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Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academy of Sciences in Prague Über die Kontinuität der Erforschung des humanistischen Schrifttums Author(s): JAN MARTÍNEK Source: Listy filologické / Folia philologica, Roč. 100, Čís. 4 (1977), pp. 214-219 Published by: Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academy of Sciences in Prague Stable URL: http://www.jstor.org/stable/23460341 . Accessed: 14/06/2014 21:55 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academy of Sciences in Prague is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Listy filologické / Folia philologica. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.79.56 on Sat, 14 Jun 2014 21:55:53 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Über die Kontinuität der Erforschung des humanistischen Schrifttums

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Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academyof Sciences in Prague

Über die Kontinuität der Erforschung des humanistischen SchrifttumsAuthor(s): JAN MARTÍNEKSource: Listy filologické / Folia philologica, Roč. 100, Čís. 4 (1977), pp. 214-219Published by: Institute for Classical Studies, part of the Institute for Philosophy, Czech Academy ofSciences in PragueStable URL: http://www.jstor.org/stable/23460341 .

Accessed: 14/06/2014 21:55

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tìber die Kontinuitât der Erforschung

des humanistischen Schrifttums

JAN MARTINEK (PRAHA)

Jede wissenschaftliche Tâtigkeit muft unbedingt die Ergebnisse der frti her geleisteten Arbeit respektieren. Dieser Grundsatz scheint selbst verstândlich zu sein, und es wird vielleicht Verwunderung erregen, daft

gerade hier eine solche Forderung gestellt wird. Schon an den Univer sitaten lernen die Studenten, wie wichtig es ist, die frtihere Literatur

sorgfaltig zu untersuchen und bei jeder neuen Behandlung eines Themas eine vollstandige Bibliographie zu bieten. Jeder Leser dieses Aufsatzes kônnte deshalb fragen, ob es nôtig ist, eine solche Selbstverstandlich keit zum Gegenstand einer eingehenden Erôrterung zu machen. Und doch kann man behaupten, daft der am Anfang erwahnte Grundsatz zwar allgemein akzeptiert wird, daft aber die Praxis nicht so erfreulich aussieht.

Ich beabsichtige diesen Aufsatz in fiinf Abschnitte zu gliedern. Im ersten môchte ich die heutige Situation hinsichtlich der Kenntnis und

Auswertung der wissenschaftlichen Literatur auf diesem Forschungs gebiet kurz charakterisieren, im zweiten einige Beispiele dafíir liefern, im dritten die Ursachen der gegenwartigen Lage erortern, im vierten ihre Folgen darstellen und im funften die Moglichkeiten fur eine Bes serung andeuten.

Wie gesagt, kann die Situation unter dem gewâhlten Aspekt gesehen nicht als gůnstig bezeichnet werden, denn man kann kaum von einer Kontinuitát in der Humanismusforschung sprechen. Die For scher verlieren allmahlich die Môglichkeit, sich einen Oberblick uber die wissenschaftliche Literatur zu den einzelnen Themen dieses umfang reichen Forschungsgebiets zu verschaffen. Das beruht nicht auf einem Mangel an Sorgfalt, sondern auf objektiven Hindernissen, die es dem einzelnen Wissenschaftler unmoglich machen, die gesamte Bibliographie des gewâhlten Themas zu bewâltigen.

Um das zu zeigen, will ich einige Beispiele aus der Forschung uber den Olmůtzer Humanistenkreis anfuhren. Es handelt sich dabei um ein Thema, das dank seiner weit iiber die Grenze Mâhrens reichen den Bedeutung zum Gegenstand des Interesses in ganz Mitteleuropa wurde und infolgedessen nicht nur bei mâhrischen, sondern auch bei bôhmischen, slowakischen, deutschen und ungarischen Gelehrten Be achtung fand.

Kurz vor dem Ende des vorigen Jahrhunderts veroffentlichte K. W o t k e in der Zeitschrift des Deutschen Vereins ftir die Geschichte Mâhrens und Schlesiens (Jahrgang 3, Jahr 1899] eine Abhandlung uber den Olmtitzer Bischof Stanislaus Thurzó und seinen Kreis. Diese grund legende Publikation war Juhász, der die Stauromachia von Taurinus im Jahre 1944 herausgegeben hat, nicht zugânglich (vgl. S. XVII dieser Edition). Der Autor einer 1948 erschienenen vorzuglichen Abhandlung iiber den Olmtitzer Humanismus, Králík, kennt zwar die Edition von Juhász, aber er konnte sie ftir seine Zwecke nicht auswerten. Die Neu fassung der trefflichen Studie Babingers Uber Taurinus und seinen Kreis

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Ober die kontinuitât der erforschung des humanistischen schrifttums

[ Siidostforschungen 13, 1954) erwahnt die Arbeiten von Juhász und Králík nicht, obwohl sie andere ungarische und tschechische Aufsâtze berucksichtigt. Obrigens ist die Edition von Juhász lateinisch geschrie ben, also allgemein verstándlich. Besonders die Kenntnis der Abhand

lung von Králík hatte Babinger vor der Wiederholung einiger unrichtiger Behauptungen aus der ersten Fassung (Wurzburg 1944) bewahren kon nen. Der slowakische Literarhistoriker Mišianik hat dann in der Zeit schrift Listy filologické 85, 1962, S. 179 die Hendekasyllabi des Olmiitzer Humanisten Adrianus Vilharcius an Hadrianus Wolphardus aus einem

spáten Nachdruck veroffentlicht, offenbar ohne zu wissen, dafi darauf schon Juhász aufmerksam gemacht hatte Jvgl. die erwáhnte Stauro machia-Edition, S. VII., Anm. 12). Im Vergleich zu Juhász ist seine

Bearbeitung umfassender, da sie neben dem Text auch eine Erláuterung bringt, die jedoch unrichtig ist. Vilharcius ruhmt namlich nicht die Ver dienste Wolphards um die Veroffentlichung der Dichtungen von Homer, Vergil und Janus Pannonius, sondern behauptet, Wolphards Verdienste seien mit denen des Pisistratus und des Augustus vergleichbar, indem Pisistratus die Gedichte Homers gesammelt, Augustus den Vergil, Wolp hard den Janus Pannonius herausgegeben habe. AUch die fehlerhaften

Angaben uber Taurinus in der Publikation Slovensko (= die Slowakei), Bratislava 1971, zeugen davon, dafi die Autoren alte und uberholte Lite ratur benutzt haben, in der noch Olmutz als Geburtsort des Taurinus

angegeben ist. Selbst das Enchiridion renatae poesis in Bohemia et Moravia cultae (1966—1973) fiihrt nicht die in Olmutz tatigen Huma nisten Apitius und Rustinimicus an, obwohl sie sich an der Pflege der

Dichtung in bedeutender Weise beteiligt haben, wie in der friiheren und gleichzeitigen Literatur konstatiert wird. Diese Unvollstandigkeit soli unter Hinweis auf die einschlâgige Literatur in den Nachtragen des Enchiridion, also im 6. Band dieses Werkes, beseitigt werden.

Das waren nur Beispiele. Eine âhnliche Situation konnen wir auch in anderen Themenkreisen dieses Forschungsbereichs beobachten. Wenn wir nun nach den Ursachen fragen, so sind zwei Gruppen zu er wahnen. Erstens sind es solche, die auch anderen Fâchern mehr oder weniger eigen sind, zweitens solche, die als spezifisch fur die Huma nismusforschung angesehen werden konnen.

Zu der ersten Gruppe gehôren die Schwierigkeiten, die regelmâfiig in jeder Kriegs- und Nachkriegszeit zu beobachten sind, wie eben am

Beispiel der im Zeitraum 1944—1954 herausgegebenen Publikationen

gezeigt wurde. Dieser Ausfall in der notwendigen Kontinuitât infolge der Kriegsereignisse und Nachkriegsveránderungen ist besonders bei der Herausgabe von Bibliographien zu erkennen.

Doch ware es nicht richtig, alle Schuld auf die Kriegs- und Naeh

kriegswirren zu schieben. Man mufi eingestehen, dafi auch in den letzten

Jahrzehnten die Bibliographien nicht immer musterhaft veroffentlicht worden sind. Sehr ungunstig wirkt sich die Tatsache aus, dafi die an einander ankniipfenden bibliographischen Jahresberichte in verschiede ner Form, unter wechselnder Einteilung des Inhalts und als Beilagen verschiedener Zeitschriften oder Schriftenreihen erscheinen. Fiir be stimmte Jahre oder Perioden fehlen die Gesamtbibliographien iiberhaupt. Durch alle diese Anomalien wird die Zuverlássigkeit und Brauchbarkeit der bibliographischen Obersichten sehr gemindert; wo aber keine Evi

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JAN MARTINEK

denz dieser Hiifsmittel besteht, kann man auch nicht den erforderlichen Oberblick iiber wissenschaftliche Publikationen erwarten.

Nicht nur die Bibliographien, sondera auch die wissenschaftlichen

Zeitschriften, die dank der darin verdffentlichten Buchbesprechungen eine hervorragende Quelle bibliographischer Informationen sind, kdnnen sich nicht immer einer ununterbrochenen Abfolge erfreuen. Es geschieht oft, dafi die alten und bekannten Zeitschriften zu erscheinen aufhôren oder nicht mehr in ihrer urspriinglichen Form und unter demselben Titel

herausgegeben werden und als Ersatz dafiir viele neue Periodica auf

tauchen, die keine Voraussetzungen fur ein langes Bestehen haben und oft nicht gedruckt, sondera nur vervielfaltigt werden, wodurch der Um

fang der Bande ungemein vergrôfiert wird. Um diesen neuen, manchmal

ephemeren Publikationen, die bei der Aufbewahrung mehr Raum als

gedruckte Bûcher beanspruchen, Platz zu machen, werden die alteren Zeitschriften und Bûcher aus den Bibliotheken in entlegene Magazine ausgelagert, wodurch sie fůr den Leser schwer erreichbar werden. Dazu kommt noch, dafi diese neuen vervielfâltigten Zeitschriften oft ohne be sondere Rtìcksicht auf die Problème der kûnftigen Zitation und auf ihre

bibliographische Verarbeitung herausgegeben werden und nicht einmal in der Bezeichnung von Bânden, Teilen und Seiten konsequent sind, wodurch schon jetzt viele Schwierigkeiten und Mifiverstandnisse ver ursacht werden. Das wirkt besonders grotesk, wenn es sich um von Bibliotheken herausgegebene Periodica handelt.

Die in verschiedenen Stâdten erscheinenden Kulturanzeiger, die neben Nachrichten tìber Veranstaltungen auch wissenschaftliche Aufsatze ent

halten, sind oft schon ftìr das laufende Jahr in keiner der offentlichen Bibliotheken vollstandig vorhanden und leiden ebenfalls an unzurei chender Evidenz der Jahrgânge und Hefte, obgleich auch hier die For

derung gilt, dafi die Periodizitat auf den ersten Blick erkennbar sein soli.

Nachdem wir die Hemmnisse, die offensichtlich mehreren wissen schaftlichen Gebieten gemeinsam sind, bertìhrt haben, kommen wir

jetzt zu den Hindernissen, die sich speziell der Humanismusforschung in den Weg stellen und besonders bei der Bearbeitung des lateinischen Humanismus vorhanden sind. Dieses Fach liegt zwischen zwei Wissen

schaftsbereichen, der klassischen Philologie und der Erforschung der Nationalliteraturen bzw. Nationalsprachen. Die Bibliographien der klas sischen Philologie kônnen nicht alle manchmal in fachfremden Zeit schriften verdffentlichten Aufsatze tìber die humanistische Literatur

registrieren, und die Verfasser der bibliographischen Berichte tìber die Nationalliteraturen empfinden manchmal das lateinische Schrifttum der Humanisten als etwas Fremdes, das nur am Rande des zu bearbeitenden Materials steht. Doch gibt es hier eine bemerkenswerte Ausnahme. Die Genfer Bibliographie des Humanismus und der Renaissance setzt sich das Ziel, diesen Mangel in der bibliographischen Orientierung zu be

seitigen und hat daftìr auch gute Voraussetzungen. Es ist besonders zu begrtìfien, dafi sie in alien in Betracht kommenden Landern gute Mitarbeiter gefunden hat, dafi sie auch die Beitrage in weniger be kannten Zeitschriften registriert, und dafi sie nicht nur den Bereich der Literatur beachtet, sondera — was allein den eben erwàhnten

Schwierigkeiten abhelfen kann — auch der wissenschaftlichen Pro

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duktion in den angrenzenden Gebieten die gebiihrende Aufmerksamkeit widmet. Leider ist sie nicht in sâmtlichen Bibliotheken, die der Huma nismusforschung dienen kônnen, vertreten, so dafr sie auch nicht in die Hânde aller Wissenschaftler gelangt, fur die sie eine ausgezeichnete Quelle der Belehrung und ein unentbehrliches Hilfsmittel werden solite.

Ein weiteres Hindernis beruht darin, daft die Lokalforschung nicht immer das notwendige Interesse fiir das Zeitalter des Humanismus an den Tag legt. Vielmehr wird in manchen Landern die Erforschung des Humanismus und der Renaissance aufterhalb der groften Stâdte sehr

vernachlâssigt, obwohl gerade diese Epoche fůr die Entwicklung der Provinzial- und Landstâdte sehr bedeutend war und ihre Geschichte stark beeinfluftte. Deswegen ist die Beteiligung der Lokalhistoriker an der Erforschung des Humanismus notwendig. Insbesondere macht es die Abnahme des Interesses fiir dieses Zeitalter in den Reihen der Lokalhistoriker fur die Zentralforschung schwer, das unentbehrliche Material aus den Landstâdten und kleineren Orten zu ermitteln, um daraus ein Gesamtbild iiber die Entwicklung dieser Literatur auf den grôfteren Gebieten zusammenzustellen. Durch diese Lage wird auch die bibliographische Evidenz der Lokalforschung beeintrâchtigt.

Aus dem eben Gesagten kann man aber auch nicht schliefien, dafi die Anzahl der Humanismusforscher in den Zentralinstituten hinreichend wâre. Das Zeitalter der Renaissance ist auch hier eine ziemlich ver

nachlassigte Etappe. Dadurch kommt es, daft die jiingeren Forscher oft keine Gelegenheit haben, die Erkenntnisse und Erfahrungen durch per sônlichen Kontakt von ihren Vorlaufern zu iibernehmen. Dieser Nach

teil, der auf die geringe Anzahl der Forscher zuriickzufuhren ist, wird sich vielleicht in Zukunft noch starker bemerkbar machen, da die Mittel und Hochschulen fast in alien Landern nur noch eine unzulangliche Ausbildung in den klassischen Sprachen vermitteln. Das Erbe der Antike ist zwar grôfttenteils in Obersetzungen zu erfassen, aber die lateinischen

Quellen fiir das Mittelalter und den Humanismus entbehren oft nicht nur einer Ûbersetzung, sondern auch einer Edition und manchmal sogar einer elementaren Registrierung in Inventaren und Katalogen. Man darf

jedoch annehmen, dafi sich auch in der kommenden Zeit — und viel leicht in einem hoheren Mafr als heute — bei vielen Nationen das Bestreben geltend machen wird, ihre Vergangenheit auf Grund der vor handenen lateinischen Quellen zu erforschen. Diese Bestrebungen wer den sicher zu der Erkenntnis fiihren, daft man wenigstens einer be schrankten Anzahl von Studenten eine genaue Kenntnis der klassischen

Sprachen und besonders des Lateins ermoglichen soli. Bis dahin wird man allerdings dem Mangel an Forschern, die imstande wâren, auf dem Gebiet des Humanismus tâtig zu sein, nicht abhelfen konnen.

Der Austausch von wissenschaftlichen Erkenntnissen unter den An

gehorigen verschiedener Nationen ist ebenfalls nicht ausreichend. In dieser Richtung sind bereits einige Maftnahmen getroffen worden, die bessere Môglichkeiten des Kontakts schaffen sollen. Unter den wich

tigsten Mafinahmen dieser Art ist die Veranstaltung der neulateinischen

Kongresse zu Lôwen (1971), Amsterdam (1973) und Tours (1976) zu nennen.

Obwohl die Humanismusforschung ein Fach ist, das die Zusammen arbeit der Kenner ohne Unterschied der Staatsangehôrigkeit im hôchsten

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Maft erfordert, bilden fur diese Forschungsarbeit die Nationalliteraturen, zu denen nicht selten auch das lateinische Schrifttum gezâhlt wird, die

Grundlage. Dadurch kam es, daft die Abhandlungen uber das Zeitalter der Renaissance off in verschiedenen Sprachen verfaftt wurden, die nicht als allgemein verstandlich gelten. Heute wird in diesem Fach ebenso wie in der eigentlichen klassischen Philologie die Forderung gestellt, sich der Weltsprachen zu bedienen, wenn es dem Zweck und Ziel der Arbeit entspricht. Doch gibt es bestimmte Schriftenreihen, deren Anfang in eine Zeit fâllt, als es noch nicht iiblich war, von der im Lande herrschenden Sprache abzuweichen. In diesem Fall kbnnen

Zusammenfassungen die allgemeine Verstandlichkeit fordern, obwohl es keinem Zweifel unterliegt, daft ein Résumé den vollen Text nie er setzen kann. Das Latein solite ftir diese Zwecke ebenfalls als eine

geeignete Sprache angesehen werden, da seine Kenntnis schon des

Quellenmaterials wegen vorausgesetzt werden muft.

Die Zersplitterung der Forschungsarbeit auf dem Gebiet des Huma

nismus, die bisher stark empfunden wurde und trotz der eben erwâhnten Versuche zur Zusammenarbeit und zu Kontakten noch nicht ganz be

seitigt ist, hat fur diesen Wissenschaftsbereich ungiinstige F o 1 g e n.

Wegen schlechter Orientierungsmôglichkeiten in den Bibliographien wird die von den einzelnen Forschern geleistete Arbeit nicht beachtet, wichtige und exakt gearbeitete Aufsatze werden aus Unkenntnis bei seite gelassen und auf diese Weise oft fur eine langere Zeit aus dem

Gang der Forschung ausgeschaltet, wobei sie nicht selten durch ober flâchliche neue Bearbeitungen ersetzt werden. Die Evidenz der âlteren Literatur wird dadurch unzuverlassig. Der Benutzer der neuesten Arbeit kann nicht damit rechnen, daft er dort jeweils das Verzeichnis aller friiheren Werke findet, und seine Aufgabe besteht daher nicht nur darin, die Literatur zu ermitteln, die nach der Veroffentlichung der vorigen Bearbeitung des Themas erschienen ist, sondern auch darin, die in die sem Werke angefiihrte Literaturliste zu vervollstandigen. Besonders

beunruhigend ist die Tatsache, daft die einmal geleistete Arbeit unbe kannt bleibt und nicht ausgewertet wird, was bei dem eben erwâhnten

Mangel an Forschern auf diesem Gebiet einen unersetzlichen Schaden verursacht und ein stândiges Hindernis fiir den erstrebten Erfolg der

Forschungsarbeit ist.

Die Moglichkeit zur Verbesserung dieses unbefriedigen den Zustandes wurde hier schon angedeutet. Sofern die echten Hinder nisse, die der erfolgreichen Entwicklung in der Humanismusforschung entgegenstehen, erkannt wurden, sind dadurch auch die Vorschlage zu ihrer Beseitigung erbracht. Doch mochte ich hier wenigstens einige Môglichkeiten und Mittel erwâhnen, die ich fiir besonders wichtig halte.

Man wird vielleicht erwarten, daft ich auf Grund des friiher Gesagten fordern werde, daft die wissenschaftlichen Institutionen (wie Biblio theken, Museen und Archive) neue Krafte bekommen sollen, deren Auf gabe es wâre, sich der vernachlassigten Untersuchung der friiheren

Literaturperioden und besonders des Humanisrrtus in den Landstâdten anzunehmen. Viele solche Forderungen, die einen erheblichen Geldauf wand fiir wissenschaftliche Zwecke beanspruchen, werden gegenwârtig auf verschiedenen Kongressen gestellt, aber nur wenige gehen in Er fùllung. Es gibt jedoch noch einen anderen Weg, der von finanziellen

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Ober die kontinuitât der erforschung des humanistischen schrifttums

Mitteln unabhângig ist. In fruheren Jahren habe ich in zwei Vortrâgen, die in Universitâtsstâdten gehalten wurden, die Studenten der klassi schen Philologie aufgefordert, sich nach der Beendigung der Hoch schulstudien neben ihrem Lehramt auch der wissenschaftlichen Tatig keit zu widmen. Von den Oberschullehrern wird es oft als hart empfun den, dafi sie bei der Anstellung aufterhalb der grofteren Stâdte den Kontakt zur Universitat und infolgedessen die Môglichkeit, wissenschaft lich zu arbeiten, verlieren. Und doch bietet sich gerade hier dem Latein lehrer eine ausgezeichnete Gelegenheit, die an seinem Wirkungsort entstandene Literatur unter besonderer Berucksichtigung des lateini schen Schrifttums des Mittelalters und der Neuzeit zu bearbeiten. Es ware sehr niitzlich, wenn die Universitâten ihre Hôrer u. a. auch zur

Beschaftigung mit dieser Aufgabe anregen wiirden. Beispiele fur diese

Tâtigkeit der Lateinlehrer sind besonders in den Jahresberichten der

Gymnasien zu finden. Doch wartet die Kulturgeschichte vieler Orte noch auf ihre Bearbeiter.

Den Kontakt der Lokalforscher sowie die Zusammenarbeit der Wissen schaftler verschiedener Nationen konnen, wie schon angedeutet wurde, die wissenschaftlichen Tagungen fordem. Dabei ist manchmal der Aus tausch von Buchern und Sonderdrucken, die gegenseitige bibliographi sche Information und die Besprechung von Erfahrungen und Proble men in kleineren Kreisen viel wichtiger, als die Vortrage selbst, die manchmal thematisch sehr zersplittert und nicht einem bestimmten Ziel und Themenkreis zugeordnet sind. Gerade diese Zersplitterung und die

Beschrankung einzelner Redner auf ein begrenztes Thema, das von ihnen bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder behandelt wird, ist ein Merkmal der unzulânglichen Kontinuitât. Die Vorbereitungs komitees sollten also bei jeder Tagung den Teilnehmern mehr Gelegen heit bieten, in beliebig nach wissenschaftlichen Interessen gebildeten Kreisen ihre Problème zu besprechen. Diese Organisation von Kongres sen wůrde zur Beseitigung der oft zu schroffen Grenzen zwischen den Gebieten der persònlichen Interessen beitragen, sie kônnte auf diese Weise gute Voraussetzungen fur ktinftige Zusammenarbeit schaffen und

daneben den Verlauf der folgenden Kongresse giinstig beeinflussen. Dafi die Bucherausstellungen eine unentbehrliche Ergânzung der wissen schaftlichen Konferenzen bilden, braucht man nicht besonders hervor zuheben.

Ich hoffe, die wichtigsten Fragen der Kontinuitât der Humanismus

forschung beruhrt zu haben. Nicht aile Hindernisse konnen auf einmal

beseitigt werden. Die erste Voraussetzung dafiir ist ihre Erkenntnis, die in diesem Aufsatz angestrebt wurde.

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