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25 1 Nr. 1768. , %@ Ueber die Ablenkung der Lothlinie in grossen IEiihm. Ibass in grossen Hahen iiher der Erdoherflache die Lothlinie eine Ahlenkung zeigen miisse, verglichen mit derjenigen Richtung, welche sie in derselben Normale des Erdsphlroids an der Erdoberflache hesitzt, folgt einfach aus der Thatsache, dass in grossen Hbhen die Anziehung der Erde abnimmt, die Centrifugalkraft dagegen zunimnit. Denn danach muss die Resultante heider, d. i. die Schwere, in grassen Hiihen (ausgenumnien am Aequator und in den Palen) einen kleineren Winkel mit der Erdachse einschliessen als in derselben Nor- male am Erdbuden, oder die Polhiihe mu6s dort zu gross erscheinen. Ueber die Griisse dieser Ahlenkung aber dijrfte es zur Zeit unnibglieh sein eioe vollkommen exacte Bestim- muqg zu treffen. Die Annahme des Erdsphiroides als eines h o m o g e n e n Kbrpers widerstreitet zu sehr den hekannten geognostischen Thatsachen, auch liefert sie eine Erdgestalt, die nur wenig niit den Ergehnissen geodatischer Operationen 'harmonirt. Die Annahme eines nicht honiogenen Erdkiirpers aber scheitert an der Unmiiglichkeit, ein Gesetz aufznstellen, nach welchem die Dichtigkeit niit der Tiefe zunimmt. Nichts desto weniger .scheiat auf deni folgenden Wege zum we- ' aigsten eine angenlherte Bestirnmung der gedachten Grbsse erreichhar ZU sein. Wir werden, um griisserer Dentlichkeit willen, streng zwischen ,,Anziehung" und ,,Schwere" uoterscheiden, indem wir unter Schwere stets nur die Resultante aus Anziehung nnd Centrifugalkraft verstehen. 1) Es laei a die grosse Halbaehse des Erdsphlroids. In irgend einem Punkte des Aequators sei ferner go die Schwere, Go die Anziehung. Fiir die Centrifugalkraft am Aequator hat man den bekannten Ausdruck 4?ra a T= -wo Y' die*buer des 'Skrntages in Seconden bedeutet, oder wenn man setzt 4 r= F=f so wird fa der Ausdruck fiir die Centrifugalkraft am Aequator. Aus der Zosammensetzung der Krafte folgt sodaen 90 = G0-fa oder wenn man - fa - - u setzt Go (1 ) go = Go (I-a) ............... Die Beoba&tnngen,geben go = 9"78061 und mit Riick- sicht auf die Besscl'schen Erddimensionen wird fa = O"03391 also Go = 9"81452. Folglich hat man fiir das Verhaltniss der Centrifugalkraft zur A nz i e h u n g am Aequator den Werth ...... 1 289 9 42 a=- ...... . . . .(2)*, und fiir das Verhlltniss der Centrifugalkraft zur S c h were am Aequator den N'erth . . . . . . . . .(3) Die Griissen OL und ,8 sind offenhar von derselbep Ord- nung wie die Abplattung des Erdspharoids, welche wir hier als die erste Ordnung bezeichnen wollen. 2) In irgend eineni Puokte A der Erdoherfllche von der Polhiihe sei g die Schwere, G die Anziehung. Die Rich- tung der Anziehung schneide die Erdachse ini Punkte C, und es sei AC = T und der Winkel, den diese Linie rnit der Ehene des Aeqoators einschliesst, = $I. Fur die Centrifugal- kraft im Punkte ,4 kann man sodann setzen fr cos $. Da uun in diesem Punkte A die Richtung der Schwere rnit der Normale des Erdspharoids zusamrnenfallt, so folgt aus der Zusammensetzung der Krafte d. i. * (4) tan9 ,+ tangq = -.. .. . . . . . .... l--E& wo wir der Kiirze wegen den Beweis unferdriickeo, dass bie auf Griissen, welcbe gegen a verschwinden, fr-fa=u G-C gesetzt werden kann. Die Winkel Q und $I stehen hiernach in einer ahnlichen Beziehung zu einander wie geographische und geocentrische Breite. Jedoch ist $ immer griisser als die geocentrische Breite, oder die Richtung der Anziehung geht zwischen der -Normale und dem Mittelpunkte des Ellipsoids hindurch, wie es auch beim homogenen Eliipsoid der Fall ist. Fiir @ = 45' ist 9 = 44'54'4"6. 3) Im Ppqkte A von der PQlh6he 9 errichte .man auf der Erdoberfllche eine Normale AB und setze die I@he AB = R. Zur Bestimniung der Anziehung in 'B miissteo wir, unter der Voraussetzung eines homogenen Ellipsoids, nach dem Satze yon Ivory verfahren. Da aher die Hypothese der Homogeneitat nicht der Wirklichkeit entspricht, hherdies wir uns nur auf kleine Werthe von beschrlnken, so erscheint es ausreichend, fiir den genannten Zweek einfaeh den vorhin beatimmten Punkt C der Erdachse wie den an- ziehenden Punkt gelten zu lassen. Dies wird nicht nur der Wahrheit nahe bleiben, sondern es gieht auch eine ziemlieb einfache Rechnung.

Ueber die Ablenkung der Lothlinie in grossen Höhen

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25 1 Nr. 1768. ,%@

Ueber die Ablenkung der Lothlinie in grossen IEiihm.

I b a s s in grossen Hahen iiher der Erdoherflache die Lothlinie e ine Ahlenkung zeigen miisse, verglichen mit derjenigen Richtung, welche sie in derselben Normale des Erdsphlroids a n der Erdoberflache hesitzt, folgt einfach aus der Thatsache, dass in grossen Hbhen die Anziehung der Erde abnimmt, die Centrifugalkraft dagegen zunimnit. Denn danach muss die Resultante heider, d. i. die Schwere, i n grassen Hiihen (ausgenumnien am Aequator und i n den Palen) einen kleineren Winkel mit der Erdachse einschliessen a l s in derselben Nor- male am Erdbuden, oder die Polhiihe mu6s dort zu gross erscheinen. Ueber die Griisse dieser Ahlenkung aber dijrfte es zur Zeit unnibglieh sein eioe vollkommen exacte Bestim- muqg zu treffen. Die Annahme des Erdsphiroides als eines h o m o g e n e n Kbrpers widerstreitet zu sehr den hekannten geognostischen Thatsachen, auch liefert sie eine Erdgestalt, d ie nur wenig niit den Ergehnissen geodatischer Operationen 'harmonirt. Die Annahme eines nicht honiogenen Erdkiirpers aber scheitert an der Unmiiglichkeit, ein Gesetz aufznstellen, nach welchem die Dichtigkeit niit der Tiefe zunimmt. Nichts desto weniger .scheiat auf deni folgenden Wege zum we-

' aigsten eine angenlher te Bestirnmung der gedachten Grbsse erreichhar ZU sein.

Wir werden, um griisserer Dentlichkeit willen, streng zwischen ,,Anziehung" und ,,Schwere" uoterscheiden, indem wir unter Schwere stets nur die Resultante aus Anziehung nnd Centrifugalkraft verstehen.

1) Es laei a die grosse Halbaehse des Erdsphlroids. In irgend einem Punkte d e s Aequators sei ferner go die Schwere, Go die Anziehung. Fiir die Centrifugalkraft am Aequator ha t man den bekannten Ausdruck

4?ra a T=

-wo Y' d i e * b u e r des 'Skrn tages in Seconden bedeutet, oder wenn man setzt

4 r= F = f

so wird fa der Ausdruck fiir die Centrifugalkraft am Aequator. Aus der Zosammensetzung der Krafte folgt sodaen

90 = G 0 - f a

oder wenn m a n - fa - - u setzt G o

(1 ) go = Go ( I -a ) ............... Die Beoba&tnngen,geben go = 9"78061 und mit Riick-

sicht auf die Besscl'schen Erddimensionen wird fa = O"03391 also Go = 9"81452. Folglich ha t man fiir d a s Verhaltniss der Centrifugalkraft zur A n z i e h u n g am Aequator den Werth

. . . . . . 1 289 9 42

a = - ...... . . . .(2)*,

und fiir d a s Verhlltniss der Centrifugalkraft zur S c h w e r e am Aequator den N'erth

. . . . . . . . .(3)

Die Griissen OL und ,8 sind offenhar von derselbep Ord- nung wie die Abplattung d e s Erdspharoids, welche wir hier a ls die erste Ordnung bezeichnen wollen.

2) In irgend eineni Puokte A der Erdoherfllche von der Polhiihe sei g die Schwere, G die Anziehung. Die Rich- tung der Anziehung schneide die Erdachse ini Punkte C, und es sei AC = T und der Winkel , den diese Linie rnit der Ehene des Aeqoators einschliesst, = $I. Fur die Centrifugal- kraft im Punkte ,4 kann man sodann setzen f r cos $. Da uun in diesem Punkte A die Richtung der Schwere rnit der Normale d e s Erdspharoids zusamrnenfallt, so folgt a u s der Zusammensetzung der Krafte

d. i.

* (4) tan9 ,+ t a n g q = -.. .. . . . . . .... l--E&

wo wir der Kiirze wegen den Beweis unferdriickeo, d a s s bie auf Griissen, welcbe gegen a verschwinden,

f r - f a = u G - C

gesetzt werden kann. Die Winkel Q und $I stehen hiernach in einer ahnlichen

Beziehung zu einander wie geographische und geocentrische Breite. Jedoch is t $ immer griisser a l s die geocentrische Breite, oder die Richtung der Anziehung geht zwischen der -Normale und dem Mittelpunkte d e s Ellipsoids hindurch, wie es auch beim homogenen Eliipsoid der Fall ist.

Fiir @ = 45' ist 9 = 44'54'4"6.

3) Im Ppqkte A von der PQlh6he 9 errichte .man auf der Erdoberfllche eine Normale A B und setze die I@he A B = R. Zur Bestimniung der Anziehung i n ' B miissteo wir, unter der Voraussetzung eines homogenen Ellipsoids, nach dem Satze yon Ivory verfahren. Da aher d i e Hypothese der Homogeneitat nicht der Wirklichkeit entspricht, hherdies wir uns nur auf kleine Werthe von beschrlnken, so erscheint es ausreichend, fiir den genannten Zweek einfaeh den vorhin beatimmten Punkt C der Erdachse wie den an- ziehenden Punkt gelten zu lassen. Dies wird nicht nur der Wahrheit nahe bleiben, sondern es gieht auch eine ziemlieb einfache Rechnung.

259 Nt. 1768. 284.

Denn e s sei BC = r' und der Winkel, den diem Linie mit der Ebene d e s Aequators einscbliesst, = +'. Dann ha t

d i e Anziehung im Piinkfe B den Werth G--, 9 die Centri-

fugalkraft im Punkte B wird fi'cos+', und wenn man den Winkel, den die Riehturrg der Sehwere im Punkte B mit der Ebene des Aeqiiators hildet, niit @' bezeichnet, so folgt a u s der Zusbhnkeasdtzung der Krafte

r 2 r

r2

$2 G - sin +'

G - cos +'- f ;cos +' tang Q' = r a raB

d. e tang +' i - q T -

a * * * * . . . . . . . , . . . . . . .(5) tab9 @ =

Zur Bestimmung von r' und +' durch h hat man iiber- dies die Gleichhgen

r 'sitt+'& rsin++hsiqiQ t'cos +' = rzos + + h cos ip

aus deben folgf

r I 2 c r2+h2$ 2 r h m 9 ( @ - 4 4 ........ (6)

T sin + -+ h sin r cosq + + h COR @

taiig +' = . . . . . . . . .(7)

'Sot1 nun hieraus d e r w e r t h von @'- Q ftir k le inewerthe von h , d. h. die Ablenkutig der Lothlinie in der %he h gefunden werdrn, s o bestinhnie man aus (5), (6 ) , (7) den

Werth vt& WbMi 3 t k h +%h@ q' a$ a.l-)hitt~& v6n

h anzusehen siiid, und sefze hinterher li = 0, folglich auch r' = r und +' = +. Diese Rechnung giebt, &is saf Griissen der zweilen Ordnung genau, fiir die Ablenkung d@ in der Hiihe d h den Ausdruck

lJ9'

(8) (1- g,.9t,Q*)-. . . . . . . . 2a Eitl 24, dh 1 - - a r

dQ' = wofir man auch, ohne merklichen Fehler, mit Weglassung der Klammer noch einfacher schreiben kann

dR r d e ' = 2fis in2Ip - - .. ..... ....( 9)

und worin fiir r der Halbmesser d e s Aequators gesetzt werden darf.

'bh &?@' (Wdfir high jetzt aiich dQ schreiben k&nn) 7n beeunden auagedrijckt EU erhalten, muss die rechte Seite 6i'tiYCt. Gleictlurrg n b d illit 'aeh Factor 206264,8 multlplicirt wer den.

.her AbsdtUck'(9) Wird ein Maximum fiir Cp ~r 45'. sol1 in diesem Falle die Ablenkung dQ = 1 Secunde sein,

SO m a w man haben d h = 4460"' = 13730 Pariser Fuss, welche Hiihe die hijchsten Bergspitzen der Schweiz iiber- trifft, den Montblanc aber nicht erreicht.

Zur Vergleichung mag bemerkt werden, dass in einem h o m o g e n e n Spharoid von den Dimerisionen den Erde die Richtungen der Anziehung in A und B , beide Puakte ein- ander sehr nahe liegend vorausgesetzt, d c h schon schneiden, bevor s i e die Erdachse trrffen, uod d a s s demgernass der Werth d @ in dem Verhaltniss f : 1 , l B griieaer ausfallt als in (9). Hiernach wiirde, unter 45' Ydhiihe, e iee Ablenkung von 1 Secunde schon in der Hiibe von 3940" = 12040 Pariser Fuse eintreten, welche Hlihe die b6chstea Spitzeei der Schweiz nicht viillig erreicht.

4) A u s allem Vorstehenden folgt, d a s s die wahre Loth- h i e eines gegebenen Punkts A der Erdoberflache (aus- genommen am Aequator und i n den Poleo) eine krunime Linie is t , wclche i n der Meridian-Ebene d e s gegebsneo Punkts liegt und ihre concave Seite oach dem nachsten Erdpol hinweirdet. Die Tangente dieser krunimen Linie in irgend einem Punkte derselben stellt die Richtung der Schwere in diesenr Purikte dar. Die Diffentialgleichung der Lothlinie ist also i n der Gleichnng ( 5 ) enthalten, wo r' und +' wie d ie versnderlichen Coordinaten auznsehen sind. Dann setzt man

un'd r'sin +' = y, so wird tang Cp' = 2 und die Gleichung

nimint die Gestalt an

darin, uin rechtwinkelige Coordinaten einsufuhren, r'cos+'- - x

Diem Gleichung kann aher aucb auf dem folgenden Wege erhalten werden, der zugleich fiir die ganze vorstehende Entwickelung eine bemerkenswerthe Rechnungsprobe bietet. tapluce leitet in der MBcanique celeste (3. Buch, 7. Cap,) fiir geringe Erbehungen iiber der Erdoberf lkhe die Gleichung einer Surfac"e de niveau a b , d. h. einer Flache, in deren siirnmtlichen Punkten die Richtung der Schwere auf ihr senk- recht steht. Diese Gleichung ha t in der hier gehrauchten Bezeichnung die Gestalt

2 r a'rr2 r Const. = 7 + +- C O S + ' ~ .

Lasst man darin die Constante s ich atrdcm, so stellt ogenbar die rechtwinkelige Trajectorie aller dieser FIgchen d ie in Rede stehende Lothlinie dar. I n der That giebt die &us- fllhrung dieser Rechnung, bei der man sich auf eine Meridian- Ebene beschrankeo darf, gsnau wieder d i e Gleichung (10).

H a n n o v e r , Juli 1869. Wittstein.