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Underachievement und ADHS
zwei Seiten einer Medaille ?
Dr. h.c. Hans BiegertLeitender Schuldirektor der HEBO-Privatschule, Bonn
Studienkonferenz> Underachiever <
Samstag, 24.02.200810:00 – 11:15 Uhr
genetisch disponierte neurobiologische
Regulationsstörung
Aufmerksamkeits-defizit
Impulsivität
Hyperaktivität
ADHS
1. Aufmerksamkeitsdefizit
1. Ist häufig unaufmerksam gegenüber Details oder macht Sorgfaltsfehler bei Schularbeiten oder anderen Arbeiten/Tätigkeiten.
2. Kann die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spiel häufig nicht aufrecht erhalten.
3. Scheint häufig nicht zu hören, was gesagt wird.
4. Führt häufig Aufträge nicht durch oder erfüllt häufig Schularbeiten, oder andere Pflichten oder Aufgaben am Arbeitsplatz nicht (nicht wegen oppositionellen Verhaltens oder weil Erklärungen nicht verstanden werden).
5. Kann Aufgaben und Aktivitäten nicht organisieren oder strukturieren.
6. Vermeidet häufig oder hat einen starken Widerwillen gegen Aufgaben, die geistiges Durchhaltevermögen erfordern (z.B. Hausaufgaben).
7. Wird häufig durch äußere Reize leicht abgelenkt.
8. Verliert häufig Gegenstände, die für bestimmte Aufgaben oder Aktivitäten notwendig sind, z.B. Schulaufgaben, Bleistifte, Bücher, Spielsachen oder Werkzeuge.
9. Vergisst häufig Dinge im täglichen Ablauf.
ADHS-Symptome nach ICD-10 ICD-10/DSM IV
2. Impulsivität
ADHS-Symptome nach ICD-10 ICD-10/DSM IV
1. Platzt häufig mit Antworten heraus, bevor Fragen zu Ende gestellt sind.
2. Kann häufig nicht in einer Reihe warten oder bei Spielen oder Gruppensituationen warten, bis er/sie an der Reihe ist.
3. Unterbricht oder stört andere häufig (z.B. platzt in die Unterhaltung oder Spiele anderer).
4. Redet häufig übermäßig viel, ohne angemessen auf soziale Beschränkungen zu reagieren.
ADHS-Symptome nach ICD-10 ICD-10/DSM IV
3. Überaktivität
1. Zappelt mit Händen oder Füßen oder windet sich auf seinem Sitz.
2. Verlässt seinen Platz während des Unterrichts oder in anderen Situationen, in denen Sitzenbleiben erwartet wird.
3. Läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist. (Bei Jugendlichen oder Erwachsenen ist nur ein Gefühl innerer Unruhe vorhanden).
4. Ist häufig beim Spiel übermäßig laut oder hat Schwierigkeiten, sich leise zu beschäftigen.
5. Zeigt ein anhaltendes Muster exzessiver motorischer Aktivität, das durch die soziale Umgebung oder durch Aufforderungen nicht durchgreifend beeinflussbar ist.
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mit ADHS ohne ADHS
Risikospirale ADHS und Schule
Quelle: Barkley u. Fischer 1996,Lehmkuhl, Schirmann, Doepfner, Adam 1999
Verteilung des IQ in der Bevölkerung
Quelle: http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.online-iq.de/images/gauss.jpg&imgrefurl=http://www.online-iq.de/theory.php&h=318&w=610&sz=22&hl=de&st
hochbegabt
2,27%
+ 5,6
105,6
9%
/ ADHS1)
1) Quelle: Prof Dr. Kabat vel Job, ADHS Kongress Magdeburg 2007
ADHS begünstigendeFamiliensituation
(Genetik) Strukturlosigkeit,
unwirksame, stressige
Interaktionen
ungünstigesTemperament
rastlos, ohne
Ausdauer, unüberlegt
Interaktions-kompetenz-
defizite
Wahrnehmungs-störungen,
Teilleistungs-schwächen(z.B. LRS)
PeerstressZurückweisung,
Ablehnung durch
Gleichaltrige
VerhaltensstressKaum beeinfluss-
bares,oppositionelles
Problemverhalten
LehrerstressHilflosigkeit,
Überforderung, dann Ablehnung durch
Lehrer u. sich ver-stärkende schulische
Misserfolge
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otor
ikBindung an deviante
Gleichaltrigengruppen, Mobbing, Diebstahl,
Pöbeleien, Schul-Schwänzen, fortgesetztes
regelüberschreitendesVerhalten
Schwere umfassende chronifizierte
Sozialinte-grations-
Störungen
Delinquenz /Sozial-
isolation
Exorbitante begabungsinadäquate
Schulprobleme-Leistungseinbruch
-Nichtversetzung-Schulausschluss
-Schulformrückstufung-Sonderschulzuweisung
-Unbeschulbarkeit
Familienstress, disjunktes elterliches Erziehungsverhalten
Überforderungs-syndrom, Rückzug /
Verweigerung Trennung, Scheidung
3 5 10 17
Mittlere KindheitFrühe Kindheit Adoleszenz
7 14 ©Bi
eger
t20
06/0
7
KomorbiditätenAusprägung
psychopathologischer Begleiterkrankungen
(Angststörungen, Sucht-erkrankungen, Tics,
Störungen. d. Sozialverh.Teilleistungsstörungen
Ausgeprägte Störungen des SozialverhaltensNicht beeinflussbare
expansiv-oppositionell aggressive
Verweigerungshaltung // depressiver Rückzug
Underachievement ADHS
Ein hohes Maß an Ablenkbarkeit, kurze Aufmerksamkeitsdauer, mangelnde Befähigung zur Selbststrukturierung und –orientierung und ständig auf der Suche nach neuen Reizen, damit sind Entwicklungsbeeinträchtigungen vorprogrammiert. Zum eigentlichen Handikapaber wird ADHS mit zunehmender Diskrepanz zwischen den Anpassungsanforderungen undder ADHS- Verhaltensdisposition i. d. R. spätestens mit dem Eintritt ins Schulalter. ADHS-Kinder bleiben in ihrer schulischen Entwicklung um bis zu 90 % unter ihrem Intelligenz-niveau. Mangel an Begabung kann als Begründung für diese negativere Schulperspektive nicht herangezogen werden. Trotz immer wiederkehrender Bemühungen ausbleibende schulischeErfolge und jahrelange, von ständiger Ausgrenzung geprägte negative Sozialerfahrung führenzu einer erheblichen Beeinträchtigung des Selbstbildes, dann zu mangelndem Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, darauf zu Motivationslosigkeit und Misserfolgserwartung, am Ende ineine oppositionelle Verweigerungshaltung mit hohem Delinquenzrisiko oder depressivenRückzug in jedem Fall zu schweren Sozialintegrationsstörungen.
ADHS führt zu 90% zu Underachievement
UnderachievementUAS ADHS
?* UAS= Underachievement-Syndrom
Prof. Dr. Friedrich Oswald, Universität Wien, Institut für Bildungswissenschaften
*
Merkmale des UAS
- reduzierte Leistungsmotivation
- Anstrengungsvermeidungshaltung
- Desinteresse am schulischen Lernen (Lustlosigkeit)
- Desinteresse an schulischen Lernbereichen
- Lernschwierigkeiten in bestimmten Bereichen
- defizitäre Lern- und Arbeitstechniken
- mangelndes Selbstbild, Selbstvertrauen, mangelhafte Selbstwirksamkeit
- Sozialintegrations- und Beziehungsprobleme mit Mitschülern und zu Lehrern, häufig auch zu Eltern
- Isolationsrisiko
- Eine oppositionelle Haltung, sich den Forderungen anderer anzupassen (dies führt dann auch zu Widerstand gegenüber schulischen Aufgaben, die Anstrengung und Aufmerksamkeit verlangen.)
- sie lernen das Lernen nicht
- intrapersonelle Diskrepanz: ein diffuses Wahrnehmen von Stärken/ Schwächen, Unterschied zwischen können und wollen.
UnderachievementUAS
ADHS
In der Regel : NEIN !!
Kinder mit UAS zeigen nur oberflächlich betrachtet ähnlicheSymptome wie ADHS-Kinder. Etwa:Unaufmerksamkeit vs. Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom.UAer bestätigen auf Nachfrage i.d.R. meistens sehr genau, dasssie das Gesagte gehört und verstanden haben – im Gegensatz zuADHSlern.Die Diagnosesymptome von ADHS gemäß ICD-10/DSM IV lassensich nicht allgemein bijektiv auf die Merkmale des UAS abbilden.
Dennoch gibt es eine Schnittmenge
UAS ADHS
5% ADHS (= ca. 650.000)
9% davon hochbegabt
= 0,45% davon bleiben 90% unter ihren intellektuellen Möglichkeiten
Das ist die Schnittmenge = ca. 0,4% ca. 60.000 Betroffene
Was wir über ADHS + UAS wissen:
Was wir für einen ADHS/UAS-wirksamen Unterricht daraus ableiten:
und
1. ADHS + UAS sind Selbstregulationsstörungen
2. ADHS + UAS sindAnpassungsstörungen
3. ADHS + UAS führen zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Selbstbild und Selbstwirksamkeit
ADHS/UAS-Kinder brauchen im Unterricht Fremdregulation d.h. Strukturen-Rituale-regulierendeRahmenbedingungen
ADHS/UAS-Kinder brauchen auf allen unterrichtlichen Ebenen Adaptivität
ADHS/UAS-Kinder benötigen selbstbild-und selbstwirksamkeitsförderndeunterrichtliche Rahmenbedingungen.
ADHS
non ADHS
Situationsabhängigkeit des Schülerverhaltens„Fieberkurve“ für die Ausprägungsintensität der ADHS-Symptomatik
Underachievement und ADHS
c) Verbesserung von Selbstbild und Selbstwirksamkeit Positivfeedback-Kultur Aufbau von Selbstzutrauen und Anstrengungsbereitschaft durch emotionalen Rückhalt und positive Erfolgserwartung.
Konsequenzen für die Schulpädagogik
a) Selbstregulation fördern - Strukturen gewährleisten!Verbesserung von Aufmerksamkeitslenkung und Selbststrukturierung durch wirksame pädagogische Führung.
b) Erfolge ermöglichen - Leerlauf vermeiden! Förderung von Lernerfolgen durch möglichst hohe aber adaptive, kognitive und methodische Anforderungen.
Konsequenzen im Einzelnen insbesondere im Hinblick auf die UAS/ADHS-Schnittmenge
1. … dass sehr viel intensivere Förderbemühungen notwendig sind, als es die traditionell vorherrschende optimistische Einschätzung der Leistungspotentiale wahr haben wollte/will, damit Hochbegabte ihre Potentiale tatsächlich in Leistung umsetzen können.
2. Intensive Motivationsförderung betreiben, damit langgedehnte Lernprozesse konzentriert durchgeführt werden können.
3. Den aversiven Gehalt von Lernprozessen entscheidend minimieren.
4. Für Hochbegabte als vorausschauend denkende und planende (bisweilen zu Perfektionismus neigende) Kinder ist eine unstrukturierte Lernumwelt mit kaum vorhersagbaren Gegebenheiten ein echtes Hindernis.
5. Wenn niedrige inadaptive kognitive und/oder methodische Anforderungen bestehen, selten logisch argumentiert wird, Vergesslichkeit und Ungerechtigkeit an der Tagesordnung sind, und Regelab-weichungen und Inkonsequenz Standard sind, dann erweist sich ein solches Setting als ADHS/UAS-Verstärker erster Güte.
6. Häufiges (bei ADHS schwerpunktmäßig positives) Feedback.
7. Zwingend: Bloßstellung vermeiden ! „Der hochbegabt ? – Schau Dir mal seine Noten an !“
8. Differenzierter Unterricht, in dem Individualisierung nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist.
9. Eine gute praxisbezogene Aus-Fort-Weiterbildung von Lehrern nach der Formel: „Nur gute Lehrer halten guten Unterricht“
10. Die Grunderkenntnis „Begabung ist nicht gleich Leistung“ auf allen Ebenen * (kognitiv-sozial-emotional) umsetzen. *(dabei gilt: je extremer die intellektuellen Fähigkeiten, umso ausgeprägter diese Diskrepanz)