zensus nicht als türkeistämmig, sondern nur als Personen mit Migrationshintergrund iden-

tifiziert werden, ohne Zuweisung an eine Herkunftsnationalität. Somit unterscheidet sich die

Gruppe der Türkeistämmigen der NRW-Mehrthemenbefragung von der im Mikrozensus iden- 71 Quelle: Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung des Landes Nordrhein-Westfalen, Son-

derauswertung des Mikrozensus 2005. E-Mail auf Anfrage am 20.02.2008. 72 Im Mikrozensus 2005 wurden erstmals neben der aktuellen Staatsbürgerschaft frühere

Staatsbürgerschaften, Geburtsland, Zuzug nach Deutschland und Einbürgerung sowohl der Befragten als auch der Eltern erfasst, so dass es möglich ist, die türkeistämmigen Migranten weitgehend statistisch zu erfassen. Zur Definition des Migrationshintergrundes siehe https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath=struktur, vollan-zeige.csp&ID=1021764. Nach Herkunftsnationalitäten sind jedoch nur Personen erfasst, die ausländische Staatsbürger sind oder per Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit er-halten haben, also früher eine andere Staatsbürgerschaft hatten, Personen mit Migrationshin-tergrund, die per Geburt Deutsche sind, sind nicht nach Herkunftsnationalität ausgewiesen.

Page 52: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

52

tifizierbaren Türkeistämmigen, da in der NRW-Mehrthemenbefragung als türkeistämmig alle

Personen definiert sind, die einen türkischen Vor- und/oder Nachnamen haben und sich

selbst als türkeistämmig bezeichnen – unabhängig davon, welche Staatsbürgerschaft sie

haben und wie sie die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben. Ihre Zahl ist höher zu

vermuten als die im Mikrozensus ausgewiesene Zahl.

Tabelle 3a: Vergleich der Befragten mit dem Mikrozensus 2005 (NRW – Personen ab 18 Jahre )

NRW- Mikrozensus Befragung Differenz Fehler-

Prozent

Prozent Prozent toleranz

Geschlecht Männlich 51,7 51,3 -0,4 4,4 Weiblich 48,3 48,7 +0,4 4,4

Alter 18 bis 24 Jahre 16,1 16,8 +0,7 3,1 25 bis 44 Jahre 55,6 54,3 -1,3 4,4 45 bis 54 Jahre 10,8 11,0 +0,2 2,6 55 bis 64 Jahre 12,6 12,2 -0,4 3,1

65 Jahre und älter 4,9 5,7 +0,8 1,9 Erwerbstätigkeit

Erwerbstätig 44,4 46,4 +2,0 4,4 Nicht erwerbstätig 55,6 53,6 -2,0 4,4

Quelle: Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung des Landes Nordrhein-Westfalen, Sonderauswertung des Mikrozensus 2005. E-Mail auf Anfrage, 20.02.2008.

Für den Vergleich der bundesweiten Befragten (Tabelle 3b) wurde der Mikrozensus von

2006 für Deutschland, den das Statistische Bundesamt bereitstellt73, verwendet. Hierbei gel-

ten die gleichen Einschränkungen bei der Übereinstimmung des definierten Personenkreises

wie für den NRW-Vergleich Mikrozensus/Befragung.

Es zeigen sich nach dem Mikrozensus leichte Abweichungen in der Zusammensetzung der

Bevölkerung mit türkischem Migrationshintergrund in NRW und in Gesamtdeutschland, ins-

besondere bei den Anteilen der Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen: Bundesweit sind

3% mehr Personen mit türkischem Migrationshintergrund erwerbstätig als in NRW. Bei Ge-

schlecht und den Altersgruppen sind die Anteilsunterschiede geringer.

73 Quelle: Statistisches Bundesamt: Mikrozensus 2006. Fachserie 1, Reihe 2.2 Bevölkerung und

Erwerbstätigkeit - Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Wiesbaden 2008.

Page 53: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

53

Tabelle 3b. Vergleich der Befragten mit dem Mikrozensus 2007 (bundesweit, einschließlich NRW)

Bundesweit Mikrozensus Befragung Differenz Fehler-

Prozent

Prozent Prozent toleranz

Geschlecht Männlich 52,7 52,0 -0,7 4,4 Weiblich 47,3 48,0 +0,7 4,4

Alter 20 bis 24 Jahre 16,4 14,6 -1,8 2,6 25 bis 44 Jahre 53,8 52,9 -0,9 4,3 45 bis 54 Jahre 11,5 14,0 +2,5 3,1 55 bis 64 Jahre 12,1 12,0 -0,1 3,1

65 Jahre und älter 6,2 6,5 +0,3 1,9 Erwerbstätigkeit

Erwerbstätig 47,4 50,4 +3,0 4,3 Nicht erwerbstätig 52,6 49,6 -3,0 4,3

Statistisches Bundesamt: Mikrozensus 2006. Fachserie 1, Reihe 2.2 Bevölkerung und Erwerbstätigkeit - Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Wiesbaden 2008.

Der Vergleich der Daten des Mikrozensus und der Befragtengruppe der türkeistämmigen

Migranten (vgl. Tab. 3a, 3b, 3c) zeigt keine Über- bzw. Unterrepräsentationen, die über die

jeweilige Fehlertoleranz hinausgehen. Somit muss keine Gewichtung vorgenommen werden.

In der NRW-Befragung sind die Erwerbstätigen mit 2 Prozentpunkten leicht überrepräsen-

tiert, im gesamtdeutschen Datensatz sind ebenfalls Erwerbstätige mit 3 Prozentpunkten so-

wie die Altersgruppe 45 bis 54 Jahre mit 2,5 Prozentpunkten leicht überrepräsentiert.

Tabelle 3c: Vergleich der Befragten mit dem Mikrozensus 2007 nach Bundesländer Mikrozensus

Prozent Befragung

Prozent Differenz Prozent

Fehler- toleranz

Baden-Württemberg 17,5 18,2 +0,7 3,1 Bayern 12,6 12,3 -0,3 2,6

Berlin 6,8 7,2 +0,4 1,9 Bremen 1,6 1,2 -0,4 1,9

Hamburg 3,3 4,1 +0,8 1,9 Hessen 9,2 10,2 +1,0 2,6

Niedersachsen 6,8 5,9 -0,9 1,9 Nordrhein-Westfalen 34,5 34,5 0,0 4,2

Rheinland Pfalz 3,9 3,3 -0,6 1,9 Saarland 0,8 1,2 +0,4 1,9

Schleswig-Holstein 2,1 1,9 -0,2 1,9 Neue Bundesländer 0,8 - -0,8 1,9

Gesamt 100,0 100,0 Statistisches Bundesamt: Mikrozensus 2006. Fachserie 1, Reihe 2.2 Bevölkerung und Erwerbstätigkeit - Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Wiesbaden 2008.

Page 54: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

54

6. Die Ergebnisse

Die Analyse der Befragungsergebnisse gliedert sich in sieben Kapitel:

Das erste Kapitel stellt die soziodemographische Struktur der Befragten dar. Neben Ge-

schlecht, Alter und Familiensituation sind die Aufenthaltsdauer und der Zuwanderungsgrund

Faktoren, die die allgemeine Lebenssituation und die mentale Disposition beeinflussen kön-

nen. Auch die Religiosität kann eine besondere Rolle spielen. Daher werden diese Merkmale

ausführlich vorgestellt, um sich ein Bild über die Struktur und den Hintergrund der Befragten

machen zu können. Im zweiten Kapitel werden die Ergebnisse zur kognitiven Integration

über den Bildungsstatus und die Sprachkenntnisse dargelegt. Im dritten Kapitel wird die

strukturelle Integration über die Erwerbsbeteiligung, die berufliche Stellung und das Ein-

kommen sowie die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und Zufriedenheit mit den Le-

bensbedingungen beschrieben. Das vierte Kapitel widmet sich der identifikativen Integration

bzw. der kulturellen Identität, die anhand der Staatsangehörigkeit, der Einbürgerungsabsicht,

der Heimatverbundenheit und Rückkehrabsicht untersucht wird. Die gesellschaftliche Integ-

ration wird im fünften Kapitel analysiert. Kontakte zu Deutschen, Wohnumfeld und Vereins-

mitgliedschaft sowie die Erfahrungen mit Diskriminierung sollen hierzu Auskunft geben und

werden vor dem Hintergrund der Debatte um die Parallelgesellschaft diskutiert. Im sechsten

Kapitel wird die politische Integration über politische Präferenzen und Interessen sowie poli-

tische und gesellschaftliche Problemwahrnehmung dargestellt. Das siebte Kapitel widmet

sich der Mediennutzung, die in der diesjährigen Befragung vertiefend untersucht wird.

Der Fokus der Ergebnisdarstellung richtet sich auf die Befragung in NRW und den Vergleich

im Zeitverlauf, der nur für NRW dargestellt werden kann. Ebenso wie in den Vorjahren steht

die Ergebnisdokumentation der neunten Mehrthemenbefragung türkeistämmiger Migranten

in NRW im Vordergrund. Ergänzt wird diese jedoch in den jeweiligen Kapiteln durch den

Vergleich mit den Ergebnissen der bundesweiten Befragung, durch den Gemeinsamkeiten

und Besonderheiten herausgestellt werden.

Page 55: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

55

6.1. Soziodemographische Merkmale und Religiosität

6.1.1. Soziodemographische Merkmale

Die Zuwanderung von Menschen aus der Türkei erfolgte in nennenswertem Umfang seit

dem Anwerbevertrag von 1961. Sie erfolgte als vorübergehende Arbeitsmigration und unter-

lag den Bedingungen, die die deutsche Wirtschaft und Politik an die Arbeitskräfte stellte, die

man zur Überbrückung des wirtschaftsboombedingten Arbeitskräftemangels im Ausland ins-

besondere für unqualifizierte Tätigkeiten im produzierenden Gewerbe brauchte. Als 1973 die

Arbeitsmigration eingestellt und auf Drängen der EG der Familiennachzug rechtlich geregelt

wurde, folgten den meist männlichen Arbeitern die Frauen und Kinder – doch nach wie vor

unter der Maßgabe des zeitlich befristeten Arbeitsaufenthaltes in Deutschland, der sich aller-

dings verstetigte, nicht zuletzt, da aufgrund der ökonomischen Bedingungen in der Türkei

eine Rückkehr immer wieder verschoben wurde. Diese Migrationsgeschichte prägt bis heute

sowohl die mentale Disposition als auch die sozialstrukturelle Zusammensetzung der türkei-

stämmigen Zuwanderer.74

Die Sozialstruktur der befragten türkeistämmigen Migranten unterscheidet sich deutlich von

der Struktur der Deutschen, insbesondere in Bezug auf die Altersstruktur und die Familiensi-

tuation. Der Anteil älterer Befragter wächst jedoch immer mehr an, der Anteil der Jungen

nimmt hingegen ab. Der durch die Migrationsgeschichte bedingte Männerüberschuss ist

nach wie vor vorhanden, wenngleich in sehr abgeschwächter Form: 51% der Befragten in

NRW sind männlich, 49% weiblich.

Das durchschnittliche Alter der erwachsenen Migranten in NRW liegt bei 39,5 Jahren und ist

in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Die größte Gruppe (48%) ist zwischen 30 und

44 Jahren, knapp ein Viertel (23%) ist zwischen 18 und 29 Jahre alt. Der Anteil der Befragten

ab 60 Jahre beträgt 11% und liegt, obwohl er deutlich gestiegen ist, damit weit unter dem

Seniorenanteil in der deutschen Bevölkerung.75 Zugleich nimmt der Anteil der Unter-30-

Jährigen ab. Dies ist wohl einerseits auf die seit langem gesunkene Geburtenrate der türkei-

stämmigen Zuwanderer und andererseits auf den stark zurückgegangenen Nachzug sowohl

von Kindern, aber auch von jungen Erwachsenen zurückzuführen. 74 Vgl. hierzu ausführlich Goldberg, Andreas/Halm, Dirk/Şen, Faruk: Die deutschen Türken.

Münster 2004. 75 Im Integrationsbericht der Landesregierung wird die Gruppe der Deutschen über 65 Jahre mit

21% angegeben. Vgl. Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Lan-des Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. In-tegrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 84f..

Page 56: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

56

Tabelle 4: Soziodemographische Merkmale (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Anzahl Prozent Anzahl Prozent Geschlecht

Männlich 513 51,3 520 52,0 Weiblich 487 48,7 480 48,0

Alter Unter 30 Jahre 234 23,4 220 22,0 30 bis 44 Jahre 483 48,3 458 45,8 45 bis 59 Jahre 173 17,3 206 20,6

60 Jahre und älter 110 11,0 117 11,7 Mittelwert (Jahre) 39,5 40,4

Haushaltsgröße (Mittelwert) 3,8 3,8 Kinder pro Haushalt (Mittelwert) 1,2 1,2 Anzahl eigener Kinder (Mittelwert) 2,0 2,1 Familienstand

Ledig 178 17,8 167 16,7 Verheiratet 775 77,6 793 79,3

Verwitwet/Geschieden 46 4,6 38 3,8 Aufenthaltsdauer in Deutschland

Bis 3 Jahre 16 1,6 12 1,2 4 bis 9 Jahre 70 7,0 61 6,2

10 bis 19 Jahre 257 25,7 258 26,0 20 und mehr Jahre 657 65,7 660 66,6

Mittelwert (Jahre) 25,1 25,1 Zuwanderungsgrund

Gastarbeiter 118 11,8 110 11,0 Flüchtling/Asylbewerber 12 1,2 10 1,0

Familienzusammenführung als Ehepartner 341 34,1 375 37,5 Familienzusammenführung als Kind 260 26,0 264 26,4

Studium oder Ausbildung 18 1,8 26 2,6 In Deutschland geboren 251 25,1 216 21,6

Zuwanderergenerationszugehörigkeit Erste Generation 189 18,9 189 18,9

Nachfolgegeneration 511 51,1 481 48,1 Heiratsmigranten der Nachfolgegeneration 270 27,0 295 29,5

Nicht zuordenbar 30 3,0 34 3,4 Gesamt 1.000 100 1.000 100

Die Haushaltsstruktur unterscheidet sich, zum Teil bedingt durch die Altersstruktur und un-

terstützt durch kulturelle Faktoren, ebenfalls deutlich von der deutschen Bevölkerung und ist

relativ stabil. Türkeistämmige Migranten sind sehr viel stärker als Deutsche in familiäre

Strukturen eingebunden: In NRW sind sie zu 78% verheiratet (Deutsche 2007 nur zu 45%76)

und haben dann auch zu 93% Kinder. Nur 5% der Befragten leben in Ein-Personen-Haus-

halten (Deutsche zu 38%), 16% leben in Zwei-Personen-Haushalten. Im Durchschnitt leben

76 Quelle der Zahlen zu den Haushalten Deutscher: Landesamt für Datenverarbeitung und Sta-

tistik des Landes Nordrhein-Westfalen. www.lds.nrw.de

Page 57: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

57

in den türkischen Haushalten 3,8 Personen, in den deutschen Haushalten sind dies nur 2,1

Personen. In 60% der Haushalte leben Kinder unter 18 Jahren, im Durchschnitt aller Haus-

halte 1,2. 76% der Befragten haben eigene, auch erwachsene Kinder, im Durchschnitt 2,0.

Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in NRW liegt bei 25 Jahren. Lediglich 2% der Be-

fragten leben weniger als drei Jahre und weitere 7% zwischen vier und neun Jahren in

Deutschland. Zwei Drittel der Migranten leben 20 Jahre und länger hier. Der Anteil derer, die

aufgrund einer eigenen Arbeitsmigration nach Deutschland kamen, liegt jedoch nur noch bei

12%. Gut ein Drittel reiste als Ehepartner nach, ein Viertel kam im Zuge der Familien-

zusammenführung als Kind nach Deutschland. Ein Viertel der erwachsenen Befragten ist

bereits in Deutschland geboren.

Aufgrund der großen Bedeutung, die in der Migrationsforschung und in der Öffentlichkeit der

Generationszugehörigkeit zugewiesen wird77, wurden die Befragten anhand der Angaben zu

Alter, Aufenthaltsdauer, Zuzugsalter und Zuwanderungsgrund einer Zuwanderergeneration

zugewiesen. Ziel dieser Einteilung ist auch, diejenigen Migranten, die als Ehepartner der

zweiten und dritten Generation als so genannte Heiratsmigranten nach Deutschland reisten,

von den in Deutschland aufgewachsenen oder geborenen Nachfolgegenerationsangehörigen

zu unterscheiden, da zwischen diesen Gruppen ebenfalls erhebliche Unterschiede im Grad

der Integration erwartet werden. Es wurde unterschieden in die erste Generation (Zuwande-

77 Die Migrationsforschung schreibt der Zuwanderergenerationszugehörigkeit von Migranten

aufgrund der unterschiedlichen Sozialisationsbedingungen eine wichtige Rolle zur Erklärung von Assimilations- und Akkulturationsprozessen zu: So trafen diejenigen Migranten, die in der Zeit des Anwerbeabkommens zwischen 1961 und 1973 im erwachsenen Alter als "Gastarbei-ter" und als deren Ehepartner zum kurz- oder mittelfristigen Arbeitsaufenthalt nach Deutsch-land kamen, auf eine geschlossene deutsche Gesellschaft, die sie sozial unterschichteten, da sie in der Regel als an- und ungelernte Arbeiter in der verarbeitenden Industrie eingesetzt wurden. Ziel des Aufenthaltes war es, möglichst viel Geld zu verdienen und zu sparen, nicht jedoch, sozial aufzusteigen, oder sich beruflich weiterzuentwickeln – dies sollte nach der Rückkehr in der Türkei erfolgen. Es gab keine türkische Infrastruktur, keine "Community". Der Aufenthalt war scheinbar zeitlich begrenzt, von Integration oder auch nur dem Erlernen der deutschen Sprache war keine Rede. Für die Nachfolgegenerationen gelten ganz andere Rahmenbedingungen: Sie wurden in Deutschland sozialisiert, treffen auf eine zunehmend ausgebaute türkische Infrastruktur, ihre Bleibeabsicht hat sich verstetigt und die "Rückkehr" ist eher eine mentale Option denn ein konkreter Plan. Der Anspruch auf soziale und wirtschaftli-che, aber auch an gesellschaftliche und politische Teilhabe ist gewachsen, ebenso wie die Erwartungen der Mehrheitsgesellschaft hinsichtlich ihrer Assimilierung; vgl. Esser, Hartmut: Nur eine Frage der Zeit? Zur Frage der Eingliederung von Migranten im Generationen-Zyklus und zu einer Möglichkeit, Unterschiede hierin theoretisch zu erklären. In: Esser, Hart-mut/Friedrichs, Jürgen (Hrsg.): Generation und Identität. Theoretische und empirische Beiträ-ge zur Migrationssoziologie. Opladen 1990; Nauck, Bernhard/Steinbach, Anja: Intergenerati-ves Verhalten und Selbstethnisierung von Zuwanderern. Gutachten für die Unabhängige Kommission "Zuwanderung". Chemnitz 2001.

Page 58: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

58

rer, die als Arbeitsmigranten oder deren Ehegatten einreisten), die Nachfolgegeneration78 (in

Deutschland geborene oder aufgewachsene Kinder von Arbeitsmigranten) und Heirats-

migranten (als Erwachsene im Zuge des Ehegattennachzugs nach 1973 eingereiste Zuwan-

derer).79

Legt man diese Einteilung zugrunde, sind in NRW 19% der ersten Zuwanderergeneration

zuzuordnen, die Hälfte (51%) der erwachsenen Migranten zählt zu den Nachfolge-

generationen, und 27% werden als nachgereiste Ehepartner der zweiten Generation (Hei-

ratsmigranten) definiert. Nicht zugeordnet werden konnten 30 Befragte (3%).

Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen unterscheiden sich in den soziodemo-

graphischen Merkmalen nur wenig von den türkeistämmigen Migranten in ganz Deutschland.

Unter den Befragten auf Bundesebene sind etwas mehr Migranten der Altersgruppe 45 bis

59 Jahre und etwas weniger der Altersgruppe 30 bis 44 Jahre. Dadurch ist der Alters-

durchschnitt der erwachsenen Befragten auf Bundesebene um knapp ein Jahr höher. Dieser

Unterschied ergibt sich jedoch bereits aus der Repräsentativbefragung des Mikrozensus (vgl.

78 Es ist nicht möglich, die über den Familiennachzug nach Deutschland eingereisten Ehepartner

eindeutig als erste Generation oder als Ehepartner der zweiten Generation zu identifizieren. Der notwendigerweise zu ziehende Schnitt bei heute 50 Jahren wurde gewählt, da "Gastarbei-ter" heute mindestens 55 Jahre alt sein müssen und von einer ähnlichen Altersstruktur (+/- 5 Jahre) der Ehepartner ausgegangen wird, Ehepartner der ersten Generation also 50 Jahre oder älter sein müssen, Ehepartner der zweiten Generation jedoch jünger als 50 Jahre.

79 Die Zuwanderergenerationszugehörigkeit wurde wie folgt definiert: Diejenigen Migranten, die 2008 mindestens 55 Jahre alt sein müssen, wenn sie 1973 volljährig waren, und ihre – mögli-cherweise auch nach 1973 im Zuge des Abkommens über den Familiennachzug eingereisten Ehefrauen, die 50 Jahre und älter (bei Unterstellung einer ähnlichen Altersstruktur der Ehe-partner +/- 5 Jahre) sind -, werden als erste Generation bezeichnet: Beide Ehepartner sind in der Türkei sozialisiert, als Erwachsene immigriert, unter Maßgabe eines zeitlich befristeten Aufenthaltes, der sich dann unbeabsichtigt verstetigt und zur Herausbildung einer eigenen Inf-rastruktur und Kultur ("Community") geführt hat, die sich von der Kultur in der Türkei inzwi-schen unterscheidet. Als Nachfolgegeneration werden die Kinder dieser Gastarbeiter definiert, also solche Befragte, die angaben, im Zuge des Familiennachzugs als Kind nach Deutschland gereist oder hier geboren worden zu sein, und deren Einreisealter unter 18 Jahren liegt. Sie haben im Unterschied zu ihren Eltern zumindest einen Teil ihrer Sozialisation in Deutschland erfahren und unterscheiden sich daher von der ersten Generation. Als gesonderte Gruppe wurden diejenigen Personen betrachtet, die als erwachsene Ehepartner nachreisten, aber heute jünger als 50 Jahre sind. Hier ist davon auszugehen, dass es sich überwiegend um E-hepartner der zweiten Generation handelt. Ihre Lebenssituation passt weder zu der der ersten noch der zweiten Generation, denn sie wurden zwar in der Türkei sozialisiert und migrierten selbst, doch trafen und treffen sie auf völlig andere Umstände als die erste Generation. Seit Mitte der 1980er Jahre hat sich die türkische Community mit ihrer Infrastruktur herausgebildet, zugleich hat sich jedoch die Kultur der türkeistämmigen Migranten in Deutschland weiterent-wickelt und stimmt nicht mehr mit der in der Türkei überein. Die in Deutschland aufgewachse-nen Ehepartner der Heiratsmigranten haben eine andere Sozialisation erfahren als sie selbst. Der Aufenthalt der Migranten hat sich verstetigt, die Ehepartner der zweiten Generation migrieren also von vornherein auf Dauer.

Page 59: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

59

Tab. 3a und 3b). Weitere nennenswerte Unterschiede ergeben sich beim Zuwanderungs-

grund und damit auch bei der Generationszugehörigkeit: In Nordrhein-Westfalen liegt die

Quote der in Deutschland geborenen um 3,5 Prozentpunkte höher als auf Bundesebene,

dort sind die türkeistämmigen Zuwanderer entsprechend häufiger als Ehepartner nachge-

reist. Somit ist der Anteil der nachgereisten Ehepartner der zweiten Generation in Deutsch-

land höher (+2,5 Prozentpunkte) und der Anteil der Nachfolgegeneration niedriger (-3 Pro-

zentpunkte) als in NRW. Weder die Zusammensetzung nach Geschlecht noch die Haus-

haltsstruktur, der Familienstand oder die Aufenthaltsdauer lassen nennenswerte Unterschie-

de erkennen.

6.1.2. Religiosität

In der Diskussion um die Integration eines Teils der Zuwanderer – nämlich der muslimischen

– wird der Religion eine bedeutende Rolle zugeschrieben. Nicht selten gilt sie als Grund für

Integrationsdefizite und die Herausbildung von Parallelgesellschaften, wobei Kultur und Reli-

gion in der Wahrnehmung häufig vermischt werden.80 Zu beobachten ist ein Begriffswandel

weg von der nationalen hin zur religiösen Klassifizierung von Zuwanderern – aus den Türken

wurden Muslime, aus türkischer oder ausländischer Kultur wurde muslimische Kultur. Bis zur

Jahrtausendwende wurde weder dem Islam noch seinen Organisationen in Deutschland be-

sondere Aufmerksamkeit zuteil, der Religiosität der Zuwanderer schien keine besondere Rol-

le zuzukommen. Erst seitdem mit den Terroranschlägen in den USA von 2001 der islamische

Fundamentalismus zum Feindbild der westlichen Industrienationen wurde, wird dem Islam,

seiner Institutionalisierung und seiner Ausprägungen in Deutschland zunehmend Aufmerk-

samkeit geschenkt. Mit dem Islam wird häufig Fanatismus bis hin zu Terrorismus verknüpft,

die Angst vor einer islamischen Radikalisierung beschrieben und die muslimische Religion

nicht selbstverständlich als vereinbar mit der bundesdeutschen Verfassung gesehen.81 Dabei

hat die Religiosität der Muslime in Deutschland nach den Ergebnissen einer Bertelsmann-

Studie nur für eine kleine Minderheit von 16% überhaupt Einfluss auf die politischen Einstel-

lungen.82

80 Vgl. hierzu ausführlicher Schiffauer, Werner: Parallelgesellschaften: Wie viel Wertekonsens

braucht unsere Gesellschaft? Für eine kluge Politik der Differenz. Bielefeld 2008, S. 15. 81 Dies legt das Vorwort von Innenminister Wolfgang Schäuble zur „Islamstudie“ des Innenminis-

teriums nahe. Vgl. Schäuble, Wolfgang: Vorwort. In: Brettfeld, Katrin/Wetzels, Peter: Muslime in Deutschland - Integration, Integrationsbarrieren, Religion sowie Einstellungen zu Demokra-tie, Rechtsstaat und politisch-religiös motivierter Gewalt - Ergebnisse von Befragungen im Rahmen einer multizentrischen Studie in städtischen Lebensräumen. Hamburg 2007.

82 Bertelsmann-Stiftung: Religionsmonitor 2008. Muslimische Religiosität in Deutschland. Über-blick zu religiösen Einstellungen und Praktiken. Gütersloh 2008, S. 8.

Page 60: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

60

Erwartungsgemäß gehört die überwiegende Mehrheit der türkeistämmigen Migranten in

NRW mit 95% dem muslimischen Glauben an. Unter diesen wiederum definieren sich 90%

als Sunniten, 9% als Aleviten und knapp 1% als Schiiten. Christen und andere Glaubensrich-

tungen machen insgesamt 0,5% aus. 2% der Befragten gaben an, keiner Glaubensgemein-

schaft anzugehören. Der Anteil der sich zum Islam bekennenden Befragten stieg bis 2005

tendenziell leicht. 2006 sank der Anteil im Vergleich zum Vorjahr leicht um drei Prozentpunk-

te, 2008 stieg er um 1 Prozentpunkt.

Tabelle 5: Religionszugehörigkeit (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Religionszugehörigkeit

Muslime 95,4 95,2 Davon: Sunnitisch 90,0 87,3

Alevitisch 9,3 11,6 Schiitisch 0,7 1,1 Christen 0,1 0,2

Andere Glaubensgemeinschaft 0,4 0,7 Keine Glaubensgemeinschaft 1,9 1,5

Keine Angabe 2,2 2,4

Die Zusammensetzung nach Glaubensgemeinschaftszugehörigkeit der türkeistämmigen Zu-

wanderer in NRW unterscheidet sich kaum von der auf Bundesebene, in NRW ist der Anteil

der Sunniten unter den Muslimen etwas höher und der Anteil der Aleviten etwas geringer als

in Gesamtdeutschland.

Da es für die Zugehörigkeit zum muslimischen Glauben keine formale Mitgliedschaft (und

somit auch keinen formalen Ein- oder Austritt) gibt, sagt die Zugehörigkeit zur Religionsge-

meinschaft nicht viel über die religiöse Bindung aus. Deshalb wurden die Befragten nach

dem Grad ihrer Religiosität gefragt.

Page 61: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

61

Abbildung 1: Selbsteinschätzung der Religiosität (Prozentwerte)

18,8

53,3

19,4

2,95,8

14,4

52,5

20,7

4,38,1

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

NRW Deutschland

Sehr religiös Eher religiös Eher nicht religiös Gar nicht religiös Keine Angabe

Die Mehrheit der Befragten in NRW definiert sich nicht nur formal dem Islam zugehörig, son-

dern auch emotional. Mehr als die Hälfte (53%) sehen sich selbst als eher religiös und knapp

jeder Fünfte als sehr religiös (19%). Ebenso viele fühlen sich selbst als eher nicht religiös

(19%) und 3% als gar nicht religiös.

Die Selbsteinschätzung der Religiosität ergibt eine etwas geringere Gläubigkeit auf Bundes-

ebene. Auf Bundesebene definieren sich 14% und damit 5 Prozentpunkte weniger als in

NRW als sehr religiös, allerdings machen hier die Befragten häufiger keine Angabe. Bezieht

man nur diejenigen ein, die Angaben zu ihrer Religiosität gemacht haben (NRW N = 942,

Deutschland N = 919), ergeben sich auf Bundesebene 73% sehr und eher Religiöse, in NRW

sind dies 76%. In der Größendimension der Religiosität der türkeistämmigen Migranten in

NRW und in Deutschland ergibt sich jedoch kein wesentlicher Unterschied.

Im Jahr 2003 hatte sich – bezogen auf NRW - eine deutliche Zunahme der Religiosität be-

merkbar gemacht, nachdem bereits 2002 ein leichter Anstieg festgestellt worden war. 2004

und 2005 stieg die Religiosität leicht weiter, 2006 sank der Anteil der sehr und eher religiö-

sen jedoch. In diesem Jahr ist wiederum ein leichter Anstieg zu beobachten, der ungefähr

auf dem Niveau von 2005 liegt. Insgesamt liegt der Anteil der sehr und eher Religiösen 2008

zusammengenommen in NRW bei 72%, im Jahr 2000 betrug er nur 57%. Diese Verände-

Page 62: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

62

rung zeigt sich auch, vergleicht man die Mittelwerte der Religiosität83: In den Jahren 2000

und 2001 lag der Mittelwert bei 2,5 auf der vierstelligen Skala (1 = gar nicht religiös, 4 = sehr

religiös), 2002 stieg er auf 2,6, 2003 lag er bei 2,8 und 2004 und 2005 ergab sich ein Mittel-

wert von 2,9, 2006 sank er leicht auf 2,8. In diesem Jahr liegt er wie 2005 bei 2,9.

Abbildung 2: Grad der Religiosität im Zeitvergleich 2000 bis 2008 - nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Sehr religiös Eher religiös Eher nicht religiös Gar nicht religiös

Über die Ursachen der Zunahme der Religiosität kann nur spekuliert werden. Anzunehmen

ist jedoch, dass die stärkere Hinwendung zur Religion auch aus Angst vor einem Identitäts-

und Werteverlust im Zuge der fortdauernden Migration und des latenten, und durch die Dis-

kussion um das Zuwanderungsgesetz und die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus

gestiegenen Assimilationsdrucks erfolgt, da die Religion ein starker Identitätsstifter sein

kann84. Aus den Ergebnissen der Befragung von 2002 ergaben sich Hinweise darauf, dass

der 11. September 2001 und die seitdem stattfindende Diskussion um das Wesen des Islam

und seiner Vereinbarkeit mit modernen Industriegesellschaften zu einer verstärkten Ausei-

nandersetzung der Muslime selbst mit dem Islam sowie einer stärkeren Hinterfragung ihrer

Gläubigkeit und als Resultat zu einer verstärkten Identifikation damit geführt hat, insbeson- 83 Dabei wird der Kategorie "sehr religiös" der Wert 4, "eher religiös" der Wert 3, "eher nicht reli-

giös" der Wert 2 und "gar nicht religiös" der Wert 1 zugewiesen, so dass eine vierstellige ordi-nale Skala mit dem Mittelpunkt 2,5 entsteht. Je höher der Wert, desto stärker die Religiosität.

84 Vgl. hierzu auch: Tiesler, Nina Clara: Muslime in Europa. Religion und Identitätspolitiken unter veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen. Münster 2006. Siehe auch Hammeran, Regi-ne/Baspinar, Deniz: Selbstbild und Mediennutzung junger Erwachsener mit türkischer Her-kunft. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006.

Page 63: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

63

dere bei jüngeren Migranten. Zudem wächst das Selbstbewusstsein der muslimischen Orga-

nisationen in Deutschland ebenso wie ihre Sichtbarkeit, was möglicherweise ebenfalls zu

einer intensiveren Auseinandersetzung und damit zu einer stärkeren Identifikation der Mus-

lime mit ihrem Glauben führt.

Der in den früheren Untersuchungen in NRW festgestellte Alterszusammenhang zur Religio-

sität – je älter, desto höher war der Anteil der Religiösen – scheint sich durch die zuneh-

mende Auseinandersetzung insbesondere der jungen Migranten mit der Religiosität und der

dadurch stattfindenden stärkeren Hinwendung zum Glauben aufgelöst zu haben. Zwar findet

sich der höchste Anteil eher und sehr Religiöser in der ältesten Gruppe, jedoch ist ihr Anteil

unter den beiden jüngeren Gruppen höher als in der Gruppe der 45- bis 59-Jährigen. Diese

Altersgruppe weist den geringsten Anteil Religiöser auf.

Deutschlandweit zeigt sich in der jüngsten Gruppe der höchste Anteil Religiöser, er liegt um

3 Prozentpunkte höher als in der gleichen Altersgruppe in NRW, obwohl generell die Religio-

sität deutschlandweit geringer ist als in NRW. Auch in Gesamtdeutschland ist die Alters-

gruppe 45 bis 59 Jahre am seltensten religiös, die älteste Gruppe ist jedoch deutlich weniger

religiös als in NRW. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Altersgruppen sind in

Deutschland etwas größer als in NRW.

Tabelle 6: Religiosität nach Altersgruppen (Zeilenprozent)

NRW Deutschland Sehr und eher

religiös Eher nicht und

gar nicht religiösSehr und

eher religiösEher nicht und

gar nicht religiösAltersgruppen

Unter 30 Jahre 71,8 22,6 74,9 20,5 30 bis 44 Jahre 72,0 21,1 66,5 24,5 45 bis 59 Jahre 67,1 28,3 59,7 32,0

60 Jahre und älter 79,1 17,3 66,7 23,1 Gesamt 71,9 22,3 67,0 25,0

* Zusammengefasste Variable sehr und eher religiös ** Fehlend zu 100% = Keine Angabe

Betrachtet man die Generationszugehörigkeit, ist zu erkennen, dass sich in NRW Heirats-

migranten der zweiten Generation häufiger eher und sehr religiös definieren als die Nachfol-

gegeneration, aber auch als die erste Generation. In Deutschland ist es jedoch die Nachfol-

gegeneration, die sich am häufigsten als religiös definiert, erste Generation und Heirats-

migranten unterscheiden sich hier nicht. Die Aufenthaltsdauer zeigt sowohl für NRW als auch

in Deutschland jedoch, dass sich erst sehr kurz in Deutschland lebende Zuwanderer (bis 3

Page 64: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

64

Jahre) deutlich seltener religiös definieren als bereits länger hier lebende. Dies kann ein

Hinweis darauf sein, dass das Leben in der Diaspora durchaus Einfluss auf den Grad der

subjektiven Religiosität nimmt. Allerdings unterscheiden sich in NRW diejenigen, die mehr

als 4 Jahre in Deutschland leben, nicht mehr wesentlich voneinander, so dass mit der Dauer

des Aufenthaltes die Religiosität nicht stetig steigt. Auch deutschlandweit ist die Gruppe der-

jenigen, die 20 Jahre und länger in Deutschland lebt, weniger religiös als diejenigen, die 10

bis 15 Jahre in Deutschland leben.

Tabelle 7: Anteile religiöser Befragter nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)

Religiöse* NRW Deutschland

Generationszugehörigkeit Erste Generation 73,5 65,3

Nachfolgegeneration 71,2 70,1 Heiratsmigranten der zweiten Generation 75,6 65,8

Aufenthaltsdauer bis 3 Jahre 56,3 54,5

4 bis 9 Jahre 71,4 59,0 10 bis 19 Jahre 72,8 70,2

20 und mehr Jahre 72,0 66,6 Geschlecht

Männlich 69,4 64,2 Weiblich 74,5 69,8

Schulbildung Kein Abschluss/Ilkokul 80,4 72,0

Ortaokul 69,5 57,9 Lise 64,2 62,1

Hauptschule 70,9 73,5 Realschule 73,6 69,2

Fachoberschule/Fachabitur 70,4 78,7 Abitur 58,1 55,1

Gesamt 71,9 66,9 Anzahl 719 669

* Zusammengefasste Variable: religiös = sehr und eher religiös

Frauen definieren sich sowohl in NRW als auch in Deutschland häufiger als Männer als sehr

und eher religiös, ein Befund, der übrigens auch für Christen gilt.85

Haben die Befragten die Schule in der Türkei absolviert, sinkt mit steigendem Bildungs-

niveau der Anteil der Religiösen. Für die Abschlüsse in Deutschland gilt dies bedingt, da

Migranten in NRW mit mittlerer Reife und in Deutschland mit Fachoberschule oder Fachabi- 85 Siehe zur Religiosität von Christen in Deutschland: Bertelsmann-Stiftung: Deutschland - (k)ein

Land der Gottlosen? Der neue Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung. Zum Stand von Re-ligion und Glauben in Deutschland. Download am 03.11.2008 http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-0A000F0A-132DB4F4/bst/dtl_ergebnisse-im-ueberblick.pdf. S.4.

Page 65: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

65

tur den höchsten Anteil Religiöser zeigen, Zuwanderer mit Abitur zugleich den geringsten

(sowohl in NRW als auch auf Bundesebene).

6.2. Kognitive Integration

Die Teilhabe am wirtschaftlichen System gilt in der Migrationsforschung als Schlüsselbereich

des gesamten Integrationsverlaufs.86 Bleiben in diesem Bereich erhebliche Differenzen zwi-

schen Mehrheits- und Zuwanderergesellschaft auf Dauer bestehen und unterschichten

Migranten auch in Nachfolgegenerationen die Mehrheitsgesellschaft, wird auch für die ande-

ren Integrationsbereiche wie die gesellschaftliche und identifikative Integration (kulturelle O-

rientierung) eine Annäherung unwahrscheinlich. In zahlreichen Studien wurde bereits belegt,

dass die kognitive Integration als Voraussetzung für die strukturelle Integration und die Ein-

gliederung ins Wirtschaftsleben der türkeistämmigen Migranten im Vergleich zu Einheimi-

schen defizitär ist.87

6.2.1. Schul- und Berufsausbildung

Schul- und Berufsausbildung einschließlich deutscher Sprachkenntnisse sind die zentralen

Voraussetzungen für die Integration in den Arbeitsmarkt. Ohne formale Schulabschlüsse ist

eine Berufsausbildung kaum möglich, ohne Berufsausbildung ist die Wahrscheinlichkeit, von

Arbeitslosigkeit betroffen zu sein, deutlich erhöht.88 Darüber hinaus werden über die Schul-

bildung kognitive Fähigkeiten im Umgang mit der Mehrheitsgesellschaft vermittelt, die neben

86 Vgl. hierzu Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannheimer

Zentrum für Europäische Sozialforschung Nr. 40. Mannheim 2001. Siehe auch: Bundesminis-terium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Nationaler Integrationsplan, Arbeitsgruppe 3 "Gute Bil-dung und Ausbildung sichern - Arbeitsmarktchancen erhöhen". Abschlussbericht. Berlin 2007; Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration: 7. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. Berlin 2007; Filsinger, Dieter: Bedingungen er-folgreicher Integration – Integrationsmonitoring und Evaluation. Expertise im Auftrag der Fried-rich-Ebert-Stiftung. Bonn 2008, S. 8f; Micus, Matthias/Walter, Franz: Mangelt es an "Parallel-gesellschaften"? In: Frech, Siegfried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwanderung und Integration. Schwalbach 2007, S. 110; Woellert, Franziska/Kröhmer, Stef-fen/Sippel, Lilli/Klingholz, Reiner: Ungenutzte Potenziale. Zur Lage der Integration in Deutsch-land. Hrsgg. vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Berlin 2009, S. 36.

87 Beispielhaft hier: Bundesministerium für Bildung und Forschung: Berufsbildungsbericht 2005. Berlin 2005; Diefenbach, Heike: Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien im deutschen Bildungssystem. Wiesbaden 2007; Konsortium Bildungsberichterstattung (Hrsg.): Bildung in Deutschland: Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration. 2006. http://www.bildungsbericht.de/daten/gesamtbericht.pdf.

88 Vgl. Konsortium Bildungsberichterstattung: Bildung in Deutschland. Hrsgg. vom Bundesminis-terium für Bildung und Forschung. Berlin 2006.

Page 66: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

66

dem Bereich des Arbeitsmarktes zur gesellschaftlichen und identifikativen Integration beitra-

gen können. Bildung gilt daneben als ein zentraler Faktor für die mentale Disposition und für

die mentale Offenheit und als wichtige Einflussgröße für die Herausbildung von Orientierun-

gen, Einstellungen und Meinungen. Bildung ist in Wissensgesellschaften eine zentrale Vor-

aussetzung für eine eigenständige Lebensführung.89

Gelingende Integration hängt zentral vom Zugang zu (weiterführender) Bildung ab. Un-

gleichheit in der Bildungsteilhabe hängt in Deutschland in weit höherem Maß als in anderen

europäischen Ländern von der sozialen Herkunft und dem Migrationshintergrund ab.90 Auch

wenn Zuwanderer der Nachfolgegeneration deutlich höhere Bildungsabschlüsse erreichen

als die Zuwanderer der ersten Generation, besteht nach wie vor ein erhebliches Defizit zur

deutschen Gesellschaft.91 Ein weiteres Problem stellt die Nichtanerkennung von im Ausland

erworbenen Schul- und Ausbildungsabschlüssen dar.92

Land des Schulbesuchs

Fast die Hälfte (47%) aller erwachsenen türkeistämmigen Migranten in NRW hat die Schule

in Deutschland besucht und/oder abgeschlossen. 53% haben ihren Abschluss in der Türkei

erworben oder dort die Schule absolviert. Bundesweit ist die Verteilung ähnlich, dort haben

45% die Schule in Deutschland besucht und 52% in der Türkei. Im Zeitvergleich in NRW

schwankt der Anteil der Bildungsinländer leicht, steigt aber nicht kontinuierlich an. Dies ist

wohl vor allem den Heiratsmigranten zuzuschreiben, die ihre Schulausbildung in der Türkei

absolviert haben. 89 So Filsinger, Dieter: Bedingungen erfolgreicher Integration – Integrationsmonitoring und Eva-

luation. Expertise im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn 2008, S. 13. 90 So die Ergebnisse beispielsweise von Stanat, Petra: Heranwachsende mit Migrationshin-

tergrund im deutschen Bildungswesen. In: Cortina, Kai/Baumert, Jürgen/Leschinski, A-chim/Mayer, Karl-Ulrich/Tromme, Luitgard (Hrsg.): Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Hamburg 2008; Baethge, Martin/Kupka, Peter: Bildung und soziale Strukturie-rung. In: Soziologisches Forschungsinstitut/Internationals Institut für empirische Sozialökono-mie (Hrsg.): Berichterstattung zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland. Wiesba-den 2005.

91 Vgl. Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 146f; Thränhardt, Dietrich/Wiggerink, Guido: Migrantenkinder und die Defizite des deutschen Schulsystems. In: Goldberg, Andreas/Halm, Dirk (Hrsg.): Integration des Fremden als politisches Handlungsfeld. Essen 2008; Diefenbach, Heike: Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien im deutschen Bildungssystem. Wiesba-den 2007; Woellert, Franziska/Kröhmer, Steffen/Sippel, Lilli/Klingholz, Reiner: Ungenutzte Po-tenziale. Zur Lage der Integration in Deutschland. Hrsgg. vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Berlin 2009, S. 36.

92 In diesem Sinn: Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integrati-on: 7. Bericht zur Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. Berlin 2007, S.112ff.

Page 67: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

67

Tabelle 8: Land des Schulbesuchs nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)

Land des Schulbesuchs NRW Deutschland Türkei Deutschland Türkei Deutschland Geschlecht

Männlich 52,8 45,8 52,2 46,1 Weiblich 50,1 46,0 52,5 44,0

Altersgruppen Unter 30 Jahre 23,9 76,1 19,6 80,4 30 bis 44 Jahre 50,1 49,3 53,8 45,3 45 bis 59 Jahre 69,4 22,5 65,2 29,4

60 Jahre und älter 88,2 - 86,2 5,2 Generationszugehörigkeit

Erste Generation 90,5* - 89,5 - Nachfolgegeneration 12,5 86,9 10,6 89,2

Heiratsmigranten 97,8* - 97,3 - Aufenthaltsdauer

Bis 3 Jahre 100,0 - 91,7 8,3 4 bis 9 Jahre 91,4 8,6 93,4 6,6

10 bis 19 Jahre 62,3 36,6 63,7 35,5 20 und mehr Jahre 41,9 54,6 43,2 53,3

Gesamt 52,9 47,1 52,4 45,0 * Fehlend zu 100%= nie eine Schule besucht.

Frauen haben in NRW etwas häufiger als Männer die Schule in Deutschland absolviert, bun-

desweit ist es umgekehrt, wobei die Unterschiede sowohl zwischen den Geschlechtern als

auch zwischen NRW und Deutschland sehr gering sind. Nach Altersgruppen ergeben sich

erwartungsgemäß deutlich ausgeprägte Differenzen: Von den Unter-30-Jährigen absolvier-

ten in NRW drei Viertel die Schule in Deutschland (bundesweit 80%), von den 30- bis-44-

Jährigen sind es die Hälfte (bundesweit 45%), unter den 45- bis-59-Jährigen noch 23%

(bundesweit 29%). Im Vergleich NRW/Deutschland haben bundesweit mehr unter 30-Jährige

und mehr Befragte ab 45 Jahre und etwas weniger der Altersgruppe 45 bis 59 Jahre die

Schule in Deutschland besucht, doch sind auch hier die Differenzen gering. Nach objektiver

Generationszugehörigkeit zeigt sich dieser Zusammenhang ebenfalls deutlich. So hat weder

in NRW noch in Deutschland ein ehemaliger Gastarbeiter die Schule in Deutschland be-

sucht, aber 87% der Nachfolgegeneration in NRW und 89% bundesweit. Von den Heirats-

migranten haben nur wenige einen Schulabschluss in Deutschland nachgeholt. Auch die

Aufenthaltsdauer zeigt enge Zusammenhänge zum Land des Schulbesuchs. Je länger die

Migranten in Deutschland leben, desto höher wird der Anteil derjenigen, die die Schule in

Deutschland besucht haben.

Page 68: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

68

Insgesamt sind die Unterschiede zwischen den Befragten in NRW und in Deutschland ge-

ring.

Schulbildung

Die Schulsysteme in Deutschland und der Türkei sind nicht ohne weiteres kompatibel: Die

Ilkokul (Volksschule) umfasste bis 1997 fünf Schuljahre und war Pflicht. Die Ortaokul (Mittel-

schule) schloss sich mit den Schuljahren sechs bis acht an. Das Lise (Gymnasium) führte bis

zur 11. Klasse und ist zwar Voraussetzung für ein Studium, berechtigt aber anders als das

deutsche Abitur nicht dazu. Vor der Zulassung zum Studium muss eine Aufnahmeprüfung

absolviert werden, für die es eigene (private) Vorbereitungskurse gibt. Seit 1997 umfasst die

Ilkokul acht Pflichtschuljahre, die Ortaokul besteht nicht mehr, so dass das türkische Schul-

system heute nur noch zweigliedrig ist. Die Schulabschlüsse wurden deshalb getrennt nach

Schulabschlussland erhoben.

Tabelle 9: Schulbildung nach Ländern (Prozentwerte)

NRW Deutschland In Deutschland

Bin noch Schüler 4,5 4,2 Kein Schulabschluss 2,2 1,2

Grund-/Sonderschule 2,1 1,0 Hauptschule 35,6 40,8

Realschule/Mittlere Reife 27,9 25,7 Fachoberschule/Berufskolleg 7,1 5,2

Fachabitur/Fachhochschulreife 4,5 5,1 Abitur/Allgemeine Hochschulreife 16,0 15,3

Gesamt 459 454 In der Türkei

Habe nie eine Schule besucht 3,6 4,0 Keinen Schulabschluss 2,1 2,9

Ilkokul 42,2 39,8 Ortaokul 24,5 24,4

Lise 27,7 28,1 Gesamt 515 546

Unter den Bildungsinländern in NRW erreichen 36% einen Hauptschulabschluss, 28% die

Mittlere Reife, 7% einen Fachoberschul- oder Berufskollegabschluss, 5% eine Fachhoch-

schulreife und 16% das Abitur. Deutschlandweit unterscheiden sich die Bildungsinländer nur

wenig von der Verteilung in NRW, der Anteil derjenigen, die keinen Abschluss oder einen

Sonderschulabschluss haben, ist bundesweit etwas geringer (- 2 Prozentpunkte), der Anteil

der Hauptschulabsolventen etwas höher (+5 Prozentpunkte).

Page 69: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

69

Diejenigen Migranten in NRW, die die Schule in der Türkei absolviert haben, verfügen zu

42% über einen Abschluss der Ilkokul, zu 25% über einen Ortaokulabschluss und zu 28%

über einen Liseabschluss.93 Im Zeitvergleich seit 200394 haben sich die Schulabschlüsse nur

wenig verändert. Leicht gestiegen ist der Anteil der Realschulabsolventen. Zur bundesweiten

Verteilung ergeben sich hier nur sehr geringfügige Differenzen.

Prozentuiert man die Schulabschlüsse auf alle Befragte, erreichen in NRW gut ein Viertel

keinen Abschluss oder einen Ilkokulabschluss und sind somit ohne qualifizierenden Schul-

abschluss. 17% verfügen über einen Hauptschulabschluss, 13% über einen Abschluss der

Ortaokul und ebenso viele über einen Realschulabschluss. 5% absolvierten eine Fachober-

schule oder erreichten die Fachhochschulreife, 15% haben das Lise absolviert und 7% ver-

fügen über das Abitur in Deutschland.95 Nennenswerte Unterschiede auf Bundesebene erge-

ben sich lediglich beim Hauptschulabschluss, über den bundesweit 2% mehr türkeistämmige

Befragte verfügen als in NRW.

Tabelle 10: Schulabschlüsse zusammengefasst (Prozentwerte)

NRW Deutschland Schulabschlüsse zusammengefasst

Noch Schüler 2,1 3,2 Kein Abschluss/Ilkokul 27,6 26,4

Ortaokul 13,1 13,3 Lise 14,8 15,3

Hauptschule 16,5 18,5 Realschule 12,9 11,7

Fachoberschule/Fachabitur 5,4 4,7 Abitur 7,4 7,0

Gesamt 1.000 1.000 93 Der Integrationsbericht der Landesregierung weist auf Basis des Mikrozensus 2006 für die

türkische Bevölkerung und die eingebürgerten ehemaligen Türken ab 15 Jahre in NRW fol-gende Verteilung der allgemein bildenden Schulabschlüsse - ohne Unterscheidung nach türki-schen und deutschen Schulabschlüssen - aus: ohne Abschluss 32,9%, mit Haupt-schulabschluss 44,4%, mit Fachoberschulreife 11,9%, mit (Fach)Hochschulreife 10,7%. Vgl. Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfa-len: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrationsbericht der Lan-desregierung. Düsseldorf 2008, S. 147.

94 Bis 2002 wurden die Schulabschlüsse in einem anderen Format erhoben, so dass längerfristi-ge Betrachtungen nicht möglich sind.

95 In der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund in NRW verteilen sich die Bildungsabschlüsse wie folgt: kein Abschluss 2,1%, Hauptschule 48%, Fachoberschulreife 23%, Fach-/Hochschulreife 27%. Quelle: Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 147.

Page 70: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

70

Die Differenzierung der Schulabschlüsse nach Altersgruppen für die Befragten in NRW zeigt

deutliche Unterschiede, die in der gleichen Tendenz bereits in den vorangegangenen Unter-

suchungen festgestellt wurden: Je älter die Befragten sind, desto höher ist der Anteil derjeni-

gen, die keinen Abschluss haben oder nur die Grundschule bzw. Ilkokul besuchten. Der An-

teil der Personen mit Abschlüssen in Deutschland sinkt zugleich mit zunehmendem Alter

deutlich. In der jüngsten Gruppe, zu drei Vierteln Bildungsinländer und Bildungsinländerin-

nen, sind 9% noch Schüler, 14% haben einen Hauptschulabschluss, 24% einen Realschul-

abschluss und 17% erreichten das Abitur. Nur 9% der jüngsten Gruppe absolvierten die Or-

taokul und 10% beendeten das Lise in der Türkei. Bei den türkischen Abschlüssen Ortaokul

und Lise zeigt sich generell eine etwas ausgewogenere Struktur der Abschlüsse in den Al-

tersgruppen.

Tabelle 11: Schulabschlüsse nach Altersgruppen – nur NRW (Zeilenprozent)*

Kein Abschluss/

Sonderschule/ Ilkokul

Orta- okul

Lise Haupt-schule

Real-schule

Fachschule/ Fachabitur

Abitur

Altersgruppen Unter 30 Jahre 6,4 9,0 9,8 14,1 24,4 10,7 16,730 bis 44 Jahre 20,5 15,9 15,7 24,6 13,7 4,3 5,245 bis 59 Jahre 49,7 12,7 19,1 7,5 3,5 3,5 4,0

60 Jahre und älter 67,1 10,0 14,5 - - - -Gesamt 27,6 13,1 14,8 16,5 16,5 5,4 7,4

*Fehlend zu 100%: Noch Schüler oder sonstige Abschlüsse

Bundesweit sind die gleichen Tendenzen und Größendimensionen wie in NRW zu beo-

bachten, auch hier wächst der Anteil derjenigen ohne Abschluss deutlich mit dem Alter, der

Anteil der Personen mit Abschlüssen in Deutschland sinkt deutlich. In der jüngsten Gruppe

macht sich der etwas höhere Anteil von Bildungsinländern (80%) bemerkbar, denn die türki-

schen Abschlüsse finden sich dort in dieser Altersgruppe seltener, zugleich verfügen mehr

türkeistämmige Migranten unter 30 Jahre über einen Hauptschul- und einen Realschulab-

schluss (+ 5 Prozentpunkte bzw. + 3 Prozentpunkte). Allerdings ist dort der Anteil der Abitu-

rienten um 4 Prozentpunkte geringer als in NRW.

Betrachtet man die Schulbildung der jüngsten Generation, die in Deutschland die Schule be-

suchten, sind in NRW 12% noch Schüler, 19% haben die Hauptschule abgeschlossen, 32%

die Realschule, 14% haben die Fachoberschule abgeschlossen oder ein Fachabitur erwor-

ben und 22% gaben an, das Abitur erreicht zu haben. Im Zeitvergleich zeigt sich in dieser

Page 71: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

71

Gruppe eine leichte, aber sehr zögerliche Zunahme des Bildungsniveaus, der Anteil der

Hauptschüler nimmt ab, der der Realschüler und Abiturienten nimmt zu.

Die unter 30-jährigen Bildungsinländer in Deutschland verfügen im Vergleich zu NRW häufi-

ger über einen Hauptschulabschluss (+ 6 Prozentpunkte) und deutlich seltener über das Abi-

tur (- 6 Prozentpunkte).

Das Bildungsniveau der Frauen in der jüngsten Altersgruppe, die ihre Schulausbildung in

Deutschland absolviert haben, ist deutlich höher als das der Männer, sehr viel mehr Frauen

verfügen über das Abitur und sehr viel weniger über einen Hauptschulabschluss. Dies gilt für

NRW ebenso wie für Gesamtdeutschland.96

Tabelle 12: Schulabschlüsse der 18- bis 29-Jährigen Bildungsinländer nach Geschlecht (Zeilenprozent)

Noch Schüler Haupt-schule

Real- schule

Fachschule/ Fachabitur

Abitur

Unter 30 Jahre NRW

Männlich 9,4 22,4 34,1 17,7 12,9Weiblich 14,0 15,1 30,1 10,8 30,1

Gesamt 11,8 18,5 32,0 14,0 21,9Deutschland

Männlich 10,6 29,8 35,1 12,8 8,5Weiblich 10,7 19,0 32,1 13,1 25,0

Gesamt 10,7 24,7 33,7 13,0 16,3

Berufliche Ausbildung

Die Defizite der Schulausbildung setzen sich in der beruflichen Ausbildung fort:97 Die Hälfte

aller Migranten in NRW haben keine berufliche Ausbildung, gut ein Viertel verfügt über eine

schulische oder betriebliche Ausbildung, 6% haben eine Meister- oder Technikerschule ab-

solviert, 7% verfügen über eine Hochschulausbildung und 7% befinden sich derzeit in einer

96 Vgl. hierzu auch Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes

Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrati-onsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 154f.; Konsortium Bildungsberichterstat-tung (Hrsg.) (2006): Bildung in Deutschland: Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analy-se zu Bildung und Migration; http://www.bildungsbericht.de/daten/gesamtbericht.pdf; Die Be-auftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration: 7. Bericht zur Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. Berlin 2007, S. 61.

97 Nach Angaben des Integrationsberichts der Landesregierung auf Basis des Mikrozensus 2006 haben 28,9% der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund ab 15 Jahre keine Berufsaus-bildung, 54,8% haben eine abgeschlossene Berufsausbildung und 16,3% einen tertiären Aus-bildungsabschluss (Meister/Techniker/ Fachschul- oder (Fach-)Hochschulabschluss) absol-viert. Quelle: Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nord-rhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrations-bericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 239.

Page 72: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

72

Berufsausbildung oder in einem Studium. Diese Angaben umfassen möglicherweise auch

Angaben zu Ausbildungen in der Türkei, die in Deutschland nicht anerkannt sind.98

Bundesweit ist der Anteil derjenigen ohne Berufsausbildung mit 56% noch höher als in NRW,

entsprechend sind die Anteile bei den verschiedenen Ausbildungsstufen geringer. Einzige

Ausnahme hiervon ist der fachhochschul- oder Universitätsabschluss, der bundesweit ge-

ringfügig höher liegt als in NRW.

Tabelle 13: Berufliche Ausbildung – gesamt und nach Geschlecht (Spaltenprozent)

Gesamt Männlich Weiblich NRW

Kein beruflicher Ausbildungsabschluss 51,0 47,6 54,6 Schulische oder betriebliche Ausbildung 28,3 28,7 27,9

Meisterbrief/Techniker/Fachakademie 6,4 7,6 5,1 Fachhochschulabschluss/Universitätsabschluss 6,6 9,2 3,9

Bin in beruflicher Ausbildung/Studium 7,0 6,0 8,0 Gesamt 1.000 513 487 Deutschland

Kein beruflicher Ausbildungsabschluss 56,1 51,4 61,3 Schulische oder betriebliche Ausbildung 23,3 25,5 20,9

Meisterbrief/Techniker/Fachakademie 4,0 4,4 3,6 Fachhochschulabschluss/Universitätsabschluss 7,3 9,5 5,0

Bin in beruflicher Ausbildung/Studium 6,9 6,6 7,3 Gesamt 996 518 478

Frauen haben sowohl in NRW als auch bundesweit seltener als Männer eine Ausbildung ab-

solviert, zugleich verfügen sie in NRW inzwischen fast ebenso häufig wie Männer über eine

schulische oder betriebliche Ausbildung, bundesweit bestehen hier stärkere Unterschiede

zwischen Männern und Frauen. Deutlich seltener verfügen Frauen jedoch über eine Hoch-

schulausbildung. Bundesweit ist der Anteil der Frauen, die einen Uni-Abschluss haben, et-

was höher als in NRW.

Der Zeitvergleich in NRW zeigt, dass nach einem Rückgang des Anteils derjenigen ohne

berufliche Ausbildung bis 2002 diese Gruppe bis 2008 wieder leicht aber stetig wächst und

heute auf dem Niveau von 1999 liegt. Zugleich steigt aber auch der Anteil derjenigen mit

98 Nach dem Integrationsbericht der Landesregierung auf Basis des Mikrozensus 2006 verfügen

73,4% der Türken und der eingebürgerten ehemaligen Türken über keine Berufsausbildung, 22,9% haben eine abgeschlossene Berufsausbildung und nur 3,5% verfügen über einen tertiä-ren Ausbildungsabschluss. Quelle: Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integra-tion des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrations-chancen. 1. Integrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 39.

Page 73: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

73

schulischer oder betrieblicher Ausbildung stetig an. Dies gilt jedoch nicht für die Hochschul-

ausbildung, hier zeigt sich seit 2004 ein abnehmender Trend.

Abbildung 3: Berufliche Ausbildung 1999 bis 2008 - nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

In beruflicher Ausbildung/Studium

Keinen Ausbildungsabschluss

Berufsfachschulabschluss (betrieblich undschulisch)

Meisterbrief/Techniker/ Fachakademie

Fachhochschulabschluss/Universitätsabschluss

Erwartungsgemäß unterscheidet sich die berufliche Ausbildung nach Altersgruppen: Der An-

teil derjenigen ohne Berufsausbildung ist in den jüngeren Altersgruppen deutlich geringer,

dennoch sind auch unter den Unter-30-Jährigen in NRW noch 27% und bundesweit 34%

ohne Berufsausbildung. Der Anteil derjenigen mit Lehre ist ebenfalls unter den jüngeren am

höchsten. Die Hochschulausbildung verteilt sich relativ gleichmäßig über die Altersgruppen,

da hier auch Hochschulausbildungen in der Türkei erfasst sind und offensichtlich auch unter

den "Gastarbeitern" eine Reihe Personen waren mit einer hoch qualifizierenden Ausbildung.

Darüber hinaus befindet sich in NRW noch mehr als ein Viertel und bundesweit knapp ein

Drittel der unter 30-Jährigen in einer Ausbildung, die hier in einer extra Kategorie gefasst

sind.

Page 74: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

74

Tabelle 14: Berufsausbildung nach Altersgruppen (Zeilenprozent*)

Kein Ausbildungs-

abschluss

Lehre Meister/ Techniker

Hoch-schule

In Aus-bildung

NRW Altersgruppen

Unter 30 Jahre 27,4 31,6 5,6 6,0 28,6 30 bis 44 Jahre 50,9 34,0 7,7 6,8 0,6 45 bis 59 Jahre 67,1 19,1 6,4 6,4 -

60 Jahre und älter 76,4 10,9 2,7 7,3 - Gesamt 51,0 28,3 6,4 6,6 7,0 Deutschland Altersgruppen

Unter 30 Jahre 33,6 27,6 1,8 5,5 30,9 30 bis 44 Jahre 56,1 27,6 5,7 7,9 0,4 45 bis 59 Jahre 69,4 17,5 3,4 7,3 -

60 Jahre und älter 74,4 8,5 2,6 8,5 - Gesamt 56,1 23,3 4,0 7,3 6,9

Das Defizit sowohl in der beruflichen Ausbildung als auch in der Schulbildung der Migranten

scheint sich in den letzten Jahren nicht wesentlich abzubauen. Allerdings steigt in der jüngs-

ten Gruppe das Ausbildungsniveau doch langsam an. Grundsätzlich ist das Ausbildungsni-

veau der jüngeren im Vergleich zur älteren Generation wesentlich höher. Dennoch sind hier

weiterhin Anstrengungen und Maßnahmen notwendig, um eine dauerhafte und fest zemen-

tierte Unterschichtung der Mehrheits- durch die Minderheitsbevölkerung zu verhindern und

die Integration der Migranten in den Arbeitsmarkt zu verbessern. 99

6.2.2. Sprachkenntnisse

Zentrale Voraussetzung für die Integration auf allen Ebenen sind gute Deutschkenntnisse.

Ohne diese ist der Erwerb höherer Schul- und Ausbildungsabschlüsse fast unmöglich, eine

Einbindung in den Arbeitsmarkt zumindest erschwert und eine qualifizierte Tätigkeit kaum

auszuüben.100 Häufig werden die mangelhaften Deutschkenntnisse für die schlechte Bil-

99 Vgl. Seibert, Holger/Solga, Heike: Gleiche Chancen dank einer abgeschlossenen Ausbildung?

Zum Signalwert von Ausbildungsabschlüssen bei ausländischen und deutschen jungen Er-wachsenen. In: Zeitschrift für Soziologie. Jg. 34/2005, H. 5; Boos-Nünning, Ursula: Berufliche Bildung von Migranten. Ein vernachlässigtes Potenzial für Wirtschaft und Gesellschaft. In: Hentges, Gudrun/Hinnenkamp, Volker/Zwengel, Almit (Hrsg.): Migrations- und Integrationsfor-schung in der Diskussion. Wiesbaden 2008.

100 Vgl. hierzu auch Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Nationaler Integrations-plan, Arbeitsgruppe 3 "Gute Bildung und Ausbildung sichern - Arbeitsmarktchancen erhöhen". Abschlussbericht. Berlin 2007; Bommes, Michael: Integration durch Sprache als politisches Konzept. In: Davy, Ulricke/Weber, Albrecht (Hrsg.): Paradigmenwechsel in Einwanderungsfra-gen? Überlegungen zum neuen Zuwanderungsgesetz, Baden-Baden 2006; Kalter, Frank:

Page 75: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

75

dungs- und Arbeitssituation der Migranten verantwortlich gemacht. Aber nicht nur im Arbeits-

leben, sondern auch im alltäglichen Zusammenleben mit und in der Mehrheitsgesellschaft

sind Deutschkenntnisse von erheblicher Bedeutung. So steigt die Akzeptanz der Mehrheits-

bevölkerung enorm, wenn die Möglichkeit der problemlosen sprachlichen Verständigung be-

steht; Kontakte und somit Austausch werden nur möglich, wenn Deutschkenntnisse vorhan-

den sind.

Bis in die 1980er Jahre und darüber hinaus wurde wegen der vermeintlich kurzen Aufent-

haltsdauer und dem niedrigen Beschäftigungsniveau als ungelernte Arbeiter weder von Sei-

ten der Migranten noch von Seiten der Mehrheitsbevölkerung auf den Spracherwerb Wert

gelegt. Es fand keine systematische Schulung statt und das Niveau der Deutschkenntnisse

blieb niedrig. Im Zuge der Entstehung der zweiten Generation glaubten sowohl die Migranten

als auch die Mehrheitsgesellschaft, das Sprachproblem werde sich durch die Einbindung der

Kinder in das deutsche Bildungssystem von selbst lösen. Doch auch hier wurde eine gezielte

Sprachschulung nicht für notwendig erachtet. Erst in den letzten Jahren wurde diesem Prob-

lem mehr Aufmerksamkeit geschenkt, da der automatische Spracherwerb der Kinder insbe-

sondere in verdichteten Stadtteilen nicht immer funktioniert.

Da es kaum möglich ist, die Sprachkompetenz der erwachsenen Migranten flächendeckend

objektiv, z.B. anhand eines Tests, zu messen, wurde in der telefonischen Befragung die sub-

jektive Einschätzung der Sprachkenntnisse abgefragt. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch,

dass der Anspruch an die eigene Sprachkompetenz und damit auch die Beurteilung indivi-

duell sehr unterschiedlich sein kann.

Die eigenen Deutschkenntnisse werden in NRW bezogen auf das Verstehen von der Hälfte

(53%) als gut eingeschätzt, 27% sehr gut und 25% gut. Ein Drittel (33%) geben ihre

Deutschkenntnisse beim Verstehen mit mittelmäßig an und 14% meinten, sie verstünden

Deutsch schlecht, davon 4% sehr schlecht. Auch hinsichtlich des Sprechens glauben 51%

über gute Kenntnisse zu verfügen, 33% können mittelmäßig Deutsch sprechen und 16%

meinen, nur schlecht oder sehr schlecht Deutsch zu sprechen. Beim Schreiben sinkt das

Niveau noch etwas ab, hier sind es 49%, die ihre Schreibkenntnisse als gut oder sehr gut

bezeichnen, 27% sehen sie mittelmäßig und 23% können nach eigenem Empfinden nur

schlecht oder sehr schlecht schreiben.

Ethnische Kapitalien und der Arbeitsmarkterfolg Jugendlicher türkischer Herkunft. In: Soziale Welt, Sonderband: Zeitschrift für sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis, 2007, Nr. 17.

Page 76: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

76

Abbildung 4: Subjektive Sprachkompetenz in Deutsch (Prozentwerte)

23,7 23,0 27,2 18,1 7,5

23,9 25,3 34,9 12,3 3,3

24,7 26,3 34,9 10,9 3,1

26,9 22,2 27,1 15,6 7,7

26,8 24,4 32,7 11,5 4,2

27,2 25,4 33,1 10,4 3,6

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Verstehen

Sprechen

Schreiben

Deutschland

Verstehen

Sprechen

Schreiben

Sehr gut Gut Mittelmäß ig Eher schlecht Sehr schlecht

Deutschlandweit sind die Deutschkenntnisse geringfügig schlechter als in NRW. Bezogen

auf das Verstehen gaben 51% an, über gute Sprachkenntnisse zu verfügen, 25% über sehr

gute und 26% über gute Sprachkenntnisse. Auch bezüglich des Sprechens und Schreibens

sind bundesweit die Deutschkenntnisse etwas geringer, doch sind die Größendimensionen in

NRW und bundesweit gleich.

Abbildung 5: Deutschkenntnisse (Verstehen) 2000* bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Sehr gut/gutMittelmäß igSchlecht/sehr schlecht

* 1999 wurden die Deutschkenntnisse nicht erhoben

Page 77: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

77

Der Vergleich der Deutschkenntnisse in NRW beim Verstehen über die Zeit zeigt leichte

Schwankungen insbesondere zwischen den Kategorien gut und mittelmäßig. Der Anteil der

schlecht Verstehenden bleibt über die Zeit relativ stabil. Wurde zunächst von 2000 zu 2001

das Niveau besser, sank es 2002, stieg jedoch 2003 wieder auf das Niveau von 2001. 2004

und 2005 sank es jedoch erneut, um 2006 wieder zu steigen. 2008 zeigt sich erneut eine

leichte Verbesserung beim Deutsch verstehen.

Der Vergleich nach Altersgruppen zeigt deutliche Unterschiede. Je jünger die Migranten

sind, desto größer wird der Anteil mit sehr guten und guten Deutschkenntnissen, dies gilt in

gleicher Weise für NRW wie bundesweit. In der Altersgruppe unter 30 Jahre gaben in NRW

drei Viertel (76%) an, Deutsch gut oder sehr gut zu verstehen, knapp ein Fünftel attestiert

sich mittelmäßige Kenntnisse und lediglich 7% gaben an, Deutsch schlecht oder sehr

schlecht zu verstehen. Deutlich schlechter sind die Deutschkenntnisse bei den Über-60-

Jährigen, noch 30% können gut Deutsch, 41% mittelmäßig und 29% schlecht. Er-

wartungsgemäß stellt sich somit das Sprachproblem bei den jüngeren Befragten in deutlich

geringerem Maß, wenngleich es auch hier eine kleine Gruppe gibt, die nur schlecht Deutsch

beherrscht.

Abbildung 6: Deutschkenntnisse (Verstehen) nach Altersgruppen – nur NRW (Zeilenprozent)

52,8% 33,2% 14,0%

30,0% 40,9% 29,1%

34,3% 46,5% 19,2%

53,4% 34,2% 12,4%

75,9% 17,7% 6,5%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

18 bis 29 Jahre

30 bis 44 Jahre

45 bis 59 Jahre

60 Jahre und älter

Gesamt

Sehr und eher gut Mittelmäß ig Eher und sehr schlecht

Obwohl insgesamt auf Bundesebene die Deutschkenntnisse beim Verstehen etwas schlech-

ter sind als in NRW, zeigen sich für die jüngste Gruppe bundesweit etwas bessere Deutsch-

kenntnisse als in NRW: 77% der unter 30-Jährigen gaben bundesweit an, über sehr gute

Page 78: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

78

oder gute Sprachkenntnisse zu verfügen, 18% nannten ihre Deutschkenntnisse mittelmäßig

und 5% bezeichneten sie als schlecht.

Die Deutschkenntnisse stehen mit weiteren Merkmalen der Befragten in Zusammenhang: So

ist der Anteil von Frauen, die gut Deutsch verstehen, etwas niedriger als der der Männer, in

NRW sichtbarer als auf Bundesebene. Wenig überraschend wirkt sich die Aufenthaltsdauer

auf die Deutschkenntnisse aus. Je länger die Befragten in Deutschland leben, desto höher

ist der Anteil derjenigen, die Deutsch gut oder sehr gut verstehen. Die Ergebnisse zu

Deutschland und zu NRW unterscheiden sich hier kaum. Sehr deutliche Unterschiede er-

geben sich durch den Zuwanderungsgrund, der eng mit dem Alter in Zusammenhang steht.

So sind die Kenntnisse unter ehemaligen Gastarbeitern und -arbeiterinnen relativ gering,

doch noch geringer sind sie unter denjenigen, die als Ehepartner eingereist sind, in NRW

deutlicher als bundesweit. Sind die Befragten als Kinder eingewandert, erhöht sich der Anteil

mit guten oder sehr guten Deutschkenntnissen auf 69% bzw. 66% und bei hier Geborenen

sogar auf 92% in NRW und in Deutschland.

Betrachtet man die Generationeneinteilung, ist zu erkennen, dass die Angehörigen der ers-

ten Generation in NRW mit 26% guten und sehr guten Deutschkenntnissen noch über dem

Niveau der nachgereisten Ehepartner der zweiten Generation mit 20% liegen; bundesweit

ergibt sich unter der ersten Generation ein Anteil von 22% und unter den Heiratsmigranten

von 24% mit guten Deutschkenntnissen. In den Nachfolgegenerationen geben 80% bzw.

78% sehr gute und gute Deutschkenntnisse an.

Wenig überraschend ergibt sich daraus auch eine sehr deutliche Differenz danach, in wel-

chem Land die Schule absolviert wurde. Haben die Migranten die Schule in Deutschland be-

sucht, empfinden 85% in NRW und 81% bundesweit ihre Kenntnisse als gut oder sehr gut,

wurde die Schule in der Türkei absolviert, sind es in NRW nur 26% und bundesweit 27%.

Daneben wirkt sich aber auch – in Abhängigkeit des Landes der besuchten Schule - das Ni-

veau der Schulbildung aus – und zwar gleichermaßen in NRW wie bundesweit. Mit höherem

Schulbildungsniveau steigt der Anteil mit guten und sehr guten Deutschkenntnissen, sowohl

bezogen auf die in Deutschland erreichten Abschlüsse, als auch bezogen auf die Ab-

schlüsse, die in der Türkei erzielt wurden. Ausnahmen hiervon bilden Liseabsolventen und

Befragte mit Abitur. Möglicherweise machen sich hier unterschiedliche Ansprüche an die

Deutschkenntnisse bzw. unterschiedliche Definitionen "guter" Deutschkenntnisse bemerkbar.

Page 79: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

79

Tabelle 15: Sehr gute und gute Deutschkenntnisse (Verstehen) nach soziodemographi-schen Merkmalen (Zeilenprozent)

Sehr gut oder gut Deutsch verstehen

NRW Deutschland Geschlecht

Männlich 54,9 51,5 Weiblich 50,5 50,3

Aufenthaltsdauer Bis 3 Jahre101 12,5 33,3 4 bis 9 Jahre 24,3 26,2

10 bis 19 Jahre 47,5 45,3 20 und mehr Jahre 58,9 55,9

Zuwanderungsgrund "Gastarbeiter" 28,8 24,5

Familienzusammenführung als Ehepartner 19,9 23,3 Familienzusammenführung als Kind 68,7 65,8

In Deutschland geboren 92,4 92,1 Generationszugehörigkeit

Erste Generation 25,9 22,2 Nachfolgegeneration 80,3 77,7

Heiratsmigranten 19,6 24,1 Land des Schulbesuchs

Türkei 26,2 26,7 Deutschland 84,9 81,3

Schulabschluss Noch Schüler 82,6 84,4

Kein Abschluss/Ilkokul 22,5 19,7 Ortaokul 32,8 33,1

Lise 27,7 31,4 Hauptschule 74,8 66,8

Realschule 92,2 93,1 Fachoberschule/Fachabitur 98,1 95,7

Abitur 91,9 91,3 Gesamt 52,8 50,9

Die Sprachkompetenz im Deutschen ist unter den türkeistämmigen Migranten in diesem Jahr

nach einem vorausgegangenen Rückgang wieder leicht steigend. Das Niveau ist in NRW

geringfügig höher als in Gesamtdeutschland. Natürlich sind die Sprachkenntnisse der türki-

schen Migranten verbesserungsbedürftig. Hierbei spielt das Alter und damit der Zuwande-

rungsgrund und das Land des Schulbesuchs eine gewichtige Rolle: Sind die Migranten jung,

sind sie in Deutschland geboren oder aufgewachsen und haben hier die Schule besucht,

sind die Deutschkenntnisse relativ gut. Sie steigen bei höherer Schulbildung. Schlecht sind

sie vor allem trotz langer Aufenthaltsdauer bei den Erstgenerationsangehörigen, die häufig

101 Die Kategorie "Aufenthaltsdauer bis drei Jahre" umfasst bundesweit 12 Personen, und in

NRW 16 Personen. Somit können die Ergebnisse hier nur sehr bedingt interpretiert werden.

Page 80: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

80

eine geringe Schulbildung aufweisen und erst im Erwachsenenalter nach Deutschland ka-

men. Aber auch diejenigen, die zwar noch jung sind, aber noch nicht lange in Deutschland

leben, entsprechend die Schule in der Türkei besuchten und im Zuge der Familienzusam-

menführung als Ehepartner erst im Erwachsenenalter nach Deutschland kamen, weisen

schlechtere Deutschkenntnisse auf, was ihre Integration in das wirtschaftliche und gesell-

schaftliche Leben erschweren kann. Gerade für Heiratsmigranten sind Sprachkurse insofern

besonders wichtig.

6.3. Strukturelle Integration 6.3.1. Erwerbstätigkeit, berufliche Stellung, Einkommen und Wohnsituation

Erwerbstätigkeit

In NRW sind knapp die Hälfte (46%) der türkeistämmigen Migranten erwerbstätig, davon

39% in Vollzeit und 7% in Teilzeit. 3% sind geringfügig beschäftigt und 51% gehen keiner Er-

werbstätigkeit nach. Die Erwerbstätigenquote ist mit 50% bundesweit etwas höher als in

NRW, in Gesamtdeutschland sind 41% Vollzeit und 8% Teilzeit erwerbstätig. Entsprechend

sind etwas weniger der Befragten bundesweit nicht erwerbstätig, allerdings liegt der Anteil

der geringfügig Beschäftigten leicht höher als in NRW.

Tabelle 16: Erwerbstätigkeit gesamt und nach Geschlecht (Spaltenprozent)

Gesamt Männlich WeiblichNRW

Vollzeiterwerbstätig (34 WSt. oder mehr) 39,3 58,9 18,7Teilzeiterwerbstätig (weniger als 34 WSt.) 7,1 3,1 11,3

Geringfügig beschäftigt (bis 400 Euro im Monat) 2,8 0,8 4,5Nicht erwerbstätig 51,0 37,2 65,5

Gesamt 1.000 513 487Deutschland

Vollzeiterwerbstätig (34 WSt. oder mehr) 41,4 57,9 23,5Teilzeiterwerbstätig (weniger als 34 WSt.) 8,2 4,0 12,7

Geringfügig beschäftigt (bis 400 Euro im Monat) 3,9 1,5 6,5Nicht erwerbstätig 46,5 36,5 57,3

Gesamt 1.000 520 480

Die Erwerbstätigkeit unterscheidet sich jedoch stark nach Geschlecht, sowohl in NRW als

auch in Deutschland insgesamt: So gehen nur 19% der Frauen in NRW einer Vollzeitbe-

schäftigung und 11% einer Teilzeitarbeit nach, zugleich sind 59% der Männer in Vollzeit und

Page 81: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

81

3% in Teilzeit erwerbstätig. Zwei Drittel der Frauen gehen keiner Erwerbstätigkeit nach, da-

gegen nur 37% der Männer.102 Die höhere Erwerbsquote auf Bundesebene ist vor allem auf

die dortige häufigere Erwerbstätigkeit von Frauen zurückzuführen, denn deutschlandweit

gehen 24% der Frauen einer Vollzeit- und 13% einer Teilzeiterwerbstätigkeit nach. Entspre-

chend ist die Quote der nicht erwerbstätigen Frauen deutschlandweit um 9 Prozentpunkte

geringer als in NRW. Die Quoten der Männer unterscheiden sich in NRW und in Deutschland

kaum.

Im NRW-Zeitvergleich zeigt sich seit 2002 eine stetige Zunahme der Nichterwerbstätigen, die

sich auch 2008 fortsetzt. Zugleich hat jedoch 2008 der Anteil der Vollzeit-Erwerbstätigen

erstmalig seit 2002 wieder zugenommen und der Anteil der Teilzeit- und geringfügig Be-

schäftigten wieder abgenommen.

Abbildung 7: Erwerbstätigkeit 1999 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

0,0

10,0

20,0

30,0

40,0

50,0

60,0

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

VollzeiterwerbstätigTeilzeiterwerbstätigGeringfügig beschäftigtNicht erwerbstätig

102 Nach dem Integrationsbericht der Landesregierung liegt die Erwerbsquote (Anteil der Er-

werbstätigen und Arbeitslosen an der Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahren) bei der türki-schen Bevölkerung und den eingebürgerten ehemaligen Türken insgesamt bei 58% - bei Männer beträgt sie 77%, bei Frauen 40%. Personen ohne Migrationshintergrund weisen da-nach eine Erwerbsquote von 73% auf (Männer 80%und Frauen 67%). Die Erwerbsquote von Türken und eingebürgerten ehemaligen Türken ist folglich deutlich geringer, was in erster Li-nie auf die geringe Erwerbsbeteiligung der türkischen Frauen zurückzuführen ist. Quelle: Mi-nisterium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrationsbericht der Landes-regierung. Düsseldorf 2008, S. 129f.

Page 82: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

82

Von den geringfügig oder nicht Erwerbstätigen sind der größte Teil Hausfrauen (43% bzw.

35%), gefolgt von Arbeitslosen (25% bzw. 27%), 10% bzw. 11% sind Studierende und 19%

Rentner, 3% bzw. 4% befinden sich im Erziehungsurlaub. Im Vergleich NRW/Deutschland

unterscheidet sich lediglich der Anteil der Hausfrauen, da bundesweit sehr viel mehr Frauen

erwerbstätig sind als Männer. Im NRW-Zeitvergleich nimmt der Anteil der Rentner zu, der

Anteil der Arbeitslosen hat bis zum Jahr 2005 stetig zugenommen, ist aber in diesem Jahr

leicht zurückgegangen. Der Anteil der Hausfrauen schwankt relativ stark.

Die Struktur der Nichterwerbstätigen zeigt erwartungsgemäß starke Geschlechtsunter-

schiede: Sind in NRW 66% und deutschlandweit 57% der nichterwerbstätigen Frauen Haus-

frauen, sind dies nur 4% bzw. 1% der Männer. Der Erziehungsurlaub wird nur von Frauen

wahrgenommen, 5% bzw. 6% der nichterwerbstätigen Frauen arbeiten aus diesem Grund

nicht. Dagegen sind Frauen zu wesentlich geringeren Anteilen (15% in NRW, 17% bundes-

weit) als Männer arbeitslos (42% in NRW, 43% in Deutschland) – bezogen auf die Nichter-

werbstätigen. Auch der Anteil der Rentnerinnen ist deutlich geringer als der der Rentner. Hier

macht sich bemerkbar, dass es sich bei den Arbeitsmigranten der ersten Stunde, die jetzt

langsam in das Rentenalter kommen, hauptsächlich um Männer handelt und Frauen durch-

schnittlich jünger sind.

Der Anteil der Studierenden und Schüler ist unter den Frauen etwas geringer als unter den

Männern. Im Vergleich sind bundesweit mehr Frauen Rentnerinnen und arbeitslos als in

NRW, dafür sind sie deutlich seltener Hausfrauen. Männer in Deutschland sind häufiger noch

Schüler oder Studierende und deutlich seltener Rentner als in NRW.

Tabelle 17: Struktur der nicht und geringfügig Erwerbstätigen gesamt und nach Geschlecht (Spaltenprozent)

Gesamt Männlich Weiblich NRW Schüler/Student/in 9,9 11,3 9,1

Rentner/in 18,9 42,6 5,3 Arbeitslos 24,5 41,5 14,7

Hausfrau/-mann 43,3 3,6 66,1 Erziehungsurlaub 3,0 0 4,7

Gesamt 534 195 339 Deutschland Schüler/Student/in 10,5 13,6 8,5

Rentner/in 19,4 35,2 9,2 Arbeitslos 27,3 43,2 17,0

Hausfrau/-mann 34,9 1,0 56,9 Erziehungsurlaub 3,6 - 5,6

Gesamt 505 199 306

Page 83: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

83

Berufliche Stellung

Die berufliche Stellung der türkeistämmigen Migranten spiegelt nach wie vor die Migrations-

geschichte und das geringe Schul- und Ausbildungsniveau der Migranten wieder.

Mehr als die Hälfte (51% in NRW, 53% bundesweit) der Vollzeit- oder Teilzeiterwerbstätigen

arbeiten als an- und ungelernte Arbeiter, 14% sind Facharbeiter. Angestellte machen in

NRW 22% und deutschlandweit 19% aus. Somit sind bundesweit etwas mehr türkeistämmi-

ge Migranten Arbeiter und etwas seltener Angestellte als in NRW.

Seit 2005 werden die Angestellten unterschieden nach einfachen Angestellten (Position auf

der unteren Ebene), mittleren Angestellten (Position auf der mittleren Ebene) und höheren

Angestellten (Position mit Führungsaufgaben). Danach sind in NRW 14% der Erwerbstätigen

( = 65% der Angestellten) einfache Angestellte, 5% der Erwerbstätigen (= 25% der Ange-

stellten) arbeiten auf mittlerer Angestelltenposition, und 2% der Erwerbstätigen( = 10% der

Angestellten/ 10 Personen) arbeiten in einer Führungsposition. Bundesweit ist die Verteilung

ähnlich: 13% arbeiten auf der unteren Ebene, 5% sind mittlere Angestellte und 2% haben als

Angestellte eine Führungsposition.

Tabelle 18: Struktur der Erwerbstätigen (Spaltenprozent)

Berufliche Stellung NRW Deutschland Arbeiter (an-/ungelernt) 50,9 52,8

Facharbeiter 13,9 13,5 Angestellte 21,5 18,6

Darunter: Einfache Angestellte 13,9 12,3

Mittlere Angestellte 5,4 4,8 Höhere Angestellte 2,2 1,5

Beamte 0,4 1,0 Selbstständige in freien Berufen 1,3 2,3

Selbstständige in Handel/Dienstleistung/Industrie 6,3 8,0 Auszubildende 5,8 3,3

Gesamt 462 488

Beamte sind unter den Migranten kaum zu finden, akademische Selbstständige sind 1% in

NRW und 2% bundesweit. In Handel, Dienstleistung, Gewerbe oder Industrie ergeben sich

leichte Unterschiede zwischen NRW und der Bundesebene. In NRW arbeiten 6% als Selbst-

Page 84: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

84

ständige, in Deutschland sind dies 8%. 6% der Erwerbstätigen in NRW befinden sich in der

Ausbildung, bundesweit sind es nur 3%.103

Im Zeitvergleich ergibt sich für NRW eine uneinheitliche Entwicklung: Der Anteil der Arbeiter

nahm zwischen 1999 und 2002 zu, ging 2003 deutlich zurück und steigt 2004 und 2005

wieder, 2006 und 2008 nahm er leicht ab. Der Anteil der Angestellten stieg bis 2003 und

scheint sich seitdem – mit Ausnahme des Jahres 2006 - bei 22% bis 23% einzupendeln.

Abbildung 8: Berufliche Stellung* nach Altersgruppen** (Zeilenprozent)

69,5% 19,7% 10,7%

74,6% 15,7% 9,6%

70,3% 19,8% 9,9%

59,1% 28,8% 12,1%

69,1% 22,9% 8,1%

66,7% 19,2% 14,1%

71,4% 22,8% 5,8%

62,3% 27,5% 10,1%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

NRW

18 bis 29 Jahre

30 bis 44 Jahre

45 bis 59 Jahre

Gesamt

Deutschland

18 bis 29 Jahre

30 bis 44 Jahre

45 bis 59 Jahre

Gesamt

Arbeiter/Facharbeiter Angestellte Selbstständige

* Ohne Beamte und Auszubildende ** Gruppe 60 Jahre und älter wurde aufgrund geringer Fallzahlen nicht ausgewiesen

103 Nach dem Integrationsbericht der Landesregierung sind unter den erwerbstätigen Türken und

eingebürgerten ehemaligen Türken 8% selbstständig, 30% sind Angestellte und 60% sind Ar-beiter. Die erwerbstätige Bevölkerung ohne Migrationshintergrund setzt sich danach aus 11% Selbstständigen, 59% Angestellten und 22% Arbeitern zusammen. Somit besteht auch bezüg-lich der beruflichen Tätigkeit eine erhebliche Differenz zwischen Personen mit türkischem Migrationshintergrund und der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Quelle: Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen: Nord-rhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrationsbericht der Landesregie-rung. Düsseldorf 2008, S. 135f.

Page 85: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

85

Wie bei der Schul- und Berufsausbildung ist bei der beruflichen Stellung ein deutlicher Al-

terseffekt festzustellen. Der Anteil der an- und ungelernten Arbeiter ist in der jüngsten Grup-

pe niedriger als in den beiden älteren, zugleich ist der Angestelltenanteil bei jungen türkei-

stämmigen Zuwanderern höher. Dies gilt für NRW wie für Deutschland insgesamt. In

Deutschland ist der Anteil der Arbeiter und der Unter-30-Jährigen etwas geringer und der

Angestellten- und Selbstständigenanteil etwas höher, in der Gruppe der 45 bis 59-Jährigen

ist der Arbeiteranteil jedoch höher und der Selbstständigenanteil etwas geringer als in NRW.

Doch trotz der Altersdifferenz bestehen auch bezogen auf die berufliche Stellung Defizite im

Vergleich zur Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, die die wirtschaftliche Integration der

Migranten erschweren.104 Zwar kann auch hier bei der jüngeren Gruppe wie bei der Schul-

und Ausbildung eine Tendenz zur Angleichung festgestellt und als positives Signal für die

zukünftige soziale und wirtschaftliche Partizipation verstanden werden; dennoch ist der Anteil

der an- und ungelernten Arbeiter auch unter den Jüngeren sehr hoch.

Haushaltseinkommen

Die Unterschiede in der Erwerbsquote und der beruflichen Stellung zwischen Migranten und

Personen ohne Migrationshintergrund machen sich auch beim Haushaltsnettoeinkommen

bemerkbar: Den türkeistämmigen Familien in NRW stehen durchschnittlich 1.925,- € im Mo-

nat zur Verfügung, bundesweit liegt das Einkommen um rund 150,- € im Monat höher bei

2.073,- €.

Tabelle 19: Haushaltsnettoeinkommen Haushaltsnettoeinkommen NRW Deutschland

Unter 1.000 € 9,8 8,9 1.000 € bis unter 2.000 € 34,9 34,7 2.000 € bis unter 3.000 € 23,2 23,0

3.000 € und mehr 10,8 12,6 Keine Angabe 21,3 20,7

Mittelwert (in €) 1.925,- 2.073,-

104 Vgl. hierzu auch Zimmermann, Klaus F./DeVoretz, Don/Kahanec, Martin/Gataullina, Liliy-

an/Constant, Amelie/Zaiceva, Anzelika: Study on the Social and Labour Market Integration of Ethnic Minorities. IZA Research Report No. 16/2008, zu Deutschland S. 29ff; Hönekopp, El-mar: Situation und Perspektiven von Migranten auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland - Ein Problemaufriss in 14 Befunden. In: Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Nationaler In-tegrationsplan. Arbeitsgruppe 3 "Gute Bildung und Ausbildung sichern, Arbeitsmarktchancen erhöhen. Dokumentation des Beratungsprozesses. Berlin 2007, S. 160; OECD: Jobs for Im-migrants – Labour Market Integration in Australia, Denmark, Germany and Sweden", Juli 2007, S. 195ff.

Page 86: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

86

In NRW stehen 10% der befragten Haushalte weniger als 1.000,- € im Monat zur Verfügung,

35% der Haushalte verfügen über ein Einkommen zwischen 1.000,- € und unter 2.000,- €.

Knapp ein Viertel der Familien in NRW (23%) hat ein Einkommen zwischen 2.000,- € und

unter 3.000,- € und 11% der Familien haben Einkünfte von 3.000,- € und mehr. Mehr als ein

Fünftel (21%) der Befragten äußerte sich jedoch nicht zu ihrem Nettohaushaltseinkommen.

Die bundesweite Verteilung unterscheidet sich hiervon nur gering: So verfügen in Deutsch-

land ein Prozentpunkt weniger über ein Einkommen unter 1.000.- €, dafür haben 2 Prozent-

punkte mehr ein Einkommen von 3.000,- € und mehr.

Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen der türkeistämmigen Migranten in NRW

zeigte im Zeitvergleich von 1999 bis 2002 eine stetig und gleichmäßig steigende Tendenz

von 1.748,- € im Jahr 1999 zu 1.966,- € im Jahr 2002. Zwischen 2003 und 2005 war jedoch

das Haushaltsnettoeinkommen der Migranten erst leicht und 2005 deutlicher rückläufig. Seit

2006 steigt es jedoch wieder an und entspricht 2008 nahezu dem Höchststand von 2002. Bis

2002 schlug sich neben dem allgemeinen Anstieg der Löhne und Gehälter das bis dahin

langsam steigende Tätigkeitsniveau, aber auch eine steigende Erwerbsbeteiligung nieder.

Zwischen 2003 und 2006 sank die Erwerbsbeteiligung jedoch, zudem schmälerten steigende

Sozialabgaben und stagnierende Löhne und Gehälter das Nettoeinkommen. Seit 2006

scheint sich eine leichte Steigerung der Löhne und Gehälter niederzuschlagen, in diesem

Jahr auch die gestiegene Erwerbsbeteiligung.

Abbildung 9: Nettohaushaltseinkommen 1999 bis 2008 – nur NRW (Mittelwert in Euro)

Mittelwert in €

1.748

1.830

1.893

1.966

1.921 1.917

1.783

1.8841.925

1.600

1.650

1.700

1.750

1.800

1.850

1.900

1.950

2.000

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Page 87: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

87

Dem durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen der türkischen Haushalte in NRW von

1.925,- € steht ein durchschnittliches Haushaltsnettoeinkommen von Haushalten ohne Migra-

tionshintergrund in NRW von 2.647,- € gegenüber.105 Da türkische Haushalte jedoch fast

doppelt so viele Personen umfassen wie deutsche, dokumentiert sich die Dimension der ö-

konomischen Differenzen besonders deutlich im Pro-Kopf-Einkommen: Teilt man das Haus-

haltsnettoeinkommen der türkischen Haushalte durch die Anzahl der im Haushalt lebenden

Personen (3,8), ergibt sich ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen von 506,- € in türki-

schen Haushalten. Nach Berechnungen der Landesregierung NRW auf Basis des Mikrozen-

sus 2006 ergibt sich für die Haushalte mit Personen ohne Zuwanderungsgeschichte ein Pro-

Kopf-Einkommen von 1.106,- €.106

Bundesweit hatten alle Haushalte 2005 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen

von 3.075,- €, im Vergleich zum Einkommen von 2.073,- € der türkeistämmigen Migranten.107

Dadurch ergibt sich für die türkeistämmigen Migranten in Deutschland ein Pro-Kopf-

Einkommen von 545,- €, für die Gesamtbevölkerung von 1.397,- €.

Selbstverständlich variiert das Haushaltsnettoeinkommen nach Erwerbstätigkeit und berufli-

cher Stellung der Befragten. Es ist hierbei jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem

Einkommen um das Haushaltseinkommen handelt, die berufliche Stellung sich jedoch auf

die Befragten und nicht etwa auf die Position der Haushaltsvorstände bezieht.

Den Haushalten von Befragten, die nicht erwerbstätig sind, steht deutlich weniger Einkom-

men zur Verfügung als den Haushalten von Erwerbstätigen. Mit deutlichem Abstand am

niedrigsten mit 1.305,- € in NRW und 1.353 € in Deutschland ist das Einkommen der Rent-

nerhaushalte, gefolgt von den Haushalten von Arbeitslosen. Unter den Haushalten der Er-

werbstätigen liegen die Angestellten an der Spitze, gefolgt von Facharbeitern bzw. den

Selbstständigen. Haushalte von Arbeitern haben unter den Erwerbstätigen das geringste

Einkommen.

105 Daten des Mikrozensus 2006, vgl. Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integra-

tion des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrations-chancen. 1. Integrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 143.

106 Vgl. Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 143.

107 Quelle: Klose, Manfred/Schwarz, Norbert: Einkommen sozioökonomischer Haushaltsgruppen. Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Herausgegeben vom Statistischen Bundesamt, 2006.

Page 88: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

88

Abbildung 10: Durchschnittliches Haushaltsnettoeinkommen nach beruflicher und sozialer Stellung (Mittelwert in Euro)

1.729 €1.778 €

1.529 €1.615 €

1.305 €1.353 €

1.632 €1.693 €

2.283 €2.505

2.576 €2.650 €

2.433 €2.443 €

2.016 €2.337 €

2.252 €

2.455 €

0 € 500 € 1.000 € 1.500 € 2.000 € 2.500 € 3.000 €

Erwerbstätig

Arbeiter

Facharbeiter

Angestellte

Selbständige

Nicht erwerbstätig

Rentner/in/Pensionär/in

Arbeitslos

Hausfrau/-mann

NRW Deutschland

Armutsrisiko

Um den tatsächlichen Einkommensverhältnissen gerechter zu werden und Armutsgefähr-

dung herauszuarbeiten, ist es in der Sozialberichterstattung üblich, anstatt des durchschnitt-

lichen Pro-Kopf-Einkommens das so genannte bedarfsgewichtete Nettoäquivalenzeinkom-

men anzugeben, das die Haushaltsmitglieder unterschiedlich gewichtet. Dabei wird berück-

sichtigt, dass Mehrpersonenhaushalte durch gemeinsames Wirtschaften Einspareffekte er-

Page 89: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

89

zielen.108 Auf der Grundlage des Nettoäquivalenzeinkommens lässt sich berechnen, wie viele

Menschen ein Einkommen unterhalb der relativen Armutsgrenze haben.109

Unter Zugrundelegung der im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung angege-

benen Armutsrisikogrenze von 781 € (Faktor 1) ergibt sich für die befragten türkischen

Haushalte in NRW eine Armutsrisikoquote von 40,3% und eine Quote von 41,2% für alle

Personen110. D.h. 40% aller Haushalte in NRW haben ein Einkommen, das weniger als 60%

des durchschnittlichen Einkommens der entsprechenden Haushaltsstrukturen hat. Der Integ-

rationsbericht der Landesregierung zeigt auf, dass von den Personen ohne Zuwanderungs-

geschichte in NRW "nur" 10% unterhalb der relativen Armutsgrenze leben, unter Türken und

eingebürgerten ehemaligen Türken sind es danach 38%.111

Deutschlandweit ergibt sich aus den Daten der Befragung eine Armutsrisikoquote von 34%

für die türkischen Haushalte und eine Quote von 35% bezogen auf die Personen. Somit sind

auf Bundesebene etwas weniger türkische Haushalte von Armut bedroht als in NRW. Was

angesichts des etwas höheren durchschnittlichen Haushaltseinkommens bereits zu erwarten

108 Die erste erwachsene Person eines Haushalts wird mit dem Faktor 1 gewichtet, jedes weitere

erwachsene Haushaltsmitglied mit den Faktor 0,5 und Kinder unter 18 Jahren mit dem Faktor 0,3. Bei einer Familie mit 2 Kindern unter 18 Jahren wird das Haushaltseinkommen damit bei-spielsweise nicht durch 4 - wie bei einer gleichwertigen Pro-Kopf-Gewichtung - sondern durch 2,1 geteilt.

109 Der Armutsbegriff ist umstritten und wird in der Sozialberichterstattung als "relative Armut" definiert, der die Abweichung vom mittleren Einkommen der Bevölkerung zum Ausgangspunkt nimmt. Als arm werden nach der Definition des Rates der Europäischen Gemeinschaften von 1984 Personen, Familien, und Gruppen definiert, die über so geringe (materielle, kulturelle und soziale) Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem jeweiligen Staat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist. Armut wird als auf einen mitt-leren Lebensstandard bezogene Benachteiligung aufgefasst. Nach EU-Konvention wird die individuelle Armutsschwelle dann unterschritten, wenn eine Person weniger als 60 % des mitt-leren Haushaltsnettoeinkommens zur Verfügung hat. Sie wurde für Deutschland im 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung mit 781 € ermittelt. Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Dritter Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Berlin 2008.

110 Dabei wurde für jede vorkommende Haushaltskonstellation das Haushaltsäquivalenzeinkom-men berechnet und mit dem angegeben Haushaltsnettoeinkommen (das staatliche Transfer-leistungen einschließt) abgeglichen. In die Berechnung flossen nur diejenigen Haushalte ein, zu denen die Befragten konkrete Angaben zu ihrem Haushaltsnettoeinkommen machten (N = 360 in NRW und N = 334 in Deutschland). Haushalte, zu denen lediglich Informationen zum Haushaltsnettoeinkommen nach Einkommenskategorien ohne keinerlei Angaben zum Ein-kommen vorlagen, wurden nicht berücksichtigt. Die Anzahl der betroffenen Personen wurde aus der Anzahl der Fälle und der angegebenen Personenzahl der Haushalte multipliziert.

111 Vgl. Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 143.

Page 90: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

90

war. Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung112 weist für die Bevölkerung

ohne Migrationshintergrund auf Basis des Mikrozensus 2005 eine Armutsrisikoquote von

12% aus, für Personen mit Migrationshintergrund von 28% und für Ausländer von 34%.

Als Ursache für Armut nennt der Bericht der Bundesregierung in erster Linie die Erwerbssi-

tuation, den Bildungsstatus und die Familiensituation. Arbeitslose, Geringqualifizierte, Allein-

erziehende und Paare mit drei und mehr Kindern zählen zu den Risikogruppen. Migranten

sind eine Gruppe, die in besonders hohem Maß von Armut bedroht ist, da sie in höherem

Maß von Arbeitslosigkeit betroffen sind, über einen geringeren Bildungsstatus verfügen,

durchschnittlich mehr Kinder haben und auch bei Erwerbstätigkeit geringere Einkommen ha-

ben als die Gesamtbevölkerung. Dabei sind diese "Risikofaktoren" nicht unabhängig vonein-

ander zu sehen. Das Einkommen wird bestimmt durch die berufliche Stellung und die Er-

werbstätigkeit, die ihrerseits in hohem Maße durch die berufliche Bildung beeinflusst wird.

Tabelle 20: Merkmale von Personen, die in Haushalten unterhalb der Armutsgrenze leben (Prozentwerte)

Haushalt unterhalb der Armutsgrenze

NRW Deutschland Gesamt 40,3 35,2 Schulbildung

Keine Schulbildung 57,4 47,8 Ortaokul 43,5 34.0

Lise 37,5 27,8 Hauptschule 28,6 29,2

Realschule 34,3 21,4 Fach-/Abitur 28,0 25,6

Berufliche Ausbildung Keine Berufsausbildung 45,4 38,9

Lehre 36,1 31,6 Meister/Techniker 25,0 11,1

Fachhochschul-/Hochschulabschluss 33,3 20,0 Erwerbstätigkeit

Erwerbstätig 24,7 19,3 Nicht erwerbstätig 54,2 48,8

Soziale Stellung Rentner 66,7 58,3

Arbeitslos 55,0 54,5 Arbeiter 29,2 20,8

Angestellte 7,3 11,1

112 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Dritter Armuts- und Reichtumsbericht der

Bundesregierung. Berlin 2008, S. 136.

Page 91: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

91

Die Daten zu den 360 Haushalten in NRW und den 334 Haushalten in Deutschland, zu de-

nen Angaben über das konkrete Haushaltseinkommen und damit über das gewichtete Äqui-

valenzeinkommen vorliegen, zeigen, dass türkeistämmige Befragte ohne Schulabschluss

und solche ohne Berufsausbildung überdurchschnittlich häufig in Haushalten leben, die mit

ihrem Haushaltseinkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze liegen. Bei höheren Schulab-

schlüssen oder einer qualifizierten Berufsausbildung ist das Risiko, in einem armen Haushalt

zu leben, deutlich geringer. Insbesondere bei Nichterwerbstätigkeit von Befragten ist das

Armutsrisiko der Haushalte hoch. In besonders dramatischer Weise sind Rentnerhaushalte

hiervon betroffen. Dies gilt sowohl für NRW als auch für Deutschland. Zwar ist deutschland-

weit das Niveau des Anteils in den verschiedenen Untergruppen, die von Armut bedroht sind,

aufgrund des generell niedrigeren Anteils armer türkischer Haushalte niedriger als in NRW,

im Verhältnis unterscheiden sich die Ergebnisse nach Subgruppen jedoch zwischen NRW

und Deutschland nicht nennenswert.

Wohnsituation

Auch in der Wohnsituation unterscheiden sich türkeistämmige und deutsche Haushalte:

Mehr als die Hälfte (60% in NRW und 54% in Deutschland) der Befragten leben in Mietwoh-

nungen. Ein eigenes Haus besitzt ein Fünftel der türkischen Haushalte in NRW und ein Vier-

tel der türkischen Haushalte in Deutschland. Über eine Eigentumswohnung verfügen 15%

der befragten Familien in NRW und 14% in Deutschland. 5% in NRW und 7% in Deutschland

haben ein Einfamilienhaus gemietet. Über Wohneigentum verfügen somit 35% der türki-

schen Familien in NRW und 38% der türkischen Familien in Deutschland.113 Somit ist ent-

sprechend des etwas höheren durchschnittlichen Haushaltseinkommens und der geringeren

Armutsrisikoquote auch die Wohnsituation der türkischen Familien bundesweit etwas stärker

an die Verhältnisse der einheimischen Bevölkerung angepasst, also ihr Lebensstandard et-

was höher, als in NRW. Dies ist vermutlich eine Folge der höheren Erwerbstätigenquote ins-

besondere der türkeistämmigen Frauen bundesweit.

113 Nach dem Mikrozensus 2006 verfügen 52% der Personen ohne Migrationshintergrund in

Deutschland über Wohneigentum. Quelle: Statistisches Bundesamt: Bevölkerung und Er-werbstätigkeit. Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2006. Fachserie 1, Reihe 2.2. Wiesbaden 2008, Tabelle 18.

Page 92: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

92

Abbildung 11: Wohnsituation (Prozentwerte)

59,6

14,8

5,4

20,2

54,0

14,1

7,2

23,9

0%

20%

40%

60%

80%

100%

NRW Deutschland

Eigenes HausGemietetes HausEigentumswohnungMietwohnung

Seit 2004 wird auch die Quadratmeterzahl der Wohnung abgefragt. Im Durchschnitt ergaben

sich pro Haushalt in NRW 90 qm und bundesweit 96 qm. Somit haben türkische Familien in

Deutschland nicht nur häufiger Wohneigentum, sondern leben auch in etwas größeren Woh-

nungen. Bei einer durchschnittlichen Größe der Haushalte von 3,8 Personen ergeben sich so

23,7 qm Wohnfläche pro Person in NRW und 25,2 qm für Deutschland. Nach Angaben des

Statistischen Landesamtes standen 2003 insgesamt in NRW pro Einwohner 38 qm Wohn-

fläche pro Person zur Verfügung.114

Die Mietwohnungen der türkeistämmigen Befragten sind dabei kleinsten, gefolgt von Eigen-

tumswohnungen und gemieteten Häusern. Am größten sind die eigenen Häuser der Befrag-

ten.

Der Anteil der Migranten, die Wohneigentum (Eigentumswohnungen und Eigenheime) besit-

zen, steigt in NRW mit einer kurzen Unterbrechung 2004 seit 1999 stetig an. Zwischen 1999

und 2003 stieg der Anteil der türkeistämmigen Migranten, die Wohneigentum besaßen, von

14% auf 28% an. 2004 gaben nur 27% an, Wohneigentum zu besitzen. 2005 und 2006 stieg

dieser Anteil jedoch wieder auf 30% bzw. 32% an, in diesem Jahr ist wiederum eine leichte

Zunahme auf 35% festzustellen.

114 Quelle: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik des Landes Nordrhein-Westfalen, Ge-

bäude und Wohnungszählung (www.lds.nrw.de).

Page 93: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

93

Abbildung 12: Wohnsituation 1999 bis 2008 - nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

MietwohnungEigentumswohnungGemietetes HausEigenheim

Von denjenigen, die derzeit zur Miete wohnen, planen 31% in NRW und 33% in Deutschland

in näherer Zukunft Wohneigentum zu erwerben, weitere 8% bzw. 6% schließen dies zumin-

dest nicht aus. Setzt auch nur ein Teil diese Absicht in die Tat um, wird es zu einem weiteren

Anstieg des Wohneigentums in der türkischen Community kommen und der bisher festge-

stellte Trend zum Wohneigentumserwerb weiter gehen. Allerdings ist der Anteil der Kaufwilli-

gen in NRW im Vergleich zu den Vorjahren von 51% im Jahr 2002115 deutlich und stetig ge-

sunken.

Abbildung 13: Plan zum Erwerb von Wohneigentum (Prozentwerte)

30,8

60,9

8,3

33

59,8

6,3

0%

20%

40%

60%

80%

100%

NRW Deutschland

Ja Nein Weiß nicht

115 Der Plan zum Erwerb von Wohneigentum wird erst seit 2002 erhoben.

Page 94: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

94

Die Erwerbstätigkeit, die berufliche Stellung, das Einkommen und die Wohnsituation doku-

mentieren die nach wie vor geringe strukturelle Integration der Migranten gegenüber der

Mehrheitsbevölkerung. Auch wenn sich die berufliche Stellung und damit auch die Einkom-

men in den jüngeren Generationen und die Wohnsituation der Familien über die Zeit verbes-

sern, sind auch hier Maßnahmen erforderlich, um die Angleichung voranzutreiben. Auch

wenn sich nach den Rückgängen zwischen 2002 und 2005 wieder eine Verbesserung der

wirtschaftlichen Situation abzeichnet, bleibt die Quote der Erwerbstätigkeit auf einem relativ

niedrigen Niveau, auch hat sich die berufliche Stellung der Erwerbstätigen kaum verändert.

Dabei lässt sich feststellen, dass der Lebensstandard der türkeistämmigen Bevölkerung in

NRW aufgrund der geringeren Erwerbstätigenquote, die sich insbesondere bei den Frauen

zeigt, etwas niedriger ist als sich die Situation auf Bundesebene darstellt. Doch ist auch dort

ein deutliches Defizit im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung festzustellen.

6.3.2. Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen

Einschätzung der wirtschaftlichen Lage

Neben der objektiven wirtschaftlichen Lage spielt die subjektive Einschätzung der Situation

eine wichtige Rolle für die Perspektiven der Migranten und damit auch für die Integration und

Identifikation mit der Aufnahmegesellschaft. Eine negative Einschätzung der eigenen wie der

allgemeinen wirtschaftlichen Lage, Angst vor Arbeitslosigkeit und große Unzufriedenheit mit

der eigenen Lebenssituation bezüglich der Wohnverhältnisse, der Berufschancen, der Mög-

lichkeiten zur Aus- und Weiterbildung sowie mit der sozialen Infrastruktur und dem sozialen

Umfeld können gerade bei jungen Migranten zu Perspektivlosigkeit, Frustration und als Fol-

ge zu einem Rückzug aus der Gesellschaft führen.

61% der Befragten in NRW schätzen die derzeitige allgemeine wirtschaftliche Lage schlecht

ein, gut ein Viertel beurteilten sie als teils gut/teils schlecht und nur 9% sehen die derzeitige

Situation als gut an. Die Beurteilung der eigenen wirtschaftlichen Lage durch die türkeistäm-

migen Migranten in NRW ist deutlich positiver, immerhin 22% sehen sie als gut und rund die

Hälfte (52%) als teils gut/teils schlecht. Allerdings stufen auch ein Viertel der Befragten die

eigene Wirtschaftssituation als schlecht ein.

Page 95: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

95

Abbildung 14: Beurteilung der allgemeinen und der eigenen wirtschaftlichen Lage – NRW (Prozentwerte)

9,1

26,6

60,8

3,5

21,6

51,6

26,10,7

0%

20%

40%

60%

80%

100%

Allgemeine Lage Eigene Lage

Gut Teils gut / teils schlecht Schlecht Weiß nicht

Im Vergleich zu den türkeistämmigen Befragten in NRW schätzen die Befragten in Deutsch-

land die allgemeine wirtschaftliche Situation sogar noch etwas schlechter ein, immerhin se-

hen 65% auf Bundesebene (zu 61% in NRW) die allgemeine Lage als schlecht an. Die eige-

ne wirtschaftliche Situation beurteilen die Befragten in Deutschland etwas besser als die Be-

fragten in NRW, entsprechend des höheren Einkommens und des höheren Lebensstandards

beurteilen hier 24% die eigene Lage schlecht, in NRW waren dies 26%.

Abbildung 15: Beurteilung der allgemeinen und der eigenen wirtschaftlichen Lage – Deutschland (Prozentwerte)

8,9

25,1

65,1

0,9

21,9

53,5

23,61,0

0%

20%

40%

60%

80%

100%

Allgemeine Lage Eigene Lage

Gut Teils gut / teils schlecht Schlecht Weiß nicht

Page 96: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

96

Der Vergleich der Beurteilung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage in NRW im Zeitvergleich

zeigt einen deutlichen Einbruch der positiven Stimmung 2002, der sich bis 2005 fortsetzt.

Erst 2006 und noch stärker 2008 verbessert sich die Einschätzung der allgemeinen wirt-

schaftlichen Situation wieder deutlich, wobei immer noch eine eindeutige Mehrheit die Lage

für schlecht hält. Im Vergleich zu 2006 hat sich in diesem Jahr der Anteil derjenigen, die die

Lage schlecht einschätzen, um 14 Prozentpunkte reduziert, der Anteil mit "teils/teils"-Ein-

schätzung ist um 10 Prozentpunkte gestiegen. Somit hat sich der vorsichtige Trend einer

verbesserten Einschätzung der allgemeinen Lage der vorangegangenen Befragung 2008

verstärkt fortgesetzt.

Abbildung 16: Einschätzung der allgemeinen und der eigenen wirtschaftlichen Lage 1999 bis

2008 – nur NRW (Prozentwerte)

Allgemeine wirtschaftliche Lage

0

20

40

60

80

100

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Gut Teils/teils Schlecht

Eigene wirtschaftliche Lage

0102030405060

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Gut Teils/teils Schlecht

Auch die Einschätzung der eigenen wirtschaftlichen Lage hat sich im Vergleich zu 2006 ver-

bessert, jedoch wesentlich weniger stark als bei der allgemeinen wirtschaftlichen Lage. Nach

der deutlichen Verschlechterung der Einschätzung 2002 analog zur Einschätzung der allge-

meinen Situation blieb die Bewertung der eigenen wirtschaftlichen Lage relativ gleich blei-

Page 97: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

97

bend, mit einer leichten Zunahme bei der Einschätzung "gut" im Jahr 2005. Bezüglich der

Einschätzung der eigenen Lage setzte die Trendwende von einer zunehmend positiven Ein-

schätzung zu einer zunehmend negativen bereits 2001 ein.

Die Beurteilung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage tendiert bei zunehmendem Alter so-

wohl unter den Befragten in NRW als auch unter den Befragten in Deutschland stärker in

Richtung schlechter Bewertung, betrachtet man die Mittelwerte der Skala von 1 = gut bis 3 =

schlecht. Je niedriger der Wert, desto positiver ist die Einschätzung. Insgesamt ist jedoch die

Streuung zwischen den Altersgruppen relativ gering.

Tabelle 21: Einschätzung der wirtschaftlichen Lage nach Altersgruppen (Mittelwert*)

Allgemeine wirtschaftliche Lage

Eigene wirtschaftliche Lage

NRW Deutschland NRW Deutschland Altersgruppen

Unter 30 Jahre 2,47 2,46 1,91 1,88 30 bis 44 Jahre 2,55 2,60 2,07 2,04 45 bis 59 Jahre 2,58 2,57 2,12 2,06

60 Jahre und älter 2,53 2,61 2,11 2,12 Gesamt 2,54 2,57 2,05 2,02

* Mittelwert auf der Skala 1 = gut bis 3 = schlecht. Ohne "Weiß nicht" und "keine Angabe"

Der gleiche Effekt zeigt sich in NRW wie in Deutschland auch bezüglich der Einschätzung

der eigenen wirtschaftlichen Lage: Je älter die Befragten sind, desto negativer wird die Ein-

schätzung. Deutlich zeigt sich eine Differenz zwischen der jüngsten und den anderen Grup-

pen, letztere liegen relativ eng beieinander.

Auch die objektive Situation beeinflusst die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Lage, die ei-

gene naturgemäß noch stärker als die allgemeine.

Erwerbstätige in NRW und in Deutschland beurteilen sowohl die allgemeine als auch die ei-

gene wirtschaftliche Lage positiver als Nichterwerbstätige, die eigene noch deutlicher als die

allgemeine. Unter den nicht Erwerbstätigen sehen vor allem Studenten die allgemeine Situa-

tion positiver, besonders negativ wird sie von den Hausfrauen beurteilt, Rentner beurteilen

sie in NRW sogar etwas besser als alle Befragten, deutschlandweit jedoch nicht. Auch die

eigene Situation sehen Studenten am positivsten, Rentner, Hausfrauen und Arbeitslose un-

terscheiden sich hier nur wenig.

Page 98: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

98

Unter den Erwerbstätigen haben Angestellte die positive Einstellung bezüglich der allgemei-

nen Lage. Für die eigene Lage zeigt sich in NRW bei den Selbstständigen das positivste

Bild, in Deutschland jedoch bei den Angestellten.

Die Einschätzung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage variiert nur relativ wenig nach dem

Haushaltseinkommen. Dabei ist jedoch keine Tendenz Richtung positiverer Einstellung bei

höherem Einkommen auszumachen. Bei der eigenen wirtschaftlichen Lage steht die Ein-

schätzung deutlicher und linear mit dem Einkommen in Zusammenhang. Dies gilt für NRW

wie für Deutschland.

Tabelle 22: Einschätzung der wirtschaftlichen Lage nach sozioökonomischer Situation (Mittelwert*)

Allgemeine wirtschaftliche Lage

Eigene wirtschaftliche Lage

NRW Deutschland NRW Deutschland

Erwerbstätigkeit Erwerbstätig 2,48 2,50 1,97 1,94

Nicht erwerbstätig 2,58 2,63 2,11 2,09 Nichterwerbstätige

Student/in 2,29 2,30 1,75 1,69 Rentner/in 2,53 2,66 2,14 2,19 Arbeitslos 2,56 2,60 2,15 2,13

Hausfrau/-mann 2,63 2,72 2,16 2,14 Erwerbstätige

Arbeiter/Facharbeiter 2,52 2,55 2,02 2,02 Angestellte 2,40 2,36 1,89 1,78

Selbstständige 2,47 2,49 1,69 1,82 Haushaltseinkommen

Unter 1.000 € 2,51 2,56 2,26 2,20 1.000 bis unter 2.000 € 2,58 2,59 2,19 2,16 2.000 bis unter 3.000 € 2,51 2,55 1,95 1,97

3.000 € und mehr 2,40 3,49 1,69 1,67 Gesamt 2,54 2,57 2,05 2,02

* Mittelwert auf der Skala 1 = gut bis 3 = schlecht. Ohne "Weiß nicht" und "keine Angabe"

Sorge vor Arbeitsplatzverlust

Doch trotz der Verbesserungen in der Einschätzung der allgemeinen und eigenen wirtschaft-

lichen Lage bezüglich der Befragten in NRW ist die Furcht vor Arbeitslosigkeit in diesem Jahr

im Vergleich zu 2006 gleich geblieben. Damals sank sie im Vergleich zum Vorjahr deutlich

und erstmalig seit 2000. 2008 befürchten 42% der erwerbstätigen Migranten in NRW, in na-

her Zukunft ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Diese Furcht hatte im Zeitverlauf von 2000 bis

Page 99: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

99

2005 deutlich von 24% auf 52% zugenommen, mit der größten Zunahme zwischen 2000 und

2003.

Deutschlandweit befürchten derzeit ebenfalls 42% der Erwerbstätigen, ihren Arbeitsplatz zu

verlieren, dies sind ebenso viele wie in NRW.

Abbildung 17: Sorge um den Arbeitsplatz in naher Zukunft 1999 bis 2008 nur NRW (Prozentwerte – nur Erwerbstätige)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

JaNein

Frauen fürchten Arbeitslosigkeit häufiger als Männer. Bei jungen Zuwanderern ist die Angst

vor Arbeitslosigkeit weniger stark ausgeprägt als bei der Altersgruppe zwischen 30 und 44

Jahren, hier ist der Anteil derjenigen, die befürchten, arbeitslos zu werden, in NRW am größ-

ten, bundesweit ist der Anteil derjenigen, die Angst vor Arbeitsplatzverlust haben, in der

Gruppe der 45 bis 59-Jährigen noch höher. Bei Arbeitern ist die Sorge stärker ausgeprägt als

bei Facharbeitern, Angestellte fürchten weniger häufig die Arbeitslosigkeit. Deutlich seltener

ist diese Angst bei Selbstständigen. Differenzen zwischen den Befragten in NRW und auf

Bundesebene gibt es kaum.

Page 100: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

100

Tabelle 23: Sorge vor dem Verlust des Arbeitsplatzes nach soziodemographischen Merk-malen (Prozentwerte – nur Erwerbstätige)

Sorge vor Arbeitsplatzverlust NRW Deutschland

Geschlecht Männlich 40,9 40,7 Weiblich 45,2 44,2

Altersgruppen Unter 30 Jahre 37,8 36,4 30 bis 44 Jahre 45,4 43,1 45 bis 59 Jahre 40,0 45,6

Berufliche Stellung Arbeiter 48,4 49,2

Facharbeiter 37,1 39,7 Angestellte 35,1 37,5

Selbstständige 23,5 22,9 Gesamt 42,1 42,0

Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbedingungen

Die verbesserte Stimmung bezüglich der allgemeinen wirtschaftlichen Lage in NRW wirkt

sich offensichtlich trotz der gleich bleibenden Angst vor Arbeitslosigkeit auch deutlich auf die

Zufriedenheit der Befragten in NRW mit den Berufschancen und den Angeboten zur Aus-

und Weiterbildung aus. Zwar hat sich in NRW auch die Zufriedenheit in den Lebensberei-

chen Wohnen (80%) und soziales Umfeld (76%), die generell von den Befragten zu großen

Anteilen als zufriedenstellend beschrieben wurden, im Vergleich zu 2006 erhöht, in den bei-

den anderen abgefragten Bereichen Berufschancen (68%) und Aus- und Weiterbildung

(55%) ist sie jedoch von einem deutlich niedrigeren Niveau um 10 bzw. 13 Prozentpunkte

gestiegen.

Page 101: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

101

Abbildung 18: Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbedingungen – nur NRW (Prozentwerte)

55,1 23,1 21,8

67,6 18,7 13,6

78,2 15,9 5,9

80,3 10,9 8,8

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Angebote zur Aus- undWeiterbildung

Berufschancen

Soziales Umfeld

Wohnverhältnisse

Zufrieden Teils/ Teils Nicht zufrieden

Im NRW-Zeitvergleich wird deutlich, dass die Zufriedenheit in allen Lebensbereichen zum

Teil deutlich – insbesondere mit dem sozialen Umfeld und mit den Berufschancen – von

2004 zu 2005 zurückgegangen ist und auch vorher schon eine abnehmende Tendenz zeigte.

2006 war die Zufriedenheit mit dem sozialen Umfeld und den Wohnverhältnissen nahezu

unverändert auf einem im Zeitvergleich niedrigen Niveau. Bei der Zufriedenheit mit den Be-

rufschancen und den Angeboten zur Aus- und Weiterbildung war nach einer stetigen Ab-

nahme seit 2002 erstmalig eine deutliche Zunahme der Zufriedenheit festzustellen, die auf

dem Niveau von 2001 liegt. 2008 steigt die Zufriedenheit in allen Bereichen, jedoch bei den

Berufschancen und den Angeboten zur Aus- und Weiterbildung noch sehr viel ausgeprägter

als in den beiden anderen Bereichen.

Page 102: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

102

Abbildung 19: Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbedingungen 1999 bis 2008* - nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

WohnverhältnisseBerufschancenAngebote zur Aus- und WeiterbildungSoziales Umfeld

* Die Zufriedenheit mit dem sozialen Umfeld wurde in den Untersuchungen 1999 und 2000 nicht

erhoben.

Ebenso wie in NRW sind in Deutschland die meisten Befragten mit ihren Wohnverhältnissen

zufrieden, gefolgt vom sozialen Umfeld, den Berufschancen und den Angeboten mit den

Aus- und Weiterbildungsangeboten, die der geringste Anteil als zufriedenstellend bezeichnet.

Unterschiede bestehen in den Anteilen beim sozialen Umfeld, bei den Berufschancen und

den Angeboten zur Aus- und Weiterbildung. Mit dem sozialen Umfeld sind in Deutschland

etwas weniger Befragte zufrieden als in NRW (74% zu 78%), bezüglich der Berufschancen

und der Aus- und Weiterbildung sind die türkeistämmigen Migranten auf Bundesebene etwas

zufriedener als in NRW (70% zu 68% bzw. 58% zu 55%).

Page 103: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

103

Abbildung 20: Zufriedenheit (Zufrieden) mit verschiedenen Lebensbedingungen – Vergleich NRW und Deutschland (Prozentwerte)

55,1 58,3

67,669,8

78,274,0

80,3 79,6

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Angebote zur Aus-und Weiterbildung

Berufschancen Soziales Umfeld Wohnverhältnisse

NRW Deutschland

Die Zufriedenheit mit den Aus- und Weiterbildungsangeboten ist wie die Zufriedenheit mit

den Berufschancen abhängig von den beruflichen Voraussetzungen, die die Befragten mit-

bringen und damit auch vom Alter: Je jünger die Befragten sind, desto besser schätzen sie

sowohl Berufschancen als auch Angebote zur Aus- und Weiterbildung ein. Frauen sind mit

den Berufschancen insbesondere in NRW weniger zufrieden als Männer, bezüglich der

Angebote zur Aus- und Weiterbildung unterscheiden sie sich kaum. Deutschlandweit sind

Befragte ab 30 Jahren sowohl mit den Berufschancen als auch mit den Angeboten zur Aus-

und Weiterbildung zufriedener als in NRW.

Die berufliche Ausbildung zeigt tendenziell eine geringere Zufriedenheit der Befragten ohne

berufliche Ausbildung als mit. Dies gilt jedoch nicht für die Befragten in NRW bezüglich der

Berufschancen: Befragte mit beruflicher Ausbildung sind in NRW ebenso zufrieden bzw. un-

zufrieden wie solche ohne Berufsausbildung. Am zufriedensten sind insgesamt jedoch nicht

die Akademiker, sondern die Meister/Techniker. Erstaunlich ist die geringe Zufriedenheit der

Akademiker mit den Angeboten zur Aus- und Weiterbildung in NRW.

Page 104: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

104

Tabelle 24: Zufriedenheit mit den Berufschancen und den Angeboten zur Aus- und Weiter-bildung nach sozioökonomischen Merkmalen (Zeilenprozent)

Zufriedenheit mit Berufschancen

Zufriedenheit mit Angeboten zur Aus- und Weiterbildung

NRW Deutschland NRW Deutschland Geschlecht

Männlich 71,3 70,2 54,9 57,9 Weiblich 62,7 69,1 55,4 58,7

Altersgruppen Unter 30 Jahre 70,1 70,1 71,0 69,2 30 bis 44 Jahre 66,6 71,5 51,1 57,5 45 bis 59 Jahre 64,3 67,9 42,9 48,1

Berufsausbildung Keine Ausbildung 66,1 66,2 41,8 48,8

Lehre 65,6 70,0 60,6 63,6 Meisterbrief/Techniker 85,5 87,9 71,4 79,3

Hochschulabschluss 73,1 79,3 54,8 67,3 Erwerbstätigkeit

Erwerbstätig 76,8 78,4 60,3 65,3 Nicht erwerbstätig 52,4 54,9 49,0 49,3

Nicht Erwerbstätige Student/in 62,5 70,5 81,3 72,9 Arbeitslos 52,3 50,5 52,3 45,2

Erwerbstätige Arbeiter 75,4 74,8 52,6 58,3

Facharbeiter 76,6 86,4 64,0 74,5 Angestellte 82,5 78,7 71,1 71,6

Selbstständige 71,4 77,6 42,9 56,2 Gesamt 67,6 69,8 55,1 58,3

Selbstverständlich schwankt die Zufriedenheit mit beiden Lebensbereichen erheblich zwi-

schen Erwerbstätigen und nicht Erwerbstätigen. Die Erwerbstätigen sind hier wesentlich zu-

friedener als die nicht Erwerbstätigen; vor allem bezogen auf die Berufschancen bestehen

erhebliche Differenzen. Nach beruflicher Stellung zeigt sich eine geringere Zufriedenheit bei

Arbeitern, mit der beruflichen Stellung steigt tendenziell auch die Zufriedenheit. In beiden

Bereichen sind jedoch sowohl in Deutschland als auch in NRW Selbstständige relativ unzu-

frieden.

Arbeitslose sind erwartungsgemäß unterdurchschnittlich zufrieden mit den Berufschancen

und den Weiterbildungsmöglichkeiten. Studierende zeigen eine deutlich höhere Zufrieden-

heit, die jedoch bezüglich der Berufschancen unterhalb der Zufriedenheit aller Befragten

liegt, bei den Chancen zur Aus- und Weiterbildung jedoch deutlich darüber.

Page 105: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

105

Gerade diejenigen Gruppen, die auf die Angebote zur Weiterbildung und auf gute Berufs-

chancen angewiesen sind, weil sie sonst wenig Berufs- und Aufstiegsmöglichkeiten haben,

Arbeitslose und solche ohne Berufsausbildung sind häufiger unzufrieden als die anderen

Gruppen, deren Voraussetzungen für den Arbeitsmarkt besser sind.

Tabelle 25: Zufriedenheit mit den Berufschancen und den Angeboten zur Aus- und Weiter-bildung nach Einschätzung der wirtschaftlichen Lage (Zeilenprozent)

Zufriedenheit mit Berufs-

chancen

Zufriedenheit mit Angeboten zur Aus- und Weiterbildung

NRW Deutschland NRW Deutschland Allgemeine Lage

Gut 69,3 77,3 57,4 60,6 Teils gut / teils schlecht 62,0 65,7 51,1 55,4

Schlecht 69,9 70,3 56,9 58,9 Eigene Lage

Gut 79,1 78,6 64,1 68,5 Teils gut / teils schlecht 66,1 72,2 53,2 58,5

Schlecht 59,1 55,3 49,7 47,7 Sorge um den Arbeitsplatz

Nein 83,3 83,5 60,3 69,1 Ja 70,0 71,1 57,8 57,4

Gesamt 67,6 69,8 55,1 58,3

Die Zufriedenheit mit den Aus- und Weiterbildungsangeboten und den Berufschancen steht

neben den sozioökonomischen Lebensverhältnissen der Befragten auch mit der Einschät-

zung der eigenen wirtschaftlichen Lage und der Angst vor Arbeitslosigkeit in Zusammen-

hang, die ihrerseits nicht unabhängig von der Lebenssituation sind, wie oben bereits darge-

legt wurde. Die Einschätzung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage macht sich in NRW

kaum bei der Zufriedenheit mit den Berufschancen und den Angeboten zur Aus- und Wei-

terbildung bemerkbar. Für die Befragten in Deutschland zeigt sich jedoch eine deutlich stär-

kere Zufriedenheit, wenn die allgemeine wirtschaftliche Lage als gut eingeschätzt wird. Am

geringsten ist die Zufriedenheit bei denjenigen mit einer "teil/teils"-Einstellung. Die Einschät-

zung der eigenen wirtschaftlichen Lage wirkt sich jedoch sowohl in NRW als auch deutsch-

landweit sichtbar aus: Je besser die eigene wirtschaftliche Lage eingeschätzt wird, desto zu-

friedener sind die Befragten mit den Angeboten an Aus- und Weiterbildung und mit den Be-

rufschancen. Befürchten die Befragten Arbeitslosigkeit, sind sie ebenfalls weniger zufrieden.

Insgesamt ist die strukturelle Integration der türkeistämmigen Migranten zwiespältig. Zwar

zeigen sich Verbesserungen in der Schul- und Berufsausbildung und der beruflichen Tätig-

keit bei der zweiten im Vergleich zur ersten Generation, dennoch sind diese im Vergleich zur

Page 106: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

106

Mehrheitsgesellschaft nach wie vor defizitär und verbessern sich in der Nachfolgegeneration

im Zeitvergleich nur sehr wenig. Daraus resultieren auch drastische Einkommensunter-

schiede. Auch wenn die strukturelle Integration insbesondere in den Arbeitsmarkt und damit

der Lebensstandard auf Bundesebene etwas positiver ist als in NRW, bleibt die generelle

Bewertung jedoch auch für die türkeistämmigen Migranten in Deutschland bestehen, da die

Differenzen zwischen der türkeistämmigen Bevölkerung NRW und Deutschland relativ gering

sind, zur einheimischen Bevölkerung jedoch deutlich. Dennoch nimmt der Erwerb von Wohn-

eigentum zu, was nicht nur eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, sondern auch

eine zunehmende dauerhafte Verbleibabsicht und Hinwendung zu Deutschland dokumen-

tiert. Insgesamt hat sich die wirtschaftliche Situation der Migranten in NRW objektiv und sub-

jektiv leicht verbessert.

6.4. Identifikative Integration

Die Identifikation mit dem Aufnahmeland wird von der Mehrheitsgesellschaft zumindest bei

der Nachfolgegeneration erwartet und gefordert und als markantes Zeichen der Integration

gewertet. Dies zeigt das Unverständnis, mit dem türkeistämmige Zuwanderer zuweilen kon-

frontiert wurden, die bei der zwangsläufig gestellten Gretchenfrage nach der unterstützten

Mannschaft bei der Fußball-EM die türkische nannten. Als nach dem deutschen Sieg die be-

fürchteten gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der deutschen und

der türkischen Mannschaft ausblieben und die vorher als Fans der türkischen Mannschaft

bekennenden Migranten zusammen mit den Fans der deutschen Mannschaft feierten, waren

viele Beobachter und Kommentatoren zwar erleichtert, aber auch verblüfft.116

Diese Verblüffung hat seine Wurzel in der Vorstellung, dass man nur eine eindeutig zuge-

ordnete nationale oder ethnische Identität haben kann. Man ist entweder Deutscher oder

Türke, die Positionierung muss eindeutig sein und beinhaltet implizit eine Abgrenzung zum

anderen.117 Die Idealvorstellung einer gelungenen Integration wird zumindest in der öffentli-

chen Wahrnehmung nach wie vor von dem in den 1930er Jahren in den USA entwickelten

Ansatz einer sich über drei Generationen erstreckenden kulturellen und identifikativen Assi-

milierung, verstanden als Aufgabe der Herkunftskultur und -identität zugunsten der Aufnah-

meidentität, geprägt. Die Beibehaltung der Herkunftsidentität oder die Entwicklung einer

116 So beispielsweise. RP-online, 24.06.2008 "Deutsche und türkische Fans feiern gemeinsam".,

Tagesspiegel 21.06.2008 "Deutsche und Türken fiebern gemeinsam". 117 Siehe hierzu ausführlich: Mannitz, Sabine: Die verkannte Integration. Eine Langzeitstudie un-

ter Heranwachsenden aus Immigrantenfamilien: Bielefeld 2006.

Page 107: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

107

Mischidentität wird in der deutschen Öffentlichkeit als gescheiterte Integration wahrgenom-

men.118

Der "Zwang zur Eindeutigkeit" (Schiffauer 2008), der sich auch in der Ablehnung der doppel-

ten Staatsbürgerschaft im reformierten Staatsangehörigenrecht niederschlägt, wird jedoch

nur selten der komplexen Realität der Identitätsmuster der Zuwanderer gerecht.119

Die Mehrfachintegration oder auch Mehrfachidentifikation wurde jedoch in zahlreichen Stu-

dien zur kulturellen Identität nachgewiesen.120 Die Identifikation mit der Herkunftskultur, die

insbesondere über das Elternhaus vermittelt wird, aber auch durch die Fremdzuschreibung

gefestigt werden kann,121 muss dabei nicht automatisch mit dem Wunsch nach Abgrenzung

von der Aufnahmegesellschaft, deren Werte in erster Linie durch die Sozialisationsinstanzen

vermittelt werden, verbunden sein. Möglich ist durchaus, dass Individuen sich mit beiden Kul-

turen identifizieren und je nach Lebenssituation zwischen den Kultursystemen wechseln.

Insbesondere die qualitative Forschung belegt die Existenz einer bikulturellen Identitäts-

transformation, die dem Zwang des "Entweder – oder" ein "Sowohl als auch" entgegen-

setzt.122

Auch die Untersuchungen dieser Reihe in NRW aus den Jahren 2001 und 2004, in denen

die kulturelle Identität ausführlicher behandelt wurde, zeigt insgesamt ein ambivalentes Bild.

Zwar fühlt sich die Mehrheit inzwischen zumindest auch in Deutschland heimisch, Migranten

118 So Badawia, Tarek/Hamburger, Franz/Hummrich, Merle (Hrsg.): Wider die Ethnisierung einer

Generation. Beiträge zur qualitativen Migrationsforschung. Frankfurt a. M./London 2003. 119 Vgl. Schiffauer, Werner: Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesell-

schaft? Für eine kluge Politik der Differenz. Bielefeld 2008. S. 93ff. 120 So beispielsweise bei Öztoprak, Ümit: Identitäts- und Akkulturationsstile türkischer Jugendli-

cher. Frankfurt a.M. 2007; Badawia, Tarek/Hamburger, Franz/Hummrich, Merle (Hrsg.): Wider die Ethnisierung einer Generation. Beiträge zur qualitativen Migrationsforschung. Frankfurt a. M./London 2003; Tietze, Nikola: Islamische Identitäten. Formen muslimischer Religiosität jun-ger Männer in Deutschland und Frankreich. Hamburg 2001; Bukow, Wolf Dietrich: Ethnisie-rung der Lebensführung. In: Apitzsch, Ursula (Hrsg.): Migration und Traditionsbildung. Opla-den/Wiesbaden 1999; Keupp, Heiner/ Ahbe, Thomas/Gmür, Wolfgang/Höfer, Rena-te/Mitzscherlich, Beate/Kraus, Wolfgang/Straus, Florian: Identitätskonstruktionen. Das Patch-work der Identitäten in der Spätmoderne. Hamburg 1999; Hämmig, Oliver: Zwischen zwei Kul-turen. Spannungen, Konflikte und ihre Bewältigung bei der zweiten Ausländergeneration. Opladen 2000; Weidacher, Alois (Hrsg.): In Deutschland zu Hause. Politische Orientierungen griechischer, italienischer, türkischer und deutscher junger Erwachsener im Vergleich - DJI-Ausländersurvey. Opladen 2000; Sackmann, Rosemarie/Schultz, Tanjev/Prümm, Kath-rin/Peters, Bernhard: Kollektive Identitäten: Selbstverortungen türkischer MigrantInnen und ih-rer Kinder. Frankfurt am Main 2005; Reiff, Gesa: Identitätskonstruktionen in Deutschland le-bender Türken der 2. Generation. Stuttgart 2006.

121 In diesem Sinn Badawia, Tarek/Hamburger, Franz/Hummrich, Merle (Hrsg.): Wider die Ethni-sierung einer Generation. Beiträge zur qualitativen Migrationsforschung. Frankfurt a. M./London 2003.

122 Hierzu Schiffauer, Werner: Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Ge-sellschaft? Für eine kluge Politik der Differenz. Bielefeld 2008. S. 93ff.

Page 108: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

108

der zweiten und dritten Generation noch häufiger als diejenigen der ersten. Doch bleibt die

Verbundenheit mit der Türkei neben der Verbundenheit mit Deutschland auch in der Nach-

folgegeneration bestehen, ohne dass man sich von der Mehrheitsgesellschaft abgrenzen

möchte.123

6.4.1. Rückkehrabsicht und Heimatverbundenheit

Die Option zur Rückkehr und die Verbundenheit mit der Türkei waren und sind wichtige

Rahmenbedingungen der gesamten Lebenseinstellung der türkeistämmigen Migranten und

resultieren aus der spezifischen Migrationsgeschichte der ehemaligen Gastarbeiternationali-

täten, die sich auf die Nachfolgegenerationen übertragen haben. Die Bekundung der Rück-

kehrabsicht sagt jedoch eher etwas über das Zugehörigkeitsgefühl zu Deutschland sowie

über die Bewertung der Zukunftsperspektiven in Deutschland aus als über tatsächlich ge-

plante Handlungen. Das Türkeibild insbesondere der Nachfolgegeneration ist eine Mischung

aus Urlaubseindrücken, Vermittlung aus zweiter Hand und Fremdinterpretation, woraus sich

eine "phantasmatische" und idealisierte Vorstellung von der Türkei bilden kann.124 Den

Traum von einem Leben in einer – im Vergleich zum Leben als Zuwanderer in Deutschland -

besseren Welt, in der man nicht als "Fremder" oder "Ausländer" diskriminiert wird, möchten

und können viele nicht gänzlich aufgeben. Die Abwanderungszahlen zeigen jedoch, dass nur

wenige tatsächlich in die Türkei zurückkehren, im Jahr 2006 waren es in NRW rund 9.000,125

für Gesamtdeutschland rund 33.000.126

In NRW planen 59% der türkeistämmigen Migranten nicht (mehr), in die Türkei zu (re-

)migrieren. Ein Drittel hält sich die Rückkehroption offen und 7% haben sich noch nicht ent-

schieden. Doch empfinden deutlich mehr Befragte die Türkei als Heimat (36%) als Deutsch-

land (23%). Dabei überwiegt die Verbundenheit mit beiden Ländern gleichzeitig die alleinige

Verbundenheit mit Deutschland: 35% sehen sowohl Deutschland als auch die Türkei als

123 Siehe Sauer, Martina: Kulturelle Integration, Deprivation und Segregationstendenzen türki-

scher Migranten in Nordrhein-Westfalen. In: Goldberg, Andreas/Halm, Dirk/Sauer, Martina (Hrsg.): Migrationsbericht der Stiftung Zentrum für Türkeistudien 2003. Münster 2003, S. 63-139.

124 Vgl. Schiffauer, Werner: Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Ge-sellschaft? Für eine kluge Politik der Differenz. Bielefeld 2008. S. 98.

125 Quelle: Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 93.

126 Quelle: Statistisches Bundesamt: Bevölkerung und Erwerbstätigkeit – Wanderungen – Fach-serien 1, Reihe 1.2.. Wiesbaden 2007, Tab. 3..2.

Page 109: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

109

Heimat an. Somit sehen sich 58% der türkeistämmigen Migranten in NRW zumindest auch

mit Deutschland heimatlich verbunden.

Abbildung 21: Rückkehrabsicht und Heimatverbundenheit (Prozentwerte)

33,6

58,7

7,1

39,9

51,9

7,8

0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%

100%

NRW Deutschland

Rückkehrabsicht

Ja Nein Weiß nicht

35,7

23,1

34,8

5,1

39,1

22,9

31,1

5,5

0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%

100%

NRW Deutschland

Heimatverbundenheit

Der Türkei Deutschland Beiden Ländern Keinem der beiden Länder

Page 110: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

110

In Deutschland halten sich mit 40% mehr türkeistämmige Migranten die Rückkehroption of-

fen als in NRW, 52% und damit 7 Prozentpunkte weniger als in NRW haben sich entschie-

den, endgültig in Deutschland zu bleiben. Auch die Heimatverbundenheit zeigt bundesweit

eine etwas stärkere Türkeiorientierung als in NRW: So sehen 39% ausschließlich die Türkei

als Heimat (NRW 36%), allerdings sehen ebenso viele wie in NRW (23%) nur Deutschland

als Heimat an, wobei auch hier die Verbundenheit nur mit der Türkei die Verbundenheit nur

mit Deutschland überwiegt. Auch die Verbundenheit mit beiden Ländern ist bundesweit

(31%) etwas geringer ausgeprägt als in NRW (35%), so dass sich in Deutschland 54% und

damit 4 Prozentpunkte weniger Befragte, jedoch immer noch die Mehrheit, zumindest auch

mit Deutschland verbunden fühlen.

Die Rückkehrabsicht schwankt im NRW-Zeitvergleich, ist aber in den letzten Jahren relativ

stabil: Zwischen 1999 und 2001 sank der Anteil derjenigen, die sich die Option der Rückkehr

offen lassen, zwischen 2002 und 2004 stieg er leicht, ist jedoch seit 2004 nahezu gleich

geblieben. Der Anteil derjenigen mit fester Bleibeabsicht sank zwischen 2001 und 2004, und

ist seit 2005 nach einem leichten Anstieg ebenfalls nahezu gleich bleibend. Zugleich sank

der Anteil der Unentschlossenen seit 2003 geringfügig.

Abbildung 22: Rückkehrabsicht 1999 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

JaNeinWeiß noch nicht

Die Heimatverbundenheit zeigt deutlichere Veränderungen im Zeitverlauf. Zwischen den

Jahren 2000 und 2005 nahm die Türkeiverbundenheit kontinuierlich zu. 2006 ebenso wie

2008 ist sie jedoch um 3 bzw. 2 Prozentpunkte zurückgegangen. Der Anteil der nur mit

Deutschland Verbundenen schwankt von Jahr zu Jahr, stieg zunächst 2001 deutlich, das

Page 111: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

111

Niveau hielt sich bis 2004, sank aber 2005 deutlich und 2006 leicht ab. In diesem Jahr ist sie

wiederum geringfügig gestiegen. Die Verbundenheit mit beiden Ländern verlief bis 2006

spiegelbildlich zur Verbundenheit mit Deutschland. Offenbar schwanken viele Befragte nicht

so sehr darin, sich entweder nur mit Deutschland oder nur mit der Türkei verbunden zu füh-

len, sondern eher darin, wie stark man sich mit Deutschland (nur oder auch) verbunden fühlt.

Summiert man die Verbundenheit mit Deutschland und mit beiden Ländern und wertet sie als

auch mit Deutschland verbunden, kann man seit dem Jahr 2000 einen leichten, aber kontinu-

ierlichen Rückgang bis 2005 feststellen, der dem Zuwachs der Türkeiverbundenen ent-

spricht. 2008 ist jedoch eine Steigerung festzustellen, die den Rückgang der Türkeiverbun-

denheit übertrifft. Dies liegt vor allem daran, dass auch der Anteil derjenigen, die sich mit

keinem Land verbunden fühlen und der zwar gering, aber stetig bis 2006 gewachsen war,

2008 erfreulicherweise deutlich geringer ist.

Abbildung 23: Heimatverbundenheit 1999 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Türkei

Deutschland

Beide Länder

Keinem der beiden Länder

Auch mit Deutschlandverbunden

Naturgemäß hängen Heimatverbundenheit und Rückkehrabsicht eng zusammen. Von den-

jenigen NRW-Befragten, die sich mit der Türkei verbunden fühlen, neigen 51% zur Rückkehr,

von den mit Deutschland Verbundenen haben 82% eine feste Bleibeabsicht, nur für 11%

kommt eine Rückkehr in Betracht. Von denjenigen, die sich mit beiden Ländern verbunden

fühlen, halten sich 30% die Rückkehroption offen, 60% haben sich jedoch zum Verbleib in

Deutschland entschieden.

Zwar zeigt sich auch bundesweit der Zusammenhang von Rückkehrabsicht und Heimatver-

bundenheit, doch ist die Rückkehrabsicht der Deutschlandverbundenen mit 25% höher als in

Page 112: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

112

NRW. Auch die Türkeiverbundenen planen auf Bundesebene häufiger eine Rückkehr als in

NRW.

Tabelle 26: Rückkehrabsicht nach Heimatverbundenheit (Zeilenprozent)

Rückkehr Keine Rückkehr

Weiß nicht

NRW Heimatverbundenheit

Türkei 50,7 43,7 5,3 Deutschland 11,3 82,3 6,5

Beide Länder 29,6 60,1 9,2 Keinem der beiden Länder 45,1 51,0 3,9

Gesamt 33,6 58,7 7,1 Deutschland Heimatverbundenheit

Türkei 56,5 36,1 7,4 Deutschland 24,5 69,0 6,6

Beide Länder 31,0 59,4 9,0 Keinem der beiden Länder 38,2 50,9 10,9

Gesamt 38,9 51,9 7,8

Es wurde bereits oben vermutet, dass sich in der Rückkehrabsicht und in der Heimatverbun-

denheit auch die wahrgenommenen Lebensverhältnisse in Deutschland widerspiegeln. Ist

man mit seinen Lebensbedingungen zufrieden und sieht die wirtschaftliche Situation positiv,

fühlt man sich wahrscheinlich eher in Deutschland heimisch und möchte auch eher hier blei-

ben, als wenn man mit seinem Leben unzufrieden ist und die Lage negativ einschätzt. Ob

aber beispielsweise die Verbundenheit mit Deutschland aufgrund der Lebenszufriedenheit

besteht, oder ob man mit seinem Leben zufrieden ist, weil man sich inzwischen hier heimisch

fühlt, kann hier nicht bestimmt werden. Auszugehen ist davon, dass sich die beiden Faktoren

wechselseitig beeinflussen. Der Vergleich zwischen NRW und Deutschland weist jedoch

darauf hin, dass die Zusammenhänge nicht so einfach sind, da der Lebensstandard der tür-

keistämmigen Migranten in Deutschland und ihre Zufriedenheit mit der eigenen wirtschaftli-

chen Lage etwas höher ist als in NRW, sie jedoch dennoch häufiger die Rückkehroption und

Heimatverbundenheit mit der Türkei angeben.

Die Vermutung bestätigt sich zwar durch die Daten, der Zusammenhang ist jedoch nicht sehr

intensiv ausgeprägt: Betrachtet man die Rückkehrabsicht und die Heimatverbundenheit im

Zusammenhang mit der Zufriedenheit mit den Lebensumständen in verschiedenen Berei-

chen, beabsichtigen diejenigen, die zufrieden sind, leicht unterdurchschnittlich häufig eine

Rückkehr in die Türkei und hegen leicht überdurchschnittlich häufig die Absicht, in Deutsch-

Page 113: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

113

land zu bleiben. Vor allem die Zufriedenheit mit den Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbil-

dung schlägt sich hier nieder. Auch bezüglich der Heimatverbundenheit zeigen Befragte, die

mit ihren Lebensumständen zufrieden sind, leicht überdurchschnittliche Neigungen, sich

mindestens auch in Deutschland heimisch zu fühlen. Dies gilt in erster Linie für NRW, in

Deutschland sind zwar ähnliche Differenzen sichtbar, doch noch abgeschwächter als in

NRW.

Tabelle 27: Rückkehrabsicht und Heimatverbundenheit nach Zufriedenheit in verschiedenen Lebensbereichen und Einschätzung der wirtschaftlichen Situation

(Zeilenprozent) Rückkehr-

absicht Heimatverbundenheit

Ja Nein Türkei Deutsch-land

Beide Länder

NRW Zufriedenheit

Wohnverhältnisse 31,9 60,5 34,7 22,9 36,2 Berufschancen 32,4 59,7 32,4 26,3 35,2

Aus- und Weiterbildung 30,7 61,1 29,3 31,0 34,5 Soziales Umfeld 31,7 60,8 35,0 24,1 35,5

Positive Einschätzung Allgemeine wirtschaftliche Lage 30,8 59,3 35,2 29,7 30,8

Eigene wirtschaftliche Lage 27,8 63,9 33,8 25,0 37,0 Arbeitsplatzsicherheit 32,1 60,3 34,5 21,8 39,7

Gesamt 33,6 58,7 35,7 23,1 34,8 Deutschland Zufriedenheit

Wohnverhältnisse 38,3 53,8 37,4 23,8 32,5 Berufschancen 38,2 53,3 33,5 27,1 31,6

Aus- und Weiterbildung 40,4 51,2 32,2 28,6 32,5 Soziales Umfeld 39,0 53,3 36,2 24,0 33,3

Positive Einschätzung Allgemeine wirtschaftliche Lage 39,3 53,9 37,5 29,5 27,3

Eigene wirtschaftliche Lage 36,8 55,0 38,4 24,7 31,5 Arbeitsplatzsicherheit 41,4 51,3 35,5 23,8 34,8

Gesamt 38,9 51,9 39,1 22,9 31,1 * Fehlend zu 100%: "Weiß nicht" oder "keine Angabe"

Auch die positive Einschätzung insbesondere der eigenen wirtschaftlichen Lage und der Ar-

beitsplatzsicherheit wirkt sich sowohl auf die Rückkehrabsicht als auch auf die Heimatver-

bundenheit aus: Diejenigen, die ihre eigene Lage als positiv einschätzen und sich keine Sor-

gen machen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, haben häufiger die feste Absicht, in Deutsch-

land zu bleiben und fühlen sich überdurchschnittlich häufig auch mit Deutschland verbunden.

Page 114: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

114

Diese Zusammenhänge gelten in erster Linie für NRW, in Deutschland sind zwar ähnliche

Differenzen sichtbar, doch noch abgeschwächter als in NRW. Insbesondere die Arbeitsplatz-

sicherheit hat hier nur wenig Einfluss.

Doch neben der Zufriedenheit und der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage wirken sich

auch soziodemographische Merkmale der Befragten aus, "objektive" wirtschaftliche Merkma-

le machen sich jedoch nur wenig bemerkbar:

Tabelle 28: Rückkehrabsicht und Heimatverbundenheit nach soziodemographischen Merkmalen - nur NRW (Zeilenprozent)

Rückkehr-absicht

Heimatverbundenheit

Ja Türkei Deutsch- land

Beide

Geschlecht Männlich 35,3 37,0 20,3 35,7Weiblich 31,8 34,3 26,1 33,9

Alter 18 bis 29 Jahre 26,9 31,2 30,3 32,130 bis 44 Jahre 38,3 35,6 22,4 35,245 bis 59 Jahre 33,5 37,6 20,8 35,8

60 Jahre und älter 27,3 42,7 14,5 37,3Aufenthaltsdauer

bis 3 Jahre 37,5 56,3 25,0 6,34 bis 9 Jahre 37,1 57,1 14,3 22,9

10 bis 19 Jahre 35,8 36,2 22,2 34,220 und mehr Jahre 32,3 32,7 24,4 37,0

Zuwanderungsgrund Gastarbeiter 27,1 44,1 14,4 38,1

Familiennachzug als Ehepartner 36,1 44,6 17,9 30,8Familiennachzug als Kind 37,3 33,1 24,2 36,5

Hier geboren 28,7 23,1 32,3 37,5Generationszugehörigkeit

Erste Generation 28,0 40,7 15,9 39,7Nachfolgegeneration 33,1 28,2 28,2 37,0

Heiratsmigranten 37,8 47,0 17,8 27,8Berufliche Stellung

Arbeiter/Facharbeiter 34,4 34,8 25,4 33,1Angestellte 37,4 31,3 25,3 35,4

Selbstständige 37,1 45,7 20,0 31,4Einkommen

Unter 1.000 € 27,6 38,8 27,6 28,61.000 € bis unter 2.000 € 34,1 37,2 20,6 34,42.000 € bis unter 3.000 € 33,2 30,6 26,7 34,1

3.000 € und mehr 38,9 31,5 23,1 39,8Gesamt 33,6 35,7 23,1 34,8

* Fehlend zu 100%: "Weiß nicht" oder "keine Angabe"

Page 115: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

115

Frauen halten sich seltener die Rückkehroption offen als Männer, sie fühlen sich auch selte-

ner mit der Türkei und häufiger mit Deutschland verbunden.

Es zeigt sich kein linearer Alterszusammenhang zur Rückkehrabsicht, sowohl die jüngste als

auch die älteste Gruppe verfolgt diese seltener als die mittleren Altersgruppen. Möglicher-

weise hängt die geringe Rückkehrneigung der Älteren damit zusammen, dass ältere Migran-

ten die Entscheidung zur Rückkehr schon getroffen haben bzw. sich bereits für das Bleiben

entschieden haben. Bei jüngeren Migranten liegt diese Entscheidung noch in der Zukunft, für

die man sich alle Optionen offen hält. Die Heimatverbundenheit differiert jedoch deutlich

nach Altersgruppen: Der Anteil der Türkeiverbundenen steigt mit dem Alter, die alleinige

Verbundenheit mit Deutschland sinkt. Allerdings unterscheiden sich die Altersgruppen nur

wenig nach der Verbundenheit mit beiden Ländern. Ältere Migranten fühlen sich zwar selten

nur, aber dafür häufiger auch mit Deutschland verbunden als jüngere. Die Aufenthaltsdauer

wirkt sich nur wenig auf die Rückkehrabsicht, jedoch deutlich auf die Heimatverbundenheit

aus. Je länger die Befragten in Deutschland leben, desto seltener halten sie sich die Rück-

kehr offen und desto häufiger fühlen sie sich mit Deutschland oder mit beiden Ländern ver-

bunden. Bei einem Aufenthalt bis zu 9 Jahren überwiegt jedoch die Türkeiverbundenheit

deutlich.

Der Zuwanderungsgrund zeigt unerwartete Zusammenhänge: Ehemalige Gastarbeiterinnen

und -arbeiter halten sich die Rückkehr ebenso unterdurchschnittlich häufig offen wie die hier

Geborenen, überdurchschnittlich sind die Heiratsmigranten und die als Kinder nachgezoge-

nen Zuwanderer unter den Rückkehrwilligen vertreten. Möglicherweise liegt dies ebenfalls

wie beim Alterszusammenhang daran, dass die ehemaligen Gastarbeiter ihre Entscheidung

für Rückkehr oder Bleiben bereits getroffen haben bzw. zurückgekehrt sind. Dennoch fühlen

sich Gastarbeiter ebenso wie die als Ehepartner nachgereisten Zuwanderer sehr viel häufi-

ger mit der Türkei verbunden als die hier aufgewachsenen Migranten, zugleich empfinden

sie aber in gleich hohem Maß wie die hier Geborenen beide Länder als Heimat.

Die Generationszugehörigkeit macht deutlicher als der Alterszusammenhang, dass insbe-

sondere Heiratsmigranten der zweiten Generation häufiger Rückkehrabsichten hegen als

Angehörige der Nachfolgegeneration und vor allem der ersten Generation, die am seltensten

die Absicht auf Rückkehr äußert. Die Heimatverbundenheit dokumentiert jedoch eine deutli-

chere Deutschlandorientierung der Nachfolgegeneration im Vergleich zur ersten Generation

und der Heiratsmigranten. Erstgenerationszugehörige fühlen sich jedoch sehr häufig beiden

Ländern verbunden. Dies gilt für die Heiratsmigranten der zweiten Generation in weit gerin-

gerem Maß.

Page 116: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

116

Die soziale Lage wirkt sich auf die Identität nur gering, aber eher unerwartet aus: Die Rück-

kehrabsicht von Selbstständigen und Angestellten ist höher als die von Arbeitern. Zu vermu-

ten wäre hier ein umgekehrter Zusammenhang. Zugleich fühlen sich insbesondere Selbst-

ständige überdurchschnittlich häufig mit der Türkei und seltener mit Deutschland verbunden

als Arbeiter und Facharbeiter. Eindeutiger ist der Zusammenhang zum Einkommen: Je höher

das Einkommen, desto seltener besteht die Absicht auf Rückkehr und desto häufiger fühlen

sich die Befragten auch mit Deutschland verbunden.

Auch hier zeigen sich die nur für NRW dargestellten Zusammenhänge auch für die türkei-

stämmigen Migranten in Gesamtdeutschland. Nennenswerte Abweichungen bestehen nicht.

Somit wird deutlich, dass vor allem die mentalen Dispositionen aufgrund des Einreisegrunds,

der Zuwanderergeneration und des Alters in Zusammenhang mit der Rückkehrabsicht und

der Heimatverbundenheit stehen und sich wesentlich auf die Identifikation mit Deutschland

auswirken.

6.4.2. Staatsbürgerschaft und Einbürgerungsabsicht

Die Einbürgerung bedeutet für die türkeistämmigen Migranten die rechtliche und politische

Gleichstellung mit der Mehrheitsbevölkerung. Doch ist umstritten, ob die Einbürgerung ein

Meilenstein auf dem Weg der Integration oder der Endpunkt der Integration ist.127 Die nord-

rhein-westfälische Landesregierung sieht in der Einbürgerung möglichst vieler Migranten ei-

nen bedeutenden Schritt im Integrationsprozess und hat in ihrem Aktionsplan eine Kampag-

ne zur Motivierung ausländischer Staatsbürger zur Einbürgerung angekündigt,128 die im

Herbst 2008 gestartet wurde.

Durch die Reform des Staatsangehörigengesetzes aus dem Jahr 2000 wurde der Kreis der

Einbürgerungsberechtigten zwar deutlich erweitert, die Reform setzte ein wichtiges Signal

zur Akzeptanz der Einwanderungsgesellschaft in Deutschland. Doch durch den Ausschluss

der Doppelstaatsbürgerschaft wurde das eigentliche Ziel, als Mittel der Integration zu fungie-

127 Zu dieser Diskussion vgl. Schiffauer, Werner: Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens

braucht unsere Gesellschaft? Für eine kluge Politik der Differenz. Bielefeld 2008. S. 99. In der medienwirksam vorgestellten Integrationsstudie des Berlin-Instituts wird der Anteil der Eingebürgerten der verschiedenen Migrantengruppen zusammen mit dem Anteil der bikultu-rellen Ehen als Maßstab des Grades der Assimilation, der wiederum einer der acht verwen-deten Indikatoren der Integration insgesamt bildet, verwendet. Vgl. Woellert, Fran-ziska/Kröhmer, Steffen/Sippel, Lilli/Klingholz, Reiner: Ungenutzte Potenziale. Zur Lage der In-tegration in Deutschland. Hrsgg. vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Berlin 2009, S.34.

128 Vgl. Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 54.

Page 117: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

117

ren, verfehlt, denn die Einbürgerungswilligen müssen sich emotional und mental eindeutig

positionieren, das Gesetz zwingt sie zu einer Entscheidung zwischen der türkischen und

deutschen Identität. Zudem schreckt der 2008 flächendeckend eingeführte Einbürgerungs-

test viele ab, die darin ein Zeichen sehen, die Hürden zur Einbürgerung wieder höher zu le-

gen und Einbürgerung als Endpunkt der Integration zu begreifen.

In der Befragung des Jahres 2006 wurden die Gründe erhoben, die aus Sicht der Einbürge-

rungsunwilligen gegen die Einbürgerung sprechen. Mehr als die Hälfte (56%) gab an, gene-

rell aus emotionalen Gründen die türkische Staatsbürgerschaft nicht aufgeben zu wollen. Bei

dieser Gruppe hätte die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft die Bedenken sicher

deutlich verringern können, denn nur 15% nannten als Grund für die Nichteinbürgerung, sich

nicht als Deutsche oder Deutscher zu fühlen. 129

Tabelle 29: Einbürgerungen türkischer Migranten 1992 bis 2007 NRW Deutschland Jahr Einbürgerungen

türkischer Staatsbürger

Veränderungen gegenüber dem

Vorjahr

Einbürgerungen türkischer

Staatsbürger

Veränderungen gegenüber dem

Vorjahr Bis 1992* ca. 10.000 - 22.368**

1993 3.165 - 12.915 75% 1994 6.123 +93% 19.590 52% 1995 10.473 +71% 31.578 61% 1996 16.433 +57% 46.294 47% 1997 15.051 -8% 42.240 -9% 1998 21.947 +46% 59.664 41% 1999 40.893 +86% 103.900 57% 2000 31.661 -23% 82.861 -16% 2001 29.143 -8% 76 573 -9% 2002 23.573 -19% 64.631 -14% 2003 20.029 -15% 56.244 -13% 2004 16.058 -20% 44.465 -21% 2005 11.930 -26% 32.661 -27% 2006 11.484 -4% 33.388 3% 2007 10.259 -11% 28.861 -14%

Insgesamt ca. 278.000 - 761.385 - Quelle: NRW: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik, Berechnungen des Zentrums für

Türkeistudien, * Zahlen geschätzt auf Basis der bundesweiten Zahlen. Deutschland: Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Reihe 2.1. Bevölkerung und Erwerbstätigkeit,

Einbürgerung, Stand Ende 2007, Wiesbaden 2008 ** Summierte Zahl der Einbürgerungen 1972 bis 1992

129 Siehe Sauer, Martina: Perspektiven des Zusammenlebens. Die Integration türkischstämmiger

Migranten in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse der achten Mehrthemenbefragung. Es-sen/Düsseldorf 2007.

Page 118: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

118

In NRW wurden im Jahr 2007 10.259 türkische Staatsbürger eingebürgert, deutschlandweit

waren es 2007 28.861 Personen.130 Die Anzahl der Einbürgerungen türkischer Migranten

stieg von 1993131 bis 1996 sprunghaft an und nahm dann 1997 leicht ab. Von 1997 an ist

wieder ein starker Anstieg festzustellen, mit einem Höchststand im Jahr 1999. Seit dem Jahr

2000 und damit mit der Einführung des neuen Staatsangehörigengesetzes ist jedoch ein

zum Teil deutlicher Rückgang der Einbürgerungen zu verzeichnen, der 2005 am stärksten

war (-26% bzw. -27%), und 2007 -11% bzw. -14% betrug. Das neue Einbürgerungsgesetz

hat nicht zu dem erwarteten Einbürgerungsboom geführt. Dennoch steigt natürlich die Zahl

der Eingebürgerten und ihr Anteil an der gesamten türkeistämmigen Bevölkerung.

Summiert man die jährlichen Einbürgerungszahlen, ergeben sich bis Ende 2007 in Nord-

rhein-Westfalen rund 278.000 türkeistämmige Eingebürgerte, bundesweit ergeben sich so

rund 761.000 eingebürgerte Türkeistämmige.132 Zu diesen Zahlen müssen jedoch noch die

jährlich rund 15.000 Kinder türkeistämmiger Eltern in NRW und rund 35.000 Kinder bundes-

weit summiert werden, die in NRW bzw. in Deutschland geboren werden und die seit dem

Jahr 2000 automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten und nicht in die Einbürge-

rungsstatistik einfließen – bis 2007 rund 120.000 in NRW und rund 280.000 deutschlandweit.

Somit summiert sich nach dieser Berechnung die Zahl der deutschen Staatsbürger türkischer

Herkunft in NRW Ende 2007 auf 398.000 und bundesweit auf 1.041.400. Allerdings weist der

Integrationsbericht der Landesregierung auf Basis des Mikrozensus 2006 nur eine Zahl von

221.000 eingebürgerten ehemaligen Türkinnen und Türken133 aus – also rund 57.000 weni-

ger als die Summierung der Einbürgerungszahlen ergibt.134 Der Mikrozensus 2007 weist

bundesweit 538.000 eingebürgerte Türkeistämmige auf, explizit ohne Personen, die Deut-

sche aufgrund der Geburt sind – knapp die Hälfte der summierten Einbürgerungszahl. Sum-

miert man die im Mikrozensus ausgewiesene Zahl der türkischen Staatsbürger und der Ein-

gebürgerten, kommt man auf 2.398.000 Personen, zur Gesamtzahl dort ausgewiesener tür-

keistämmiger Migranten fehlen 129.000 Personen.

130 Quelle: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik (LDS) des Landes Nordrhein-

Westfalen, Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Reihe 2.1. Bevölkerung und Erwerbstätig-keit, Einbürgerung, Stand Ende 2007, Wiesbaden 2008

131 Frühere Daten lagen beim Statistischen Landesamt nicht vor. Quelle: Landesamt für Daten-verarbeitung und Statistik des Landes Nordrhein-Westfalen, Fax auf Anfrage vom 20.02.2001.

132 Allerdings beruhen die Zahlen bis 1992 auf Hochrechnungen auf der Basis bundesweiter Zah-len, da das LDS bis dahin keine eigenen Statistiken nach früherer Staatsangehörigkeit geführt hat.

133 Hier explizit ohne die von türkischen Eltern geborenen Kinder, die per Geburt Deutsche sind. 134 Quelle: Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-

Westfalen: Nordrhein-Westfalen: Land der neuen Integrationschancen. 1. Integrationsbericht der Landesregierung. Düsseldorf 2008, S. 80f.

Page 119: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

119

Mehr als ein Drittel der erwachsenen Befragten (NRW 37%, Deutschland 34%) besitzen die

deutsche Staatsangehörigkeit, darunter 5% bzw. 6% zusätzlich die türkische. 63% bzw. 65%

sind türkische Staatsbürger.

Abbildung 24: Staatsangehörigkeit (Prozentwerte)

37,0

63,0

34,2

65,3

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

NRW Deutschland

Deutsch Türkisch

Der Zeitvergleich in NRW lässt erkennen, dass der Anteil der türkischen Staatsbürger stetig

zurückgeht und der Anteil Eingebürgerter entsprechend steigt, seit 2002 jedoch in geringeren

Größen als zuvor; inzwischen ist die Kurve deutlich abgeflacht, im Vergleich zu 2006 hat sich

2008 keine Veränderung ergeben. Dennoch hat sich der Anteil der deutschen Staatsbürger

seit 1999 von 16% auf 37% mehr als verdoppelt, rechnet man die Doppelstaatsbürger hinzu.

Page 120: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

120

Abbildung 25: Staatsangehörigkeit 1999 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

DeutschTürkisch

Türkeistämmige Frauen sind etwas häufiger deutsche Staatsbürger als Männer. Die einge-

bürgerten türkeistämmigen Migranten sind mit 38 Jahren in NRW und 37 Jahren deutsch-

landweit im Durchschnitt jünger als die türkischen Staatsbürger mit 41 Jahren in NRW und

mit 42 Jahren deutschlandweit. Im Altersgruppenvergleich kann man eine Abnahme des An-

teils deutscher Staatsbürger bei höherem Alter erkennen. Dabei sind deutschlandweit die

Differenzen zwischen den Altersgruppen noch stärker ausgeprägt als in NRW.

Ein wichtiger Faktor für die Einbürgerung ist die Aufenthaltsdauer, nicht zuletzt aufgrund der

rechtlichen Bestimmungen, die auch früher eine gewisse Dauer des Aufenthaltes (bis 1999

15 Jahre, seit 2000 acht Jahre) voraussetzt. Die Migranten mit deutscher Staatsangehörig-

keit sowohl in NRW als auch in Deutschland leben im Durchschnitt seit 27 Jahren in

Deutschland, die türkischen Staatsbürger seit 24 Jahren. Mit zunehmender Aufenthaltsdauer

wird der Anteil der Eingebürgerten deutlich höher.

Deutliche Zusammenhänge zeigen sich auch beim Zuwanderungsgrund. So sind lediglich

24% in NRW und 21% deutschlandweit der ehemaligen Gastarbeiterinnen und -arbeiter und

sogar nur 18% in NRW und 19% deutschlandweit der als Ehepartner Nachgereisten Deut-

sche, in NRW jedoch knapp die Hälfte (47%) und bundesweit 40% der als Kind im Zuge der

Familienzusammenführung Eingereisten und mehr als die Hälfte (NRW 54%, bundesweit

59%) der hier Geborenen. Betrachtet man die objektive Generationszugehörigkeit, wird auch

hier der Unterschied deutlich: Unter den Angehörigen der ersten Generation finden sich nur

knapp ein Viertel in NRW und ein Fünftel bundesweit mit deutscher Staatsbürgerschaft, unter

Page 121: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

121

den Angehörigen der zweiten Generation sind es die Hälfte (NRW 50%, deutschlandweit

48%). Unter den Heiratsmigranten der zweiten Generation finden sich hingegen in NRW nur

18% und deutschlandweit 19% deutsche Staatsbürger.

Tabelle 30: Deutsche Staatsangehörigkeit nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)

Deutsche Staatsbürgerschaft

NRW Deutschland Geschlecht

Männlich 35,1 33,8 Weiblich 39,0 34,6

Altersgruppen Unter 30 Jahre 39,7 45,5 30 bis 44 Jahre 40,2 33,6 45 bis 59 Jahre 32,9 34,0

60 Jahre und älter 23,6 15,4 Mittelwert in Jahren 37,6 37,1 Aufenthaltsdauer

Bis 3 Jahre 0 - 4 bis 9 Jahre 1,4 4,9

10 bis 19 Jahre 33,9 29,8 20 und mehr Jahre 42,9 39,0

Mittelwert in Jahren 27,1 26,6 Zuwanderungsgrund

Gastarbeiter 23,7 20,9 Familienzusammenführung als Ehepartner/in 19,1 18,6

Familienzusammenführung als Kind 46,9 39,8 In Deutschland geboren 53,8 58,8

Generation Erste Generation 23,8 20,5

Nachfolgegeneration 50,3 48,1 Heiratsmigranten 17,8 18,6

Gesamt 37,0 34,2 * Einschließlich Doppelstaatsbürger

Hier wirkt neben den rechtlichen Bestimmungen die mentale Disposition; das Gefühl der Zu-

gehörigkeit war bei Gastarbeitern lange Zeit von der mittelfristigen Rückkehrabsicht über-

wölbt, bei den hier Geborenen oder Aufgewachsenen jedoch eher von einem dauerhaften

Verbleib im Geburtsland.

Bei der Entscheidung, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen und die türkische auf-

zugeben, spielen auch Heimatverbundenheit und Rückkehrabsicht eine Rolle: Befragte mit

Rückkehrabsicht sind etwas seltener deutsche Staatsbürger als Befragte ohne Rückkehr-

Page 122: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

122

absicht. Der doch eher geringe Unterschied weist tatsächlich darauf hin, dass es sich bei der

Rückkehrabsicht eher um eine Offenhaltung von Optionen als um konkrete Pläne handelt.

Tabelle 31: Deutsche Staatsangehörigkeit nach Rückkehrabsicht und Heimatverbundenheit (Zeilenprozent)

Deutsche Staatsbürgerschaft NRW Deutschland

Rückkehrabsicht Ja 30,7 27,1

Nein 40,5 40,3 Heimatverbundenheit

Türkei 28,6 24,3 Deutschland 48,1 43,0

Beide Länder 38,5 40,0 Gesamt 37,0 34,2

* Einschließlich Doppelstaatsbürger

Die Heimatverbundenheit steht jedoch in einem viel deutlicheren Zusammenhang mit der

Staatsbürgerschaft: Migranten, die sich in erster Linie mit der Türkei verbunden fühlen, sind

deutlich seltener deutsche Staatsbürger als Befragte, die sich mit Deutschland verbunden

fühlen. Befragte, die sich mit beiden Ländern verbunden fühlen, liegen in ihrer Einbürge-

rungsquote deutlich über den Türkeiverbundenen, aber zugleich auch unter den Deutsch-

landverbundenen. Somit steht die Einbürgerung durchaus mit einer stärkeren Verbundenheit

mit Deutschland in Zusammenhang, auch wenn manchmal pragmatische Gründe den Aus-

schlag für die Einbürgerung geben.

Die türkischen Staatsbürger (NRW: N = 630, Deutschland: 653) wurden gefragt, ob sie eine

Einbürgerung beabsichtigen oder in Erwägung ziehen. Mehr als drei Viertel (77%) der noch

nicht eingebürgerten Befragten beabsichtigen nicht, sich einbürgern zu lassen, 6% schließen

eine Einbürgerung nicht gänzlich aus und 15% möchten die Einbürgerung beantragen. Dar-

über hinaus gaben 2% an, den Antrag auf Einbürgerung bereits gestellt zu haben. Unter-

schiede zwischen den türkeistämmigen Befragten in NRW und deutschlandweit sind hier

nicht zu erkennen.

Page 123: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

123

Abbildung 26: Absicht auf Einbürgerung (nur türkische Staatsbürger - Prozentwerte)

14,9

5,7

1,7

76,7

14,5

6,1

1,9

77,1

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

NRW Deutschland

Ja Vielleicht Antrag schon gestellt Nein

Der Zeitvergleich in NRW zeigt, dass zwischen 2000 und 2005 die Absicht auf Einbürgerung

deutlich abgenommen sowie die definitive Absage an die Einbürgerung deutlich zuge-

nommen hat. 2006 kehrte sich dies um, allerdings nur kurzfristig, denn 2008 ist der Anteil

derjenigen, die eine Einbürgerung definitiv ausschließen so hoch wie 2005 und der Anteil der

sie plant fast ebenso niedrig wie vor drei Jahren. Möglicherweise hat die Einführung des Ein-

bürgerungstestes hier die 2006 vorhandene positive Stimmung zur Einbürgerung wieder kon-

terkarriert.

Page 124: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

124

Abbildung 27: Absicht auf Einbürgerung 1999 bis 2008 nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Antrag bereits gestelltJaVielleichtNein

Zwar schließen Befragte, die die allgemeine und die eigene wirtschaftliche Lage positiv se-

hen, eine Einbürgerung unterdurchschnittlich häufig aus, allerdings sind die Differenzen zu

gering, als dass sich hier ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Einbürgerungsabsicht

und wirtschaftlicher Einschätzung ableiten lassen könnte.

Tabelle 32: Einbürgerungsabsicht nach positiver Einschätzung der wirtschaftlichen Situation (Zeilenprozent)

Einbürgerungsabsicht Ja/

Antrag gestellt

Vielleicht Nein

NRW Positive Einschätzung

Allgemeine wirtschaftliche Lage 17,9 5,9 74,5 Eigene wirtschaftliche Lage 13,2 10,1 72,9

Gesamt 16,6 5,7 76,7 Deutschland Positive Einschätzung

Allgemeine wirtschaftliche Lage 17,6 11,8 70,6 Eigene wirtschaftliche Lage 16,2 5,9 76,5

Gesamt 16,4 6,1 77,1

Zu vermuten ist, dass weniger die wirtschaftliche Stimmung, als vielmehr die mentale Dis-

position eine erhebliche Rolle spielt, was bereits durch den Zusammenhang zur Rückkehr-

absicht und zur Heimatverbundenheit deutlich wurde. Deutlich wird dies auch bei Betrach-

tung der soziodemographischen Merkmale:

Page 125: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

125

Das Alter, die Aufenthaltsdauer, der Zuwanderungsgrund und somit die Generationszuge-

hörigkeit sind die soziodemographischen Merkmale, die die Einbürgerungsabsicht am stärks-

ten beeinflussen. Das Geschlecht wirkt sich nur gering aus. Dies gilt sowohl für die Befragten

in NRW als auch für diejenigen, die in Deutschland leben. Da kaum Unterschiede zwischen

den Ergebnisse in NRW und in Deutschland bestehen, werden in der Tabelle zur besseren

Übersichtlichkeit nur die Zahlen für NRW ausgewiesen.

Tabelle 33: Einbürgerungsabsicht nach soziodemographischen Merkmalen - nur NRW (nur türkische Staatsbürger – Zeilenprozent)

Einbürgerungsabsicht Ja /

Antrag gestellt

Vielleicht Nein

Geschlecht Männlich 17,1 5,7 75,7 Weiblich 16,2 5,7 77,8

Altersgruppen Unter 30 Jahre 36,1 11,3 49,6 30 bis 44 Jahre 13,1 4,8 81,7 45 bis 59 Jahre 11,2 3,4 85,3

60 Jahre und älter 3,6 2,4 92,9 Aufenthaltsdauer

Bis 3 Jahre 37,5 6,3 50,0 4 bis 9 Jahre 31,8 10,1 56,5

10 bis 19 Jahre 25,9 5,9 67,6 20 und mehr Jahre 8,8 4,8 85,6

Zuwanderungsgrund Gastarbeiter 3,3 1,1 95,6

Familienzusammenführung als Ehepartner/in 17,0 5,8 76,1 Familienzusammenführung als Kind 11,5 6,5 81,9

Bin in Deutschland geboren 29,3 8,6 59,5 Generationszugehörigkeit

Erste Generation 5,6 2,8 91,0 Nachfolgegeneration 19,7 7,5 71,7

Heiratsmigranten 19,0 5,9 74,3 Gesamt 16,6 5,7 76,7

Je jünger die Befragten sind, desto höher ist der Anteil derer, die die Absicht haben, sich

einbürgern zu lassen. Bei den unter 30-Jährigen findet sich immerhin ein Potenzial von 50%

bzw. 48%, bei den älteren Gruppen ist es weniger als ein Fünftel, das zu einer Einbürgerung

motiviert werden könnte. Die Aufenthaltsdauer zeigt ebenfalls einen linearen Zusammen-

hang zur Einbürgerungsabsicht. Befragte, die erst kurz in Deutschland leben, haben am häu-

figsten die definitive Absicht, sich einbürgern zu lassen. Je länger der Aufenthalt bereits be-

steht, desto geringer wird der Anteil derer, die sich einbürgern lassen möchten. Ent-

Page 126: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

126

sprechend der Altersstruktur erwägen ehemalige Gastarbeiter kaum mehr eine Einbürge-

rung, die Kontrastgruppe dazu bilden erwartungsgemäß die hier Geborenen, unter denen

sich noch erhebliches Potenzial findet.

Die Zusammenhänge von Alter, Zuwanderungsgrund und Aufenthaltsdauer kumulieren in

der Generationszugehörigkeit: Befinden sich unter den Angehörigen der ersten Generation

nur noch wenige, die eine Einbürgerung erwägen, beträgt dieser Anteil in der Nachfolgege-

neration immerhin 27% bzw. 31%. Unter Heiratsmigranten ist die Einbürgerungsabsicht mit

einem Viertel bzw. 22% fast ebenso hoch.

Nach eigenen Angaben erfüllen in NRW 53% der noch nicht eingebürgerten, erwachsenen

türkischen Migranten die Voraussetzungen zur Einbürgerung nach dem geltenden Staatsan-

gehörigkeitsgesetz. 28% erfüllen die Voraussetzungen subjektiv nicht und fast ein Fünftel

weiß nicht, ob sie die Voraussetzungen erfüllen. Deutschlandweit sind 59% und damit etwas

mehr Befragte der Ansicht, die Einbürgerungsvoraussetzungen zu erfüllen als in NRW.

Abbildung 28: Erfüllung der Einbürgerungskriterien (nur türkische Staatsbürger – Prozentwerte)

53,0

27,6

18,9

58,8

25,1

15,5

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

NRW Deutschland

Ja Nein Weiß nicht

Der Zeitvergleich in NRW zeigt starke Schwankungen bei der Einschätzung der Erfüllung der

Einbürgerungskriterien, insgesamt aber einen negativen Trend. Im Vergleich zum Vorjahr

sind deutlich weniger Befragte der Meinung, sie erfüllen die Kriterien. Deutlich gestiegen ist

Page 127: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

127

der Anteil derjenigen, die verunsichert sind und nicht wissen, ob sie die Anforderungen erfül-

len. Möglicherweise haben Sprach- und Einbürgerungstest zu dieser stark gestiegenen Ver-

unsicherung beigetragen.

Abbildung 29: Erfüllung der Einbürgerungskriterien 2000 bis 2008*- nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

JaNeinWeiß nicht

* 1999 wurde die Erfüllung der Einbürgerungskriterien nicht erhoben.

Berechnet man nun die Anteile der Befragten, die - bezogen auf alle Befragten einschließlich

der bereits Eingebürgerten - aufgrund ihrer festen Absicht oder bereits erfolgter Antragstel-

lung in naher Zukunft deutsche Staatsbürger werden möchten und die aufgrund der Erfüllung

der Einbürgerungskriterien auch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten würden, erhält

man in NRW neben den 37% bereits Eingebürgerten 1% Migranten, die den Antrag bereits

gestellt haben und wegen der Erfüllung der Kriterien höchstwahrscheinlich in Kürze einge-

bürgert werden könnten. Weitere 5% haben die feste Absicht und erfüllen ebenfalls die Ein-

bürgerungskriterien. 2% überlegen sich eine Einbürgerung noch, erfüllen aber ebenfalls die

Voraussetzungen. Mehr als die Hälfte der Migranten in NRW (55%) möchte oder könnte sich

jedoch nicht einbürgern lassen.

Die Zahlen für Deutschland weichen hiervon nur wenig ab: Hier sind 34% bereits eingebür-

gert, ebenfalls 1% haben den Antrag bereits gestellt und erfüllt die Kriterien, weitere 5% ha-

ben die Absicht, sich einbürgern zu lassen und erfüllen die Kriterien, 3% überlegen die Ein-

bürgerung, erfüllen zugleich ebenfalls die Kriterien. Insgesamt 56% wollen oder können sich

nicht einbürgern lassen.

Page 128: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

128

Abbildung 30: Verteilung der Eingebürgerten, Antragsteller und Einbürgerungswilligen mit Erfüllung der Einbürgerungskriterien sowie Einbürgerungsunwillige (Prozentwerte)

37,0

0,94,7

2,4

55,0

34,2

1,05,3

3,1

56,4

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

NRW Deutschland

Einbürgerung nicht gewollt /nicht möglichEinbürgerung erwogen /Kriterien erfülltEinbürgerung beabsichtigt /Kriterien erfülltAntrag gestellt / Kriterien erfüllt

Bereits eingebürgert

6.4.3. Index der identifikativen Orientierung

Bildet man aus der Heimatbindung, der Rückneigung, der Staatsangehörigkeit und der Ein-

bürgerungsabsicht einen Index135 der identifikativen Orientierung, wird sichtbar, dass eine

deutliche Mehrheit der türkeistämmigen Migranten ihre kulturelle Orientierung auf Deutsch-

land ausgerichtet haben, bundesweit sind es 55%, in NRW mit 61% sogar noch etwas mehr.

Davon sind rund ein Viertel eindeutig auf Deutschland orientiert (28% in NRW, 24% in

Deutschland), rund ein Drittel ist eher deutschlandorientiert (34% in NRW, 31% in Deutsch-

land). 39% in NRW und 44% in Deutschland richten sich an der Türkei aus, davon 13% bzw.

17% eindeutig und 26% bzw. 28% eher. Deutlich wird aber auch, dass die Gruppe derjeni-

gen, die weder eindeutig auf Deutschland noch eindeutig auf die Türkei gerichtet sind, also

135 Dazu wurden die Indikatoren jeweils in die Ausprägungen 0 = Türkeiorientierung und 1 =

Deutschlandorientierung umcodiert (Heimatbindung: Türkei = 0, Deutschland und beide Län-der = 1, Rückkehrabsicht: Ja = 0, Nein = 1; Staatsbürgerschaft und Einbürgerungsabsicht: Türkische Staatsbürgerschaft und keine Einbürgerungsabsicht = 0, deutsche Staatsbürger-schaft und definitive sowie mögliche Einbürgerungsabsicht = 1). Die so umcodierten Indikato-ren wurden summiert und durch die Anzahl der Indikatoren (N = 3) geteilt, so dass ein Index mit vier Ausprägungen von 0 = Türkeiorientiert bis 1 = Deutschlandorientierung entstand. 135 Befragte konnten aufgrund von fehlenden Werten nicht in den Index einbezogen werden, so dass in die Indexberechnung 865 Befragte einflossen.

Page 129: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

129

eine Misch- oder Doppelidentität aufweisen, mit 59% bzw. 58% einen größeren Teil ausma-

chen als die eindeutig Positionierten.

Abbildung 31: Identifikative Orientierung (Index, Prozentwerte)

17,3 27,6 30,8 24,3

12,9 25,7 33,6 27,7

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

Türkeiorientiert Eher türkeiorientiert Eher deutschlandorientiert Deutschlandorientiert

Die Zusammenhänge zwischen der kulturellen Orientierung und soziodemographischen

Merkmalen finden sich in sehr ähnlicher Weise sowohl bei den Befragten in NRW als auch

bei den Befragten in Deutschland. Daher werden in der Tabelle zur besseren Übersichtlich-

keit nur die Daten für NRW ausgegeben. Die getroffenen Aussagen gelten aber in gleicher

Weise für die türkeistämmigen Migranten auf Bundesebene.

Frauen und Männer unterscheiden sich nur sehr wenig in ihrer identifikativen Orientierung.

Frauen neigen geringfügig häufiger zu einer Mischidentität oder zu einer eindeutigen

Deutschlandorientierung als Männer. Sehr deutlich, aber nicht erstaunlich, variiert die identi-

fikative Orientierung nach Alter. Je älter die Migranten sind, desto häufiger orientieren sie

sich an der Türkei und desto seltener an Deutschland. Zugleich steigt aber mit dem Alter

auch der Anteil derjenigen, die eine Mischidentität aufweisen, jüngere Befragte positionieren

sich eindeutiger in Richtung Deutschland, wobei auch in den jüngeren Gruppen der Anteil

derjenigen mit Mischidentität noch die Mehrheit ausmacht. Auch die Aufenthaltsdauer lässt

eindeutige und erwartete Zusammenhänge erkennen: Je länger die Migranten bereits in

Deutschland leben, desto geringer wird der Anteil der eindeutig Türkeiorientierten und desto

Page 130: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

130

höher der Anteil der eindeutig Deutschlandorientierten. Die Anteile derjenigen, die eine

Mischidentität aufweisen, zeigen jedoch keinen einheitlichen Trend nach Aufenthaltsdauer,

ihr Anteil ist unter denjenigen mit geringer Aufenthaltsdauer am höchsten, am zweithöchsten

in der Gruppe mit der längsten Aufenthaltsdauer. Angehörige der Nachfolgegeneration orien-

tieren sich deutlich seltener eindeutig an der Türkei und deutlich häufiger eindeutig an

Deutschland. Zwar ist die Türkeiorientierung unter den Erstgenerationsangehörigen höher,

doch weisen sie eine noch höhere Mischidentität auf. Bei Heiratsmigranten ist die Türkeiori-

entierung häufiger als die Deutschlandorientierung.

Tabelle 34: Identifikative Orientierung nach soziostrukturellen Merkmalen – nur NRW (Index, Zeilenprozent)

Identifikative Orientierung Eindeutig

Türkei-orientiert

Misch-identität

Eindeutig Deutschland

-orientiert Geschlecht

Männlich 13,9 58,9 27,3 Weiblich 12,0 59,7 28,2

Altersgruppen Unter 30 Jahre 7,6 55,3 37,1 30 bis 44 Jahre 14,7 56,8 28,5 45 bis 59 Jahre 12,6 68,2 19,2

60 Jahre und älter 16,7 64,6 18,8 Aufenthaltsdauer

Bis 3 Jahre 23,1 69,2 7,7 4 bis 9 Jahre 26,7 55,0 18,3

10 bis 19 Jahre 12,9 57,8 29,3 20 und mehr Jahre 11,3 60,1 28,6

Generationszugehörigkeit Erste Generation 14,0 69,0 17,0

Nachfolgegeneration 9,4 54,2 36,4 Heiratsmigranten 19,5 63,2 17,3

Schulbildung Kein Abschluss/Ilkokul 14,0 68,7 17,3

Ortaokul 22,3 57,1 20,5 Lise 16,4 63,3 20,3

Hauptschule 12,3 56,8 30,8 Realschule 6,5 54,2 39,3

Fachschule/Fachabitur 9,1 54,5 36,4 Abitur 3,2 42,9 54,0

Religiosität Gar nicht/eher religiös 14,8 48,1 37,0 Eher und sehr religiös 12,5 64,0 23,4

Gesamt 12,9 59,3 27,7

Page 131: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

131

Die Schulbildung - wurde sie in der Türkei erworben – wirkt sich nur wenig auf die identifika-

tive Orientierung aus, Befragte mit einem Ortaokulabschluss sind häufiger türkeiorientiert

und weisen seltener eine gemischte Identität auf. Bei Befragten mit deutschen Schulab-

schlüssen lässt sich tendenziell ein Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Orientie-

rung erkennen, je höher das Bildungsniveau, desto geringer die Türkei- und desto höher die

Deutschlandorientierung.

Die Religiosität wirkt sich kaum auf die Türkeiorientierung aus, jedoch auf die Deutschland-

und Mischorientierung. Religiöse Befragte empfinden eher eine Doppelorientierung als nicht

religiöse, letztere orientieren sich häufiger auf Deutschland.

Insgesamt ist die identifikative Integration der türkeistämmigen Migranten zwiespältig und im

Zeitvergleich nicht kontinuierlich steigend. Zwar fühlt sich die Mehrheit inzwischen zumindest

auch in Deutschland heimisch und hat keine Rückkehrabsichten mehr, bei Migranten der

Nachfolgegeneration noch häufiger als bei der ersten. Im Vergleich zu 2006 hat sich die

Rückkehrabsicht kaum verändert, die Verbundenheit mit Deutschland ist jedoch gestiegen.

Rund ein Drittel fühlt sich mit beiden Ländern verbunden, was die eindeutige Positionierung

des entweder Türkisch- oder Deutsch-Seins in Frage stellt und die Existenz einer Mehrfach-

identität bei einem nicht geringen Teil der Migranten belegt. Die Indexberechnung aus den

verschiedenen Indikatoren weist 59% bzw. 58% mit Mischidentität aus, 13% in NRW und

17% deutschlandweit können als eindeutig Türkeiorientierte und 28% in NRW und 24%

deutschlandweit als eindeutig Deutschlandorientierte charakterisiert werden. Die gesunkene

Einbürgerungsabsicht und die relativ geringen Einbürgerungsquoten verweisen jedoch dar-

auf, dass die Verschärfung der Einbürgerungsbedingungen auf eine gewisse Skepsis stößt

und man dem Bekenntnis der Politik, ein Einwanderungsland zu sein, nicht so recht traut.

6.5. Die gesellschaftliche Integration

Die These der gescheiterten Integration bezieht sich oft auf die vermeintliche Existenz von

Parallelgesellschaften und konzentriert sich dabei auf das Verhalten der Zuwanderer bezüg-

lich des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Minderheits- mit der Mehrheitsgesellschaft,

lässt dabei jedoch strukturelle Bedingungen und das Verhalten der Mehrheitsgesellschaft

außen vor.136 Eigenethnische Cliquenbildung, die Entstehung eigenethnischer Vereine und

136 Vgl. hierzu Meyer, Thomas: Parallelgesellschaft und Demokratie. In: Meyer, Thomas/Weill,

Reinhard (Hrsg.): Die Bürgergesellschaft. Bonn 2002.

Page 132: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

132

Organisationen, vor allem auch die Herausbildung von Stadtteilen, die durch eine ethnisch

konzentrierte Bewohnerstruktur und entsprechende Ökonomie geprägt sind, werden als

Maßstab der Integration – und insbesondere der Desintegration – herangezogen.137 Vor al-

lem die muslimisch-türkische Community wird verdächtigt, sich bewusst und gewollt abzu-

schotten. Ursache hierfür sei die deutlich andere Kultur, die einen gesamtgesellschaftlichen

kulturellen Wertekonsens – eine Leitkultur – der als Voraussetzung einer integrierten Gesell-

schaft gesehen wird, verhindert.138 Kulturelle Differenz wird damit zum Desintegrationsfak-

tor.139 Dabei wird jedoch übersehen, dass auch die Mehrheitsgesellschaft und die dort herr-

schenden Verhältnisse Auswirkungen auf das Zusammenleben von Minderheiten und Mehr-

heiten hat – die Ablehnung der "Ausländer" bis hin zur offenen Diskriminierung auf dem

Wohnungsmarkt, in Vereinen, im nachbarschaftlichen Zusammenleben.140 Kontakte und

freundschaftliche Beziehungen zu Deutschen, gute Nachbarschaftsverhältnisse und die Ein-

bindung über gesellschaftliche Organisationen können viel zur Verbundenheit der Migranten

mit Deutschland beitragen. Umgekehrt kann die Erfahrung von Diskriminierung und Un-

gleichbehandlung zu einer inneren Abwehrhaltung und zu Abschottungstendenzen führen.

Zugleich betont die Integrationsforschung die Interdependenz der verschiedenen Integrati-

onsbereiche, wobei in der strukturellen Teilhabe und weniger in der gesellschaftlichen Inter-

aktion der Schlüsselbereich der Integration gesehen wird.141

Doch neben der umstrittenen Frage, welche Rolle das gesellschaftliche Miteinander generell

im Integrationsprozess spielt, sollte zunächst hinterfragt werden, ob die gesellschaftliche In-

tegration bzw. Abschottung tatsächlich so ausgeprägt ist, wie von den Vertretern der These

der gescheiterten Integration behauptet wird. 137 So aufgeführt bei Micus, Matthias/Walter, Franz: Mangelt es an "Parallelgesellschaften"? In:

Frech, Siegfried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwanderung und Integration. Schwalbach 2007.

138 Vgl. Schiffauer, Werner: Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesell-schaft? Bielefeld 2008, S. 8ff.. Ähnlich Lanz, Stephan: Berlin aufgemischt: abendländisch, mul-tikulturell, kosmopolitisch? Die politische Konstruktion einer Einwanderungsstadt. Bielefeld 2007.

139 Die 2009 vorgestellte Studie zur Lage der Integration in Deutschland, in der der Integrations-grad verschiedener Herkunftsgruppen verglichen wurde, zieht als ein Indikator der Integration beispielsweise den Anteil der bikulturellen Ehen heran. Vgl. Woellert, Franziska/Kröhmer, Steffen/Sippel, Lilli/Klingholz, Reiner: Ungenutzte Potenziale. Zur Lage der Integration in Deutschland. Hrsgg. vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Berlin 2009, S.36.

140 So Nowak, Jürgen: Leitkultur und Parallelgesellschaft. Argumente wider einen deutschen My-thos. Frankfurt 2006, S. 78f.

141 Vgl. Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannheimer Zent-rum für Europäische Sozialforschung Nr. 40. Mannheim 2001, S. 8 ; Heitmeyer, Wil-helm/Kühnel, Wolfgang/Strobel, Rainer: Junge Aussiedler zwischen Assimilation und Margina-lität. Abschlussbericht an das Ministerium für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport NRW. Düsseldorf 1999, S. 5; Nassehi, Armin: Inklusion, Exklusion, Integration, Des-integration. Die Theorie funktionaler Differenzierung und die Desintegrationshypothese. In: Heitmeyer, Wilhelm (Hrsg.): Was hält die Gesellschaft zusammen? Frankfurt 2007.

Page 133: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

133

6.5.1. Kontakte in verschiedenen Lebensbereichen und in der Freizeit

92% der Befragten in NRW und 91% auf Bundesebene haben Kontakte zu Deutschen in

mindestens einem der vier abgefragten Lebensbereiche, die über Grußkontakte hinausge-

hen. Allerdings haben 8% bzw. 9% keinerlei Kontakt zu Deutschen. In NRW haben 11%

Kontakte in einem der vier abgefragten Lebensbereiche, knapp ein Viertel in zwei, gut ein

Drittel in drei Lebensbereichen und knapp ein Viertel sogar in allen vier abgefragten Be-

reichen. Im Durchschnitt haben die Befragten in NRW in 2,5 von vier untersuchten Bereichen

Kontakte zu Deutschen. Bundesweit ergibt sich ein Durchschnittswert von 2,7 Kontaktberei-

chen, da hier etwas mehr Befragte in allen 4 Bereichen Kontakte angeben.

Abbildung 32: Anzahl der Lebensbereiche, in denen Kontakte zu Deutschen bestehen (Prozentwerte)

8,2 9,0

11,39,5

21,9

18,7

35,032,6

23,6

30,2

0

5

10

15

20

25

30

35

Kein Kontakt 1 Bereich 2 Bereiche 3 Bereiche 4 Bereiche

NRW Deutschland

Unter den Befragten ohne Kontakte in den abgefragten Bereichen sind ältere Migranten ins-

besondere der ersten Generation, Heiratsmigranten, aber auch solche mit eher kurzen Auf-

enthaltszeiten sowie, bedingt durch die Generation und den Zuwanderungsgrund, Befragte

ohne Schulabschluss in der Türkei und nicht Erwerbstätige überrepräsentiert. Selten ohne

Kontakte sind junge Migranten, Angehörige der Nachfolgegeneration, mit höheren Schulab-

schlüssen und solche Befragte, die erwerbstätig sind. Tendenziell bestehen nur geringe Un-

terschiede zwischen den Befragten in NRW und in Deutschland: In Deutschland haben et-

Page 134: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

134

was mehr Unter-30-Jährige und der hier Geborenen keine Kontakte, die Unterschiede bei

der Aufenthaltsdauer sind geringer.

Tabelle 35: Keine Kontakte zu Deutschen nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)

Keine Kontakte zu Deutschen

NRW Deutschland Geschlecht

Männlich 7,0 8,1 Weiblich 9,4 10,0

Altersgruppen Unter 30 Jahre 5,6 8,2 30 bis 44 Jahre 7,2 7,6 45 bis 59 Jahre 10,4 9,3

60 Jahre und älter 14,5 15,4 Aufenthaltsdauer

Bis 3 Jahre - - 4 bis 9 Jahre 14,3 10,0

10 bis 19 Jahre 7,4 9,7 20 und mehr Jahre 7,9 8,8

Zuwanderungsgrund Gastarbeiter 13,6 15,6

Familienzusammenführung als Ehepartner/in 10,6 11,0 Familienzusammenführung als Kind 5,8 6,1

Bin in Deutschland geboren 4,4 7,0 Generationszugehörigkeit

Erste Generation 13,2 14,7 Nachfolgegeneration 5,1 6,4

Heiratsmigranten 10,0 10,1 Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 14,9 14,4 Ortaokul 6,1 9,0

Lise 8,8 7,9 Hauptschule 6,7 6,5

Realschule 3,1 8,6 Fachoberschule/Fachabitur 1,9 2,2

Abitur 2,7 1,4 Erwerbstätigkeit

Erwerbstätig 2,4 4,2 Nicht erwerbstätig 13,2 13,7

Gesamt 8,2 9,0

Am häufigsten findet der Kontakt in der Nachbarschaft statt, 81% der Befragten in NRW und

in Deutschland geben hier Beziehungen zu Deutschen an. Drei Viertel (74% bzw. 75%) ha-

ben Kontakte im Freundes- und Bekanntenkreis. Am Arbeitsplatz bzw. an der Universität

oder in der Schule gaben 59% in NRW und 64% in Deutschland an, Kontakte zu Deutschen

Page 135: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

135

zu haben, die über Grußkontakte hinausgehen. Der höhere Anteil auf Bundesebene geht vor

allem auf die höhere Erwerbstätigenquote dort zurück. 40% in NRW und 46% auf Bundes-

ebene haben sogar familiäre bzw. ferne verwandtschaftliche Beziehungen zu deutschen

Familien.

Abbildung 33: Kontakte zu Deutschen in verschiedenen Lebensbereichen (Prozentwerte)

81,3 81,074,3 74,8

58,963,6

40,046,0

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Nachbarschaft Bekanntenkreis Arbeitsplatz Familie

NRW Deutschland

Im Zeitvergleich in NRW zeigen sich die Kontakte in den Lebensbereichen Freundes- und

Bekanntenkreis sowie in der Nachbarschaft sehr stabil. Der Kontakt im weiteren familiären

Umfeld nimmt leicht und stetig zu. Der Kontakt am Arbeitsplatz nahm zwischen 2003 und

2006 deutlich ab, nicht zuletzt, da der Anteil der Erwerbstätigen in dieser Zeit zurückging.

2008 zeigt sich parallel zur Zunahme der Erwerbstätigen auch wieder eine Zunahme bei den

Kontakten am Arbeitsplatz. Betrachtet man die Kontakte am Arbeitsplatz nur bezogen auf die

Erwerbstätigen, zeigt sich ebenfalls ein über die Zeit sehr stabiler Anteil. Somit haben sich

die Kontakte in diesen Lebensbereichen in den letzten 10 Jahren kaum verändert, von einem

Rückzug oder einer zunehmenden Abschottung kann diesbezüglich nicht gesprochen wer-

den.

Page 136: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

136

Abbildung 34: Kontakte zu Deutschen in verschiedenen Lebensbereichen 1999 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

010

2030

405060

7080

90100

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Freundes- undBekanntenkreisNachbarschaft

Arbeitsplatz

Familie

Arbeitsplatz (nurErwerbstätige)

Für die Kontakte sind generell die Generationszugehörigkeit, damit auch Alter und Aufent-

haltsdauer, und davon nicht unabhängig, die Schulbildung und die berufliche Stellung wich-

tige Faktoren.

Frauen haben mit Ausnahme der Nachbarschaftskontakte, bei denen kein Unterschied be-

steht, in allen Bereichen - besonders jedoch am Arbeitsplatz aufgrund der geringeren Er-

werbsquote - etwas seltener Kontakt zu Deutschen als Männer. Abgesehen vom Arbeitsplatz

sind die Differenzen zwischen Männern und Frauen jedoch gering, so dass von einer gene-

rellen Isolation oder Segregation der Frauen nicht gesprochen werden kann.

Die jüngste Gruppe hat in allen Bereichen häufiger Kontakte als ältere, mit zunehmendem

Alter sinken tendenziell die Kontaktanteile, besonders deutlich am Arbeitsplatz (aufgrund der

geringen Erwerbsquote der ältesten Gruppe) und im Freundeskreis. In der Verwandtschaft

allerdings nimmt der Anteil derjenigen mit Kontakten zu Deutschen mit steigendem Alter zu.

Bei einer Aufenthaltsdauer unter zehn Jahren sind die Kontakte in allen Bereichen geringer

als bei denjenigen, die schon länger in Deutschland leben. Allerdings nimmt der Anteil mit

Kontakten dann nicht mehr zu. Die Generationeneinteilung zeigt, dass die Nachfolgegenera-

tion in allen Bereichen häufigere Kontakte hat als die erste Generation und die Heirats-

migranten, die mit Ausnahme des Arbeitsplatzes eine ähnlich hohe Kontaktquote wie die

erste Generation aufweist.

Page 137: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

137

Tabelle 36: Kontakte zu Deutschen in verschiedenen Lebensbereichen nach soziodemographischen Merkmalen (Prozentwerte)

Nachbarschaft Freundes- und Bekanntenkreis

Arbeitsplatz Familie oder Verwandtschaft

NRW D NRW D NRW D NRW D Geschlecht

Männlich 81,5 81,7 75,0 76,5 75,2 73,8 42,3 47,5 Weiblich 81,1 80,2 73,5 73,0 41,7 52,5 37,6 44,4

Alter Unter 30 Jahre 85,9 81,3 82,5 78,6 73,9 72,7 37,2 40,9 30 bis 44 Jahre 80,1 80,8 72,3 74,6 60,9 67,0 39,8 45,1 45 bis 59 Jahre 81,5 83,5 72,8 74,6 51,4 63,1 41,0 52,2

60 Jahre und älter 76,4 77,8 68,2 69,2 30,0 34,2 45,5 47,9 Aufenthaltsdauer

4 bis 9 Jahre 67,1 72,1 61,4 59,0 45,7 47,5 27,1 29,0 10 bis 19 Jahre 84,8 80,9 75,9 75,5 65,0 66,3 36,6 40,9

20 und mehr Jahre 81,6 82,0 75,6 76,5 58,6 64,5 43,2 49,4 Generation

Erste Generation 77,8 76,7 67,7 67,2 34,9 37,0 41,8 48,7 Nachfolgegeneration 84,9 84,0 81,4 81,7 73,0 78,6 43,2 49,9

Heiratsmigranten 78,9 78,6 66,3 67,8 48,5 54,6 31,9 36,9 Schulbildung

Kein Abschluss/Ilkokul 74,6 75,0 61,6 64,2 36,2 40,8 31,9 37,1 Ortaokul 80,9 78,4 69,5 68,4 51,9 57,9 41,2 47,0

Lise 78,4 84,3 73,6 75,8 59,5 62,7 41,9 46,4 Hauptschule 83,0 82,7 75,2 77,3 64,8 73,5 44,8 50,3

Realschule 89,1 80,3 83,7 81,9 76,7 79,3 47,3 48,3 Fachschule/Fachabitur 94,4 87,2 90,7 93,6 85,2 87,2 42,6 53,2

Abitur 83,8 91,3 95,9 92,8 83,8 87,0 30,2 52,9 Berufliche Stellung

Arbeiter/Facharbeiter 84,9 85,5 75,3 80,0 93,3 88,3 44,1 49,8 Angestellte 90,9 90,1 84,8 86,8 90,9 91,2 45,5 58,7

Selbstständige 82,9 84,0 80,0 80,0 97,1 92,0 45,7 54,9 Gesamt 81,3 81,0 74,3 74,8 58,9 63,6 40,0 46,0

Zusammenhänge werden auch bei der Bildung deutlich. Dabei sind zwei Faktoren bedeu-

tend: Zum einen das Land des Schulbesuchs sowie das Niveau der Abschlüsse. Befragte mit

Abschlüssen in Deutschland haben deutlich häufiger Kontakte zu Deutschen als Befragte mit

Abschlüssen, die in der Türkei erworben wurden. Darüber hinaus steigt mit dem Bildungs-

grad tendenziell der Anteil der Befragten, die über Kontakte verfügen, vor allem am Arbeits-

platz und im Freundeskreis.

Dieser Bildungszusammenhang schlägt sich jedoch kaum mit Blick auf die berufliche Stel-

lung nieder. So haben zwar Angestellte im Freundeskreis und in der Nachbarschaft etwas

häufiger Kontakte zu Deutschen als Arbeiter – Selbstständige haben jedoch weniger Kontak-

te – nicht jedoch am Arbeitsplatz, an dem Selbstständige den höchsten Anteil von Kontakten

zu Deutschen haben.

Page 138: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

138

Somit ist der Kontakt zwischen Minderheits- und Mehrheitsbevölkerung aus Sicht der Befrag-

ten relativ stark ausgeprägt. Er beschränkt sich nicht nur auf die Lebensbereiche, auf deren

ethnische Zusammensetzung die Befragten keinen Einfluss haben, wie den Arbeitsplatz,

sondern umfasst auch die Nachbarschaft und den Bekanntenkreis. Von einem Rückzug der

Migranten kann nicht gesprochen werden, da das Zusammentreffen mit Deutschen nicht nur

aufgrund unbeeinflussbarer Rahmenbedingungen erfolgt. Dennoch darf nicht übersehen

werden, dass es auch unter den jüngeren Befragten einen Anteil um 6% in NRW und um 8%

in Deutschland gibt, der keine Kontakte zu Deutschen hat.

Wurden bei den Kontakten in verschiedenen Lebensbereichen relativ unspezifisch Kontakte,

die über Grußkontakte hinausgehen, untersucht, wurde in einer weiteren Frage die Häufig-

keit von Freizeitkontakten erfragt. Auf diese Weise können die Kontakte qualifiziert werden,

da man davon ausgehen kann, dass häufige Freizeitkontakte freiwillig und auf gleicher Ebe-

ne stattfinden, und daher bewusste, positive und gewünschte Verbindungen darstellen.

Abbildung 35: Interkulturelle Freizeitbeziehungen (Prozentwerte)*

20,9 21,8 26,7 13,7 17

18,6 20,8 26,7 14,9 18,6

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

Jeden Tag Häufig Manchmal Selten Nie, so gut wie nie

* Jeden Tag = jeden Tag/fast jeden Tag; Häufig = mindestens einmal in der Woche; Manchmal = min-destens einmal im Monat; Selten = mehrmals im Jahr; Nie = nie/so gut wie nie.

Page 139: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

139

Wie auch bei den Kontakten in den verschiedenen Lebensbereichen verfügen die befragten

türkeistämmigen Migranten in Deutschland über etwas intensivere freundschaftliche Bezie-

hungen zu Einheimischen, wobei die Differenzen gering sind. Unterhalten in NRW 40% der

Befragten enge, freundschaftliche Beziehungen zu Deutschen, indem man sich fast täglich

(19%) oder häufig - mindestens einmal in der Woche - (21%) trifft, sind es auf Bundesebene

42% (21% fast täglich, 22% häufig). Manchmal Kontakt zu Einheimischen haben sowohl in

NRW als auch deutschlandweit gut ein Viertel (27%). 34% der türkeistämmigen Migranten in

NRW und 31% in Deutschland haben jedoch nur wenig freundschaftliche Kontakte; 15%

bzw. 14% treffen sich dabei selten (mehrmals im Jahr) und knapp ein Fünftel bzw. 17% so

gut wie nie mit Deutschen auf privater Ebene.

Der Vergleich mit den NRW-Ergebnissen der Vorjahre142 zeigt deutlich, dass der häufige in-

terkulturelle Freizeitkontakt von 2001 zu 2003 zugenommen, 2004 und 2005 abgenommen

und 2006 wieder leicht zugenommen hat. 2008 liegt er auf dem Niveau von 2006. Spiegel-

bildlich nahm der seltene Kontakt zunächst ab, steigt jedoch 2004 und 2005, nahm 2006

stärker und 2008 leicht ab. Der Anteil derjenigen, die manchmal Kontakte haben, ist dabei

über die Zeit leicht steigend.

Abbildung 36: Interkulturelle Freizeitkontakte 2001 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte*)

05

101520253035404550

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Nie/SeltenManchmalHäufig

* Zusammengefasste Kategorien: Häufig = Jeden Tag/fast jeden Tag und Häufig - mindestens einmal in der Wo-

che; Manchmal = Manchmal - mindestens einmal im Monat; Selten = Selten - mehrmals im Jahr und nie

142 Die Häufigkeit des Freizeitkontaktes wurde in den Untersuchungen 1999 und 2000 nicht erho-

ben.

Page 140: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

140

Die Mittelwerte der interkulturellen Freizeitkontakte auf der dreistelligen Skala von 1 = häufig

bis 3 = nie/selten zeigen für 2001 den Wert 2,09, für 2002 den Wert 2,15, 2003 ergibt sich

ein Mittelwert von 1,88, 2004 der Wert 1,92, 2005 der Wert 2,02, für 2006 den Wert 1,94 und

für 2008 exakt den gleichen Wert. Somit kann man auch für die Freizeitkontakte nicht von

einem Rückzug sprechen, auch wenn nicht übersehen werden darf, dass knapp ein Fünftel

der türkeistämmigen Migranten in NRW so gut wie nie Freizeitkontakte zu Deutschen unter-

hält. Dieser Anteil ist jedoch im Zeitvergleich nahezu gleich bleibend.

Die Betrachtung der Sozialgruppen in NRW und in Deutschland nach der Häufigkeit ihrer

Freizeitkontakte mit Deutschen anhand der Mittelwerte auf der dreistelligen Skala zeigt we-

nige Überraschungen. Viele der Zusammenhänge waren bereits beim generellen Kontakt

sichtbar, im Freizeitbereich sind sie eindeutiger. Auch hier sind es vor allem Alters- und Auf-

enthaltsdauer und dadurch die Generationszugehörigkeit, aber in besonderem Maß die

Deutschkenntnisse, die die Häufigkeiten des interkulturellen Kontakts beeinflussen.

Frauen haben etwas seltener enge freundschaftliche Beziehungen zu Deutschen als Män-

ner. Beim Alter findet sich linearer Zusammenhang, junge Migranten haben deutlich häufiger

Kontakte als ältere. Die Aufenthaltsdauer zeigt ebenfalls lineare Zusammenhänge, je länger

die Migranten in Deutschland leben, desto häufiger haben sie freundschaftliche Beziehungen

zu Deutschen. Der Zuwanderungsgrund zeigt die erwarteten Unterschiede: bei ehemaligen

Gastarbeitern und vor allem den nachgezogenen Ehepartnern sind freundschaftliche Bezie-

hungen zu Deutschen seltener als bei hier Geborenen und den als Kind Nachgezogenen.

Entsprechend der Zusammenhänge bei Alter, Aufenthaltsdauer und Zuwanderungsgrund

verfügen Befragte der Nachfolgegeneration häufiger über deutsche Freunde als die erste

Generation. Am schwersten tun sich nachgereiste Ehepartner der zweiten Generation.

Je besser die Deutschkenntnisse sind, desto häufiger treffen sich die Befragten mit Deut-

schen. Hier kommt zusätzlich der Alterseffekt zum Tragen. Beide Kriterien, Sprach-

kenntnisse und Alter, hängen wiederum mit der Bildung zusammen, die sich ihrerseits bei

den Kontakten bemerkbar macht. Je höher die formale Bildung ist, desto häufiger sind

Freundschaften zu Deutschen.

Page 141: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

141

Tabelle 37: Interkulturelle Freizeitkontakte* nach soziodemographischen Merkmalen (Mittelwerte**)

Interkulturelle Freizeitkontakte

NRW Deutschland Geschlecht

Männlich 1,89 1,84 Weiblich 1,99 1,94

Altersgruppen Unter 30 Jahre 1,81 1,82 30 bis 44 Jahre 1,94 1,90 45 bis 59 Jahre 2,02 1,96

60 Jahre und älter 2,07 2,02 Aufenthaltsdauer

4 bis 9 Jahre 2,16 2,24 10 bis 19 Jahre 1,95 1,96

20 und mehr Jahre 1,91 1,82 Zuwanderungsgrund

Gastarbeiter 2,07 2,06 Familienzusammenführung als Ehepartner/in 2,19 2,11

Familienzusammenführung als Kind 1,76 1,69 In Deutschland geboren 1,72 1,69

Generationszugehörigkeit Erste Generation 2,15 2,05

Nachfolgegeneration 1,74 1,69 Heiratsmigranten 2,16 2,13

Deutschkenntnisse Sehr gut / gut 1,65 1,64

Mittelmäßig 2,12 2,04 Schlecht / sehr schlecht 2,61 2,41

Schulabschluss Kein Abschluss/Ilkokul 2,25 2,13

Ortaokul 2,08 2,08 Lise 1,97 1,96

Hauptschule 1,85 1,76 Realschule 1,60 1,64

Fachoberschule/Fachabitur 1,59 1,64 Abitur 1,64 1,48

Berufliche Stellung Arbeiter/Facharbeiter 1,86 1,78

Angestellte 1,67 1,65 Selbstständige 1,60 1,62

Nichterwerbstätige Schüler/Studenten 1,55 1,69

Rentner 2,14 2,05 Arbeitslose 1,95 2,02 Hausfrauen 2,25 2,17

Gesamt 1,94 1,89 * Zusammengefasste Kategorien: Häufig = Jeden Tag/fast jeden Tag und Häufig - mindestens einmal in der Wo-

che; Manchmal = Manchmal - mindestens einmal im Monat; Selten = Selten - mehrmals im Jahr und nie ** Mittelwert auf der dreistelligen Skala von 1 = häufig bis 3 = nie/selten. Je niedriger der Wert, desto

häufiger findet freundschaftlicher Kontakt statt.

Page 142: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

142

Auch die berufliche Stellung macht sich bemerkbar, je höher diese ist, desto häufiger pflegen

die Befragten Freizeitkontakte zu Deutschen. Unter Nichterwerbstätigen verfügen insbeson-

dere Hausfrauen selten über Freundschaftsbeziehungen zu Deutschen, auch Rentner haben

hier wenige Kontakte.

Somit lassen sich folgende Kontrastgruppen identifizieren: Junge Befragte mit langer Aufent-

haltsdauer oder hier Geborene mit guten Sprachkenntnissen und mittlerer bis höherer Bil-

dung und einer qualifizierten beruflichen Stellung haben überdurchschnittlich häufig interkul-

turelle Kontakte. Wenig deutsche Freunde haben ältere Migranten, die als Gastarbeiter ein-

reisten oder solche, die im Zuge des Ehegattennachzugs als Erwachsene kamen, Migranten,

deren Sprachkenntnisse schlecht sind und die über eine formal niedrige Bildung und keine

qualifizierte berufliche Stellung verfügen oder Haufrauen sind.

Abbildung 37: Wunsch nach mehr Kontakt zu Deutschen (Prozentwerte)

55,1

31,6

11,1

52,3

38

7,7

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

NRW Deutschland

Ja Nein Weiß nicht

Trotz des ausgeprägten Kontakts in allen Lebensbereichen und den bestehenden Freund-

schaften zu Deutschen verspürt eine Mehrheit der Befragten den Wunsch nach mehr Kon-

takt zur deutschen Bevölkerung. Übersehen werden darf bei dieser, im Sinne der Integrati-

onsbereitschaft positiven Beurteilung, nicht, dass dennoch in NRW fast ein Drittel der Befrag-

Page 143: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

143

ten (32%) und in Deutschland 38% nicht den Wunsch nach mehr Kontakten verspürt und

11% in NRW und 8% in Deutschland hin und her gerissen sind.

Zwischen 1999 und 2004 nahm – mit Ausnahme des Jahres 2001 - der Wunsch nach mehr

Kontakten zu Deutschen in NRW kontinuierlich ab. 2005 und insbesondere 2006 nahm die-

ser Wunsch zu. 2008 ist er wiederum geringfügig geringer geworden.

Abbildung 38: Wunsch nach mehr Kontakt zu Deutschen 1999 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

JaNeinWeiß nicht

Allerdings zeigt sich, dass mit zunehmenden Kontakten in verschiedenen Lebensbereichen

der Wunsch nach (weiteren) Kontakten zuerst zu- und dann abnimmt; am häufigsten haben

diejenigen den Wunsch nach mehr Kontakten zu Deutschen, die in zwei von vier Bereichen

bereits Kontakte haben. Bei denjenigen, die in keinem Bereich Kontakte haben, ist der

Wunsch nach Kontakt unterdurchschnittlich ausgeprägt, aber ebenso bei denjenigen, die in

allen vier Lebensbereichen Kontakte haben. Bezüglich vorhandener Freundschaftsbezie-

hungen zeigt sich, dass diejenigen, die manchmal oder häufig ihre Freizeit mit Deutschen

verbringen, am häufigsten den Wunsch nach mehr Kontakten verspüren, diejenigen die sel-

ten freundschaftliche Beziehungen zu Deutschen pflegen, haben diesen Wunsch seltener.

Page 144: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

144

Tabelle 38: Wunsch nach mehr Kontakten zu Deutschen nach Anzahl der Bereiche mit Kontakten zu Deutschen und nach interkulturellen Freundschaftsbeziehungen

(Zeilenprozent) Wunsch nach mehr Kontakt

NRW Deutschland Anzahl der Lebensbereiche mit Kontakt

Kein Kontakt 46,3 44,9 1 Bereich 50,4 54,7

2 Bereiche 61,6 58,3 3 Bereiche 58,3 54,6 4 Bereiche 49,6 48,3

Interkultureller Freizeitkontakt Häufig 55,3 55,4

Manchmal 57,3 53,2 Selten/Nie 53,9 48,1

Gesamt 55,1 52,3

Die Analyse des Zusammenhangs von soziodemographischen Merkmalen und Kontakt-

wunsch belegt eher die Sättigungsthese als die Kontaktthese. So verspüren die Gruppen, die

häufig über Kontakte zu Deutschen verfügen, eher unterdurchschnittlich häufig den Wunsch

nach weiteren Kontakten: junge Migranten, die in Deutschland geboren oder aufgewachsen

sind und über gute Deutschkenntnisse verfügen, oder einen hohen Schulabschluss haben.

Gruppen, die eher selten über Kontakte zu Deutsche verfügen, wünschen dagegen über-

durchschnittlich häufig weitere Kontakte: ältere Migranten und insbesondere Heiratsmigran-

ten mit eher kurzer Aufenthaltszeit, sowie Arbeitslose und Hausfrauen.

Möglicherweise machen sich bei denjenigen mit vielen Kontakten Sättigungseffekte be-

merkbar, was der Kontaktthese widersprechen würde, die besagt, dass tatsächlicher Kontakt

mit Deutschen zu einem positiven Eindruck und dem Wunsch nach häufigeren Kontakten

führt.143 Die Kontakthypothese trifft wohl am ehesten auf diejenigen mit mittlerer Kontaktin-

tensität zu.

143 Ausführlich zur Kontakthypothese: Amir, Yehuda: Contact Hypothesis in Ethnic Relations. In:

Psychological Bulletin, No. 5/1969.

Page 145: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

145

Tabelle 39: Wunsch nach mehr Kontakten zu Deutschen nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)

Wunsch nach mehr Kontakt

NRW Deutschland Geschlecht

Männlich 57,1 54,5 Weiblich 53,0 50,4

Altersgruppen Unter 30 Jahre 51,7 49,3 30 bis 44 Jahre 56,7 52,9 45 bis 59 Jahre 53,2 53,4

60 Jahre und älter 58,2 56,4 Aufenthaltsdauer

4 bis 9 Jahre 61,4 77,0 10 bis 19 Jahre 64,2 54,5

20 und mehr Jahre 50,8 49,6 Zuwanderungsgrund

Gastarbeiter 56,8 50,0 Familienzusammenführung als Ehepartner/in 58,1 59,4

Familienzusammenführung als Kind 51,9 47,9 In Deutschland geboren 51,0 44,2

Generationszugehörigkeit Erste Generation 53,4 54,2

Nachfolgegeneration 51,5 46,4 Heiratsmigranten 60,7 59,3

Deutschkenntnisse Sehr gut / Gut 54,8 49,7

Mittelmäßig 56,5 55,0 Schlecht / sehr schlecht 53,6 56,4

Schulabschlussland Türkei 56,1 56,8

Deutschland 54,0 47,3 Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 52,2 58,0 Ortaokul 54,2 54,5

Lise 62,8 54,6 Hauptschule 59,4 47,8

Realschule 52,7 50,9 Fachoberschule/Fachabitur 51,9 44,7

Abitur 50,0 45,7 Berufliche Stellung

Arbeiter/Facharbeiter 54,8 51,4 Angestellte 59,6 50,0

Selbstständige 45,7 50,0 Nichterwerbstätige

Schüler/Studenten 43,4 48,1 Rentner 50,5 56,6

Arbeitslose 58,0 53,3 Hausfrauen 58,0 56,8

Gesamt 55,1 52,3

Page 146: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

146

Fasst man die Kontakte in den Lebensbereichen zusammen und kombiniert sie mit den in-

terkulturellen Freizeitbeziehungen, ergibt sich ein Anteil von 5,6% in NRW und von 6,3% in

Deutschland, die in keinem Lebensbereich und zugleich nie oder selten Freizeitkontakte ha-

ben, die man also als isoliert von der deutschen Gesellschaft betrachten kann. 94% der Be-

fragten in NRW wie in Deutschland leben nicht isoliert, da sie in mindestens einem der abge-

fragten Lebensbereiche über Kontakte zu Deutschen verfügen oder mindestens mehrmals

im Jahr Freizeitbeziehungen zu Deutschen unterhalten. Kombiniert man hierzu nun noch den

Wunsch nach Kontakt und unterscheidet somit freiwillige (keine Kontakte und kein Wunsch

nach Kontakten) und unfreiwillige Isolation (keine Kontakte bei Wunsch nach Kontakten),

zeigt sich, dass rund die Hälfte (57% in NRW und 49% in Deutschland) der Isolierten den

Wunsch nach Kontakten zu Deutschen äußern, also unfreiwillig isoliert sind und weniger als

die Hälfte tatsächlich freiwillig isoliert ist.

Bei rund einem Drittel (29% in NRW und 35% in Deutschland) zeigt sich eine Sättigung, d.h.

sie haben Kontakte, jedoch keinen Wunsch nach weiteren Kontakten, 52% in NRW und 49%

in Deutschland wünschen sich weitere Kontakte, obwohl – oder weil – sie bereits über Kon-

takte zu Deutschen verfügen. 13% bzw. 10% der Befragten konnten aufgrund fehlender An-

gaben oder Unentschlossenheit nicht in dieses Schema eingeordnet werden.

Abbildung 39: Beziehungen zu Deutschen kombiniert mit Wunsch nach weiteren Kontakten (Prozentwerte)

*

2,4

3,2

29,2 51,9 13,3

3,2

3,1

34,5 49,1 10,1

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

Freiwillig isoliert Unfreiwillig isoliert Sättigung Wunsch trotz Kontakt Nicht zuordenbar

Page 147: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

147

Im Zeitvergleich von 2001 bis 2008 lässt sich erkennen, dass in NRW der Anteil derjenigen,

die sich freiwillig in einer Isolation befinden, geringfügig schwankt, aber kein eindeutiger

Trend zu einer Zu- oder Abnahme zu erkennen ist. Im Vergleich zu 2006 ist in diesem Jahr

eine Zunahme um 1 Prozentpunkt zu erkennen und liegt diesjährig bisher am höchsten. Der

Anteil der unfreiwillig Isolierten schwankt ebenfalls gering, hat in diesem Jahr jedoch um 1

Prozentpunkt abgenommen und zeigt genauso wenig eine eindeutige Tendenz.

Tabelle 40: Beziehungen zu Deutschen kombiniert mit dem Wunsch nach weiteren Kontakten im Zeitvergleich 2001 bis 2008* - nur NRW (Spaltenprozent)

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Freiwillige Isolation 1,9 1,7 2,3 1,3 2,2 1,4 2,4

Unfreiwillige Isolation 3,7 1,9 3,2 2,1 2,3 4,2 3,2 Kontakthypothese 66,6 56,4 53,1 48,3 48,8 54,5 51,9

Sättigungshypothese 20,0 27,7 30,6 32,0 32,1 28,0 29,2 Nicht zuordenbar 7,8 12,4 10,8 16,3 14,6 11,9 13,3

* Interkulturelle Freundschaftsbeziehungen wurden in den Jahren 1999 und 2000 nicht erhoben

Zu sehen ist bis 2005 ein stetiges Anwachsen der Gruppe, für die die Sättigungshypothese

zutrifft. 2006 ist dieser Anteil aber etwas geringer geworden, 2008 wieder geringfügig gestie-

gen. Zugleich hat der Anteil, für die die Kontakthypothese zutrifft bis 2005 ab und 2006 zu-

genommen. In diesem Jahr ist dieser Anteil wieder etwas gesunken. Dennoch übertrifft der

Anteil derjenigen, die sich trotz bestehender Kontakte weitere Kontakte wünschen, den Anteil

derjenigen, die über Kontakte verfügen, sich jedoch keine weiteren Kontakte mehr wün-

schen.

Die Integration auf gesellschaftlicher Ebene bezogen auf interkulturelle Kontakte und

Freundschaften ist nach Angaben der befragten Migranten nicht so schlecht, wie häufig von

der Mehrheitsgesellschaft wahrgenommen wird. Sie schwankt leicht, in diesem Jahr lassen

sich kaum Veränderungen bei den interkulturellen Freizeitbeziehungen und bei den Kontak-

ten in den Lebensbereichen konstatieren. Diese liegen in Deutschland noch etwas über den

Kontakten in NRW. Zugleich ist der Wunsch nach weiteren Kontakten leicht zurückgegan-

gen, und zwar sowohl bei denjenigen, die bereits Beziehungen zu Deutschen haben, als

auch bei denjenigen, die über keine Kontakte verfügen. Doch ist der Wunsch nach weiteren

Kontakten zu Deutschen in NRW ausgeprägter als in Deutschland. Die gesellschaftliche Iso-

lation, von der 6% der türkeistämmigen Migranten betroffen sind, ist zum großen Teil unfrei-

willig, wenngleich der Anteil der freiwillig Isolierten etwas gestiegen und der Anteil der un-

freiwillig Isolierten um das gleiche Maß gesunken ist.

Page 148: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

148

6.5.2. Wohnräumliche Segregation?

Die vermeintliche Entstehung und Verfestigung ghettoähnlicher Strukturen in den Großstäd-

ten wird in der öffentlichen Diskussion mit großem Misstrauen beobachtet und in der politi-

schen und wissenschaftlichen Diskussion mit unterschiedlichen Bewertungen belegt.144 Eini-

ge Forschungsansätze beurteilen die Koloniebildung als hilfreichen Prozess bei der Integra-

tion, der erhebliche Vorteile wie Selbsthilfe, Selbstvergewisserung, Stabilisierung der Identi-

tät und Orientierung sowie den Aufbau sozialer Netzwerke bringen kann und insbesondere in

der ersten Zeit der Zuwanderung hilfreich sein kann, und machen für die Bildung der Kolonie

in erster Linie den wirtschaftlichen und sozialen Strukturwandel der Städte (zunehmende

Verlagerung von Arbeits- und Wohnquartieren sowie soziale Segmentierung) und woh-

nungsbaupolitische Entscheidungen verantwortlich145. Andere - und vor allem die öffentliche

Wahrnehmung - beurteilen sie als Gefährdung des gesellschaftlichen Friedens.146 Darüber

hinaus können sie nach Ansicht einiger Forscher auch zu Mobilitätsfallen werden, insbeson-

dere, wenn kaum Austauschbeziehungen mit der Mehrheitsgesellschaft vorhanden sind und

wenn zur ethnischen Segregation noch eine soziale Segregation hinzukommt. Grundlegend

ist die Frage, ob es sich um eine funktionale (freiwillig, in verschiedenen, milieuspezifischen 144 Vgl. zur Diskussion um die Bewertung von verdichteten Stadtteilen Schiffauer, Werner: Paral-

lelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesellschaft? Für eine kluge Politik der Differenz. Bielefeld 2008; Lanz, Stephan: Berlin aufgemischt: abendländisch, multikulturell, kosmopolitisch? Die politische Konstruktion einer Einwanderungsstadt. Bielefeld 2007; Micus, Matthias/Walter, Franz: Mangelt es an "Parallelgesellschaften"? In: Frech, Siegfried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwanderung und Integration. Schwalbach 2007, S. 110; Esser, Hartmut: Integration und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannhei-mer Zentrum für Europäische Sozialforschung Nr. 40. Mannheim 2001, S. 8; Heitmeyer, Wil-helm/Anhut, Reiner (Hrsg.): Bedrohte Stadtgesellschaft. Soziale Desintegrationsprozesse und ethnisch-kulturelle Konfliktkonstellationen. Weinheim 2000; Heckmann, Friedrich: Ethnische Kolonien: Schonraum für Integration oder Verstärker der Ausgrenzung? In: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Ghettos oder ethnische Kolonie? Entwicklungschancen von Stadtteilen mit hohem Zuwandereranteil. Bonn 1998; Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter: Soziale In-tegration und ethnische Schichtung. Zusammenhänge zwischen räumlicher und sozialer Integ-ration. Gutachten im Auftrag der Unabhängigen Kommission "Zuwanderung" 2001.; Bartel-heimer, Peter: Soziale Durchmischung am Beispiel Frankfurt am Main - Problemwahrneh-mung und empirische Befunde. In: Zeitschrift für Wohneigentum in der Stadtentwicklung und Immobilienwirtschaft 2000.

145 So Heckmann, Friedrich: Ethnische Kolonien: Schonraum für Integration oder Verstärker der Ausgrenzung? In: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Ghettos oder ethnische Kolonie? Entwick-lungschancen von Stadtteilen mit hohem Zuwandereranteil. Bonn 1998, S. 29-57.

146 In dieser Richtung Böltken, Ferdinand: Soziale Distanz und räumliche Nähe – Einstellungen und Erfahrungen im alltäglichen Zusammenleben von Ausländern und Deutschen im Wohn-gebiet. In: Alba, Richard/Schmidt, Peter/Wasmer, Martina (Hrsg.): Deutsche und Ausländer: Freunde, Fremde oder Feinde? Empirische Befunde und theoretische Erklärungen. Wiesba-den 2000; Bartelheimer, Peter: Soziale Durchmischung am Beispiel Frankfurt am Main - Prob-lemwahrnehmung und empirische Befunde. In: Zeitschrift für Wohneigentum in der Stadtent-wicklung und Immobilienwirtschaft 2000; Kelek, Necla: Die fremde Braut. Ein Bericht aus dem Inneren des türkischen Lebens in Deutschland. Köln 2005.

Page 149: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

149

Varianten) oder um eine strukturelle (erzwungene) Segregation handelt. Insbesondere letzte-

re ist sowohl für die Integration des Einzelnen als auch für die Integration der Gruppe der

Zuwanderer hinderlich, bei ersterer sind durchaus Vorteile zu erkennen.147 Die Idealvorstel-

lung von Stadtstrukturen ist die soziale und ethnische Mischung, die in deutschen und euro-

päischen Städten auch weit besser gelungen ist als dies für viele Städte beispielsweise in

den USA gilt, die sich aber in den letzten Jahren hin zu einer stärkeren Segregation zu ver-

schieben scheint .148 Über die tatsächliche Entwicklung der ethnischen Ghetto- oder Kolonie-

bildung gibt es kaum gesicherte Erkenntnisse, die über Fallstudien einzelner Städte hinaus-

gehen. Klar scheint jedoch zu sein, dass sich die ethnische Segregation zugleich mit einer

sozialen Segregation vollzieht.149 Im Hinblick auf die Wohnraumversorgung von Migranten

sprechen Häußermann/Seibel von einer Unterschichtung150, da sie überwiegend in inner-

städtischen, nicht modernisierten Altbaugebieten, in alten Arbeiterquartieren an umweltbelas-

teten Standorten und in Sozialwohnungen leben.151 Vergessen werden darf bei der Diskussi-

on um die Beurteilung von Kolonien nicht, dass der Zugang zu Wohnraum und die Wahl des

Wohnortes (Stadtteils) im Wesentlichen von den materiellen Ressourcen bestimmt werden,

aber auch durch Zugangsbarrieren mittels Diskriminierung und somit nicht immer freiwillig

und als bewusste Segregation erfolgt.

In NRW wohnt mehr als die Hälfte der Befragten (59%) in überwiegend deutsch geprägten

Gegenden. 17% leben in gleichmäßig gemischten Vierteln und 19% in überwiegend von Tür-

ken bewohnten Stadtteilen. Bundesweit scheint die Ghettobildung noch etwas geringer zu

147 In diesem Sinne Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter: Soziale Integration und ethnische

Schichtung. Zusammenhänge zwischen räumlicher und sozialer Integration. Gutachten im Auftrag der Unabhängigen Kommission "Zuwanderung" 2001, S. 89f.; Esser, Hartmut: Integra-tion und ethnische Schichtung. Arbeitspapier Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialfor-schung Nr. 40. Mannheim 2001; Leggewie, Claus: Integration und Segregation. In: Bade, Klaus J./Münz, Heiner (Hrsg.): Migrationsreport 2000. Fakten, Analysen, Perspektiven. Frank-furt/New York 2000.

148 Vgl. Filsinger, Dieter: Bedingungen erfolgreicher Integration – Integrationsmonitoring und Eva-luation. Expertise im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn 2008, S. 26; Kersting, Vol-ker/Strohmeier, Klaus Peter/Triesch, Marion: Kontextbedingungen der Stadtteilentwicklung. Indikatorengestütztes Monitoring im Rahmen der Evaluation des integrierten Handlungspro-gramms "Soziale Stadt" in Nordrhein – Westfalen. Essen 2008.

149 Vgl. Lanz, Stephan: Berlin aufgemischt: abendländisch, multikulturell, kosmopolitisch? Die politische Konstruktion einer Einwanderungsstadt. Bielefeld 2007; Dangschat, Jens: Sag mir wo Du wohnst, und ich Sag Dir, wer Du bist. Zum aktuellen Stand der deutschen Segregati-onsforschung. In: Prokla, 4/1997: Häußermann, Hartmut/Oswald, Ingrid: Zuwanderung und Stadtentwicklung. In: Häußermann, Hartmut/Oswald, Ingrid (Hrsg.): Zuwanderung und Stadt-entwicklung. Leviathan Sonderheft 17/1997.

150 Siehe Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter: Soziale Integration und ethnische Schichtung. Zusammenhänge zwischen räumlicher und sozialer Integration. Gutachten im Auftrag der Un-abhängigen Kommission "Zuwanderung" 2001, S. 36f.

151 So auch Filsinger, Dieter: Bedingungen erfolgreicher Integration – Integrationsmonitoring und Evaluation. Expertise im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn 2008, S. 26

Page 150: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

150

sein: Hier leben 61% in deutsch geprägten Gegenden, 17% in gleichermaßen gemischten

Stadtteilen, 16% in überwiegend von Türken bewohnten Gegenden und 6% in Gebieten, in

denen überwiegend andere Zuwanderer leben. Obwohl damit die Mehrheit der Befragten

nicht in ethnisch geprägten Gegenden wohnt und somit auch mehr oder weniger automatisch

mit Deutschen in Kontakt kommen, deutet der Anteil von knapp einem Fünftel, die in über-

wiegend türkisch geprägten Gegenden leben, doch darauf hin, dass sich zumindest in eini-

gen Stadtteilen ethnisch verdichtete Wohnquartiere herausgebildet haben.

Abbildung 40: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend (Prozentwerte)

61,1 16,7 16,1 5,8

57,6 17,4 19,4 5,1

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

Überwiegend Deutsche Deutsche und Türken gleichermaßenÜberwiegend Türken Überwiegend andere Zuwanderer

Im Zeitvergleich ist in NRW kein einheitlicher Trend einer wohnräumlichen Konzentration,

aber auch kein Trend zur Entflechtung festzustellen: Nahm der Anteil der in türkisch ge-

prägten Gegenden Wohnenden zunächst zwischen 1999 und 2000 ab, war zwischen 2000

und 2002 eine Zunahme und 2003 wiederum eine leichte Abnahme festzustellen. 2004 zeig-

te sich jedoch abermals eine leichte Zunahme, 2005 und 2006 nahm der Anteil jedoch wie-

der geringfügig ab. In diesem Jahr zeigt sich praktisch keine Veränderung zu 2006, generell

sind die Veränderungen sehr gering.

Page 151: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

151

Abbildung 41: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend 1999 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Überwiegend Deutsche

Deutsche und TürkengleichermaßenÜberwiegend Türken

Überwiegend andereAusländer

Auch wenn sich keine eindeutige Kausalität ableiten lässt, wird bei der Untersuchung des

Zusammenhangs von ethnischer Zusammensetzung der Wohngegend und der Zufriedenheit

mit den Wohnverhältnissen sichtbar, dass Befragte, die in deutschen Wohngegenden leben,

zufriedener sind als Befragte, die in türkisch geprägten Gegenden leben, was darauf hin-

deutet, dass es sich bei der Entscheidung, in einem türkischen Viertel zu wohnen, nicht im-

mer um eine freiwillige Segregation handelt. Unzufriedenheit mit der Wohnsituation mag

nicht nur mit der ethnischen Zusammensetzung, sondern auch mit der generellen Qualität

der jeweiligen Quartiere zusammenhängen, da ethnische Kolonien häufig in Stadtteilen mit

niedriger Wohnqualität angesiedelt sind.152 Allerdings sind Migranten, die in Türkisch gepräg-

ten Gegenden wohnen, zufriedener als solche, die in gemischten Vierteln leben. Die ge-

ringste Zufriedenheit zeigt sich bei denjenigen, die in Vierteln leben, die überwiegend von an-

deren ethnischen Gruppen bewohnt werden.

Bei der Betrachtung des Zusammenhangs von Wohngegend und Zufriedenheit mit dem so-

zialen Umfeld zeigen sich Unterschiede zwischen NRW und Deutschland: In NRW sind Be-

fragte, die in Türkisch geprägten Gegenden leben, häufiger zufrieden als diejenigen in deut-

schen oder in gemischten Vierteln. Letztere sind jedoch ebenfalls zufriedener mit dem sozia-

len Umfeld als diejenigen, die in Vierteln leben, die durch andere ethnische Gruppen geprägt

sind. Für Deutschland zeigt sich die höchste Zufriedenheit mit dem sozialen Umfeld bei den-

152 Vgl. hierzu Friedrichs, Jürgen/Blasius, Jörg: Leben in benachteiligten Wohngebieten. Opladen

2000, S.195.

Page 152: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

152

jenigen, die in überwiegend deutschen Gegenden leben, gefolgt von denjenigen, die in ü-

berwiegend türkischen Stadtteilen wohnen.

Tabelle 41: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend nach Zufriedenheit mit den Wohnverhältnissen und Zufriedenheit mit dem sozialen Umfeld (Prozentwerte)

Zufriedenheit mit den Wohnverhältnissen

Zufriedenheit mit dem sozialen Umfeld

NRW Überwiegend Deutsche 83,7 78,7

Türken und Deutsche gleichermaßen 72,4 78,0 Überwiegend Türken 80,5 80,3

Überwiegend andere Ausländer 66,7 62,5 Gesamt 80,3 78,2 Deutschland

Überwiegend Deutsche 84,8 77,4 Türken und Deutsche gleichermaßen 69,5 67,1

Überwiegend Türken 76,4 71,7 Überwiegend andere Ausländer 64,9 65,3

Gesamt 79,6 74,0

Die Wohnsituation der Befragten unterscheidet sich nach der ethnischen Zusammensetzung

der Wohngegend – was teilweise die unterschiedliche Zufriedenheit mit den Wohnverhältnis-

sen beeinflussen mag. Befragte in NRW, die in türkischen Kolonien leben, wohnen zu 72% in

Mietwohnungen, nur 20% haben Wohneigentum (Wohnung oder Haus). Befragte, die in

deutschen Gegenden leben, wohnen zu 51% in einer Mietwohnung und haben zu 44%

Wohneigentum.

Bundesweit sind die gleichen Tendenzen zu finden. Befragte in türkischen Stadtteilen woh-

nen zu 66% in Mietwohnungen, allerdings haben immerhin 27% dort Wohneigentum. Doch

von denjenigen, die in deutschen Vierteln leben, wohnen 45% in Mietwohnungen und 46%

haben dort Wohneigentum.

Page 153: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

153

Abbildung 42: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend nach Wohnsituation – nur NRW (Zeilenprozent)

78,4% 11,8% 9,8%

72,3% 11,8% 7,7% 8,2%

69,9% 12,1%3,5%

14,5%

50,5% 16,8% 5,6% 27,1%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Überwiegend Deutsche

Deutsche und Türken gleich

Überwiegend Türken

Überwiegend andereAusländer

Mietwohnung Eigentumswohnung Gemietetes Haus Eigenes Haus

Die Kontakte zur deutschen Nachbarschaft sind naturgemäß in deutschen Wohngegenden

ausgeprägter als in türkisch geprägten Wohnquartieren. Zugleich ist jedoch der Wunsch

nach mehr Kontakten zu Deutschen nahezu gleichermaßen vorhanden. Am stärksten aus-

geprägt ist der Wunsch nach Kontakt zu Deutschen bei denjenigen, die in gemischten Vier-

teln leben.

Tabelle 42: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend nach bestehenden Kontakten in der Nachbarschaft und nach Wunsch nach mehr Kontakten zu Deutschen (Prozentwerte)

Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend

Kontakte in der Nachbarschaft

Wunsch nach mehr Kontakten

Ja Ja NRW

Überwiegend Deutsche 86,3 53,6 Deutsche und Türken gleichermaßen 77,6 60,3

Überwiegend Türken 72,3 54,9 Überwiegend andere Ausländer 72,5 54,9

Gesamt 81,3 55,1 Deutschland

Überwiegend Deutsche 85,7 51,4 Deutsche und Türken gleichermaßen 78,4 56,0

Überwiegend Türken 71,6 53,4 Überwiegend andere Ausländer 69,0 52,6

Gesamt 81,1 52,6

Insgesamt ist bei der Frage der wohnräumlichen Segregation kein eindeutiger Trend im Zeit-

vergleich auszumachen. Die größere Zufriedenheit der Befragten mit ihrer Wohnsituation in

deutschen Quartieren spricht dafür, dass die ethnische Koloniebildung nicht immer frei ge-

Page 154: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

154

wählt ist. Zugleich ist die Wohnsituation bei Befragten in deutschen Gegenden stärker durch

Eigentum gekennzeichnet, was die Zufriedenheit mit beeinflussen kann.

6.5.3. Organisatorische Integration

Die Entstehung eigenethnischer Organisationsstrukturen, die inzwischen in fast allen Le-

bensbereichen existieren, wird in der Öffentlichkeit häufig als ein deutliches Zeichen der Bil-

dung von Parallelgesellschaften wahrgenommen und weckt die Ängste vor einer Fragmentie-

rung der Gesellschaft.153 Inzwischen hat sich jedoch in Wissenschaft und Politik die Akzep-

tanz eigenethnischer Organisationen herausgebildet und die Erkenntnis durchgesetzt, dass

sie nicht per se Zeichen von Desintegration sein müssen, sondern auch ein Faktor sein kön-

nen, der die Identitätsbildung unterstützt, der soziale Netzwerke schafft, vor allem aber auch

die Interessen der Zuwanderer bündeln, artikulieren und in den politischen und gesellschaft-

lichen Prozess einbringen kann.154 Umgekehrt werden Migrantenorganisationen heute in al-

len Lebensbereichen als Partner bei der Umsetzung – in geringerem Maße auch bei der Er-

arbeitung der Konzepte - der Integrationspolitik herangezogen, da scheinbar nur über sie der

Zugang zur Migrantencommunity möglich ist. Dem Engagement von Migranten wird in jünge-

rer Zeit viel Aufmerksamkeit geschenkt, und zahlreiche Maßnahmen - einerseits aus dem

Bereich der interkulturellen Sensibilisierung aufnahmegesellschaftlicher Organisationszu-

sammenhänge, andererseits aber auch im Kontext eines fortschreitenden "Empowerments"

der Migrantenorganisationen – eingeleitet. Der Nationale Integrationsplan formuliert zur Fra-

ge, ob eigenethnische Organisationen integrationsfördernd oder –hemmend, sind folgendes:

"Freiwilliges Engagement von Migranten fördert die Integration, wenn die Aktivitäten ge-

meinwohlorientiert ausgeübt werden, nicht auf Abschottung gegenüber der Aufnahmegesell-

schaft gerichtet sind sowie Transparenz und Dialogbereitschaft erkennen lassen. Bürger-

schaftliches Engagement, das erfolgreich in der eigenen Kultur, Sprache oder Religion ver-

ankert ist, kann auch Ausgangspunkt für den Brückenschlag zur Aufnahmegesellschaft

153 Vgl. Esser, Hartmut: Ethnische Kolonien: Binnenintegration oder gesellschaftliche Isolation?

In: Hoffmeyer-Zlotnik, Jürgen (Hrsg.): Segregation und Integration. Die Situation von Arbeits-migranten im Aufnahmeland. Mannheim 1986; Zentrum für Türkeistudien: Die Ablehnung und Akzeptanz infrastruktureller Einrichtungen der türkischen Minderheit durch die aufnehmende Gesellschaft und Konfliktkonstellationen individueller, infrastruktureller und regionaler Desin-tegrationspotentiale, ZfT-aktuell Nr. 83. Essen 2000.

154 So Janssen, Andrea/Polat, Ayça: Soziale Netzwerke türkischer Migranten. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 1-2/2006; Diehl, Claudia/Urban, Julia/Esser, Hartmut: Die soziale und politi-sche Partizipation von Zuwanderern in der Bundesrepublik. Hrsgg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn 1998, S. 26. Weiter hierzu Cappai, Gabriele: Im migratorischen Dreieck. Eine empirische Untersuchung über Migrantenorganisationen und ihre Stellung zwischen Her-kunfts- und Aufnahmegesellschaft. Stuttgart 2005.

Page 155: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

155

sein."155 Somit gilt ähnlich wie für die Koloniebildung, dass nicht die Existenz der eigenethni-

schen Organisationen bzw. die Mitgliedschaft darin, sondern einerseits die Bedingungen un-

ter denen sie entstehen und andererseits die Funktion, die sie für minderheits- und Mehr-

heitsgesellschaft ausüben, integrationsrelevant sind.

Allerdings ist die Einbindung in gesellschaftliche Organisationen ebenso wie das freiwillige

Engagement unter den türkeistämmigen Migranten weniger verbreitet als bei Deutschen.156

Abbildung 43: Mitgliedschaft in Vereinen (Prozentwerte)

50,4 16,3 21,6 11,7

45,6 14,7 21,6 18,1

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

NRW

Deutschland

Keine Mitgliedschaft nur in deutschem Verein deutschem und türkischem Verein nur in türkischem Verein

In NRW sind 46% der Befragten in keinem Verein organisiert, 54% gaben eine Mitgliedschaft

an. 15% sind nur in deutschen und 22% sowohl in deutschen als auch in türkischen Vereinen

organisiert. Somit sind 37% aller Befragten auch in deutschen Vereinen Mitglied. Neben den

19%, die sowohl in deutschen als auch in türkischen Vereinen organisiert sind, gehören 18%

nur türkischen Vereinen an, insgesamt sind somit 40% auch in türkischen Vereinen Mitglied.

Bundesweit sind mit 50% noch etwas mehr türkeistämmige Migranten in keinem Verein or-

ganisiert als in NRW. 16% sind nur in deutschen Vereinen, 22% in deutschen und türkischen

Organisationen. Somit sind auf Bundesebene 38% der Befragten auch in deutschen Verei-

155 Vgl. Die Bundesregierung: Der Nationale Integrationsplan. Neue Wege – neue Chancen. Ber-

lin 2007, S. 173f. 156 Vgl. Halm, Dirk/Sauer, Martina: Bürgerschaftliches Engagement von Türkinnen und Türken in

Deutschland. Wiesbaden 2007.

Page 156: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

156

nen. 12% - und damit 6 Prozentpunkte weniger als in NRW – sind nur in türkischen Verei-

nen.

Berechnet man die Anteile jedoch nur bezogen auf die Zahl der Mitglieder, ergeben sich für

NRW (N = 544) 40%, die sowohl in türkischen als auch in deutschen Vereinen sind, 27%, die

sich nur in deutschen und 33%, die sich nur in türkischen Vereinen engagieren. Bundesweit

zeigt diese Berechnung (N = 504) 33%, die sowohl in deutschen als auch in türkischen Ver-

einen sind, 24%, die nur in deutschen und 44%, die nur in türkischen Organisationen Mitglie-

der sind. Somit ist die ausschließliche Organisation in türkischen Vereinen in NRW geringer

als auf Bundesebene.

Tabelle 43: Mitgliedschaft in Vereinen nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)

Keine Mitgliedschaft

Mitglieder*

Nur im deutschen

Verein

Im deutschen

und türkischen

Verein

Nur im türkischen

Verein

NRW D NRW D NRW D NRW D Geschlecht

Männlich 35,9 41,8 23,1 19,9 40,7 33,8 36,2 46,4 Weiblich 55,9 59,9 33,0 29,9 38,1 31,2 28,8 39,6

Altersgruppen Unter 30 Jahre 51,7 58,9 51,3 35,6 37,2 28,9 11,5 35,6 30 bis 44 Jahre 46,4 49,2 25,1 22,4 50,6 39,7 24,3 37,9 45 bis 59 Jahre 37,0 44,2 17,4 21,7 25,7 27,8 56,9 50,4

60 Jahre und älter 42,7 50,4 7,9 13,8 23,8 20,7 68,3 65,5 Aufenthaltsdauer

4 bis 9 Jahre 65,7 70,5 25,0 27,8 41,7 27,8 33,3 44,4 10 bis 19 Jahre 51,4 54,3 32,0 28,0 46,4 30,5 21,6 41,5

20 und mehr Jahre 40,6 46,4 25,1 21,8 37,4 33,7 37,4 44,5 Generationszugehörigkeit

Erste Generation 41,8 51,3 10,9 14,1 25,5 23,9 63,6 62,0 Nachfolgegeneration 39,9 43,7 35,8 28,8 44,0 36,2 20,2 35,1

Heiratsmigranten 58,3 61,2 18,6 18,4 44,2 31,6 37,2 50,0 Gesamt 45,6 50,5 27,0 23,5 39,7 32,8 33,3 43,7

* Prozentzahlen bezogen nur auf die Mitglieder (NRW: N = 544, Deutschland N = 504)

Frauen sind deutlich seltener als Männer in Vereinen organisiert. Der Alterszusammenhang

zeigt, dass der höchste Anteil Nicht-Organisierter in der jüngsten Gruppen besteht. Am ge-

ringsten ist dieser Anteil unter den 45- bis 59-Jährigen, sie sind am häufigsten organisiert.

Wenig aktiv sind Migranten, die zwischen 4 und 9 Jahren in Deutschland leben, mit steigen-

der Aufenthaltsdauer nimmt der Anteil der Nicht-Organisierten stetig ab. Heiratsmigranten

Page 157: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

157

der Nachfolgegeneration sind am häufigsten nicht organisiert, die Nachfolgegeneration weist

hingegen das stärkste Engagement auf.

Betrachtet man nun, wie sich die Mitglieder der verschiedenen sozialen Gruppen auf deut-

sche oder türkische Vereine verteilen, fällt auf, dass in NRW die organisierten Frauen deut-

lich häufiger nur in deutschen und deutlich seltener nur in türkischen Vereinen sind – Für

Deutschland gilt dies nicht, hier ist es umgekehrt.

Der Alterszusammenhang der Mitglieder sowohl in NRW als auch in Deutschland verdeut-

licht, dass mit zunehmendem Alter der Anteil derjenigen, die nur in deutschen Vereinen or-

ganisiert sind, ab- und der Anteil der nur in türkischen Vereinen Organisierten zunimmt. Die

Aufenthaltsdauer zeigt keinen tendenziellen Zusammenhang.

Die Generationszugehörigkeit zeigt den Alterszusammenhang nochmals deutlich: Erstgene-

rationsangehörige sind überdurchschnittlich häufig und zu fast zwei Dritteln nur in türkischen,

aber immerhin auch zu einem Viertel in deutschen und türkischen Vereinen tätig. Nachfolge-

generationsangehörige sind deutlich häufiger nur in deutschen und überdurchschnittlich häu-

fig in deutschen und türkischen Vereinen, selten hingegen nur in türkischen. Heiratsmigran-

ten tendieren jedoch überdurchschnittlich zu türkischen Organisationen.

Der NRW-Vergleich mit den Ergebnissen der letzten Jahre157 zeigt, dass bis 2005 der Orga-

nisationsgrad insgesamt leicht und stetig angestiegen ist, 2006 aber um drei Prozentpunkte

und 2008 um weitere 3 Prozentpunkte zurückging. Die Anteile nach ethnischem Hintergrund

der Mitgliedschaft schwanken nur wenig, zeigen aber keinen einheitlichen Trend. In diesem

Jahr hat sowohl die Mitgliedschaft nur in türkischen als auch die Mitgliedschaft nur in deut-

schen Vereinen abgenommen, zugleich hat die Mitgliedschaft sowohl in deutschen als auch

in türkischen Vereinen zugenommen. Auf dieser Datenbasis kann von einer zunehmenden

Abschottung in eigenethnischen Vereinen in den letzten Jahren jedenfalls nicht gesprochen

werden.

157 Die Mitgliedschaft in Vereinen wurde in den Befragungen 1999 und 2000 nicht erhoben.

Page 158: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

158

Abbildung 44: Mitgliedschaft in Vereinen 2001 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Keine Mitgliedschaft

Nur in deutschem Verein

In deutschem undtürkischem VereinNur in türkischem Verein

Die deutschen Organisationen, in denen die Migranten mit 15% in NRW und mit 12% in

Deutschland am häufigsten anzutreffen sind, sind Sportvereine. An zweiter Stelle folgen mit

13% bzw. 10% die Gewerkschaften. Die Gewerkschaftsmitgliedschaft ist traditionell unter

allen "Gastarbeiternationen" stark ausgeprägt. Gewerkschaften waren von Beginn der Ar-

beitsmigration an die Institutionen, in denen sich Landsleute, Kollegen und Gleichgesinnte

treffen konnten. Weiter folgen mit großem Abstand politische Organisationen (5% bzw. 4%),

Kulturvereine158 (3% bzw. 4%) und Bildungsvereine (3% bzw. 4%).

Unter den türkischen Vereinen liegt das Schwergewicht eindeutig im kulturellen und religiö-

sen Bereich. Rund jeder Vierte (26% in NRW und 24% deutschlandweit) gehört einer religiö-

sen Gemeinschaft an. Mit großem Abstand und 9% folgen Kulturvereine, danach stehen mit

4% in NRW und 6% in Deutschland Sportvereine und Bildungsvereine (4%).

Weder in der Größendimension noch der Reihenfolge unterscheiden sich die Vereinsmit-

gliedschaften der türkeistämmigen Migranten in NRW und in Deutschland.

Ein bemerkenswerter Befund ist die in NRW fast dreifache und deutschlandweit doppelte

Organisationsquote in deutschen Sportvereinen im Vergleich zu türkischen Sportvereinen

Obwohl es in allen größeren Städten und insbesondere in denen mit hohen Anteilen an tür-

keistämmiger Bevölkerung türkische Sportvereine gibt, organisieren sich deutlich mehr

Migranten in deutschen Vereinen. Sicher ist dies zum Teil der geringeren Vielfalt des türki-

158 Hierunter sind in erster Linie internationale oder bikulturelle Organisationen im Sinne von Be-

gegnungs- und Freundschaftsvereinen zu verstehen.

Page 159: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

159

schen Sportvereinwesens geschuldet, doch ist kein Trend zu einer Abkehr von deutschen

hin zu türkischen Sportvereinen zu erkennen.

Tabelle 44: Verteilung nach deutschen und türkischen Organisationen (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)

Deutsche Organisationen Türkische Organisationen NRW

Sportverein 15,4 Religiöse Organisation 26,0 Gewerkschaft 12,5 Kulturverein 8,7

Politische Vereinigung/Gruppe 4,5 Sportverein 4,3 Kulturverein 3,3 Bildungsverein 4,2

Bildungsverein 3,0 Ethnische/Nationale Gruppe 3,7 Berufsverband 3,0 Politische Vereinigung/Gruppe 1,6 Freizeitverein 1,9 Frauengruppe 1,0

Frauengruppe 1,1 Freizeitverein 0,9 Religiöse Organisation 1,0 Berufsverband 0,5

Deutschland Sportverein 12,1 Religiöse Organisation 24,2

Gewerkschaft 9,5 Kulturverein 8,7 Politische Vereinigung/Gruppe 4,0 Sportverein 5,5

Kulturverein 3,5 Bildungsverein 4,1 Bildungsverein 3,5 Ethnische/Nationale Gruppe 2,3 Berufsverband 3,2 Politische Vereinigung/Gruppe 1,4 Freizeitverein 1,2 Frauengruppe 0,5

Frauengruppe 0,9 Freizeitverein 0,5 Religiöse Organisation 1,2 Berufsverband 0,3

Betrachtet man die Veränderungen der Mitgliedschaftsanteile in den verschiedenen Vereinen

und Verbänden zur letzten Erhebung 2006 in NRW, ergeben sich nur geringfügige Verände-

rungen und nur zwei Organisationen mit deutlichen Veränderungen. Bezüglich der deut-

schen Organisationen verlieren die Gewerkschaften drei Prozentpunkte, politische Gruppen

legen 2 Prozentpunkte zu.

Auch die Verteilung auf die türkischen Organisationen zeigt nur geringe Veränderungen. Al-

lerdings verzeichnen die Moscheevereine drei Prozentpunkte mehr Mitglieder, die Kulturver-

eine verlieren zwei Prozentpunkte und die Sportvereine sogar 3 Prozentpunkte, zugleich le-

gen Bildungsvereine um 1 Prozentpunkt zu.

Entsprechend der leichten Zunahme der Religiosität hat der Organisationsgrad in religiösen

Vereinen ebenfalls zugenommen. Der Anteil der in Moscheevereinen Organisierten stieg von

2003 zu 2004 deutlich an, zeitverzögert zum starken Anstieg der Religiosität von 2002 zu

2003. 2005 blieb er auf dem Niveau von 2004. 2006 lag er geringfügig über dem Niveau von

2005, um in diesem Jahr wiederum etwas zu steigen. Allerdings ist der Anstieg der Mitglied-

schaft in Moscheevereinen bei weitem nicht so ausgeprägt, wie die Zunahme der Religiosi-

tät.

Page 160: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

160

Tabelle 45: Mitgliedschaft in Vereinen 2001 bis 2008 - nur NRW (Prozentwerte)

Mitgliedschaft 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Diff. 2006 - 2008

Deutsche Vereine Sportverein 12,9 15,0 17,7 16,6 17,9 15,6 15,4 -0,2

Gewerkschaft 16,7 10,1 13,6 16,4 15,7 15,4 12,5 -2,9Politische Gruppe 2,7 2,2 1,8 2,5 2,6 2,7 4,5 1,8

Kulturverein 2,7 3,8 4,0 3,9 2,2 4,0 3,3 -0,7Bildungsverein 2,1 3,0 3,0 4,4 3,0 3,0 3,0 0Berufsverband 4,1 2,4 3,1 3,2 2,3 2,4 3,0 0,6Freizeitverein 1,8 0,9 1,6 1,9 1,4 1,2 1,9 0,7

Frauengruppe - - - 0,9 0,9 1,2 1,1 -0,1Rel. Organisation 0,4 0,4 0,5 1,2 0,5 0,8 1,1 0,3

Türkische Vereine Moscheevereine 18,3 16,2 16,1 21,6 21,2 23,1 26,0 2,9

Kulturverein 9,1 11,1 19,7 11,8 13,5 11,0 8,7 -2,3Sportverein 6,8 7,0 8,7 9,3 7,5 7,4 4,3 -3,1

Bildungsverein 2,4 10,4 5,5 5,3 3,5 3,1 4,2 1,1Ethnische Gruppe 2,1 3,2 1,6 3,3 2,3 3,9 3,7 -0,2Politische Gruppe 1,5 1,9 2,3 1,4 1,3 1,7 1,6 -0,1

Frauengruppe - - - 1,1 1,0 1,5 1,0 -0,5Freizeitverein 0,4 1,1 0,6 1,7 0,3 1,5 0,9 -0,6

Berufsverband 0,9 0,6 0,6 0,8 0,9 1,2 0,5 -0,7

Analysiert man die Mitglieder der Organisationen mit den meisten Mitgliederanteilen nach

Alter, Aufenthaltsdauer, Generation und Geschlecht, so fällt auf, dass in Moscheevereinen

und türkischen Kulturverbänden das Durchschnittsalter der Mitglieder sehr hoch ist. In türki-

schen Sportvereinen ist es erwartungsgemäß niedriger, in NRW noch deutlicher als auf Bun-

desebene, wo doch offenbar auch etliche ältere Migranten in türkischen Sportvereinen orga-

nisiert sind. Die Mitglieder in deutschen Sportvereinen sind dabei noch deutlich jünger als in

türkischen. Bei den muslimischen Organisationen und den Gewerkschaften zeigt sich dar-

über hinaus die höchste durchschnittliche Aufenthaltsdauer. Entsprechend des Durch-

schnittsalters sind Erstgenerationsangehörige in den Moscheevereinen deutlich und in den

Kulturvereinen leicht überproportional häufig Mitglieder. Auf Bundesebene gehören jedoch

insbesondere Heiratsmigranten türkischen Kulturvereinen an. Angehörige der Nachfolge-

generationen sind dort unterrepräsentiert. Sie sind dagegen in den Sportvereinen überreprä-

sentiert, in den deutschen noch deutlich stärker als in den türkischen.

Frauen sind in den Organisationen generell unterrepräsentiert, am stärksten in den türki-

schen Kultur- und Sportvereinen. In den deutschen Sportvereinen sind sie jedoch überreprä-

sentiert.

Page 161: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

161

Tabelle 46: Mitgliedschaft in ausgewählten Organisationen nach soziodemographischen Merkmalen (Mittelwerte* und Prozentwerte)

Türkische Vereine Deutsche Vereine Religion Kultur Sport Sport Gewerk-

schaften NRW Alter* 42,9 43,1 37,3 31,6 40,3 Aufenthaltsdauer* 27,4 26,7 24,2 26,7 27,8 Generation

Erste 40,2 9,0 1,6 3,7 9,5 Nachfolge 23,1 8,6 5,3 23,9 16,0

Heiratsmigranten 22,2 8,1 4,4 8,1 8,5 Geschlecht

Männlich 30,6 12,9 6,0 17,2 16,0 Weiblich 21,1 4,3 2,5 13,6 8,8

Gesamt 26,0 8,7 4,3 15,4 12,5 Deutschland Alter* 42,4 42,7 41,2 34,8 42,9 Aufenthaltsdauer* 27,1 25,5 26,3 25,4 28,2 Generation

Erste 30,2 7,9 4,2 3,7 8,5 Nachfolge 25,5 7,9 6,9 19,3 11,9

Heiratsmigranten 19,7 9,8 3,7 6,3 6,8 Geschlecht

Männlich 28,7 11,5 8,5 11,5 11,7 Weiblich 19,4 5,6 2,3 12,7 7,1

Gesamt 24,2 8,7 5,5 12,1 9,5 * Mittelwert in Jahren

Insgesamt ist in der Zeit von 1999 bis 2005 in der türkischen Community in NRW eine leich-

te, aber stetige Zunahme der gesellschaftlichen Einbindung durch Organisationen festzustel-

len. Seit 2006 nimmt diese aber wieder ab. Die Verteilung der Mitglieder nach ethnischem

Hintergrund ist dabei relativ gleich bleibend, sowohl die ausschließliche Mitgliedschaft in tür-

kischen wie in deutschen Vereinen geht zugunsten von Mitgliedschaften in beiden zurück.

Inzwischen sind gut zwei Drittel (67% in NRW und 66% in Deutschland) der Organisierten

zumindest auch in deutschen Organisationen Mitglied, unter den jungen Migranten sind es

sogar noch mehr. Somit kann von einer organisatorischen Abschottung nicht die Rede sein,

schon gar nicht bei jungen Migranten.

Ein zentraler Teil der Mitgliedschaft in türkischen Organisationen gründet sich auf das Be-

dürfnis religiöser und kultureller Anbindung, das deutsche Organisationen nicht erfüllen kön-

nen. Religiöse Organisationen haben wiederum einen etwas höheren Zulauf von drei Pro-

zentpunkten, insgesamt zeigt sich die Verteilung nach Organisationen in diesem Jahr jedoch

relativ unverändert.

Page 162: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

162

6.5.4. Diskriminierungserfahrungen

Das Zugehörigkeitsgefühl - und damit die Identifikation und die Integrationsbereitschaft - von

Migranten wird neben den wirtschaftlichen und sozialen Teilhabechancen in hohem Maße

vom Verhältnis zur Mehrheitsgesellschaft beeinflusst. Dieses Verhältnis wird geprägt durch

die alltägliche Erfahrung im Umgang mit den Menschen, umfasst aber auch Behörden, Poli-

tik, die Gesetzeslage und das allgemeine politische und gesellschaftliche Klima usw.159 Ak-

zeptanz durch das Aufnahmeland und Identifikation mit ihm gehen Hand in Hand. Die sub-

jektive Wahrnehmung von Akzeptanz oder Ablehnung, beispielsweise in Form von Diskrimi-

nierung, muss dabei jedoch nicht immer mit objektiv nachweisbaren Gegebenheiten oder

Erlebnissen übereinstimmen, sondern wird beeinflusst von Erwartungshaltungen sowie kol-

lektiven und individuellen Stimmungen. Die Migranten der Nachfolgegeneration entwickeln

ein anderes Verständnis von ihrem Platz in der deutschen Gesellschaft. Sie stellen andere

Ansprüche an die Akzeptanz und Toleranz ihrer Kultur.160 Diesen Anspruch hatten die Erst-

generationsangehörigen in weit geringerem Maß, da sie glaubten, nur vorübergehend in der

Fremde zu leben. So machen die Internalisierung von Gleichheitsgrundsätzen und die partielle

Annäherung an die deutsche Kultur Zweit- und Drittgenerationsangehörige gegenüber Dis-

kriminierung und Benachteiligung möglicherweise sensibler, die Frustrationen sitzen meistens

tiefer.

Insgesamt gaben 71% der Befragten in NRW und 72% in Deutschland an, im alltäglichen

Leben die Erfahrung ungleicher Behandlung von Ausländern und Deutschen gemacht zu

haben, 29% bzw. 28% blieb diese Erfahrung bisher erspart.

159 Vgl. Öztoprak, Ümit: Identitäts- und Akkulturationsstile türkischer Jugendlicher. Frankfurt a.M.

2007; Sackmann, Rosemarie/Schultz, Tanjev/Prümm, Kathrin/Peters, Bernhard: Kollektive I-dentitäten: Selbstverortungen türkischer MigrantInnen und ihrer Kinder. Frankfurt/M. 2005; Reiff, Gesa: Identitätskonstruktionen in Deutschland lebender Türken der 2. Generation. Stutt-gart 2006.

160 Vgl. dazu Hansen, Georg: Die Deutschmachung. Ethnizität und Ethnisierung im Prozess von Ein- und Ausgrenzung. Münster 2001; Kecskes, Robert: Die starken Gründe unter sich zu bleiben. Zur Begründung und Entstehung ethnisch homogener sozialer Netzwerke unter türki-schen Jugendlichen. In: Zeitschrift für Türkeistudien 1/2 2001; Gestring, Norbert/Janssen, Andrea/Polat, Ayça: Integrationspfade - Die zweite Generation in den USA und in Deutsch-land. In: Siebel, Walter (Hrsg.): Die europäische Stadt. Frankfurt/M 2004.

Page 163: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

163

Abbildung 45: Diskriminierungserfahrungen (Prozentwerte)

28,0 72,0

29,0 71,0

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

Nein Ja

Stieg der Anteil derjenigen, die Ungleichbehandlung erfuhren, seit 1999 stetig und deutlich

von 65% auf 71% im Jahr 2001161 und auf 80% in den Jahren 2002 und 2003, ging er 2004

etwas zurück, im Jahr 2005 lag er auf dem Level von 2004. 2006 ging der Anteil ebenso wie

in diesem Jahr leicht zurück. Ob es sich bei diesen Veränderungen der Diskriminierungs-

wahrnehmung um eine geänderte Sensibilisierung oder Empfindlichkeit der Migranten han-

delt oder um einen Wandel der tatsächlichen Ungleichbehandlung, kann hier nicht beantwor-

tet werden. Doch trotz der erfreulicherweise rückgängigen Diskriminierungserfahrung ist der

Anteil, der Ungleichbehandlung erfährt, immer noch erschreckend hoch.

Abbildung 46: Diskriminierungserfahrungen 1999 bis 2008* - nur NRW (Prozentwerte)

Ja

0

20

40

60

80

100

1999 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

* Im Jahr 2000 wurden die Diskriminierungserfahrungen nicht erfasst.

161 Im Jahr 2000 wurde die Diskriminierungsperzeption nicht erhoben.

Page 164: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

164

Es bestätigt sich zwar, dass junge Migranten unter 30 Jahren etwas häufiger Diskriminierung

wahrnehmen als ältere Migranten, am häufigsten gaben jedoch Befragte der beiden mittleren

Altersgruppen Erfahrungen an. Die Generationszugehörigkeit bestätigt zwar die höhere

Wahrnehmung von Diskriminierung der Nachfolgegeneration im Vergleich zur ersten Gene-

ration, in NRW gaben jedoch Heiratsmigranten der zweiten Generation am häufigsten Dis-

kriminierungserfahrungen an. Die Aufenthaltsdauer hat nur wenig Einfluss auf die Wahrneh-

mung von Diskriminierung. Frauen nehmen Diskriminierung deutlich seltener wahr als Män-

ner.

Tabelle 47: Diskriminierungserfahrungen nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)

Diskriminierungs- erfahrungen

NRW Deutschland Geschlecht

Männlich 77,8 75,2 Weiblich 63,9 68,5

Altersgruppen Unter 30 Jahre 67,1 73,2 30 bis 44 Jahre 73,7 72,5 45 bis 59 Jahre 72,3 75,2

60 Jahre und älter 65,5 61,5 Aufenthaltsdauer

4 bis 9 Jahre 71,4 73,8 10 bis 19 Jahre 73,5 73,5

20 und mehr Jahre 70,2 71,4 Generationszugehörigkeit

Erste Generation 64,6 66,1 Nachfolgegeneration 71,2 74,7

Heiratsmigranten 73,3 70,2 Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 68,8 67,5 Ortaokul 71,8 77,4

Lise 79,1 73,2 Hauptschule 73,3 69,7

Realschule 68,2 82,8 Fachoberschule/Fachabitur 61,1 63,0

Abitur 67,6 69,6 Berufliche Stellung

Arbeiter/Facharbeiter 78,6 71,6 Angestellte 79,8 81,3

Selbstständige 71,4 68,0 Gesamt 71,0 72,0

Der Schulabschluss wirkt sich ebenfalls aus: Befragte mit einem höheren türkischen Ab-

schluss nehmen tendenziell Diskriminierung deutlich häufiger wahr als mit niedrigem türki-

Page 165: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

165

schen Abschluss, dies gilt jedoch für Befragte mit deutschen Abschlüssen nicht. In NRW sind

es die Hauptschulabsolventen, die am häufigsten Diskriminierung erfahren, bundesweit sind

es mit deutlichem Abstand die Realschulabsolventen. Die berufliche Stellung zeigt in NRW

zwischen Arbeitern und Angestellten kaum Unterschiede, bei Selbstständigen ist die Wahr-

nehmung von Diskriminierung etwas geringer. In Deutschland nehmen jedoch Angestellte

häufiger als Arbeiter Ungleichbehandlung wahr, Selbstständige am seltensten.

Die Diskriminierungserfahrungen stehen auch mit Orientierungen und Einstellungen in Zu-

sammenhang. Allerdings besteht – entgegen nahe liegender Vermutung - zwischen sehr und

eher religiösen Migranten und weniger oder gar nicht Religiösen nur ein geringer Unter-

schied.

Tabelle 48: Diskriminierungserfahrungen nach Einstellungen (Zeilenprozent)

Diskriminierungs- erfahrungen

NRW Deutschland Religiosität

Sehr und eher religiös 70,7 72,3 Eher nicht und gar nicht religiös 70,4 70,0

Rückkehrabsicht Ja 80,1 77,4

Nein 65,2 67,6 Heimatverbundenheit

Türkei 77,6 73,5 Deutschland 58,4 69,4

Beide Länder 71,3 71,1 Freizeitkontakte zu Deutschen

Häufig 72,6 73,3 Manchmal 67,8 70,3 Selten/Nie 71,8 72,0

Wunsch nach Kontakten zu Deutschen Ja 69,7 70,2

Nein 73,7 74,7 Gesamt 71,0 72,0

Befragte mit Rückkehrneigung machen häufiger die Erfahrung von Diskriminierung als sol-

che ohne Rückkehrabsicht, ebenso wie Türkeiverbundene häufiger Diskriminierungserfah-

rungen nennen als Deutschlandverbundene. Diese Differenz ist in NRW ausgeprägter als in

Deutschland. Ob die Diskriminierungserfahrungen die Rückkehrabsicht und die Ver-

bundenheit zur Türkei bedingen, muss Spekulation bleiben und kann anhand dieser Daten

nicht geklärt werden. Allerdings scheint sich der freundschaftliche Kontakt zu Deutschen nur

wenig auf die Wahrnehmung von Diskriminierung auszuwirken. Allerdings gaben Befragte,

Page 166: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

166

die sich keine weiteren Kontakte zu Deutschen wünschen, häufiger Diskriminierungserfah-

rungen an als solche, die diesen Wunsch haben.

Abbildung 47: Diskriminierungserfahrungen in verschiedenen Lebensbereichen (Prozentwerte)

7,97,8

9,713,2

10,29,5

14,714,7

17,416,7

18,918,3

20,320,3

22,824,8

25,525,8

3836,4

41,844,4

43,143,3

48,749,8

0 10 20 30 40 50 60

AmArbeitsplatz/Schule/Uni

Bei der Arbeitssuche

Bei der Wohnungssuche

Bei Behörden

In der Nachbarschaft

Beim Einkaufen

Bei der Polizei

Im Krankenhaus

Beim Arzt/Ärztin

Bei Gericht

In Discos

In Gaststätten

In Vereinen

NRW Deutschland

Page 167: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

167

Die empfundene ethnische Diskriminierung variiert nach Lebensbereichen: Die Bereiche, in

denen am häufigsten Diskriminierung empfunden wird, sind diejenigen, in denen generell ein

hohes Maß an ökonomischer oder sozialer Konkurrenz und Konflikte um knappe Ressourcen

herrscht: Rund die Hälfte (49% in NRW und 50% in Deutschland) der befragten Migranten

gaben an, bereits am Arbeitsplatz diskriminiert worden zu sein, 43% bei der Arbeitssuche

und 42% in NRW und 44% in Deutschland bei der Wohnungssuche. Erschreckend hoch ist

der Anteil von 38% in NRW und 36% in Deutschland, die bei Behörden Ungleichbehandlung

erfuhren.

In der Nachbarschaft und beim Einkauf liegt der Anteil derer, die Diskriminierung erfahren,

sowohl in Deutschland als auch in NRW bei rund einem Viertel. Auch bei der oder durch die

Polizei erfuhr schon ein Fünftel Diskriminierung. Im Krankenhaus und bei Ärzten muss knapp

jeder Fünfte Erfahrung von Ungleichbehandlung machen.

Bereiche, in denen die geringste Ungleichbehandlung zu beobachten ist, sind Vereine, Gast-

stätten, Diskos und bei Gericht.

Die Wahrnehmung von Diskriminierung variiert zwischen den Migranten in NRW und in

Deutschland kaum. Die größten Unterschiede ergeben sich bei Gaststätten, deutschlandweit

wird Diskriminierungserfahrung hier um 4 Prozentpunkte häufiger angegeben. 3 Prozent-

punkte Unterschied ergeben sich bei der Wohnungssuche, auch hier geben deutschlandweit

mehr Migranten an, Diskriminierung erlebt zu haben als in NRW.

Der Vergleich über die gesamte Zeitspanne von 1999 bis 2008 in NRW zeigt zunächst von

1999 zu 2001162 eine deutliche Zunahme der Diskriminierungswahrnehmung in allen Berei-

chen. Auch 2002 und 2003 stieg in den meisten Bereichen – mit wenigen Ausnahmen wie

Nachbarschaft, Gaststätten und Diskotheken – die Diskriminierungswahrnehmung an. Zwi-

schen 2003 und 2004 ging in allen Bereichen, am deutlichsten in Gaststätten und Diskothe-

ken, bei Behörden und der Polizei, die Diskriminierung zurück. 2005 waren Rückgänge in

den oberen Rängen zu beobachten und Zunahmen bei den unteren Rängen und somit eine

geringere Spannweite zu erkennen. 2006 hatte sich dieser Trend wieder umgekehrt und ins-

besondere bei den diskriminierungsintensiven Bereichen eine deutliche Zunahme gezeigt.

2008 ist in allen Bereichen ein Rückgang der Diskriminierungswahrnehmung zu sehen, am

stärksten sowohl in den diskriminierungsintensiven Bereichen Arbeitsplatz, Arbeitssuche und

Wohnungssuche, aber auch im privaten Umgang in der Nachbarschaft und beim Einkaufen.

162 Im Jahr 2000 wurde die Diskriminierungsperzeption nicht erhoben.

Page 168: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

168

Abbildung 48: Diskriminierungswahrnehmung 1999 bis 2008 - nur NRW(Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

1999 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Am Arbeitsplatz/Schule/UniBei der ArbeitssucheBei der WohnungssucheBei BehördenIn der NachbarschaftBeim EinkaufenBei der PolizeiIm KrankenhausBeim Arzt/ÄrztinBei GerichtIn DiscosIn GaststättenIn Vereinen

6.5.5. Parallelgesellschaften?

Mit dem Begriff "Parallelgesellschaften" wird insbesondere in den Medien und der Öffentlich-

keit seit einigen Jahren das allgemeine Scheitern der Integration von zumeist muslimischen

Zuwanderinnen und Zuwanderern in Deutschland beschrieben. Was unter dem emotional

aufgeladenen Begriff der Parallelgesellschaften zu verstehen ist, bleibt zumeist diffus und

wird nicht diskutiert, sondern unreflektiert immer weiter übernommen.163 Parallelgesellschaf-

ten gelten jedoch als Bedrohungsszenario, sie sind der Inbegriff rückständigen Denkens, der

Intoleranz, der Frauenfeindlichkeit und der Integrationsresistenz und stehen diametral im

Widerspruch zu der Idealvorstellung einer integrierten Gesellschaft, die vor allem kulturell

möglichst gleichförmig zu sein hat.164 Unterstellt wird dabei, dass die Herausbildung dieser

Gesellschaften eine bewusste und freiwillige Selbstabgrenzung darstellt und berücksichtigt 163 Vgl. hierzu auch Halm, Dirk/Sauer, Martina: Parallelgesellschaft und ethnische Schichtung -

Zur empirischen Bedeutung unterschiedlicher Konzepte des Zusammenlebens von Deutschen und Türken. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 1-2/2006. Die dort vorgenommene Berechnung bezieht einen anderen Indikator der freiwilligen Segregation ein und weicht daher von den vor-liegenden Ergebnissen zu 2004 ab. Vgl. auch Dangschat, Jens: Segregation - Indikator für Desintegration? In: Journal für Konflikt- und Gewaltforschung 2/2004; Schiffauer, Werner: Pa-rallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesellschaft? Für eine kluge Poli-tik der Differenz. Bielefeld 2008; Nowak, Jürgen: Leitkultur und Parallelgesellschaft. Argumen-te wider einen deutschen Mythos. Frankfurt/M 2006.

164 So Micus, Matthias/Walter, Franz: Mangelt es an "Parallelgesellschaften"? In: Frech, Sieg-fried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwanderung und Integration. Schwalbach 2007, S. 90.

Page 169: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

169

nicht, dass sie auch als Reaktion auf Abgrenzungen, mangelnde Teilhabemöglichkeiten und

Hindernisse der Aufnahmegesellschaft entstehen können. Der Begriff der Parallelgesell-

schaft überdeckt sich stark mit dem Begriff der ethnischen Kolonie.165 Ähnlich wie bei der

theoretischen Diskussion um die Beurteilung der ethnischen Kolonie gilt für die theoretische

Beurteilung von Parallelgesellschaften in der Wissenschaft, dass nicht ihre Existenz per

se166, sondern die Art ihres Zustandekommen und der Grad der tatsächlichen Abgeschlos-

senheit entscheidend für die integrationshemmende Wirkung ist.167

Aus wissenschaftlicher Perspektive hat sich Thomas Meyer der Definition von Paral-

lelgesellschaften genähert, indem er fünf Indikatoren für die Existenz von Parallelgesell-

schaften benennt: kulturell-religiöse Homogenität, lebensweltliche und zivilgesellschaftliche

Segregation, Verdopplung der mehrheitsgesellschaftlichen Institutionen, formal freiwillige

Segregation und siedlungsräumliche Segregation.168 Die enge Definition von Meyer macht

die Bestätigung parallelgesellschaftlicher Strukturen empirisch unwahrscheinlich. Dennoch

erlauben diese Indikatoren eine dynamische Betrachtung: Gibt es eine Entwicklung hin zur

oder weg von der Parallelgesellschaft?

Anhand der Merkmale Religiosität (kulturelle Homogenität), Kontakte zu Deutschen (lebens-

weltliche und zivilgesellschaftliche Segregation), Organisationsgrade (Verdopplung von In-

stitutionen), freiwillige Isolation (Freiwilligkeit von Segregation) und ethnische Quartiersbil-

dung (Wohnraumsegregation) können Meyers Indikatoren anhand der vorliegenden Daten

operationalisiert werden.

Betrachtet man die Dynamik dieser Merkmale von 1999 bis 2008 in NRW, ist die seit 2002

anwachsende Religiosität das einzige Merkmal, das im Untersuchungszeitraum tatsächlich

165 Vgl. Micus, Matthias/Walter, Franz: Mangelt es an "Parallelgesellschaften"? In: Frech, Sieg-

fried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwanderung und Integration. Schwalbach 2007, S. 92.

166 So wird die in Düsseldorf existierende japanische Community, die eigene Schulen, Kindergär-ten, Vereine und Clubs unterhält, eher als Kuriosum denn als Bedrohung gesehen, nicht zu-letzt, da ihre Mitglieder eher der oberen sozialen Schicht angehören. Vgl. auch Schiffauer, Pa-rallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesellschaft? Für eine kluge Poli-tik der Differenz. Bielefeld 2008, S.12.

167 Vgl. Micus, Matthias/Walter, Franz: Mangelt es an "Parallelgesellschaften"? In: Frech, Sieg-fried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwanderung und Integration. Schwalbach 2007, S. 101; Schiffauer, Werner: Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesellschaft? Für eine kluge Politik der Differenz. Bielefeld 2008.

168 Siehe Meyer, Thomas: Parallelgesellschaften und Demokratie. In: Meyer, Thomas/Weil, Rein-hard (Hrsg.): Die Bürgergesellschaft. Perspektiven für Bürgerbeteiligung und Bürgerkommuni-kation. Bonn 2002.

Page 170: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

170

linear in Richtung der Entwicklung eben parallelgesellschaftlicher Strukturen weist. Die Kon-

takte und freundschaftlichen Beziehungen zu Deutschen sind mit leichten Schwankungen

relativ gleich bleibend und weisen somit zumindest keine rückläufige Tendenz auf. Auch der

Organisationsgrad ergibt keine Hinweise auf eine stetige oder stabile Zunahme der Segre-

gation in eigenethnischen Organisationen, der Organisationsgrad nahm insgesamt seit 2006

ab, dies betraf jedoch die Mitgliedschaft nur in deutschen wie nur in türkischen Vereinen zu-

gunsten der Mitgliedschaft sowohl in türkischen als auch in deutschen Vereinen.

Auch von einer zunehmenden freiwilligen Segregation kann nicht die Rede sein, die Anteile

der Migranten ohne Kontakte bei gleichzeitig fehlendem Wunsch nach solchen zeigen keinen

zunehmenden Trend, sondern liegen zwischen 1% und 2%. Auch die Wohnraumsegregation

lässt keine einheitliche Tendenz zu einer Zunahme der Ghettobildung erkennen.

Dennoch gibt es kleine Gruppen innerhalb der türkischen Community, die eine Subgesell-

schaft gebildet haben. Wie groß ist diese und wer gehört dieser Subgesellschaft an?

Um die türkeistämmigen Migranten als Angehörige einer Parallelgesellschaft in Anlehnung

an die Definition Meyers zu identifizieren, müssen für die einzelnen Indikatoren Grenzwerte

festgelegt werden, jenseits derer die Befragten als segregiert oder nicht segregiert definiert

werden. Für die einzelnen Bereiche wurden folgende Merkmale als Kennzeichen von Segre-

gation definiert: Religion: sehr und eher religiös; Lebenswelt: nie und selten Freizeitbezie-

hungen zu Deutschen; Zivilgesellschaft/Institutionen: Organisation ausschließlich in türki-

schen Vereinen; Freiwilligkeit von Segregation: Keine Kontakte zu Deutschen bei gleichzeitig

fehlendem Wunsch nach solchen Kontakten (Freiwillige Isolation); Wohnraum: Leben in Vier-

teln mit überwiegend türkischer Bevölkerung.

Nur jeweils eine Person überschreitet in NRW und in Deutschland in allen fünf Bereichen, die

als Indikatoren der Parallelgesellschaft herangezogen wurden, die definierten Segregati-

onsgrenzwerte, 3% in NRW und 2% in Deutschland überschreiten diese Werte bei vier

Merkmalen und 12% in NRW und 11% in Deutschland in drei Bereichen. Knapp ein Drittel

(31%) in NRW und 29% in Deutschland überschreitet in zwei Bereichen und 38% in NRW

sowie 41% in Deutschland in einem Bereich die Grenze zur Segregation. 17% der türkei-

stämmigen Migranten in NRW und 16% in Deutschland sind in keinem der Merkmale als

segregiert zu definieren.

Page 171: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

171

Tabelle 49: Verteilung der Überschreitung der Segregationsgrenzwerte nach Anzahl der Bereiche

Überschreitung der Grenzwerte in …

Häufigkeit Prozent Prozent

NRW keinem Bereich 167 16,7

einem Bereich 378 37,8 zwei Bereichen 311 31,1

Nicht segregiert

85,6

drei Bereichen 117 11,7 vier Bereichen 26 2,6 fünf Bereichen 1 0,1

Segregiert

14,4

Gesamt 1.000 100,0 100,0 Überschreitung der

Grenzwerte in … Häufigkeit Prozent Prozent

Deutsch-land

keinem Bereich 175 17,5 einem Bereich 412 41,2 87,5 zwei Bereichen 288 28,8

Nicht segregiert

drei Bereichen 106 10,6 vier Bereichen 17 1,7 12,5 fünf Bereichen 1 0,1

Segregiert

Gesamt 1.000 100,0 100,0

Diejenigen Befragten, die in drei oder mehr Bereichen die Grenzwerte überschreiten, wurden

anschließend in einer Gruppe, die als potenziell segregiert gelten kann, zusammengefasst,

diejenigen, die in zwei oder weniger Bereichen die Grenzwerte überschreiten, zur Gruppe

der nicht Segregierten. Daraus ergibt sich ein Anteil von 86% in NRW und von 88% in

Deutschland, der im Sinn Meyers als nicht segregiert gelten kann, und ein Anteil von 14% in

NRW und von 13% in Deutschland, der als tendenziell segregiert einzustufen ist bzw. paral-

lelegesellschaftliche Strukturen ausbildet. Auch hier sind die Unterschiede zwischen NRW

und Deutschland relativ gering, der Anteil der Segregierten ist in NRW um 2 Prozentpunkte

höher als deutschlandweit.

Bildet man nach diesem Muster einen Index, der sich nur auf die gesellschaftliche Integrati-

on169 - also die interethnischen Kontakte und Freizeitbeziehungen, die zivilgesellschaftliche

Einbindung, die wohnräumliche Segregation und die Freiwilligkeit von Isolation - bezieht, oh-

169 Summativer Index aus interkulturellen Freizeitbeziehungen, Organisationsanbindung, freiwilli-

ge Isolation und Wohngegend. Als nicht integriert wurde definiert, wenn selten oder nie inter-kulturelle Freizeitbeziehungen bestehen, Mitgliedschaft nur in türkischen Organisationen vor-liegt, kein Kontakt zu Deutschen und kein Wunsch danach besteht und die Befragten in über-wiegend von Türken bewohnten Vierteln leben. Der Index ist angelehnt an die Indexbildung zur Parallelgesellschaft, berücksichtigt jedoch nicht die dort einbezogene Religiosität. Er kann Werte zwischen 0 und 4 annehmen.

Page 172: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

172

ne die von Meyer für die Definition von Parallelgesellschaft herangezogene kulturelle Homo-

genität bzw. Religiosität einzubeziehen, erhält man einen noch geringeren Anteil derjenigen,

die gesellschaftlich als nicht oder wenig integriert gelten können.

Danach können 47% der türkeistämmigen Migranten in NRW und in Deutschland als gesell-

schaftlich voll integriert gelten, gut ein Drittel ist gesellschaftlich eher integriert. Eher nicht

oder gar nicht an die Mehrheitsgesellschaft angebunden sind danach rund 3%.

Abbildung 49: Gesellschaftliche Integration (summativer Index) (Prozentwerte)

47,3 36,3 13,6

2,5

0,2

47,0 35,1 11,8

3,0

0,1

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

Voll integriert Eher integriert Teils/teils Eher nicht integriert Gar nicht integriert

Bei der Betrachtung der parallelgesellschaftlichen Strukturen im Meyerschen Sinn ergibt der

Zeitvergleich zwischen 2001 und 2008170 in NRW wie bei der Betrachtung der einzelnen In-

dikatoren keine eindeutige Tendenz einer Zunahme segregierter türkeistämmiger Migranten.

Somit kann man auch anhand dieser Berechnungen nicht davon sprechen, dass der Anteil

der türkeistämmigen Migranten, die in parallelgesellschaftlichen Strukturen lebt - und somit

die Parallelgesellschaft - wächst. Die Anteile der Segregierten bewegen sich in NRW in ei-

nem Rahmen zwischen 14% im Jahre 2001 und 19% im Jahre 2004; 2005, 2006 und 2008

sinkt der Anteil der Segregierten, in diesem Jahr wieder auf 14%.

170 Da in den Jahren 1999 und 2000 interkulturelle Freundschaftsbeziehungen nicht erhoben wur-

den, kann für diese Jahre auch kein vergleichbarer Indikator der freiwilligen Segregation be-rechnet werden. Daher erfolgt die Berechnung und Darstellung im Zeitvergleich erst ab 2001.

Page 173: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

173

Abbildung 50: Verteilung nicht Segregierter und Segregierter im Vergleich 2001 bis 2008 - nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

2002 2003 2004 2005 2006 2008

Nicht segregiertSegregiert

In der Gruppe der tendenziell in parallelgesellschaftlichen Strukturen Lebenden sind Migran-

ten ab 60 Jahre deutlich überrepräsentiert. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil derjeni-

gen, die in mindestens drei der fünf Bereiche parallelgesellschaftliche Tendenzen aufweisen.

Besonders groß und mit deutlichem Abstand zur nächst jüngeren Gruppe ist der Anteil der

Ab-60-Jährigen. Entsprechend sind Erstgenerationsangehörige überproportional häufig unter

den Segregierten, aber auch die als Erwachsene nachgereisten Ehepartner der zweiten Ge-

neration sind hier überrepräsentiert, wodurch sich der Alterszusammenhang verwischt. An-

gehörige der zweiten Generation, die in Deutschland geboren oder aufgewachsen sind, sind

seltener unter den Angehörigen der Parallelgesellschaft zu finden. Die Unterschiede zwi-

schen den Altersgruppen und zwischen den Generationen sind deutschlandweit geringer als

in NRW. In Deutschland sind mehr junge Migranten segregiert, aber weniger Ältere. Sehr

deutlich wird, dass auf Bundesebene die als Heiratsmigranten nachgereisten Ehepartner der

Nachfolgegeneration sehr viel seltener zu den Segregierten zählen als in NRW.

Auch Frauen befinden sich etwas häufiger in parallelgesellschaftlichen Strukturen, ohne dass

der Unterschied zu den Männern jedoch belegen würde, dass Frauen generell abgeschottet

leben. Die Aufenthaltsdauer zeigt, dass insbesondere bis zu 9 Jahre hier Lebende über-

durchschnittlich häufig in parallelgesellschaftlichen Strukturen leben.

Page 174: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

174

Tabelle 50: Soziodemographische Merkmale der Angehörigen der Parallelgesellschaft (Zeilenprozent)

Segregiert NRW Deutschland

Geschlecht Männlich 13,5 11,9 Weiblich 15,4 13,1

Altersgruppe Unter 30 Jahre 7,7 9,1 30 bis 44 Jahre 13,0 11,8 45 bis 59 Jahre 19,7 12,1

60 Jahre und älter 26,4 22,2 Generationszugehörigkeit

Erste Generation 24,9 19,6 Nachfolgegeneration 7,6 9,4

Heiratsmigranten 20,4 13,2 Aufenthaltsdauer

4 bis 9 Jahre 24,3 18,0 10 bis 19 Jahre 12,8 10,9

20 und mehr Jahre 13,9 12,9 Gesamt 14,4 12,5

Meyers Definition umfasst das "Wie" des Zusammenlebens, blendet aber die soziale und

wirtschaftliche Teilhabe aus. Diese Teilhabedimension muss aber berücksichtigt werden,

wenn es um die Einschätzung der gesellschaftlichen Folgen von Parallelgesellschaften geht,

da sie der wohl wichtigste Bestandteil gesellschaftlicher Integration ist. Daher ist zu untersu-

chen, was die Existenz einer Parallelgesellschaft für die wirtschaftliche Integration ihrer An-

gehörigen bedeutet.

Am sichtbarsten ist der Zusammenhang von Segregation mit den Deutschkenntnissen. Bei

sehr oder eher schlechten Deutschkenntnissen ist die Wahrscheinlichkeit, in parallelgesell-

schaftlichen Strukturen zu leben, deutlich größer als bei guten oder sehr guten Deutsch-

kenntnissen. Die Differenzen nach Deutschkenntnissen sind in NRW noch deutlich stärker

ausgeprägt als in Deutschland. Einfluss auf die Tendenz zum Leben in Parallelgesellschaf-

ten haben aber auch die Schulbildung und die berufliche Stellung. Bei geringer Schulbildung

– und zwar zunächst unabhängig davon, wo die Schule besucht wurde –, ist der Anteil der

segregierten Migranten deutlich höher als bei höherer Schulbildung. Arbeiter und Facharbei-

ter sind häufiger segregiert als solche, die als Angestellte tätig sind. Entsprechend sind

Migranten mit einem niedrigen Einkommen eher prädestiniert, sich in parallelge-

sellschaftlichen Strukturen zu bewegen, als Migranten mit einem höheren Einkommen.

Page 175: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

175

Tabelle 51: Kognitive und wirtschaftliche Teilhabe der Angehörigen der Parallelgesellschaft (Zeilenprozent)

Segregiert NRW Deutschland

Deutschkenntnisse Sehr gut / gut 5,9 7,5

Mittelmäßig 19,0 15,2 Schlecht / sehr schlecht 35,7 24,3

Schulabschluss Kein Abschluss/Ilkokul 28,6 20,1

Ortaokul 11,5 10,5 Lise 14,9 11,1

Hauptschule 12,1 13,5 Realschule 3,9 7,7

Fachschule/Fachabitur 1,9 6,5 Abitur 1,4 1,4

Berufliche Stellung Arbeiter/Facharbeiter 12,7 9,6

Angestellte 6,1 5,5 Selbstständige 2,9 6,0

Haushaltseinkommen Unter 1.000 Euro 26,5 22,5

1.000 bis unter 2.000 Euro 17,2 15,5 2.000 bis unter 3.000 Euro 11,2 9,6

3.000 Euro und mehr 2,8 6,3 Gesamt 14,4 12,5

Die segregiert lebenden Befragten zeigen eine schlechtere soziale Platzierung, gemessen

an beruflichem Status und Einkommen, als diejenigen außerhalb parallelgesellschaftlicher

Struktur und sie haben aufgrund schlechter Deutschkenntnisse und geringerer Qualifikation

schlechtere Teilhabechancen. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass auch mindestens drei

Viertel der Migranten, die eine geringe Platzierung aufweisen, zu den nicht Segregierten zäh-

len und somit kein Automatismus zwischen geringem Einkommen und Abschottung besteht.

Die gesellschaftliche Integration insgesamt zeigt, dass von einer breiten Segregation oder

Abschottung und damit von wachsenden Parallelgesellschaften nicht gesprochen werden

kann, wenngleich hier Verbesserungen nach wie vor wünschenswert wären. Die Kontakte zu

Deutschen liegen auf einem relativ hohen Niveau, mehr als 90% haben in mindestens einem

der vier abgefragten Lebensbereiche Kontakte zu Deutschen. Die Kontakte in den Lebens-

bereichen sind relativ stabil und es ist 2008 im NRW-Zeitvergleich eher eine Zu- als eine Ab-

nahme zu beobachten. Immerhin haben 40% der Migranten in NRW und 43% in Deutsch-

land auch engere freundschaftliche Beziehungen zu Deutschen. Der Wunsch nach mehr

Kontakten ist zwar mehrheitlich vorhanden (NRW 55%, Deutschland 52%), in diesem Jahr in

Page 176: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

176

NRW jedoch leicht gesunken. Deutlich wird, dass fehlende Kontakte nicht immer das Ergeb-

nis des Wollens der Migranten sind, sondern möglicherweise aus Mangel an Gelegenheiten

oder aber auch aufgrund von Ablehnung seitens der Deutschen erfolgt. Nur bei 2% in NRW

und bei 3% deutschlandweit kann eine freiwillige Isolation konstatiert werden, jeweils 3%

haben unfreiwillig kaum Kontakte zu Deutschen.

Die Wahrnehmung von Diskriminierung liegt insgesamt auf einem hohen Niveau, ist jedoch

in diesem Jahr geringfügig zurückgegangen. Dennoch gaben 71% in NRW und 72% in

Deutschland an, die Erfahrung von Diskriminierung gemacht zu haben. Insbesondere die

Bereiche der ökonomischen Konkurrenz sind diskriminierungsintensiv, allerdings in diesem

Jahr in NRW rückläufig.

Die wohnräumliche Segregation zeigt in NRW keinen einheitlichen Trend, man kann folglich

auch nicht von einer Zunahme der Ghettoisierung sprechen. In NRW leben 2008 19% in

Stadtteilen, die überwiegend von Türken bewohnt werden, auf Bundesebene ist dieser Anteil

mit 16% etwas geringer.

Die Bildung einer organisatorischen Parallelgesellschaft ist ebenfalls nicht auszumachen.

40% der organisierten Vereinsmitglieder unter den Befragten in NRW und 33% in Deutsch-

land sind sowohl in türkischen als auch in deutschen Vereinen, ein gutes Viertel nur in deut-

schen und ein Drittel in NRW und 44% in Deutschland nur in türkischen Vereinen. Deutsch-

landweit ist die Quote der nur in türkischen Vereinen Organisierten etwas höher als in NRW.

Dabei sank der Organisationsgrad in NRW in diesem Jahr, ebenso wie in 2006. Das

Schwergewicht bei türkischen Organisationen liegt im religiösen und kulturellen Bereich, zu

dem es keine deutschen Alternativen gibt. Die Mitgliedschaft in religiösen Organisationen hat

im Vergleich zu 2006 in NRW um 3 Prozentpunkte zugenommen.

Page 177: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

177

6.6. Politische Einstellungen und Partizipation

Die rund 630.000 Einwohner in NRW und die knapp 1,9 Mio. Einwohner in Deutschland mit

einem türkischen Pass haben bisher keine Möglichkeit, an politischen Entscheidungen zu

partizipieren, obwohl selbstverständlich auch sie von den Gesetzen und Verordnungen der

Bundesregierung, der Landesregierungen und Entscheidungen der kommunalen Gremien

betroffen sind. Auch wenn die Interessen und Belange der Migranten von Verantwortlichen in

Politik und Verwaltung mit dem besten Willen vertreten werden, ist dies doch nur eine indi-

rekte Interessenvertretung. Zudem werden die Interessen der Migranten auch häufig den

Interessen der Mehrheitsgesellschaft untergeordnet. Integrations- oder Ausländerbeirate ha-

ben nur sehr begrenzt Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungen. Migranten wer-

den zwar gern als Mitbürger tituliert, in der Tat sind viele von ihnen jedoch keine Bürger im

politischen Sinn. Dies fördert nicht das Gefühl, Teil dieser Gesellschaft zu sein. Zwar kommt

der Beseitigung struktureller Defizite eine bedeutende Rolle zu, doch bedarf die Integration

auch der Öffnung von Machtbereichen und der politischen Partizipation. Die politische Integ-

ration leistet darüber hinaus einen nicht unerheblichen Beitrag zur Akkulturation von

Mehrheits- und Minderheitsgesellschaft, indem Belange von Zuwanderern auf die politische

Agenda gesetzt werden.171 Dazu müssen Migranten jedoch nicht nur als Objekte von Politik,

sondern als Subjekte wahrgenommen und aktiviert werden. Da immer mehr Migranten durch

die Einbürgerung wahlberechtigt und die Bildung von parlamentarischen Mehrheiten durch

die Ausdifferenzierung des Parteiensystems immer schwieriger werden, haben einige Partei-

en das Potenzial der zugewanderten Wähler bereits entdeckt. Zunehmend finden sich auch

Personen mit Migrationshintergrund unter den Kandidaten und Mitgliedern von Kommunal-

parlamenten, Landtagen und im Bundestag. So waren 2005 von allen 2.300 Kandidaten für

die Bundestagswahl 107 (5%) Migranten, d.h. sie wurden nicht in Deutschland geboren. Die

Mehrheit von ihnen stammen aus "Aussiedlerländern" (40), 21 aus Anwerbeländern. Kandi-

daten aus der Türkei gab es insgesamt 16, davon acht bei der Linken, vier bei den Grünen,

drei bei der SPD und einen bei der CDU.172 Gewählt wurden 16 Kandidaten mit Migrations-

hintergrund, von denen sechs als Deutsche im Ausland geboren wurden. Insgesamt sind fünf

171 In diesem Sinn Wüst, Andreas M.: Wahlverhalten und politische Repräsentation von Migran-

ten. In: Frech, Siegfried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwande-rung und Integration. Schwalbach 2007.

172 Quelle: Wüst, Andreas M.: Wahlverhalten und politische Repräsentation von Migranten. In: Frech, Siegfried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwanderung und Integration. Schwalbach 2007, S. 162f.

Page 178: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

178

Abgeordnete mit türkischem Migrationshintergrund im Bundestag vertreten, einer bei der

SPD, einer bei den Grünen und drei bei der Linkspartei.173

Die Präsenz von Personen mit Migrationshintergrund auf der politischen Bühne hat einen

hohen symbolischen Wert, auch wenn durchaus auch Nichtmigranten Interessen von

Migranten vertreten können. Doch dienen sie als Vorbilder und erhöhen das Gefühl, Teil der

Gesellschaft und des politischen Systems zu sein.

6.6.1. Politisches Interesse

Abbildung 51: Interesse an deutscher und türkischer Politik (Prozentwerte)

21,4 37,1 35,0

10,7 26,9 52,7

20,0 39,7 37,6

8,6 29,3 57,3

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Deutsche Politik

Türkische Politik

Deutsche Politik

Türkische Politik

NR

WD

euts

chla

nd

Stark Mittel Wenig

Das Interesse der Migranten an deutscher Politik ist nach wie vor geringer ausgeprägt als

das an türkischer. Mehr als die Hälfte der Befragten (NRW 57%, Deutschland 53%) ist nur

wenig an deutscher Politik interessiert. Mittleres Interesse bringen ihr gut ein Viertel (NRW

29%, Deutschland 27%) entgegen, und starkes Interesse daran haben 9% bzw. 11%.

Deutschlandweit ist das Interesse an deutscher Politik etwas ausgeprägter als in NRW. Für

die türkische Politik interessieren sich hingegen 20% bzw. 21% stark, 40% bzw. 37% mit-

telmäßig und 38% bzw. 35% wenig. Auch bezüglich der türkischen Politik zeigt sich bei den

173 Quelle: Wüst, Andreas M.: Wahlverhalten und politische Repräsentation von Migranten. In:

Frech, Siegfried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwanderung und Integration. Schwalbach 2007, S. 168f.

Page 179: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

179

Befragten in Deutschland ein etwas größeres Interesse als in NRW, der Unterschied zu

NRW ist jedoch weniger sichtbar als bezüglich der deutschen Politik.

Dabei kann man eine deutliche Überlappung beim politischen Interesse bezüglich der beiden

Länder feststellen: In NRW interessieren sich 27% derjenigen, die sich für türkische Politik

stark interessieren, ebenfalls stark für deutsche Politik, in Deutschland sind dies 30%. 63% in

NRW und 61% in Deutschland von denjenigen, die sich stark für deutsche Politik interessie-

ren, geben auch starkes Interesse an der türkischen Politik an.

Abbildung 52: Interesse an deutscher und türkischer Politik 1999 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

Interesse an deutscher Politik

0

10

20

30

40

50

60

70

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

StarkMittelGering

Interesse an türkischer Politik

0

10

20

30

40

50

60

70

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

StarkMittelGering

Page 180: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

180

Das Interesse an deutscher wie an türkischer Politik ist in NRW im Vergleich zu 2006 gesun-

ken, bezüglich der deutschen Politik noch stärker als bezüglich türkischer Politik. Über den

gesamten Zeitraum von 1999 bis 2008 zeigen sich bezüglich des Interesses an deutscher

Politik in NRW nur wenige Veränderungen; stieg das starke Interesse zunächst etwas an,

nahm es zwischen 2004 und 2005 wieder etwas ab, um 2006 wiederum etwas zuzunehmen.

Insgesamt ist die Schwankung jedoch relativ gering, starkes Interesse zeigten jedoch die

gesamte Zeit zwischen 9% (2008) und 14% (2002). Auch bezüglich der türkischen Politik

sind die Schwankungen eher gering und bewegen sich zwischen 17% (2001) und 23%

(2006) stark Interessierter.

Das Interesse an Politik ist erfahrungsgemäß eine Frage des Alters, des Geschlechts, der

Bildung, aber teilweise auch der sozialen Lage, und bei Migranten auch der Zuwandererge-

nerationszugehörigkeit.

Tabelle 52: Starkes Interesse an deutscher und türkischer Politik nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)

NRW Deutschland Starkes Interesse an… deutscher

Politik türkischer

Politik deutscher

Politik türkischer

Politik Geschlecht

Männlich 11,3 25,3 13,8 26,1 Weiblich 5,7 14,4 7,3 16,2

Altersgruppe Unter 30 Jahre 8,1 18,4 8,6 20,0 30 bis 44 Jahre 8,7 19,9 10,7 20,1 45 bis 59 Jahre 8,7 20,2 11,7 23,9

60 Jahre und älter 9,1 23,6 12,1 24,8 Generationszugehörigkeit

Erste Generation 7,4 23,3 7,4 25,9 Nachfolgegeneration 11,0 16,8 12,9 18,7

Heiratsmigranten 2,6 21,1 5,4 20,7 Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 4,0 14,9 4,5 18,6 Ortaokul 5,3 24,4 6,1 23,3

Lise 10,1 32,4 11,1 27,9 Hauptschule 6,7 17,0 8,6 16,7

Realschule 10,1 14,0 10,3 14,7 Fachoberschule/Fachabitur 11,1 22,2 17,4 19,1

Abitur 25,7 25,7 35,2 29,6 Berufliche Stellung

Arbeiter/Facharbeiter 6,0 19,1 8,4 19,4 Angestellte 19,2 27,3 23,9 27,5

Selbstständige 20,0 25,7 18,4 26,0 Gesamt 8,6 20,0 10,7 21,4

Page 181: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

181

Frauen sind generell deutlich weniger an Politik interessiert als Männer, der Unterschied tritt

sowohl in Bezug auf deutsche als auch auf türkische Politik zutage. Das Alter wirkt sich e-

benfalls auf das Interesse an Politik aus – je älter, desto stärkeres Interesse sowohl an deut-

scher als auch an türkischer Politik, wobei der Altersgruppenunterschied in NRW bezüglich

der deutschen Politik äußerst gering ist. Nimmt man die Generationszugehörigkeit in den

Blick, zeigt sich, dass es bezüglich des Interesses an deutscher Politik deutlichere Unter-

schiede gibt, wobei die Nachfolgegeneration das höchste und die Heiratsmigranten das ge-

ringste Interesse haben. Für die türkische Politik gilt umgekehrt, dass die erste Generation

das höchste und die Nachfolgegeneration das geringste Interesse zeigt.

Erwartungsgemäß wirkt sich die Schulbildung aus, sowohl bei der deutschen als auch bei

der türkischen Politik: Je höher die Bildung, desto stärker ist das Interesse sowohl an deut-

scher als auch an türkischer Politik. Auch die berufliche Stellung zeigt, dass bei höherer Po-

sition das Interesse an Politik generell zunimmt, an deutscher noch stärker als an türkischer.

Tabelle 53: Starkes Interesse an deutscher und türkischer Politik nach Einstellungen (Zeilenprozent)

NRW Deutschland Starkes Interesse an… deutscher

Politik türkischer

Politik deutscher

Politik türkischer

Politik Staatsbürgerschaft

Deutsch 14,6 17,0 18,8 23,2 Türkisch 5,1 21,7 6,6 20,7

Einbürgerungsabsicht Ja 10,6 24,5 8,4 23,2

Nein 3,5 20,3 5,3 19,5 Heimatverbundenheit

Türkei 6,7 23,2 6,1 25,1 Deutschland 10,8 18,2 12,7 17,1

Beide Länder 9,5 19,0 14,9 20,6 Rückkehrabsicht

Ja 7,1 25,6 8,8 23,6 Nein 9,4 17,0 11,8 19,2

Gesamt 8,6 20,0 10,7 21,4

Die kulturelle Identität wirkt sich ebenfalls auf das Interesse aus, stärker bei deutscher, weni-

ger stark bei türkischer Politik, jedoch insgesamt weniger stark als die soziodemographi-

schen Merkmale und weniger stringent. Eingebürgerte Migranten haben ein deutlich stärker

ausgeprägtes Interesse an deutscher Politik als türkische Staatsbürger, auf das Interesse an

türkischer Politik wirkt sich die Staatsbürgerschaft weniger stark aus, wobei Eingebürgerte

ein geringeres Interesse an türkischer Politik haben als türkische Staatsbürger. Hier wirken

Page 182: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

182

indirekt vermutlich Generationszugehörigkeit und Bildung nach. Somit führt zwar die Einbür-

gerung zu einem gestiegenen Interesse an Deutschland, jedoch nicht zu einer Loslösung

von der Türkei. Die Einbürgerungsabsicht zeigt in NRW deutliche und bundesweit leichte

Unterschiede beim Interesse an deutscher Politik, das bei Nicht-Einbürgerungswilligen deut-

lich seltener vorhanden ist. Nur geringe Unterschiede ergibt die Einbürgerungsabsicht beim

Interesse an türkischer Politik. Die Heimatverbundenheit steht ebenfalls in Zusammenhang

zum Interesse an Politik. Migranten, die sich nur mit der Türkei verbunden fühlen, zeigen

unterdurchschnittliches Interesse an deutscher und überdurchschnittliches Interesse an tür-

kischer Politik, bei Deutschlandverbundenen ist es umgekehrt, auch wenn bei ihnen eben-

falls das Interesse an türkischer Politik das an deutscher übertrifft. Migranten, die sich die

Option zur Rückkehr offen halten, haben an türkischer Politik ein überdurchschnittliches Inte-

resse, mit dem Interesse an deutscher Politik steht diese Option jedoch nur sehr geringfügig

in Zusammenhang.

6.6.2. Interessenvertretung durch politische Organisationen

Die Interessenvertretung der Bürger durch politische Institutionen und Organisationen ist ein

zentraler Bestandteil der Demokratie, insbesondere, wenn es um die Einbeziehung von Min-

derheiten geht. Gelingt es den Organisationen und Institutionen nicht, den Menschen das

Gefühl zu vermitteln, ihre Interessen im politischen Prozess zu vertreten, kann dies zu Poli-

tik- und Demokratieverdrossenheit und der Abwendung von der Politik insgesamt führen.

Betrachtet man zunächst, inwieweit sich Migranten in NRW durch verschiedene politische

Institutionen in ihren Interessen vertreten fühlen, fällt wie in den Vorjahren auf, dass der An-

teil derjenigen, die das Maß der Interessenvertretung nicht einschätzen können (Antwort-

kategorie "Weiß nicht"), bei allen Institutionen ausgesprochen hoch ist (zwischen 19% und

38%). Neben Bürgerinitiativen (34%) sind es die (Ober-)Bürgermeister, die von 30% der

Migranten nicht eingeschätzt werden können, hoch ist dieser Anteil auch bei Gewerkschaften

(29%) und Integrationsräten (28%). Lediglich bei den deutschen Parteien und der türkischen

Regierung fällt den Befragten ein Urteil leichter.

Page 183: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

183

Abbildung 53: Interessenvertretung durch politische Institutionen – nur NRW (Prozentwerte*)

9,7 17,8 54 16,6

6,1 24 48,9 19

7,1 21 43,5 26

8,6 21,4 40,9 27

5,5 24,6 39,4 28,1

8,3 21,9 37,7 28,9

7,6 14,8 34,8 38,1

10,8 27,3 33,3 25,8

17,2 20,7 29,1 29,9

0% 20% 40% 60% 80% 100%

(Obe-)rbürgermeister

Türkische Selbstorganisationen

Bürgerinitiativen

Gewerkschaften

Integrationsräte

NRW-Regierung

Bundesregierung

Deutsche Parteien

Türkische Regierung

NRW

Voll Teilweise Gar nicht Weiß nicht

* Fehlend zu 100% = Keine Angabe

Zum Zweiten ist - ebenfalls wie in den vergangenen Untersuchungen - auffällig, dass eine

volle Interessenvertretung mit Blick auf die Institutionen nur sehr selten genannt wird und die

Werte eng beieinander liegen. Die höchsten Anteile dieser Kategorie entfallen mit 17% auf

die (Ober-)Bürgermeister, mit 11% auf die türkischen Selbstorganisationen, die türkische

Regierung (10%) und die NRW-Regierung (9%). Der höchste Anteil Nennungen in der Kate-

gorie "Gar nicht" entfällt auf die türkische Regierung (54%), die deutschen Parteien (49%),

die Bundesregierung (44%) und die NRW-Regierung (41%). An der türkischen Regierung

scheiden sich die Geister am stärksten, aber auch bezüglich der NRW-Regierung sind sich

die Migranten hochgradig uneins.

Page 184: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

184

Fasst man die Kategorien "Voll" und "Teilweise" zusammen, liegen auf dem ersten Rang der

eingeschätzten Interessenvertretung die türkischen Selbstorganisationen mit 38%, gefolgt

von den (Ober-)Bürgermeistern (38%). Gewerkschaften, Integrationsräte, Parteien und

NRW-Regierung folgen mit je 30%. Danach liegen die Bundesregierung mit 28%, die türki-

sche Regierung mit 28% und die Bürgerinitiativen (22%).

Abbildung 54: Interessenvertretung (voll und teilweise) durch Institutionen 1999 bis 2008* - nur NRW (Prozentwerte)

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

SelbstorganisationenGewerkschaftenIntegrationsräteTürkische RegierungDeutsche ParteienNRW-RegierungBürgerinitiativenBundesregierung

* (Ober-)Bürgermeister werden erst ab dem Jahr 2008 erhoben.

Über die Zeit schwankte die Zuschreibung der Interessenvertretung in NRW relativ stark.

Zwischen 1999 und 2000 wuchs die Zuschreibung stark und betraf alle Institutionen, 2001

erfolgte ein starker Einbruch, der ebenfalls alle Institutionen betraf. Es ist zu vermuten, dass

hier die Diskussion um das Einbürgerungs- und Zuwanderungsgesetz und die Akzeptanz

Deutschlands als Einwanderungsland für das Hoch und die anschließende Enttäuschung

über die Umsetzung für das Tief verantwortlich waren. 2002 nahm die Zuschreibung der Inte-

ressenvertretung wieder zu, 2003 ergab sich bei einigen Institutionen eine Zunahme, bei ei-

nigen eine Abnahme. Das Niveau des Jahres 2000 wurde jedoch nicht erreicht. 2004 konn-

ten mit Ausnahme der Gewerkschaften, die auf gleichem Niveau blieben, und der Selbstor-

Page 185: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

185

ganisationen (-2 Prozentpunkte) alle Institutionen zumindest eine etwas höhere Inte-

ressenzuschreibung verzeichnen, erreichen dennoch nach wie vor nicht den Höchststand

des Jahres 2000. Auffallend war, dass 2004 die Institutionen sehr viel näher beieinander lie-

gen als in den Jahren zuvor. 2005 zeigte sich für alle Institutionen ein Rückgang der Zu-

schreibung der Interessenvertreterfunktion, die allerdings sehr unterschiedlich ausfielen

(zwischen -1% und -22%) und die Rangfolge der Institutionen zum Teil deutlich verändern.

Zugleich lagen die Beurteilungen wieder etwas weiter auseinander. Im Jahr 2006 war bei

allen Organisationen ein leichter Zuwachs der Interessenvertretungszuschreibung zu ver-

zeichnen, der jedoch relativ gleichmäßig und mit einer geringen Spannweite erfolgt, die

Rangfolge verändert sich nur sehr wenig und umfasst nicht mehr als einen Rang.

2008 stieg die Wahrnehmung der Interessenvertretung wieder für alle Organisationen, je-

doch in unterschiedlichem Ausmaß. Die stärkste Zunahme ist bei der Bundesregierung (+ 12

Prozentpunkte) zu verzeichnen, die Bundesregierung steigt damit um zwei Rangplätze von

Rang 8 auf Rang 6. Auch die NRW-Regierung steigt um zwei Rangplätze von Rang 7 auf

Rang 5 und 10 Prozentpunkte. Migrantenorganisationen und Parteien haben ebenfalls deut-

liche Zunahmen zu verzeichnen (+ 6 Prozentpunkte bzw. +5 Prozentpunkte). Die türkische

Regierung verlor trotz einer leichten Zunahme um 3 Prozentpunkte zwei Rangplätze. Die

Ränge der vier erstplatzierten Institutionen174 – türkische Selbstorganisationen, Gewerk-

schaften, Integrationsräte und Parteien – ist gleich geblieben, die Bürgerinitiativen sind vom

6. auf den letzten Platz gerutscht.

Tabelle 54: Interessenvertretung (voll und teilweise) durch Institutionen im Vergleich 2006 und 2008 – nur NRW (Rangplätze und Prozentpunktdifferenz)

Prozent Rangplätze 2006 2008 Differenz

2008 - 2006 2006 2008 Differenz

2008-2006 Selbstorganisationen 32,0 38,1 +6,1 1 1 0

Gewerkschaften 28,8 30,2 +1,4 2 2 0 Integrationsräte 27,2 30,1 +2,9 3 3 0

Deutsche Parteien 24,9 30,1 +5,2 4 4 0 NRW-Regierung 20,5 30,0 +9,5 7 5 2

Bundesregierung 16,2 28,1 +11,9 8 6 2 Türkische Regierung 24,2 27,5 +3,3 5 7 -2

Bürgerinitiativen 20,6 22,4 +1,8 6 8 -2

174 Das Interessenvertretungspotenzial von (Ober-)Bürgermeistern wurde in der Befragung 2008

erstmalig erhoben, so dass kein Zeitvergleich möglich ist. Da diese jedoch auf dem ersten Rang liegen, muss bei allen Institutionen für die Rangfolge des Jahres 2008 ein Rangplatz abgezogen werden.

Page 186: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

186

Diese Entwicklung stellt insofern eine Verbesserung dar, als alle Institutionen eine etwas

stärkere Interessenvertretung zugeschrieben bekommen und vor allem die originär politi-

schen Institutionen - die Parteien, die Landes- und die Bundesregierung - in der Wahrneh-

mung als Interessenvertreter gestiegen sind. Bedenkenswert in der politischen Gestaltung ist

der hohe Stellenwert, der den Migrantenorganisationen zugeschrieben wird. Diese Organisa-

tionen in den politischen Gestaltungsprozess einzubeziehen, würde sich sicher auf das Ge-

fühl des Wahrgenommenwerdens der Migranten positiv auswirken.

Abbildung 55: Interessenvertretung durch politische Institutionen – nur Deutschland (Prozentwerte*)

9,0 17,2 55,2 16,0

5,5 23,1 50,2 19,1

6,2 20,7 47,7 22,6

5,3 23,7 41,4 27,0

9,0 20,9 38,8 27,7

9,5 24,7 37,7 24,2

6,9 16,0 36,9 35,5

16,0 22,0 32,8 26,3

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Türkische Regierung

Deutsche Parteien

Bundesregierung

Integrationsräte

Gewerkschaften

TürkischeSelbstorganisationen

Bürgerinitiativen

(Ober-)bürgermeister

Deutschland

Voll Teilweise Gar nicht Weiß nicht

Betrachtet man nun die Situation auf Bundesebene, fällt ebenfalls auf, dass der Anteil derje-

nigen, die das Maß der Interessenvertretung nicht einschätzen können (Antwortkategorie

Page 187: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

187

"Weiß nicht"), bei allen Institutionen ausgesprochen hoch ist (zwischen 16% und 36%). Ne-

ben Bürgerinitiativen (36%) sind es die Gewerkschaften (28%) und die Integrationsräte

(27%), sowie die (Ober-)Bürgermeister, die nicht eingeschätzt werden können. Lediglich bei

den deutschen Parteien und der türkischen Regierung fällt den Befragten ein Urteil leichter.

Dies entspricht den Ergebnissen zu NRW.

Ebenfalls wie in NRW ist der Anteil, der eine volle Interessenvertretung attestiert, sehr ge-

ring, zudem liegen die Werte eng beieinander. Die höchsten Anteile dieser Kategorie entfal-

len mit 16% auf die (Ober-)Bürgermeister, mit 10% auf die türkischen Selbstorganisationen,

die türkische Regierung (9%) und die Gewerkschaften (9%). Der höchste Anteil Nennungen

in der Kategorie "Gar nicht" entfällt auf die türkische Regierung (55%), die deutschen Partei-

en (50%) und die Bundesregierung (48%). An der türkischen Regierung scheiden sich wie in

NRW die Geister am stärksten, da auf sie einerseits von allen Organisationen der höchste

Anteil derjenigen entfällt, die der Meinung ist, sie vertritt die Interessen der türkeistämmigen

Migranten gar nicht, als auch ein relativ hoher Anteil der Meinung ist, sie vertritt die Interes-

sen voll (9%).

Fasst man die Kategorien "Voll" und "Teilweise" zusammen, liegen auf dem ersten Rang der

eingeschätzten Interessenvertretung in Deutschland die (Ober-)Bürgermeister mit 38%, ge-

folgt von den türkischen Selbstorganisationen mit 34%, den Gewerkschaften (30%), den Par-

teien (29%) und den Integrationsräten (29%). Danach folgen die Bundesregierung mit 27%,

die türkische Regierung mit 26% und die Bürgerinitiativen (23%).

Sowohl die Prozentpunktdifferenzen als auch die Rangplatzunterschiede sind zwischen der

Einschätzung der Befragten in Deutschland und NRW wenig ausgeprägt. Die höchste Pro-

zentpunktdifferenz ergibt sich mit 3,9 bei türkischen Selbstorganisationen, die in NRW etwas

häufiger als Interessenvertretungen gesehen werden als bundesweit.

Tabelle 55: Interessenvertretung (voll und teilweise) durch Institutionen im Vergleich Deutschland und NRW (Prozentwerte und Rangplätze)

Deutschland NRW Differenz NRW - Deutschland

Prozent Rang Prozent Rang Prozent Rang (Ober-)bürgermeister 38,0 1 37,5 2 0,5 -1

Türkische Selbstorganisationen 34,2 2 38,1 1 -3,9 1 Gewerkschaften 29,9 3 30,2 3 -0,3 0

Deutsche Parteien 28,6 5 30,1 4 -1,5 1 Integrationsräte 29,0 4 30,1 5 -1,1 -1

Bundesregierung 26,9 6 28,1 6 -1,2 0 Türkische Regierung 26,2 7 27,5 7 -1,3 0

Bürgerinitiativen 22,9 8 22,4 8 0,5 0

Page 188: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

188

6.6.3. Politische Problemwahrnehmung

Die politischen und gesellschaftlichen Probleme betreffen Migranten ebenso wie die anderen

Bürger – in einigen Fällen sogar noch stärker. Doch möglicherweise führt ihr Minderheiten-

status dazu, die Lösung spezifischer Problemlagen prioritär einzufordern. Daher wurden die

Befragten gebeten, für verschiedene politische Problemlagen die Wichtigkeit ihrer Lösung

anzugeben.

Zunächst zu den Ergebnissen in Nordrhein-Westfalen:

Abbildung 56: Wichtigkeit der Bearbeitung politischer Probleme in Nordrhein-Westfalen – nur NRW (Prozentwerte)

49,4 41,6 8,9

67,2 19,0 13,8

71,8 8,6 18,8

73,3 9,2 17,5

75,9 9,6 14,5

76,7 8,0 15,3

79,0 16,3 4,7

86,3 10,1 3,6

90,7 5,7 3,6

91,0 5,9 3,1

91,1 4,0 4,9

95,4 2,7

1,9

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Wohnungsmangel

Fehlende Kindertagesstättenplätze

Vorlesungsausfall an den Universitäten

Verschuldung des Landes NRW

Unterrichtsausfall an den Schulen

Hemmnisse für Betriebs- und Existenzgründer

Gleichstellung von Frauen und Männern

Ausländerfeindlichkeit in NRW

Kriminalität in NRW

Ausbildungsstellenmangel

Verbesserung der Bildungschancen in NRW

Arbeitslosigkeit

Eher wichtig Eher unwichtig Weiß nicht

Page 189: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

189

Zu einer Reihe von Problemlagen konnte ein nennenswerter Teil der Befragten in NRW kei-

ne Stellung beziehen. Dies betrifft insbesondere den Vorlesungsausfall an Universitäten, die

Verschuldung des Landes NRW, die Hemmnisse für Existenzgründer, Unterrichtsausfall an

den Schulen und fehlende Kindertagesstätten. Zwischen 19% und 14% konnten hierzu keine

Angaben machen. Dies ist wohl der Tatsache geschuldet, dass von diesen Problemlagen nur

ein Teil der Bevölkerung betroffen ist, bezüglich der Verschuldung des Landes mag dies an

der Komplexität des Themas liegen.

Aus Sicht der türkeistämmigen Migranten in NRW sind eindeutig die Probleme des Arbeits-

marktes – Arbeitslosigkeit und Lehrstellenmangel –, aber auch die Verbesserung der Bil-

dungschancen und die Bekämpfung der Kriminalität am dringendsten. Fast alle Befragten

(95% bzw. 91%) nannten diese Probleme als wichtig. Dieser Einschätzung folgt die Bekämp-

fung der Ausländerfeindlichkeit (86%). Von diesen Problemen sind die türkeistämmigen

Migranten in noch stärkerem Maße direkt betroffen als die "einheimische" Bevölkerung.

An sechster Stelle folgen Gleichstellung von Frauen und Männern, die 80% für wichtig hal-

ten. Dies ist bemerkenswert, unterstellt man den türkeistämmigen bzw. muslimischen

Migranten doch gerne, sie würden mehrheitlich die Unterordnung der Frauen unter die Män-

ner vertreten.

Hemmnisse für Existenzgründer, den Unterrichtsausfall an den Schulen und die Lösung der

Verschuldung des Landes sehen zwischen 77% und 73% als wichtige Probleme an. Der Vor-

lesungsausfall an Universitäten und fehlende Kindertagesstätten sehen 72% bzw. 67% als

dringend zu lösende Probleme, an letzter Stelle und deutlich seltener als wichtig eingestuft

liegt der Wohnungsmangel (49%).

Im Zeitvergleich der NRW-Befragungen nahm die Wichtigkeit aller Probleme zwischen 1999

und 2001 ab, mit Ausnahme der Ausländerfeindlichkeit. 2002 und 2003 war die Einschät-

zung uneinheitlich, bei einigen Problemlagen nahm die Bedeutung ab, bei einigen zu. Aller-

dings änderte sich die Rangfolge der vier wichtigsten Probleme nicht. 2004 zeigte sich bei

allen Problemlagen wieder eine Zunahme der Wichtigkeit, mit Ausnahme des Wohnungs-

mangels. An der Reihenfolge der ersten Rangplätze hatte sich jedoch nichts geändert. Dies

galt auch für 2005, die Veränderungen zum Vorjahr waren insgesamt gering.

Page 190: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

190

Abbildung 57: Wichtigkeit der Bearbeitung politischer Probleme in Nordrhein-Westfalen 1999 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

ArbeitslosigkeitAusbildungsstellenmangelAusländerfeindlichkeit in NRWVerbesserung der BildungschancenKriminalitätGeschlechtergleichstellung Unterrichtsausfall an SchulenVerschuldung des Landes NRWHemmnisse für ExistenzgründerVorlesungsausfall an UnisFehlende KindertagesstättenWohnungsmangel

Im Jahr 2006 war im Vergleich zum Vorjahr generell eine leichte Zunahme bei der Wichtig-

keit fast aller Problemlagen auszumachen – mit Ausnahme des Vorlesungsausfalls an den

Universitäten, fehlenden Kindertagesstätten und dem Wohnungsmangel. 2008 zeigen sich

sowohl Zu- als auch Abnahmen in der Wichtigkeit und einige Rangplatzverschiebungen.

Deutlich wichtiger ist 2008 für die türkeistämmigen Migranten (+8 Prozentpunkte) die Ver-

besserung der Bildungschancen. Möglicherweise hat hier die Initiative der Landesregierung

die Problematik geringer Bildung für die zukünftige Integration in den Arbeitsmarkt doch zu

einem stärkeren Bewusstsein der Migranten geführt. Ebenfalls deutlich zugelegt hat die Kri-

minalitätsbekämpfung (+8 Prozentpunkte), die ebenfalls um zwei Rangplätze in der Wichtig-

keit gestiegen ist. Auch beim Problem Wohnungsmangel ist die Wichtigkeit prozentual ge-

stiegen (+7 Prozentpunkte), dennoch liegt dieses Problem nach wie vor auf dem letzten

Rang. Auch Hemmnisse für Existenzgründer sind wichtiger geworden (+7 Prozentpunkte)

und um zwei Plätze in der Rangfolge gestiegen. Gestiegen ist auch die Bedeutung des Un-

terrichtsausfall an den Unis (+4 Prozentpunkte) doch auch hier hat sich der Rangplatz nicht

verändert.

Der höchste Rückgang in der Wichtigkeitseinstufung ist beim Ausbildungsstellenmangel (-4

Prozentpunkte), bei der Geschlechtergleichstellung (-3 Prozentpunkte) und der Arbeitslosig-

keit (-3 Prozentpunkte) auszumachen. Die Bekämpfung der Ausländerfeindlichkeit hat zwar

bei der Wichtigkeitseinschätzung nur 1,7% verloren, fällt aber um zwei Rangplätze, vom drit-

ten auf den fünften Rang.

Page 191: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

191

Tabelle 56: Wichtigkeit politischer Probleme (eher wichtig) im Vergleich 2006 und 2008 – nur NRW (Prozentwerte und Rangplätze)

Prozent Differenz Rang Differenz 2006 2008 2008 -

2006 2006 2008 2008 -

2006 Arbeitslosigkeit 98,4 95,4 -3,0 1 1 0

Verbesserung der Bildungschancen 83,1 91,1 +8,0 4 2 +2Ausbildungsstellenmangel 94,5 91,0 -3,5 2 3 -1

Kriminalität 83,1 90,7 +7,6 5 4 +1Ausländerfeindlichkeit in NRW 84,6 86,3 +1,7 3 5 -2

Geschlechtergleichstellung 82,4 79,0 -3,4 6 6 0Hemmnisse für Existenzgründer 69,3 76,7 +7,4 9 7 +2

Unterrichtsausfall an Schulen 74,4 75,9 +1,5 7 8 -1Verschuldung des Landes NRW 74,2 73,3 -0,9 8 9 -1

Vorlesungsausfall an Unis 67,8 71,8 +4,0 10 10 0Fehlende Kindertagesstätten 67,1 67,2 +0,1 11 11 0

Wohnungsmangel 42 49,4 +7,4 12 12 0

Auch deutschlandweit konnten zu einer Reihe von Problemlagen ein nennenswerter Teil der

Befragten keine Stellung beziehen. Wie in NRW betrifft dies insbesondere den Vorlesungs-

ausfall an Universitäten, die Verschuldung des Landes NRW, die Hemmnisse für Existenz-

gründer, Unterrichtsausfall an den Schulen und fehlende Kindertagesstätten Zwischen 17%

und 11% konnten hierzu keine Angaben machen.

Tabelle 57: Wichtigkeit politischer Probleme (eher wichtig) – Vergleich Deutschland - NRW

(Prozentwerte und Rangplätze) Deutschland NRW Differenz NRW-

Deutschland Prozent Rang Prozent Rang Prozent Rang

Arbeitslosigkeit 95,5 1 95,4 1 -0,1 0Ausbildungsstellenmangel 91,8 2 91,0 3 -0,8 1

Kriminalität 91,0 3 90,7 4 -0,3 1Verbesserung der Bildungschancen 90,6 4 91,1 2 0,5 -2

Ausländerfeindlichkeit 88,3 5 86,3 5 -2,0 0Geschlechtergleichstellung 77,0 6 79,0 6 2,0 0

Unterrichtsausfall an den Schulen 76,8 7 75,9 8 -0,9 1Hemmnisse für Existenzgründer 74,6 8 76,7 7 2,1 -1

Vorlesungsausfall an den Unis 71,5 9 71,8 10 0,3 1Verschuldung des Landes/Staates 69,7 10 73,3 9 3,6 -1

Fehlende Kindertagesstätten 68,8 11 67,2 11 -1,6 0Wohnungsmangel 52,7 12 49,4 12 -3,3 0

Die Einschätzung der Wichtigkeit politischer Probleme auf Bundesebene zeigt nur sehr ge-

ringe Unterschiede zu der Einschätzung der Migranten in NRW. Auch bundesweit liegen die

Probleme des Arbeitsmarktes – Arbeitslosigkeit und Lehrstellenmangel – an erster Stelle.

Page 192: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

192

Der größte Unterschied wird bei der Verschuldung des Landes bzw. des Staates, dem Woh-

nungsmangel und der Bekämpfung der Kriminalität sichtbar. In NRW wird zu 4 Prozentpunk-

ten häufiger die Verschuldung als wichtig erachtet als auf Bundesebene, dort halten die Be-

fragten hingegen zu 3 Prozentpunkten häufiger den Wohnungsmangel für ein dringendes

politisches Problem. Türkeistämmige Migranten auf Bundesebene halten die Geschlechter-

gleichstellung für etwas wichtiger (+ 2 Prozentpunkte), die Bekämpfung der Ausländerfeind-

lichkeit und den Abbau von Hemmnissen für Existenzgründer jedoch für etwas weniger wich-

tig (-2 Prozentpunkte). Nennenswerte Rangplatzunterschiede gibt es nur bezüglich der Ver-

besserung der Bildungschancen, die in NRW auf Rang 2 liegt, deutschlandweit aber, nach

Ausbildungsstellenmangel und Kriminalitätsbekämpfung auf Platz 4.

6.6.4. Parteienpräferenz

Betrachtet man die Positionen der Parteien zur Integrationspolitik, scheint es zumindest lan-

ge Zeit - bis Mitte der 1990er Jahre - einen ethnisch-kulturellen Grundkonflikt mit den Aus-

prägungen monokulturelles (Unterstützung der Aussiedlerzuwanderung und -integration, Be-

grenzung der Zuwanderung und dauerhaften Niederlassung sowie der Einbürgerung anderer

Gruppen) und multikulturelles Gesellschaftsmodell (Unterstützung für Asylsuchende und In-

tegration ausländischer Arbeitnehmer) gegeben zu haben, das sich den Parteien zuordnen

ließ und auch die Parteibindung von Zuwanderern prägte.175 So tendierten beispielsweise

Aussiedler sehr viel stärker zum bürgerlichen, türkeistämmige Eingebürgerte jedoch eher

zum linken Lager.176 Zwar löst sich die Parteienzuordnung des integrationspolitischen

Grundkonfliktes seit dem Bekenntnis der Bundesrepublik zum Einwanderungsland zuneh-

mend auf – alle Parteien sehen inzwischen die Integration von Zuwanderern insgesamt als

dringende gesamtgesellschaftliche Aufgabe an – doch halten sich sowohl bestimmte Grund-

haltungen in den Parteien als auch in früheren Jahren geprägte Parteibindungen nach wie

vor.

175 Ausführlich hierzu Wüst, Andreas M.: Wahlverhalten und politische Repräsentation von

Migranten. In: Frech, Siegfried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zu-wanderung und Integration. Schwalbach 2007, S. 155f.

176 Vgl. Wüst, Andreas M.: Wahlverhalten und politische Repräsentation von Migranten. In: Frech, Siegfried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwanderung und Integra-tion. Schwalbach 2007, S. 156.

Page 193: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

193

Parteipräferenz bei Landtagswahlen in NRW – nur Befragte in NRW

Den Befragten in NRW wurde – um den Zeitvergleich auf Landesebene aufrecht zu erhalten

– zunächst die "Sonntagsfrage" (Welche Partei würden Sie wählen, wenn am nächsten

Sonntag Wahl wäre?) für die Landtagswahl gestellt – und zwar unabhängig davon, ob sie

wahlberechtigt, also deutsche Staatsbürger, sind oder nicht. Die Ergebnisse hierzu werden

hier zunächst dargestellt. Die Ergebnisse zur Sonntagsfrage bezogen auf Bundestagswah-

len, die auch den Befragten deutschlandweit gestellt wurde, sowie der Vergleich zwischen

NRW und Deutschland folgt anschließend. Bundesweit wurde die Frage nach Landtagswah-

len nicht gestellt.

Tabelle 58: Parteipräferenz bei der nächsten Landtagswahl in NRW – nur NRW (Prozentwerte)

Prozent SPD 35,6 CDU 4,9

Bündnis 90/Die Grünen 7,4 FDP 0,5

Linke/PDS 3,0 Andere Partei 0,3

Würde nicht wählen 12,3 Weiß nicht 31,6

Nach wie vor liegt die Präferenz der türkeistämmigen Migranten in NRW mit 36% eindeutig

bei der SPD. Bündnis 90/Die Grünen folgen an zweiter Stelle mit 7%. Erst an dritter Stelle

liegt die CDU mit 5%. Der FDP neigen weniger als 1% aller türkeistämmigen Migranten zu,

die Linke/PDS präferieren 3%, andere Parteien weniger als 1%. Der Anteil derjenigen, die

keiner Partei zuneigen, sondern entweder nicht wählen würden, oder sich nicht für eine Par-

tei entscheiden können, liegt in NRW bei fast einem Drittel (32%) der Befragten.

Im Zeitverlauf ist für die SPD von 1999 bis 2002 in NRW ein deutlicher Rückgang der Partei-

neigung zu erkennen, seit 2003 steigt der Anteil derer, die die SPD präferieren, wieder, 2005

sehr stark, 2006 lag die Partei auf dem gleichen Level wie im Vorjahr. 2008 ist die Präferenz

für die SPD deutlich gesunken. Zugleich verhält sich im Zeitüberblick der Anteil der Unent-

schlossenen spiegelbildlich zur SPD-Präferenz, auch 2008 stieg der Anteil derjenigen, die

keiner der Parteien zuneigen, nahezu entsprechend der Verluste der SPD.

Auch die Sympathie für Bündnis 90/Die Grünen wechselt im Zeitverlauf relativ stark, nahm

zunächst zu, ging zwischen 2001 und 2003 zurück und stieg 2004 wieder, um sowohl 2005

als auch 2006 und 2008 wiederum leicht zu sinken. Der Anteil der CDU-Sympathisanten un-

Page 194: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

194

ter den türkeistämmigen Migranten blieb zunächst zwischen 1999 bis 2002 sehr stabil, stieg

2003, sank 2004 und stieg 2005 wieder, um 2006 wieder zu sinken. 2008 ist der Anteil gleich

geblieben. Die FDP sank von 2000 zu 2001 deutlich und liegt seitdem um 1%. Leicht zule-

gen konnte auch die PDS.

Abbildung 58: Parteipräferenz bei den nächsten Landtagswahlen in NRW 1999 bis 2008 – nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

50

60

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

SPDCDUBündnis 90/Die GrünenFDPLinke/PDSSonstigeWürde nicht wählenBin noch unentschieden

Zu berücksichtigen bei dieser Betrachtung ist, dass Parteipräferenzen Stimmungen wieder-

geben, die nicht unbedingt das tatsächliche Wahlverhalten widerspiegeln. Je weiter entfernt

eine Wahl ist, desto unverbindlicher ist die Stellungnahme in der Sonntagsfrage und desto

stärker ist die Antwort von Stimmungen geprägt. Je näher eine Wahl rückt, desto stärker ma-

chen sich langfristige Wählerbindungen bemerkbar, die am Tag der Wahl einen starken Ein-

fluss haben – jenseits von Sach- oder Personalfragen. Da die nächste Landtagswahl in NRW

erst 2010 stattfindet, sind diese Ergebnisse also vor allem als Stimmungsbarometer zu le-

sen. Darüber hinaus sind hier auch diejenigen Migranten enthalten, die nicht wahlberechtigt

sind, und somit für diese sowieso nur Stimmungen abgefragt wurden, aus denen kein tat-

sächliches Handeln abgeleitet werden kann.

Betrachtet man die Parteipräferenz der Migranten in NRW bezogen auf die Landtagswahlen

nach ihrer Staatsbürgerschaft, zeigt sich entsprechend der These vom Zusammenhang

mangelnder Einbindung in den politischen Prozess aufgrund der Staatsbürgerschaft und ge-

ringem Interesse an politischen Geschehnissen, dass unter den Eingebürgerten - und damit

Page 195: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

195

tatsächlich Wahlberechtigten - der Anteil vor allem der Unentschlossenen und der Nichtwäh-

ler deutlich niedriger ist als unter den türkischen Staatsbürgern.

Abbildung 59: Parteipräferenz bei den nächsten Landtagswahlen in NRW nach Staatsbürgerschaft – nur NRW (Prozentwerte)

40

33

7,33,5

8,46,8 1,1 0,2

4,32,2 0,3 0,3

10,813,2

21,9

37,3

05

10152025303540

SPD CDU Bündnis90/DieGrünen

FDP Linke/PDS AnderePartei

Würde nichtwählen

Weiß nicht

Deutsch Türkisch

Eingebürgerte Migranten in NRW sympathisieren noch häufiger als türkische Staatsbürger

mit der SPD sowie in geringem Maße auch mit der CDU, Bündnis 90/Die Grünen und der

Linken. Bezüglich der FDP und sonstiger Parteien sind die Differenzen zwischen den deut-

schen und den türkischen Staatsbürgern in NRW bezogen auf die Landtagswahl relativ ge-

ring.

Die politische Partizipation drückt sich auch durch die Teilnahme an Wahlen aus. Rund ein

Drittel derjenigen, die eingebürgert und damit wahlberechtigt sind, würden nicht wählen

gehen, oder können sich nicht für eine Partei entscheiden, wobei das Nichtentscheiden in

der Konsequenz dann häufig zu Nichtwahl führt. Zwar ist dieser Anteil unter den nicht

Wahlberechtigten deutlich höher, dies verwundert jedoch nicht, da es sich hierbei ja um eine

hypothetische Frage für die Betroffenen handelt und bei der tatsächlichen Wahl ohne

Konsequenz bleibt. Daher werden im Folgenden nur die tatsächlich Wahlberechtigten näher

betrachtet (N = 370).

Die Entscheidung für eine bestimmte Partei bzw. an der Wahl überhaupt teilzunehmen, ist

bei deutschen Staatsbürgern – also tatsächlich Wahlberechtigten - abhängig vom Interesse

an deutscher Politik. Der Anteil stark und mittelmäßig an deutscher Politik Interessierter ist

unter denjenigen Wahlberechtigten, die in NRW an der Wahl teilnehmen würden, deutlich

höher als unter denjenigen, die sich nicht für eine bestimmte Partei entscheiden können, o-

der nicht zur Wahl gehen würden. Somit zeigt sich - wie bereits in den vorangegangenen

Page 196: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

196

Befragungen - ein ausgeprägter Zusammenhang zwischen dem Interesse an Politik und der

potenziellen politischen Partizipation.

Abbildung 60: Wahlabsicht der Wahlberechtigten bei Landtagswahlen in NRW nach Interesse an deutscher Politik – nur NRW und nur deutsche Staatsbürger (Zeilenprozent)

14,6% 33,2% 49,7%

2,4%

6,2% 27,2% 66,7%

7,5% 22,5% 70,0%

20,3% 36,1% 40,1%

3,5%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Wahlabsicht

Nichtwähler

Unentschlossen

Gesamt

Stark Mittel Wenig Keine Angabe

Betrachtet man – wiederum nur bei denjenigen, die tatsächlich wahlberechtigt sind - die pro-

zentuale Verteilung der Präferenzen bei Landtagswahlen in NRW ohne die Einbeziehung der

Nichtwähler und der Unentschlossenen, also der "gültigen Stimmen" (N = 227), wie dies bei

tatsächlichen Wahlen der Fall ist, wird der Abstand zwischen der SPD und den anderen Par-

teien und somit die deutliche Präferenz der türkeistämmigen Migranten für die SPD noch

deutlicher: 65% der deutschen Staatsbürger mit einer eindeutigen Parteipräferenz würden

die SPD wählen, 14% der Stimmen entfallen auf Bündnis 90/Die Grünen. 12% würde die

CDU wählen, 2% entfallen auf die FDP. Die Linke/PDS würde 7% der Stimmen erhalten, an-

dere Parteien würden weniger als 1% wählen.

Page 197: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

197

Abbildung 61: "Gültige Stimmen" der wahlberechtigten türkeistämmigen Migranten bei der nächsten Landtagswahl in NRW – nur NRW (Prozentwerte – nur Befragte mit

Parteipräferenz)

SPD65,2%

CDU11,9%

Bündnis 90/Die Grünen13,7%

Linke/PDS7,0%

Andere Partei0,4%

FDP1,8%

Die Gewinne und Verluste zwischen 2006 und 2008 bezogen auf die Landtagswahlen in

NRW und die Wahlberechtigten, die sich durch die Prozentuierung der Anhängeranteile auf

die gültigen Stimmen ergeben, zeigen Veränderungen in der Wählergunst deutlicher als bei

der Betrachtung aller Befragten.

Verluste zeigen sich bei der SPD, die 6,8 Prozentpunkte verloren hat, alle anderen Parteien

haben gewonnen, die CDU immerhin 4,3 Prozentpunkte, bei den anderen Parteien waren die

Gewinne geringfügiger. Auch hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Landtagswahl noch

in relativ weiter Ferne liegt und die Antworten daher eher eine unverbindliche Stimmung

denn konkrete Wahlabsichten zeigen.

Page 198: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

198

Abbildung 62: Gewinne und Verluste der Parteien bei Landtagswahlen in NRW nach gültigen Stimmen von 2006 nach 2008 – nur NRW und nur Wahlberechtigte (Prozentpunktdifferenz)

-4,6

4,3

1,0-0,4

1,5

0,4

-8

-6

-4

-2

0

2

4

SPD CDU Bündnis 90/DieGrünen

FDP Linke/PDS Andere Partei

Vergleicht man die aktuelle Stimmenverteilung der wahlberechtigten türkeistämmigen

Migranten in NRW mit aktuellen Befragungen der deutschen Wahlbevölkerung im Oktober

2008 in NRW177, ergeben sich massive Unterschiede, insbesondere bezüglich der beiden

großen Volksparteien.

In der deutschen Bevölkerung lag die SPD im Oktober 2008 bei 36% der Wählerstimmen,

Bündnis 90/Die Grünen bei 10%, CDU/CSU würden 37% der Stimmen erhalten, die FDP lag

bei 12%. SPD und CDU lagen mit sieben Prozentpunkten zugunsten der CDU auseinander,

in der türkeistämmigen Bevölkerung in NRW sind es jedoch 53 Prozentpunkte zugunsten der

SPD. Der Anteil der SPD-Wählerschaft liegt bei den Migranten um 29 Prozentpunkte höher,

bei den Grünen sind es vier Prozentpunkte, die Differenz bei CDU/CSU beträgt hingegen -25

Prozentpunkte und bei der FDP -10 Prozentpunkte.

177 Quelle: Repräsentative Befragung von 1.000 wahlberechtigten Bürgern in NRW durch Infra-

test-dimap im Oktober 2008 im Auftrag des WDR. http://www.wdr.de/themen/politik/parteien/fdp/landesparteitag_2008/081108.jhtml?rubrikenstyle%3Dpolitik Datum: 10.11.2008.

Page 199: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

199

Abbildung 63: Parteipräferenz der wahlberechtigten türkeistämmigen Migranten und der wahlberechtigten Gesamtbevölkerung in NRW (Oktober 2008) (Prozentwerte)

65

36

12

37

1410 2 12

7 91 2

0

10

20

30

40

50

60

70

SPD CDU Bündnis90/DieGrünen

FDP Linke/PDS Andere Partei

Wahlberechtigte türkischstämmige Migranten Deutsche Wahlbevölkerung

Die Neigung zu bestimmten Parteien – insbesondere die langfristige Wählerbindung - wird

nach den Ergebnissen der Parteienforschung zur deutschen Wählerschaft neben aktuellen

politischen Inhalten und Kandidaten in nicht unerheblichem Maß von soziodemographischen

Merkmalen beeinflusst.178 Typische SPD-Sympathisanten entstammen traditionell dem Ar-

beitermilieu, sind selbst Arbeiter und Arbeiterinnen oder Angestellte auf der unteren und mitt-

leren Ebene ("neue Mitte"), haben eher eine geringe Kirchen-, aber starke Gewerk-

schaftsbindung. Unterstützer der CDU zeichnen sich durch eine starke Kirchenbindung so-

wie ein höheres Durchschnittsalter aus. FDP-Anhänger sind häufig Selbstständige oder Aka-

demiker ohne christliche Bindungen und gehören den oberen Einkommensgruppen an. Grü-

nen-Anhänger sind jünger, oft hoch gebildet und häufig als Angestellte im sozialen Bereich

tätig, der Frauenanteil ist hier sehr hoch.

Dadurch würde sich die ausgeprägte Neigung der türkeistämmigen Migranten zur SPD

schon fast von selbst erklären. Der hohe Anteil an Arbeitern und Arbeiterinnen bzw. die

mehrheitliche soziale Herkunft aus Arbeiterfamilien und die hohe Gewerkschaftsbindung

prädestiniert die Migranten, SPD zu wählen. Das christliche Element, das für die Wähler der

CDU eine wichtige Klammer darstellt, ist für die vorwiegend muslimischen Migranten kaum

ein Argument.179

178 Vgl. hierzu: Oberreuther, Heinrich (Hrsg.:) Bundestagswahlen 1998 und 2002 – eine kritische

Bilanz. München 2003; Jesse, Eckhardt/Sturm, Roland (Hrsg.): Bilanz der Bundestagswahl 2005: Voraussetzungen, Ergebnisse, Folgen. Wiesbaden 2006.

179 Wähler von FDP (N = 5) und Linke (N = 30) werden hier aufgrund der geringen Fallzahlen nicht näher untersucht.

Page 200: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

200

Doch zeigt das soziodemographische Profil der SPD-Sympathisanten in NRW bezüglich der

Landtagswahlen aufgrund der starken Dominanz dieser Partei nur relativ wenige Besonder-

heiten, die auch nicht unbedingt dem typischen Profil der SPD-Wähler in der deutschen Be-

völkerung entsprechen. Frauen neigen häufiger zur SPD als Männer. Überrepräsentiert sind

sowohl junge Befragte unter 30 Jahren als auch Befragte ab 45 Jahre. Gering ist der Anteil

der SPD-Anhänger unter den Heiratsmigranten, Erstgenerationsangehörige und Angehörige

der Nachfolgegeneration unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Präferenz für die SPD nicht.

Befragte mit Schulabschluss in der Türkei tendieren unterdurchschnittlich zur SPD, der Ab-

schluss selbst spielt keine Rolle. Bei Befragten mit Schulabschluss in Deutschland zeigt sich

keine einheitliche Tendenz, am höchsten ist die SPD-Affinität bei mittlerer Bildung. Selbst-

ständige sind unterrepräsentiert, aber ebenso Arbeiter und Facharbeiter, am höchsten ist die

Neigung zur SPD bei Angestellten. Auch das Einkommen zeigt keine typische Tendenz, am

geringsten ist der Anteil der SPD-Anhänger unter denjenigen mit einem Einkommen unter

1.000 Euro, am höchsten unter denjenigen mit einem Einkommen zwischen 2.000 und 3.000

Euro.

Das unspektakuläre Profil der türkeistämmigen SPD-Sympathisanten zeigt, dass diese Par-

teineigung offenbar das Resultat der Erfahrungen der Arbeitsmigration ist und nur in zweiter

Linie das Ergebnis individueller soziodemographischer Faktoren.

Das Profil der Befragten in NRW, die der CDU zuneigen, ist uneinheitlich: Männer und Frau-

en unterscheiden sich nicht bezüglich ihrer CDU-Präferenz, allerdings erreicht die CDU unter

der jüngsten Altersgruppe den höchsten Anteil an Anhängern. Erstgenerationsangehörige

und Nachfolgegenerationsangehörige neigen unterrepräsentativ zur CDU, Heiratsmigranten

sind hier überrepräsentiert. CDU-Anhänger finden sich überproportional unter Befragten mit

niedrigem türkischem und hohem deutschem Abschluss. Arbeiter neigen etwas eher der

CDU zu als Angestellte und Selbstständige, die Differenzen sind jedoch gering. Es sind vor

allem Befragte mit hohem Einkommen, die die CDU bevorzugen.

Die Anhänger von Bündnis 90/Die Grünen zeigen ebenfalls kein sehr einheitliches Profil.

Frauen sind überrepräsentiert, ebenso wie die Altersgruppe zwischen 30 und 44 Jahren,

darunter insbesondere Heiratsmigranten. Erste und Nachfolgegeneration unterscheiden sich

in ihrer Präferenz für die Grünen nicht. Die Schulbildung zeigt keine einheitliche Tendenz,

sowohl Absolventen der Ortaokul als auch der Hauptschule neigen stärker zu den Grünen

als Fachoberschüler und Abiturienten. Selbstständige neigen besonders stark den Grünen

zu, auch Arbeiter haben hier eine stärkere Präferenz als Angestellte. Einzig das Einkommen

zeigt eine lineare Tendenz, bei zunehmendem Einkommen sinkt die Neigung zu den Grünen.

Page 201: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

201

Tabelle 59: Parteipräferenz bei Landtagswahlen sowohl deutscher als auch türkischer Staatsbürger nach soziodemographischen Merkmalen – nur NRW (Zeilenprozent)

Parteipräferenz SPD CDU B 90/ Grüne

Geschlecht Männlich 67,6 9,4 13,3 Weiblich 71,1 9,6 16,0

Altersgruppen Unter 30 Jahre 72,7 12,7 10,0 30 bis 44 Jahre 65,0 9,9 16,9 45 bis 59 Jahre 72,7 5,1 14,1

60 Jahre und älter 70,8 9,2 12,3 Generation

Erste Generation 73,5 8,8 12,4 Nachfolgegeneration 73,2 8,5 12,0

Heiratsmigranten 56,7 14,4 19,6 Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 66,4 13,6 15,2 Ortaokul 61,5 6,2 18,5

Lise 65,1 7,2 15,7 Hauptschule 69,0 9,5 14,3

Realschule 78,9 7,0 11,3 Fachoberschule/Fachabitur 77,8 7,4 7,4

Abitur 69,4 12,2 12,2 Berufliche Stellung

Arbeiter/Facharbeiter 67,8 7,9 16,4 Angestellte 74,6 6,8 8,5

Selbstständige 65,0 5,0 25,0 Haushaltseinkommen

Unter 1.000 Euro 64,8 5,6 22,2 1.000 bis unter 2.000 Euro 67,6 8,1 16,8 2.000 bis unter 3.000 Euro 72,4 6,5 13,0

3.000 Euro und mehr 68,9 14,9 10,8 Gesamt 68,9 9,5 14,3

Parteipräferenz bei Bundestagswahlen Deutschland und NRW

Sowohl bei den türkeistämmigen Befragten in NRW als auch bei den Befragten auf Bundes-

ebene wurde die Wahlabsicht bzw. Parteipräferenz per Sonntagsfrage bei Bundestagswah-

len erhoben.

Page 202: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

202

Im Vergleich zur Präferenz der NRW-Befragten bezüglich der Landtagswahlen ergab die

Sonntagsfrage bei dieser Gruppe bezüglich der Bundestagswahlen180 nahezu die gleichen

Ergebnisse.

Tabelle 60: Parteipräferenz bei der nächsten Landtagswahl in NRW (nur NRW) und der nächsten Bundestagswahl (Prozentwerte)

NRW Deutschland Landtagswahl

in NRW Bundestags-

wahl Bundestags-

wahl SPD 35,6 35,5 37,0 CDU 4,9 5,0 3,4

Bündnis 90/Die Grünen 7,4 7,1 8,3 FDP 0,5 0,6 0,4

Linke/PDS 3,0 3,5 4,5 Andere Partei 0,3 0,2 0,7

Würde nicht wählen 12,3 13,1 12,4 Weiß nicht 31,6 30,8 28,5

Auch bezüglich Bundestagswahlen präferieren die Befragten in NRW mit 36% eindeutig die

SPD. Bündnis 90/Die Grünen folgen an zweiter Stelle mit 7%. Erst an dritter Stelle liegt die

CDU mit 5%. Zur FDP neigen weniger als 1% der türkeistämmigen Migranten, die Linke/PDS

präferieren 4%, und damit 1 Prozentpunkt mehr als bei Landtagswahlen, andere Parteien

nennen weniger als 1%.

Der Anteil derjenigen, die bezüglich der Bundestagswahl keine Parteipräferenz ausgebildet

haben, liegt in NRW bei fast einem Drittel (31%).

Auch bezüglich der Parteipräferenz auf Bundesebene unterscheiden sich die türkeistämmi-

gen Migranten in Deutschland nur wenig von denjenigen in NRW. Die SPD erhält bundesweit

einen um 2 Prozentpunkte höheren Nennungsanteil, die CDU erhält knapp 2 Prozentpunkte

weniger Nennungen, Grüne/Bündnis 90 und die Linke/PDS jeweils 1 Prozentpunkt mehr.

Etwas weniger der bundesdeutschen türkeistämmigen Migranten (-1 Prozentpunkt) haben

keine Parteipräferenz ausgebildet.

Eingebürgerte Migranten sympathisieren noch häufiger als türkische Staatsbürger mit der

SPD, in geringem Maße auch mit der CDU. Bündnis 90/Die Grünen und die Linke erhalten

von den Eingebürgerten in NRW mehr Nennungen, bundesweit lediglich die Linke/PDS. Be-

180 Die Frage nach der Wahlabsicht bei Bundestagswahlen wurde in NRW nur 2008 gestellt, so-

mit ist hierzu kein Zeitvergleich möglich.

Page 203: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

203

züglich der FDP und sonstiger Parteien sind die Differenzen zwischen den deutschen und

den türkischen Staatsbürgern relativ gering.

Tabelle 61: Parteipräferenz der nächsten Bundestagwahl nach Staatsbürgerschaft (Prozentwerte)

Bundestagswahl NRW Deutschland Deutsche

StaatsbürgerTürkische

StaatsbürgerDeutsche

Staatsbürger Türkische

StaatsbürgerSPD 40,3 32,7 45,3 32,8 CDU 8,4 3,0 5,8 2,3

Bündnis 90/Die Grünen 7,8 6,7 8,2 8,4 FDP 1,4 0,2 0,9 0,2

Linke/PDS 4,6 2,9 7,3 2,9 Andere 0.0 0,3 0,6 0,8

Würde nicht wählen 11,9 13,8 9,6 13,6 Weiß nicht 21,1 36,5 16,4 34,9

Somit profitieren SPD, CDU und die Linke von der ausgeprägteren Parteineigung der Einge-

bürgerten.

Abbildung 64: Wahlabsicht bei Bundestagswahlen nach starkem Interesse an deutscher Politik – nur Wahlberechtigte (Zeilenprozent)

20,3

7,56,2

14,5

22,7

12,1

8,9

18,7

0,0

5,0

10,0

15,0

20,0

25,0

NRW Deutschland

Wahlabsicht Nichtwähler Unentschlossen Gesamt

Page 204: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

204

Wie bereits die Ergebnisse zu den Landtagswahlen in NRW zeigten, steht die Entscheidung,

der Wahlberechtigten, überhaupt zur Wahl zu gehen, in Zusammenhang mit dem Interesse

an deutscher Politik. Der Anteil stark an deutscher Politik Interessierter ist unter denjenigen

Wahlberechtigten, die sich für die Wahl einer bestimmten Partei bei den Bundestagswahlen

entschlossen haben, deutlich höher als unter denjenigen Wahlberechtigten, die nicht wählen

wollen. Am geringsten ist dieser Anteil jedoch unter den Unentschlossenen. Somit zeigt sich

auch für die Bundestagswahlen sowohl in NRW als auch bundesweit ein ausgeprägter Zu-

sammenhang zwischen dem Interesse an Politik und der potenziellen politischen Partizipati-

on.

Abbildung 65: "Gültige Stimmen" der wahlberechtigten türkeistämmigen Migranten bei der nächsten Bundestagswahl (Prozentwerte – nur Befragte mit Parteipräferenz)

66,5 8,6 12

1,3

10,7

0,9

65,2 11,9 13,7

1,8

7

0,4

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

SPD CDU Bündnis 90/Grüne FDP Linke/PDS Andere

Betrachtet man die prozentuale Verteilung der Präferenzen bei den Bundestagswahlen ohne

die Einbeziehung der Nichtwähler und der Unentschlossenen, also der "gültigen Stimmen"

derjenigen, die wahlberechtigt sind (NRW N = 227, Deutschland N = 233), wie dies bei tat-

sächlichen Wahlen der Fall ist, wird der Abstand zwischen der SPD und den anderen Partei-

en und somit die deutliche Präferenz der türkeistämmigen Migranten für die SPD noch deutli-

cher: 65% der Wahlberechtigten mit einer eindeutigen Parteipräferenz in NRW und 67% in

Deutschland würden die SPD wählen, 14% der Stimmen in NRW und 12% in Deutschland

Page 205: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

205

entfallen auf Bündnis 90/Die Grünen. 12% würden in NRW und 9% in Deutschland die CDU

wählen, 2% in NRW und 1% in Deutschland entfällt auf die FDP. Die Linke/PDS würde in

NRW 7% und bundesweit 11% der Stimmen erhalten, andere Parteien würden rund 1% wäh-

len.

Bundesweit würde die CDU etwas weniger Stimmen erhalten als in NRW, die SPD und die

Linke etwas mehr.

Vergleicht man die aktuelle Stimmenverteilung der wahlberechtigten türkeistämmigen

Migranten in NRW und in Deutschland bezüglich der Bundestagswahl mit aktuellen Befra-

gungen der deutschen Wahlbevölkerung im Oktober 2008181, ergeben sich massive Unter-

schiede, insbesondere bezüglich der beiden großen Volksparteien:

Abbildung 66: Wahlpräferenz der wahlberechtigten türkeistämmigen Migranten in NRW und in Deutschland und der wahlberechtigten Gesamtbevölkerung bei Bundestagswahlen in

Deutschland (Oktober 2008) (Prozentwerte)

65

12

14271

67

9

121

111

25

38

9

11

11

6

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

WahlberechtigteTürkischstämmige

in NRW

WahlberechtigteTürkischstämmige

in Deutschland

DeutscheWahlbevölkerung

Andere ParteiLinke/PDSFDPBündnis 90/Die GrünenCDUSPD

In der deutschen Bevölkerung lag bei der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl die SPD im

Oktober 2008 bei 25% der Wählerstimmen, Bündnis 90/Die Grünen bei 9%, CDU/CSU wür-

den 38% der Stimmen erhalten, die FDP lag bei 11% und die Linke bei ebenfalls bei 11%.

181 Quelle: Forschungsgruppe Wahlen: Politbarometer Oktober 2008.

www.forschungsgruppe.de/Studien/Politbarometer/Archiv/Politbarometer_2008/Oktober_II_2008/

Page 206: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

206

SPD und CDU lagen mit 13 Prozentpunkten zugunsten der CDU auseinander, in der türkei-

stämmigen Bevölkerung in NRW sind es jedoch 53 Prozentpunkte zugunsten der SPD, bun-

desweit sogar 58 Prozentpunkte. Der Anteil der SPD-Wählerschaft liegt bei den Migranten in

NRW um 40 Prozentpunkte und in Deutschland um 42% höher, bei den Grünen sind es fünf

bzw. drei Prozentpunkte, die Differenz bei CDU/CSU beträgt hingegen -26 Prozentpunkte in

NRW und -32 Prozentpunkte bundesweit.

Insgesamt zeigen die politischen Einstellungen in NRW im Zeitvergleich nur geringe Verän-

derungen, auch zwischen den Befragten in NRW und in Deutschland sind nur geringe Unter-

schiede zu finden. Nach wie vor ist das Interesse an deutscher Politik geringer als an türki-

scher, wobei das Interesse an beidem in NRW leicht abgenommen hat. Dabei findet man

jedoch eine Überlappung der Interessen, d.h., diejenigen, die an deutscher Politik interessiert

sind, interessieren sich auch für die Politik in der Türkei. Das politische Interesse ist eine

Frage des Geschlechts, teilweise des Alters und der Generationszugehörigkeit, aber auch

der Bildung und der Identität. Das Gefühl der Interessenvertretung durch Organisationen ist

erschreckend gering, auch wenn es in diesem Jahr in NRW vor allem hinsichtlich der politi-

schen Organe zugenommen hat. Dennoch ist nach wie vor bei der Bundesregierung, den

Parteien, aber auch der Landesregierung (bezogen auf die Befragten in NRW) eine deutli-

chere Vermittlung des Engagements für Migranten geboten. Zentrale Probleme, die die

Migranten dringend bearbeitet sehen wollen, sind neben Arbeitslosigkeit die Verbesserung

der Bildungschancen, der Ausbildungsstellenmangel, die Kriminalität und die Ausländer-

feindlichkeit. Die hohe Affinität zur SPD ist 2008 etwas geringer als zuvor.

6.7. Migranten und Medien

Medien spielen wie für zahlreiche andere gesellschaftliche Bereiche auch für die Integration

von Zuwanderern eine nicht unerhebliche Rolle. Massenmedien filtern die für die Meinungs-

bildung wichtigen Informationen, setzen Themen auf die politische Agenda und beeinflussen

auf diese Weise das Bewusstsein der Bevölkerung wie der Funktionsträger. Die Wahrneh-

mung von Realität wird zunehmend über die Medien hergestellt.182 Darüber hinaus bieten

182 Vgl. ausführlich hierzu Butterwegge, Christoph/Hentges, Gudrun (Hrsg.): Massenmedien, Mig-

ration und Integration. Herausforderungen für Journalismus und politische Bildung. Wiesbaden 2006; Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland. Bielefeld 2005; Halm, Dirk: Die Medien der türkischen Bevölke-rung in Deutschland. Berichterstattung, Nutzung und Funktion. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im internationalen Ver-gleich. Bielefeld 2006.

Page 207: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

207

Medien eine Artikulations- und Kommunikationsplattform unterschiedlicher gesellschaftlicher

Gruppen, die so ihre Anliegen und Interessen formulieren können.

Medien und Integration oder auch die mediale Integration werden zumeist unter zwei Aspek-

ten diskutiert: Zum einen werden die Medien in den Mittelpunkt gerückt, zum anderen die

Nutzer. Der medienzentrierte Blick bezieht sich zumeist auf die deutschen Medien - wie wer-

den Zuwanderer und das Thema Integration dargestellt, in welchen Themenzusammenhän-

gen kommen sie vor, welches Bild von Zuwanderern oder dem Stand der Integration wird

transportiert, inwieweit sind Zuwanderer unter den Medienmachern vertreten? Hintergrund ist

zumeist die Frage, ob und inwieweit Medien zum Abbau oder zur Verstärkung von Vorurtei-

len und Stereotypen beitragen.183 Diskutiert wird in diesem Zusammenhang auch, ob und

welche Integrationsfunktion die (deutschen) Medien haben und welche Herausforderungen

sich dadurch an Journalisten und Macher stellen.184

Am häufigsten wurde dabei das Bild der Zuwanderer in den deutschen Medien untersucht;

nur sehr wenige Studien befassen sich mit der Inhalts- und Wirkungsanalyse muttersprachli-

cher Medien, mit dem Selbstverständnis und den Einstellungen der Journalisten der Ethno-

183 So beispielsweise Krüger, Udo Michael/Simon, Erk: Das Bild der Migranten im WDR Fernse-

hen: Ergebnisse einer empirischen Programmanalyse. In: Media Perspektiven, Jg. 2005/2005, Nr. 3, http://www.ard-werbung.de/showfile.phtml/03-2005_krueger_simon.pdf?foid=14387); Müller, Daniel: Die Darstellung ethnischer Minderheiten in deutschen Massenmedien. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethnischer Minder-heiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Bielefeld 2005; We-ber-Menges, Sonja: Die Wirkungen der Präsentation ethnischer Minderheiten in deutschen Medien. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethni-scher Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Biele-feld 2005; Yildiz, Erol: Stigmatisierende Mediendiskurse in der kosmopolitischen Einwande-rergesellschaft. In: Butterwegge, Christoph/Hentges, Gudrun (Hrsg.): Massenmedien, Migrati-on und Integration. Herausforderungen für Journalismus und politische Bildung. Wiesbaden 2006.

184 Beispielhaft Schatz, Heribert/Holz-Bacher, Christina/Nieland, Jörg-Uwe: Migranten und Me-dien. Neue Herausforderungen an die Integrationsfunktion von Presse und Rundfunk. Opla-den 2000; Butterwegge, Christoph/Hentges, Gudrun (Hrsg.): Massenmedien, Migration und In-tegration. Herausforderungen für Journalismus und politische Bildung. Wiesbaden 2006.

Page 208: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

208

medien185, die notwendig wäre, um tatsächlich die integrationshemmende Wirkung dieses

Medienkonsums zu untersuchen186.

Die Ergebnisse der Forschung zum Bild der Zuwanderer in deutschen Medien zeigen ein

ambivalentes Bild. Nach wie vor tauchen Zuwanderer vor allem im Zusammenhang mit Prob-

lemen wie Kriminalität und Sozialleistungsmissbrauch auf, seit den Terroranschlägen vom

11. September 2001 aber vor allem, wenn es um Terrorismus, islamischen Fundamentalis-

mus, Gewalt und Frauenunterdrückung geht. Die Berichterstattung ist emotionalisiert und

sensationalistisch. Lebensalltag und Perspektiven von Migranten, erfolgreiche Migranten

sowie der Zusammenhang von Problemen und ihrer ungünstigen Position im Sozialgefüge

kommen nur vereinzelt vor.187 Nicht nur im Boulevard, sondern auch in den seriösen Tages-

zeitungen und Magazinen, wie auch in Fernsehnachrichten und Berichten erscheinen immer

wieder Artikel und Beiträge, die die muslimischen Zuwanderer in Zusammenhang mit Ge-

walt, Unterdrückung und Terror stellen und in denen über das Scheitern der Integration, der

multikulturellen Gesellschaft und die Entstehung von Parallelgesellschaften berichtet wird.188

Insbesondere über türkische oder muslimische Frauen wird zumeist nur in Zusammenhang

185 Als Ethnomedien im weiteren Sinn werden in der Kommunikationswissenschaft die Medien

bezeichnet, die sich explizit an eine ethnische Minderheit wenden, unabhängig von der ver-wendeten Sprache. Darunter fallen sowohl die in den Herkunftsländern produzierten Medien, die in erster Linie für den Markt im Herkunftsland gedacht sind, als auch solche Medien, die speziell für die Zuwanderer im Aufnahmeland hergestellt werden. Unter Ethnomedien im en-geren Sinn versteht die Kommunikationsforschung solche Medien, die speziell für die ethni-schen Minderheiten im Aufnahmeland – in der Regel von Zuwanderern für Zuwanderer – pro-duziert werden. Vgl. Müller, Daniel: Die Inhalte der Ethnomedien unter dem Gesichtspunkt der Integration. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration eth-nischer Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Bie-lefeld 2005, S. 323f.

186 In dieser Richtung äußern sich Geißler, Rainer/Pöttker, Horst: Mediale Integration von Migran-ten. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006, S. 29. Ausnahmen hiervon sind folgende Studien: Aumüller, Jutta: Türkische Fernseh-medien in Deutschland. In: Bonfadelli, Heinz/Moser, Heinz (Hrsg.): Medien und Migration: Eu-ropa als multikultureller Raum? Wiesbaden 2007; Müller, Daniel: Die Inhalte der Ethnomedien unter dem Gesichtspunkt der Integration. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massen-medien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - For-schungsstand - Bibliographie. Bielefeld 2005; Schneider, Beate/Arnold, Anne-Katrin: Türki-sche Journalisten in Deutschland. Zwischen Integration und Bewahrung. In: Neubert, Kurt/Scherer, Helmut (Hrsg.): Die Zukunft der Kommunikationsberufe. Ausbildung, Berufsfel-der, Arbeitsweisen. Konstanz 2004.

187 Vgl. Geißler, Rainer/Pöttker, Horst: Mediale Integration von Migranten. In: Geißler, Rai-ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006, S. 28.

188 Vgl. zur Berichterstattung in deutschen Medien Butterwegge, Christoph: Medien, Migration und Integration. In: Frech, Siegfried/Meier-Braun, Karl-Heinz (Hrsg.): Die offene Gesellschaft. Zuwanderung und Integration. Schwalbach 2007; Ruhrmann, Georg/Sommer, Deni-se/Uhlemann, Heike: TV-Nachrichtenberichterstattung über Migranten – von der Politik zum Terror. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006.

Page 209: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

209

mit Ehrenmord, Zwangsheirat und Unterdrückung berichtet.189 Die Untersuchung von

Halm/Liakova/Yetik zum Islamdiskurs zwischen 2000 und 2004 zeigte, dass die massive Zu-

nahme der Auseinandersetzung mit dem Islam und den Muslimen im Kontext von Terroris-

mus das Bild des Islams in der deutschen Öffentlichkeit deutlich ins Negative verkehrt hat,

auch wenn keine Rede davon sein kann, dass auf breiter Front anti-muslimische Stimmung

erzeugt worden wäre. Das vor dem 11. September ausgewogenere Bild war allerdings im-

mer auch mit der historischen Hypothek eines deutlichen Fremdheitsempfindens gegenüber

den Muslimen belastet. Insofern hat sich in der deutschen Öffentlichkeit durchaus ein islam-

skeptischer Diskurs etabliert, der auch Einstellungsveränderungen in der deutschen Bevölke-

rung nach sich gezogen hat, die sich insbesondere in mangelnder Differenzierungsfähigkeit

gegenüber dem Islam und der unhinterfragten Verknüpfung von Islam und Terrorismusnei-

gung manifestieren. In dem Maße, in dem Kritik am Islam und an den Muslimen gewachsen

ist, nahm die Selbstkritik der deutschen Gesellschaft hinsichtlich der Versäumnisse der In-

tegrationspolitik ab.190 So waren im Jahr 2003, als die Debatte um das Zuwanderungsgesetz

viel Raum im politischen Diskurs einzunehmen schien, in den Nachrichtenbeiträgen von vier

großen TV-Sendern (ARD, ZDF, RTL, Sat.1) dem Thema "Zuwanderung" nur 5% aller Bei-

träge mit Migrantenbezug (nur Beiträge, die sich explizit mit in Deutschland lebenden

Migranten befassen) gewidmet, Terror und Kriminalität waren die Themen jeweils rund eines

Drittels der Beiträge.191

Insbesondere, aber nicht ausschließlich bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten, gibt es je-

doch seit einigen Jahren verstärkte Anstrengungen, das "Ausländerbild" zu korrigieren und

189 Vgl. Beck-Gernsheim, Elisabeth: Die deutschen Medien und die Unterdrückung der türkischen

Frau. In: Bendel, Petra/Hildebrandt, Matthias (Hrsg.): Integration von Muslimen, München 2006; Farrokhzad, Schahrzad: Exotin, Unterdrückte und Fundamentalistin - Konstruktionen der "fremden Frau" in deutschen Medien. In: Butterwegge, Christoph/Hentges, Gudrun (Hrsg.): Massenmedien, Migration und Integration: Herausforderungen für Journalismus und politische Bildung, Wiesbaden 2006.

190 Vgl. Halm, Dirk/Liakova, Marina/Yetik, Zeliha: Zur Wahrnehmung des Islams und der Muslime in der deutschen Öffentlichkeit 2000-2005. In: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpo-litik 5-6/2006; vgl. auch Şeref, Ayşe: Das Islambild in den Medien nach dem 11. September 2001. In: Butterwegge, Christoph/Hentges, Gudrun (Hrsg.): Massenmedien, Migration und In-tegration. Wiesbaden 2006; Schiffer, Sabine: Der Islam in den deutschen Medien. In: Aus Poli-tik und Zeitgeschichte 20/2005; Ruhrmann, Georg/Sommer, Denise/Uhlemann, Heike: TV-Nachrichtenberichterstattung über Migranten – von der Politik zum Terror. In: Geißler, Rai-ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006.

191 Siehe Ruhrmann, Georg/Sommer, Denise/Uhlemann, Heike: TV-Nachrichtenberichterstattung über Migranten – von der Politik zum Terror. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integra-tion durch Massenmedien. Bielefeld 2006, S. 53.

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210

die Integration zu fördern.192 Anders als die Privatmedien sehen sie sich durch den öffentli-

chen Programmauftrag durchaus in der Pflicht, einen Beitrag zur Unterstützung der Integrati-

on zu leisten. Ziel ist, die kulturelle und ethnische Vielfalt als Normalität darzustellen, Chan-

cen der Vielfalt und Hintergründe und Lösungsansätze bei Konflikten aufzuzeigen. Darüber

hinaus werden Zuwanderer zunehmend als Zielgruppe erkannt und daher auch ihr Nut-

zungsverhalten erforscht.193 Bereits seit einigen Jahren gibt es, entwickelt aus den mutter-

sprachlichen Radioangeboten für "Gastarbeiter", Programme oder Sendungen, die sich an

Zuwanderer richten, beispielsweise Radio Multikulti oder Funkhaus Europa.

Die Förderung der Integration geschieht auf unterschiedlichen Ebenen: Auf der Ebene der

Personalpolitik mit der Förderung und zunehmenden Präsenz von Zuwanderern als Macher

(Autoren, Moderatoren, Journalisten, Schauspielern), und der Stärkung der interkulturellen

Kompetenz und Sensibilität der einheimischen Mitarbeiter; auf der Ebene der Programmpla-

nung und -entwicklung in allen Genres: in Nachrichten, Informationssendungen, Dokumenta-

tionen und Talk-Shows, aber auch in fiktionalen Sendungen - mit der Einführung spezifischer

Serien ("Türkisch für Anfänger", "Die Özdags"), dem Aufgreifen integrationsrelevanter The-

men in Spielfilmen ("Wut", "Zeit der Wünsche", „Kanak Attack“), im Tatort "Brandmahl" und

als jüngstes Bespiel mit einem türkeistämmigen Ermittler im Tatort, bis hin zu Commedy-

Formaten ("Was guckst Du", "Der König von Kreuzberg") auch bei den Privatsendern. Fest-

stellen lässt sich auch, dass in den Nachrichtenbeiträgen der vier großen Fernsehsender die

aktive Rolle von Migranten zwischen 2000 und 2003 zugenommen hat.194

Der andere Blickwinkel nimmt die Zuwanderer ins Visier: Welche Medien werden von Zu-

wanderern zu welchem Zweck genutzt? Hierbei steht vor allem die Frage nach der Nutzung

muttersprachlicher Medien und der medialen Ghettoisierung im Vordergrund. Diskutiert und

in Ansätzen untersucht werden die Funktionen muttersprachlicher Medien.195 Selten sind

192 So hat der WDR 2003 Leitsätze zur Integration verabschiedet, die sich auf Programm, Me-

dienforschung und Personalpolitik beziehen. Vgl. Gualtiero Zambonani bei der Podiums-diskussion der Tagung Medien und Migration im Juni 2004, In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006, S. 260. Siehe auch Die Bundesre-gierung: Der Nationale Integrationsplan. Neue Wege, neue Chancen, Berlin 2007, S. 161.

193 So beispielsweise durch die Studie Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nord-rhein-Westfalen. Köln 2006; ARD/ZDF Medienkommission (Hrsg.) Migranten und Medien.o.O. 2007.

194 Vgl. Ruhrmann, Georg/Sommer, Denise/Uhlemann, Heike: TV-Nachrichtenberichterstattung über Migranten – von der Politik zum Terror. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integra-tion durch Massenmedien. Bielefeld 2006, S. 57.

195 So bei Schneider, Beate/Arnold, Anne-Katrin: Die Kontroverse um die Mediennutzung von Migranten: Massenmediale Ghettoisierung oder Einheit durch Mainstream? In: Geißler, Rai-

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211

jedoch Untersuchungen zur Glaubwürdigkeit und Einschätzungen der Berichterstattung in

den Ethnomedien wie in den deutschen Medien durch die Nutzer,196 ebenso wie Untersu-

chungen zum Zusammenhang von Mediennutzung und sozialen Lebensverhältnissen sowie

zur sozialen Integration und zur kulturellen Identität.197 Gerade diese Punkte sind jedoch ent-

scheidend bei der Bewertung der Nutzung von Ethnomedien.

Die Nutzung von Ethnomedien wird wie die Beibehaltung der herkunftskulturellen Orientie-

rung in der öffentlichen Diskussion zumeist als Kennzeichen von Desintegration bewertet.

Die Beurteilung der Wissenschaft ist hingegen bezüglich der integrationsrelevanten Wirkung

differenzierter: Ähnlich wie bei der Debatte um Integration insgesamt ist nicht die Frage der

Nutzung von Ethnomedien an sich (bzw. die Orientierung an der Herkunftskultur) problema-

tisch, sondern die interkulturelle Orientierung, d.h. die Haltung gegenüber den Medien der

Aufnahmegesellschaft (bzw. deren Kultur und Werte) ausschlaggebend.198

ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im interna-tionalen Vergleich. Bielefeld 2006.

196 Vgl. Geißler, Rainer/Pöttker, Horst: Mediale Integration von Migranten. In: Geißler, Rai-ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006, S. 34ff. Ausnah-men: Simon, Erk/Kloppenburg, Gerhard: Das Fernsehpublikum türkischer Herkunft – Pro-grammerwartung, Fernsehnutzung und Einstellungen. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit tür-kischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006; Trebbe, Joachim/Weiß, Hans-Jürgen: In-tegration und Mediennutzung – Eine Typologie junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in NRW. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006; Trebbe, Joachim: Akkulturation und Mediennutzung von türkischen Jugendlichen in Deutschland. In: Bonfadelli, Heinz/Moser, Heinz (Hrsg.): Medien und Migration: Europa als multikultureller Raum? Wiesbaden 2007.

197 Vgl. hierzu auch Die Bundesregierung: Der Nationale Integrationsplan. Neue Wege – Neue Chancen. Berlin 2007, S. 158. Ausnahmen hierzu: Trebbe, Joachim: Akkulturation und Me-diennutzung von türkischen Jugendlichen in Deutschland. In: Bonfadelli, Heinz/Moser, Heinz (Hrsg.): Medien und Migration: Europa als multikultureller Raum? Wiesbaden 2007; Trebbe, Joachim/Weiß, Hans-Jürgen: Integration und Mediennutzung – Eine Typologie junger Er-wachsener mit türkischer Herkunft in NRW. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006; Pöttker, Horst: Soziale Integration: Ein Schlüs-selbegriff für die Forschung über Medien und ethnische Minderheiten, In: Geißler, Rai-ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Bielefeld 2005; Schneider, Beate/Arnold, Anne-Katrin: Die Kontroverse um die Mediennutzung von Migranten: Massen-mediale Ghettoisierung oder Einheit durch Mainstream? In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im internationalen Vergleich. Bielefeld 2006.

198 Diese Argumentation folgt Pöttker, Horst: Soziale Integration: Ein Schlüsselbegriff für die For-schung über Medien und ethnische Minderheiten, In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Bielefeld 2005.

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212

Ethnomedien haben für Migranten spezifische Funktionen: Sie gleichen ein Defizit aus, das

in den deutschen Medien hinsichtlich der Interessen und Belange der Migranten und der

Möglichkeit zur Identifikation besteht.199 Muttersprachliche Medien dienen nicht nur der In-

formation über das Geschehen im Heimatland, sondern auch als eine Plattform für die Prob-

lematisierung der Situation der Migranten, die die deutschen Medien ihnen nicht bieten. Sie

unterstützen zugleich die Konsolidierung der kulturellen Identität und damit auch die Inte-

gration. Nach Ansicht verschiedener Medienforscher hat nicht zuletzt die mangelnde Reprä-

sentation von Migranten und ihren Themen sowie die verzerrte Darstellung der Migranten in

den deutschen Medien eine verbreitete Hinwendung der Zuwanderer zu Ethnomedien unter-

stützt.200

Eine besondere Bedeutung hat hier in den letzten Jahren das Internet gewonnen. Für die

Jüngeren unter den Migranten hat das Internet eine wichtige Informations- und Kommunika-

tionsfunktion und stellt eine Brücke zum Heimatland dar.201 Neben dem Angebot an Nach-

richten und Informationen bietet es durch zahlreiche Foren und Portale eine Plattform zum

Austausch mit Gleichgesinnten (z.B. www.bizimalem.de, www.jurblog.de, www.vaybee.de,

www.turkdunya.de). Diese Portale bilden einen Gestaltungsraum, in dem mit Gleichgesinn-

ten über Themen gesprochen und diskutiert wird, die insbesondere Migranten interessieren

und in den Massenmedien keinen Eingang finden. Gleichzeitig stellt das Internet eine virtuel-

le Heimat dar, in der der Migrationshintergrund ein verbindendes Element ist.202 Sie bilden

hybride Diskursräume, in denen die kulturelle Identität nicht abgrenzbar ist zwischen Her-

kunfts- und Aufenthaltsland, und in dem die Möglichkeit des Auslebens von Mehrfachidenti-

199 So die Ergebnisse von Hammeran, Regine/Baspinar, Deniz: Selbstbild und Mediennutzung

junger Erwachsener türkischer Herkunft. Ergebnisse einer qualitativen Studie. In: Westdeut-scher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 5; Simon, Erk/Kloppenburg, Gerhard: Das Fernsehpublikum türkischer Herkunft – Programmerwartung, Fernsehnutzung und Einstellungen. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kultu-ren. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 17.

200 Vgl. hierzu Weber-Menges, Sonja: Die Entwicklung der Ethnomedien in Deutschland. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im internationalen Vergleich. Bielefeld 2006, S. 139.

201 Vgl. Senay, Ufuk: Virtuelle Welten von Migranten im World Wide Web. In: Becker, Jörg/Behnisch, Reinhard (Hrsg.): Zwischen kultureller Zersplitterung und virtueller Identität. Türkische Medienkultur in Deutschland III. Loccumer Protokolle, Hrsgg. von der Evangeli-schen Akademie Loccum, Loccum 2003.

202 So dargestellt in Lins, Cornelia/Kempf, Ute: Online-Kompetenz für Migranten in Deutschland. Vorläufige Ergebnisse der Bestandsaufnahme. Herausgegeben vom Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V.: www.kompetenzz.de/Digitale-Integration/Migrantinnen, 2008.

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213

täten besteht.203 Dadurch wird eine Identität geschaffen, die sich als Verschmelzung deut-

scher Alltags-Realität und türkischer Traditionen und Werte beschreiben lässt.204 Weder die

deutschen noch die rein türkischen Angebote befriedigen die spezifischen Bedürfnisse der

nachwachsenden Zuwanderergenerationen.

Berücksichtigt werden muss zudem, dass gerade für die erste Generation, aber auch für

Neuzuwanderer, die häufig mit Sprachproblemen zu kämpfen haben, von großer Bedeutung

ist, aktuelle gesellschaftspolitische Entwicklungen und politische Diskussionen in Deutsch-

land - beispielsweise über die Renten- oder Steuerreform bis zum Ausländerrecht - mittels

der Muttersprache wahrnehmen zu können. Gute Deutschkenntnisse sind Voraussetzung

zur Nutzung deutscher Medien.

Zum anderen wird aber auch in der Wissenschaft besonders bei türkeistämmigen Migranten

aufgrund des großen Angebotes an muttersprachlichen Medien die Gefahr einer massenme-

dialen Isolation diskutiert.205 Die türkische Berichterstattung bietet einen Informationsfluss

aus den aktuellen Prioritäten und Blickwinkeln der Türkei und ein eingeschränktes Mei-

nungsspektrum, da bestimmte Themen, die in Deutschland von Bedeutung sind, nicht auf die

Agenda gesetzt werden.206 Die Nutzung türkischer Medien kann die Orientierung auf die

Herkunftsgesellschaft unterstützen. Darüber hinaus kann der Rückzug der Migranten auf

muttersprachliche Medien und hier insbesondere auf das Fernsehen den vielseitig beklagten

Rückgang der deutschen Sprachkenntnisse türkeistämmiger Kinder unterstützen, dessen

Ursache häufig gerade in der verstärkten Nutzung des türkischen Fernsehens gesehen

203 Vgl. Androutsopoulos, Jannis: Virtuelle Öffentlichkeiten von Migranten. In: Institut für Kulturpo-

litik der Kulturpolitischen Gesellschaft, Jahrbuch für Kulturpolitik. Heft 5/2005. 204 Vgl. Schneider, Beate/Arnold, Anne-Katrin: Die Kontroverse um die Mediennutzung von

Migranten: Massenmediale Ghettoisierung oder Einheit durch Mainstream? In: Geißler, Rai-ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im interna-tionalen Vergleich. Bielefeld 2006, S. 108ff.

205 So bei Esser, Hartmut: Assimilation, Integration und ethnische Konflikte. Können sie durch "Kommunikation" beeinflusst werden? In: Schatz, Heribert/Holz-Bacher, Christina/Nieland, Jörg-Uwe: Migranten und Medien. Neue Herausforderungen an die Integrationsfunktion von Presse und Rundfunk. Opladen 2000.

206 Vgl. Aumüller, Jutta: Türkische Fernsehmedien in Deutschland. In: Bonfadelli, Heinz/Moser, Heinz (Hrsg.): Medien und Migration: Europa als multikultureller Raum? Wiesbaden 2007; Halm, Dirk: Die Medien der türkischen Bevölkerung in Deutschland. Berichterstattung, Nut-zung und Funktion. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenme-dien. Medien und Migration im internationalen Vergleich. Bielefeld 2006; Müller, Daniel: Die Inhalte der Ethnomedien unter dem Gesichtspunkt der Integration. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Bielefeld 2005.

Page 214: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

214

wird.207 Die Gefahr ist dann gegeben, wenn ausschließlich Medien aus dem Herkunftsland

genutzt werden und keine Interaktion mit der Mehrheitsgesellschaft besteht.208 Doch ist die

Richtung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Integrationsgrad und der Mediennut-

zung strittig: Sind Migranten gut oder weniger gut integriert, weil sie türkische bzw. deutsche

Medien nutzen, oder nutzen sie deutsche bzw. türkische Medien, weil sie gut bzw. weniger

gut integriert sind?

Allerdings zeigen die Untersuchungen zur Mediennutzung, dass dieses Szenario der aus-

schließlichen Nutzung muttersprachlicher Medien an der Lebenswirklichkeit der meisten

Migranten vorbeigeht, da Medien sowohl in Deutsch als auch in Türkisch genutzt werden.209

Allerdings erfüllen türkische und deutsche Medien für die Nutzer unterschiedliche Zwecke:

Türkisches Fernsehen dient zuerst der Unterhaltung, geschätzt wird die Emotionalität und

die Familienorientierung, die die Bindung innerhalb der Familie stärkt. Deutsches Fernsehen

wird mit Sachlichkeit und Distanz assoziiert, nicht nur bezüglich Nachrichten und Informati-

onssendungen, die dort häufiger gesehen werden, sondern auch bei der Unterhaltung. Es

gilt zugleich als substanzieller, glaubwürdiger und seriöser, insbesondere das Öffentlich-

rechtliche.210 Darüber hinaus gilt das türkische Fernsehen nach wie vor als "Brücke in die

207 So Granato, Mona: Freizeitgestaltung und Mediennutzung bei Kindern türkischer Herkunft.

Eine Untersuchung des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Manuskript, Bonn 2001.

208 Vgl. Geißler, Rainer/Pöttker, Horst: Mediale Integration von Migranten. In: Geißler, Rai-ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006, S. 21ff.

209 Vgl. beispielsweise Simon, Erk/Kloppenburg, Gerhard: Das Fernsehpublikum türkischer Her-kunft – Programmerwartung, Fernsehnutzung und Einstellungen. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006; Halm, Dirk: Die Medien der türki-schen Bevölkerung in Deutschland. Berichterstattung, Nutzung und Funktion. In: Geißler, Rai-ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im interna-tionalen Vergleich. Bielefeld 2006; Müller, Daniel: Die Mediennutzung der ethnischen Minder-heiten. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethni-scher Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Biele-feld 2005; Schneider, Beate/Arnold, Anne-Katrin: Die Kontroverse um die Mediennutzung von Migranten: Massenmediale Ghettoisierung oder Einheit durch Mainstream? In: Geißler, Rai-ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im interna-tionalen Vergleich. Bielefeld 2006; Trebbe, Joachim/Weiß, Hans-Jürgen: Integration und Me-diennutzung – Eine Typologie junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in NRW. In: West-deutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integrati-on junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006; Trebbe, Joachim: Akkulturation und Mediennutzung von türkischen Jugendlichen in Deutschland. In: Bonfadelli, Heinz/Moser, Heinz (Hrsg.): Medien und Migration: Europa als multikultureller Raum? Wiesbaden 2007.

210 Vgl. Hammeran, Regine/Baspinar, Deniz: Selbstbild und Mediennutzung junger Erwachsener türkischer Herkunft. Ergebnisse einer qualitativen Studie. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit tür-kischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 12f.

Page 215: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

215

Heimat", nicht nur aufgrund von Nachrichten und Reportagen über die Türkei, sondern auch

durch fiktionale Sendungen, insbesondere die sehr beliebten Serien, die das Lebensgefühl

und die Kultur transportieren, und bei denen auch vielen jungen Zuwanderern die Identifika-

tion leichter fällt als bei deutschen Serien und Filmen. Es bietet Orientierung und unterstützt

die Bildung und Vergewisserung der Identität und spielt daher insbesondere für junge

Migranten eine wichtige Rolle. Die WDR-Studie zu Selbstbild und Mediennutzung junger Er-

wachsener mit türkischer Herkunft ergab, dass die Zuwanderer insbesondere dem deut-

schen Fernsehen vorwerfen, Stereotype und Klischees zu transportieren, nicht nur in Nach-

richten, sondern auch in fiktionalen Sendungen und somit die Identifikation deutlich erschwe-

ren. 211

Trebbe/Weiß kommen zu dem Ergebnis, dass der einfache Mechanismus, türkischer Me-

dienkonsum = Isolation, stark relativiert werden muss.212 So zeigen sowohl hoch integrierte

als auch gering integrierte213 türkeistämmige Migranten zwischen 14 und 49 Jahren zu mehr

als der Hälfte eine bikulturelle Mediennutzung, die Unterschiede bei der Nutzung nur deut-

scher oder nur türkischsprachiger Medien ist zwar sichtbar, aber nicht so stark ausgeprägt,

als dass man von einem mechanistischen Wirkungsmodell der Mediennutzung auf die Integ-

ration schließen kann. Die Verankerung in zwei Kulturen, die Trebbe/Weiß feststellen, die

aber keinesfalls einer sozialen Integration im Wege steht, zeigt sich auch in der Mediennut-

zung. Diese ist motivorientiert, d.h. von bestimmten Informations- und Unterhaltungsbedürf-

nissen abhängig.214

211 Vgl. Hammeran, Regine/Baspinar, Deniz: Selbstbild und Mediennutzung junger Erwachsener

türkischer Herkunft. Ergebnisse einer qualitativen Studie. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit tür-kischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 5.

212 Vgl. Trebbe, Joachim/Weiß, Hans-Jürgen: Integration und Mediennutzung – Eine Typologie junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in NRW. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit tür-kischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 32.

213 In die Bildung der Integrationstypen flossen folgende Faktoren ein: Soziale Integration (Um-gang mit deutschen Freunden und bikulturelle Heirat), Vertrauen in deutsche Institutionen, po-litische Integration (Vertretung der türkischen Bevölkerung und Berücksichtigung durch deut-sche Politiker), Menge der deutschen Informationsquellen, Besitz deutscher Staatsbürger-schaft oder diese gewünscht, Bleibeabsicht, deutsche Sprachkompetenz, Interesse an deut-scher Politik, Politikinteresse. Vgl. Trebbe, Joachim/Weiß, Hans-Jürgen: Integration und Me-diennutzung – Eine Typologie junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in NRW. In: West-deutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integra-tion junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 35.

214 Vgl. Trebbe, Joachim/Weiß, Hans-Jürgen: Integration und Mediennutzung – Eine Typologie junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in NRW. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit tür-kischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 41. Ähnlich Schneider, Beate/Arnold, Anne-Katrin: Die Kontroverse um die Mediennutzung von Migranten: Massenmediale Ghettoi-

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216

Für die türkeistämmigen Migranten gehörten muttersprachliche Medien von Anfang der

Migrationsgeschichte an zum Leben in Deutschland. Sie dienten zunächst als Brücke in die

Heimat, in die man ja zurückkehren wollte. Darüber hinaus konnten die frühen Gastarbeite-

rinnen und -arbeiter kaum Deutsch, weder von Seiten der deutschen Gesellschaft noch von

Seiten der Migranten wurde aufgrund des vermeintlich kurzen Aufenthaltes Wert auf das Er-

lernen der deutschen Sprache gelegt. Daher waren türkische Zeitungen die einzigen Medien,

die die Migranten nutzen konnten.

Türkischsprachige Zeitungen – Zeitungen, die in der Türkei für den dortigen Markt produziert

werden - werden seit Ende der 1960er Jahre in Deutschland angeboten (Tercüman, Aksam).

Der türkische Zeitungsmarkt in Deutschland unterliegt raschen Wandlungsprozessen - in

schneller Fluktuation begeben sich einige Zeitungen auf den europäischen Markt, um eben-

so rasch wieder zu verschwinden.

Inzwischen werden den in Deutschland vertriebenen türkischen Zeitungen so genannte "Eu-

ropa-Seiten" beigefügt (als erste Hürriyet seit 1972), auf denen insbesondere auf Belange

der in Europa lebenden Türkinnen und Türken und auf die politischen und gesellschaftlichen

Entwicklungen in diesen Ländern eingegangen wird. Alle Zeitungen unterhalten Redaktionen

in Deutschland sowie ein Netz von rund 130 regionalen Journalisten, deren Berichterstattung

von der Leserschaft mit großem Interesse aufgenommen wird. Die Einführung der Europa-

Seiten ist der Tatsache geschuldet, dass sich der vorübergehende Aufenthalt nun doch ver-

stetigt hat und das Interesse an dem Aufnahmeland und der besonderen Situation der Migra-

tion deutlich gestiegen ist. Die türkischen Zeitungen haben so auf den sozialen und kulturel-

len Wandel der Migrantencommunity reagiert, um ihre Leser in Europa zu halten.

Zugleich versteht sich die türkische Presse unabhängig ihrer politisch-ideologischen Aus-

richtung heute explizit als Anwalt ihrer jeweiligen Leserschaft, was die Art ihrer Berichter-

stattung prägt und sie zwingt, sich gegenüber öffentlichen Institutionen und Behörden massiv

für die Interessen ihrer Leserschaft einzusetzen.

Heute gibt es in Deutschland acht überregionale türkische Tageszeitungen mit unterschiedli-

cher politischer Ausrichtung sowie eine tägliche Sportzeitung.

An Funkmedien standen den Migranten bis Ende der 1980er Jahre nur die seit 1964 von den

öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten produzierten muttersprachlichen Radio- und Fern-

sehsendungen zur Verfügung, die hohe Einschaltquoten erzielten. Diese waren auch von

sierung oder Einheit durch Mainstream? In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im internationalen Vergleich. Bielefeld 2006.

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217

den Programmgestaltern nicht als Integrationshilfe, sondern explizit als Brücke in die Heimat

konzipiert.215 Ende der 1960er Jahre wurden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen erste Sen-

dungen entwickelt, die sich stärker mit der Integration von Zuwanderern in Deutschland be-

fassten und nicht mehr nur der Heimatorientierung dienten. In den 1970er und vor allem den

1980er Jahren entwickelte sich auch ein breiter Kino- und Videomarkt mit türkischen Filmen,

der dem Unterhaltungsbedürfnis der Zuwanderer entgegenkam, das von den deutschen Me-

dien nicht bedient wurde. Mit der Einführung des Satelliten- und Kabelfernsehens, das in der

Türkei zeitgleich zu Deutschland entstand, erweiterte sich das Fernsehangebot der in

Deutschland lebenden Türkinnen und Türken um türkische Sender, es kam zu einer Ent-

grenzung der medialen Räume.216 Dadurch brach der Markt für die von den deutschen Rund-

funk- und Fernsehanstalten produzierten Sendungen ein. Zwar versuchte man, sie durch

Umstrukturierung attraktiver zu gestalten, doch gelang dies nur selten. In den 1990er Jahren

wurden sie (mit wenigen Ausnahmen wie das vom WDR produzierte Programm Cosmo TV)

zumeist eingestellt. In dieser Phase gab es von den wenigen und zumeist erfolglosen Aus-

nahmen der Umgestaltung der ehemaligen "Gastarbeitersendungen" abgesehen, kaum Be-

mühungen der deutschen Medien, ethnische Minderheiten zu integrieren – weder auf der

Ebene der Programmgestaltung, noch auf Ebene des Personals, man überließ die Medien-

nutzung der Migranten den Ethnomedien. Die Ausweitung des Programmangebots war in

erster Linie den technischen Neuerungen sowie den Veränderungen am Medienmarkt und

die Einführung privater Rundfunksender geschuldet.217

Bis 1990 strahlte nur der staatliche Sender TRT, dessen Inhalte an der jeweiligen Regie-

rungspolitik ausgerichtet sind, sein Programm in Deutschland aus. Seit 1991 kann der eigens

für die Migranten produzierte Ableger TRT-Int über Kabel empfangen werden. Der Anteil an

Nachrichten- und Informationssendungen ist hier deutlich höher als bei kommerziellen Sen-

dern; die Unterhaltungssendungen sind auf türkische Produktionen begrenzt. TRT-Int verfügt

über einen relativ großen Mitarbeiterstab im Ausland, vorwiegend in Deutschland, teilweise

werden Sendungen auch in und für Deutschland produziert. Ziel des Senders ist aber primär,

die Verbundenheit der Migranten mit der Türkei zu fördern und aufrechtzuerhalten.

215 Die Ausführungen zu den Funkangeboten für Migranten der öffentlich-rechtlichen Anstalten

folgen Weber-Menges, Sonja: Die Entwicklung der Ethnomedien in Deutschland. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im in-ternationalen Vergleich. Bielefeld 2006, S. 121-145.

216 Vgl. Weber-Menges, Sonja: Die Entwicklung der Ethnomedien in Deutschland. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im in-ternationalen Vergleich. Bielefeld 2006, S. 139.

217 Vgl. Weber-Menges, Sonja: Die Entwicklung der Ethnomedien in Deutschland. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im in-ternationalen Vergleich. Bielefeld 2006, S. 133.

Page 218: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

218

Seit Anfang der 1990er Jahre kam eine ganze Reihe weiterer türkischer Privatsender hinzu,

die inzwischen ebenfalls über eigene Redaktionen in Deutschland verfügen und über Satellit

in Deutschland empfangen werden können. Die meisten der privaten Sender gehören gro-

ßen Medienkonzernen an. Die Privatsender sind überwiegend kommerziell ausgerichtet, ihre

Programmstruktur konzentriert sich auf Unterhaltungssendungen, allerdings gibt es auch

einige Nachrichten- und Spartensender (Sport, Musik), einige islamische Sender (TGRT,

Kanal 7, Samanyolu) sowie einige kurdische und alevitische Sender. Alle Kanäle unterliegen

den Bestimmungen des "Höheren Ausschusses für Rundfunk und Fernsehen der Republik

Türkei" (RTÜK), der die Programme auf Konformität mit dem türkischen Mediengesetz kon-

trolliert. Viele türkische Sender, insbesondere Nachrichten- und Informationskanäle, produ-

zieren inzwischen auch eigene Programmteile für Europa und in Europa– ähnlich wie die

Zeitungen mit den Europa-Seiten. Die kommerziellen Sender unterscheiden sich in ihren

Programmformaten nur wenig – Serien, Reality-Shows, Spielfilm, Shows und Nachrichten

sind die Hauptbestandteile. Viele Formate entsprechen den international bekannten Unter-

haltungsformaten, werden allerdings dem türkischen Geschmack angepasst. Besonders be-

liebt sind die türkischen Serien.218

Eine Inhaltsanalyse türkischer Fernsehsender und ihrer Programme zwischen 18 und 23

Uhr, die in Deutschland zu empfangen sind, ergab, dass die Vermittlung traditioneller Moral-

vorstellungen und Familienstrukturen ebenso wie religiöse Themen thematisch keine große

Rolle spielt und auch nicht mit Rigidität verbunden ist; auch die Berichterstattung über

Deutschland fand nur relativ selten und im Rahmen international bedeutender politischer Er-

eignisse statt. Auch über die türkischen Migranten in Deutschland oder Europa wurde kaum

berichtet, aber wenn, dann unter dem Leitbild der europäischen Türken, die sich im Aufnah-

meland dauerhaft niedergelassen haben und zur Integration aufgefordert werden.219 Das

Frauenbild ist in der Regel eher modern. Eine Ausnahme hiervon sind jedoch die vor allem

am Vormittag und am Nachmittag laufenden speziellen Frauensendungen, die eher ein

patriarchales Frauenbild transportieren.

Die Entwicklung von Ethnomedien im engeren Sinn – also muttersprachlicher Medien, die

von Zuwanderern für Zuwanderer im Aufnahmeland produziert werden – ist relativ jung und

offensichtlich wirtschaftlich schwierig. Lange blieb der 1985 gegründete Privatsender TD1 218 Die Ausführungen zu den türkischen Fernsehsendern folgen Aumüller, Jutta: Türkische Fern-

sehmedien in Deutschland. In: Bonfadelli, Heinz/Moser, Heinz (Hrsg.): Medien und Migration: Europa als multikultureller Raum? Wiesbaden 2007, S. 32.

219 Vgl. Aumüller, Jutta: Türkische Fernsehmedien in Deutschland. In: Bonfadelli, Heinz/Moser, Heinz (Hrsg.): Medien und Migration: Europa als multikultureller Raum? Wiesbaden 2007, S. 36f.

Page 219: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

219

(Türkisch-Deutsches Fernsehen in Berlin) der einzige Vollprogrammsender, der kein Ableger

eines in der Türkei beheimateten Senders war, sondern eigenständig und komplett von

Migranten in Deutschland produziert wurde. Zunächst nur auf Berlin beschränkt, sendete

TD1 ab 2004 auch in NRW. Sein Programm war explizit auf die Bedürfnisse der in Deutsch-

land lebenden Migranten ausrichtet. Neben muttersprachlichen Sendungen wurden auch

Programmteile in Deutsch offeriert. TD1 musste im Frühjahr 2008 jedoch seinen Betrieb ein-

stellen. Auch der Sender Eurotürk, der als Spezialprogramm eines türkischen Nachrichten-

senders (Kanaltürk) einige Jahre sendete, musste im Frühsommer 2008 sein Programm ein-

stellen. In ähnlicher Weise wie TD 1 bemüht sich seit einigen Jahren der in Duisburg ansäs-

sige Sender Kanal Avrupa um die Gunst der türkeistämmigen Zuschauer in Deutschland.

Inzwischen gibt es auch einen Sender mit stärker auf Unterhaltung ausgerichteten Pro-

grammen, Türk Show, der aus einem Kanal für Hochzeitsvideos hervorging.

Es gab darüber hinaus zahlreiche Bemühungen auch im Print- und Radiobereich insbeson-

dere von Zuwanderern der zweiten und dritten Generation, einen neuen Medienmarkt für die

"Deutschtürken" zu etablieren und sich sowohl von den türkischen als auch den deutschen

Mainstreammedien zu lösen und eigene, dem spezifischen Lebensgefühl dieser Generation

entsprechende Medien authentisch anzubieten. Es entstand das sehr erfolgreiche Radio

Metropol als einziger Vollprogrammsender, aber auch zahlreiche Lifestyle-Magazine (Per-

sembe, Hayat, Etap).220 Außer Radio Metropol konnte sich jedoch kaum eines dieser Projek-

te am Markt etablieren.221 Dagegen haben sich die deutsch-türkischen Internetportale, wie

generell das Internet insbesondere unter der jüngeren Bevölkerung, zu einem neuen Me-

dienformat entwickeln können, da sie mit sehr viel weniger finanziellem Aufwand betrieben

werden. Dadurch nimmt die räumliche und kulturelle Entgrenzung der Mediennutzung noch

weiter zu, zugleich wird das Medienangebot noch differenzierter.222

Zugleich entwickelte sich Ende der 1990er Jahre bei den öffentlich-rechtlichen Sendern aus

den "Gastarbeitersendern" neue interkulturelle Sender, die nun explizit interkulturell integrativ

angelegt sind (Funkhaus Europa WDR, Radio Multikulti SFB, Radio International SWR) mit

deutsch- und mehrsprachig angelegten Beiträgen.

220 So bemühte sich die deutsche Redaktion der türkischen Wochenzeitung Cumhurriyet in einer

Kooperation mit der TAZ um eine Wochenbeilage in türkischer Sprache, dieses Experiment musste jedoch nach relativ kurzer Zeit wieder eingestellt werden.

221 Vgl. Weber-Menges, Sonja: Die Entwicklung der Ethnomedien in Deutschland. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im in-ternationalen Vergleich. Bielefeld 2006, S. 136ff.

222 Vgl. Weber-Menges, Sonja: Die Entwicklung der Ethnomedien in Deutschland. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im in-ternationalen Vergleich. Bielefeld 2006, S. 138.

Page 220: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

220

Die Berichterstattung der türkischen Medien, insbesondere der Presse, wird in Deutschland

kritisch beurteilt. Ihnen wird vorgeworfen, ein negatives Deutschland- und ein positives Tür-

keibild zu entwerfen, Kritik Deutschlands an der Türkei würde als Beleidigung und Einmi-

schung zurückgewiesen, die Deutschen als Türkenfeinde dargestellt. Allerdings fehlen neue-

re umfangreichere Inhaltsanalysen, die ein systematisches Bild der Berichterstattung zei-

gen.223 Doch lassen sich zahlreiche Beispiele polemischer Artikel und Sendungen finden, die

kaum zur Verständigung beitragen.224 Die wenigen Befunde zur Inhaltsanalyse, die zumeist

veraltet sind, zeigen, dass grundsätzlich wenig über Deutschland berichtet wird, und wenn,

dann eher negativ. Als eine Ursache für die generell aufgeregte und dramatisierende Be-

richterstattung wird gesehen, dass türkische Zeitungen keine Abonnentenzeitungen sind,

sondern Tag für Tag Interessenten finden müssen. Zudem sind sie für die Leser in der Türkei

konzipiert und haben daher keinen Anspruch, integrationsfördernd zu wirken. 225

Als jüngstes Beispiel für die integrationshemmende Berichterstattung der türkischen Medien

gilt der Brand eines von türkeistämmigen Migranten bewohnten Hauses in Ludwigshafen

Anfang 2008. Den türkischen Medien wurde vorgeworfen, vorschnell den Brand als Anschlag

von Neonazis beurteilt zu haben und durch ihre Kritik am bzw. Falschmeldungen zu Feuer-

wehreinsatz und Ermittlungsbehörden die Emotionen unverhältnismäßig angeheizt zu haben.

Im Folgenden werden die Ergebnisse zur Mediennutzung dargestellt. Neben der grundsätzli-

chen Nutzung deutscher und/oder muttersprachlicher Medien wird die quantitative Fernseh-

nutzung, die Funktion der Medien, die Beurteilung von Ethnomedien im engeren Sinn, die

Glaubwürdigkeit sowie die Einschätzung der Berichterstattung zum Brand in Ludwigshafen in

deutschen und türkischen Medien dargestellt.

223 So kritisiert Müller, Daniel: Die Inhalte der Ethnomedien unter dem Gesichtspunkt der Integra-

tion. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Bielefeld 2005.

224 Vgl. Ates, Seref; Welches Bild verbreiten türkische Medien von der deutschen Gesellschaft? In: Becker, Jörg/Behnisch, Reinhard (Hrsg.): Zwischen Autonomie und Gängelung. Türkische Medienkultur in Deutschland II. Loccumer Protokolle, herausgegeben von der Evangelischen Akademie Loccum. Loccum 2003.

225 Vgl. hierzu Interview mit Rainer Geißler in Focus Online 8.2.2008 "Es gibt keine Medien-Ghettos". http://www.focus.de/kultur/medien/tuerkische-zeitungen_aid_23699.html

Page 221: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

221

6.7.1. Nutzung deutscher und türkischsprachiger Medien allgemein

Fast alle Migranten informieren sich über türkischsprachige Medien, in NRW und in Deutsch-

land jeweils 96%, aber fast ebenso viele über deutsche, in NRW 89%, bundesweit 86%. Da-

bei nutzt die weit überwiegende Mehrheit von 86% der türkeistämmigen Migranten in NRW

und von 84% in Deutschland sowohl deutsche als auch türkischsprachige Medien. 10% bzw.

12% nutzen nur türkische, inzwischen aber auch 3% nur deutsche Medien.

Abbildung 67: Nutzung deutscher und türkischsprachiger Medien (Prozentwerte)

1,19,82,7

86,4

1,212,32,6

83,9

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

NRW Deutschland

Keine Mediennutzung Nur türkische Medien Nur deutsche Medien Deutsche und türkische Medien

Zieht man für die Frage nach der medialen Integration die Nutzung auch deutscher Medien

bzw. für die Frage der medialen Ghettoisierung die ausschließliche Nutzung muttersprachli-

cher Medien heran, ergibt sich für 90% in NRW und für 88% in Deutschland keine Gefahr der

medialen Segregation. 86% in NRW und 84% in Deutschland entsprechen der interkulturel-

len Medienintegration, sie nutzen sowohl türkischsprachige als auch oder nur deutsche Me-

dien. Damit bestätigen sich die Befunde zahlreicher anderer Untersuchungen zur Medien-

nutzung türkeistämmiger Migranten. 226

226 Beispielhaft: Simon, Erk/Kloppenburg, Gerhard: Das Fernsehpublikum türkischer Herkunft –

Programmerwartung, Fernsehnutzung und Einstellungen. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006; Halm, Dirk: Die Medien der türki-schen Bevölkerung in Deutschland. Berichterstattung, Nutzung und Funktion. In: Geißler, Rai-

Page 222: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

222

Der Zeitvergleich zeigt für NRW von 2001 zu 2002 eine geringfügig sinkende komplementäre

Nutzung, die zwischen 2002 und 2004 wieder anstieg. Seit 2005 sinkt sie leicht, 2008 ist sie

ebenso hoch wie 2006. Die Veränderungen sind jedoch äußerst gering, von einer zuneh-

menden medialen Segregation kann nicht gesprochen werden. Allerdings lässt die Attraktivi-

tät türkischer Medien auch nicht nach, eine zunehmende mediale Assimilation zeichnet sich

ebenfalls nicht ab.

Abbildung 68: Nutzung deutscher und türkischer Medien 2001 bis 2008227 - nur NRW (Prozentwerte)

0

10

20

30

40

5060

70

80

90

100

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Nutzung deutscher undtürkischer MedienNur türkische Medien

Nur deutsche Medien

Keine Mediennutzung

Die Sprache der genutzten Medien hängt selbstverständlich von den Deutschkenntnissen

ab, denn diese sind die Voraussetzung der Nutzung deutscher Medien. Bei guten Deutsch-

kenntnissen liegt der Anteil derer, die nur deutsche Medien nutzen, bei 4%, bei mittleren

Deutschkenntnissen nutzen 1% nur deutsche Medien. Der umgekehrte Zusammenhang

ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im interna-tionalen Vergleich. Bielefeld 2006; Müller, Daniel: Die Mediennutzung der ethnischen Minder-heiten. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Massenmedien und die Integration ethni-scher Minderheiten in Deutschland: Problemaufriss - Forschungsstand - Bibliographie. Biele-feld 2005; Schneider, Beate/Arnold, Anne-Katrin: Die Kontroverse um die Mediennutzung von Migranten: Massenmediale Ghettoisierung oder Einheit durch Mainstream? In: Geißler, Rai-ner/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im interna-tionalen Vergleich. Bielefeld 2006; Trebbe, Joachim/Weiß, Hans-Jürgen: Integration und Me-diennutzung – Eine Typologie junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in NRW. In: West-deutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integrati-on junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006; Trebbe, Joachim: Akkulturation und Mediennutzung von türkischen Jugendlichen in Deutschland. In: Bonfadelli, Heinz/Moser, Heinz (Hrsg.): Medien und Migration: Europa als multikultureller Raum? Wiesbaden 2007.

227 Die Mediennutzung wurde 1999 und 2000 in einem anderen, nicht vergleichbaren Frageformat erhoben.

Page 223: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

223

zeigt sich bei der ausschließlichen Nutzung türkischer Medien: Diejenigen, die schlecht

Deutsch verstehen, nutzen zu 29% in NRW und deutlich häufiger in Deutschland mit 40%

nur türkische Medien, bei mittleren Kenntnissen sind es nur noch 12% in NRW und 15% in

Deutschland und bei guten sowohl in NRW als auch in Deutschland nur 3%, die nur türki-

sche Medien nutzen. Entsprechend ist die komplementäre Nutzung deutscher und türkischer

Medien bei guten bis mittleren Kenntnissen deutlich ausgeprägter als bei schlechten. Die

Nutzung auch türkischer Medien durch diejenigen, die gute Deutschkenntnisse haben zeigt,

dass nicht Sprachprobleme der Grund für die Nutzung auch türkischer Medien sind.

Tabelle 62: Nutzung deutscher und türkischer Medien nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)

Nur türkische Medien

Nur deutsche Medien

Deutsche und türkische Medien

NRW D NRW D NRW D Deutschkenntnisse

Sehr gut / gut 3,2 3,2 4,4 4,2 91,8 92,7 Mittelmäßig 12,1 15,1 0,9 1,4 85,5 85,5

Schlecht / sehr schlecht 29,3 39,9 - - 67,9 60,1 Geschlecht

Männlich 8,6 10,5 2,9 1,9 88,1 87,5 Weiblich 11,1 14,6 2,5 3,4 84,6 82,1

Altersgruppen Unter 30 Jahre 4,3 4,2 3,8 3,3 91,0 92,5 30 bis 44 Jahre 8,5 11,0 2,9 2,4 87,2 86,5 45 bis 59 Jahre 14,5 14,1 1,2 3,4 83,8 82,4

60 Jahre und älter 20,0 29,9 1,8 1,7 77,3 68,4 Generation

Erste Generation 18,5 27,3 - - 80,4 71,1 Nachfolgegeneration 4,9 4,8 3,9 4,2 90,2 91,0

Heiratsmigranten 13,3 16,6 1,5 0,7 83,3 82,8 Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 17,4 27,2 1,1 0,8 80,8 72,0 Ortaokul 9,9 13,0 1,5 1,5 87,0 85,5

Lise 12,2 10,5 - 1,3 85,8 88,2 Hauptschule 3,6 4,9 3,0 3,8 91,5 91,2

Realschule 7,8 5,3 7,0 5,3 85,3 89,5 Fachoberschule/Fachabitur 1,9 2,2 5,6 2,2 92,6 85,7

Abitur 2,7 1,4 4,1 4,3 91,9 94,2 Gesamt 9,8 12,3 2,7 2,6 86,4 83,9

Frauen nutzen etwas häufiger als Männer nur türkische Medien, deutschlandweit noch etwas

stärker als in NRW. Der Alterszusammenhang zeigt eine häufigere Nutzung nur deutscher

und eine seltenere Nutzung nur türkischer Medien in den jüngeren Gruppen, bei den älteren

ist es umgekehrt. Dabei ist der Anteil Älterer, der nur türkische Medien nutzt, deutschland-

weit höher als in NRW. Zugleich sinkt auch die komplementäre Nutzung deutscher und türki-

Page 224: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

224

scher Medien mit steigendem Alter. Entsprechend informieren sich Erstgenerationsangehöri-

ge häufiger – und deutschlandweit noch häufiger als in NRW - nur über türkische, aber

kaum über nur deutsche Medien, in abgeschwächter Form gilt dies auch für Heiratsmigran-

ten, wohingegen Angehörige der Nachfolgegeneration zu 4% nur deutsche und zu 5% nur

türkische, zumeist (90% in NRW und 91% bundesweit) aber beide Medien nutzen. Auch die

Schulabschlüsse verweisen auf den Generationszusammenhang, Migranten mit Abschlüs-

sen in der Türkei nutzen deutlich häufiger nur türkische und seltener nur deutsche Medien.

Die komplementäre Nutzung steigt hier mit dem Bildungsniveau. Für Befragte, die ihren

Schulabschluss in Deutschland erworben haben, lassen sich keine eindeutigen Tendenzen

nach Bildungsniveau erkennen.

6.7.2. Mediennutzung und Integration

Untersucht man die Zusammenhänge zwischen der Mediennutzung und Indices der identifi-

kativen bzw. kulturellen Orientierung (vgl. Kap. 6.4.3)228 und der gesellschaftlichen Integrati-

on229, stellt man zwar die zu erwartenden Zusammenhänge – je stärker die kulturelle und

gesellschaftliche Integration, desto stärker die mediale Integration - fest, doch sind die Un-

terschiede nicht so ausgeprägt, als dass man von einer medialen Ghettoisierung der Türkei-

orientierten oder der gesellschaftlich eher nicht Integrierten sprechen könnte. Insbesondere

die identifikative bzw. kulturelle Orientierung wirkt sich in NRW nur wenig, in Deutschland

etwas stärker auf die komplementäre Nutzung aus, sie bestimmt eher, ob nur deutsche – bei

Deutschlandorientierung - oder nur türkische Medien – bei Türkeiorientierung - genutzt wer-

den. Deutschlandweit macht sich dagegen noch etwas stärker als in NRW die gesellschaftli-

che Integration bei der Mediennutzung bemerkbar.

Zu beachten ist, dass auch von den Türkeiorientierten noch 85% in NRW und 79% deutsch-

landweit sowohl deutsche als auch türkische Medien oder nur deutsche Medien nutzen, also

mindestens eine interkulturelle Mediennutzung aufweisen. Die gesellschaftliche Einbindung 228 Summativer Index aus Heimatbindung, Rückkehrabsicht, Staatsbürgerschaft und Einbürge-

rungsabsicht. Vgl. Kap. 6.4.3.. 229 Summativer Index aus interkulturellen Freizeitbeziehungen, Organisationsanbindung, freiwilli-

ger Isolation und Wohngegend. Als nicht integriert wurde definiert, wenn selten oder nie inter-kulturelle Freizeitbeziehungen bestehen, Mitgliedschaft nur in türkischen Organisationen vor-liegt, kein Kontakt zu Deutschen und kein Wunsch danach besteht und die Befragten in über-wiegend von Türken bewohnten Vierteln leben. Der Index ist angelehnt an die Indexbildung zur Parallelgesellschaft, berücksichtigt jedoch nicht die dort einbezogene Religiosität (vgl. Kap. 6.5.5.). Verteilung des Index: NRW: Voll integriert: 47,0%, eher integriert 35,1%, teils/teils 11,8%, eher nicht integriert 3,0%, gar nicht integriert 0,1%, Deutschland: 47,3% voll integriert, 36,3% eher integriert, teil/teils 13,6%, eher nicht integriert 2,5, gar nicht integriert 0,2%

Page 225: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

225

wirkt sich deutlicher aus, nicht nur auf die ausschließliche Nutzung deutscher oder türkischer

Medien, sondern auch auf die komplementäre Nutzung: Voll Integrierte nutzen häufiger so-

wohl deutsche und türkische als auch nur deutsche, und selten nur türkische Medien, teil-

weise und eher nicht Integrierte nutzen nur deutsche Medien gar nicht und deutlich häufiger

nur türkische Medien. Doch auch die gesellschaftlich nur teilweise und eher nicht Integrierten

nutzen noch mindestens zu 81% in NRW und zu 76% in Deutschland nur deutsche oder so-

wohl deutsche und türkische Medien, können also medial als integriert bezeichnet werden.

Tabelle 63: Mediennutzung nach kultureller Identität und gesellschaftlicher Integration (Zeilenprozent*)

NRW Deutschland Nur D D und

TR Nur TR Nur D D und

TR Nur TR

Identifikative Orientierung Eindeutige Deutschlandorientierung 7,9 87,0 5,0 7,7 87,0 3,9

Mischidentität 1,0 88,1 10,9 1,4 84,1 13,3Eindeutige Türkeiorientierung 0 84,7 15,3 0,7 78,1 20,5

Gamma230 .463 .496 Gesellschaftliche Integration

Voll integriert 4,9 91,4 3,6 3,8 87,1 8,9Eher integriert 1,1 85,1 13,8 1,9 81,5 15,2

Teils/teils 0 80,6 19,4 0,7 80,1 16,9Eher nicht integriert 0 82,8 17,2 0 76,0 16,0

Gamma .550 .280 Gesamt 2,7 86,4 9,8 2,6 83,9 12,3

* Fehlend zu 100% = keine Mediennutzung

6.7.3. Art der genutzten Medien

Die wichtigste Rolle unter den Informationsmedien nimmt selbstverständlich das Fernsehen

ein, und das türkische noch etwas stärker als das deutsche. In NRW nutzen 84% das deut-

sche und 93% das türkische Fernsehen zur Information. Deutschlandweit wird das Fernse-

hen generell weniger genutzt, das türkische von 79% und das deutsche von 89%. Das Radio

wird eher in Deutsch als in Türkisch genutzt, wobei es generell bei der Informati-

onsvermittlung nur eine untergeordnete Rolle spielt. In NRW nutzen 14% das deutsche und

8% türkisches Radio, bundesweit sind es etwas mehr, 21% nutzen deutsches und 10% türki-

sches Radio. 230 Gamma ist ein Korrelationsmaß für ordinal skalierte Variablen und kann Werte zwischen - 1

und +1 annehmen. Je höher der Wert, desto stärker ist der Zusammenhang, das Vorzeichen gibt die Richtung des Zusammenhangs an.

Page 226: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

226

Abbildung 69: Nutzung deutscher und türkischer Medien nach Art der Medien (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)

83,792,5

14 7,5

48,2

63,4

6,5 2,328,2

26,3

0

20

40

60

80

100

Fernsehen Tageszeitung Internet

NRW

Deutsche Medien Türkische Medien

79,2

89,4

20,510,4

5163

8 3,530,7 30,5

0

20

40

60

80

100

Fernsehen Tageszeitung Internet

Deutschland

Deutsche Medien Türkische Medien

Neben dem Fernsehen sind vor allem Tageszeitungen die zentralen Medien, die zur Informa-

tionsgewinnung verwendet werden. Hierbei liegen die türkischen Tageszeitungen mit 63%

jedoch vor den deutschen, die von 48% der Migranten in NRW und von 51% in Deutschland

gelesen werden. Wochenzeitungen und Zeitschriften sind für die Informationsgewinnung wie

das Radio nur für eine kleine Gruppe relevant, dabei aber eher in Deutsch (7% bzw. 8%) als

in Türkisch (2% bzw. 4%). Das Internet in Deutsch wird inzwischen von 28% bzw. 30% der

Migranten als Informationsmedium genutzt, ein Viertel in NRW und ebenfalls 30% deutsch-

Page 227: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

227

landweit informiert sich über türkischsprachige Internetseiten. Zum Vergleich der Größen-

ordnung: Die deutsche Bevölkerung nutzt zur tagesaktuellen Information zu 69% das Fern-

sehen, zu 50% Tageszeitungen, zu 34% das Radio und zu 11% das Internet.231 Somit hat

bei der türkeistämmigen Bevölkerung das Fernsehen eine höhere und vor allem das Radio

eine geringere Bedeutung bei der Informationsbeschaffung.

Abbildung 70: Nutzung deutscher und türkischer Medien nach Art der Medien im Zeitvergleich 2001 bis 2008 - nur NRW (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)

Deutsche Medien

0102030405060708090

100

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

FernsehenRadioTageszeitungWochenzeitungInternet

Türkische Medien

01020

3040506070

8090

100

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

FernsehenRadioTageszeitungWochenzeitungInternet

Im Vergleich zur vorherigen Untersuchung ergeben sich für NRW nur wenige Verände-

rungen. Mit Ausnahme der Tageszeitungen werden 2008 alle deutschen Medien etwas we- 231 Quelle: Scheller, Johannes: AWA 2008. Mediennutzung gestern – heute – morgen. Heraus-

gegeben vom Institut für Demoskopie Allensbach. www.awa-online.de. Allerdings ist die Me-thodik der AWA-Erhebung nicht direkt vergleichbar.

Page 228: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

228

niger genutzt als 2006. Bei den türkischen Medien weisen Fernsehen und Internet eine Zu-

nahme auf. Insgesamt sind mit Ausnahme des Internets (ansteigend) und des Radios (sin-

kend) im gesamten Zeitraum die Veränderungen eher gering.

6.7.4. Zeitungsnutzung

Auch die Nutzung von Tageszeitungen – als eines der beiden wichtigsten Informationsme-

dien der türkeistämmigen Migranten – zeigt eine überwiegend komplementäre Nutzung,

wenngleich auch gut ein Viertel keine Tageszeitungen liest. Von denjenigen, die sich per Ta-

geszeitung informieren, lesen 51% in NRW und mit 55% etwas mehr in Deutschland sowohl

deutsche als auch türkische Zeitungen, 14% lesen nur deutsche und 35% in NRW und etwas

weniger (31%) in Deutschland lesen nur türkische Tageszeitungen.

Abbildung 71: Nutzung von Tageszeitungen nach Sprache (Prozentwerte – nur Zeitungsnutzer)

55,2 14,3 30,5

51,2 14,1 34,7

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

Deutsche und Türkischsprachige Nur Deutsche Nur Türkischsprachige

Bei der Zeitungsnutzung zeigen sich die gleichen Zusammenhänge zu soziodemographi-

schen Merkmalen wie bei der allgemeinen Mediennutzung, jedoch noch deutlicher. Insbe-

sondere die Sprachkenntnisse wirken sich naturgemäß aus. So lesen 82% in NRW und 76%

deutschlandweit derjenigen mit schlechten Deutschkenntnissen nur türkische Zeitungen, bei

guten Deutschkenntnissen werden überwiegend Zeitungen in beiden Sprachen gelesen.

Frauen nutzen etwas häufiger nur türkische, zugleich aber nur deutsche Tageszeitungen als

Männer, die öfter beide lesen. Der Alterszusammenhang macht ebenfalls deutlich, dass vor

Page 229: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

229

allem Jüngere nur deutsche Zeitungen und Ältere nur türkische Tageszeitungen lesen, die

komplementäre Nutzung beider sinkt mit zunehmendem Alter ebenfalls. Es sind vor allem

Erstgenerationsangehörige und Heiratsmigranten, die nur türkische Zeitungen lesen, bei der

Nachfolgegeneration sind es rund ein Fünftel (21% in NRW und 17% bundesweit). Befragte

mit türkischen Schulabschlüssen lesen eher nur türkische Zeitungen, mit steigendem Bil-

dungsniveau aber auch zunehmend beide. Das Bildungsniveau derjenigen, die in Deutsch-

land die Schule besuchten, hat tendenziell Einfluss auf die Nutzung nur türkischer oder nur

deutscher Zeitungen – der Konsum türkischer Zeitungen ist bei höherem Bildungsniveau ge-

ringer, der deutscher Zeitungen höher. Auf die komplementäre Nutzung hat das Bildungsni-

veau der in Deutschland Aufgewachsnen nur wenig Einfluss.

Tabelle 64: Nutzung deutscher und türkischer Tageszeitungen nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent – nur Nutzer) Nur türkische

Zeitungen Nur deutsche

Zeitungen Deutsche und

türkische Zeitungen

NRW D NRW D NRW D Deutschkenntnisse

Sehr gut / gut 19,2 15,9 19,0 19,9 61,8 64,1Mittelmäßig 44,5 39,2 9,2 8,8 46,2 51,9

Schlecht / sehr schlecht 81,6 75,6 - 3,8 13,8 20,5Geschlecht

Männlich 32,4 28,2 11,7 12,9 55,9 59,0Weiblich 37,5 33,5 17,1 16,1 45,4 50,0

Altersgruppen Unter 30 Jahre 21,4 19,6 23,1 19,6 55,5 60,830 bis 44 Jahre 32,5 29,3 14,7 15,2 52,8 55,445 bis 59 Jahre 41,6 30,7 6,4 11,1 52,0 58,2

60 Jahre und älter 62,5 56,1 3,8 6,1 33,8 37,8Generation

Erste Generation 57,1 54,0 3,0 6,5 39,8 39,5Nachfolgegeneration 21,0 16,9 19,2 19,3 59,8 63,8

Heiratsmigranten 45,1 42,9 11,3 10,4 43,6 46,7Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 56,4 50,3 8,1 7,0 35,5 42,7Ortaokul 40,2 41,1 12,1 9,3 47,7 49,5

Lise 40,8 37,1 5,0 10,5 54,2 52,4Hauptschule 23,6 21,0 15,7 17,5 60,6 61,5

Realschule 17,8 16,0 22,2 21,0 60,0 63,0Fachoberschule/Fachabitur 16,7 14,3 22,9 16,7 60,4 60,0

Abitur 17,9 7,3 26,8 29,1 55,4 63,6Gesamt 34,7 30,5 14,1 14,3 51,2 55,2

Unter den deutschen Tageszeitungen sind es vor allem die regionale Tageszeitungen, die

mit Abstand am häufigsten gelesen werden: 41% aller Migranten in NRW und 34% deutsch-

Page 230: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

230

landweit lesen diese Zeitungen, in Deutschland also etwas seltener als in NRW. Ihnen folgt

die Bild-Zeitung, die rund ein Viertel aller Migranten nutzt. Überregionale Tageszeitungen

werden nur von wenigen gelesen. Die AWA-Erhebung, die methodisch nicht direkt vergleich-

bar ist, zeigt für die deutsche Bevölkerung einen Anteil von 64%, die Tageszeitungen lesen,

53% nutzen regionale Abonnentenzeitungen, Kaufzeitungen nutzen 18% und überregionale

Tageszeitungen werden von 5% gelesen. 232

Abbildung 72: Nutzung deutscher Tageszeitungen (Mehrfachnennungen, Prozentwerte)

0,61,2

0,81,1

2,02,5

1,51,1

1,61,8

2,22,5

26,822,9

41,233,7

0 10 20 30 40 50 60

FR

SZ

TAZ

Welt

Tagesspiegel

FAZ

Bild/BamS

Regionale Tageszeitung

NRW Deutschland

Unter den türkischen Zeitungen ist Hürriyet mit einem Leseranteil von 58% aller türkeistäm-

migen Befragten in NRW und von 51% deutschlandweit mit großem Abstand die meistgele-

sene Zeitung. Ihr folgt mit großem Abstand und 12% bzw. 10% Zaman, 11% bzw. 9% lesen

232 Quelle: Scheller, Johannes: AWA 2008.Mediennutzung gestern – heute – morgen. Herausge-

geben vom Institut für Demoskopie Allensbach. www.awa-online.de. Allerdings ist die Metho-dik der AWA-Erhebung nicht direkt vergleichbar.

Page 231: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

231

Milliyet. Sabah nennen 10% als die Zeitung, die sie regelmäßig lesen, fast ebenso viele Be-

fragte (7% in NRW und 5% in Deutschland) lesen Türkiye.233

Abbildung 73: Nutzung türkischer Tageszeitungen (Mehrfachnennungen, Prozentwerte)

0,20,1

0,50,7

0,91,6

6,55,0

10,39,9

11,08,7

12,110,3

58,250,5

0 10 20 30 40 50 60

Ozgür Politika

Evrensel

Milli Gazete

Türkiye

Sabah

Milliyet

Zaman

Hürriyet

NRW Deutschland

Türkische Zeitungsleser sind keine Abonnenten: 91% aller Befragten in NRW und in

Deutschland gaben an, weder eine deutsche noch eine türkische Zeitung abonniert zu ha-

ben. Immerhin 7% haben eine oder mehrere türkische Zeitungen im Abonnement, wobei die

Zeitungen dann nicht durch Austräger, sondern per Post zugestellt werden, darunter vor al-

lem Zaman und Hürriyet, 2% eine oder mehrere deutsche Zeitungen, vor allem Regionalzei-

tungen. Somit müssen die Leser in der Regel Tag für Tag durch die Schlagzeilen überzeugt

werden, was als ein Grund dafür genannt wird, dass die türkischen Zeitungen in ihrer Be-

richterstattung emotionaler und dramatischer sind und stärker zu einem boulevardistischen

Stil neigen, als dies bei den deutschen Qualitätszeitungen üblich ist.234

233 Vgl. zu den Zeitungen: Halm, Dirk: Die Medien der türkischen Bevölkerung in Deutschland.

Berichterstattung, Nutzung und Funktion. In: Geißler, Rainer/Horst Pöttker (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im internationalen Vergleich. Bielefeld 2006.

234 In diesem Sinn äußert sich Rainer Geißler in einem Interview in Focus-Online am 08.02.2008 "Es gibt keine Medien-Ghettos". http://www.focus.de/kultur/medien/tuerkische-zeitungen_aid_23699.html

Page 232: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

232

Abbildung 74: Abonnement von Tageszeitungen (Prozentwerte)

1,6

7,4

0,2

90,7

1,5

7,6

0,4

90,6

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

NRW

Deutschland

Ja, eine oder mehrere deutsche Ja, eine oder mehrere türkische Ja, deutsche und türkische Nein

6.7.5. Fernsehnutzung

Das Fernsehen ist das wichtigste Informationsmedium der türkeistämmigen Migranten. Mehr

als die Hälfte der türkeistämmigen Migranten empfangen Fernsehprogramme über Satellit

(56% in NRW 54% in Deutschland), rund ein Viertel über Kabel, 15% bzw. 14% über Anten-

ne und 3% bzw. 4% über DVBT-Empfänger.

Türkeistämmige Migranten informieren sich in NRW zu 84% und deutschlandweit zu 79%

über deutsches und zu 93% in NRW und zu 89% deutschlandweit über türkisches Fernse-

hen, nur 2% gaben an, das Fernsehen nicht zur Information zu nutzen. Noch stärker als bei

Tageszeitungen ist beim Fernsehen die komplementäre Nutzung deutscher und türkisch-

sprachiger Sendungen und Programme: Von den Fernsehern nutzen 81% in NRW und 79%

in Deutschland beides, nur 5% nutzen ausschließlich deutsches und 14% bzw. 16% nur tür-

kisches Fernsehen.

Page 233: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

233

Abbildung 75: Nutzung des Fernsehens als Informationsmedium nach Sprache (Prozentwerte – nur Fernsehnutzer)

79,2 5 15,9

80,7 5 14,3

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

Deutsches und Türkischsprachiges Nur Deutsches Nur Türkischsprachiges

Wie bei der Mediennutzung insgesamt und der Zeitungsnutzung zeigen sich auch bei der

Fernsehnutzung die gleichen Zusammenhänge zwischen soziodemographischen Merkmalen

und der Sprache der genutzten Medien. Insbesondere die Sprachkenntnisse wirken sich na-

turgemäß aus. So sehen 35% in NRW und 43% deutschlandweit derjenigen mit schlechten

Deutschkenntnissen nur türkisches Fernsehen, bei guten Deutschkenntnissen werden über-

wiegend beide Sprachen gesehen. Frauen nutzen etwas häufiger nur türkisches Fernsehen

als Männer. Der Alterszusammenhang macht ebenfalls deutlich, dass vor allem Jüngere nur

deutsches Fernsehen und Ältere nur türkisches Fernsehen nutzen – deutschlandweit noch

stärker als in NRW, auf die komplementäre Nutzung beider hat das Alter deutlich weniger

Einfluss. Es sind vor allem Erstgenerationsangehörige und Heiratsmigranten, die nur türki-

sches Fernsehen zur Informationsbeschaffung nutzen, die Nachfolgegeneration nutzt häufi-

ger entweder nur deutsches Fernsehen oder in beiden Sprachen. Befragte mit türkischen

Schulabschlüssen sehen eher nur türkisches Fernsehen, das Bildungsniveau wirkt sich hier

allerdings nicht tendenziell aus. Das Bildungsniveau derjenigen, die in Deutschland die

Schule besuchten, hat ebenfalls kaum Einfluss auf die Wahl deutscher und/oder türkischer

Sender. Auch hier wird deutlich, dass Deutschkenntnisse zwar eine Voraussetzung zur Nut-

zung deutscher Sender sind, gute Deutschkenntnisse aber kaum dazu führen, türkisches

Fernsehen nicht mehr einzuschalten.

Page 234: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

234

Tabelle 65: Nutzung deutschen und türkischen Fernsehens nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent – nur Nutzer) Nur türkisches

Fernsehen Nur deutsches

Fernsehen Deutsches und

türkisches Fernsehen

NRW D NRW D NRW D Deutschkenntnisse

Sehr gut / gut 7,4 6,8 8,0 7,9 84,8 85,4Mittelmäßig 16,7 18,0 1,9 2,4 81,4 79,6

Schlecht / sehr schlecht 35,0 42,6 1,5 1,5 63,5 55,9Geschlecht

Männlich 12,5 13,6 6,1 6,0 81,4 80,4Weiblich 16,3 18,4 3,8 3,9 79,8 77,7

Altersgruppen Unter 30 Jahre 11,4 11,6 7,0 4,5 81,6 83,930 bis 44 Jahre 12,2 13,1 4,9 4,8 82,9 82,045 bis 59 Jahre 18,6 18,8 2,9 7,1 78,5 74,1

60 Jahre und älter 23,1 29,2 4,6 3,5 72,2 67,3Generation

Erste Generation 21,4 28,7 2,1 2,2 76,5 69,1Nachfolgegeneration 8,4 8,0 6,6 5,6 85,0 86,4

Heiratsmigranten 20,2 20,4 3,8 3,9 76,0 75,7Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 22,7 28,3 1,1 1,6 76,2 70,1Ortaokul 12,6 16,9 4,7 3,1 82,7 80,0

Lise 19,3 17,7 4,1 6,1 76,6 76,2Hauptschule 5,6 6,3 5,0 5,2 89,4 88,5

Realschule 12,0 9,4 12,0 6,6 76,0 84,0Fachoberschule/Fachabitur 7,4 12,5 7,4 2,5 85,2 85,0

Abitur 8,5 4,7 8,5 15,6 83,1 79,7Gesamt 14,3 115,9 5,0 5,0 80,7 79,2

Von den deutschen Fernsehsendern wird allgemein – losgelöst von der Informationsfunktion

- am häufigsten RTL (48% in NRW, 44% in Deutschland) und ProSieben (41% in NRW, 40%

in Deutschland) gesehen, gefolgt von den beiden öffentlich-rechtlichen Sendern ZDF (32%

bzw. 34%) und ARD (31% bzw. 35%). Die Größendimensionen der meistgenutzten deut-

schen Fernsehsender unterscheiden sich zwischen den Befragten in NRW und in Deutsch-

land nicht, in NRW werden etwas häufiger RTL und ProSieben und etwas seltener ARD und

ZDF gesehen als deutschlandweit. Mit Abstand folgen Sat 1 (22% bzw. 23%) und RTL II

(16% bzw. 15%).

Page 235: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

235

Abbildung 76: Meistgesehene deutsche Fernsehsender (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)

3,53,9

3,73,5

3,74,0

4,53,6

5,46,2

7,98,4

8,15,1

11,510,5

16,414,8

21,622,6

30,934,5

31,533,9

41,239,7

48,043,6

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

Arte

Premiere

Kabel 1

Sportfernsehen

Super RTL

Nachrichtensender(NTV, Phönix, N24)

Dritte Programme(WDR)

Vox

RTL 2

SAT 1

ARD

ZDF

Pro Sieben

RTL

NRW Deutschland

Page 236: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

236

Zum Dimensionenvergleich: Nach einer Untersuchung des Allensbacher Instituts für Demo-

skopie235 erreichen insgesamt ARD und ZDF in Deutschland mit 61% bzw. 51% die meisten

Seher pro Tag. RTL sehen 40% und Sat1 30% der Menschen in Deutschland. Ihnen folgt

ProSieben mit 22%. Obwohl diese Angaben methodisch nicht direkt vergleichbar mit den

ZfT-Befragungsergebnissen sind, kann man tendenziell doch festhalten, dass Migranten et-

was seltener öffentlich-rechtliches Fernsehen und etwas häufiger Privatsender schauen als

die Gesamtbevölkerung.

Von den türkischen Sendern werden am häufigsten Kanal D (66% in NRW, 63% deutsch-

landweit), ATV (51% in NRW, 53% in Deutschland) und Show TV (48% in NRW 48% in

Deutschland) gesehen. Mit Abstand folgt Star TV (39% in NRW und 42% in Deutschland).

Auch hier unterscheiden sich die Nennungen der Befragten in NRW und in Deutschland

nach Größendimensionen nicht. Kanal D zählt zu den großen privaten Sendern und gehört

zur Doğan-Mediengruppe, die größte Mediengruppe in der Türkei, die auch Hürriyet und Mil-

liyet, die beiden großen Tageszeitungen, herausgibt. ATV (Calik-Gruppe bzw. Turkuvaz-

Holding, zweitgrößte Mediengruppe mit der Tageszeitung Sabah), Show TV (Çukurova Hol-

ding) und Star TV (ebenfalls Doğan-Gruppe) sind ebenfalls große private Sender mit einem

deutlichen Schwerpunkt auf Unterhaltung. Kanal 7 folgt an fünfter Stelle (29%). Kanal 7 steht

der islamischen Regierungspartei AKP nahe. Diesem Sender folgt Samanyolu, ein religiös

orientierter Infotainmentkanal, zu dem auch die Tageszeitung Zaman gehört (Worldmedia).

Den staatlichen Sender TRT mit seinen verschiedenen Programmen sehen 22% in NRW

und 28% deutschlandweit. Mit wiederum großem Abstand folgen die Nachrichtensender

CNN (Doğan-Gruppe) und NTV (Verlagsgruppe Doğus). Der frühere Sender TGRT der Ihlas-

Gruppe wurde aufgekauft und mit der Fox-Mediengruppe fusioniert. Diesen Sender, der jetzt

unter dem Namen Fox Türk sendet und eine rechtsliberale Ausrichtung hat, sehen 8% in

NRW und 3% in Deutschland häufig. Die beiden Nachrichten bzw. Informationssender Haber

Türk (Ciner-Gruppe) und TV 8 sehen zwischen 2 und 6%.

Die in Deutschland produzierten Sender von Migranten für Migranten – Ethnomedien im en-

geren Sinn - Kanal Avrupa und Türk-Show (ein reiner Unterhaltungskanal), sehen zwischen

1% und 2% häufig. Auch bei den türkischen Sendern liegt das Schergewicht auf den privaten

Sendern mit hohen Unterhaltungsanteilen.

235 Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach: Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse

2008, www.awa-online.de

Page 237: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

237

Abbildung 77: Meistgesehene türkische Fernsehsender (Mehrfachnennungen, Prozentwerte)

1,01,3

1,51,5

2,44,2

4,16,0

5,67,5

7,07,8

8,13,2

22,128,0

26,223,7

29,429,3

38,942,1

47,547,9

50,752,5

66,262,9

0 10 20 30 40 50 60 70

Türk Show

Kanal Avrupa

TV 8

Haber Türk

NTV

CNN-Türk

Fox Türk

TRT/TRT-Int

Samanyolu

Kanal 7

Star TV

Show TV

ATV

Kanal D

NRW Deutschland

Trotz der mehrheitlich komplementären Nutzung deutschen und türkischen Fernsehens zur

Informationsbeschaffung überwiegt bei der relativen, quantitativen Einschätzung des Fern-

sehkonsums allgemein – also losgelöst von der Informationsfunktion – das türkischsprachige

Fernsehen. Bei der Frage, ob man eher deutsches oder eher türkisches Fernsehen sieht,

Page 238: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

238

gaben 58% der Fernsehnutzer in NRW und 55% in Deutschland an, eher türkisches oder

türkischsprachiges Fernsehen zu nutzen, bei 17% in NRW und 16% in Deutschland über-

wiegt die Nutzung deutschen Fernsehens und 23% bzw. 25% gaben an, beides gleicherma-

ßen zu sehen.

Abbildung 78: Überwiegende Nutzung deutschen oder türkischsprachigen Fernsehens (Prozentwerte – nur Fernsehnutzer)

15,8 55,4 25

16,5 57,6 22,2

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

Eher deutsches Fernsehen Eher türkischsprachiges Fernsehen Beides gleichermaßen

Auch bei denjenigen, die angaben, sowohl deutsches als auch türkisches Fernsehen als In-

formationsmedium heranzuziehen, überwiegt der Konsum des türkischen Fernsehens. 57%

der Komplementärnutzer in NRW und 54% in Deutschland sehen eher türkischsprachiges

Fernsehen, 26% bzw. 29% nutzen deutsches und türkischsprachiges Fernsehen gleicher-

maßen, bei 14% überwiegt das deutsche Fernsehen.

Tabelle 66: Überwiegender Fernsehkonsum der Komplementärnutzer (Spaltenprozent)

Überwiegender genereller Fernsehkonsum

Nutzung deutsches und türkisches Fernsehen zur Information

NRW Deutschland Eher deutsches Fernsehen 14,0 14,0

Eher türkischsprachiges Fernsehen 57,0 54,2 Beides gleichermaßen 26,3 29,4

Keine Angabe 2,7 2,4

Page 239: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

239

Selbstverständlich sind auch bei der relationalen bzw. quantitativen Fernsehnutzung deut-

scher und türkischer Sender die Deutschkenntnisse ausschlaggebend dafür, ob überwiegend

deutsches oder türkisches Fernsehen genutzt wird. Sind die deutschen Sprachkenntnisse

gut, überwiegt nur bei 43% in NRW und bei 39% in Deutschland der türkischsprachige Fern-

sehkonsum, mehr als die Hälfte sehen entweder ebenso häufig oder häufiger deutsches

Fernsehen. Frauen und Männer unterscheiden sich hier nur wenig, Frauen nutzen das Fern-

sehen etwas häufiger ausgewogen und seltener deutsches Fernsehen als türkisches.

Tabelle 67: Überwiegende Nutzung von deutschem oder türkischem Fernsehen nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent – nur Nutzer)

Eher türkisches Fernsehen

Eher deutsches Fernsehen

Beides gleichermaßen

NRW D NRW D NRW D Deutschkenntnisse

Sehr gut / gut 42,6 39,3 27,0 24,4 30,4 32,8Mittelmäßig 73,0 67,0 8,2 8,3 18,8 20,1

Schlecht / sehr schlecht 92,5 84,4 1,5 3,5 6,0 9,2Geschlecht

Männlich 59,4 54,9 19,4 18,7 21,2 22,5Weiblich 60,3 55,8 14,7 12,7 25,0 27,5

Altersgruppen Unter 30 Jahre 44,5 45,5 26,9 19,1 28,6 30,530 bis 44 Jahre 56,1 50,4 17,1 17,2 26,8 28,445 bis 59 Jahre 77,6 67,0 8,5 12,1 13,9 18,4

60 Jahre und älter 81,7 72,4 9,6 10,0 8,7 12,1Generation

Erste Generation 84,4 76,6 7,3 5,9 8,4 13,3Nachfolgegeneration 47,0 44,3 24,6 20,9 28,4 30,6

Heiratsmigranten 69,1 62,2 8,5 11,8 22,4 23,3Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 84,1 74,2 4,9 6,8 11,0 15,5Ortaokul 62,2 67,7 14,2 9,8 23,6 20,3

Lise 64,5 56,9 11,3 13,7 24,1 26,8Hauptschule 51,9 48,9 21,3 17,2 26,9 29,6

Realschule 42,4 41,4 28,0 25,0 29,6 25,0Fachoberschule/Fachabitur 31,5 30,4 24,1 17,4 44,4 47,8

Abitur 34,3 23,2 38.6 37,7 27,1 36,2Gesamt 59,7 55,4 17,2 15,8 23,1 25,0

Das Alter zeigt die bei den anderen Medien bereits deutlich gewordenen Zusammenhänge:

Je jünger die Befragten sind, desto seltener überwiegt die türkische Fernsehnutzung. Nach-

folgegenerationsangehörige sehen häufiger überwiegend oder gleichermaßen deutsches

Fernsehen, bei Erstgenerationsangehörigen oder Heiratsmigranten ist hingegen die über-

wiegende Nutzung des türkischen Fernsehens häufiger. Auch hier nutzen Befragte, die die

Schule in der Türkei absolviert haben, häufiger eher türkisches Fernsehen als diejenigen, die

Page 240: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

240

die Schule in Deutschland besucht haben, dies insbesondere bei einem niedrigen Schulab-

schluss. Bei der relationalen Fernsehnutzung zeigt sich anders als bei der generellen Fern-

sehnutzung ein Zusammenhang zum Bildungsniveau bei Bildungsinländern, mit höherem

Abschluss nimmt der Anteil derjenigen, die überwiegend türkisches Fernsehen sehen, ab.

6.7.6. Funktion deutscher und türkischer Medien

Medien generell haben aus Sicht der Nutzer unterschiedliche Funktionen: Sie dienen der

Unterhaltung, dem Spaß, der Entspannung und der Geselligkeit wie dem Bedürfnis nach In-

formation und Bildung.236 Nicht unwichtig ist die Identifikationsmöglichkeit, das "Sich-Wieder-

Finden" in den Themen und Darstellungen. Deutsche und türkische Medien – so haben ver-

schiedene Untersuchungen herausgearbeitet – können unterschiedliche Funktionen erfüllen.

Deutsche Medien werden danach eher zur Information, türkische eher zur Unterhaltung he-

rangezogen. Darüber hinaus bieten türkische Medien Informationen zum Herkunftsland und

können die kulturelle Identität stabilisieren.237 Manche Wissenschaftler machen nicht zuletzt

die von den Migranten wahrgenommene verzerrte Darstellung von Migranten und das Aus-

blenden migrantenspezifischer Themen für den nachhaltigen Konsum muttersprachlicher

Medien verantwortlich.238

Genreinteresse

Betrachtet man, welche Genres die türkeistämmigen Migranten im Fernsehen generell inte-

ressieren, zeigt sich zunächst ein starkes Interesse an Nachrichtensendungen (84% in NRW,

84% in Deutschland), an Unterhaltungsserien (Soaps) (62% bzw. 62%), an Spielfilmen (39%

bzw. 35%), aber auch an Dokumentationen und Reportagen (33% bzw. 35%). Auf nur wenig

236 So die Ergebnisse von Simon, Erk/Kloppenburg, Gerhard: Das Fernsehpublikum türkischer

Herkunft – Programmerwartung, Fernsehnutzung und Einstellungen. In: Westdeutscher Rund-funk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Er-wachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006.

237 Vgl. Hammeran, Regine/Baspinar, Deniz: Selbstbild und Mediennutzung junger Erwachsener türkischer Herkunft. Ergebnisse einer qualitativen Studie. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit tür-kischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 12f.; Schneider, Beate/Arnold, Anne-Katrin: Die Kontroverse um die Mediennutzung von Migranten: Massenmediale Ghettoisierung oder Einheit durch Mainstream? In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Medien und Migration im internationalen Vergleich. Bielefeld 2006, S. 97f.

238 So beispielsweise Hammeran, Regine/Baspinar, Deniz: Selbstbild und Mediennutzung junger Erwachsener türkischer Herkunft. Ergebnisse einer qualitativen Studie. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 12f.

Page 241: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

241

Interesse stoßen Comedy-Sendungen, Magazine und Ratgebersendungen. Somit bezieht

sich das Interesse der Migranten sowohl auf Informationen wie auf Unterhaltung vor allem in

Form von Serien, Spielfilmen und Shows. Unterschiede in den Präferenzen der Genres zwi-

schen den türkeistämmigen Migranten in NRW und in Deutschland bestehen praktisch nicht.

Abbildung 79: Genreinteresse (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)

4,04,24,43,8

7,37,08,18,39,08,310,110,5

14,314,8

15,012,2

16,016,8

18,418,5

32,734,6

38,635,4

62,160,6

84,385,0

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

Comedy-Sendungen

Magazinsendungen

Service und Ratgebersendungen

Talkshows

Musiksendungen

Wissenschaftssendungen

Sportsendungen

Religiöse Sendungen

Politische Gesprächsrunden

Unterhaltungsshows

Dokumentationen und Reportagen

Spielfilme

Unterhaltungsserien

Nachrichtensendungen

NRW Deutschland

Betrachtet man das Genreinteresse danach, welche Sparten lieber im türkischen und welche

eher im deutschen Fernsehen bevorzugt werden, zeigen sich einige Unterschiede, die je-

Page 242: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

242

doch sowohl für die Befragten in NRW wie in Deutschland gelten. Für Nachrichten interessie-

ren sich sowohl im deutschen als auch im türkischen Fernsehen jeweils die meisten türkei-

stämmigen Zuschauer, jedoch noch häufiger im türkischen (NRW 75%, Deutschland 76%)

als im deutschen Fernsehen (NRW 53% Deutschland 57%). Unterhaltungsserien (Soaps)

überwiegen deutlich im türkischen Fernsehen (NRW 61%, Deutschland 59%), dort ist es

nach den Nachrichten das Genre, das am zweithäufigsten als interessant genannt wird. Für

Soaps im deutschen Fernsehen interessieren sich nur 11% in NRW und in Deutschland. Da-

gegen werden Spielfilme sowie Dokumentationen und Reportagen eher im deutschen als im

türkischen Fernsehen gesehen. Weitere deutliche Unterschiede ergeben sich bei religiösen Sendungen, die nur im türki-

schen Fernsehen gesehen werden, sowie bei Musiksendungen, die ebenfalls sehr viel be-

liebter in den türkischen als in den deutschen Sendern sind. Dagegen werden Wissen-

schaftssendungen und Talkshows eher im deutschen Fernsehen bevorzugt.

Unterschiede in der Genrepräferenz nach deutschen und türkischen Sendern bestehen zwi-

schen NRW und Deutschland ebenfalls kaum.

Tabelle 68: Genreinteresse nach deutschem und türkischem Fernsehen (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)

NRW Deutschland Deutsches

Fernsehen Türkisches Fernsehen

Deutsches Fernsehen

Türkisches Fernsehen

Nachrichtensendungen 53,1 75,3 56,5 75,7 Unterhaltungsserien 11,3 60,6 10,7 58,6

Spielfilme 31,9 16,3 27,8 14,8 Dokumentationen/Reportagen 24,3 15,3 27,5 14,6

Unterhaltungsshows 9,6 12,4 9,9 12,3 Politische Gesprächsrunden 7,2 11,2 7,9 11,8

Religiöse Sendungen - 15,0 - 12,2 Sportsendungen 9,2 9,4 9,7 9,1

Wissenschaftssendungen 6,9 4,7 7,4 4,8 Musiksendungen 1,6 8,1 2,2 7,0

Talkshows 5,8 3,3 6,0 3,4 Service/Ratgebersendungen 3,2 4,9 3,5 4,6

Magazinsendungen 2,1 2,5 1,8 2,3 Comedy-Sendungen 2,9 1,3 2,8 2,2

Somit bestätigen sich die Befunde der Medienforschung, dass das deutsche Fernsehen eher

der Information dient, und das türkische Fernsehen neben dem Informationsbedürfnis noch

stärker die Unterhaltung bedient.239

239 Vgl. Simon, Erk/Kloppenburg, Gerhard: Das Fernsehpublikum türkischer Herkunft – Pro-

grammerwartung, Fernsehnutzung und Einstellungen. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.):

Page 243: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

243

Tabelle 69: Ausgewählte Genres im deutschen und türkischen Fernsehen nach soziodemographischen Merkmalen (Prozentwerte)

Nachrichten Serien Spielfilme Doku Dt. Tr. Dt. Tr. Dt. Tr. Dt. Tr.

NRW Deutschkenntnisse

Sehr gut/gut 58,0 67,3 16,0 60,8 41,4 17,3 28,7 14,1Mittelmäßig 55,0 83,1 7,6 57,4 23,9 15,1 22,7 16,3

Eher Schlecht/schlecht 30,7 86,4 2,9 67,9 14,3 14,3 12,1 17,9Geschlecht

Männlich 58,1 76,8 8,6 47,2 30,2 16,2 27,9 17,3Weiblich 47,8 73,7 14,2 74,7 33,7 16,4 20,5 13,1

Alter Unter 30 Jahre 44,0 62,0 23,1 75,2 49,6 22,6 19,7 8,530 bis 44 Jahre 55,3 76,8 9,1 60,5 32,3 14,3 29,6 15,545 bis 59 Jahre 58,4 85,5 6,9 50,9 17,9 13,3 16,8 17,3

60 Jahre und älter 54,5 80,9 2,7 45,5 14,5 16,3 22,7 25,5Gesamt 53,1 75,3 11,3 60,6 31,9 16,3 24,3 15,3Deutschland Deutschkenntnisse

Sehr gut/gut 60,5 67,8 15,3 57,4 36,1 15,7 31,0 14,1Mittelmäßig 59,9 84,2 6,6 55,7 20,6 12,3 28,9 14,9

Eher Schlecht/schlecht 34,3 83,0 4,3 70,2 15,0 17,1 11,4 16,3Geschlecht

Männlich 60,0 79,0 7,1 43,9 25,8 14,0 31,5 17,3Weiblich 52,7 72,1 14,6 74,6 30,0 15,8 23,1 11,7

Alter Unter 30 Jahre 52,3 60,5 18,2 70,5 43,2 20,1 23,6 8,630 bis 44 Jahre 58,1 77,3 11,6 60,0 30,6 14,6 32,2 15,145 bis 59 Jahre 59,2 82,5 4,9 48,3 16,5 10,7 25,2 17,1

60 Jahre und älter 53,8 85,5 3,4 48,7 8,5 12,8 20,5 19,7Gesamt 56,5 75,7 10,7 58,7 27,8 14,9 27,5 14,6

Natürlich beeinflussen schlechte Deutschkenntnisse stark, dass die interessierenden Genres

eher im türkischen Fernsehen gesehen werden, insbesondere bei Nachrichten und Serien,

weniger bei Spielfilmen und Dokumentationen. Bei guten Deutschkenntnissen ist zwar das

Interesse an den Genres im deutschen Fernsehen höher als bei schlechten, jedoch beste-

hen nur wenige Unterschiede bezüglich des türkischen Fernsehens, lediglich bei den türki-

schen Nachrichten zeigen sich deutlichere Unterschiede nach Deutschkenntnissen, hier wird

das Informationsbedürfnis offensichtlich besser durch die deutschen Nachrichten abgedeckt.

Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit tür-kischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006; Hammeran, Regine/Baspinar, Deniz: Selbstbild und Mediennutzung junger Erwachsener türkischer Herkunft. Ergebnisse einer qua-litativen Studie. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Ein-stellungen und Integration junger Erwachsener mit türkischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 12f.

Page 244: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

244

Die Differenzierung nach Geschlechtern macht deutlich, dass Frauen generell etwas weniger

als Männer an Nachrichten und Dokumentationen interessiert sind und deutlich stärker Se-

rien bevorzugen. Dabei sind die Unterschiede insbesondere bei deutschen Nachrichten, tür-

kischen Serien und deutschen Dokumentationen sichtbar.

Auch das Alter macht sich generell beim Genreinteresse bemerkbar: Je jünger die türkei-

stämmigen Migranten sind, desto seltener interessieren sie sich für Nachrichten und tenden-

ziell für Dokumentationen, zugleich interessieren sich jüngere Befragte deutlich stärker für

Serien und Spielfilme als ältere. Das geringere Nachrichteninteresse der Jüngeren betrifft

deutsche wie türkische Sendungen, das geringe Dokumentationsinteresse der Jüngeren be-

zieht sich jedoch eher auf türkische Sendungen. Die größere Beliebtheit von Serien und

Spielfilmen bei den Jüngeren zeigt sich noch stärker bei deutschen als bei türkischen Sen-

dungen. Auch hier unterscheiden sich Befragte in NRW und in Deutschland kaum voneinan-

der.

Informationsbeschaffung und Defizite

Das Bedürfnis nach Information ist generell ein wichtiges Motiv für die Nutzung von Medien.

Bei Migranten besteht sowohl ein Interesse an den Geschehnissen in Deutschland, das poli-

tische Interesse zeigt jedoch, dass auch die Geschehnisse in der Türkei für viele Migranten

von Belang sind.240 Die Berichterstattung in den deutschen Medien über die Türkei, insbe-

sondere, wenn es um innenpolitische Themen geht, ist jedoch für viele nicht ausreichend,

ebenso wie die Berichterstattung über migrantenspezifische Themen. Bei der Diskussion um

die integrative Wirkung des muttersprachlichen Medienkonsums verweisen die Befürworter

des assimilativen Ansatzes häufig auf den Ausschluss der Migranten von wichtigen Informa-

tionsströmen und kommunikative Abschottung bei einseitiger Mediennutzung.241 Die Befür-

worter des interkulturellen Integrationsansatzes argumentieren hingegen mit der unterschied-

lichen Funktion deutscher und türkischer Medien, die zu einer komplementären Nutzung – je

nach Interessengegenstand – führe. Um die für Migranten relevanten Informationen zum

240 Vgl. Simon, Erk/Kloppenburg, Gerhard: Das Fernsehpublikum türkischer Herkunft – Pro-

grammerwartung, Fernsehnutzung und Einstellungen. In: Westdeutscher Rundfunk (Hrsg.): Zwischen den Kulturen. Fernsehen, Einstellungen und Integration junger Erwachsener mit tür-kischer Herkunft in Nordrhein-Westfalen. Köln 2006, S. 31.

241 Vgl. Esser, Hartmut: Assimilation, Integration und ethnische Konflikte. Können sie durch "Kommunikation" beeinflusst werden? In: Schatz, Heribert/Holz-Bacher, Christina/Nieland, Jörg-Uwe: Migranten und Medien. Neue Herausforderungen an die Integrationsfunktion von Presse und Rundfunk. Opladen 2000.

Page 245: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

245

Herkunftsland oder zu migrantenspezifischen Themen zu gelangen, "müssen" sie mutter-

sprachliche Medien nutzen.242

Die bisherige Untersuchung zeigte bereits, dass Medien in Bezug auf Informationsbeschaf-

fung von den türkeistämmigen Migranten zu großen Teilen komplementär genutzt werden.

Zugleich wurde deutlich, dass das Interesse an Politik in Deutschland geringer ausgeprägt ist

als das an der Türkei.

Um die Funktion von Mehrheits- und Ethnomedien für die türkeistämmigen Migranten noch

deutlicher herauszuarbeiten, wurde bei der Frage nach den relevanten Informationsmedien,

für die generell vor allem Fernsehen und Tageszeitungen stehen, unterschieden, für welche

Art von Information – Geschehnisse in Deutschland oder Geschehnisse in der Türkei - wel-

che Medien genutzt werden.

Wenn es um Informationen zum Geschehen in Deutschland geht, werden vor allem deutsche

Medien herangezogen, an erster Stelle das Fernsehen (63% in NRW, 62% in Deutschland).

Besonders relevant sind darüber hinaus deutsche Internetseiten (18% bzw. 17%), die noch

vor den deutschen Tageszeitungen liegen (14% bzw. 13%). Doch immerhin beziehen auch

mehr als ein Drittel der türkeistämmigen Migranten in NRW und gut ein Viertel deutschland-

weit ihre Informationen zu Deutschland aus dem türkischsprachigen Fernsehen – insbeson-

dere solche Migranten, die schlecht Deutsch sprechen, der ersten Generation angehören

oder noch nicht lange in Deutschland leben. Weitere Kanäle werden nur selten genutzt. Die

türkeistämmigen Migranten in NRW unterscheiden sich hier in der häufigeren Nutzung türki-

schen Fernsehens (34%) von den Migranten in Deutschland (27%).

242 In diesem Sinn Geißler, Rainer/Pöttker, Horst: Mediale Integration von Migranten. In: Geißler,

Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006.

Page 246: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

246

Abbildung 80: Informationsmedien zum Geschehen in Deutschland (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)

0,50,3

1,61,2

3,13,3

4,84,54,95,65,04,2

13,512,9

17,517,0

34,226,6

62,761,9

0 10 20 30 40 50 60 70

Deutsches Fernsehen

Türkischsprachiges Fernsehen

Deutschsprachige Internetseiten

Deutsche Tageszeitungen

Türkische Tageszeitungen

Gespräche mit Freunden/Verwandten

Türkischsprachige Internetseiten

Deutsche Radisosendungen

Interessiere mich nicht

Türkische Radiosendungen

NRW Deutschland

Geht es um Informationen zum Geschehen in der Türkei, werden vor allem das türkische

Fernsehen (84% in NRW, 84% in Deutschland), türkische Tageszeitungen (22% in NRW,

18% in Deutschland) und türkische Internetseiten (16% in NRW, 17% in Deutschland) he-

rangezogen. Aus deutschen Medien beziehen nur wenige die Informationen zur Türkei,

selbst das deutsche Fernsehen, das generell sehr häufig genutzt wird, dient offenbar nur

wenigen (13% in NRW, 10% in Deutschland) als Informationsquelle zur Türkei. Auch hier

spielen andere Quellen nur eine untergeordnete Rolle.

Page 247: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

247

Abbildung 81: Informationsmedien zum Geschehen in der Türkei (Prozentwerte, Mehrfachnennungen)

0,70,40,70,40,80,4

2,51,92,52,43,84,2

13,29,6

16,216,6

21,818,2

83,982,5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

Türkischsprachiges Fernsehen

Türkische Tageszeitungen

Türkischsprachige Internetseiten

Deutsches Fernsehen

Gespräche mit Freunden/Verwandten

Deutschsprachige Internetseiten

Deutsche Tageszeitungen

Türkische Radiosendungen

Deutsche Radisosendungen

Interessiere mich nicht

NRW Deutschland

Immerhin drei Viertel (76%) der befragten türkeistämmigen Migranten in NRW und sogar

81% in Deutschland sehen türkische Medien als Brücke in die Heimat, Erstgenerationsange-

hörige noch etwas stärker, aber auch in der Nachfolgegeneration sind es in NRW noch 74%

und deutschlandweit 78%, die in den türkischen Medien eine Stück Heimat sehen. Dies ver-

weist darauf, dass es bei der Nutzung türkischer Medien nicht nur um die reine Informations-

beschaffung geht, sondern der muttersprachliche Medienkonsum eine darüber hinausge-

hende Funktion der Identifikation und der Schaffung von Heimat beinhaltet.

Page 248: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

248

Tabelle 70: Meinungen zu deutschen und türkischen Medien (Prozentwerte*, Mittelwert**) NRW Deutschland Stimme

zu Mittel-wert*

Stimme zu

Mittel-wert*

Es gibt in den deutschen Medien zu wenig Berichte über das Leben von Migranten in Deutschland 76,0 1,49 84,8 1,44

Es gibt in den deutschen Medien zuwenig allgemeine Berichterstattung über die Türkei 75,2 1,50 84,1 1,46

In den deutschen Medien werden Migranten aus der Türkei zu negativ und klischeehaft dargestellt 73,3 1,58 83,3 1,47

Die türkischen Medien informieren mich nicht ausreichend über das, was mich hier in Deutschland

betrifft71,2 1,72 79,2 1,65

Türkische Medien sind für mich eine Brücke in die Heimat 75,6 1,75 81,3 1,66

Es gibt in den türkischen Medien zu wenig Berichte über das Leben von Migranten in Deutschland 71,2 1,77 78,4 1,69

Die deutschen Medien informieren mich nicht ausreichend darüber, was mich hier in Deutschland

betrifft63,0 1,84 75,5 1,73

Es gibt in den türkischen Medien zu wenig allgemeine Berichterstattung über Deutschland 67,9 1,85 75,4 1,78

In den türkischen Medien werden "Almancalar" zu negativ und klischeehaft dargestellt 55,0 2,18 68,4 2,03

In den türkischen Medien werden Deutsche zu negativ und klischeehaft dargestellt 38,6 2,66 50,4 2,50

* Zusammengefasste Variablen: Stimme zu = stimme voll zu/stimme eher zu ** Mittelwert auf der 4-stelligen Skala 1 = stimme voll zu, 2 = stimme eher zu, 3 = stimme eher nicht zu, 4 = stimme gar nicht zu. Je höher der Mittelwert, desto geringer die Zustimmung.

Somit wird klar, dass die türkischen Medien (Fernsehen, Tageszeitung und Internet) denjeni-

gen mit guten Deutschkenntnissen vor allem als Informationsquelle zum Geschehen in der

Türkei und als Identifikationsmedium dienen, für das man sich grundsätzlich interessiert,

denjenigen mit geringen Deutschkenntnissen darüber hinaus auch zum Geschehen in

Deutschland. Um sich über Deutschland zu informieren, werden überwiegend oder zumin-

dest auch deutsche Quellen herangezogen.

Von den Migranten werden zu hohen Anteilen Defizite insbesondere in den deutschen Me-

dien ausgemacht, wobei auch die türkischen Medien diese Defizite zumeist nicht ausglei-

chen können. Am häufigsten beklagen die türkeistämmigen Migranten die fehlende Bericht-

erstattung über das Leben von Migranten in Deutschland (76% in NRW, 85% in Deutsch-

land), dieser Mangel wird in türkischen Medien zwar auch benannt (71% in NRW, 78% in

Deutschland), ebenso wie zu geringe Informationen der türkischen Zeitungen zu den Dingen,

Page 249: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

249

die die Befragten in Deutschland betreffen (71% in NRW, 79% in Deutschland) und zu

Deutschland allgemein (68% in NRW, 75% in Deutschland), aber nicht in gleich hohem Maß

– möglicherweise hat man hier andere Erwartungen an die Berichterstattung. Auch deutsche

Zeitungen informieren nach Ansicht von 63% in NRW und 76% in Deutschland zu wenig ü-

ber Dinge, die das Leben in Deutschland betreffen. Somit liefern weder deutsche noch türki-

sche Medien ausreichende Anknüpfungspunkte an die spezifische Situation der Migranten.

Darüber hinaus wird an den deutschen Medien die mangelnde Berichterstattung über die

Türkei beklagt (75% in NRW, 84% in Deutschland). Auch die negative und klischeehafte

Darstellung von Migranten in den deutschen Medien wird von 73% bzw. 83% kritisiert. Eine

zu klischeehafte Darstellung der "Almancalar", also der in Deutschland lebenden türkei-

stämmigen Migranten, in den türkischen Medien sehen "nur" 55% in NRW und 68% in

Deutschland, die Darstellung der Deutschen in türkischen Medien empfinden nur 38% in

NRW und 50% in Deutschland als klischeehaft oder negativ.

Im Vergleich der Befragten in NRW und Deutschland fällt auf, dass deutschlandweit die Zu-

stimmung zu allen Aussagen höher ist als in NRW – zwischen 6 und 13 Prozentpunkte. Da-

durch ändert sich die Rangfolge der Aussagen nach der Häufigkeit der Zustimmung in kei-

nem Falle. Der größte Unterschied ergibt sich bei der Aussage zu der Darstellung der "Al-

mancalar" in den türkischen Medien (+ 13 Prozentpunkte), der geringste Unterschied betrifft

die Aussage "Türkische Medien sind für mich eine Brücke in die Heimat" (+ 6 Prozentpunk-

te).

Mehr und positivere Berichterstattung über das Leben von Migranten und über die Türkei

könnten somit die Zugangsbarrieren der Migranten zu deutschen Medien verringern und die

mediale Integration verbessern.

6.7.7. Glaubwürdigkeit

Eine wichtige Rolle bei der Wirkung von Medien bzw. ihren transportierten Inhalten spielt die

Glaubwürdigkeit, die man den Medien entgegenbringt – insbesondere bezogen auf Informa-

tionen und bei der Abwägung unterschiedlicher Interpretationen und Meinungen.

Auffällig bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit verschiedener Medien durch die türkei-

stämmigen Migranten sowohl in NRW als auch in Deutschland ist, dass die Glaubwürdigkeit

einer Reihe von Medien von zahlreichen Befragten nicht beurteilt werden kann. Insbesonde-

Page 250: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

250

re das Radio und das Internet – unabhängig von der Sprache - können zwischen 82% und

62% nicht beurteilen. Aber auch bei deutschen und türkischen Zeitungen sind es zwischen

einem Viertel und einem Drittel, die keine Angaben zur Glaubwürdigkeit machen können.

Daher werden bei der folgenden Betrachtung nur diejenigen einbezogen, die sich zur

Glaubwürdigkeit äußern.

Tabelle 71: Glaubwürdigkeit deutscher und türkischer Medien (Prozentwerte*, Mittelwerte**)

NRW Deutschland Glaub-

würdig Mittelwert Glaub-

würdig Mittelwert

Deutsches Fernsehen 74,4 2,07 71,0 2,12 Deutsches Radio 69,6 2,17 73,0 2,16

Deutschsprachiges Internet 66,4 2,29 70,8 2,18 Deutsche Zeitungen 64,4 2,30 62,4 2,32

Türkisches Radio 63,0 2,30 66,2 2,31 Türkischsprachiges Internet 61,9 2,35 67,6 2,25

Türkischsprachiges Fernsehen 56,5 2,40 59,9 2,36 Türkischsprachige Zeitungen 57,1 2,41 60,3 2,37

* Zusammengefasste Variablen: Glaubwürdig = sehr und eher glaubwürdig. ** Mittelwert auf der 4-stelligen Skala 1 = sehr glaubwürdig, 2 = eher glaubwürdig, 3 = eher nicht

glaubwürdig, 4 = gar nicht glaubwürdig. Je höher der Mittelwert, desto geringer die Glaubwürdigkeit.

Sehr deutlich wird, dass alle deutschen Medien als glaubwürdiger eingeschätzt werden als

alle türkischen Medien, obwohl letztere häufiger und überwiegender genutzt werden. Die

höchste Glaubwürdigkeit – bezogen auf den Mittelwert - wird dem deutschen Fernsehen zu-

geschrieben, drei Viertel vertrauen der Berichterstattung dort, gefolgt vom deutschen Radio.

Deutsche Zeitungen werden allerdings nur noch von knapp zwei Dritteln als glaubwürdig

eingeschätzt, davor liegt noch das deutschsprachige Internet. Unter den türkischsprachigen

Medien liegt nach der Glaubwürdigkeit das türkischsprachige Radio vorne – das im Übrigen

kaum genutzt wird. Diese Kategorie beinhaltet auch die muttersprachlichen Sender und

Sendungen, die in Deutschland ausgestrahlt/produziert werden. Dem Radio folgt das tür-

kischsprachige Internet. Türkischsprachiges Fernsehen und Zeitungen genießen das ge-

ringste Vertrauen, nur noch gut die Hälfte halten diese für glaubwürdig, obwohl beide zur

Informationsbeschaffung intensiv genutzt werden.

Zwischen den Befragten in NRW und in Deutschland ergeben sich leichte Unterschiede in

der Beurteilung der Glaubwürdigkeit, die zwischen 2 und 6 Prozentpunkten liegen. Türkei-

stämmige Befragte in Deutschland halten türkisches Fernsehen zu 6 Prozentpunkten und

deutsches Internet zu 4 Prozentpunkten häufiger für glaubwürdig als die Befragten in NRW,

deutsche Zeitungen und deutsches Fernsehen jedoch zu 2 bzw. 3 Prozentpunkten seltener

Page 251: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

251

für glaubwürdig. Dadurch ergeben sich bezüglich des türkischen Internets und der deutschen

Zeitungen Differenzen in der Rangfolge nach Glaubwürdigkeit: Deutschlandweit liegt das

türkische Internet auf Rang 4, in NRW auf Rang 6, dafür liegen die deutschen Zeitungen

deutschlandweit auf Rang 6, in NRW auf Rang 4.

Diejenigen Migranten, die nur deutsche Medien nutzen, weisen nicht überraschend dem

deutschen Fernsehen und den deutschen Zeitungen überproportional häufig Glaubwürdigkeit

zu, den entsprechenden türkischen Medien jedoch deutlich unterproportional. Erstaunlich ist

eher, dass – zumindest in NRW - auch diejenigen, die nur türkische Medien nutzen, den

deutschen Zeitungen und dem Fernsehen ebenfalls häufiger Glauben schenken als den tür-

kischen Medien, die weitgehend durchschnittlich eingeschätzt werden. Dies gilt nicht

deutschlandweit, hier werden von den Nutzern nur türkischer Medien die türkischen Zeitun-

gen und das türkische Fernsehen glaubwürdiger eingeschätzt als die deutschen.

Befragte, die sowohl deutsche als auch türkische Medien verwenden, haben zwar in deut-

sche Medien ebenfalls mehr Vertrauen, halten die türkischen Medien jedoch leicht überpro-

portional häufig für glaubwürdig. Dieser Zusammenhang zwischen der Sprache der genutz-

ten Medien und der Glaubwürdigkeit gilt auch - allerdings abgeschwächt - für Fernsehnutzer

bezüglich des Fernsehens und für Zeitungsleser bezüglich der Zeitungen – und zwar nicht

nur in NRW, sondern auch deutschlandweit.

Männer sind – mit Ausnahme des türkischen Internets – im Vergleich zu Frauen kritischer

gegenüber allen Medien. Insbesondere dem türkischen Fernsehen und deutschen Tageszei-

tungen schenken Frauen deutlich mehr Vertrauen als Männer.

Junge Migranten haben zu allen Medien überdurchschnittliches Vertrauen, insbesondere

Zeitungen – deutsche noch mehr als türkische - halten sie für glaubwürdiger als Ältere. Diese

misstrauen vor allem türkischen Zeitungen und dem Internet. Dabei unterscheiden sich die

Altersgruppen bei der Glaubwürdigkeitszuschreibung zum Fernsehen nur wenig, bei Zeitun-

gen und dem Internet ist der Altersunterschied deutlicher.

Erstgenerationsangehörige und Heiratsmigranten unterscheiden sich kaum in der Zuschrei-

bung von Glaubwürdigkeit an die verschiedenen Medien, dies gilt gleichermaßen für deut-

sche und für türkische – wobei auch diese deutschen Medien mehr Glaubwürdigkeit zu-

schreiben als türkischen. Die Nachfolgegeneration ist in NRW gegenüber den türkischen

Medien noch kritischer und hat zugleich noch mehr Vertrauen in die deutschen Medien als

die beiden anderen Generationen – deutschlandweit ist das Vertrauen der Nachfolgegenera-

tion in die türkischen Medien ebenfalls höher als das der anderen Generationen. Die Schul-

bildung wirkt sich sehr uneinheitlich aus, es lassen sich kaum Tendenzen feststellen. Befrag-

Page 252: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

252

te mit türkischem Schulabschluss zeigen bei zunehmender Bildung häufiger Vertrauen in

deutsche Zeitungen und in das Internet, bezüglich des Fernsehens und türkischer Zeitungen

ist jedoch keine Tendenz sichtbar. Bei Befragten mit deutschen Abschlüssen nimmt der An-

teil derjenigen, die Glaubwürdigkeit attestieren, bei den meisten Medien, auch den türki-

schen, zu. Eine Ausnahme bildet das deutsche Fernsehen und das deutsche Internet, hier

lässt sich keine Tendenz erkennen.

Tabelle 72: Glaubwürdigkeit* von Medien nach Mediensprache und Art der genutzten Medien (Prozentwerte) Deutsches

FernsehenTürkisches Fernsehen

Deutsche Zeitungen

Türkische Zeitungen

NRW Mediennutzung allgemein

Deutsche und Türkische 74,7 57,1 64,5 58,2 Nur Deutsche 81,5 20,0 72,2 18,2 Nur Türkische 62,9 58,2 61,3 55,2

Fernsehnutzung Deutsche und Türkische 74,7 57,7 - -

Nur Deutsche 78,3 25,8 - - Nur Türkische 67,2 58,3 - -

Zeitungsnutzung Deutsche und Türkische - - 67,7 61,7

Nur Deutsche - - 68,5 57,6 Nur Türkische - - 56,2 54,1

Gesamt 74,4 56,5 64,4 57,1 Deutschland Mediennutzung allgemein

Deutsche und Türkische 71,8 60,0 62,9 60,8 Nur Deutsche 69,6 22,2 68,8 22,2 Nur Türkische 56,4 61,3 50,0 62,2

Fernsehnutzung Deutsche und Türkische 71,4 60,1 - -

Nur Deutsche 74,4 35,7 - - Nur Türkische 57,1 62,1 - -

Zeitungsnutzung Deutsche und Türkische - - 66,5 63,6

Nur Deutsche - - 70,0 54,7 Nur Türkische - - 46,2 57,6

Gesamt 71,0 59,9 62,4 60,3 * sehr und eher glaubwürdig

Mit Ausnahme des Generationszusammenhangs gibt es kaum Unterschiede zwischen den

Befragten in NRW und in Deutschland. Daher werden aufgrund der besseren Übersichtlich-

keit in der folgenden Tabelle nur die Daten zu den Befragten in NRW ausgewiesen.

Page 253: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

253

Tabelle 73: Glaubwürdigkeit* von Medien nach soziodemographischen Merkmalen – nur NRW (Prozentwerte)

Deutsches Fernsehen

Türkisches Fernsehen

Deutsche Zeitungen

Türkische Zeitungen

Deutsches Internet

Türkisches Internet

Geschlecht Männlich 70,3 50,6 58,5 53,4 66,8 62,0 Weiblich 79,1 62,7 71,6 61,5 64,8 61,8

Alter Unter 30 Jahre 79,5 59,5 76,8 63,9 74,4 63,5 30 bis 44 Jahre 73,5 55,1 58,9 55,8 61,8 59,8 45 bis 59 Jahre 68,7 55,6 58,3 55,4 71,1 70,0

60 Jahre und älter 75,3 58,2 69,0 51,2 50,0 56,3 Generation

Erste Generation 72,2 58,0 64,1 54,5 51,9 59,3 Nachfolgegeneration 77,5 55,3 65,6 59,5 72,6 65,7

Heiratsmigranten 68,2 59,6 61,3 54,2 49,4 53,1 Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 67,4 58,2 54,4 53,5 40,0 43,4 Ortaokul 73,1 53,7 61,7 56,9 53,5 54,9

Lise 69,0 54,1 64,0 53,2 65,3 63,3 Hauptschule 80,0 55,6 64,0 56,7 74,2 68,9

Realschule 74,0 52,9 63,5 55,6 66,7 63,0 Fachschule/Fachabitur 80,0 59,2 71,7 66,7 73,1 66,7

Abitur 85,5 63,2 79,7 74,5 84,1 70,7 Gesamt 74,4 56,5 64,4 57,1 66,4 61,9

* sehr und eher glaubwürdig

Im Zusammenhang mit der Mediennutzung und der Defiziteinschätzung ergibt sich ein prob-

lematisches Bild: Es besteht ein hohes Bedürfnis nach Berichterstattung über die Lebenssi-

tuation der Migranten in Deutschland, über die Dinge, die sie in Deutschland betreffen, e-

benso wie nach Informationen über die Türkei und das Bedürfnis nach medialer Heimat. Die

Medien, denen die Migranten vertrauen, bieten ihnen dies nur unzureichend und schrecken

aufgrund der negativen Darstellung von Migranten eher ab, was sich auch in der geringeren

Nutzung zeigt. Die Medien, die überwiegend genutzt werden, können die Defizite nicht wirk-

lich auffüllen, zugleich ist dort das Vertrauen nur gering. Migranten erhalten also nur selten

glaubwürdige Informationen zu den Themen, die sie interessieren. Somit könnte man statt

von einer medialen Ghettoisierung eher von einem medialen Vakuum oder einer medialen

Marginalisierung sprechen.

6.7.8. Beurteilung der Berichterstattung im Falle des Brandes in Ludwigshafen

Anfang Februar 2008 brannte in Ludwigshafen ein Wohnhaus, das von türkeistämmigen

Familien bewohnt wurde. Dabei starben 9 Hausbewohner, 60 wurden verletzt, 47 konnten

Page 254: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

254

gerettet werden. Obwohl die Brandursache zunächst völlig ungewiss war243, stand für zahl-

reiche türkische Medien unmittelbar danach fest, dass es sich um einen rassistisch motivier-

ten Anschlag handelte.244 Mit Schlagzeilen wie "Nazi-Panik in Deutschland" (Aksam), "Solin-

gen kehrt zurück" und "Nazikommission hat ihre Arbeit aufgenommen" (Yeni Safak) und

"Wieder verbrennen sie uns", wurde eine explosive Stimmung unter den türkeistämmigen

Migranten in Deutschland ebenso wie in der Türkei geschürt.245 Hürriyet bezeichnete Lud-

wigshafen als "Nest von Neonazis" und schrieb in den darauf folgenden Tagen und Wochen

immer wieder über die Türkenfeindlichkeit der Deutschen. Auch in den anderen Tageszei-

tungen, ebenso wie in Fernsehsendungen, wurden der Brand und der "Anschlag" immer

wieder und wochenlang thematisiert. Kurz nach dem Brand wurden in Ludwigshafen Feuer-

wehrleute angegriffen, in den türkischen Medien wurde der Vorwurf erhoben, Polizei und

Feuerwehr wären viel zu spät angerückt und hätten nur halbherzig geholfen. Geäußert wur-

de auch Misstrauen gegenüber den deutschen Ermittlungsbehörden, woraufhin Ermittler aus

der Türkei in die Untersuchungen einbezogen wurden. Dennoch wurden Verschwörungsthe-

orien verbreitet, die behaupteten, die deutschen Behörden würden die wahre Brandursache

verschleiern. Genährt wurden diese dadurch, dass die Brandursache bis heute nicht ganz

eindeutig geklärt werden konnte, ein Anschlag jedoch weitgehend ausgeschlossen wurde.

Erschreckend für die deutschen Beobachter war, dass – auch wenn man die Möglichkeit ei-

nes Anschlages nicht ausschloss – den Deutschen eine generelle Türkenfeindlichkeit, die bis

zur Vernichtung reiche, unterstellte. Die Brandkatastrophe fiel in eine Phase, in der die

Stimmung zwischen Deutschen und Zuwanderern insbesondere durch die im Zuge des hes-

sischen Wahlkampfes angestoßene Diskussion um "kriminelle Ausländer" und die Ein-

schränkungen im neuen Zuwanderungsgesetz ohnehin angespannt und von großem Miss-

trauen auf beiden Seiten gekennzeichnet war.

Die Berichterstattung der türkischen Medien zu Ludwigshafen rief bei zahlreichen Politikern

in Deutschland heftigen Widerspruch hervor und setzte in den Feuilletons eine generelle

243 Das Ende Februar von den Brandermittlern vorgelegte Gutachten geht laut Presseberichten

von einem durch eine unbekannte Wärmequelle verursachten Schwelbrand im Keller des Hauses aus. Vgl. Spiegel-online, 28.02.2008, http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,538268,00.html

244 Ebenso vorschnell schloss der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck am Tag nach dem Brand einen fremdenfeindlichen Anschlag aus.

245 So argumentiert Steinworth, Danile/Reimann, Anna: Misstrauen bei Türken - Angst vor neuem Solingen. Spiegel-online, 6.2.2008. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,533424,00.html

Page 255: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

255

Diskussion um die mediale Integration der türkeistämmigen Migranten und die Rolle der mut-

tersprachlichen Medien hierbei in Gang.246

Die türkeistämmigen Migranten teilen die Kritik der deutschen Öffentlichkeit an der Berichter-

stattung der türkischen Medien zum Brand in Ludwigshafen offensichtlich nur zum Teil. Zwar

kritisieren sie zu hohen Anteilen die Emotionalität und Übertreibung der türkischen Berichter-

stattung – die den deutschen Medien in diesem Zusammenhang in weit geringerem Maße

zugeschrieben wird – halten sie aber häufiger für zeitnaher, sachlicher, umfassender,

glaubwürdiger, gewissenhafter, angemessener und vorurteilsfreier als die Berichterstattung

in den deutschen Medien; bei allen positiven Eigenschaften ist die Zustimmung bei türki-

schen Medien höher als bei deutschen Medien. Dass die Berichterstattung in den türkischen

Medien als umfassender, zeitnaher und damit angemessener empfunden wird, wundert we-

nig, da sich die türkischen Medien wochenlang ausführlich mit dem Thema befasst haben,

die Berichterstattung in den deutschen Medien war deutlich weniger ausführlich. Dass jedoch

die türkische Berichterstattung von mehr Befragten als sachlicher, vorurteilsfreier und glaub-

würdiger gesehen wird als die deutsche Berichterstattung, erstaunt, wurde doch den deut-

schen Medien generell eine höhere Glaubwürdigkeit zugeschrieben als den türkischen. Of-

fenbar hat im konkreten Fall die lang andauernde und intensive Beschäftigung mit dem

Thema, das Festhalten an der Möglichkeit eines Anschlages und die kritische Auseinander-

setzung mit den teilweise vorschnellen Beschwichtigungsversuchen von deutschen Politikern

in den türkischen Medien in Verbindung mit der recht knappen Berichterstattung in den deut-

schen Medien und der letztendlich nicht vollständigen Klärung der Brandursache dazu ge-

führt, dass sich bei vielen der Eindruck festgesetzt hat, dass die türkischen Medien mit ihrem

Misstrauen und ihrer Spekulation gewissenhafter und glaubwürdiger waren als die sachliche

und an den offiziellen Verlautbarungen orientierte Berichterstattung in den deutschen Me-

dien. Letztendlich waren offenbar die türkischen Medien mit ihrer Verschwörungstheorie er-

folgreich.

246 Beispielhaft: TAZ: Kritik an "Hetze" türkischer Medien, 8.2.2008

http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/kritik-an-hetze-tuerkischer-medien/?src=SZ&cHash=834e0a163e

Page 256: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

256

Tabelle 74: Beurteilung der Berichterstattung zum Brand in Ludwighafen in deutschen und türkischen Medien (Prozentwerte*, Mittelwerte**)

Deutsche Medien NRW Deutschland Stimme zu Mittelwert Stimme zu Mittelwert

Zeitnah 41,7 3,03 42,2 2,95 Sachlich/Objektiv 18,6 3,60 21,4 3,58

Angemessen 21,8 3,64 21,4 3,62 Vorurteilsfrei 18,2 3,69 23,1 3,54 Glaubwürdig 19,0 3,72 19,1 3,71

Umfassend 18,8 3,73 19,2 3,71 Gewissenhaft 17,3 3,79 19,4 3,67

Parteiisch 47,7 2,70 53,5 2,53

Oberflächlich 44,8 2,79 48,8 2,66 Schlampig/Ungenau 29,4 3,18 30,0 3,31

Unsachlich 26,6 3,35 29,4 3,33 Übertrieben 16,4 3,98 21,7 3,79

Zu emotional 15,4 4,04 20,5 3,85 Türkische Medien NRW Deutschland Stimme zu Mittelwert Stimme zu Mittelwert

Zeitnah 61,9 2,21 66,9 2,08 Sachlich/Objektiv 47,8 2,54 53,8 2,41

Umfassend 50,7 2,59 56,8 2,40 Glaubwürdig 46,5 2,62 53,3 2,44 Angemessen 45,0 2,75 50,6 2,55 Gewissenhaft 42,8 2,86 49,6 2,65 Vorurteilsfrei 35,6 2,99 43,9 2,80

Zu emotional 73,3 1,92 75,0 1,82

Übertrieben 42,2 3,01 44,4 2,91 Oberflächlich 37,2 3,07 41,0 2,93

Parteiisch 35,9 3,15 41,7 2,96 Unsachlich 16,0 3,80 17,2 3,84

Schlampig/Ungenau 14,2 3,90 14,4 3,99 *Zusammengefasste Variable: "Stimme voll und ganz zu" und "stimme eher zu".

** Mittelwert auf einer 5-stelligen Skala 1 = stimme voll und ganz zu 2 = stimme eher zu, 3 = teils/teils, 4 = stimme eher nicht zu, 5 = stimme gar nicht zu. Je geringer der Mittelwert, desto höher die

Zustimmung.

Die schlechtere Beurteilung der deutschen Medien zeigt sich auch bei den negativen Eigen-

schaften, die – mit Ausnahme der zu starken Emotionalität und der Übertreibung – zu höhe-

ren Anteilen den deutschen als den türkischen Medien zugeschrieben werden. Die geringere

positivere Zuschreibung von Eigenschaften bei deutschen Medien wird nicht etwa durch eine

geringere Zuschreibung der negativen Eigenschaften aufgewogen. Die Differenzen in der

Beurteilung der deutschen und türkischen Medien bei den negativen Eigenschaften (Aus-

nahme Emotionalität und Übertreibung) sind geringer als bei den positiven Eigenschaften.

Page 257: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

257

In der Tendenz und in der Rangfolge der Eigenschaftenzuschreibung bestehen nur sehr ge-

ringe Unterschiede zwischen den türkischen Migranten in NRW und denen in Deutschland.

Allerdings neigen die Befragten in Deutschland generell zu einer höheren Zustimmung zu

den Eigenschaften, sowohl bei deutschen als auch bei türkischen Medien und ebenso so-

wohl bezogen auf positive wie negative Eigenschaften. Unterschiede in der Rangfolge der

zugeschriebenen Eigenschaften ergeben sich bezüglich der deutschen Medien bei der Vor-

urteilsfreiheit und der Gewissenhaftigkeit, die die Befragten in Deutschland etwas häufiger

zuweisen als die in NRW.

Zur besseren Übersichtlichkeit der folgenden Auswertungen wurde sowohl für die Beurtei-

lung der deutschen als auch der türkischen Medien aus den negativen und den positiven

Eigenschaftszuschreibungen ein summativer Index gebildet,247 dessen Mittelwert für die wei-

tere Analyse herangezogen wird.

Auch der Mittelwert des Index zeigt, dass die Beurteilung der türkischen Medien, verrechnet

man die negative und die positive Beurteilung miteinander, doch deutlich positiver ist als die

der deutschen Medien. Dabei unterscheiden sich die Befragten in NRW und in Deutschland

dahingehend, dass deutschlandweit die türkischen Medien noch etwas positiver beurteilt

werden als in NRW, bezüglich der deutschen Medien besteht kaum ein Unterschied.

Tabelle 75: Index der Beurteilung der Berichterstattung zu Ludwigshafen in deutschen und türkischen Medien

Index Beurteilung

deutsche Medien

Index Beurteilung türkische Medien

Index Beurteilung

deutsche Medien

Index Beurteilung türkische Medien

NRW Deutschland Mittelwert* 3,16 2,73 3,18 2,66

Median 3,15 2,76 3,23 2,61 Varianz .486 .549 .590 .631

Spannweite 1-5 1-5 1-5 1-5 N 598 679 621 699

*Je niedriger der Mittelwert ist, desto positiver ist die Beurteilung.

247 Dazu wurden die negativen Eigenschaften (zu emotional, übertrieben, oberflächlich, partei-

isch, unsachlich, schlampig) umcodiert, so dass die Zustimmung hierzu zu einer Ablehnung einer positiven Eigenschaft wurde (nicht zu emotional, nicht übertrieben, nicht oberflächlich, nicht parteiisch, nicht unsachlich, nicht schlampig). Anschließend wurden die Werte summiert und durch 13 geteilt. Dadurch entstand eine Skala mit 52 (13 Variablen X 5 Kategorien - 13) Ausprägungen, die Werte zwischen 1 und 5 annehmen. Die Skalenmitte liegt bei 3. Je niedri-ger der Wert ist, desto positiver ist die Beurteilung. Einbezogen wurden nur Fälle, für die für al-le einbezogenen Variablen Werte vorlagen (türkische Medien N = 679, deutsche Medien N = 598).

Page 258: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

258

Ob die Befragten nur türkische Medien nutzen, oder sowohl türkische als auch deutsche Me-

dien, spielt für ihre Beurteilung der Berichterstattung in dem konkreten Fall zwar eine Rolle,

die Nutzung auch deutscher Medien führt jedoch nicht zu einer insgesamt besseren Beurtei-

lung der deutschen als der türkischen Medien. Auch diejenigen, die deutsche und türkische

Medien nutzen, beurteilen die türkischen Medien besser als die deutschen, wenngleich sie

im Vergleich zu den nur Ethnomediennutzenden eine etwas bessere Meinung von den deut-

schen und eine etwas schlechtere Meinung von den türkischen Medien haben, der Unter-

schied in der Beurteilung also geringer ausfällt. Diejenigen, die nur deutsche Medien nutzen,

beurteilen insgesamt die deutschen Medien positiver als die türkischen. Dies gilt in NRW e-

benso wie deutschlandweit.

Tabelle 76: Beurteilung der Berichterstattung über den Brand in Ludwigshafen in deutschen und türkischen Medien (summativer Index*) nach genutzter Mediensprache

NRW Deutschland Index Beur-

teilung deutsche Medien

Index Beur-teilung tür-kische Me-

dien

Index Beur-teilung

deutsche Medien

Index Beur-teilung tür-kische Me-

dien Mediennutzung

Deutsche und Türkische 3,17 2,74 3,18 2,70 Nur Deutsche 2,76 2,86 2,72 2,94 Nur Türkische 3,23 2,58 3,32 2,34

Gesamt 3,16 2,73 3,18 2,66 * Je niedriger der Indexwert, desto positiver ist die Beurteilung.

Insgesamt und losgelöst von einem konkreten Fall wurde den deutschen Medien eine höhere

Glaubwürdigkeit zugeschrieben als den türkischen Medien, auch von denjenigen, die nur

türkische Medien nutzen. Diese generelle Zuschreibung von Glaubwürdigkeit wirkt sich je-

doch nur wenig auf die Beurteilung der Berichterstattung im konkreten Fall Ludwigshafen

aus: Zwar ist die Bewertung der deutschen Berichterstattung bei denjenigen, die dem deut-

schen Fernsehen und den deutschen Zeitungen generell Glaubwürdigkeit bescheinigen, po-

sitiver als derjenigen, die den deutschen Medien diese Glaubwürdigkeit nicht bescheinigen,

doch führt dies nicht zu einer grundsätzlich positiveren Beurteilung deutscher Berichterstat-

tung im Vergleich zur türkischen. Die Glaubwürdigkeitszuschreibung an deutsche Medien

führt insbesondere nicht zu einer negativeren Beurteilung der Berichterstattung in den türki-

schen Medien. Auch wenn man den deutschen Medien eine hohe und den türkischen Me-

dien eine geringe Glaubwürdigkeit einräumt, hat dies nur wenig Einfluss auf die positivere

Page 259: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

259

Beurteilung der Berichterstattung in den türkischen Medien im Fall des Brandes von Lud-

wigshafen.

Tabelle 77: Beurteilung der Berichterstattung über den Brand in Ludwigshafen in deutschen und türkischen Medien (summativer Index*) nach generell zugeschriebener Glaubwürdigkeit NRW Deutschland Index Beur-

teilung deutsche Medien

Index Beur-teilung tür-kische Me-

dien

Index Beur-teilung

deutsche Medien

Index Beur-teilung tür-kische Me-

dien Deutsches Fernsehen

Glaubwürdig 3,11 2,74 3,08 2,69 Nicht glaubwürdig 3,30 2,79 3,37 2,71

Türkisches Fernsehen Glaubwürdig 3.17 2,64 3,20 2,55

Nicht glaubwürdig 3,16 2,86 3,17 2,85 Deutsche Zeitungen

Glaubwürdig 3,12 2,78 3,09 2,71 Nicht glaubwürdig 3,18 2,77 3,25 2,81

Türkische Zeitungen Glaubwürdig 3,20 2,74 3,21 2,62

Nicht glaubwürdig 3,14 2,78 3,16 2,83 Gesamt 3,16 2,73 3,18 2,66

* Je niedriger der Indexwert, desto positiver ist die Beurteilung.

Die Unterscheidung nach soziodemographischen Merkmalen zeigt in keiner der Gruppen

eine positivere Beurteilung der deutschen Berichterstattung im Vergleich zur türkischen.

Frauen beurteilen die Berichterstattung in türkischen Medien noch positiver und in deutschen

Medien noch etwas negativer als Männer. Der Alterszusammenhang zeigt zunächst, dass

jüngere Migranten die Berichterstattung in beiden Mediengruppen überdurchschnittlich posi-

tiv bewerten. Tendenziell ergibt sich mit zunehmendem Alter eine kritischere Haltung gegen-

über der deutschen Berichterstattung, aber auch gegenüber der türkischen. Im Generatio-

nenvergleich zeigt sich die Beurteilung der türkischen Berichterstattung nur wenig unter-

schiedlich, die deutsche Berichterstattung wird von der Nachfolgegeneration überdurch-

schnittlich positiv gesehen, in NRW noch stärker als bundesweit. Die Beurteilung der Be-

richterstattung nach Schulbildung zeigt bei türkischen Abschlüssen keine einheitliche Ten-

denz, bei deutschen Abschlüssen ist eine leicht positive Tendenz bei der Beurteilung der

deutschen Berichterstattung mit zunehmendem Bildungsniveau erkennbar.

Page 260: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

260

Tabelle 78: Beurteilung der Berichterstattung über den Brand in Ludwigshafen in deutschen und türkischen Medien (summativer Index*) nach soziodemographischen Merkmalen

NRW Deutschland Index Beur-

teilung deutsche Medien

Index Beur-teilung tür-kische Me-

dien

Index Beur-teilung

deutsche Medien

Index Beur-teilung tür-kische Me-

dien Geschlecht

Männlich 3,15 2,80 3,14 2,76 Weiblich 3,18 2,65 3,22 2,54

Alter Unter 30 Jahre 2,99 2,57 3,08 2,51 30 bis 44 Jahre 3,21 2,78 3,20 2,72 45 bis 59 Jahre 3,20 2,78 3,26 2,72

60 Jahre und älter 3,28 2,74 3,14 2,56 Generation

Erste Generation 3,30 2,71 3,23 2,58 Nachfolgegeneration 3,07 2,74 3,13 2,67

Heiratsmigranten 3,33 2,67 3,29 2,69 Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 3,32 2,69 3,22 2,59 Ortaokul 3,20 2,80 3,31 2,69

Lise 3,31 2,78 3,33 2,77 Hauptschule 3,09 2,81 3,19 2,63

Realschule 3,09 2,57 3,01 2,61 Fachoberschule/Fachabitur 2,82 2,73 3,12 2,61

Abitur 3,11 2,83 2,89 2,86 Gesamt 3,16 2,73 3,18 2,66

* Je niedriger der Indexwert, desto positiver ist die Beurteilung.

Obwohl deutschen Medien generell eher Glaubwürdigkeit attestiert wird als türkischen, er-

scheint die Berichterstattung zum Brand von Ludwigshafen in den türkischen Medien den

türkeistämmigen Migranten glaubwürdiger und gewissenhafter als in den deutschen Medien

– und dies, obwohl die Berichte dort als zu emotional und übertrieben gewertet werden. Die

Beurteilung der Berichterstattung ist jedoch widersprüchlich, wenn einerseits zu hohen Antei-

len eine sachliche und angemessene, zugleich aber auch eine zu emotionale und übertrie-

bene Darstellung attestiert werden. Dies wirft die Frage auf, ob der Grund für die Beurteilung

nicht vor allem darin liegt, dass in den deutschen Medien nach Meinung der Migranten

grundsätzlich zu wenig berichtet wurde, also nicht so sehr die Art der Berichterstattung, son-

dern die kritische und hinterfragende Berichterstattung in den türkischen Medien überhaupt

dazu führt, die deutschen Medien und ihre kurze und sachliche Berichterstattung in diesem

Fall weniger positiv zu beurteilen. Bei den türkeistämmigen Nutzern scheint – relativ unab-

hängig von Generationszugehörigkeit und Bildung und nur wenig beeinflusst von der media-

len Integration – eine völlig andere Wahrnehmung der türkischen Berichterstattung vorhan-

Page 261: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

261

den zu sein als bei der deutschen Öffentlichkeit. Möglicherweise nehmen türkeistämmige

Mediennutzer den boulevardistischen Stil, die vorschnelle Tatsachenbehauptung und die

Panikmache weit weniger wahr oder ernst als die deutsche Öffentlichkeit, weil man dies in

den türkischen Medien sehr viel stärker gewohnt ist. Vergessen werden darf auch nicht, dass

der Brand in einem sehr angespannten politisch-gesellschaftlichen Klima (hessischer Wahl-

kampf, Zuwanderungsgesetz, Erdoğan-Besuch) stattfand und daher die Berichterstattung

durchaus die Angst der Migranten und ihr Gefühl der Ablehnung durch die deutsche Gesell-

schaft widerspiegelte und die Verschwörungstheorie daher auf offene Ohren stieß. Die offen

notierten Aussagen der Befragten, die zusätzlich zur vorgegebenen Beurteilung der Bericht-

erstattung erfasst wurden, deuten darauf hin, dass insbesondere das rasche Verschwinden

des Themas aus der deutschen Berichterstattung – und weniger die Art, wie berichtet wurde

- auf Kritik gestoßen ist.248

Der Umgang mit Medien bedarf generell und unabhängig vom kulturellen Hintergrund gerade

im Zeitalter der Kommunikationsgesellschaft eines hohen Maßes an Kompetenz, um die

Quellenvielfalt und die Qualität der Berichterstattung beherrschen zu können. Medienkompe-

tenz ist in der Informationsgesellschaft eine wichtige Fähigkeit, die auch – und bei weitem

nicht nur – bei türkeistämmigen Migranten deutlich gestärkt werden sollte.249

6.7.7. Nutzung und Beurteilung von Ethnomedien im engeren Sinn

Ethnomedien im engeren Sinn, also solche, die im Aufnahmeland von Zuwanderern für Zu-

wanderer gemacht werden250, haben es in Deutschland schwer. Immer wieder müssen inte-

ressante Projekte aufgrund finanzieller Schwierigkeiten aufgegeben werden, selbst der mehr

als 20 Jahre existierende deutsch-türkische Privatsender TD 1 musste kürzlich seine Pforten

schließen.251 Und dies, obwohl sie doch das mediale Vakuum, das mehrheitsgesellschaftli-

che Medien aufgrund fehlender oder geringer Berichterstattung über die Türkei und migran-

tenspezifische Themen, geringem Identifikationsgrad und geringer Vermittlung von Heimat-

248 Bemerkungen und Beurteilungen der Befragten, die über die abgefragten Eigenschaften hi-

nausgingen, wurden offen notiert. Insgesamt haben sich jedoch nur 20 Befragte weitergehend geäußert.

249 So auch Die Bundesregierung: Der Nationale Integrationsplan. Neue Wege – neue Chancen. Berlin 2007, S. 158f.

250 Vgl. zur Definition von Ethnomedien im engeren Sinn Müller, Daniel: Die Inhalte der Ethnome-dien unter dem Gesichtspunkt der Integration. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Mas-senmedien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland. Bielefeld 2005.

251 Vgl. Weber, Menges, Sonja: Die Entwicklung der Ethnomedien in Deutschland. In: Geißler, Rainer/Pöttker, Horst (Hrsg.): Integration durch Massenmedien. Bielefeld 2006.

Page 262: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

262

gefühl sowie türkische Medien aufgrund der geringen Glaubwürdigkeit, bei den Migranten

hinterlassen, füllen könnten. Zudem setzten gerade Kritiker der Nutzung muttersprachlicher

Medien auf die Integrationsfunktion der Ethnomedien im engeren Sinne. Doch gibt es zu den

Ethnomedien im engeren Sinne kaum Studien, weder Inhalte noch Nutzung wurden bisher

systematisch analysiert.252

Abbildung 82: Nutzung von Ethnomedien im engeren Sinn (Prozentwerte)

21,6

76,9

1,5

23,3

73,4

3,3

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

NRW Deutschland

Ja Nein Keine Angabe

Gut ein Fünftel der türkeistämmigen Migranten (22% in NRW, 23% in Deutschland ) nutzen

Medien, die von Migranten für Migranten in Deutschland produziert werden, wie Radio

Metropol, Kanal Avrupa, oder Türk Show, drei Viertel der Befragten nutzen solche Medien

jedoch nicht.253

Auf die offen gestellte Nachfrage bei denjenigen, die angaben, Ethnomedien im engeren

Sinne zu nutzen (N = 216), antworteten in NRW 192 Befragte, sie machen dabei 219 Anga-

ben, da Mehrfachnennungen möglich waren. Deutschlandweit gaben 233 Befragte an,

252 Vgl. Geißler, Rainer/Pöttker, Horst: Bilanz. In: Geißler, Rainer/Horst Pöttker (Hrsg.): Massen-

medien und die Integration ethnischer Minderheiten in Deutschland. Bielefeld 2005. 253 Allerdings werden bei der Frage nach den meistgesehenen türkischen Sendern die Sender

Kanal Avrupa und Türkshow nur von 1% bis 2% als meistgenutzte Sender angegeben, die anderen von weniger als 1%.

Page 263: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

263

Ethnomedien zu nutzen, von diesen machten 199 Angaben zu den Programmen, insgesamt

wurden 220 Angaben gemacht.

Die meisten Nutzer von Ethnomedien i.e.S. in NRW nutzen Kanal Avrupa (69%, 13,5% aller

Befragten), an zweiter Stelle liegt Türk Show mit 31% (6% aller Befragten). Radio Metropol

und den seit Sommer 2008 nicht mehr bestehenden Sender TD 1 nannten je 6% der Ethno-

mediennutzer (1,2% aller Befragten). Deutschlandweit liegt ebenfalls Kanal Avrupa vorne,

allerdings nur mit 47%, gefolgt von Radio Metropol mit 39%, das bundesweit weit häufiger

gehört wird als in NRW. Erst danach folgt bundesweit Türk Show mit 21%, TD 1 nannten 7%.

In den soziodemographischen Merkmalen unterscheiden sich die Nutzer von Ethnomedien

i.e.S. relativ gering von den Nichtnutzern. Es sind häufiger Männer als Frauen. In NRW sind

es vor allem Befragte der beiden mittleren Altersgruppen, deutschlandweit sind die häufigs-

ten Nutzer die Unter-30-Jährigen. In NRW nutzen insbesondere Heiratsmigranten diese Me-

dien häufig, noch häufiger als Angehörige der Nachfolgegeneration, deutschlandweit sind es

jedoch vor allem letztere. Die Schulbildung zeigt keine einheitliche Tendenz, besonders be-

liebt sind die Ethnomedien bei Befragten mit einem Ortaokulabschluss und bei solchen mit

Fachschulabschluss oder Fachabitur. Auf wenig Interesse stoßen sie in NRW bei Realschul-

absolventen und Befragten mit Abitur, wohingegen diese deutschlandweit zu den häufigen

Nutzern gehören.

Die Sprachkenntnisse wirken sich insofern aus, als Befragte mit mittleren Deutschkenntnis-

sen häufiger Ethnomedien i.e.S. nutzen als solche mit guten oder schlechten Deutschkennt-

nissen.

Page 264: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

264

Tabelle 79: Nutzung von Ethnomedien i.e.S. nach soziodemographischen Merkmalen (Zeilenprozent)

NRW Deutschland Geschlecht

Männlich 24,6 24,6 Weiblich 18,5 21,7

Alter Unter 30 Jahre 20,5 27,3 30 bis 44 Jahre 23,0 22,5 45 bis 59 Jahre 23,1 24,3

60 Jahre und älter 15,5 17,1 Generation

Erste Generation 18,5 20,2 Nachfolgegeneration 21,9 26,0

Heiratsmigranten 23,3 20,7 Schulabschluss

Kein Abschluss/Ilkokul 21,7 21,6 Ortaokul 26,7 26,3

Lise 20,3 18,3 Hauptschule 24,2 19,5

Realschule 14,7 29,1 Fachschule/Fachabitur 27,8 26,1

Abitur 13,5 27,5 Deutschkenntnisse

Sehr gut/Gut 21,3 23,7 Mittelmäßig 23,6 24,3

Schlecht/Sehr schlecht 17,1 18,6 Gesamt 21,6 23,3

Fast alle Nutzer von Ethnomedien (93% in NRW, 91% in Deutschland) und damit überdurch-

schnittlich viele nutzen generell sowohl deutsche als auch türkische Medien. Doch scheinen

für eine kleine Gruppe von Befragten, die sonst nur türkische Medien nutzen, die Ethnome-

dien eine Ergänzung darzustellen, möglicherweise, weil sie durchaus Interesse an dem Ge-

schehen in Deutschland haben, jedoch nicht ausreichend Deutsch beherrschen, um deut-

sche Medien zu nutzen.

Tabelle 80: Ethnomediennutzer i.e.S. nach allgemeiner Mediennutzung (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Nutzer Nichtnutzer Nutzer Nichtnutzer Mediennutzung

Deutsche und Türkische 92,6 84,9 90,9 83,5 Nur Deutsche 0,5 3,4 0,9 3,0 Nur Türkische 6,5 10,8 8,3 13,5

Gesamt 216 769 233 767

Page 265: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

265

Die Wahrnehmung von Defiziten in der deutschen und türkischen Berichterstattung differiert

in einigen Punkten zwischen denjenigen, die Ethnomedien nutzen und denen, die sie nicht

nutzen. Vor allem sehen Nutzer von Ethnomedien sowohl bei der deutschen als auch bei der

türkischen Berichterstattung häufiger Defizite: Sie sind häufiger als Nichtnutzer der Meinung,

in deutschen wie in türkischen Medien werde zu wenig über das Leben von Migranten in

Deutschland und das, was die Befragten in Deutschland betrifft, berichtet. Sie nehmen über-

durchschnittlich häufig zu wenig Berichterstattung über die Türkei in deutschen Medien und

zu wenig Berichterstattung über Deutschland in den türkischen Medien wahr. Vor allem se-

hen sie in den türkischen Medien die "Almancalar", also die in Deutschland lebenden Türken,

als zu klischeehaft dargestellt. Doch bei der Bedeutung der türkischen Medien als Brücke in

die Heimat unterscheiden sich die Nutzer von Ethnomedien nicht von den Nichtnutzern. So-

mit führt offensichtlich eine stärkere Defizitwahrnehmung bei deutschen wie türkischen Me-

dien und das Bedürfnis nach Anbindung an das Herkunftsland dazu, auch auf Ethnomedien

zurückzugreifen.

Tabelle 81: Meinungen zu deutschen und türkischen Medien nach der Nutzung von Ethnomedien i.e.S. (Mittelwerte*)

Ethnomediennutzung NRW Deutschland Ja Nein Ja Nein

Es gibt in den deutschen Medien zu wenig Berichte über das Leben von Migranten in Deutschland 1,43 1,51 1,40 1,46

Es gibt in den deutschen Medien zuwenig allgemeine Berichterstattung über die Türkei 1,38 1,54 1,37 1,49

In den deutschen Medien werden Migranten aus der Türkei zu negativ und klischeehaft dargestellt 1,52 1,59 1,45 1,47

Die türkischen Medien informieren mich nicht ausreichend über das, was mich hier in Deutschland betrifft 1,68 1,73 1,71 1,64

Türkische Medien sind für mich eine Brücke in die Heimat 1,75 1,75 1,70 1,65 Es gibt in den türkischen Medien zu wenig Berichte über

das Leben von Migranten in Deutschland 1,74 1,78 1,67 1,70

Die deutschen Medien informieren mich nicht ausreichend darüber, was mich hier in Deutschland betrifft 1,73 1,88 1,81 1,71

Es gibt in den türkischen Medien zu wenig allgemeine Berichterstattung über Deutschland 1,74 1,88 1,75 1,79

In den türkischen Medien werden "Almancalar" zu negativ und klischeehaft dargestellt 2,08 2,21 1,96 2,05

In den türkischen Medien werden Deutsche zu negativ und klischeehaft dargestellt 2,62 2,68 2,61 2,47

* Mittelwert auf der 4-stelligen Skala 1 = stimme voll zu, 2 = stimme eher zu, 3 = stimme eher nicht zu, 4 = stimme gar nicht zu. Je höher der Mittelwert, desto geringer die Zustimmung

Page 266: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

266

Gefragt nach der Beurteilung von Ethnomedien im engeren Sinn gaben allerdings nur 5%

der Nutzer von Ethnomedien in NRW und 12% deutschlandweit explizit an, dass diese Pro-

gramme eine Lücke füllen, weil dort Themen gezeigt werden, die weder in den deutschen

noch in den türkischen Medien gesendet werden. 66% bzw. 67% gaben an, dass diese Pro-

gramme sehr hilfreich seien. Immerhin 19% der Nutzer in NRW und 12% der Nutzer

deutschlandweit halten die Programme zwar für sinnvoll, aber schlecht gemacht, 12% bzw.

10% halten sie sogar für überflüssig und 13% interessieren sich nicht für die dort gezeigten

Themen.

Abbildung 83: Bewertung von Ethnomedien im engeren Sinn durch die Nutzer (Prozentwerte)

5,112,4

11,610,2

13,013,2

18,512,0

65,766,7

0 10 20 30 40 50 60 70

Solche Programmefüllen eine Lücke

Ich halte dieseProgramme für

überflüssig

Die dort gezeigtenThemen interssieren

mich nicht

An sich sind sie gut,aber sie sind schlecht

gemacht

Solche Programme sindsehr hilfreich für mich

NRW Deutschland

Viele der Programme der Ethnomedien werden zweisprachig ausgestrahlt. Die Zweitspra-

chigkeit der Sendungen halten mehr als drei Viertel der Nutzer für sehr oder eher wichtig.

Deutschlandweit wird die Zweisprachigkeit noch etwas wichtiger eingeschätzt als in NRW.

Page 267: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

267

Abbildung 84: Wichtigkeit der Zweisprachigkeit von Ethnomedien i.e.S. (Prozentwerte)

46,7 34,2 7,4 5,9

2,0 3,8

43,1 33,3 9,7 7,9

2,3

3,7

0% 20% 40% 60% 80% 100%

NRW

Deutschland

Sehr wichtig Eher wichtig Eher nicht wichtig Gar nicht wichtig Weiß nicht Keine Angabe

Je schlechter die Deutschkenntnisse der Nutzer von Ethnomedien sind, desto wichtiger beur-

teilen sie die Zweisprachigkeit dieser Programme. Offensichtlich hoffen sie, von der Zwei-

sprachigkeit profitieren zu können, haben aber durch die Zweisprachigkeit die Möglichkeit,

die Sendungen auch auf Türkisch zu verstehen. Alle diejenigen Nutzer, die sonst nur deut-

sche Medien nutzen, aber auch überdurchschnittlich diejenigen, die sonst nur türkische Me-

dien nutzen, halten die Zweisprachigkeit der Ethnomedien für wichtig.

Tabelle 82: Hohe Wichtigkeit* der Zweisprachigkeit von Ethnomedien i.e.S. nach Deutschkenntnissen und Mediennutzung (Zeilenprozent)

Zweisprachigkeit sehr und eher wichtig NRW Deutschland Deutschkenntnisse

Sehr/eher gut 75,0 82,9 Mittelmäßig 78,0 85,5

Eher schlecht/sehr schlecht 83,3 91,3 Mediennutzung

Deutsch und Türkisch 76,0 83,9 Nur Deutsch 100,0 100,0 Nur Türkisch 85,7 93,3

Gesamt 76,4 80,9 *Zusammengefasste Variable sehr und eher wichtig

Page 268: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

268

Somit werden Ethnomedien zwar nur von knapp einem Viertel genutzt, die Nutzer halten sie

aber für hilfreich, wobei die Zweisprachigkeit als wichtig insbesondere von denjenigen mit

schlechten Deutschkenntnissen und den Nur-Nutzern türkischer Medien betont wird.

Die vorliegenden Befragungsdaten bestätigen die bisherigen Forschungsergebnisse. Deut-

sche und türkische Medien werden von der überwiegenden Mehrheit der türkeistämmigen

Migranten komplementär genutzt. Die meisten können somit als medial integriert gelten, legt

man als Maßstab auch die Nutzung deutscher Medien zugrunde. Im Zeitvergleich ist weder

eine Zunahme der medialen Segregation, noch eine Zunahme der medialen Assimilation

auszumachen, somit scheint das Bedürfnis nach der Nutzung türkischer Medien nicht über

die Generationen oder mit der Verbesserung der Sprachkenntnisse nachzulassen. Die kultu-

relle Orientierung wirkt sich kaum auf die komplementäre Mediennutzung aus, sie steht mit

der Nutzung nur türkischer oder nur deutscher Medien in Zusammenhang. Bei geringer ge-

sellschaftlicher Integration zeigt sich eine stärkere Nutzung nur türkischer Medien. Doch sind

die Unterschiede nach kultureller Orientierung und gesellschaftlicher Einbindung nicht so

stark ausgeprägt, als dass man davon sprechen kann, dass Türkeiorientierung oder gesell-

schaftliche Abschottung zwangsläufig mit einer medialen Segregation verbunden ist. Gene-

rell ist zwar die Nutzung deutscher Medien von deutschen Sprachkenntnissen abhängig, die

türkischen Medien werden aber auch bei guten Deutschkenntnissen genutzt. Das Motiv der

Nutzung türkischer Medien ist nicht nur die Sprache. Die wichtigsten Informationsmedien

sind Fernsehen und Zeitungen, insbesondere bei Zeitungen werden türkische häufiger als

deutsche genutzt. Aber auch beim Fernsehen ergab sich eine quantitativ überwiegende Nut-

zung türkischen Fernsehens. Das Internet hat in den letzten Jahren als Informationsmedium

an Bedeutung zugelegt.

Das Fernsehen erfüllt sowohl das Bedürfnis nach Information als auch nach Unterhaltung,

wobei insbesondere Unterhaltung, aber auch Information noch stärker im türkischen Fernse-

hen gesucht wird. Bei beiden dominieren Unterhaltungssender, das deutsche öffentlich-

rechtliche Fernsehen wird jedoch ebenfalls relativ rege genutzt. Um sich über das Gesche-

hen in Deutschland zu informieren, werden überwiegend deutsche Medien genutzt, türkische

Medien hingegen eher, um sich über die Türkei zu informieren, aber auch, um eine Brücke

zum Herkunftsland zu schlagen. Doch werden sowohl bei türkischen als auch bei deutschen

Medien Defizite ausgemacht, die sich nur zum Teil gegenseitig ausgleichen. Bei beiden fehlt

die Berichterstattung zum Leben von Migranten in Deutschland und zu dem, was die Befrag-

ten betrifft. Weder deutsche noch türkische Medien bieten ausreichend Anknüpfungspunkte

Page 269: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

269

für die Identitätsstiftung und die Identifikation. Die klischeehafte Darstellung von Migranten in

den deutschen Medien schreckt die Befragten offensichtlich ebenfalls ab.

Trotz der etwas stärkeren Nutzung türkischer Medien gelten sie als weniger glaubwürdig als

deutsche Medien. Zugleich zeigt sich, dass das Bedürfnis nach Berichterstattung über die

Lebenssituation der Migranten in Deutschland, über die Dinge, die sie in Deutschland betref-

fen, weder von den deutschen noch von den türkischen Medien erfüllt wird. Darüber hinaus

besteht das Bedürfnis nach medialer Heimat. Dies führt eher zu einem medialen Vakuum als

zu einem medialen Ghetto. Dieses Vakuum können Ethnomedien im engeren Sinn, also von

Migranten in Deutschland produzierte Medien, offenbar nur zum Teil füllen.

Doch im Unterschied zur allgemeinen Bewertung deutscher und türkischer Medien zeigt die

Beurteilung der Berichterstattung im konkreten Fall des Brandes in Ludwigshafen, dass tür-

kische Medien insgesamt positiver bewertet werden als deutsche, wohl vor allem, weil in den

deutschen Medien relativ wenig und nur kurz berichtet wurde. Zugleich ist die Beurteilung

der türkischen Medien jedoch sehr widersprüchlich, da sie zugleich als zu emotional und

sachlich bewertet wird. Offenbar erfüllte die türkische Berichterstattung eher als die deutsche

das Bedürfnis der Migranten nach umfassender und hinterfragender Thematisierung. Nicht

die türkische Berichterstattung wird so positiv gesehen, sondern vor allem die deutsche als

defizitär und parteiisch empfunden.

Page 270: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

270

7. Fazit

Zur Beurteilung des Integrationsprozesses der türkeistämmigen Migranten können die Ver-

änderung über die Zeit und die Unterschiede zwischen den Generationen herangezogen

werden – ersteres ist anhand der vorliegenden Daten nur für NRW möglich. Die Ergebnisse

der Mehrthemenbefragung zu den untersuchten Integrationsbereichen zeigen sowohl im

Vergleich zur vorhergehenden Studie von 2006 als auch im Zeitvergleich seit 1999 nur relativ

geringe Veränderungen, die in eine eindeutige Richtung weisen. Für den Integrationsprozess

bedeutet dies, dass in den vergangenen zehn Jahren nur sehr langsame Fortschritte zu ver-

zeichnen sind, auch wenn es in einigen Bereichen größere Schwankungen in die eine oder

andere Richtung gab. Die Ergebnisse belegen eher die These einer partiellen Integration, die

in den Bereichen Identifikation und Interaktion in den letzten Jahren eher voranschreitet als

in den Bereichen Akkulturation und Platzierung. Es lassen sich jedoch keine Belege finden,

die die These der Zunahme parallelgesellschaftlicher Strukturen oder zunehmender Segre-

gation unterstützten. Dabei sind die Zusammenhänge zwischen den Integrationsbereichen

weniger stark als theoretisch vermutet: die höhere schulische und berufliche Ausbildung der

Nachfolgegeneration schlägt sich nur schwach in der beruflichen Position nieder, die wirt-

schaftliche Situation hängt mit der identifikativen und gesellschaftlichen Orientierung eben-

falls nur relativ gering zusammen, hier wirkt sich eher die Einschätzung der eigenen wirt-

schaftlichen Lage und die Perspektive aus.

Doch trotz der geringen Veränderungen im Zeitvergleich zwischen 1999 und 2008 lassen

sich für alle untersuchten Indikatoren der Integrationsbereiche deutliche Unterschiede zwi-

schen den Generationen ausmachen. Die Nachfolgegeneration, die inzwischen rund die

Hälfte der erwachsenen türkeistämmigen Bevölkerung ausmacht, ist in erheblichem Maße

besser integriert als die erste Generation, die nur noch knapp ein Fünftel umfasst. Deutlich

wird aber auch, dass insbesondere die Heiratsmigranten – immerhin mehr als ein Viertel -,

also diejenigen, die im Erwachsenenalter im Zuge der Familienzusammenführung als Ehe-

partner der Nachfolgegeneration nach Deutschland kamen, noch erhebliche Schwierigkeiten

sowohl bei der Teilhabe an Ressourcen, aber auch mit der Identifikation und der gesell-

schaftlichen Einbindung haben.

Insbesondere die kognitive Integration zeigt nur geringe Verbesserungen im gesamten

Zeitverlauf auch bei der jüngeren Generation und den Bildungsinländern, deren Anteil natur-

gemäß leicht zunimmt, der Vergleich zur Mehrheitsbevölkerung weist nach wie vor erhebli-

Page 271: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

271

che Defizite auf. Die Zuwanderer konnten offenbar insbesondere mit der Bildungsexpansion

der letzten Jahrzehnte nicht Schritt halten, auch wenn die Nachfolgegeneration im Vergleich

zur ersten Generation ein erheblich höheres Schul- und Ausbildungsniveau und deutlich

bessere Deutschkenntnisse aufweist. Zwar steigt in der jüngsten Gruppe das Ausbildungsni-

veau doch langsam an, zugleich bleibt jedoch der Anteil ohne berufliche Ausbildung auf-

grund der Neuzuwanderung konstant hoch. Zugleich steigt das Bewusstsein der türkeistäm-

migen Migranten für die Wichtigkeit schulischer und beruflicher Ausbildung, denn die Ver-

besserung der Bildungschancen gewinnt neben den Arbeitsmarktproblemen aus Sicht der

Migranten als politisches Problem zunehmend an Gewicht.

Die strukturellen Integrationsdefizite zeigen sich zum einen in der hohen Quote der Nicht-

erwerbstätigen, die im Zeitverlauf zunimmt, auch wenn im Vergleich zur vorangegangenen

Untersuchung 2006 der Anteil der Vollzeitbeschäftigten zu Ungunsten der Teilzeitbeschäftig-

ten leicht gestiegen ist. Insbesondere unter Frauen ist der Anteil der nicht oder nur geringfü-

gig Beschäftigten hoch. Aber auch die berufliche Stellung zeigt nur einen langsamen Abbau

des im Vergleich zur Mehrheitsbevölkerung deutlich überproportionalen Arbeiteranteils und

einen langsamen Anstieg des Angestelltenanteils. Zwar zeigen sich Verbesserungen in der

beruflichen Stellung bei der zweiten im Vergleich zur ersten Generation, dennoch ist die Si-

tuation im Vergleich zur Mehrheitsgesellschaft nach wie vor defizitär und verbessert sich in

der Nachfolgegeneration im Zeitvergleich nur sehr wenig. Die höhere kognitive Integration

der Nachfolgegeneration setzt sich nur sehr abgeschwächt in ein höheres berufliches Tätig-

keitsniveau um. Entsprechend der geringen Erwerbsquote und der niedrigen beruflichen

Stellung ist das Haushaltseinkommen der türkischen Haushalte deutlich geringer als das

einheimischer Haushalte. Nach starken Rückgängen nimmt das durchschnittliche Haus-

haltseinkommen seit 2006 wieder leicht zu – dies ist zum einen der Erholung der wirtschaftli-

chen Gesamtlage in Deutschland, aber auch der zunehmenden Vollzeitbeschäftigung ge-

schuldet. Dennoch ist die Quote der armutsgefährdeten türkischen Haushalte wesentlich hö-

her als das einheimischer Haushalte, insbesondere Rentner und Arbeitslose sind hiervon

betroffen.

Allerdings hat sich die generell schlechte Stimmung bezüglich der wirtschaftlichen Lage ana-

log zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in Deutschland und der Einkommenssi-

tuation in den letzten Jahren seit dem Tief von 2005 wesentlich verbessert, was sich vor al-

lem auch in einer höheren Lebenszufriedenheit ausdrückt.

Page 272: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

272

Die identifikative Integration lässt über den gesamten Zehnjahreszeitraum keine grundle-

gende Änderung erkennen, nach einem Rückgang zwischen 1999 und 2004 steigt ebenfalls

seit 2005 wieder die Orientierung Richtung Deutschland. Offensichtlich schlagen sich hier

relativ stark gesellschaftliche Stimmungen nieder, die zunächst zu einem Rückgang, dann

aber wieder zu einer Zunahme der Identifikation mit Deutschland führte. Eine Mehrheit fühlt

sich inzwischen zumindest auch in Deutschland heimisch und hat keine Rückkehrabsichten

mehr, bei Migrantinnen und Migranten der Nachfolgegeneration noch häufiger als bei der

ersten. Seit 2004 hat sich die Rückkehrabsicht kaum verändert, die Verbundenheit mit

Deutschland nimmt leicht zu. Rund ein Drittel fühlt sich mit beiden Ländern verbunden, was

die eindeutige Positionierung des entweder Türkisch- oder Deutsch-Seins schwierig macht,

und zeigt, dass die Hinwendung zu Deutschland nicht mit einer Abwendung von der Her-

kunftskultur verbunden sein muss. Dies gilt insbesondere für religiöse Migranten, denen of-

fenbar eine eindeutige Hinwendung zu Deutschland schwer fällt. Rund 60% der türkeistäm-

migen Migranten weist eine Mischidentität auf, gut ein Viertel kann als eindeutig deutsch-

landorientiert charakterisiert werden. Die gesunkene Einbürgerungsabsicht und die relativ

geringen Einbürgerungsquoten verweisen jedoch darauf, dass die Verschärfung der Einbür-

gerungsbedingungen auf eine gewisse Skepsis stößt. Die Identität der Migranten steht in

einem nur geringen Zusammenhang zur strukturellen Integration, wobei die Einschätzung

und Perspektiven sowie das Einkommen stärker wirken als die berufliche Stellung.

Die gesellschaftliche Einbindung, die in der Öffentlichkeit als der zentrale Bereich der In-

tegration wahrgenommen wird, nimmt hingegen insgesamt über die Zeit seit 1999 und auch

in den letzten Jahren leicht zu. Die Kontaktdichte ist relativ hoch und stabil und die freund-

schaftlichen Beziehungen aus Sicht der Migranten nicht so selten. Auch hier ist die Einbin-

dung der Nachfolgegeneration deutlich stärker ausgeprägt als die der ersten Generation und

der Heiratsmigranten. Nur eine sehr kleine und gleich bleibend geringe Minderheit ist freiwil-

lig von der deutschen Gesellschaft isoliert, wenngleich der Wunsch nach Kontakten abge-

nommen hat, auch wenn er bei einer Mehrheit nach wie vor vorhanden ist. Deutlich wird,

dass fehlende Kontakte nicht immer das Ergebnis des Wollens der Migranten sind, sondern

möglicherweise aus Mangel an Gelegenheiten oder aber auch aufgrund von Ablehnung sei-

tens der Deutschen resultieren. Die Wahrnehmung von Diskriminierung liegt insgesamt auf

einem hohen Niveau, ist jedoch in diesem Jahr geringfügig zurückgegangen. Insbesondere

die Bereiche der ökonomischen Konkurrenz sind diskriminierungsintensiv.

Page 273: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

273

Auch die räumliche Segregation zeigt kaum Veränderungen, wenngleich knapp ein Fünftel in

überwiegend eigenethnisch geprägten Vierteln leben. Zwar organisieren sich Migranten in

den letzten Jahren etwas seltener, doch wenn, dann sowohl in deutschen als auch in türki-

schen Organisationen, eine zunehmende Abschottung in eigenethnischen Vereinen ist je-

denfalls nicht auszumachen. Ein zentraler Teil des Engagements in türkischen Organisa-

tionen gründet sich auf das Bedürfnis religiöser und kultureller Anbindung, das deutsche Or-

ganisationen nicht erfüllen können.

Legt man den Maßstab von Thomas Meyer zu Parallelgesellschaften zugrunde, lässt sich

keine Zunahme solcher Strukturen feststellen, auch wenn festgehalten werden muss, dass

es durchaus eine kleine, aber nicht wachsende Gruppe von türkeistämmigen Migranten gibt,

die kaum an die deutsche Gesellschaft rückgebunden ist. Unter diesen finden sich überwie-

gend Migranten der ersten Generation sowie Heiratsmigranten. Deutlich ist die geringere

strukturelle Integration derjenigen, die segregiert von der deutschen Gesellschaft leben.

Auch die politische Partizipation weist erhebliche Defizite auf, wenngleich inzwischen die

mehrheitsgesellschaftlichen Organisationen der politischen Willensbildung neben den

Migrantenorganisationen zunehmend – wenn auch von einem sehr niedrigen Niveau aus –

von den türkeistämmigen als Interessenvertreter wahrgenommen werden. Dennoch ist das

Interesse an deutscher Politik gering.

Die mediale Integration zeigt ein ambivalentes Bild, bestätigt aber die bisherigen For-

schungsergebnisse: Einerseits werden deutsche und türkische Medien von der weit über-

wiegenden Mehrheit der türkeistämmigen Migranten komplementär genutzt, von einem brei-

ten medialen Ghetto kann nicht gesprochen werden, auch wenn türkische Medien nach wie

vor und gleich bleibend häufiger und intensiver genutzt werden als deutsche Medien. Im

Zeitvergleich ist weder eine Zunahme der medialen Segregation noch eine Zunahme der

medialen Assimilation auszumachen, somit scheint das Bedürfnis nach der zusätzlichen

Nutzung türkischer Medien nicht über die Generationen oder mit der Verbesserung der

Sprachkenntnisse nachzulassen. Auch Migranten, deren kulturelle Orientierung stark auf

Deutschland ausgerichtet ist, nutzen neben deutschen auch türkische Medien. Generell ist

zwar die Nutzung deutscher Medien von deutschen Sprachkenntnissen abhängig, die türki-

schen Medien werden aber auch bei guten Deutschkenntnissen genutzt. Legt man als Maß-

stab der medialen Integration auch die Nutzung deutscher Medien zugrunde, kann die über-

wiegende Mehrheit von 90% als medial integriert gelten. Zugleich wird generell den deut-

schen Medien höhere Glaubwürdigkeit zugewiesen, und sie werden auch eher zur Informati-

Page 274: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

274

on herangezogen, vor allem wenn es um das Geschehen in Deutschland geht. Türkische

Medien dienen der Information insbesondere, aber nicht nur, zum Geschehen in der Türkei

und noch stärker als deutsche zur Unterhaltung. Unabhängig von den Sprachkenntnissen

sorgen türkische Medien für eine identifikative Heimat, die deutsche Medien aufgrund der

klischeehaften oder negativen Darstellung von Migranten ihnen nicht bieten können. Doch

wird beiden Medien bescheinigt, zu wenig über die Belange der Migranten in Deutschland zu

berichten. Die konstatierten Defizite der deutschen und türkischen Medien gleichen sich nicht

aus, sondern hinterlassen eine Lücke. Somit muss weniger von einer medialen Ghettoisie-

rung als vielmehr von einem medialen Vakuum ausgegangen werden, das Internet und

Ethnomedien im engeren Sinn, also in Deutschland produzierte Medien von Migranten für

Migranten, nur zum Teil füllen. Doch zeigt die Einschätzung im konkreten Fall der Berichter-

stattung zum Brand in Ludwigshafen eine kritischere Haltung gegenüber den deutschen als

gegenüber den türkischen Medien, die wohl vor allem auf die knappe und wenig umfangrei-

che Berichterstattung in den deutschen Medien zurückzuführen ist. Zugleich ist die Beurtei-

lung der türkischen Medien jedoch sehr widersprüchlich, da sie zugleich als zu emotional

und als sachlich bewertet wird. Offenbar erfüllte die türkische Berichterstattung eher als die

deutsche das Bedürfnis der Migranten nach hinterfragender Thematisierung.

Der Vergleich der Befragungsergebnisse in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

zeigt, dass sich türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen in ihren Merkmalen und

Einschätzungen nur wenig von den Migranten in ganz Deutschland unterscheiden, die Diffe-

renzen betragen in der Regel nur wenige Prozentpunkte. Der Vergleich der Befragungsdaten

zeigt, dass die Situation und die Einschätzungen der türkeistämmigen Migranten in Nord-

rhein-Westfalen in der Größendimension auf die Situation in Deutschland übertragen werden

kann. Die oben getroffenen Aussagen bezüglich der Ist-Situation gelten somit sowohl für die

Migranten in NRW als auch für die Migranten in ganz Deutschland.

Dabei lässt sich feststellen, dass die strukturelle Integration der türkeistämmigen Bevölke-

rung in NRW und damit der Lebensstandard einschließlich des Haushaltseinkommens und

des Anteils der Wohneigentümer aufgrund der geringeren Erwerbstätigenquote, die sich ins-

besondere bei den Frauen zeigt, etwas niedriger ist, als sich die Situation auf Bundesebene

darstellt, obwohl dort der Angestelltenanteil niedriger und der Arbeiteranteil an den Erwerbs-

tätigen höher ist. Der Anteil der armutsgefährdeten Haushalte ist in NRW höher als in

Deutschland. Entsprechend schätzen Migranten in NRW die eigene wirtschaftliche Lage

schlechter ein als die Migranten bundesweit, wobei sie hier die allgemeine wirtschaftliche

Page 275: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

275

Lage besser einschätzen als dort. Diese Einschätzung wirkt sich auch auf die Zufriedenheit

mit Bildungs- und Berufschancen aus, die in NRW niedriger ausfällt als bundesweit. Und

dies, obwohl die kognitive Integration in NRW höher ist, insbesondere bei jungen Migran-

ten finden sich in NRW mehr Bildungsinländer und mehr Migranten mit Abitur und mittlerer

Reife, dafür weniger mit Hauptschulabschluss, das Niveau der Deutschkenntnisse ist in

NRW etwas höher. Insgesamt ist der Anteil der Migranten mit beruflicher Ausbildung in NRW

höher, auch bei Frauen, obwohl sie seltener erwerbstätig sind. Zugleich ist bundesweit der

Anteil der Heiratsmigranten etwas höher und der der hier Geborenen etwas geringer. Die

Befragten in NRW sind etwas seltener Aleviten und definieren sich etwas häufiger religiös als

auf Bundesebene, doch ist der Anteil der Religiösen unter den jungen Migranten deutsch-

landweit etwas höher als in NRW.

Doch trotz des etwas schlechteren Lebensstandards und der geringen Zufriedenheit weisen

die Migranten in NRW eine etwas ausgeprägtere Identifikation mit Deutschland oder mit

beiden Ländern auf als bundesweit. Sie haben seltener Rückkehrabsichten, sind seltener nur

mit der Türkei heimatlich verbunden und sind häufiger deutsche Staatsbürger. Dies wider-

spricht zunächst der These vom Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Situation und I-

dentifikation. Doch zeigt sich deutschlandweit wie in NRW, dass vor allem die Einschätzung

der eigenen wirtschaftlichen Lage mit der kulturellen Orientierung in Zusammenhang steht.

Die gesellschaftliche Einbindung der nordrhein-westfälischen Migranten ist bei einigen

Indikatoren häufiger (seltener freiwillig isoliert, häufiger Wunsch nach mehr Kontakten zu

Deutschen, seltener nur in türkischen Vereinen organisiert), bei anderen Indikatoren zeigen

sie geringere Integrationswerte als die Migranten bundesweit aufweisen (seltener freund-

schaftliche Beziehungen zu Deutschen, seltener räumlich segregiert). Dadurch ergibt sich in

NRW ein etwas höherer Anteil von Personen, die segregiert von der deutschen Gesellschaft

leben.

Die politische Einbindung zeigt kaum Unterschiede zwischen den Migranten in NRW und

bundesweit, in NRW ist das Interesse an deutscher Politik etwas geringer ausgeprägt.

Die mediale Integration zeigt sich in NRW etwas stärker, bundesweit werden häufiger nur

türkische Medien genutzt, dafür aber seltener das Fernsehen und häufiger Zeitungen.

Migranten auf Bundesebene nehmen die Defizite sowohl in deutschen als auch in türkischen

Medien noch stärker wahr als in NRW, ohne dass sich jedoch in der relativen Bedeutung der

Defizite Unterschiede zeigen, ebenso wenig bezüglich der Glaubwürdigkeit. Auch bei der

Berichterstattung zum Brand in Ludwigshafen zeigen sich nur geringfügige Unterschiede,

Migranten in Deutschland beurteilen die türkische Berichterstattung noch etwas positiver als

in NRW.

Page 276: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

276

Handlungsoptionen

Die Ergebnisse der neunten Mehrthemenbefragung in NRW und die Vergleichsstudie auf

Bundesebene zeigt, dass die Integrationspolitik sowohl auf Bundesebene mit dem Nationa-

len Integrationsplan als auch auf Landesebene mit dem Aktionsplan NRW auf dem richtigen

Weg ist, die zentralen Defizite, die im Bereich der schulischen und beruflichen Ausbildung

liegen, anzugehen. Integrationspolitik ist gut beraten, bei Anstrengungen in diesen Bereichen

nicht nachzulassen. Weiterhin hilfreich erscheinen Programme zur Förderung des Über-

gangs von Schule in Ausbildung und Erwerbsleben, die in besonderer Weise Frauen unter-

stützen, ihre schulische Ausbildung auch am Arbeitsmarkt umzusetzen. Ein wichtiger Punkt

ist hierbei auch die Förderung des Zugangs zu qualifizierter Beschäftigung, da es vielen

Migranten nicht gelingt, trotz entsprechender Voraussetzungen eine solche Tätigkeit auszu-

üben. Hierdurch könnten auch Jugendliche motiviert werden, eine qualifizierte Schul- und

Berufsausbildung anzustreben.

Um ungenutztes Potenzial besser auszuschöpfen, bietet es sich an, insbesondere für Hei-

ratsmigranten und Neuzuwanderer neben Sprach- und Integrationskursen auch Weiterbil-

dungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zu intensivieren. Die Einbindung dieser Gruppe in

den Arbeitsmarkt, die sich derzeit problematisch darstellt, könnte auch die kulturelle und ge-

sellschaftliche Einbindung dieser Gruppe fördern.

Mit der Einbeziehung der Migrantenorganisationen in den politischen Diskurs, der auf Bun-

desebene durch Integrations- und Islamgipfel auch für die Migranten sichtbar wurde, kann

sowohl das Interesse an dem politischen Geschehen in Deutschland als auch die Identifika-

tion mit Deutschland und das Gefühl der Zugehörigkeit gefördert werden, insbesondere,

wenn dieser Prozess mit einem Eintreten für kulturelle Vielfalt und der Akzeptanz von Misch-

identitäten verbunden ist.

Zur weiteren Unterstützung der medialen Integration sind vor allem die deutschen Medien

gefordert, das inhaltliche Vakuum, das durch weitgehend fehlende Berichterstattung über

das Leben und die Belange von Migranten und durch klischeehafte Darstellungen entsteht,

auszugleichen. Doch werden bestimmte Inhalte und Formate, die das Informationsbedürfnis

zur Türkei und die emotionale kulturelle Identifikation betreffen, nur eingeschränkt von den

deutschen Medien geliefert werden können. Hier gilt es zu akzeptieren, dass die Nutzung

von türkischen Medien, wenn sie komplementär zu deutschen erfolgt, kein Zeichen medialer

Ghettoisierung, sondern Resultat der Mischidentität ist. Generell erfordert die zunehmende

Medialisierung eine Stärkung der Medienkompetenz, nicht nur, aber auch bei Migranten.

Page 277: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

277

8. Anhang

Literaturverzeichnis

Tabellarischer Zeitvergleich NRW 1999 bis 2008

Tabellarischer Vergleich NRW – Deutschland 2008

Fragebogen

Fehlertoleranztabellen

Page 278: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

278

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Tabellarischer Zeitvergleich NRW 1999 bis 2008

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Tabelle 1: Soziodemographische Struktur im Zeitvergleich* (Prozentwerte) 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Geschlecht

Männlich 52,0 52,0 52,3 51,7 50,4 52,4 52,8 50,9 51,3 Weiblich 48,0 48,0 47,7 48,3 49,6 47,6 47,2 49,1 48,7

Alter Unter 30 Jahre 36,9 42,2 40,4 32,7 34,0 29,2 29,9 26,6 23,4 30 bis 44 Jahre 38,4 36,1 31,2 44,6 42,2 44,7 43,2 45,0 48,3 45 bis 59 Jahre 20,3 17,5 21,0 16,8 18,1 20,4 21,0 18,1 17,3

60 Jahre und älter 4,5 4,3 7,4 5,8 5,7 5,7 6,0 10,4 11,0 Mittelwert (Jahre) 36,0 35,2 36,4 36,3 36,3 37,2 37,9 38,9 39,5

Haushaltsgröße (Mittelwert) 4,1 3,9 3,8 4,0 3,9 3,9 3,8 3,9 3,8 Kinder pro Haushalt (Mittelwert) 1,4 1,3 1,4 1,5 1,4 1,4 1,2 1,3 1,2 Anzahl eigene Kinder (Mittelwert) - - - 2,0 1,9 1,9 2,0 2,1 2,0 Familienstand

Ledig 17,2 22,0 18,9 17,9 19,6 18,8 19,0 15,7 17,8 Verheiratet 78,9 75,2 78,5 78,3 77,3 77,9 76,7 80,6 77,6

Verwitwet/geschieden 1,9 2,4 2,6 3,7 3,1 3,3 4,4 3,8 4,6 Aufenthaltsdauer in Deutschland

Bis 3 Jahre 2,1 3,0 2,6 2,4 1,5 1,9 1,9 2,4 1,6 4 bis 9 Jahre 11,3 9,8 11,3 6,3 8,0 7,4 8,0 7,8 7,0

10 bis 19 Jahre 22,5 21,9 19,3 21,6 24,2 25,5 25,7 24,2 25,7 20 und mehr Jahre 64,1 65,2 66,9 69,7 66,4 65,2 64,3 65,6 65,7

Mittelwert (Jahre) 20,9 20,8 21,4 22,4 22,2 23,0 23,2 23,7 25,1 Zuwanderungsgrund

Gastarbeiter 17,0 13,9 18,5 19,7 15,7 12,7 12,5 12,9 11,8 Flüchtling/Asylbewerber 0,8 1,8 2,3 1,9 1,1 1,2 0,7 0,8 1,2

Familienzusammenführung 57,9 57,1 52,2 51,9 55,5 55,9 59,5 61,0 60,1 Studium oder Ausbildung 2,7 2,1 2,9 1,9 2,0 3,2 2,7 3,2 1,8 In Deutschland geboren 15,5 21,6 21,2 20,7 24,6 24,3 24,6 22,1 25,1

Gesamt 998 1.007 1.009 1.015 1.002 1.018 1.007 1.013 1.000 * Die Anzahl der eigenen Kinder wurde erst seit 2002 erhoben

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Tabelle 2: Religionszugehörigkeit im Zeitvergleich* (Prozentwerte) Glaubensgemeinschaft 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Muslimisch 90,0 94,9 91,5 95,9 95,5 94,6 97,1 94,2 95,4 Davon: Sunnitisch 90,0 77,1 86,3 87,8 90,2 - - - 90,0

Alevitisch 9,5 16,6 13,1 11,7 9,3 - - - 9,3 schiitisch 0,6 1,3 0,6 0,5 0,5 - - - 0,7 Christlich 0,7 1,0 0,7 0,3 0,6 0,4 0,5 0,2 0,1

Andere 2,1 1,2 1,8 1,2 0,9 1,3 0,6 1,0 0,4 Keine 1,0 1,4 4,6 1,6 1,9 3,1 1,5 2,4 1,9

* Zwischen 2004 und 2006 wurden Muslime nicht nach Glaubensrichtungen differenziert

Tabelle 3: Grad der Religiosität im Zeitvergleich* (Prozentwerte) Religiosität 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Sehr religiös - 7,8 7,2 10,9 18,1 21,7 22,1 17,2 18,6 Eher religiös - 48,9 49,7 47,9 52,7 49,8 53,8 50,9 53,3

Eher nicht religiös - 32,9 32,1 30,5 20,9 24,3 18,9 22,7 19,4 Gar nicht religiös - 7,4 8,4 8,0 5,6 3,8 5,1 4,5 2,9

* Der Grad der Religiosität wurde in der Untersuchung 1999 nicht erhoben.

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Tabelle 4: Schulabschluss im Zeitvergleich254 (Prozentwerte) Schulabschluss 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Noch Schüler 2,7 3,5 1,3 2,1 1,5 2,3 2,2 1,9 2,1 Kein Schulabschluss/Grundschule/Ilkokul 31,6 27,1 28,1 26,6 26,2 24,7 24,9 25,5 27,6

Ortaokul - - - - 8,8 10,9 11,8 13,2 13,1 Lise - - - - 17,8 21,0 17,6 16,9 14,8

Hauptschulabschluss 20,0 23,7 20,8 26,4 16,8 14,6 16,1 15,2 16,5 Realschule/Mittlere Reife 9,4 6,8 10,8 10,4 10,1 11,0 12,1 12,9 12,9

Fachoberschule/Berufskolleg/Fachabitur 19,6 19,4 15,8 16,3 8,2 7,0 7,3 6,2 5,4 Abitur 15,8 18,0 20,6 15,0 9,1 7,5 7,1 7,4 7,4

254 Der Schulabschluss wurde seit der Untersuchung 2003 in einem anderen Format als bisher erhoben. Es wurde zunächst das Land des Schulbesuchs bzw. -abschlusses

erhoben und dann getrennt nach Abschluss in Deutschland und in der Türkei die Art des Abschlusses erfragt, da die Schulsysteme nicht gänzlich kompatibel sind.

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Tabelle 4a: Schulabschluss 2003 - 2008 (Spaltenprozentwerte) Schulabschluss In Deutschland 2003 2004 2005 2006 2008

Noch Schüler 3,2 5,1 4,6 4,0 4,5Keinen Schulabschluss 1,5 2,4 2,1 1,9 2,2

Grundschule 0,8 1,1 1,5 2,6 2,1Hauptschulabschluss 35,4 33,0 34,0 32,8 35,6

Realschule/Mittlere Reife 21,3 24,8 25,6 27,9 27,9Fachoberschule/Berufskolleg 5,9 6,4 7,3 7,4 7,1

Fachabitur 11,4 9,3 8,2 6,0 4,5Abitur 19,2 16,8 15,1 16,0 16,0

Gesamt 475 452 477 470 459Schulabschluss In der Türkei

2003 2004 2005 2006 2008 Nie eine Schule besucht 4,7 3,5 2,8 2,2 3,6 Keinen Schulabschluss 1,3 0,5 2,1 1,1 2,1

Ilkokul 41,7 37,5 39,2 40,3 42,2 Ortaokul 16,7 19,6 22,5 24,7 24,5

Lise 33,8 37,8 33,4 24,5 27,7 Anderer Abschluss 1,7 1,1 - 7,0 -

Gesamt 527 566 530 543 515

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Tabelle 5: Schulabschluss nach Ländern im Zeitvergleich* (Prozentwerte)

Land des Schulabschlusses 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Deutschland - 43,6 46,7 48,0 47,1 44,2 47,4 46,4 47,1

Türkei - 56,4 53,3 52,0 52,6 53,7 52,6 53,6 52,9 * Das Land des Schulbesuchs wurde in der Untersuchung 1999 nicht erhoben.

Tabelle 6: Berufliche Ausbildung im Zeitvergleich (Prozentwerte)

Berufliche Ausbildung 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 In beruflicher Ausbildung/Studium 7,3 10,7 12,1 10,2 11,5 6,9 4,5 5,0 7,0

Keinen Ausbildungsabschluss 51,5 48,1 45,4 45,3 47,8 49,0 49,9 50,6 51,0 Berufsfachschulabschluss (betrieblich und schulisch) 19,4 21,4 21,7 22,4 21,2 22,8 24,2 26,9 28,3

Meisterbrief/Techniker/Fachakademie 4,1 2,5 9,8 10,3 2,8 4,7 7,1 6,7 6,4 Fachhochschulabschluss/Universitätsabschluss 4,6 6,2 7,7 8,4 7,2 10,3 7,8 7,4 6,6

Tabelle 7: Deutschkenntnisse (Verstehen) im Zeitvergleich* (Prozentwerte)

Deutschkenntnisse (Verstehen) 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Sehr gut/gut - 51,5 56,6 50,5 56,1 51,3 45,4 50,8 52,8 Mittelmäßig - 35,9 30,7 36,0 32,3 34,1 39,7 33,9 33,2

Schlecht/sehr schlecht - 12,2 12,7 13,5 11,6 14,6 14,9 15,3 14,0 *Die Deutschkenntnisse wurden in der Untersuchung 1999 nicht erhoben.

Tabelle 8: Erwerbstätigkeit im Zeitvergleich (Prozentwerte) Erwerbstätigkeit 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Vollzeit erwerbstätig (34 WSt oder mehr) 46,2 38,6 48,8 43,1 41,3 40,6 41,0 35,5 39,3

Teilzeit erwerbstätig (weniger als 34 WSt) 5,8 6,8 7,7 10,2 8,9 7,4 6,6 11,5 7,1 Geringfügig beschäftigt (bis 400 €) 4,5 8,0 4,2 2,9 5,8 5,9 3,7 3,8 2,8

Nicht erwerbstätig 40,1 46,1 39,3 43,1 44,0 45,7 48,8 49,2 51,0

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Tabelle 9: Struktur der Nichterwerbstätigen im Zeitvergleich (Prozentwerte) Nichterwerbstätige 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Schüler/Studenten 6,8 13,1 14,1 12,7 15,4 12,3 8,0 7,8 9,9 Rentner 12,3 10,3 16,6 14,7 12,4 12,5 17,0 17,5 18,9

Arbeitslose 15,2 24,7 16,8 21,6 24,8 27,0 29,4 26,7 24,5 Hausfrauen 51,1 42,0 44,1 40,5 37,5 36,4 43,8 44,6 43,3

Erziehungsurlaub - - - 3,9 5,2 4,9 1,9 3,4 3,0 Sonstiges 10,5 8,9 8,4 3,0 3,8 4,9 - - 0,4

Tabelle 10: Struktur der Erwerbstätigen im Zeitvergleich* (Prozentwerte) Berufliche Stellung 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008**

Arbeiter (an-/ungelernt) 44,2 55,8 55,4 61,8 50,8 51,1 53,0 52,2 50,9 Facharbeiter 22,9 16,2 11,8 12,1 12,0 13,6 16,3 16,4 13,9

Angestellte 8,3 14,3 17,6 16,4 22,9 22,0 21,2 19,9 21,5 Darunter Einfache Angestellte - - - - - - 14,8 13,2 13,9

Mittlere Angestellte - - - - - - 5,0 5,0 5,4 Höhere Angestellte - - - - - - 1,5 1,7 2,2

Beamte 2,8 1,8 1,4 1,9 1,4 3,3 0,6 2,1 0,5 Selbstständiger in freien Berufen 2,1 1,1 2,5 1,1 4,8 2,9 1,5 1,0 1,3

Andere Selbstständige 12,6 10,2 9,2 5,7 4,8 6,6 5,2 5,7 6,3 Mithelfender Familienangehöriger 0,6 0,7 0,9 0,9 1,6 0,6 0,2 0,6 -

Auszubildender 5,8 * Die Differenzierung der Angestellten wurde erst seit 2005 vorgenommen

** 2008: Mit Auszubildende, die 2008 in einer eigenen Kategorie erfasst wurden

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Tabelle 11: Haushaltsnettoeinkommen im Zeitvergleich (Prozentwerte) 255 Einkommen in DM 1999 2000 2001 Einkommen in Euro 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Unter 2.500,- DM 18,8 15,7 18,7 Unter 1.000 € 14,8 13,4 15,1 12,4 9,3 9,8 2.500 bis unter 5.000 DM 51,2 64,0 59,6 1.000 € bis unter 2.000 € 36,7 38,6 37,5 37,2 38,5 34,9 5.000 bis unter 7.000 DM 10,6 10,2 10,2 2.000 € bis unter 3.000 € 24,5 24,6 24,6 25,5 25,9 23,2

7.000 DM und mehr 1,4 1,9 6,1 3.000 € und mehr 11,5 10,1 9,6 5,6 9,0 10,8 Keine Angabe 18,1 8,2 5,4 Keine Angabe 12,5 13,4 13,2 19,3 17,4 21,3

Mittelwert in € 1.748,- 1.830,- 1.893,- 1.966,- 1.921,- 1.917,- 1.783,- 1.884,- 1.925,-

Tabelle 12: Wohnsituation im Zeitvergleich (Prozentwerte) Wohnsituation 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Mietwohnung 72,8 74,9 68,2 65,8 66,0 68,2 61,3 61,8 59,6 Eigentumswohnung 8,9 8,9 10,9 12,2 12,9 13,4 13,6 13,2 14,8

Gemietetes Haus 12,7 6,4 7,6 8,2 6,4 4,9 8,6 6,4 5,4 Eigenheim 5,4 10,2 12,9 13,8 14,7 13,6 16,5 18,6 20,2

Tabelle: 12a: Durchschnittliche Wohnungsgröße in Quadratmeter im Zeitvergleich

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Wohnungsgröße in qm - - - - - 85 87 87 90

* Die Wohnungsgröße wurde erst seit 2004 erhoben

Tabelle 12b: Plan zum Erwerb von Wohneigentum im Zeitvergleich* (Prozentwerte) Wohnsituation 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Ja - - - 50,1 50,1 42,2 31,1 32,8 30,8Nein - - - 37,2 37,2 46,1 58,9 61,0 60,9

Weiß nicht - - - 7,5 12,1 10,9 9,5 5,7 8,3

255 In den vorangegangenen Befragungen wurde das Einkommen in DM, seit 2002 in Euro abgefragt. Um die Kategorisierung praktikabel zu halten, konnten die DM-

Kategorien der vorangegangenen Befragungen nicht direkt in Euro-Kategorien umgerechnet werden, sondern es musste eine neue Unterteilung verwendet werden. Daher ist ein Vergleich der Daten nach Kategorien nicht möglich. Die Einkommensmittelwerte der Jahre 1999 bis 2001, deren Berechnung auf der Basis numerischer Angaben der Befragten und nicht auf der Basis von Kategorien erfolgte, konnte in Euro umgerechnet und somit verglichen werden.

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Tabelle 13: Beurteilung der allgemeinen und eigenen wirtschaftlichen Lage im Zeitvergleich (Prozentwerte)

Allgemeine wirtschaftliche Lage Einschätzung 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Gut 20,3 27,4 31,2 10,9 2,4 2,5 4,6 6,7 9,1 Teils/teils 41,2 51,6 51,3 21,2 15,2 15,6 13,4 16,0 26,6 Schlecht 31,6 21,0 15,6 65,7 81,4 81,5 81,4 74,9 60,8

Eigene wirtschaftliche Lage Einschätzung 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Gut 30,7 37,3 31,2 16,9 12,7 14,1 17,8 17,3 21,6 Teils/teils 49,9 54,2 51,3 48,6 52,9 52,1 48,4 48,2 51,6 Schlecht 15,2 8,4 15,6 33,5 33,8 33,1 33,6 33,3 26,1

Tabelle 14: Sorge um den Arbeitsplatz im Zeitvergleich (Prozentwerte – nur Erwerbstätige)

Sorge um den Arbeitsplatz 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Ja 34,0 23,9 35,5 37,3 47,9 47,5 51,4 42,1 42,2

Nein 66,0 76,1 64,5 62,7 52,1 52,5 48,6 57,9 57,8

Tabelle 15: Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen im Zeitvergleich* (Prozentwerte)

Zufriedenheit 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Wohnverhältnisse 76,5 84,2 76,0 74,4 75,8 80,2 75,1 75,7 80,3

Berufschancen 54,8 56,4 59,4 52,4 51,5 53,4 40,7 57,4 67,6 Angebote zur Aus- und Weiterbildung 42,7 41,9 43,6 38,7 40,1 38,6 30,5 41,7 55,1

Soziales Umfeld - - 81,0 71,1 68,8 85,1 70,7 68,8 78,2 * Die Zufriedenheit mit dem sozialen Umfeld wurde in den Untersuchungen 1999 und 2000 nicht erhoben.

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Tabelle 16: Rückkehrabsicht im Zeitvergleich (Prozentwerte)

Rückkehrabsicht 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Ja 26,4 21,5 20,7 22,8 28,5 32,1 32,5 33,4 33,6

Nein 63,1 60,1 69,6 63,5 61,9 56,9 59,0 59,9 58,7 Weiß noch nicht 9,0 17,9 9,5 13,0 9,5 11,0 8,4 6,6 7,1

Tabelle 17: Heimatverbundenheit im Zeitvergleich (Prozentwerte) Heimatverbundenheit 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Türkei 41,4 31,7 35,0 36,6 38,5 39,2 40,7 37,8 35,7 Deutschland 22,0 21,1 31,9 27,3 31,0 30,9 22,9 21,8 23,1

Beiden Ländern 30,5 41,6 26,7 29,1 24,0 23,6 28,9 30,2 34,8 Keinem der beiden Länder 4,0 4,7 5,1 5,5 5,3 5,8 7,2 9,5 5,1

Tabelle18: Staatsbürgerschaft im Zeitvergleich (Prozentwerte) Staatsbürgerschaft 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Deutsch 15,7 24,5 29,9 32,2 33,7 36,4 37,3 37,4 37,0 Türkisch 81,0 74,9 69,0 65,6 66,0 63,1 62,7 61,4 63,0

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Tabelle 19: Absicht auf Einbürgerung im Zeitvergleich (Prozentwerte) Absicht auf Einbürgerung 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Antrag bereits gestellt 11,2 7,9 6,7 6,1 5,0 5,6 3,6 3,8 1,7 Ja 25,3 30,1 26,6 22,4 26,6 21,6 11,7 22,6 14,9

Vielleicht 14,2 14,9 14,9 14,1 17,6 17,6 7,1 7,5 5,7 Nein 50,3 44,8 51,3 53,9 50,0 54,6 77,2 65,6 76,7

Tabelle 20: Erfüllung der Einbürgerungskriterien im Zeitvergleich* (Prozentwerte)

Erfüllung der Einbürgerungskriterien

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Ja - 77,1 78,7 64,1 59,6 75,0 60,9 64,4 53,0 Nein - 17,2 12,7 16,3 27,6 13,9 22,8 25,4 27,6

Weiß nicht - 4,4 8,3 16,1 11,9 10,7 15,7 9,9 18,9 * Die Erfüllung der Einbürgerungskriterien wurde in der Untersuchung 1999 nicht erhoben

Tabelle 21: Kontakte zu Deutschen in verschiedenen Lebensbereichen im Zeitvergleich (Prozentwerte) Kontakte zu Deutschen 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Freundes- und Bekanntenkreis 76,9 74,6 73,5 75,5 71,9 76,1 75,0 74,6 74,3 Nachbarschaft 80,5 81,1 76,5 72,1 75,2 80,8 76,6 79,1 81,3

Arbeitsplatz 73,3 77,6 77,0 76,8 71,7 66,5 60,9 51,8 58,9 Familie 29,7 32,2 26,3 31,7 37,0 39,5 36,7 37,6 40,0

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299

Tabelle 22: Häufigkeit des Freizeitkontaktes mit Deutschen im Zeitvergleich* (Prozentwerte) Freizeitkontakt 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Nie/So gut wie nie - - 29,8 20,3 19,9 18,8 21,1 18,9 18,6 Selten/Mehrmals im Jahr - - 14,9 19,9 12,9 15,6 19,0 15,5 14,9

Manchmal/Mindestens einmal im Monat - - 18,3 20,1 22,5 23,1 22,5 25,4 26,7 Häufig/Mindestens einmal in der Woche - - 16,8 14,3 20,2 19,5 19,1 21,5 20,8

Jeden Tag/Fast jeden Tag - - 20,4 23,2 24,3 23,0 18,4 18,6 18,6 * Die Häufigkeit des Freizeitkontaktes wurde in den Untersuchungen 1999 und 2000 nicht erhoben.

Tabelle 23: Wunsch nach mehr Kontakt zu Deutschen im Zeitvergleich (Prozentwerte)

Wunsch nach mehr Kontakt zu Deutschen

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Ja 65,1 64,3 70,3 58,7 56,4 50,4 51,0 58,6 55,1 Nein 24,6 23,1 22,1 29,9 33,0 33,3 34,4 29,4 31,6

Weiß nicht 9,4 11,1 6,7 9,6 9,8 11,6 11,0 11,5 11,1

Tabelle 24: Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend im Zeitvergleich (Prozentwerte)

Zusammensetzung der Wohngegend 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Überwiegend Deutsche 57,2 65,6 60,8 55,1 58,3 58,0 57,2 57,6 57,6

Deutsche und Türken gleichermaßen 17,4 13,2 14,1 18,3 17,4 14,5 16,9 16,2 17,4 Überwiegend Türken 21,3 18,3 19,8 22,8 19,8 21,5 20,8 19,6 19,4

Überwiegend andere Ausländer 4,5 2,9 4,9 3,8 4,4 5,8 5,2 6,4 5,1

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300

Tabelle 25: Mitgliedschaft generell in Verbänden im Zeitvergleich* (Prozentwerte) Mitgliedschaft 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Keine Mitgliedschaft - - 49,5 46,5 43,7 41,5 39,5 42,4 45,6 Nur in deutschem Verein - - 17,9 15 16,2 18,6 18,5 17,1 14,7

In deutschem und türkischem Verein - - 15,0 15,5 19,2 18,3 20,9 19,2 21,6 Nur in türkischem Verein - - 17,6 23,1 21,0 21,7 20,8 21,3 18,1

* Die Mitgliedschaften in Vereinen wurden in den Befragungen 1999 und 2000 nicht erhoben.

Tabelle 26: Mitgliedschaft in Verbänden im Zeitvergleich* (Prozentwerte) Mitgliedschaft 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Deutsche Organisationen

Sportverein - - 12,9 15,0 17,7 16,6 17,9 15,6 15,4 Gewerkschaft - - 16,7 10,1 13,6 16,4 15,7 15,4 12,5

Politische Vereinigung/Gruppe - - 2,7 2,2 1,8 2,5 2,6 2,7 4,5 Kulturverein - - 2,7 3,8 4,0 3,9 2,2 4,0 3,3

Bildungsverein - - 2,1 3,0 3,0 4,4 3,0 3,0 3,0 Berufsverband - - 4,1 2,4 3,1 3,2 2,3 2,4 3,0 Freizeitverein - - 1,8 0,9 1,6 1,9 1,4 1,2 1,9

Frauengruppe 0,9 0,9 1,2 1,1 Religiöse Organisation - - 0,4 0,4 0,5 1,2 0,5 0,8 1,1

Türkische Organisationen Religiöse Organisation - - 18,3 16,2 16,1 21,6 21,2 23,1 26,0

Kulturverein - - 9,1 11,1 19,7 11,8 13,5 11,0 8,7 Sportverein - - 6,8 7,0 8,7 9,3 7,5 7,4 4,3

Bildungsverein - - 2,4 10,4 5,5 5,3 3,5 3,1 4,2 Ethnische/Nationale Gruppe - - 2,1 3,2 1,6 3,3 2,3 3,9 3,7

Politische Vereinigung/Gruppe - - 1,5 1,9 2,3 1,4 1,3 1,7 1,6 Frauengruppe 1,1 1,0 1,5 1,0 Freizeitverein - - 0,4 1,1 0,6 1,7 0,3 1,5 0,9

Berufsverband - - 0,9 0,6 0,6 0,8 0,9 1,2 0,5 * Die Mitgliedschaften in Vereinen wurden in den Befragungen 1999 und 2000 nicht erhoben.

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Tabelle 27: Diskriminierungserfahrung im Zeitvergleich* (Prozentwerte) Diskriminierungserfahrung 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Ja 65,4 - 71,1 79,5 79,9 77,2 77,8 73,2 71,0 Nein 34,3 - 28,9 20,5 20,3 22,8 22,2 26,8 29,0

* Die Diskriminierungserfahrungen wurden in der Untersuchung des Jahres 2000 nicht erhoben

Tabelle 28: Diskriminierungserfahrungen* in verschiedenen Lebensbereichen im Zeitvergleich** (Prozentwerte) Diskriminierungsbereiche 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Am Arbeitsplatz/Schule/Uni 38,8 - 47,7 53,5 56,6 56,5 52,4 58,5 48,7 Bei der Arbeitssuche 36,4 - 43,7 50,1 51,9 48,4 43,3 52,7 43,1

Bei der Wohnungssuche 41,8 - 46,7 56,2 54,5 49,3 44,1 50,0 41,8 Bei Behörden 31,3 - 38,0 44,6 48,6 39,5 38,2 45,6 38,0

In der Nachbarschaft 23,7 - 33,3 39,9 34,2 32,8 31,8 36,6 25,5 Beim Einkaufen 22,5 - 27,1 33,3 33,2 28,6 36,7 31,7 22,8

Bei der Polizei 17,1 - 23,5 22,1 24,4 17,3 21,5 23,9 20,3 Im Krankenhaus - - - - - - 26,0 25,2 18,9 Beim Arzt/Ärztin - - - - - 16,1 25,7 22,6 17,4

Bei Gericht 9,1 - 18,8 15,3 20,4 11,6 17,2 16,7 14,7 In Discos 20,1 - 21,8 18,2 23,6 13,8 16,2 14,3 10,2

In Gaststätten 11,9 - 18,1 21,0 16,1 13,3 21,0 18,9 9,7 In Vereinen - - - - - 8,5 14,5 14,3 7,9

* Kategorien „Ja, mehrmals“ und „Ja, einmal“ zusammengenommen. Vereine und Arzt/Ärztin erst ab 2004 erfasst, Krankenhaus erst ab 2005 erfasst ** Die Diskriminierungserfahrungen wurden in der Untersuchung des Jahres 2000 nicht erhoben

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Tabelle 29: Interesse an deutscher und türkischer Politik im Zeitvergleich (Prozentwerte*) Interesse an deutscher Politik

Interesse 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Stark 10,5 11,4 13,3 13,6 13,5 11,9 11,5 13,3 8,6 Mittel 30,4 37,4 28,9 29,6 36,6 30,7 29,9 29,8 29,3

Gering 53,4 49,8 57,8 56,8 49,9 54,9 53,4 51,3 57,3 Interesse an türkischer Politik

Interesse 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Stark 29,0 21,4 17,3 21,8 20,0 18,6 18,3 22,7 20,0 Mittel 31,7 39,9 35,4 32,6 38,7 34,4 33,4 35,7 39,7

Gering 34,8 37,1 47,2 45,5 40,9 44,5 44,1 38,7 37,6 * Fehlend zu 100% = Keine Angabe

Tabelle 30: Interessenvertretung (voll und teilweise) durch Institutionen im Zeitvergleich (Prozentwerte)

Interessenvertretung 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008Selbstorganisationen 39,8 45,0 28,7 30,8 32,1 30,1 29,6 32,0 38,1

Bürgermeister - - - - - - - - 37,9Gewerkschaften 33,1 46,2 32,2 36,0 35,7 34,7 26,2 28,8 30,2Integrationsräte 32,0 45,5 27,5 30,2 27,3 28,4 23,6 27,2 30,1

Deutsche Parteien 33,8 35,2 26,7 32,9 32,2 34,4 21,9 24,9 30,1NRW-Regierung 26,9 34,4 23,0 24,6 20,7 26,2 19,7 20,5 30,0

Bundesregierung 32,9 37,2 28,1 30,4 32,1 35,3 13,1 16,2 28,1Türkische Regierung 26,2 23,5 16,1 15,9 18,0 25,7 23,6 24,2 27,5

Bürgerinitiativen 22,5 39,2 24,8 24,8 25,3 26,0 15,3 20,6 22,4

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Tabelle 31: Wichtige politische Probleme im Zeitvergleich* (Prozentwerte, Mehrfachnennungen) und Rangfolge in der Nennung

Wichtige politische Probleme 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008Arbeitslosigkeit 94,0 94,3 92,0 94,6 95,5 98,5 96,9 98,4 95,4

Verbesserung der Bildungschancen - - - - - - 74,4 83,1 91,1 Ausbildungsstellenmangel 90,1 89,4 84,1 86,1 88,6 95,1 93,6 94,5 91,0

Kriminalität - - - - - 81,6 71,1 83,1 90,7 Ausländerfeindlichkeit in NRW 75,7 84,2 77,1 72,1 77,1 82,2 80,9 84,6 86,3

Geschlechtergleichstellung - - - - - 80,7 78,8 82,4 79,0 Hemmnisse für Existenzgründer 73,5 56,3 55,4 53,4 47,7 69,1 65,3 69,3 76,7

Unterrichtsausfall an Schulen 75,9 63,2 60,6 56,7 57,8 69,6 73,8 74,4 75,9 Verschuldung des Landes NRW 80,9 64,6 54,4 58,6 66,7 77,9 68,1 74,2 73,3

Vorlesungsausfall an Unis - - - - - - 68,5 67,8 71,8 Fehlende Kindertagesstätten 74,3 71,2 65,7 69,9 68,4 80,3 71,8 67,1 67,2

Wohnungsmangel 68,5 51,4 54,3 54,1 57,6 50,6 51,7 42,0 49,4 * Geschlechtergleichstellung und Kriminalität wurden erst seit 2004 erhoben; Vorlesungsausfall an Unis, Verbesserung der Bildungschancen wurden erst ab 2005 erhoben.

Tabelle 32: Wahlabsicht bei der nächsten Landtagswahl der türkeistämmigen Bevölkerung in NRW im Zeitvergleich (Prozentwerte) Wahlabsicht 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

SPD 39,5 39,7 34,4 31,0 32,5 36,5 47,5 47,9 35,6 CDU 6,5 6,1 5,9 5,9 7,1 4,5 5,7 4,7 4,9

Bündnis 90/Die Grünen 1,8 3,4 12,3 8,5 9,0 12,2 10,6 8,4 7,4 FDP 7,3 7,6 1,4 2,5 1,0 0,8 0,3 0,9 0,5

Linke/PDS - - - - - - 2,1 3,0 3,0 Sonstige 1,6 4,4 3,0 3,3 1,5 1,8 0,3 0,3 0,3

Würde nicht wählen 14,5 13,0 10,9 10,8 19,7 17,0 14,5 12,0 12,3 Bin noch unentschieden 24,3 25,8 32,1 30,7 24,2 24,3 19,1 21,2 31,6

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Tabelle 33: Nutzung deutscher und türkischer Medien im Zeitvergleich 2001 und 2002 (Prozentwerte) Mediennutzung 1999* 2000* 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008

Keine Mediennutzung - - 0,5 3,2 4,4 0,5 0,4 0,6 1,1 Nur deutsche Medien - - 5,2 6,2 4,1 2,0 2,6 3,5 2,7 Nur türkische Medien - - 6,9 6,9 3,8 3,5 7,2 9,4 9,8

Nutzung deutscher und türkischer Medien - - 87,3 83,7 87,7 94,0 89,8 86,6 86,4 *Vergleich nicht möglich, da anderes Frageformat (Einfachnennung)

Tabelle 34: Nutzung deutscher Medien nach Art der Medien im Zeitvergleich (Prozentwerte) Deutsche Medien

Medien 1999* 2000* 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Fernsehen - - 89,6 85,4 86,7 91,8 90,7 86,4 83,7

Radio - - 24,4 29,0 26,4 28,3 13,8 15,7 14,0 Tageszeitung - - 58,2 52,3 49,6 47,3 42,4 46,4 48,2

Wochenzeitung - - 8,6 16,1 10,5 11,9 7,2 8,8 6,5 Internet - - 13,3 21,5 24,8 24,8 20,4 29,9 28,2 *Vergleich nicht möglich, da anderes Frageformat (Einfachnennung)

Tabelle 35: Nutzung türkischer Medien nach Art der Medien im Zeitvergleich (Prozentwerte) Türkische Medien

Medien 1999* 2000* 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 Fernsehen - - 89,4 85,7 85,0 92,2 94,6 89,9 92,5

Radio - - 11,3 16,7 15,8 16,1 8,3 8,7 7,5 Tageszeitung - - 69,8 63,4 59,9 57,3 56,5 64,5 63,4

Wochenzeitung - - 1,4 4,7 4,4 5,0 3,2 2,8 2,3 Internet - - 7,1 11,5 16,0 17,7 15,0 24,9 26,3

*Vergleich nicht möglich, da anderes Frageformat (Einfachnennung)

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Tabellarischer Vergleich NRW – Deutschland 2008

Page 306: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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Soziodemographische Merkmale (Spaltenprozent) NRW Deutschland Geschlecht

Männlich 51,3 52,0 Weiblich 48,7 48,0

Alter Unter 30 Jahre 23,4 22,0 30 bis 44 Jahre 48,3 45,8 45 bis 59 Jahre 17,3 20,6

60 Jahre und älter 11,0 11,7 Mittelwert (Jahre) 39,5 40,4

Haushaltsgröße (Mittelwert) 3,8 3,8 Kinder pro Haushalt (Mittelwert) 1,2 1,2 Anzahl eigener Kinder (Mittelwert) 2,0 2,1 Familienstand

Ledig 17,8 16,7 Verheiratet 77,6 79,3

Verwitwet/Geschieden 4,6 3,8 Aufenthaltsdauer in Deutschland

Bis 9 Jahre 8,6 7,5 10 bis 19 Jahre 25,7 26,0

20 und mehr Jahre 65,7 66,6 Mittelwert (Jahre) 25,1 25,1

Zuwanderungsgrund Gastarbeiter 11,8 11,0

Familienzusammenführung als Ehepartner 34,1 37,5 Familienzusammenführung als Kind 26,0 26,4

In Deutschland geboren 25,1 21,6 Zuwanderergenerationszugehörigkeit

Erste Generation 18,9 18,9 Nachfolgegeneration 51,1 48,1

Heiratsmigranten der Nachfolgegeneration 27,0 29,5 Gesamt 100 100

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Religionszugehörigkeit (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Religionszugehörigkeit

Muslime 95,4 95,2 Davon: Sunnitisch 90,0 87,3

Alevitisch 9,3 11,6 Schiitisch 0,7 1,1 Christen 0,1 0,2

Andere Glaubensgemeinschaft 0,4 0,7 Keine Glaubensgemeinschaft 1,9 1,5

Keine Angabe 2,2 2,4

Grad der Religiosität (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Sehr religiös 18,8 14,4 Eher religiös 53,3 52,5

Eher nicht religiös 19,4 20,7 Gar nicht religiös 2,9 4,3

Keine Angabe 5,8 8,1

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Land des Schulbesuchs (Spaltenprozent)

Land des Schulabschlusses NRW Deutschland Deutschland 47,1 45,0

Türkei 52,9 52,4

Schulbildung nach Ländern (Spaltenprozent)

NRW Deutschland In Deutschland

Bin noch Schüler 4,5 4,2 Kein Schulabschluss 2,2 1,2

Grund-/Sonderschule 2,1 1,0 Hauptschule 35,6 40,8

Realschule/Mittlere Reife 27,9 25,7 Fachoberschule/Berufskolleg 7,1 5,2

Fachabitur/Fachhochschulreife 4,5 5,1 Abitur/Allgemeine Hochschulreife 16,0 15,3

Gesamt 459 454 In der Türkei

Habe nie eine Schule besucht 3,6 4,0 Keinen Schulabschluss 2,1 2,9

Ilkokul 42,2 39,8 Ortaokul 24,5 24,4

Lise 27,7 28,1 Gesamt 515 546

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Berufliche Ausbildung (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Keinen beruflichen Ausbildungsabschluss 51,0 56,1

Schulische oder betriebliche Ausbildung 28,3 23,3 Meisterbrief/Techniker/Fachakademie 6,4 4,0

Fachhochschulabschluss/Universitätsabschluss 6,6 7,3 Bin in beruflicher Ausbildung/Studium 7,0 6,9

Gesamt 1.000 996

Subjektive Sprachkompetenz in Deutsch (Zeilenprozent)

Sehr gut Gut Mittelmäßig Eher schlecht

Sehr schlecht

NRW Verstehen 27,2 25,4 33,1 10,4 3,6 Sprechen 26,8 24,4 32,7 11,5 4,2 Schreiben 26,9 22,2 27,1 15,6 7,7

Deutschland Verstehen 24,7 26,3 34,9 10,9 3,1 Sprechen 23,9 25,3 34,9 12,3 3,3 Schreiben 23,7 23,0 27,2 18,1 7,5

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Erwerbstätigkeit (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Vollzeiterwerbstätig (34 WSt. oder mehr) 39,3 41,4

Teilzeiterwerbstätig (weniger als 34 WSt.) 7,1 8,2 Geringfügig beschäftigt (bis 400 Euro im Monat) 2,8 3,9

Nicht erwerbstätig 51,0 46,5 Gesamt 1.000 1.000

Struktur der nicht und geringfügig Erwerbstätigen (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Schüler/Student/in 9,9 10,5

Rentner/in 18,9 19,4 Arbeitslos 24,5 27,3

Hausfrau/-mann 43,3 34,9 Erziehungsurlaub 3,0 3,6

Gesamt 534 505

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Struktur der Erwerbstätigen (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Arbeiter (an-/ungelernt) 50,9 52,8

Facharbeiter 13,9 13,5 Angestellte 21,5 18,6

Darunter: Einfache Angestellte 13,9 12,3

Mittlere Angestellte 5,4 4,8 Höhere Angestellte 2,2 1,5

Beamte 0,4 1,0 Selbstständige in freien Berufen 1,3 2,3

Selbstständige in Handel/Dienstleistung/Industrie 6,3 8,0 Auszubildende 5,8 3,3

Gesamt 462 488

Page 312: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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Haushaltsnettoeinkommen (Spaltenprozent)

Haushaltsnettoeinkommen NRW Deutschland Unter 1.000 € 9,8 8,9

1.000 € bis unter 2.000 € 34,9 34,7 2.000 € bis unter 3.000 € 23,2 23,0

3.000 € und mehr 10,8 12,6 Keine Angabe 21,3 20,7

Mittelwert (in €) 1.925,- 2.073,-

Personen, die in Haushalten unterhalb der Armutsgrenze leben (Prozentwerte)

NRW Deutschland 40,3 35,2

Wohnsituation (Spaltenprozent

NRW Deutschland Mietwohnung 59,6 54,0

Eigentumswohnung 14,8 14,1 Gemietetes Haus 5,4 7,2

Eigenes Haus 20,2 23,9 Wohnungsgröße in qm 90 96

Plan zum Erwerb von Wohneigentum (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Ja 30,8 33,0

Nein 60,9 59,8 Weiß nicht 8,3 6,3

Page 313: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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Beurteilung der allgemeinen und der eigenen wirtschaftlichen Lage (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Allgemeine

Lage Eigene Lage

Allgemeine Lage

Eigene Lage

Gut 9,1 21,6 8,9 21,9 Teils gut / teils schlecht 26,6 51,6 25,1 53,5

Schlecht 60,8 26,1 65,1 23,6 Weiß nicht 3,5 0,7 0,9 1,0

Sorge um den Arbeitsplatzverlust (Prozentwerte – nur Erwerbstätige)

Sorge um den Arbeitsplatz NRW Deutschland Ja 42,2 42,0

Nein 57,8 58,0

Zufriedenheit (Zufrieden) mit verschiedenen Lebensbedingungen (Spaltenprozent)

Zufrieden mit… NRW Deutschland Angebote zur Aus- und Weiterbildung 55,1 58,3

Berufschancen 67,6 69,8 Soziales Umfeld 78,2 74,0

Wohnverhältnisse 80,3 79,6

Page 314: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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Rückkehrabsicht und Heimatverbundenheit (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Rückkehrabsicht

Ja 33,6 39,9 Nein 58,7 51,9

Weiß nicht 7,1 7,8 Heimatverbundenheit

Der Türkei 35,7 39,1 Deutschland 23,1 22,9

Beiden Ländern 34,8 31,1 Keinem der beiden Länder 5,1 5,5

Staatsangehörigkeit (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Deutsch 37,0 34,2Türkisch 63,0 65,3

Absicht auf Einbürgerung (nur türkische Staatsbürger - Spaltenprozent)

NRW Deutschland Ja 14,9 14,5

Vielleicht 5,7 6,1 Antrag schon gestellt 1,7 1,9

Nein 76,7 77,1

Page 315: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

315

Erfüllung der Einbürgerungskriterien (nur türkische Staatsbürger – Spaltenprozent)

NRW Deutschland Ja 53,0 58,8

Nein 27,6 25,1 Weiß nicht 18,9 15,5

Verteilung der Eingebürgerten, Antragsteller und Einbürgerungswilligen mit Erfüllung der Einbürgerungskriterien sowie Einbürgerungsunwillige

(Spaltenprozent)

NRW Deutschland Bereits eingebürgert 37,0 34,2

Antrag gestellt / Kriterien erfüllt 0,9 1,0 Einbürgerung beabsichtigt / Kriterien erfüllt 4,7 5,3

Einbürgerung erwogen / Kriterien erfüllt 2,4 3,1 Einbürgerung nicht gewollt / nicht möglich 55,0 56,4

Index der identifikative Orientierung (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Türkeiorientiert 12,9 17,3

Eher türkeiorientiert 25,7 27,6 Eher deutschlandorientiert 33,6 30,8

Deutschlandorientiert 27,7 24,3

Page 316: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

316

Kontakte zu Deutschen in verschiedenen Lebensbereichen (Spaltenprozent)

NRW DeutschlandNachbarschaft 81,3 81,0

Bekanntenkreis 74,3 74,8 Arbeitsplatz 58,9 63,6

Familie 40,0 46,0

Interkulturelle Freizeitbeziehungen Spaltenprozent)

NRW Deutschland Jeden Tag 18,6 20,9

Häufig 20,8 21,8 Manchmal 26,7 26,7

Selten 14,9 13,7 Nie, so gut wie nie 18,6 17,0

Wunsch nach mehr Kontakt zu Deutschen (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Ja 55,1 52,3

Nein 31,6 38,0 Weiß nicht 11,1 7,7

Page 317: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

317

Beziehungen zu Deutschen kombiniert mit Wunsch nach weiteren Kontakten (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Freiwillig isoliert 2,4 3,2

Unfreiwillig isoliert 3,2 3,1 Sättigung 29,2 34,5

Wunsch trotz Kontakt 51,9 49,1 Nicht zuordenbar 13,3 10,1

Ethnische Zusammensetzung der Wohngegend (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Überwiegend Deutsche 57,6 61,1

Deutsche und Türken gleichermaßen 17,4 16,7 Überwiegend Türken 19,4 16,1

Überwiegend andere Zuwanderer 5,1 5,8

Mitgliedschaft in Vereinen (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Keine Mitgliedschaft 45,6 50,4

nur in deutschem Verein 14,7 16,3 deutschem und türkischem Verein 21,6 21,6

nur in türkischem Verein 18,1 11,7

Page 318: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

318

Verteilung nach deutschen und türkischen Organisationen (Spaltenprozent, Mehrfachnennungen)

NRW Deutschland Deutsche Organisationen

Sportverein 15,4 12,1 Gewerkschaft 12,5 9,5

Politische Vereinigung/Gruppe 4,5 4,0 Kulturverein 3,3 3,5

Bildungsverein 3,0 3,5 Berufsverband 3,0 3,2 Freizeitverein 1,9 1,2

Frauengruppe 1,1 0,9 Religiöse Organisation 1,0 1,2

Türkische Organisationen Religiöse Organisation 26,0 24,2

Kulturverein 8,7 8,7 Sportverein 4,3 5,5

Bildungsverein 4,2 4,1 Ethnische/Nationale Gruppe 3,7 2,3

Politische Vereinigung/Gruppe 1,6 1,4 Frauengruppe 1,0 0,5 Freizeitverein 0,9 0,5

Berufsverband 0,5 0,3

Diskriminierungserfahrungen (Spaltenprozent)

NRW DeutschlandNein 29,0 28,0

Ja 71,0 72,0

Page 319: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

319

Diskriminierungserfahrungen in verschiedenen Lebensbereichen (Spaltenprozent, Mehrfachnennungen)

NRW Deutschland Am Arbeitsplatz/Schule/Uni 48,7 49,8

Bei der Arbeitssuche 43,1 43,3 Bei der Wohnungssuche 41,8 44,4

Bei Behörden 38,0 36,4 In der Nachbarschaft 25,5 25,8

Beim Einkaufen 22,8 24,8 Bei der Polizei 20,3 20,3

Im Krankenhaus 18,9 18,3 Beim Arzt/Ärztin 17,4 16,7

Bei Gericht 14,7 14,7 In Discos 10,2 9,5

In Gaststätten 9,7 13,2 In Vereinen 7,9 7,8

Parallelgesellschaft: Überschreitung der Segregationsgrenzwerte in Anlehnung an Meyer (Spaltenprozent) Überschreitung der Grenzwerte in … NRW Deutschland

keinem Bereich 16,7 17,5 einem Bereich 37,8 41,2

zwei Bereichen 31,1

Nicht segregiert

85,6

28,8

Nicht segregiert

87,5

drei Bereichen 11,7 10,6 vier Bereichen 2,6 1,7 fünf Bereichen 0,1

Segregiert

14,4

0,1

Segregiert

12,5

Page 320: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

320

Gesellschaftliche Integration (summativer Index) (Spatenprozent)

NRW Deutschland Voll integriert 47,0 47,3

Eher integriert 35,1 36,3 Teils/teils 11,8 13,6

Eher nicht integriert 3,0 2,5 Gar nicht integriert 0,1 0,2

Interesse an deutscher und türkischer Politik (Zeilenprozent)

Stark Mittel Wenig NRW Deutsche Politik 8,6 29,3 57,3

Türkische Politik 20,0 39,7 37,6 Deutschland Deutsche Politik 10,7 26,9 52,7 Türkische Politik 21,4 37,1 35,0

Interessenvertretung (voll und teilweise) durch Institutionen (Prozentwerte und Rangplätze)

NRW Deutschland Differenz Deutschland -NRW

Prozent Rang Prozent Rang Prozent Rang Türkische Selbstorganisationen 38,1 1 34,2 2 -3,9 1

(Ober-)bürgermeister 37,5 2 38,0 1 0,5 -1 Gewerkschaften 30,2 3 29,9 3 -0,3 0

Deutsche Parteien 30,1 4 28,6 5 -1,5 1 Integrationsräte 30,1 5 29,0 4 -1,1 -1

Bundesregierung 28,1 6 26,9 6 -1,2 0 Türkische Regierung 27,5 7 26,2 7 -1,3 0

Bürgerinitiativen 22,4 8 22,9 8 0,5 0

Page 321: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

321

Wichtigkeit politischer Probleme (eher wichtig) (Prozentwerte und Rangplätze)

NRW Deutschland Differenz Deutschland -

NRW Prozent Rang Prozent Rang Prozent Rang

Arbeitslosigkeit 95,4 1 95,5 1 +0,1 -0Verbesserung der Bildungschancen 91,1 2 90,6 4 -0,5 2

Ausbildungsstellenmangel 91,0 3 91,8 2 +0,8 -1Kriminalität 90,7 4 91,0 3 +0,3 -1

Ausländerfeindlichkeit 86,3 5 88,3 5 +2,0 0Geschlechtergleichstellung 79,0 6 77,0 6 -2,0 0

Hemmnisse für Existenzgründer 76,7 7 74,6 8 -2,1 1Unterrichtsausfall an den Schulen 75,9 8 76,8 7 +0,9 -1

Verschuldung des Landes/Staates 73,3 9 69,7 10 -3,6 1Vorlesungsausfall an den Unis 71,8 10 71,5 9 -0,3 -1

Fehlende Kindertagesstätten 67,2 11 68,8 11 +1,6 0Wohnungsmangel 49,4 12 52,7 12 +3,3 0

Wahlabsicht bei der nächsten Bundestagswahl (Spaltenprozent)

NRW Deutschland SPD 35,5 37,0 CDU 5,0 3,4

Bündnis 90/Die Grünen 7,1 8,3 FDP 0,6 0,4

Linke/PDS 3,5 4,5 Andere Partei 0,2 0,7

Würde nicht wählen 13,1 12,4 Weiß nicht 30,8 28,5

Page 322: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

322

Nutzung deutscher und türkischsprachiger Medien (Spaltenprozent) NRW Deutschland

Keine Mediennutzung 1,1 1,2 Nur türkische Medien 9,8 12,3 Nur deutsche Medien 2,7 2,6

Deutsche und türkische Medien 86,4 83,9

Nutzung deutscher und türkischer Medien nach Art der Medien (Spaltenprozent, Mehrfachnennungen)

NRW Deutschland Deutsche

Medien Türkische

Medien Deutsche Medien

Türkische Medien

Fernsehen 83,7 92,5 79,2 89,4 Radio 14,0 7,5 20,5 10,4

Tageszeitung 48,2 63,4 51,0 63,0 Wochenzeitung 6,5 2,3 8,0 3,5

Internet 28,2 26,3 30,7 30,5

Nutzung von Tageszeitungen und Fernsehen nach Sprache (Spaltenprozent, nur Nutzer)

Tageszeitungen Fernsehen NRW Deutschland NRW Deutschland

Deutsch und Türkischsprachig 51,2 55,2 80,7 79,2Nur Deutsch 14,1 14,3 5,0 5,0

Nur Türkischsprachig 34,7 30,5 14,3 15,9

Page 323: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

323

Nutzung deutscher Tageszeitungen (Mehrfachnennungen, Prozentwerte) NRW Deutschland

Regionale Tageszeitung 41,2 33,7 Bild/BamS 26,8 22,9

FAZ 2,2 2,5 TAZ 2,0 2,5

Tagesspiegel 1,6 1,8 Welt 1,5 1,1

SZ 0,8 1,1 FR 0,6 1,2

Nutzung türkischer Tageszeitungen (Mehrfachnennungen, Prozentwerte)

NRW DeutschlandHürriyet 58,2 50,5 Zaman 12,1 10,3 Milliyet 11,0 8,7 Sabah 10,3 9,9

Türkiye 6,5 5,0 Milli Gazete 0,9 1,6

Evrensel 0,5 0,7 Ozgür Politika 0,2 0,1

Abonnement von Tageszeitungen (Spaltenprozent)

NRW DeutschlandJa, eine oder mehrere deutsche 1,6 1,5 Ja, eine oder mehrere türkische 7,4 7,6

Ja, deutsche und türkische 0,2 0,4 Nein 90,7 90,6

Page 324: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

324

Überwiegende Nutzung deutscher oder türkischsprachigen Fernsehens (Spaltenprozent – nur Fernsehnutzer)

NRW Deutschland Eher deutsches Fernsehen 16,5 15,8

Eher türkischsprachiges Fernsehen 57,6 55,4 Beides gleichermaßen 22,2 25,0

Meistgesehene deutsche Fernsehsender (Spaltenprozent, Mehrfachnennungen)

NRW Deutschland RTL 48,0 43,6

Pro Sieben 41,2 39,7 ZDF 31,5 33,9 ARD 30,9 34,5

SAT 1 21,6 22,6 RTL 2 16,4 14,8

Vox 11,5 10,5 Dritte Programme (WDR) 8,1 5,1

Nachrichtensender (NTV, Phönix, N24) 7,9 8,4 Super RTL 5,4 6,2

Sportfernsehen 4,5 3,6 Premiere 3,7 3,5

Kabel 1 3,7 4,0 Arte 3,5 3,9

Page 325: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

325

Meistgesehene türkische Fernsehsender (Spaltenprozent, Mehrfachnennungen)

NRW DeutschlandKanal D 66,2 62,9

ATV 50,7 52,5 Show TV 47,5 47,9

Star TV 38,9 42,1 Kanal 7 29,4 29,3

Samanyolu 26,2 23,7 TRT/TRT-Int 22,1 28,0

Fox Türk 8,1 3,2 CNN-Türk 7,0 7,8

NTV 5,6 7,5 Haber Türk 4,1 6,0

TV 8 2,4 4,2 Kanal Avrupa 1,5 1,5

Türk Show 1,0 1,3

Page 326: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

326

Genreinteresse nach deutschem und türkischem Fernsehen (Spaltenprozent, Mehrfachnennungen) NRW Deutschland Deutsches

Fernsehen Türkisches Fernsehen

Deutsches Fernsehen

Türkisches Fernsehen

Nachrichtensendungen 53,1 75,3 56,5 75,7 Unterhaltungsserien 11,3 60,6 10,7 58,6

Spielfilme 31,9 16,3 27,8 14,8 Dokumentationen/Reportagen 24,3 15,3 27,5 14,6

Unterhaltungsshows 9,6 12,4 9,9 12,3 Politische Gesprächsrunden 7,2 11,2 7,9 11,8

Religiöse Sendungen - 15,0 - 12,2 Sportsendungen 9,2 9,4 9,7 9,1

Wissenschaftssendungen 6,9 4,7 7,4 4,8 Musiksendungen 1,6 8,1 2,2 7,0

Talkshows 5,8 3,3 6,0 3,4 Service/Ratgebersendungen 3,2 4,9 3,5 4,6

Magazinsendungen 2,1 2,5 1,8 2,3 Comedy-Sendungen 2,9 1,3 2,8 2,2

Page 327: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

327

Informationsmedien zum Geschehen in Deutschland und in der Türkei (Spaltenprozent, Mehrfachnennungen) Geschehen in

Deutschland Geschehen in der

Türkei NRW Deutschland NRW Deutschland

Deutsches Fernsehen 62,7 61,9 Türkischsprachiges Fernsehen 83,9 82,5 Türkischsprachiges Fernsehen 34,2 26,6 Türkische Tageszeitungen 21,8 18,2

Deutschsprachige Internetseiten 17,5 17,0 Türkischsprachige Internetseiten 16,2 16,6 Deutsche Tageszeitungen 13,5 12,9 Deutsches Fernsehen 13,2 9,6 Türkische Tageszeitungen 5,0 4,2 Gespräche mit Freunden/Verwandten 3,8 4,2

Gespräche mit Freunden/Verwandten 4,9 5,6 Deutschsprachige Internetseiten 2,5 2,4 Türkischsprachige Internetseiten 4,8 4,5 Deutsche Tageszeitungen 2,5 1,9

Deutsche Radiosendungen 3,1 3,3 Türkische Radiosendungen 0,8 0,4 Interessiere mich nicht 1,6 1,2 Deutsche Radiosendungen 0,7 0,4

Türkische Radiosendungen 0,5 0,3 Interessiere mich nicht 0,7 0,4

Meinungen zu deutschen und türkischen Medien (Prozentwerte*, Mittelwert**) NRW Deutschland Stimme

zu Mittel-wert*

Stimme zu

Mittel-wert*

Es gibt in den deutschen Medien zu wenig Berichte über das Leben von Migranten in Deutschland 76,0 1,49 84,8 1,44 Es gibt in den deutschen Medien zuwenig allgemeine Berichterstattung über die Türkei 75,2 1,50 84,1 1,46

In den deutschen Medien werden Migranten aus der Türkei zu negativ und klischeehaft dargestellt 73,3 1,58 83,3 1,47 Die türkischen Medien informieren mich nicht ausreichend über das, was mich hier in Deutschland betrifft 71,2 1,72 79,2 1,65

Türkische Medien sind für mich eine Brücke in die Heimat 75,6 1,75 81,3 1,66 Es gibt in den türkischen Medien zu wenig Berichte über das Leben von Migranten in Deutschland 71,2 1,77 78,4 1,69

Die deutschen Medien informieren mich nicht ausreichend darüber, was mich hier in Deutschland betrifft 63,0 1,84 75,5 1,73 Es gibt in den türkischen Medien zu wenig allgemeine Berichterstattung über Deutschland 67,9 1,85 75,4 1,78

In den türkischen Medien werden "Almancalar" zu negativ und klischeehaft dargestellt 55,0 2,18 68,4 2,03 In den türkischen Medien werden Deutsche zu negativ und klischeehaft dargestellt 38,6 2,66 50,4 2,50

* Zusammengefasste Variablen: Stimme zu = stimme voll zu/stimme eher zu, ** Mittelwert auf der 4-stelligen Skala 1 = stimme voll zu, 2 = stimme eher zu, 3 = stimme eher nicht zu, 4 = stimme gar nicht zu. Je höher der Mittelwert, desto geringer die Zustimmung

Page 328: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

328

Glaubwürdigkeit deutscher und türkischer Medien (Spaltenprozent*, Mittelwerte**)

NRW Deutschland Glaubwürdig Mittelwert Glaubwürdig Mittelwert

Deutsches Fernsehen 74,4 2,07 71,0 2,12 Deutsches Radio 69,6 2,17 73,0 2,16

Deutschsprachiges Internet 66,4 2,29 70,8 2,18 Deutsche Zeitungen 64,4 2,30 62,4 2,32

Türkisches Radio 63,0 2,30 66,2 2,31 Türkischsprachiges Internet 61,9 2,35 67,6 2,25

Türkischsprachiges Fernsehen 56,5 2,40 59,9 2,36 Türkischsprachige Zeitungen 57,1 2,41 60,3 2,37

* Zusammengefasste Variablen: Glaubwürdig = sehr und eher glaubwürdig. ** Mittelwert auf der 4-stelligen Skala 1 = sehr glaubwürdig, 2 = eher glaubwürdig, 3 = eher nicht glaubwürdig, 4 = gar nicht glaubwürdig. Je höher der Mittelwert,

desto geringer die Glaubwürdigkeit

Page 329: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

329

Beurteilung der Berichterstattung zum Brand in Ludwighafen in deutschen und türkischen Medien (Prozentwerte*, Mittelwerte**)

Deutsche Medien Türkische Medien NRW Deutschland NRW Deutschland Stimme

zu Mittelwert Stimme

zu Mittelwert Stimme

zu Mittelwert Stimme

zu Mittelwert

Zeitnah 41,7 3,03 42,2 2,95 Zeitnah 61,9 2,21 66,9 2,08 Sachlich/Objektiv 18,6 3,60 21,4 3,58 Sachlich/Objektiv 47,8 2,54 53,8 2,41 Angemessen 21,8 3,64 21,4 3,62 Umfassend 50,7 2,59 56,8 2,40 Vorurteilsfrei 18,2 3,69 23,1 3,54 Glaubwürdig 46,5 2,62 53,3 2,44 Glaubwürdig 19,0 3,72 19,1 3,71 Angemessen 45,0 2,75 50,6 2,55 Umfassend 18,8 3,73 19,2 3,71 Gewissenhaft 42,8 2,86 49,6 2,65 Gewissenhaft 17,3 3,79 19,4 3,67 Vorurteilsfrei 35,6 2,99 43,9 2,80 Parteiisch 47,7 2,70 53,5 2,53 Zu emotional 73,3 1,92 75,0 1,82 Oberflächlich 44,8 2,79 48,8 2,66 Übertrieben 42,2 3,01 44,4 2,91 Schlampig/Ungenau 29,4 3,18 30,0 3,31 Oberflächlich 37,2 3,07 41,0 2,93 Unsachlich 26,6 3,35 29,4 3,33 Parteiisch 35,9 3,15 41,7 2,96 Übertrieben 16,4 3,98 21,7 3,79 Unsachlich 16,0 3,80 17,2 3,84 Zu emotional 15,4 4,04 20,5 3,85 Schlampig/Ungenau 14,2 3,90 14,4 3,99

*Zusammengefasste Variable: „Stimme voll und ganz zu“ und „stimme eher zu“. **Mittelwert auf einer 5-stelligen Skala 1 = stimme voll und ganz zu 2 = stimme eher zu, 3 = teils/teils, 4 = stimme eher nicht zu, 5 = stimme gar nicht zu. Je

geringer der Mittelwert, desto höher die Zustimmung.

Page 330: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

330

Nutzung von Ethnomedien im engeren Sinn (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Ja 21,6 23,3

Nein 76,9 73,4 Keine Angabe 1,5 3,3

Bewertung von Ethnomedien im engeren Sinn durch die Nutzer (Spaltenprozent)

NRW Deutschland

Solche Programme sind sehr hilfreich für mich 65,7 66,7 An sich sind sie gut, aber sie sind schlecht gemacht 18,5 12,0 Die dort gezeigten Themen interessieren mich nicht 13,0 13,2

Ich halte diese Programme für überflüssig 11,6 10,2 Solche Programme füllen eine Lücke 5,1 12,4

Wichtigkeit der Zweisprachigkeit von Ethnomedien i.e.S. (Spaltenprozent)

NRW Deutschland Sehr wichtig 43,1 46,7 Eher wichtig 33,3 34,2

Eher nicht wichtig 9,7 7,4 Gar nicht wichtig 7,9 5,9

Weiß nicht 2,3 2,0 Keine Angabe 3,7 3,8

Page 331: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Fragebögen

NRW

Deutschland

Page 332: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

332

Altendorfer Straße 3 45127 Essen

Telefon: 02 01 / 31 98 - 0 Telefax: 02 01 / 31 98 - 333

Internet: www.zft-online.de eMail: [email protected]

Standardisierte Mehrthemen-Befragung türkeistämmiger Migrantinnen und

Migranten in Nordrhein-Westfalen

Fragebogen für eine

CATI-Erhebung

2008

im Auftrag des Ministeriums für Generationen,

Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

Essen, August 2008

Page 333: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

333

A) Kontaktaufnahme

weiter mit

A.1. Telefonischer Kontakt...

Besetzt....................................1 Es hebt niemand ab....................................2 Anrufbeantworter.....................................3

Telefonnummer falsch (‘Kein Anschluss unter dieser...’).....................................4 Faxanschluss.....................................5

Anderer Hinderungsgrund.....................................6 Telefonischer Kontakt kommt zustande.....................................9

Falls < 9

Nächster

Fall

Begrüßungstext: Guten Tag, Zentrum für Türkeistudien in Essen, mein Name ist.................................. Wir führen im Auftrag des Ministeriums für Integration von Nordrhein-Westfalen eine Befragung der türkischen Migrantinnen und Migranten zu verschiedenen Bereichen des alltäglichen Lebens durch. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dieses Interview mit uns führen könnten. Bei Nachfragen: Welche Fragen? Es werden Fragen zur Nachbarschaft, zur Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen und zur Mediennutzung gestellt. Auftraggeber? Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration in NRW Datenschutz? Wir haben Ihre Telefonnummer zufällig aus dem Telefonbuch (CD: ClickTel 2008) gezogen. Ihre Telefon- nummer und Ihr Name werden von Ihren Antworten getrennt und nach diesem Interview gelöscht. Dazu sind wir aufgrund des Datenschutzgesetzes verpflichtet. Niemand erhält Ihre Adresse oder Telefonnummer, auch nicht das Ministerium oder sonst eine Behörde. Ihre Antworten werden nur statistisch ausgewertet. Sie bleiben mit Ihren Antworten also anonym. Ziel und Nutzen der Befragung? Das Ministerium möchte gerne wissen, wie die türkeistämmigen Migrantinnen und Migranten über verschiedene Themen denken, welche Maßnahmen Sie für nötig halten, um die Ergebnisse der Befragung dann in die Politik einbeziehen und besser auf die Bedürfnisse der Migrantinnen und Migranten abstimmen zu können.

A.2. Persönlicher Kontakt...

Stimmt Interview zu....................................1 Kein Haushalt mit Personen türkischer Herkunft....................................2

Lehnt Interview ab.....................................3 Ist kein Privathaushalt, sondern Unternehmen, Vereine o.ä......................................4

Jetzt keine Zeit, aber zu einem anderen Zeitpunkt.....................................5 Eltern/Erwachsene nicht anwesend.....................................6

Anderer Hinderungsgrund.....................................7

Falls > 1

Nächster

Fall

Page 334: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

334

B) Auswahl des Befragten/Haushaltsstruktur

weiter mit

Zuerst benötigen wir noch wenige Informationen zu dem Haushalt, in dem Sie wohnen. B.1. Wie viele Personen leben in Ihrer Wohnung? Zählen Sie dazu bitte sich selbst, Kinder bzw. Personen, die normalerweise hier wohnen, aber zur Zeit abwesend sind (z.B. im Krankenhaus, in Ferien).

Anzahl der Personen._________

B.2. Wie viele der Personen in Ihrem Haushalt sind türkischer Herkunft? (unabhängig von Staatsbürgerschaft)

Anzahl der Personen.________ B.3. Wie viele von diesen sind volljährig?

Anzahl der Personen.________

B.4. Interviewer bitte ausfüllen!

Keine volljährige Person türkischer Herkunft im Haushalt vorhanden........0

Volljährige Person türkischer Herkunft im Haushalt vorhanden........1

Falls = 0

Nächster

Fall

B.5. Und wer hatte von den volljährigen Mitgliedern Ihres Haushaltes türkischer Herkunft als letztes Geburtstag? Wir meinen damit nicht das jüngste Mitglied Ihres Haushaltes, sondern die Person, die, wenn Sie die Wochen oder Monate zurückgehen, als letztes den Geburtstag feiern konnte. Dann möchte ich bitte mit .................sprechen.

Eventuell Begrüßungstext nochmals vortragen! B.6. Reaktion der ausgewählten Person im Haushalt...

Stimmt Interview zu....................................1 Ist zur Zeit nicht anwesend....................................2

Ist in den nächsten drei Wochen nie anwesend....................................3 Lehnt Interview ab....................................4

Jetzt nicht, aber zu späteren Zeitpunkt ab....................................5 Anderer Hinderungsgrund....................................6

Falls >1

Nächster

Fall

B.7. Möchten Sie dieses Gespräch in Türkisch oder in Deutsch führen?

Türkisch......1 Deutsch.......2

Falls = 1

Form 2, Question

1

Page 335: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

335

C) Standarderhebungsteil

weiter mit

C.1. Interkultureller Kontakt/Gesellschaftliche Integration C.1.1. Haben Sie persönlich Kontakte zu Personen deutscher Herkunft, und zwar – (Bitte Bereiche einzeln abfragen!) (Grußkontakte werden hier nicht als Kontakt verstanden. Unter Familie/Verwandtschaft fallen auch entfernte Verwandte) Ja Nein Trifft Keine nicht zu Angabe • ...in Ihrer eigenen Familie oder Verwandtschaft?................................1 ......2 .......8 ......9 • ...an Ihrem Arbeitsplatz (Schule, Universität etc.) ?............................1 ......2 .......8 ......9 • ...in Ihrer Nachbarschaft?....................................................................1 ......2 .......8 ......9 • ...in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis?.........................................1 ......2 .......8 ......9

C.1.2. Wie häufig verbringen Sie Ihre Freizeit auch mit Deutschen?

Jeden Tag - fast jeden Tag...........................1 Häufig – mindestens einmal in der Woche..........................2

Manchmal – mindestens einmal im Monat...........................3 Selten – mehrmals im Jahr..........................4

Nie, so gut wie nie...........................5 Keine Angabe............................9

C.1.3. Wünschen Sie sich mehr Kontakt zu Deutschen?

Ja....................................1 Nein....................................2

Weiß nicht....................................8 Keine Angabe....................................9

C.1.4. Wohnen mehr Deutsche oder mehr Türkinnen und Türken in Ihrer näheren Wohngegend? (Mit Wohngegend ist das Wohnhaus und andere Wohnhäuser in der Nähe gemeint!)

Überwiegend Deutsche....................................1 Hier wohnen Deutsche und Türkinnen/Türken in etwa gleichen Teilen....................................2

Überwiegend Türkinnen/Türken....................................3 Überwiegend andere Ausländerinnen/Ausländer....................................4

Keine Angabe....................................9

Page 336: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

336

C) Standarderhebungsteil

weiter mit

C.1. Interkultureller Kontakt/Gesellschaftliche Integration C.1.5.1. Gehören Sie folgenden deutschen Vereinen oder Verbänden an? (Bitte jeden Verein nachfragen! Mehrfachnennungen möglich!)

Gewerkschaft...........................1 Berufsverband...........................2

Sportverein...........................3 Kulturverein (Musik, Tanz)...........................4

Bildungsverein...........................5 Freizeitverein (Jugendgruppe, Senioren)...........................6

Frauenverband/-gruppe...........................7 Religiöse Organisation...........................8

Politische Vereinigung/Gruppe (auch deutsch-türkische Gruppen)...........................9 Partei...........................10

Sonstiges...........................11 Keine Angabe...........................99

C.1.5.2. Gehören Sie folgenden türkischen (kurdischen) Vereinen oder Verbänden an? (Bitte jeden Verein nachfragen! Mehrfachnennungen möglich!)

Berufsverband...........................1 Sportverein...........................2

Kulturverein(Musik, Tanz)...........................3 Bildungsverein...........................4

Landsmannschaftlicher/nationaler Verein/Gruppe...........................5 Freizeitverein (Jugendgruppe, Senioren)...........................6

Frauenverband/-gruppe...........................7 Religiöse Organisation...........................8

Politische Vereinigung/Gruppe...........................9 Sonstiges...........................10

Keine Angabe...........................99

C.2. Sprachkenntnisse C.2.1. Wie schätzen Sie Ihre deutschen Sprachkenntnisse ein......? (Bitte einzeln abfragen)

Sehr gut Eher gut Mittelmäßig Eher schlecht Sehr schlecht K. Angabe ...beim Verstehen...........1 ........2 .........3 .............4 ...............5 ...................9

....beim Sprechen ...........1 ........2 .........3 .............4 ...............5 ...................9 ...beim Schreiben...........1 ........2 .........3 .............4 ...............5 ...................9

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337

C) Standarderhebungsteil

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C.3. Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen C.3.1 Sind Sie mit Ihrer persönlichen Situation in den folgenden Lebensbereichen zufrieden oder unzufrieden? (Bitte jeden Lebensbereicheinzeln abfragen!) Teils/ Nicht- Trifft Keine . Zufrieden teils zufrieden nicht zu Angabe/

Mit Ihren Wohnverhältnissen..........1 ..........2 ..........3 ...............7 ......9 Mit Ihren Berufschancen..........1 ..........2 ..........3 ...............7 ......9

Mit den Angeboten zur Aus- und Weiterbildung..........1 ..........2 ..........3 ...............7 ......9 Mit Ihrem sozialen Umfeld*.........1 ..........2 ..........3 ...............7 ......9

*(Gemeint sind Freunde, Bekannte, Verwandte, Kollegen)

C.5. Identität C.5.1 Planen oder beabsichtigen Sie in die Türkei zurück zu kehren?

Ja....................................1 Nein....................................2

Weiß nicht....................................8 Keine Angabe....................................9

C.5.2 Welchem Land fühlen Sie sich heimatlich verbunden? Der Türkei..................1

Deutschland..................2 Beiden Ländern..................3

Keinem der beiden Länder..................4 Keine Angabe..................9

C.6. Politische Präferenzen und Interessen C.6.1 Sagen Sie uns bitte, ob die folgenden Institutionen Ihre eigenen Interessen voll, teilweise oder gar nicht vertreten? (Bitte Institutionen einzeln abfragen)

Teil- Gar- Weiß Keine Voll weise nicht nicht Angabe

Deutsche Parteien.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9 Integrationsräte.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9 Gewerkschaften.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9

Landresregierung Nordrhein-Westfalen....1 ..........2 .........3 ................8 .........9 Bundesregierung ....1 ..........2 .........3 ................8 .........9

Oberbürgermeister/Bürgermeister Ihrer Stadt ....1 ..........2 .........3 ................8 .........9 Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften..1 ..........2 .........3 ................8 .........9

Türkische Selbstorganisationen.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9 Türkische Regierung.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9

Page 338: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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338

C) Standarderhebungsteil

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C.6. Politische Präferenzen und Interessen C.6.2.1 Wie stark interessieren Sie sich für die Politik in Deutschland?

Stark.................1 Mittel.................2 Wenig.................3

Keine Angabe................9

C.6.2.2. Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, welche Partei würden Sie dann wählen? (Parteien nicht vorlesen, Frage richtet sich an Alle, auch wenn nicht wahlberechtigt!)

SPD....................................1 CDU....................................2

Bündnis 90/Die Grünen....................................3 FDP....................................4

Linke/PDS....................................5 Andere Partei....................................6

Würde nicht wählen....................................7 Weiß nicht....................................8

Keine Angabe....................................9

C.6.3.1. Und wie stark interessieren Sie sich für die Politik in der Türkei?

Stark.................1 Mittel.................2 Wenig.................3

Keine Angabe................9 .....

C.6.3.2. Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wäre, welche Partei würden Sie dann wählen? (Parteien nicht vorlesen, Frage richtet sich an Alle, auch wenn nicht wahlberechtigt!)

SPD....................................1 CDU....................................2

Bündnis 90/Die Grünen....................................3 FDP....................................4

Linke/PDS....................................5 Andere Partei....................................6

Würde nicht wählen....................................7 Weiß nicht....................................8

Keine Angabe....................................9

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339

C.7. Staatsbürgerschaft und Einbürgerung C.7.1. Welche Staatsbürgerschaft besitzen Sie?

Nur die deutsche Staatsbürgerschaft....................................1 Die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft....................................2

Nur die türkische Staatsbürgerschaft....................................3 Die türkische und eine andere Staatsbürgerschaft....................................4

Nur eine andere Staatsbürgerschaft....................................5 Keine Angabe....................................9

Falls <3

C.8.1.

C.7.2. Erfüllen Sie die Voraussetzungen für die Einbürgerung nach dem neuen Staatsangehörigenrecht?

Ja....................................1 Nein....................................2

Weiß nicht....................................8 Keine Angabe....................................9

C.7.3. Beabsichtigen Sie, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen, bzw. würden Sie sie beantragen, wenn Sie könnten?

Ja....................................1 Vielleicht....................................2

Habe den Antrag auf Einbürgerung bereits gestellt....................................3 Nein....................................4

Keine Angaben....................................9

.

C.8. Politische und gesellschaftliche Problemwahrnehmung C.8.1 Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die Bearbeitung der folgenden politischen Probleme in Nordrhein-Westfalen? (Bitte Probleme einzeln abfragen)

Eher Eher Weiß Keine wichtig unwichtig nicht Angabe

Arbeitslosigkeit..................1 .............2 .............7 ......9 Ausbildungsstellenmangel.................1 .............2 .............7 ......9

Fehlende Kindertagesstättenplätze.................1 .............2 .............7 ......9 Wohnungsmangel.................1 .............2 .............7 ......9

Gleichstellung von Frauen und Männern.................1 .............2 .............7 ......9 Verschuldung des Landes NRW.................1 .............2 .............7 ......9 Ausländerfeindlichkeit in NRW.................1 .............2 .............7 ......9

Kriminalität in NRW.................1 .............2 .............7 ......9 Unterrichtsausfälle an Schulen.................1 .............2 .............7 ......9

Vorlesungsausfall an Universitäten.................1 .............2 .............7 ......9 Verbesserung der Bildungschancen in NRW.................1 .............2 .............7 ......9

Hemmnisse für Betriebs- und Existenzgründungen................1 .............2 .............7 ......9

Page 340: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

340

C) Standarderhebungsteil

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C.8. Politische und gesellschaftliche Problemwahrnehmung C.8.2 Wie beurteilen Sie ganz allgemein die heutige wirtschaftliche Lage in Deutschland?

Gut....................................1 Teils gut/teils schlecht....................................2

Schlecht....................................3 Weiß nicht....................................8

Keine Angabe....................................9

C.8.3 Wie beurteilen Sie Ihre eigene wirtschaftliche Lage heute?

Gut....................................1 Teils gut/teils schlecht....................................2

Schlecht....................................3 Weiß nicht....................................8

Keine Angabe....................................9

C.8.4. Befürchten Sie, in naher Zukunft arbeitslos zu werden? Nein...................1

Ja...................2 Bin arbeitslos (suche Arbeit, habe aber keine)...................3

Bin nicht erwerbstätig: Student/in, Hausfrau/-mann, Rentner/in...................4 Keine Angabe...................9

C.9. Diskriminierungserfahrungen C.9.1. Haben Sie persönlich in den folgenden Lebensbereichen die Erfahrung ungleicher Behandlung von Deutschen und Ausländerinnen/Ausländern gemacht? (Bitte Situationen einzeln abfragen)

Ja, Ja, Nie Keine mehrmals einmal Angabe/

Trifft nicht zu Arbeitsplatz/Schule/Universität.............1 .................2 .................3 .....................9

Bei der Wohnungssuche.............1 .................2 .................3 .....................9 Bei der Arbeitssuche.............1 .................2 .................3 .....................9

Bei Behörden.............1 .................2 .................3 .....................9 Beim Einkaufen.............1 .................2 .................3 .....................9

In Gaststätten/Restaurants/Hotels.............1 .................2 .................3 .....................9 Bei der Polizei.............1 .................2 .................3 .....................9 Beim Gericht.............1 .................2 .................3 .....................9

In der Nachbarschaft.............1 .................2 .................3 .....................9 In Discos.............1 .................2 .................3 .....................9

In Vereinen.............1 .................2 .................3 .....................9 Beim Arzt/bei der Ärztin.............1 .................2 .................3 .....................9

Im Krankenhaus.............1 .................2 .................3 .....................9 Sonstiges.............1 .................2 .................3 .....................9

Page 341: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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341

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.1. Über welche der folgenden deutschen Medien informieren Sie sich hauptsächlich? Bezieht sich in erster Linie auf aktuelle Nachrichten und den Themenbereich Politik. (Medien vorlesen, Mehrfachantworten möglich)

Über das Fernsehen...............1 Über das Radio..................2

Über die Tageszeitung..................3 Über eine Wochenzeitschrift..................4

Über das Internet..................5 Über sonstige Medien..................6

Keine Angabe..................9

D.1.2. Über welche der folgenden türkischen bzw. türkischsprachigen Medien informieren Sie sich hauptsächlich? Bezieht sich in erster Linie auf aktuelle Nachrichten und den Themenbereich Politik (Medien vorlesen, Mehrfachantworten möglich)

Über das Fernsehen..................1 Über das Radio..................2

Über die Tageszeitung..................3 Über eine Wochenzeitschrift..................4

Über das Internet..................5 Über sonstige Medien..................6

Keine Angabe..................9

D.1.3. Welche deutschen Tageszeitung(en) lesen Sie regelmäßig (mehrmals in der Woche)? Zeitungen nicht vorlesen, Mehrfachantwort)

Bild-Zeitung (Bild am Sonntag) ...............1 Welt (Welt am Sonntag) ...............2

Frankfurter Allgemeine Zeitung...............3 Frankfurter Rundschau...............4

Süddeutsche Zeitung...............5 Tagesspiegel...............6

TAZ (Tageszeitung) ...............7 Regionale Tageszeitung (WAZ, NRZ, usw.)...............8

Sonstige...............9 Ich lese nie deutsche Zeitungen...............10

Keine Angabe.............99

Page 342: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

342

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.4. Welche türkischen Tageszeitung(en) lesen Sie regelmäßig (mehrmals in der Woche)? (Zeitungen nicht vorlesen, Mehrfachantworten möglich!)

Hürriyet......1 Milliyet......2 Türkiye......3 Zaman......4

Milli Gazete......5 Evrensel......6

Yeni Ozgür Politika......7 Sabah......8

Fanatik (Sport-Zeitung)......9 Andere türkische Tageszeitungen......10

Ich lese keine türkischen Zeitungen......11 Keine Angabe........99

D.1.4.1. Haben Sie eine oder mehrere dieser Zeitung(en) abonniert?

Ja, eine oder mehrere deutsche....................................1 Ja, eine oder mehrere türkische....................................2

Ja, deutsche und türkische ....................................3 Nein....................................4

Keine Angabe....................................9

Falls > 3

D.1.5.

D.1.4.2. Welche?_________________________________

D.1.5. Sehen Sie ganz allgemein eher deutsches oder eher türkisches bzw. türkischsprachiges Fernsehen?

Eher deutsches Fernsehen ..................1 Eher türkisches bzw. türkischsprachiges Fernsehen ..................2

Beide gleichermaßen ..................3 Ich schaue fast nie Fernsehen ..................4

Keine Angabe ..................9

Page 343: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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343

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.6.1 Welche deutschen Fernsehsender sehen Sie meistens? (Mehrfachnennungen, Sender nicht vorlesen!)

RTL...............1 ProSieben...............2

SAT.1...............3 ARD...............4 ZDF...............5

RTL2...............6 Arte...............7 Vox...............8

Dritte Programme (WDR usw.)...............9 Regionales Fernsehen...............10

SuperRTL...............11 Kabel1...............12

Sportfensehen...............13 Musiksender...............14

Nachrichtensender (NTV, Phönix, N24)...............15 Premiere...............16 Sonstiges..............17

Ich sehe nie deutsches Fernsehen..............18 Keine Angabe..............99

Falls D.1.6.1.x18 = 1

D.1.6.3

D.1.6.2. Welche Art von Sendungen interessiert Sie am meisten im deutschem Fernsehen? (Nicht vorlesen! Mehrfachnennungen möglich)

Unterhaltungsshows (Quiz, Musik etc.) ..................1 Nachrichtensendungen..................2

Dokumentationen und Reportagen..................3 Unterhaltungsserien (Soaps)..................4

Talkshows..................5 Politische Gesprächsrunden..................6

Spielfilme..................7 Sportsendungen..................8

Musiksendungen..................9 Magazinsendungen..................10

Comedy-Sendungen..................11 Wissenschaftssendungen..................12

Service- und Ratgebersendungen..................13 Andere..................14

Keine Angabe..................99

Page 344: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

344

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.6.3. Welche türkischen bzw. türkischsprachigen Fernsehsender sehen Sie meistens? (Sender nicht vorlesen, Mehrfachantworten möglich!)

TRT/TRT-Int..................1 ATV..................2 NTV..................3

StarTV..................4 Kanal 7..................5 Kanal D..................6

ROJ-TV (früher MED-TV)..................7 TGRT EU..................8

ShowTV..................9 CNN-Türk..................10

TV 8..................11 Haber Türk..................12 Samanyolu..................13

TD 1..................14 Kanal Avrupa..................15

Eurotürk..................16 Türk Show..................17

Fox TV.................18 Sonstige..................19

Ich sehe/empfange keine türkischen bzw. türkischsprachigen Sender..................20 Keine Angabe..................99

Falls D.1.6.3.x19 = 1

D.1.7.

D.1.6.4. Welche Art von Sendungen interessiert Sie am meisten im türkischen bzw. türkischsprachigen Fernsehen? (Nicht vorlesen! Mehrfachnennungen möglich)

Unterhaltungsshows (Quiz, Musik etc.) ..................1 Nachrichtensendungen..................2

Dokumentationen und Reportagen..................3 Unterhaltungsserien (Soaps)..................4

Talkshows..................5 Politische Gresprächsrunden..................6

Spielfilme..................7 Sportsendungen..................8

Musiksendungen..................9 Magazinsendungen..................10

Comedy-Sendungen..................11 Wissenschaftssendungen..................12

Service- und Ratgebersendungen..................13 Religiöse Sendungen..................14

Andere..................15 Keine Angabe..................99

Page 345: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

345

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.7. Wie empfangen Sie die Fernsehprogramme?

Über Kabelanschluss..................1 Über Satellit..................2

Über herkömmliche Antenne..................3 Über DVBT-Antenne..................4

Keine Angabe..................99

D.1.8.1. Wenn Sie sich über das aktuelle Geschehen in Deutschland informieren möchten, welche Quellen nutzen Sie dann in erster Limie? (Vorgaben nicht abfragen, aber nachfragen, ob deutsch oder türkisch!)

Deutsches Fernsehen..................1 Türkisches bzw. türkischsprachiges Fernsehen..................2

Deutsche Tageszeitungen..................3 Türkische Tageszeitungen..................4

Deutschsprachige Internetseiten..................5 Türkischsprachige Internetseiten..................6

Türkische Radiosendungen..................7 Deutsche Radiosendungen..................8

Gespäche mit Freunden und Verwandten..................9 Ich interessiere mich nicht für das aktuelle Geschehen in Deutschland und

informiere mich nicht darüber..................10 Keine Angabe..................99

D.1.8.2. Wenn Sie sich über das aktuelle Geschehen in der Türkei informieren möchten, welche Quellen nutzen Sie dann in erster Linie? (Vorgaben nicht einzeln abfragen, aber nachfragen ob deutsch oder türkisch!)

Deutsches Fernsehen..................1 Türkisches bzw. türkischsprachiges Fernsehen..................2

Deutsche Tageszeitungen..................3 Türkische Tageszeitungen..................4

Deutschsprachige Internetseiten..................5 Türkischsprachige Internetseiten..................6

Türkische Radiosendungen..................7 Deutsche Radiosendungen..................8

Gespäche mit Freunden und Verwandten..................9 Ich interessiere mich nicht für das aktuelle Geschehen in der Türkei und

informiere mich nicht darüber..................10 Keine Angabe..................99

Page 346: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

346

D) Variabler Erhebungsteil

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D.1. Mediennutzung D.1.9. Für wie glaubwürdig halten Sie die Berichterstattung in den folgenden Medien? (Medien einzeln abfragen)

Sehr eher eher nicht gar nicht K.A. glaubwürdig glaubwürdig glaubwürdig glaubwürdig

Deutsches Fernsehen....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9

Türkisches bzw. türkischsprachiges Fernsehen....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9 Deutsche Zeitungen....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9

Türkische Zeitungen.....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9 Deutschesprachiges Internet......1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9 Türkischsprachiges Internet......1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9

Deutsches Radio......1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9 Tükisches Radio......1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9

D.1.10. Ich lese Ihnen nun einige Meinungen zu Medien vor. Sagen Sie mir bitte, ob Sie dieser Meinung jeweils voll zustimmen, eher zustimmen, eher nicht zustimmen oder gar nicht zustimmen. (Meinungen bitte einzeln abfragen!)

Stimme …. Voll zu eher zu eher nicht zu gar nicht zu k.A.

Türkische Medien sind für mich eine Brücke in die Heimat…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Es gibt in den deutschen Medien zu wenig Berichte über das Leben von Migranten in Deutschland…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Es gibt in den türkischen Medien zu wenig Berichte über das Leben von Migranten in Deutschland…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Es gibt in den deutschen Medien zu wenig allgemeine Berichterstattung über die Türkei…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Es gibt in den türkischen Medien zu wenig allgemeine Berichterstattung über Deutschland …...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Die türkischen Medien informieren nicht ausreichend über das, was mich hier in Deutschland betrifft…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Die deutschen Medien informieren nicht ausreichend über das, was mich hier in Deutschland betrifft…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

In den deutschen Medien werden Migranten aus der Türkei zu negativ und klischeehaft dargestellt…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

In den türkischen Medien werden „Almancalar“ zu negativ und klischeehaft dargestell…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

In den türkischen Medien werden Deutsche zu negativ und klischeehaft dargestellt…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Page 347: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

347

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.11. Es gibt ja seit einigen Jahren Radioprogramme und Fernsesender, die von türkeistämmigen Zuwanderern in Deutschland für Migranten gemacht werden, wie Radio Metropol, TD 1, Kanal Avrupa oder Türk Show. Nutzen Sie solche Sender oder Programme?

Ja..................1 Nein..................2

Keine Angabe..................9

Falls > 1

D.1.13..

D.1.11.1 Welche? _____________________________

D.1.12. Wie bewerten Sie diese Programme? (Nicht vorlesen, Mehrfavnennungen möglich!)

Solche Programme sind sehr hilfreich für mich..................1 Solche Programme füllen eine Lücke, weil die dort gezeigten Themen

weder in deutschen noch im türkischen Medien gesendet werden..................2 Die dort gezeigten Themen interessieren mich nicht..................3

Ich halte diese Programme für überflüssig..................4 An sich sind sie gut, aber sie sind schlecht gemacht..................5

Sonstiges..................6 Keine Angabe.................9

Falls D.1.12.x6

= 0 or missing

D.1.13..

D.1.12.1. Falls Sonstiges, bitte notieren: ________________________________________________

D.1.12.2. Wie beurteilen Sie, dass diese Sender zweisprachig sind? Halten Sie dies für sehr wichtig, eher wichtig, eher nicht wichtig oder gar nicht wichtig?

Sehr wichtig..................1 Eher wichtig..................2

Eher nicht wichtig..................3 Gar nicht wichtig..................4

Weiß nicht..................8 Keine Angabe..................9

Page 348: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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348

D) Variabler Erhebungsteil

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D.1. Mediennutzung D.1.13.1. Wenn Sie einmal an den Vorfall in Ludwigshafen denken, wo auf tragische Weise neun Menschen bei einem Brand eines Wohnhauses ums Leben kamen, wie beurteilen Sie die Berichterstattung darüber in den deutschen Medien? Ich lese Ihnen einige Beschreibungen vor, sagen Sie mir bitte anhand einer Skala von 1 bis 5, inwieweit Sie glauben, dass dies auf die Berichterstattung in den deutschen Medien zutrifft. 1 bedeutet trifft voll und ganz zu, 5 bedeutet trifft gar nicht zu. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Bewertung abstufen. (2 = trifft eher zu, 3 = trifft teilweise zu, 4 = trifft eher nicht zu) War die Berichterstattung in den deutschen Medien……. (Adjektive bitte einzeln abfragen und Beurteilung notieren!)

Voll und ganz eher teils/teils eher nicht gar nicht k.A.

Angemessen.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Umfassend.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Gewissenhaft.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Glaubwürdig.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Zeitnah.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Sachlich/objektiv.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Vorurteilsfre.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Oberflächlich.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Zu emotiona.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Übertrieben.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Unsachlich.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Parteiisch.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Schlampig/ungenau.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Page 349: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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349

D) Variabler Erhebungsteil

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D.1. Mediennutzung D.1.13.2. Und wie beurteilen Sie die Berichterstattung zu Ludwigshafen in den türkischen Medien? Ich lese Ihnen die gleichen Beschreibungen wie gerade vor, sagen Sie mir bitte wieder anhand der Skala von 1 bis 5, inwieweit Sie glauben, dass dies auf die Berichterstattung in den türkischen Medien zutrifft. (1 bedeutet trifft voll und ganz zu, 5 bedeutet trifft gar nicht zu. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Bewertung abstufen. (2 = trifft eher zu, 3 = trifft teilweise zu, 4 = trifft eher nicht zu)). War die Berichterstattung in den türkischen Medien……. (Adjektive bitte einzeln abfragen und Beurteilung notieren!)

Voll und ganz eher teils/teils eher nicht gar nicht k.A.

Angemessen.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Umfassend.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Gewissenhaft.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Glaubwürdig.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Zeitnah.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Sachlich/objektiv.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Vorurteilsfre.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Oberflächlich.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Zu emotiona.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Übertrieben.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Unsachlich.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Parteiisch.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Schlampig/ungenau.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

D.1.13.3. (Nicht vorlesen): Falls Befragter weitere/andere Bemerkungen/Beurteilungen hierzu macht, bitte hier kurz notieren, aber nicht nachfragen! ___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________

Page 350: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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350

E) Soziodemographischer Erhebungsteil

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E.1. Persönliche Merkmale der Befragten (Bitte eintragen, nicht nachfragen) E.1.1. Geschlecht der Zielperson

Männlich.................1 Weiblich.................2

E.1.2. Nun haben wir noch ein paar Fragen zu Ihrer Person. Wie alt sind Sie?

__________Jahre

E.1.3. Welchen Familienstand haben Sie?

Verheiratet und lebe mit Partner/in zusammen....................................1

Verheiratet und getrennt lebend....................................2 Verwitwet....................................3

Geschieden....................................4 Ledig und mit Partner/in zusammenlebend....................................5

Ledig....................................6 Keine Angabe....................................9

E.1.4. Seit wie vielen Jahren leben Sie bereits in Deutschland? __________Jahre

E.1.5. Was war Ihr Zuwanderungsgrund?

Arbeitsuche/-verhältnis (‚Gastarbeiter/in‘)....................................1

Flüchtling/Asylbewerber/in....................................2 Familienzusammenführung als Ehepartner/in....................................3

Familienzusammenführung als Kind....................................4 Studium/Ausbildung/Akademikeraustausch....................................5

Bin in Deutschland geboren....................................6 Sonstiges....................................7

Keine Angabe....................................9

E.1.6. Welcher Zuwanderergeneration fühlen Sie sich zugehörig?

Der ersten Generation....................................1 Der zweiten Generation....................................2 Der dritten Generation....................................3

Keiner....................................4 Weiß nicht....................................8

Keine Angabe....................................9

Page 351: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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351

E) Soziodemographischer Erhebungsteil

weiter mit

E2. Formale Bildungsabschlüsse E.2.1. Wo haben Sie Ihren Schulabschluss gemacht (bzw. falls keinen Abschluss, wo haben Sie zuletzt die Schule besucht)?

In der Türkei.......................................................1 In Deutschland....................................................2 Anderswo (z.B. Griechenland, Bulgarien)..........3 Habe nie eine Schule besucht.............................4 Keine Angabe.....................................................9

Falls 1 oder 4

E.2.3.

E.2.2. Welchen allgemeinbildenden Schulabschluss haben Sie in Deutschland (oder anderswo) erworben? Bei Angabe „Abitur“ bitte nachfragen, ob auf einem normalen Gymnasium oder einer anderen Schule, sonst Fachabitur oder Fachoberschule eingeben!

Bin noch Schüler/in............................1 Kein Schulabschluss..........................2 Grundschule.......................................3 Sonderschule......................................4 Hauptschulabschluss..........................5 Realschulabschluss/Mittlere Reife.....6 Fachoberschule/Berufskolleg.............7 Fachabitur/Fachhochschulreife..........8 Abitur/Allgemeine Hochschulreife....9 Hochschulabschluss (Universität)....10 Anderen Schulabschluss...................11 Keine Angabe..................................99

E.2.4.

E.2.3. Welchen allgemeinbildenden Schulabschluss haben Sie in der Türkei erworben?

Habe nie eine Schule besucht.......................................1 Keinen Schulabschluss.......................................2

Ilkokul......................................3 Ortaokul.......................................4

Lise.......................................5 Universitätsabschluss.......................................6

Anderer Abschlus.......................................7 Keine Angabe......................................9

Page 352: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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352

E) Soziodemographischer Erhebungsteil

weiter mit

E.2. Formale Bildungsabschlüsse E.2.4. Welchen beruflichen Ausbildungsabschluss haben Sie? (Nur letzten Berufsabschuss angeben lassen!)

Keinen beruflichen Ausbildungsabschluss....................................1 Berufsfachschulabschluss/Lehre (betriebliche und schulische Ausbildung).....................................2

Meisterbrief/Techniker/in/Fachakademie....................................3 Fachhochschulabschluss/Universitätsabschluss....................................4

Anderer Berufsabschluss....................................5 In beruflicher Ausbildung/im Studium/Schüler....................................6

Keine Angabe....................................9

.

E.3. Berufstätigkeit E.3.1. Sind Sie zur Zeit erwerbstätig? (Studenten und Zivildienstleistende bitte bei nicht erwerbstätig notieren, auch wenn sie einen Job haben, Auszubildende bitte bei Vollzeit erwerbstätig einordnen)

Vollzeit erwerbstätig (34 Wochenstunden oder mehr)....................................1 Teilzeit erwerbstätig (weniger als 34 Wochenstunden/mehr als 400 Euro)....................................2

Geringfügig beschäftigt (bis 400 Euro monatlich)....................................3 Nicht erwerbstätig....................................4

Keine Angabe....................................9

Falls < 3

E.3.3.

E.3.2. (Falls nicht erwerbstätig): Zu welcher der folgenden Gruppen gehören Sie? Nur eine Nennung möglich! Antwortvorgaben bitte vorlesen! Bei Hausfrauen bitte nachfragen, ob arbeitslosgemeldet, falls ja, bei Arbeitslos eintragen!

Student/in/Schüler....................................1 Rentner/in, Pensionär/in....................................2

Arbeitslose/r....................................3 Hausfrau/-mann....................................4

Wehr-/Zivildienstleistender....................................5 Elternzeit....................................6

Aus anderen Gründen nicht vollzeit-erwerbstätig....................................7 Keine Angabe....................................9

E.4.1.

Page 353: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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353

E) Soziodemographischer Erhebungsteil

weiter mit

E.3. Berufstätigkeit

E.3.3. Welche berufliche Stellung haben Sie? Bei Selbstständigen bitte nachfragen, ob hauptberuflich, sonst andere berufliche Stellung angeben!

Arbeiter/in (ungelernt/angelernt) ....................................1 Facharbeiter/in....................................2

Einfache Angestellte/r (Position auf der unteren Ebene).....................................3 Mittlere Angestellte/r (Position auf der mittleren Ebene).....................................4

Höherer Angestellte/r (Führungsposition).....................................5 Beamter/Beamtin....................................6

Selbstständige/r in freien akademischen Beruf (Arzt, Rechtsanwalt etc.)....................................7 Selbstständige/r in Handel, Gewerbe, Dienstleistung, Industrie....................................8

Mithelfende/r Familienangehörige/r....................................9 Auszubildende/r....................................10

Keine Angabe....................................99

E.4. Wohnräumliche Merkmale

E.4.1. Leben Sie in einem Ein- oder Mehrfamilienhaus?

Einfamilienhaus.....................1 Mehrfamilienhaus.....................2

Keine Angabe....................9

E.4.2. Wie viele Quadratmeter hat Ihre Wohnung/Ihr Haus (nur Wohnfläche, ohne Garten, Keller usw.) _____________ qm

E.4.3. Und wohnen Sie bzw. Ihre Familie zu Miete oder ist es Ihr Eigentum?

Eigentum.....................1 Miete.....................2

Keine Angabe....................9

Falls = 1

E.5.1.

E.4.4. Planen Sie oder Ihre Familie, in naher Zukunft Wohneigentum in Deutschland (Haus oder Eigentumswohnung) zu erwerben?

Ja.....................1 Nein.....................2

Weiß nicht.....................3 Keine Angabe....................9

Page 354: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

354

E) Soziodemographischer Erhebungsteil

weiter mit

E.5. Religion

E.5.1. Welcher Glaubensgemeinschaft gehören Sie an? Bitte Antwortvorgaben nicht vorlesen, aber bei Muslimen nachfragen!

Muslime, sunnitisch....................................1 Muslime, alevitisch....................................2 Muslime, schiitisch....................................3

Christen....................................4 Sonstige Glaubensgemeinschaften...................................5

Keiner Glaubensgemeinschaften..................................6 Keine Angabe..................................9

Falls > 5

E.6.1.

E.5.2. Wie schätzen Sie den Grad Ihrer eigene Religiosität ein?

Sehr religiös....................................1 Eher religiös....................................2

Eher nicht religiös....................................3 Gar nicht religiös....................................4

Keine Angabe....................................9

E.6. Haushaltseinkommen E.6.1. Wie hoch ist das monatliche Netto-Einkommen Ihres Haushalts insgesamt? Ich meine dabei die Summe, die nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungs- beiträge übrigbleibt. (Einschließlich Rente, Pension, Einkommen aus Vermietung, Kindergeld, Wohngeld und andere öffentliche Unterstützungen.)

(Bei Selbstständigen nach dem durchschnittlichen monatlichen Netto-Einkommen, abzüglich der Betriebsausgaben fragen!)

EURO______________________ Bei der Angabe „Weiß nicht und bei keine Angabe frei lassen

Page 355: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

355

E) Soziodemographischer Erhebungsteil

weiter mit

E.6. Haushaltseinkommen E.6.2. Falls Angabe verweigert wird, bitte auf Anonymität hinweisen und Einkommensgruppen vorlesen! Bitte Kategorie auch eintragen, wenn der Befragte den genauen Betrag nennt!

Unter 1000 Euro.....................................1

1000 bis unter 2000 Euro.....................................2 2000 bis unter 3000 Euro.....................................3

3000 Euro und mehr.....................................4 Keine Angabe......................................9

ENDE (Interviewer bitte dringend ausfüllen, ist wichtig für den Sprung zum nächsten Fall!)

Interview wurde normal beendet....................................1 Interview wurde abgebrochen....................................2

Nächster Fall

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Abspeichern nicht vergessen!

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Zentrum für Türkeistudien

356

Altendorfer Straße 3 45127 Essen

Telefon: 02 01 / 31 98 - 0 Telefax: 02 01 / 31 98 - 333

Internet: www.zft-online.de eMail: [email protected]

Standardisierte Mehrthemen-Befragung türkeistämmiger Migrantinnen und

Migranten in Deutschland

Fragebogen für eine

CATI-Erhebung

2008

im Auftrag des Ministeriums für Generationen,

Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

Essen, August 2008

Page 357: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

357

A) Kontaktaufnahme

weiter mit

A.1. Telefonischer Kontakt...

Besetzt....................................1 Es hebt niemand ab....................................2 Anrufbeantworter.....................................3

Telefonnummer falsch (‘Kein Anschluss unter dieser...’).....................................4 Faxanschluss.....................................5

Anderer Hinderungsgrund.....................................6 Telefonischer Kontakt kommt zustande.....................................9

Falls < 9

Nächster

Fall

Begrüßungstext: Guten Tag, Zentrum für Türkeistudien in Essen, mein Name ist.................................. Wir führen im Auftrag des Ministeriums für Integration von Nordrhein-Westfalen eine Befragung der türkischen Migrantinnen und Migranten zu verschiedenen Bereichen des alltäglichen Lebens durch. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dieses Interview mit uns führen könnten. Bei Nachfragen: Welche Fragen? Es werden Fragen zur Nachbarschaft, zur Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen und zur Mediennutzung gestellt. Auftraggeber? Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration in NRW Datenschutz? Wir haben Ihre Telefonnummer zufällig aus dem Telefonbuch (CD: ClickTel 2008) gezogen. Ihre Telefon- nummer und Ihr Name werden von Ihren Antworten getrennt und nach diesem Interview gelöscht. Dazu sind wir aufgrund des Datenschutzgesetzes verpflichtet. Niemand erhält Ihre Adresse oder Telefonnummer, auch nicht das Ministerium oder sonst eine Behörde. Ihre Antworten werden nur statistisch ausgewertet. Sie bleiben mit Ihren Antworten also anonym. Ziel und Nutzen der Befragung? Das Ministerium möchte gerne wissen, wie die türkeistämmigen Migrantinnen und Migranten über verschiedene Themen denken, welche Maßnahmen Sie für nötig halten, um die Ergebnisse der Befragung dann in die Politik einbeziehen und besser auf die Bedürfnisse der Migrantinnen und Migranten abstimmen zu können.

A.2. Persönlicher Kontakt...

Stimmt Interview zu....................................1 Kein Haushalt mit Personen türkischer Herkunft....................................2

Lehnt Interview ab.....................................3 Ist kein Privathaushalt, sondern Unternehmen, Vereine o.ä......................................4

Jetzt keine Zeit, aber zu einem anderen Zeitpunkt.....................................5 Eltern/Erwachsene nicht anwesend.....................................6

Anderer Hinderungsgrund.....................................7

Falls > 1

Nächster

Fall

Page 358: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

358

B) Auswahl des Befragten/Haushaltsstruktur

weiter mit

Zuerst benötigen wir noch wenige Informationen zu dem Haushalt, in dem Sie wohnen. B.1. Wie viele Personen leben in Ihrer Wohnung? Zählen Sie dazu bitte sich selbst, Kinder bzw. Personen, die normalerweise hier wohnen, aber zur Zeit abwesend sind (z.B. im Krankenhaus, in Ferien).

Anzahl der Personen._________

B.2. Wie viele der Personen in Ihrem Haushalt sind türkischer Herkunft? (unabhängig von Staatsbürgerschaft)

Anzahl der Personen.________ B.3. Wie viele von diesen sind volljährig?

Anzahl der Personen.________

B.4. Interviewer bitte ausfüllen!

Keine volljährige Person türkischer Herkunft im Haushalt vorhanden........0

Volljährige Person türkischer Herkunft im Haushalt vorhanden........1

Falls = 0

Nächster

Fall

B.5. Und wer hatte von den volljährigen Mitgliedern Ihres Haushaltes türkischer Herkunft als letztes Geburtstag? Wir meinen damit nicht das jüngste Mitglied Ihres Haushaltes, sondern die Person, die, wenn Sie die Wochen oder Monate zurückgehen, als letztes den Geburtstag feiern konnte. Dann möchte ich bitte mit .................sprechen.

Eventuell Begrüßungstext nochmals vortragen! B.6. Reaktion der ausgewählten Person im Haushalt...

Stimmt Interview zu....................................1 Ist zur Zeit nicht anwesend....................................2

Ist in den nächsten drei Wochen nie anwesend....................................3 Lehnt Interview ab....................................4

Jetzt nicht, aber zu späteren Zeitpunkt ab....................................5 Anderer Hinderungsgrund....................................6

Falls >1

Nächster

Fall

B.7. Möchten Sie dieses Gespräch in Türkisch oder in Deutsch führen?

Türkisch......1 Deutsch.......2

Falls = 1

Form 2, Question

1

Page 359: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

359

C) Standarderhebungsteil

weiter mit

C.1. Interkultureller Kontakt/Gesellschaftliche Integration C.1.1. Haben Sie persönlich Kontakte zu Personen deutscher Herkunft, und zwar – (Bitte Bereiche einzeln abfragen!) (Grußkontakte werden hier nicht als Kontakt verstanden. Unter Familie/Verwandtschaft fallen auch entfernte Verwandte) Ja Nein Trifft Keine nicht zu Angabe

• ...in Ihrer eigenen Familie oder Verwandtschaft?................................1 ......2 .......8 ......9 • ...an Ihrem Arbeitsplatz (Schule, Universität etc.) ? ................................1 ......2 .......8 ......9

• ...in Ihrer Nachbarschaft? ................................1 ......2 .......8 ......9 • ...in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis? ................................1 ......2 .......8 ......9

C.1.2. Wie häufig verbringen Sie Ihre Freizeit auch mit Deutschen?

Jeden Tag - fast jeden Tag...........................1 Häufig – mindestens einmal in der Woche..........................2

Manchmal – mindestens einmal im Monat...........................3 Selten – mehrmals im Jahr..........................4

Nie, so gut wie nie...........................5 Keine Angabe............................9

C.1.3. Wünschen Sie sich mehr Kontakt zu Deutschen?

Ja....................................1 Nein....................................2

Weiß nicht....................................8 Keine Angabe....................................9

C.1.4. Wohnen mehr Deutsche oder mehr Türkinnen und Türken in Ihrer näheren Wohngegend? (Mit Wohngegend ist das Wohnhaus und andere Wohnhäuser in der Nähe gemeint!)

Überwiegend Deutsche....................................1 Hier wohnen Deutsche und Türkinnen/Türken in etwa gleichen Teilen....................................2

Überwiegend Türkinnen/Türken....................................3 Überwiegend andere Ausländerinnen/Ausländer....................................4

Keine Angabe....................................9

Page 360: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

360

C) Standarderhebungsteil

weiter mit

C.1. Interkultureller Kontakt/Gesellschaftliche Integration C.1.5.1. Gehören Sie folgenden deutschen Vereinen oder Verbänden an? (Bitte jeden Verein nachfragen! Mehrfachnennungen möglich!)

Gewerkschaft...........................1 Berufsverband...........................2

Sportverein...........................3 Kulturverein (Musik, Tanz)...........................4

Bildungsverein...........................5 Freizeitverein (Jugendgruppe, Senioren)...........................6

Frauenverband/-gruppe...........................7 Religiöse Organisation...........................8

Politische Vereinigung/Gruppe (auch deutsch-türkische Gruppen)...........................9 Partei..........................10

Sonstiges..........................11 Keine Angabe..........................99

C.1.5.2. Gehören Sie folgenden türkischen (kurdischen) Vereinen oder Verbänden an? (Bitte jeden Verein nachfragen! Mehrfachnennungen möglich!)

Berufsverband...........................1 Sportverein...........................2

Kulturverein(Musik, Tanz)...........................3 Bildungsverein...........................4

Landsmannschaftlicher/nationaler Verein/Gruppe...........................5 Freizeitverein (Jugendgruppe, Senioren)...........................6

Frauenverband/-gruppe...........................7 Religiöse Organisation...........................8

Politische Vereinigung/Gruppe...........................9 Sonstiges...........................10

Keine Angabe...........................99

C.2. Sprachkenntnisse C.2.1. Wie schätzen Sie Ihre deutschen Sprachkenntnisse ein......? (Bitte einzeln abfragen)

Sehr gut Eher gut Mittelmäßig Eher schlecht Sehr schlecht K. Angabe ...beim Verstehen...........1 ...........2 ............3 ................4 ...................5 ......................9 ....beim Sprechen...........1 ...........2 ............3 ................4 ...................5 ......................9 ...beim Schreibe...........1 ...........2 ............3 ................4 ...................5 ......................9

Page 361: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

361

C) Standarderhebungsteil

weiter mit

C.3. Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen C.3.1 Sind Sie mit Ihrer persönlichen Situation in den folgenden Lebensbereichen zufrieden oder unzufrieden? (Bitte jeden Lebensbereicheinzeln abfragen!)

Teils/ Nicht- Triff Keine Zufrieden teils zufrieden nicht zu Angabe/

Mit Ihren Wohnverhältnissen..............1 ..........2 ..........3 ..............7 .........9

Mit Ihren Berufschancen..............1 ..........2 ..........3 ..............7 .........9

Mit den Angeboten zur Aus- und Weiterbildung..............1 ..........2 ..........3 ...............7 …....9

Mit Ihrem sozialen Umfeld*..............1 ..........2 ..........3 ...............7 ........9 *(Gemeint sind Freunde, Bekannte, Verwandte, Kollegen)

C.5. Identität C.5.1 Planen oder beabsichtigen Sie in die Türkei zurück zu kehren?

Ja....................................1 Nein....................................2

Weiß nicht....................................8 Keine Angabe....................................9

C.5.2 Welchem Land fühlen Sie sich heimatlich verbunden? Der Türkei..................1

Deutschland..................2 Beiden Ländern..................3

Keinem der beiden Länder..................4 Keine Angabe..................9

C.6. Politische Präferenzen und Interessen C.6.1 Sagen Sie uns bitte, ob die folgenden Institutionen Ihre eigenen Interessen voll, teilweise oder gar nicht vertreten? (Bitte Institutionen einzeln abfragen)

Teil- Gar- Weiß Keine Voll weise nicht nicht Angabe

Deutsche Parteien.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9 Integrationsräte.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9 Gewerkschaften.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9

Bundesregierung.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9 Oberbürgermeister/Bürgermeister Ihrer Stadt.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9

Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften......1 ..........2 .........3 ................8 .........9 Türkische Selbstorganisationen.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9

Türkische Regierung.....1 ..........2 .........3 ................8 .........9

Page 362: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

362

C) Standarderhebungsteil

weiter mit

C.6. Politische Präferenzen und Interessen C.6.2.1 Wie stark interessieren Sie sich für die Politik in Deutschland?

Stark.................1 Mittel.................2 Wenig.................3

Keine Angabe................9

C.6.2.2. Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, welche Partei würden Sie dann wählen? (Parteien nicht vorlesen, Frage richtet sich an Alle, auch wenn nicht wahlberechtigt!)

SPD....................................1 CDU....................................2

Bündnis 90/Die Grünen....................................3 FDP....................................4

Linke/PDS....................................5 Andere Partei....................................6

Würde nicht wählen....................................7 Weiß nicht....................................8

Keine Angabe....................................9

C.6.3.1. Und wie stark interessieren Sie sich für die Politik in der Türkei?

Stark.................1 Mittel.................2 Wenig.................3

Keine Angabe................9 .....

Page 363: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

363

C.7. Staatsbürgerschaft und Einbürgerung C.7.1. Welche Staatsbürgerschaft besitzen Sie?

Nur die deutsche Staatsbürgerschaft....................................1 Die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft....................................2

Nur die türkische Staatsbürgerschaft....................................3 Die türkische und eine andere Staatsbürgerschaft....................................4

Nur eine andere Staatsbürgerschaft....................................5 Keine Angabe....................................9

Falls <3

C.8.1.

C.7.2. Erfüllen Sie die Voraussetzungen für die Einbürgerung nach dem neuen Staatsangehörigenrecht?

Ja....................................1 Nein....................................2

Weiß nicht....................................8 Keine Angabe....................................9

C.7.3. Beabsichtigen Sie, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen, bzw. würden Sie sie beantragen, wenn Sie könnten?

Ja....................................1 Vielleicht....................................2

Habe den Antrag auf Einbürgerung bereits gestellt....................................3 Nein....................................4

Keine Angaben....................................9

.

C.8. Politische und gesellschaftliche Problemwahrnehmung C.8.1 Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die Bearbeitung der folgenden politischen Probleme? (Bitte Probleme einzeln abfragen)

Eher Eher Weiß Keine wichtig unwichtig nicht Angabe

Arbeitslosigkeit..................1 .............2 .............7 ......9 Ausbildungsstellenmangel..................1 .............2 .............7 ......9

Fehlende Kindertagesstättenplätze..................1 .............2 .............7 ......9 Wohnungsmangel..................1 .............2 .............7 ......9

Gleichstellung von Frauen und Männern..................1 .............2 .............7 ......9 Verschuldung des Bundes..................1 .............2 .............7 ......9

Ausländerfeindlichkeit.................1 .............2 .............7 ......9 Kriminalität..................1 .............2 .............7 ......9

Unterrichtsausfälle an Schulen..................1 .............2 .............7 ......9 Vorlesungsausfall an Universitäten..................1 .............2 .............7 ......9 Verbesserung der Bildungschancen..................1 .............2 .............7 ......9

Hemmnisse für Betriebs- und Existenzgründunge..................1 .............2 .............7 ......9

Page 364: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

364

C) Standarderhebungsteil

weiter mit

C.8. Politische und gesellschaftliche Problemwahrnehmung C.8.2 Wie beurteilen Sie ganz allgemein die heutige wirtschaftliche Lage in Deutschland?

Gut....................................1 Teils gut/teils schlecht....................................2

Schlecht....................................3 Weiß nicht....................................8

Keine Angabe....................................9

C.8.3 Wie beurteilen Sie Ihre eigene wirtschaftliche Lage heute? Gut....................................1

Teils gut/teils schlecht....................................2 Schlecht....................................3

Weiß nicht....................................8 Keine Angabe....................................9

C.8.4. Befürchten Sie, in naher Zukunft arbeitslos zu werden?

Nein...................1 Ja...................2

Bin arbeitslos (suche Arbeit, habe aber keine)...................3 Bin nicht erwerbstätig: Student/in, Hausfrau/-mann, Rentner/in...................4

Keine Angabe...................9

C.9. Diskriminierungserfahrungen C.9.1. Haben Sie persönlich in den folgenden Lebensbereichen die Erfahrung ungleicher Behandlung von Deutschen und Ausländerinnen/Ausländern gemacht? (Bitte Situationen einzeln abfragen)

Ja, Ja, Nie Keine mehrmals einmal Angabe/

Trifft nicht zu Arbeitsplatz/Schule/Universität.............1 .................2 .................3 .....................9

Bei der Wohnungssuche.............1 .................2 .................3 .....................9 Bei der Arbeitssuche.............1 .................2 .................3 .....................9

Bei Behörden. .............1 .................2 .................3 .....................9 Beim Einkaufen.............1 .................2 .................3 .....................9

In Gaststätten/Restaurants/Hotels.............1 .................2 .................3 .....................9 Bei der Polizei.............1 .................2 .................3 .....................9

Beim Gericht.............1 .................2 .................3 .....................9 In der Nachbarschaft.............1 .................2 .................3 .....................9

In Discos.............1 .................2 .................3 .....................9 In Vereinen.............1 .................2 .................3 .....................9

Beim Arzt/bei der Ärztin.............1 .................2 .................3 .....................9 Im Krankenhaus.............1 .................2 .................3 .....................9

Sonstiges.............1 .................2 .................3 .....................9

Page 365: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

365

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.1. Über welche der folgenden deutschen Medien informieren Sie sich hauptsächlich? Bezieht sich in erster Linie auf aktuelle Nachrichten und den Themenbereich Politik. (Medien vorlesen, Mehrfachantworten möglich)

Über das Fernsehen...............1 Über das Radio..................2

Über die Tageszeitung..................3 Über eine Wochenzeitschrift..................4

Über das Internet..................5 Über sonstige Medien..................6

Keine Angabe..................9

D.1.2. Über welche der folgenden türkischen bzw. türkischsprachigen Medien informieren Sie sich hauptsächlich? Bezieht sich in erster Linie auf aktuelle Nachrichten und den Themenbereich Politik (Medien vorlesen, Mehrfachantworten möglich)

Über das Fernsehen..................1 Über das Radio..................2

Über die Tageszeitung..................3 Über eine Wochenzeitschrift..................4

Über das Internet..................5 Über sonstige Medien..................6

Keine Angabe..................9

D.1.3. Welche deutschen Tageszeitung(en) lesen Sie regelmäßig (mehrmals in der Woche)? (Zeitungen nicht vorlesen, Mehrfachantwort)

Bild-Zeitung (Bild am Sonntag) ...............1 Welt (Welt am Sonntag) ...............2

Frankfurter Allgemeine Zeitung...............3 Frankfurter Rundschau...............4

Süddeutsche Zeitung...............5 Tagesspiegel...............6

TAZ (Tageszeitung) ...............7 Regionale Tageszeitung...............8

Sonstige...............9 Ich lese nie deutsche Zeitungen...............10

Keine Angabe.............99

Page 366: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

366

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.4. Welche türkischen Tageszeitung(en) lesen Sie regelmäßig (mehrmals in der Woche)? (Zeitungen nicht vorlesen, Mehrfachantworten möglich!)

Hürriyet......1 Milliyet......2 Türkiye......3 Zaman......4

Milli Gazete......5 Evrensel......6

Yeni Ozgür Politika......7 Sabah......8

Fanatik (Sport-Zeitung)......9 Andere türkische Tageszeitungen......10

Ich lese keine türkischen Zeitungen......11 Keine Angabe........99

D.1.4.1. Haben Sie eine oder mehrere dieser Zeitung(en) abonniert?

Ja, eine oder mehrere deutsche....................................1 Ja, eine oder mehrere türkische....................................2

Ja, deutsche und türkische ....................................3 Nein....................................4

Keine Angabe....................................9

Falls > 3

D.1.5.

D.1.4.2. Welche?_________________________________

D.1.5. Sehen Sie ganz allgemein eher deutsches oder eher türkisches bzw. türkischsprachiges Fernsehen?

Eher deutsches Fernsehen ..................1 Eher türkisches bzw. türkischsprachiges Fernsehen ..................2

Beide gleichermaßen ..................3 Ich schaue fast nie Fernsehen ..................4

Keine Angabe ..................9

Page 367: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

367

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.6.1 Welche deutschen Fernsehsender sehen Sie meistens? (Mehrfachnennungen, Sender nicht vorlesen!)

RTL...............1 ProSieben...............2

SAT.1...............3 ARD...............4 ZDF...............5

RTL2...............6 Arte...............7 Vox...............8

Dritte Programme (WDR usw.)...............9 Regionales Fernsehen...............10

SuperRTL...............11 Kabel1...............12

Sportfensehen...............13 Musiksender...............14

Nachrichtensender (NTV, Phönix, N24)...............15 Premiere...............16 Sonstiges..............17

Ich sehe nie deutsches Fernsehen..............18 Keine Angabe..............99

Falls D.1.6.1.x18 = 1

D.1.6.3

D.1.6.2. Welche Art von Sendungen interessiert Sie am meisten im deutschem Fernsehen? (Nicht vorlesen! Mehrfachnennungen möglich)

Unterhaltungsshows (Quiz, Musik etc.) ..................1 Nachrichtensendungen..................2

Dokumentationen und Reportagen..................3 Unterhaltungsserien (Soaps)..................4

Talkshows..................5 Politische Gesprächsrunden..................6

Spielfilme..................7 Sportsendungen..................8

Musiksendungen..................9 Magazinsendungen..................10

Comedy-Sendungen..................11 Wissenschaftssendungen..................12

Service- und Ratgebersendungen..................13 Andere..................14

Keine Angabe..................99

Page 368: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

368

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.6.3. Welche türkischen bzw. türkischsprachigen Fernsehsender sehen Sie meistens? (Sender nicht vorlesen, Mehrfachantworten möglich!)

TRT/TRT-Int..................1 ATV..................2 NTV..................3

StarTV..................4 Kanal 7..................5 Kanal D..................6

ROJ-TV (früher MED-TV)..................7 TGRT..................8

ShowTV..................9 CNN-Türk..................10

TV 8..................11 Haber Türk..................12 Samanyolu..................13

TD 1..................14 Kanal Avrupa..................15

Eurotürk..................16 Türk Show..................17

Sonstige..................18 Ich sehe/empfange keine türkischen bzw. türkischsprachigen Sender..................19

Keine Angabe..................99

Falls D.1.6.3.x19 = 1

D.1.7.

D.1.6.4. Welche Art von Sendungen interessiert Sie am meisten im türkischen bzw. türkischsprachigen Fernsehen? (Nicht vorlesen! Mehrfachnennungen möglich)

Unterhaltungsshows (Quiz, Musik etc.) ..................1 Nachrichtensendungen..................2

Dokumentationen und Reportagen..................3 Unterhaltungsserien (Soaps)..................4

Talkshows..................5 Politische Gresprächsrunden..................6

Spielfilme..................7 Sportsendungen..................8

Musiksendungen..................9 Magazinsendungen..................10

Comedy-Sendungen..................11 Wissenschaftssendungen..................12

Service- und Ratgebersendungen..................13 Religiöse Sendungen..................14

Andere..................15 Keine Angabe..................99

Page 369: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

369

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.7. Wie empfangen Sie die Fernsehprogramme?

Über Kabelanschluss..................1 Über Satellit..................2

Über herkömmliche Antenne..................3 Über DVBT-Antenne..................4

Keine Angabe..................99

D.1.8.1. Wenn Sie sich über das aktuelle Geschehen in Deutschland informieren möchten, welche Quellen nutzen Sie dann in erster Limie? (Vorgaben nicht abfragen, aber nachfragen, ob deutsch oder türkisch!)

Deutsches Fernsehen..................1 Türkisches bzw. türkischsprachiges Fernsehen..................2

Deutsche Tageszeitungen..................3 Türkische Tageszeitungen..................4

Deutschsprachige Internetseiten..................5 Türkischsprachige Internetseiten..................6

Türkische Radiosendungen..................7 Deutsche Radiosendungen..................8

Gespäche mit Freunden und Verwandten..................9 Ich interessiere mich nicht für das aktuelle Geschehen in Deutschland und

informiere mich nicht darüber..................10 Keine Angabe..................99

D.1.8.2. Wenn Sie sich über das aktuelle Geschehen in der Türkei informieren möchten, welche Quellen nutzen Sie dann in erster Linie? (Vorgaben nicht einzeln abfragen, aber nachfragen ob deutsch oder türkisch!)

Deutsches Fernsehen..................1 Türkisches bzw. türkischsprachiges Fernsehen..................2

Deutsche Tageszeitungen..................3 Türkische Tageszeitungen..................4

Deutschsprachige Internetseiten..................5 Türkischsprachige Internetseiten..................6

Türkische Radiosendungen..................7 Deutsche Radiosendungen..................8

Gespäche mit Freunden und Verwandten..................9 Ich interessiere mich nicht für das aktuelle Geschehen in der Türkei und

informiere mich nicht darüber..................10 Keine Angabe..................99

Page 370: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

370

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.9. Für wie glaubwürdig halten Sie die Berichterstattung in den folgenden Medien? (Medien einzeln abfragen)

Sehr eher eher nicht gar nicht K.A. glaubwürdig glaubwürdig glaubwürdig glaubwürdig

Deutsches Fernsehen....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9

Türkisches bzw. türkischsprachiges Fernsehen....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9 Deutsche Zeitungen....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9

Türkische Zeitungen....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9 Deutschesprachiges Internet....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9 Türkischsprachiges Internet....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9

Deutsches Radio....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9 Tükisches Radio....1 ..................2 ................3 ..............4 ...........9

D.1.10. Ich lese Ihnen nun einige Meinungen zu Medien vor. Sagen Sie mir bitte, ob Sie dieser Meinung jeweils voll zustimmen, eher zustimmen, eher nicht zustimmen oder gar nicht zustimmen. (Meinungen bitte einzeln abfragen!)

Stimme …. Voll zu eher zu eher nicht zu gar nicht zu k.A.

Türkische Medien sind für mich eine Brücke in die Heimat…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Es gibt in den deutschen Medien zu wenig Berichte über das Leben von Migranten in Deutschland…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Es gibt in den türkischen Medien zu wenig Berichte über das Leben von Migranten in Deutschland…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Es gibt in den deutschen Medien zu wenig allgemeine Berichterstattung über die Türkei …...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Es gibt in den türkischen Medien zu wenig allgemeine Berichterstattung über Deutschland…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Die türkischen Medien informieren nicht ausreichend über das, was mich hier in Deutschland betrifft…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Die deutschen Medien informieren nicht ausreichend über das, was mich hier in Deutschland betrifft…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

In den deutschen Medien werden Migranten aus der Türkei zu negativ und klischeehaft dargestellt…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

In den türkischen Medien werden „Almancalar“ zu negativ und klischeehaft dargestellt…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

In den türkischen Medien werden Deutsche zu negativ und klischeehaft dargestellt…...1 …...2 ………...3 ……......4 ……...9

Page 371: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

371

D) Variabler Erhebungsteil

weiter mit

D.1. Mediennutzung D.1.11. Es gibt ja seit einigen Jahren Radioprogramme und Fernsesender, die von türkeistämmigen Zuwanderern in Deutschland für Migranten gemacht werden, wie Radio Metropol, TD 1, Kanal Avrupa oder Türk Show. Nutzen Sie solche Sender oder Programme?

Ja..................1 Nein..................2

Keine Angabe..................9

Falls > 1

D.1.13..

D.1.11.1 Welche? _____________________________

D.1.12. Wie bewerten Sie diese Programme? (Nicht vorlesen, Mehrfavnennungen möglich!)

Solche Programme sind sehr hilfreich für mich..................1 Solche Programme füllen eine Lücke, weil die dort gezeigten Themen

weder in deutschen noch im türkischen Medien gesendet werden..................2 Die dort gezeigten Themen interessieren mich nicht..................3

Ich halte diese Programme für überflüssig..................4 An sich sind sie gut, aber sie sind schlecht gemacht..................5

Sonstiges..................6 Keine Angabe.................9

Falls D.1.12.x6

= 0 or missing

D.1.12.2.

D.1.12.1. Falls Sonstiges, bitte notieren: ________________________________________________

D.1.12.2. Wie beurteilen Sie, dass diese Sender zweisprachig sind? Halten Sie dies für sehr wichtig, eher wichtig, eher nicht wichtig oder gar nicht wichtig?

Sehr wichtig..................1 Eher wichtig..................2

Eher nicht wichtig..................3 Gar nicht wichtig..................4

Weiß nicht..................8 Keine Angabe..................9

Page 372: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

Zentrum für Türkeistudien

372

D) Variabler Erhebungsteil

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D.1. Mediennutzung D.1.13.1. Wenn Sie einmal an den Vorfall in Ludwigshafen denken, wo auf tragische Weise neun Menschen bei einem Brand eines Wohnhauses ums Leben kamen, wie beurteilen Sie die Berichterstattung darüber in den deutschen Medien? Ich lese Ihnen einige Beschreibungen vor, sagen Sie mir bitte anhand einer Skala von 1 bis 5, inwieweit Sie glauben, dass dies auf die Berichterstattung in den deutschen Medien zutrifft. 1 bedeutet trifft voll und ganz zu, 5 bedeutet trifft gar nicht zu. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Bewertung abstufen. (2 = trifft eher zu, 3 = trifft teilweise zu, 4 = trifft eher nicht zu) War die Berichterstattung in den deutschen Medien……. (Adjektive bitte einzeln abfragen und Beurteilung notieren!)

Voll und ganz eher teils/teils eher nicht gar nicht k.A.

Angemessen.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Umfassend.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Gewissenhaft.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Glaubwürdig.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Zeitnah.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Sachlich/objektiv.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Vorurteilsfrei.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Oberflächlich.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Zu emotional.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Übertrieben.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Unsachlich.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Parteiisch.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Schlampig/ungenau.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

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Zentrum für Türkeistudien

373

D) Variabler Erhebungsteil

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D.1. Mediennutzung D.1.13.2. Und wie beurteilen Sie die Berichterstattung zu Ludwigshafen in den türkischen Medien? Ich lese Ihnen die gleichen Beschreibungen wie gerade vor, sagen Sie mir bitte wieder anhand der Skala von 1 bis 5, inwieweit Sie glauben, dass dies auf die Berichterstattung in den türkischen Medien zutrifft. (1 bedeutet trifft voll und ganz zu, 5 bedeutet trifft gar nicht zu. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Bewertung abstufen. (2 = trifft eher zu, 3 = trifft teilweise zu, 4 = trifft eher nicht zu)). War die Berichterstattung in den türkischen Medien……. (Adjektive bitte einzeln abfragen und Beurteilung notieren!)

Voll und ganz eher teils/teils eher nicht gar nicht k.A.

Angemessen.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Umfassend.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Gewissenhaft.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Glaubwürdig.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Zeitnah.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Sachlich/objektiv.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Vorurteilsfrei.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Oberflächlich.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Zu emotional.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Übertrieben.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Unsachlich.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

Parteiisch.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9 Schlampig/ungenau.....................1 ..............2 .............3 …….....4 .............5 ..........9

D.1.13.3. (Nicht vorlesen): Falls Befragter weitere/andere Bemerkungen/Beurteilungen hierzu macht, bitte hier kurz notieren, aber nicht nachfragen! ___________________________________________________________________ ___________________________________________________________________

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E) Soziodemographischer Erhebungsteil

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E.1. Persönliche Merkmale der Befragten (Bitte eintragen, nicht nachfragen) E.1.1. Geschlecht der Zielperson

Männlich.................1 Weiblich.................2

E.1.2. Nun haben wir noch ein paar Fragen zu Ihrer Person. Wie alt sind Sie?

__________Jahre

E.1.3. Welchen Familienstand haben Sie?

Verheiratet und lebe mit Partner/in zusammen....................................1

Verheiratet und getrennt lebend....................................2 Verwitwet....................................3

Geschieden....................................4 Ledig und mit Partner/in zusammenlebend....................................5

Ledig....................................6 Keine Angabe....................................9

E.1.4. Seit wie vielen Jahren leben Sie bereits in Deutschland? __________Jahre

E.1.5. Was war Ihr Zuwanderungsgrund?

Arbeitsuche/-verhältnis (‚Gastarbeiter/in‘)....................................1

Flüchtling/Asylbewerber/in....................................2 Familienzusammenführung als Ehepartner/in....................................3

Familienzusammenführung als Kind....................................4 Studium/Ausbildung/Akademikeraustausch....................................5

Bin in Deutschland geboren....................................6 Sonstiges....................................7

Keine Angabe....................................9

E.1.6. Welcher Zuwanderergeneration fühlen Sie sich zugehörig?

Der ersten Generation....................................1 Der zweiten Generation....................................2 Der dritten Generation....................................3

Keiner....................................4 Weiß nicht....................................8

Keine Angabe....................................9

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375

E) Soziodemographischer Erhebungsteil

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E2. Formale Bildungsabschlüsse E.2.1. Wo haben Sie Ihren Schulabschluss gemacht (bzw. falls keinen Abschluss, wo haben Sie zuletzt die Schule besucht)?

In der Türkei.......................................................1 In Deutschland....................................................2 Anderswo (z.B. Griechenland, Bulgarien)..........3 Habe nie eine Schule besucht.............................4 Keine Angabe.....................................................9

Falls 1 oder 4

E.2.3.

E.2.2. Welchen allgemeinbildenden Schulabschluss haben Sie in Deutschland (oder anderswo) erworben? Bei Angabe „Abitur“ bitte nachfragen, ob auf einem normalen Gymnasium oder einer anderen Schule, sonst Fachabitur oder Fachoberschule eingeben!

Bin noch Schüler/in............................1 Kein Schulabschluss..........................2 Grundschule.......................................3 Sonderschule......................................4 Hauptschulabschluss..........................5 Realschulabschluss/Mittlere Reife.....6 Fachoberschule/Berufskolleg.............7 Fachabitur/Fachhochschulreife..........8 Abitur/Allgemeine Hochschulreife....9 Hochschulabschluss (Universität)....10 Anderen Schulabschluss...................11 Keine Angabe..................................99

E.2.4.

E.2.3. Welchen allgemeinbildenden Schulabschluss haben Sie in der Türkei erworben?

Habe nie eine Schule besucht.......................................1 Keinen Schulabschluss.......................................2

Ilkokul......................................3 Ortaokul.......................................4

Lise.......................................5 Universitätsabschluss.......................................6

Anderer Abschlus.......................................7 Keine Angabe......................................9

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E) Soziodemographischer Erhebungsteil

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E.2. Formale Bildungsabschlüsse E.2.4. Welchen beruflichen Ausbildungsabschluss haben Sie? (Nur letzten Berufsabschuss angeben lassen!)

Keinen beruflichen Ausbildungsabschluss....................................1 Berufsfachschulabschluss/Lehre (betriebliche und schulische Ausbildung).....................................2

Meisterbrief/Techniker/in/Fachakademie....................................3 Fachhochschulabschluss/Universitätsabschluss....................................4

Anderer Berufsabschluss....................................5 In beruflicher Ausbildung/im Studium/Schüler....................................6

Keine Angabe....................................9

.

E.3. Berufstätigkeit E.3.1. Sind Sie zur Zeit erwerbstätig? (Studenten und Zivildienstleistende bitte bei nicht erwerbstätig notieren, auch wenn sie einen Job haben, Auszubildende bitte bei Vollzeit erwerbstätig einordnen)

Vollzeit erwerbstätig (34 Wochenstunden oder mehr)....................................1 Teilzeit erwerbstätig (weniger als 34 Wochenstunden/mehr als 400 Euro)....................................2

Geringfügig beschäftigt (bis 400 Euro monatlich)....................................3 Nicht erwerbstätig....................................4

Keine Angabe....................................9

Falls < 3

E.3.3.

E.3.2. (Falls nicht erwerbstätig): Zu welcher der folgenden Gruppen gehören Sie? Nur eine Nennung möglich! Antwortvorgaben bitte vorlesen! Bei Hausfrauen bitte nachfragen, ob arbeitslos gemeldet, falls ja, bei Arbeitslos eintragen!

Student/in/Schüler....................................1 Rentner/in, Pensionär/in....................................2

Arbeitslose/r....................................3 Hausfrau/-mann....................................4

Wehr-/Zivildienstleistender....................................5 Elternzeit....................................6

Aus anderen Gründen nicht vollzeit-erwerbstätig....................................7 Keine Angabe....................................9

E.4.1.

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E) Soziodemographischer Erhebungsteil

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E.3. Berufstätigkeit

E.3.3. Welche berufliche Stellung haben Sie? Bei Selbstständigen bitte nachfragen, ob hauptberuflich, sonst andere berufliche Stellung angeben!

Arbeiter/in (ungelernt/angelernt) ....................................1 Facharbeiter/in....................................2

Einfache Angestellte/r (Position auf der unteren Ebene).....................................3 Mittlere Angestellte/r (Position auf der mittleren Ebene).....................................4

Höherer Angestellte/r (Führungsposition).....................................5 Beamter/Beamtin....................................6

Selbstständige/r in freien akademischen Beruf (Arzt, Rechtsanwalt etc.)....................................7 Selbstständige/r in Handel, Gewerbe, Dienstleistung, Industrie....................................8

Mithelfende/r Familienangehörige/r....................................9 Auszubildende/r....................................10

Keine Angabe....................................99

E.4. Wohnräumliche Merkmale

E.4.1. Leben Sie in einem Ein- oder Mehrfamilienhaus?

Einfamilienhaus.....................1 Mehrfamilienhaus.....................2

Keine Angabe....................9

E.4.2. Wie viele Quadratmeter hat Ihre Wohnung/Ihr Haus (nur Wohnfläche, ohne Garten, Keller usw.) _____________ qm

E.4.3. Und wohnen Sie bzw. Ihre Familie zu Miete oder ist es Ihr Eigentum?

Eigentum.....................1 Miete.....................2

Keine Angabe....................9

Falls = 1

E.5.1.

E.4.4. Planen Sie oder Ihre Familie, in naher Zukunft Wohneigentum in Deutschland (Haus oder Eigentumswohnung) zu erwerben?

Ja.....................1 Nein.....................2

Weiß nicht.....................3 Keine Angabe....................9

Page 378: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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E) Soziodemographischer Erhebungsteil

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E.5. Religion

E.5.1. Welcher Glaubensgemeinschaft gehören Sie an? Bitte Antwortvorgaben nicht vorlesen, aber bei Muslimen nachfragen!

Muslime, sunnitisch....................................1 Muslime, alevitisch....................................2 Muslime, schiitisch....................................3

Christen....................................4 Sonstige Glaubensgemeinschaften...................................5

Keiner Glaubensgemeinschaften..................................6 Keine Angabe..................................9

Falls > 5

E.6.1.

E.5.2. Wie schätzen Sie den Grad Ihrer eigene Religiosität ein?

Sehr religiös....................................1 Eher religiös....................................2

Eher nicht religiös....................................3 Gar nicht religiös....................................4

Keine Angabe....................................9

E.6. Haushaltseinkommen E.6.1. Wie hoch ist das monatliche Netto-Einkommen Ihres Haushalts insgesamt? Ich meine dabei die Summe, die nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungs- beiträge übrigbleibt. (Einschließlich Rente, Pension, Einkommen aus Vermietung, Kindergeld, Wohngeld und andere öffentliche Unterstützungen.)

(Bei Selbstständigen nach dem durchschnittlichen monatlichen Netto-Einkommen, abzüglich der Betriebsausgaben fragen!)

EURO______________________ Bei der Angabe „Weiß nicht und bei keine Angabe frei lassen

Page 379: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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E) Soziodemographischer Erhebungsteil

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E.6. Haushaltseinkommen E.6.2. Falls Angabe verweigert wird, bitte auf Anonymität hinweisen und Einkommensgruppen vorlesen! Bitte Kategorie auch eintragen, wenn der Befragte den genauen Betrag nennt!

Unter 1000 Euro.....................................1 1000 bis unter 2000 Euro.....................................2 2000 bis unter 3000 Euro.....................................3

3000 Euro und mehr.....................................4 Keine Angabe......................................9

ENDE (Interviewer bitte dringend ausfüllen, ist wichtig für den Sprung zum nächsten Fall!)

Interview wurde normal beendet....................................1 Interview wurde abgebrochen....................................2

Nächster Fall

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Abspeichern nicht vergessen!

Page 380: Türkeistämmige Migranten in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland

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Fehlertoleranztabellen

NRW

Deutschland

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NRW Fehlertoleranztabelle bei einer Aussagewahrscheinlichkeit von 95,0 %←⎯⎯ Diesen Wert können Sie frei wählen (max 99,9) Beispiel: In einer Stichprobe von 1000 Personen aus der Grundgesamtheit mit N= 630.000 ←⎯⎯ Die Größe der Grundgesamtheit bitte eingeben nebenstehendem Umfang sei ein Anteil von 54% Männer ermittelt worden. Dann liegt der wahre Wert der Grundgesamtheit mit der von Ihnen gewählten Wahrscheinlichkeit bei 54%± 4,4% In Feldern mit '---' beträgt das Konfidenzintervall mehr als die Hälfte des Anteils. Die Tabelle basiert auf der Formel für das Konfidenzintervall bei Stichproben ohne Zurücklegen: s(p) = t * û((p(1-p))/(n-1)) * û(1-n/N) * û2 V 1.2 vdH/95 Größe der Anteilswerte in der Stichprobe 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% 55% 60% 65% 70% 75% 80% 85% 90% 95% 100 --- --- --- --- 12,2% 12,9% 13,5% 13,8% 14,0% 14,1% 14,0% 13,8% 13,5% 12,9% 12,2% 11,3% 10,1% 8,5% 6,1% 200 --- --- 7,1% 7,9% 8,6% 9,1% 9,4% 9,7% 9,8% 9,9% 9,8% 9,7% 9,4% 9,1% 8,6% 7,9% 7,1% 5,9% 4,3% 300 --- 4,8% 5,7% 6,4% 7,0% 7,4% 7,7% 7,9% 8,0% 8,0% 8,0% 7,9% 7,7% 7,4% 7,0% 6,4% 5,7% 4,8% 3,5% 400 --- 4,2% 5,0% 5,6% 6,0% 6,4% 6,6% 6,8% 6,9% 7,0% 6,9% 6,8% 6,6% 6,4% 6,0% 5,6% 5,0% 4,2% 3,0% 500 --- 3,7% 4,4% 5,0% 5,4% 5,7% 5,9% 6,1% 6,2% 6,2% 6,2% 6,1% 5,9% 5,7% 5,4% 5,0% 4,4% 3,7% 2,7% 600 2,5% 3,4% 4,1% 4,5% 4,9% 5,2% 5,4% 5,6% 5,6% 5,7% 5,6% 5,6% 5,4% 5,2% 4,9% 4,5% 4,1% 3,4% 2,5% 700 2,3% 3,1% 3,7% 4,2% 4,5% 4,8% 5,0% 5,1% 5,2% 5,2% 5,2% 5,1% 5,0% 4,8% 4,5% 4,2% 3,7% 3,1% 2,3% 800 2,1% 2,9% 3,5% 3,9% 4,2% 4,5% 4,7% 4,8% 4,9% 4,9% 4,9% 4,8% 4,7% 4,5% 4,2% 3,9% 3,5% 2,9% 2,1% 900 2,0% 2,8% 3,3% 3,7% 4,0% 4,2% 4,4% 4,5% 4,6% 4,6% 4,6% 4,5% 4,4% 4,2% 4,0% 3,7% 3,3% 2,8% 2,0% 1000 1,9% 2,6% 3,1% 3,5% 3,8% 4,0% 4,2% 4,3% 4,4% 4,4% 4,4% 4,3% 4,2% 4,0% 3,8% 3,5% 3,1% 2,6% 1,9% 1100 1,8% 2,5% 3,0% 3,3% 3,6% 3,8% 4,0% 4,1% 4,2% 4,2% 4,2% 4,1% 4,0% 3,8% 3,6% 3,3% 3,0% 2,5% 1,8% 1200 1,7% 2,4% 2,9% 3,2% 3,5% 3,7% 3,8% 3,9% 4,0% 4,0% 4,0% 3,9% 3,8% 3,7% 3,5% 3,2% 2,9% 2,4% 1,7% 1300 1,7% 2,3% 2,7% 3,1% 3,3% 3,5% 3,7% 3,8% 3,8% 3,8% 3,8% 3,8% 3,7% 3,5% 3,3% 3,1% 2,7% 2,3% 1,7% 1400 1,6% 2,2% 2,6% 3,0% 3,2% 3,4% 3,5% 3,6% 3,7% 3,7% 3,7% 3,6% 3,5% 3,4% 3,2% 3,0% 2,6% 2,2% 1,6% 1500 1,6% 2,1% 2,6% 2,9% 3,1% 3,3% 3,4% 3,5% 3,6% 3,6% 3,6% 3,5% 3,4% 3,3% 3,1% 2,9% 2,6% 2,1% 1,6% 1600 1,5% 2,1% 2,5% 2,8% 3,0% 3,2% 3,3% 3,4% 3,4% 3,5% 3,4% 3,4% 3,3% 3,2% 3,0% 2,8% 2,5% 2,1% 1,5% 1700 1,5% 2,0% 2,4% 2,7% 2,9% 3,1% 3,2% 3,3% 3,3% 3,4% 3,3% 3,3% 3,2% 3,1% 2,9% 2,7% 2,4% 2,0% 1,5% 1800 1,4% 2,0% 2,3% 2,6% 2,8% 3,0% 3,1% 3,2% 3,2% 3,3% 3,2% 3,2% 3,1% 3,0% 2,8% 2,6% 2,3% 2,0% 1,4% 1900 1,4% 1,9% 2,3% 2,5% 2,8% 2,9% 3,0% 3,1% 3,2% 3,2% 3,2% 3,1% 3,0% 2,9% 2,8% 2,5% 2,3% 1,9% 1,4% 2000 1,3% 1,9% 2,2% 2,5% 2,7% 2,8% 3,0% 3,0% 3,1% 3,1% 3,1% 3,0% 3,0% 2,8% 2,7% 2,5% 2,2% 1,9% 1,3% 2500 1,2% 1,7% 2,0% 2,2% 2,4% 2,5% 2,6% 2,7% 2,8% 2,8% 2,8% 2,7% 2,6% 2,5% 2,4% 2,2% 2,0% 1,7% 1,2% 3000 1,1% 1,5% 1,8% 2,0% 2,2% 2,3% 2,4% 2,5% 2,5% 2,5% 2,5% 2,5% 2,4% 2,3% 2,2% 2,0% 1,8% 1,5% 1,1% 4000 1,0% 1,3% 1,6% 1,7% 1,9% 2,0% 2,1% 2,1% 2,2% 2,2% 2,2% 2,1% 2,1% 2,0% 1,9% 1,7% 1,6% 1,3% 1,0% 5000 0,9% 1,2% 1,4% 1,6% 1,7% 1,8% 1,9% 1,9% 1,9% 2,0% 1,9% 1,9% 1,9% 1,8% 1,7% 1,6% 1,4% 1,2% 0,9% 6000 0,8% 1,1% 1,3% 1,4% 1,5% 1,6% 1,7% 1,7% 1,8% 1,8% 1,8% 1,7% 1,7% 1,6% 1,5% 1,4% 1,3% 1,1% 0,8% 8000 0,7% 0,9% 1,1% 1,2% 1,3% 1,4% 1,5% 1,5% 1,5% 1,5% 1,5% 1,5% 1,5% 1,4% 1,3% 1,2% 1,1% 0,9% 0,7% 10000 0,6% 0,8% 1,0% 1,1% 1,2% 1,3% 1,3% 1,3% 1,4% 1,4% 1,4% 1,3% 1,3% 1,3% 1,2% 1,1% 1,0% 0,8% 0,6% 15000 0,5% 0,7% 0,8% 0,9% 1,0% 1,0% 1,1% 1,1% 1,1% 1,1% 1,1% 1,1% 1,1% 1,0% 1,0% 0,9% 0,8% 0,7% 0,5% 20000 0,4% 0,6% 0,7% 0,8% 0,8% 0,9% 0,9% 0,9% 1,0% 1,0% 1,0% 0,9% 0,9% 0,9% 0,8% 0,8% 0,7% 0,6% 0,4% 25000 0,4% 0,5% 0,6% 0,7% 0,7% 0,8% 0,8% 0,8% 0,9% 0,9% 0,9% 0,8% 0,8% 0,8% 0,7% 0,7% 0,6% 0,5% 0,4%

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Zentrum für Türkeistudien

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Deutschland Fehlertoleranztabelle bei einer Aussagewahrscheinlichkeit von 95,0 %←⎯⎯ Diesen Wert können Sie frei wählen (max 99,9) Beispiel: In einer Stichprobe von 1000 Personen aus der Grundgesamtheit mit N= 1.756.000 ←⎯⎯ Die Größe der Grundgesamtheit bitte eingeben nebenstehendem Umfang sei ein Anteil von 54% Männer ermittelt worden. Dann liegt der wahre Wert der Grundgesamtheit mit der von Ihnen gewählten Wahrscheinlichkeit bei 54%± 4,4% In Feldern mit '---' beträgt das Konfidenzintervall mehr als die Hälfte des Anteils. Die Tabelle basiert auf der Formel für das Konfidenzintervall bei Stichproben ohne Zurücklegen: s(p) = t * û((p(1-p))/(n-1)) * û(1-n/N) * û2 V 1.2 vdH/95 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% 55% 60% 65% 70% 75% 80% 85% 90% 95% 100 --- --- --- --- 12,2% 12,9% 13,5% 13,8% 14,0% 14,1% 14,0% 13,8% 13,5% 12,9% 12,2% 11,3% 10,1% 8,5% 6,1% 200 --- --- 7,1% 7,9% 8,6% 9,1% 9,4% 9,7% 9,8% 9,9% 9,8% 9,7% 9,4% 9,1% 8,6% 7,9% 7,1% 5,9% 4,3% 300 --- 4,8% 5,7% 6,4% 7,0% 7,4% 7,7% 7,9% 8,0% 8,0% 8,0% 7,9% 7,7% 7,4% 7,0% 6,4% 5,7% 4,8% 3,5% 400 --- 4,2% 5,0% 5,6% 6,0% 6,4% 6,6% 6,8% 6,9% 7,0% 6,9% 6,8% 6,6% 6,4% 6,0% 5,6% 5,0% 4,2% 3,0% 500 --- 3,7% 4,4% 5,0% 5,4% 5,7% 5,9% 6,1% 6,2% 6,2% 6,2% 6,1% 5,9% 5,7% 5,4% 5,0% 4,4% 3,7% 2,7% 600 2,5% 3,4% 4,1% 4,5% 4,9% 5,2% 5,4% 5,6% 5,6% 5,7% 5,6% 5,6% 5,4% 5,2% 4,9% 4,5% 4,1% 3,4% 2,5% 700 2,3% 3,2% 3,7% 4,2% 4,5% 4,8% 5,0% 5,1% 5,2% 5,3% 5,2% 5,1% 5,0% 4,8% 4,5% 4,2% 3,7% 3,2% 2,3% 800 2,1% 2,9% 3,5% 3,9% 4,3% 4,5% 4,7% 4,8% 4,9% 4,9% 4,9% 4,8% 4,7% 4,5% 4,3% 3,9% 3,5% 2,9% 2,1% 900 2,0% 2,8% 3,3% 3,7% 4,0% 4,2% 4,4% 4,5% 4,6% 4,6% 4,6% 4,5% 4,4% 4,2% 4,0% 3,7% 3,3% 2,8% 2,0% 1000 1,9% 2,6% 3,1% 3,5% 3,8% 4,0% 4,2% 4,3% 4,4% 4,4% 4,4% 4,3% 4,2% 4,0% 3,8% 3,5% 3,1% 2,6% 1,9% 1100 1,8% 2,5% 3,0% 3,3% 3,6% 3,8% 4,0% 4,1% 4,2% 4,2% 4,2% 4,1% 4,0% 3,8% 3,6% 3,3% 3,0% 2,5% 1,8% 1200 1,7% 2,4% 2,9% 3,2% 3,5% 3,7% 3,8% 3,9% 4,0% 4,0% 4,0% 3,9% 3,8% 3,7% 3,5% 3,2% 2,9% 2,4% 1,7% 1300 1,7% 2,3% 2,7% 3,1% 3,3% 3,5% 3,7% 3,8% 3,8% 3,8% 3,8% 3,8% 3,7% 3,5% 3,3% 3,1% 2,7% 2,3% 1,7% 1400 1,6% 2,2% 2,6% 3,0% 3,2% 3,4% 3,5% 3,6% 3,7% 3,7% 3,7% 3,6% 3,5% 3,4% 3,2% 3,0% 2,6% 2,2% 1,6% 1500 1,6% 2,1% 2,6% 2,9% 3,1% 3,3% 3,4% 3,5% 3,6% 3,6% 3,6% 3,5% 3,4% 3,3% 3,1% 2,9% 2,6% 2,1% 1,6% 1600 1,5% 2,1% 2,5% 2,8% 3,0% 3,2% 3,3% 3,4% 3,4% 3,5% 3,4% 3,4% 3,3% 3,2% 3,0% 2,8% 2,5% 2,1% 1,5% 1700 1,5% 2,0% 2,4% 2,7% 2,9% 3,1% 3,2% 3,3% 3,3% 3,4% 3,3% 3,3% 3,2% 3,1% 2,9% 2,7% 2,4% 2,0% 1,5% 1800 1,4% 2,0% 2,3% 2,6% 2,8% 3,0% 3,1% 3,2% 3,3% 3,3% 3,3% 3,2% 3,1% 3,0% 2,8% 2,6% 2,3% 2,0% 1,4% 1900 1,4% 1,9% 2,3% 2,5% 2,8% 2,9% 3,0% 3,1% 3,2% 3,2% 3,2% 3,1% 3,0% 2,9% 2,8% 2,5% 2,3% 1,9% 1,4% 2000 1,4% 1,9% 2,2% 2,5% 2,7% 2,8% 3,0% 3,0% 3,1% 3,1% 3,1% 3,0% 3,0% 2,8% 2,7% 2,5% 2,2% 1,9% 1,4% 2500 1,2% 1,7% 2,0% 2,2% 2,4% 2,5% 2,6% 2,7% 2,8% 2,8% 2,8% 2,7% 2,6% 2,5% 2,4% 2,2% 2,0% 1,7% 1,2% 3000 1,1% 1,5% 1,8% 2,0% 2,2% 2,3% 2,4% 2,5% 2,5% 2,5% 2,5% 2,5% 2,4% 2,3% 2,2% 2,0% 1,8% 1,5% 1,1% 4000 1,0% 1,3% 1,6% 1,8% 1,9% 2,0% 2,1% 2,1% 2,2% 2,2% 2,2% 2,1% 2,1% 2,0% 1,9% 1,8% 1,6% 1,3% 1,0% 5000 0,9% 1,2% 1,4% 1,6% 1,7% 1,8% 1,9% 1,9% 1,9% 2,0% 1,9% 1,9% 1,9% 1,8% 1,7% 1,6% 1,4% 1,2% 0,9% 6000 0,8% 1,1% 1,3% 1,4% 1,5% 1,6% 1,7% 1,8% 1,8% 1,8% 1,8% 1,8% 1,7% 1,6% 1,5% 1,4% 1,3% 1,1% 0,8% 8000 0,7% 0,9% 1,1% 1,2% 1,3% 1,4% 1,5% 1,5% 1,5% 1,5% 1,5% 1,5% 1,5% 1,4% 1,3% 1,2% 1,1% 0,9% 0,7% 10000 0,6% 0,8% 1,0% 1,1% 1,2% 1,3% 1,3% 1,4% 1,4% 1,4% 1,4% 1,4% 1,3% 1,3% 1,2% 1,1% 1,0% 0,8% 0,6% 15000 0,5% 0,7% 0,8% 0,9% 1,0% 1,0% 1,1% 1,1% 1,1% 1,1% 1,1% 1,1% 1,1% 1,0% 1,0% 0,9% 0,8% 0,7% 0,5% 20000 0,4% 0,6% 0,7% 0,8% 0,8% 0,9% 0,9% 1,0% 1,0% 1,0% 1,0% 1,0% 0,9% 0,9% 0,8% 0,8% 0,7% 0,6% 0,4% 25000 0,4% 0,5% 0,6% 0,7% 0,8% 0,8% 0,8% 0,9% 0,9% 0,9% 0,9% 0,9% 0,8% 0,8% 0,8% 0,7% 0,6% 0,5% 0,4%