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Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ TEIL 1: Einheit 1 - 6 Sommer-Semester 2009 (15.05.2009)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“

TEIL 1: Einheit 1 - 6

Sommer-Semester 2009

(15.05.2009)

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Vorbemerkungen:

Inhaltliche Fragen zu diesem Crashkurs: Rechtsanwalt und Dozent NGUYEN, NGOC-DANH

eMail an: [email protected]

Folien (zur Vorlesung):

http://www.marx.de/

(dort unter: „materialien/universität“)

Folien (zur Übung):

http://www.econ.uni-hamburg.de/IRdW/zivil/

http://www.wiso.uni-hamburg.de/irdw

Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“

Einheit 1: Einheit 1:

Anspruchsprüfung (Subsumtion), Anspruchsprüfung (Subsumtion), Willenserklärungen

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Worum geht's überhaupt?

Zivilrechtliche Ansprüche

Anspruch = Das Recht, von einem anderen ein Tun, Dulden oder Unterlassen fordern zu können (§ 194 BGB)

Fragestellung zur Falllösung:

Wer will Was von Wem Woraus?

Gläubiger Anspruchs-ziel Schuldner

Anspruchs-Grundlage (§§)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Beispielsfall (Sachverhalt):

A haut dem B in der Kneipe den Ellbogen auf die Nase, weil er nicht aufgepasst hat, wer hinter ihm steht. Der B bekommt Nasenbluten und versaut sich sein neues Hemd.

Ansprüche des B?

Fragestellung zur Falllösung:

Wer will Was von Wem Woraus?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Wer? Der B ist Gläubiger und will…

Was?ein neues Hemd bzw. Erstattung der Reinigungskosten(= Schadensersatz)

Von Wem?

von A als Schuldner

Woraus? … aus einer entsprechenden gesetzlichen Rechtsnorm (= Anspruchsgrundlage), die die o.g. Schadenspositionen ersetzt

evtl. Schadensersatz aus § 823 BGB? dann müsste § 823 BGB erfüllt sein (

)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

§ 823 BGB(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt,

ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Tatbestand:Wenn…

Rechtsfolge:…dann

Paragraf

Absatz

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Bei der Fallprüfung ist die zu prüfende Anspruchsgrundlage (hier: § 823 BGB) im Wege der sog. „SUBSUMTION“ danach zu untersuchen, ob

der Tatbestand der Anspruchsgrundlage (= das im Gesetz Geregelte) den konkreten Sachverhalt erfasst

und

die Rechtsfolge der Anspruchsgrundlage das von B konkret Gewollte im Ergebnis gewährt.

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aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Subsumtion_%28Recht%29

Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Obersatz: Was müsste dafür der Fall sein?

Definition: Wann ist das (im Allgemeinen) der Fall?

Subsumtion: Passt der Sachverhalt (im speziellenFall) hierauf?

Ergebnis: Der Sachverhalt erfüllt/erfüllt nicht denTatbestand dieser Rechtsnorm

Subsumtionsfrage: Erfüllt ein Sachverhalt überhaupt den Tatbestand einerbestimmten Rechtsnorm?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

§ 823 BGB(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt,

ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Das ist hier der A

Das schuldet Adem B

Das sind die verletztenRechtsgüter

Fahrlässig = nicht sorgfältig genug: Hier (+)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Der B könnte gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB haben. Dazu müsste A widerrechtlich und schuldhaft das Eigentum (= rechtliche Sachherrschaft) und/oder die Gesundheit/den Körper (= körperliche Wohlbefinden/körperliche Unversehrtheit) (…) des B verletzt haben. Das Nasenbluten ist eine Verletzung von Körper und Gesundheit, die Beschmutzung des Hemdes ist eine Eigentumsbeeinträchtigung. / Dies geschah auch widerrechtlich. / Außerdem hätte B mit Verschulden handeln müssen. Verschulden ist Vorsatz oder Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Die nötige Sorgfalt hätte es hier erfordert, dass sich B vergewissert, mit seinem Ellbogen niemanden zu verletzen. Indem sich A nicht vorher umdrehte, hat er die nötige Sorgfalt nicht beachtet und handelte somit fahrlässig, also mit Verschulden. A schuldet dem B demnach Ersatz seines Schadens aus § 823 BGB

Obersatz

Definition

Subsumtion

Ergebnis

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Fall 5 („Willenserklärungen“):Unternehmer U plant eine Feier zum 50jährigen Firmenjubiläum.Seine Sekretärin legt ihm in einer Unterschriftenmappe die dazu-gehörigen Einladungsschreiben für besonders bedeutende Gäste.U unterschreibt schnell alle in der Mappe befindlichen Schreiben,ohne sich diese näher anzusehen.Es stellt sich sodann heraus, dass sich in der Unterschriftenmappe auch eine Warenbestellung an die K-AG befand, die U zwar geplant hatte, letztendlich aber doch nicht durchführen wollte. Die K-AG nimmt das Angebot erfreut an und verlangt denKaufpreis. Die Rechnung lässt U zunächst einige Wochen ohne Reaktion liegen. Frage: Muss er auf die Mahnung der K-AG den Kaufpreis zahlen? Oder umgekehrt: Hat K-AG Anspruch auf Kaufpreiszahlung?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

AnspruchAnspruch der K-AG gegen U auf Kaufpreiszahlungaufpreiszahlung?

Anspruchsgrundlage (AGL):Anspruchsgrundlage (AGL): § 433 Abs. 2 BGB?

„§433 Abs. 2 BGB: Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer

den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.“

Voraussetzungen der AGL:Voraussetzungen der AGL:

Zustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages iSd § 433 BGB. - Das wiederum setzt 2 übereinstimmende Willenserklärungen iSd §§ 145 ff. BGB voraus, nämlich Angebot und Annahme.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Frage: Liegen hier 2 übereinstimmende Willenserklärungen (= Angebot + Annahme) vor?

Willenserklärung des U?

Das wäre der Fall, wenn das Bestellschreiben des U das Angebot an die K-AG darstellt. Das ist nun zu prüfen…

Anmerkung: Auf Seiten der K-AG besteht hingegen kein Problem betr. Willenserklärung, denn die K-AG hat die „Warenbestellung“ des U angenommen (= Annahme) und damit eine Willenserklärung abgegeben. Wenn also der U (was nachfolgend zu prüfen sein wird) ein wirksames

Angebot als Willenserklärung abgegeben hätte, dann wäre auch ein wirksamer Kaufvertrag abgeschlossen worden mit der

Folge, dass die K-AG einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung hätte.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Einleitung:Einleitung:

Willenserklärung = Willenserklärung = WillensäußerungWillensäußerung, die auf Herbeiführung einer Herbeiführung einer Rechtsfolge Rechtsfolge gerichtet ist.

Die Willenserklärung setzt sich zusammen aus dem

objektivenobjektiven Erklärungstatbestand Erklärungstatbestand

(= (= auf die Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen gerichtete gerichtete äußere Erklärungshandlung, z.B. ausdrücklich, konkludent äußere Erklärungshandlung, z.B. ausdrücklich, konkludent

oder oder ausnahmsweise auch durch Schweigen (beim kaufmänn. ausnahmsweise auch durch Schweigen (beim kaufmänn. Bestätigungsschreiben) – Maßgebend ist die Sicht eines Bestätigungsschreiben) – Maßgebend ist die Sicht eines objektiven Dritten in der Person des Erklärungsempfängers…))

++

subjektivensubjektiven Erklärungstatbestand Erklärungstatbestand

(= mit erkennbaremerkennbarem Rechtsbindungswillen - Unterscheide: Rechtsbindungswillen - Unterscheide:

1.Handlungswille, 2.Erklärungsbewusstsein, 3.Geschäftswille) 1.Handlungswille, 2.Erklärungsbewusstsein, 3.Geschäftswille)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Subjektiver Tatbestand:Subjektiver Tatbestand:

1. Handlungswille1. Handlungswille = = Wille, überhaupt etwas bewusst zu tun/zu unterlassen fehlt der Wille, liegt keine Willenserklärung vor!2. Erklärungsbewusstsein2. Erklärungsbewusstsein = B = Bewusstsein, überhaupt irgendeine rechtserhebliche Erklärung abzugeben h.M.: zum Schutz des ahnungslosen Rechtsverkehrs ist ein potentielles Erklärungsbewusstsein ausreichend für die Bejahung eines Erklärungsbewusstseins und somit einer Willenserklärung (kein aktuelles Bewusstsein erforderlich!) = (+), wenn der Erklärende bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, sich im rechtserheblichen Bereich zu bewegen3. Geschäftswille3. Geschäftswille = = Wille, ein ganz bestimmtes Rechtsgeschäft abzuschließen (z. B. der Wille auf Abschluss eines bestimmten Mietvertrages) fehlt der Wille, schadet das der Wirksamkeit der Willenserklärung grds. nicht – aber: evtl. Anfechtung der Willenserklärung möglich ( hierzu später)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Falllösung:

objektiver Tatbestand:

K-AG musste von einer verbindlichen Warenbestellung

ausgehen

subjektiver Tatbestand:

- Handlungsbewusstsein:Handlungsbewusstsein: (+)

- Erklärungsbewusstsein: U ging nicht davon aus, eine rechtserhebliche Erklärung abzugeben, da er in dem Glauben war, ein Einladungsschreiben zu unterzeichnen. Aber: Da U die Schreiben in der Unterschriftenmappe vor Unterzeichnung nicht durchgesehen hat, ist ihm ein Fahrlässigkeits-Sorgfaltsverstoß vorzuwerfen. Da ein potentielles Erklärungsbewusstsein ausreicht, handelte U mit Erklärungsbewusstsein.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)

Ergebnis:

U hat wirksam eine Willenserklärung, nämlich ein Angebot (= Warenbestellung) abgegeben. Dieses Angebot hat die K-AG auch angenommen. Es liegen somit 2 übereinstimmende Willenserklärungen vor, so dass ein wirksamer Kaufvertrag iSd § 433 BGB zustande gekommen ist.

K-AG hat somit Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen U aus § 433 II BGB.

aber:aber: evtl. Anfechtung der Willenserklärung wegen Irrtums (Folge: evtl. Anfechtung der Willenserklärung wegen Irrtums (Folge: rückwirkende Nichtigkeit der Willenserklärung gem. §§ 119, 142 BGB)? Auf die Anfechtung wird später eingegangen werden. Auf die Anfechtung wird später eingegangen werden. Jedenfalls hat U die Anfechtungsfrist Jedenfalls hat U die Anfechtungsfrist gem. § 121 BGB („unverzüglich nach Entdeckung des Irrtums“) nicht eingehalten, Folge: keine Anfechtungsmöglichkeit des U.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2)

Einheit 2: Einheit 2:

Zugang von Willenserklärungen

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2)

Fall 6:Arbeitnehmer A ist bei Unternehmer U beschäftigt. In seinem Anstellungsvertrag ist als Frist für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses die Einhaltung von 1 Monat zum Quartalsende vereinbart. Am 25.08.2007 sendet U die Kündigungserklärung an die Privatadresse des A per Einschreiben ab. Der Postbote trifft am folgenden Tage (26.08.2007) niemanden an, steckt daher den Benachrichtigungszettel über die Hinterlegung des Einschreibens in den Briefkasten des A und hinterlegt das Einschreiben bei dem zuständigen Postamt. A, der mit einer unerfreulichen Sendung rechnet, holt das Einschreiben nicht ab. Als dies am 05.09.2007 an U zurückgesendet wird, schickt dieser sofort einen Boten zu A, der das Schreiben mittags in den Briefkasten des A steckt. A öffnet erst drei Tage später (08.09.2007) den Briefkasten und erfährt von der Kündigungserklärung. Ist das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2007 beendet worden?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2)

Voraussetzung für Beendigung des Arbeitsverhältnisses:

Wirksame Kündigung (Kündigung = empfangsbedürftige Willenserklärung, d.h. Wirksamkeit erst bei Zugang)

Notwendig

daher:

Zugang……beim

Empfänger…

…und zwar fristgerecht

+ schriftlich, § 623 BGB

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2)

Kündigung wirksam zum 30.09.?

Fraglich ist, wann die Kündigung hätte eintreffen müssen.

Da der Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von 1 Monat zum Quartalsende vorsieht, hätte die

Kündigung spätestens am 31.08. bei A zugehen müssen.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2)

Eine Willenserklärung geht dann zu, wenn sie

…so in den Machtbereich des Empfängers

gelangt ist, dass es diesem möglich ist, davon

Kenntnis zu nehmen,…

…und mit dieserKenntnisnahme Unter normalen Umständen zu

rechnen ist.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2)

…so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass es diesem möglich ist, davon

Kenntnis zu nehmen,…

…und mit dieser Kenntnisnahme unter normalen Umständen zu

rechnen ist.

Welche Zeitpunkte kommen in Frage?

26.08.:

o Nur Benachrichtigungszettel im Briefkasten (Machtbereich des Empfängers), aber nicht die Kündigung (= Willenserklärung) selbst.

05.09.:

o Kündigung per Bote im Briefkasten, aber im Normalfall ist nicht mit einer Kenntnisnahme noch am selben Tag zu rechnen, sondern erst am nächsten Tag (06.09.)

08.09.:

o Jedenfalls Zugang mit tatsächlicher Kenntnisnahme

= Kündigungsfrist eigentlich nicht eingehalten!

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2)

Aber: Letztlich liegen die Gründe dafür, dass die Kündigung nicht zugegangen ist, allein im Pflichtenkreis des A, weil er das Einschreiben nicht abgeholt hat. Schutzwürdig ist dann der Absender (= U) und weniger der Empfänger. Damit handelte A wider „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB), wenn er sich auf die verspätete Kenntnisnahme beruft, und wird so behandelt, als ob die Kündigung ihm rechtzeitig zugegangen wäre, sofern der Absender (= U) den Zugang unverzüglich nachgeholt hat.

Ergebnis:Hier im Fall hat U den Zugang unverzüglich nachgeholt, nämlich mittels Boten am 05.09. Der A ist somit so zu behandeln, als wäre ihm die Kündigung rechtzeitig zugegangen. Das Arbeitsverhältnis ist somit wirksam zum 30.09.2007 wirksam durch Kündigung beendet worden.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Einheit 3: Einheit 3:

AGB, Auftrag (Fall 10) + Anfechtung (Fall 18)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Fall 10 („AGB“, „Auftrag“):

B möchte an sein Haus einen Wintergarten anbauen und bittet den Architekten A, die Ausschreibung und Bauauftragsvergabe für ihn durchzuführen. Ein Entgelt soll A hierfür nicht erhalten, weil B diesem bei einer anderen Gelegenheit früher einmal sehr behilflich gewesen ist. Die Parteien unterzeichnen ein Standardvertrags-formular des A, in dem es am Ende heißt: „Im Übrigen gelten die umseitigen Geschäftsbedingungen“. In der dortigen Ziffer 7 befindet sich folgende Klausel: „Eine Haftung für etwaige Schäden wird ausdrücklich ausgeschlossen“. A holt mehrere Angebote von Baufirmen ein und empfiehlt dem B die Firma X, die sodann auch mit der Baumaßnahme beauftragt wird. Anschließend stellt sich heraus, dass A bei seiner Empfehlung ein um € 5.000,00 günstigeres, technisch aber vollständig gleichwertiges Konkurrenz-angebot versehentlich übersehen hatte. FRAGE: Kann B von A Ersatz dieses Betrages verlangen?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

PROBLEM:

A verwendet vorliegend eigene Regelungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen = AGB), die inhaltlich vom Gesetz abweichen.

So besteht nach dem Gesetz beispielsweise eine Haftung nach § 276 BGB für Vorsatz und Fahrlässigkeit. A aber schließt seine Haftung vollständig aus.

FRAGE:

Darf A überhaupt eigene, vom Gesetz abweichende Regelungen (AGB) verwenden?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Was sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)?

Das Gesetz gewährt die Möglichkeit, einheitliche Vertragsbedingungen zu stellen, die insbesondere einem Unternehmer die Möglichkeit geben, zu seinen Gunsten eine gegenüber den sonst geltenden gesetzlichen Regelungen günstigere Regelung gegenüber Kunden zu schaffen.

Aber: AGB sind nicht ohne weiteres zulässig. Zur Verhinderung übermäßiger Einschränkungen der Kundenrechte sind besondere gesetzliche Anforderungen zu erfüllen (§§ 305 ff BGB).

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Gesetzliche Anforderungen an AGB:

Zunächst müssten die von A verwendeten und vom Gesetz abweichenden Regelungen

1) überhaupt – gesetzliche zulässige/anwendbare - AGB darstellen,

2) wirksam in den Vertrag einbezogen sein und

3) der gesetzlichen Inhaltskontrolle standhalten.

4) Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

zu 1.: Anwendbarkeit der §§ 305 ff BGB

a) Vorliegen von AGB, § 305 Abs. 1a) Vorliegen von AGB, § 305 Abs. 1 VertragsbedingungenVertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgenfür eine Vielzahl von Verträgen VorformuliertVorformuliert einseitig vom Verwender gestellteinseitig vom Verwender gestellt

b) Sachlicher Anwendungsbereich, §b) Sachlicher Anwendungsbereich, § 310 Abs. 4 BGB310 Abs. 4 BGB Keine Geltung bei erb-, familien- oder gesellschaftsrechtlichen Keine Geltung bei erb-, familien- oder gesellschaftsrechtlichen

VorgängenVorgängen

c) Persönlicher Anwendungsbereichc) Persönlicher Anwendungsbereich §§ 305 Abs. 2, 3 und 308, 309 BGB bei Verwendung §§ 305 Abs. 2, 3 und 308, 309 BGB bei Verwendung

gegenüber Unternehmern unanwendbar, § 310 Abs. 1 BGBgegenüber Unternehmern unanwendbar, § 310 Abs. 1 BGB

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

zu 2.: Einbeziehung in den Vertrag

a) Angebot und Annahme, §§ 145 ff BGB

b) Zusätzliche Voraussetzungen gemäß § 305 Abs. 2 BGB: Insbesondere: Hinweis und zumutbare Möglichkeit der

Kenntnisnahme bei Vertragsschluss

c) Keine Einbeziehung einzelner Klauseln Überraschende Klauseln, § 305 c Abs. 1 BGB Individuellen Abreden widersprechende Klauseln, § 305 b

BGB

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

zu 3.: Inhaltliche Wirksamkeit der AGB

Der Inhaltskontrolle ist die für den Verwender ungünstigste Auslegungsmöglichkeit zugrunde zu legen, § 305 c Abs. 2 BGB.

a) Spezielle Klauselverbote

· § 309 BGB

· § 308 BGB

b) Generalklausel, § 307 BGB

Unwirksam ist danach jede Klausel, die den anderen Teil entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

zu 4.: Rechtsfolgen

Bei nicht einbezogenen oder unwirksamen Klauseln gilt § 306 BGB: abweichend von § 139 BGB ist der Vertrag im Übrigen wirksam.

Die Vertragslücke wird durch die gesetzlichen Bestimmungen gefüllt.

Die betroffene Klausel ist insgesamt nichtig („Verbot der geltungserhaltenden Reduktion“).

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

FALLFRAGE (FALL 10):

Kann B von A Ersatz des Differenzbetrages in Höhe von 5.000,00 Euro verlangen?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Ein Anspruch könnte sich aus § 280 I BGB ergeben.

§ 280 I BGB ist die zentrale Regelung für alle Fälle einer schuldhaften vertraglichen Pflichtverletzung und gewährt einen einheitlichen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung, also alle Leistungsstörungen wie z.B.

- Nichtleistung

- Schlechtleistung oder

- Verletzung von Nebenpflichten.

Ersetzt wird nur der durch die Pflichtverletzung entstandene Schaden.

Dieser Schadensersatzanspruch kann neben dem vertraglichen Leistungs-/Erfüllungsanspruch (= Primäranspruchs) geltend gemacht werden.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

1. Bestehen eines Schuldverhältnisses (vor-)vertraglich gesetzlich

2. Pflichtverletzung bei Schlechtleistung (i.V.m. § 437 Nr. 3 bzw. § 634 Nr. 4) Insbesondere Pflichten nach § 241 II (i.V.m. § 311 II) – Fälle der

„alten“ pVV und CIC Achte: bei Verzögerung der Leistung SE-Anspruch nur über §

280 II! Achte: Kein Ersatz von Begleitschäden bei Unmöglichkeit, Grund:

Unmöglichkeit führt zum Wegfall des Primäranspruchs, so dass Schadensersatz neben der Leistung nicht denkbar ist!

3. Vertretenmüssen des Schuldners grds: § 276 BGB (Vorsatz und Fahrlässigkeit). Beachte Beweislastumkehr (§ 280 I 2)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Anspruch aus § 280 I BGB?

1. Schuldverhältnis?

(+), es liegt ein Auftragsvertrag (§ 662 BGB) vor. Inhaltlich geht es um die unentgeltliche Beratung bezüglich der Vergabe, also um einen Auftrag. Durch die beiden Vertragsunterzeichnungen haben A und B zwei übereinstimmende Willenserklärungen (§§ 145 ff. BGB) abgegeben.

Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit und der Verwendung eines Vertragsformulars ist auch nicht davon auszugehen, dass es sich nur um eine Gefälligkeit ohne rechtliche Verpflichtung handeln sollte.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

2. Pflichtverletzung?

(+), liegt vor.

Es besteht mitunter die Pflicht des Auftragnehmers zur Rücksichtnahme auf die finanziellen Interessen des Auftraggebers. Da A dem B nicht die billigste unter den gleichwertigen Firmen empfahl, hat er seine Pflichten aus dem Auftrag verletzt.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

3. Vertretenmüssen des Schuldners?

(+), liegt vor.

Nach § 276 BGB hat A die Pflichtverletzung auch zu vertreten, weil er durch das Versehen bei der Zusammenstellung der Unterlagen einen Sorgfaltsverstoß beging und mithin fahrlässig handelte.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

4. Haftungsausschluss

Fraglich ist, ob A seine SE-Haftung durch Ziffer 7 des Vertragsformulars hat wirksam ausschließen können.

Das wäre dann der Fall, wenn diese Regelung den Anforderungen, die die §§ 305 ff. BGB an Allgemeine Geschäftsbedingungen stellen, genügt.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Anforderungen der §§ 305 ff. BGB:

1. Ist Ziffer 7 überhaupt eine AGB i. S. d. § 305 I BGB?

(+), da sie eine Vertragsbedingung ist, die A als standardmäßig für Vertragsbedingung ist, die A als standardmäßig für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hat und einseitig dem B eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hat und einseitig dem B gegenüber gestellt hat.gegenüber gestellt hat.

2. Wirksame Einbeziehung in den Vertrag (§ 305 II BGB)?(+), da bei Vertragsunterzeichnung auf die Geltung der Ziffer 7 hingewiesen wurde. Wegen des umseitigen Aufdrucks auf dem Vertragsformular bestand auch die zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme für B, der mit Vertragsunterzeichnung sich mit der Geltung einverstanden erklärt hat.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

3. Inhaltskontrolle (§§ 307 – 309 BGB)

Ziffer 7 ist unwirksam wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 BGB. Denn hiernach kann eine Haftung für die Verletzung der dort genannten Rechtsgüter sowie für einen Fall des groben

Verschuldens in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden kann.

Auch wenn konkret keiner der genannten Fälle vorliegt, so ist Ziffer 7 aber nicht auf einfache Fahrlässigkeit beschränkt, sondern gilt ihrem Wortlaut nach für sämtliche Schadensersatzansprüche (also auch die in § 307 BGB genannten Fälle), so dass ein Verstoß gegeben ist.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

4. Rechtsfolge

Es gilt § 306 BGB, wonach Ziffer 7 insgesamt unwirksam ist.

Achte: keine geltungserhaltende Reduktion dahingehend, den Anwendungsbereich der Klausel

auf das nach § 309 BGB zulässige Maß zu beschränken, denn anderenfalls wäre die Verwendung derartiger Vertragsklauseln risikolos.

An die Stelle von Ziffer 7 gilt die jeweilige gesetzliche Regelung.

Der Vertrag bleibt im Übrigen wirksam.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Ergebnis:

A hat seine Haftung nicht wirksam ausgeschlossen. Infolge der Pflichtverletzung sind dem B vermeidbare Baumehrkosten in Höhe von € 5.000,00 entstanden, die ihm A gemäß § 280 BGB

als Schadensersatz zu erstatten hat.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Fall 18 (Abwandlung):

Das Bauunternehmen U vergibt bei einem von ihm durchgeführten Bauvorhaben bestimmte Malerarbeiten. Malermeister M bewirbt sich um den Auftrag, misst die zu streichenden Flächen auf und kalkuliert seine Kosten. Dabei unterläuft ihm ein Rechenfehler, weil er in den Taschenrechner statt eines m²-Preises von € 5,00 einen Preis von € 4,00 eingegeben hat. Den von ihm errechneten Gesamtpreis von € 50.000,00 bietet er schriftlich der U an. Diese erklärt die Annahme. Drei Wochen später fällt M bei der Fertigung der ersten Abschlagsrechnung sein Rechenfehler auf. Er ruft daraufhin bei U an, stellt den Fehler klar und erklärt, dass er wegen seiner geringen Preisspanne an seinem Angebot nicht festhalten könne. U lehnt dieses Ansinnen ab.

Ist M zur Durchführung der Arbeiten zu dem von ihm angegebenen Preis verpflichtet?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

M will sich von seinem Angebot lösen.

Was kann er tun?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Die Anfechtung von Willenserklärungen1. Anfechtungsgrunda) Irrtum, §§ 119, 120 BGB

- Inhaltsirrtum, § 119 Abs. 1 Satz 1 BGB (Irrtum über die Bedeutung des verwendeten Erklärungszeichens)

- Erklärungsirrtum, § 119 Abs. 1, 2 BGB (Irrtum über die Bedeutung des verwendeten Erklärungszeichens)

- Eigenschaftsirrtum, § 119 Abs. 2 BGB (Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften (gegenwärtige, wertbildende Faktoren, nicht der Wert selbst) - Beachte: Alle Irrtümer müssen sich auf den Inhalt der Erklärung beziehen, Motivirrtümer bei der Willensbildung (z. B. interner Kalkula- tionsirrtum) sind unerheblich. Ausnahme: Eigenschaftsirrtum)

- Botenirrtum, § 120 BGB (Versehentliche Falschübermittlung durch einen Erklärungsboten)b) Drohung/Täuschung, § 123 BGB2. Anfechtungserklärung, § 143 BGB3. Anfechtungsfrist, §§ 121, 124 BGB4. Kein Ausschlussdurch Bestätigung (§ 144 BGB) / durch speziellere Vorschriften

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Rechtsfolge der Anfechtung:

Durch Anfechtung ist die Willenserklärung – und damit der Vertrag – von Anfang an nichtig (§ 142 BGB).

Aber: Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens (§ 122 BGB)!

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Anspruch U gegen M auf Durchführung der Arbeiten zu einem Preis von € 50.000,00 gemäß § 631 BGB?

1) Wirksamer Werkvertrag nach § 631 BGB?(+), 2 übereinstimmende Willenserklärungen liegen vor.2) Vertrag nichtig durch Anfechtung (§ 142 BGB)?Anfechtung nach § 119 Abs. 1 Fall 1 BGB (Inhaltsirrtum)? Nur (+), wenn Irrtum über die Bedeutung seiner Erklärung vorliegt.Hier (-), da M tatsächlich zum Preis von € 50.000,00 anbieten wollte. Sein Irrtum liegt im Bereich der Willensbildung. Es handelt sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum in der Form des internen Kalkulationsirrtums, weil die Berechnung des anzubietenden Preises von einem Fehler begleitet war. Dieser Irrtum berechtigt nicht zur Anfechtung.

3) Ergebnis: Mangels Anfechtungsgrundes keine Nichtigkeit des Vertrages nach § 142 BGB. M muss daher die Arbeiten gemäß 631 BGB erbringen.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

1. Fall-Abwandlung: Ergäbe sich etwas anderes, wenn M in seinem Angebotsschreiben die den Rechenfehler enthaltene Berechnung aufgenommen hätte?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Liegt ein Anfechtungsgrund vor?

(+), sog. externer Kalkulationsirrtum = Fall des erweiterten Inhaltsirrtums

M hat die Berechnung, die einen Rechenfehler aufwies, in sein Angebotsschreiben aufgenommen und somit seine Kalkulationsgrundlage offen gelegt. Dadurch hat M diese Berechnungsgrundlage quasi zum Inhalt seiner Erklärung gemacht. Hätte M die wahre Sachlage gekannt, hätte er nicht zu einem derartig geringen Preis angeboten, so dass der Irrtum gemäß § 119 Abs. 1 BGB erheblich ist.

Ergebnis: Wegen Anfechtung ist der Vertrag nichtig. M muss daher die Arbeiten nicht ausführen.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

2. Fall-Abwandlung:

M hat fehlerfrei einen Angebotspreis von € 60.000,00 ermittelt. Als er zum Vergabegespräch bei U erscheint, verspricht er sich und bietet einen Betrag von € 50.000,00 an. U erklärt sich hiermit einverstanden. Als sich später der Versprecher herausstellt, will M nichts mehr vom Vertrag wissen. U lehnt dies ab und macht hilfsweise geltend, dass sie aufgrund der Vergabeentscheidung ein Angebot zum Preis von € 58.000,00 eines Konkurrenten des M abgelehnt habe, der wegen anderweitig übernommener Aufträge nun nicht mehr zur Leistungserbringung in der Lage sei.

M will sich von seinem Angebot lösen. Was kann er tun?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3)

Vertrag durch Anfechtung nichtig?

(+), wegen Erklärungsirrtums (§ 119 Abs. 1 2. Fall BGB).

Aber: Schadensersatzverpflichtung des M gegenüber U nach § 122 BGB)!

Zu ersetzen ist der Vertrauensschaden (sog. „Negative Interesse“), d.h. alle Aufwendungen oder Nachteile, die infolge des Vertrauens auf die Gültigkeit der Willenserklärung entstanden sind. U ist also so zu stellen, als ob er nie den Vertrag abgeschlossen hätte. In diesem Fall hätte U – was nunmehr nicht mehr möglich ist - das nächstgünstige Angebot des Konkurrenten wahrgenommen und so gegenüber der jetzt von M angebotenen Durchführung des Auftrags für € 60.000,00 einen Betrag von € 2.000,00 gespart.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Einheit 4: Einheit 4:

Grundsätze Stellvertretung und Rechtscheinsvollmacht (Fall 14)Grundsätze Stellvertretung und Rechtscheinsvollmacht (Fall 14)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Fall 14: Rechtsanwalt R sieht im Antiquariat des A einen Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Er hält das Buch für eine wertvolle Erstausgabe aus dem Jahr 1900, die einen Marktpreis von € 1.000,00 hat. Tatsächlich handelt es sich um einen späteren Nachdruck. Da R kein Geld bei sich hat, bittet er am folgenden Tag seine Sekretärin S, nach Büroschluss das auf ihrem Heimweg liegende Geschäft des A aufzusuchen und dort das Buch zu dem ausgewiesenen Preis von € 150,00 für ihn zu erwerben. Telefonisch kündigt er die S bei A an. Im Laufe des Bürotages geraten R und S allerdings derart heftig aneinander, dass beide das Arbeitsverhältnis fristlos für beendet erklären. R untersagt der S, für ihn bei A das Buch zu kaufen. Um dem R eine Lektion zu erteilen, fährt S dennoch zu A, kauft in dessen Namen dort das Buch und bittet A, dieses mit Rechnung an R zu übersenden. Vor dem Kauf hatte A die S darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei dem Buch nur um einen Nachdruck handelt. Als R die Rechnung und das Buch erhält, verweigert er die Zahlung, weil S nicht für ihn habe handeln dürfen und er versehentlich davon ausgegangen war, dass es sich um einen Originaldruck handelt. Kann A von R Zahlung von € 150,00 verlangen?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

A hätte nur dann einen Anspruch gegen R, wenn zwischen beiden ein wirksamer Kaufvertrag iSd § 433 BGB abgeschlossen worden wäre.

Das setzt 2 übereinstimmende Willenserklärungen iSd §§ 145 ff. BGB, nämlich Angebot und Annahme, voraus.

1. Willenserklärung des A: Liegt vor.

2. Willenserklärung des R? R hat keine eigene Willenserklärung abgegeben.

Zu prüfen ist aber, ob die Willenserklärung der S dem R als

eigene Willenserklärung zurechenbar ist

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Die Willenserklärung der S könnte im Rahmen einer

Stellvertretung iSd §§ 164 ff. BGB zurechenbar sein, wenn eine wirksame Stellvertretung vorliegt. Das wäre der Fall, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

1. Eigene Willenserklärung

(Abgrenzung zum Boten, der eine fremde Willenserkl. abgibt)

2. Handeln im fremden, also im Namen des Vertretenen

(sog. „Offenkundigkeitsprinzip“)

3. Handeln mit Vertretungsmacht des Vertretenen

- rechtsgeschäftlich erteilte Vertr.macht (= sog. „Vollmacht“)

- gesetzliche Vertr.macht (z.B. Eltern-Kinder, GF bei GmbH)

- Rechtsscheinvollmacht (unterscheide: Duldungsvollmacht / Anscheinsvollmacht)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Falllösung:

1. Eigene Willenserklärung der S?

(+), da S z.B. Verkaufsmodalitäten verhandelt hat.

2. Handeln im Namen des Vertretenen?

(+), S hat ausdrücklich im Namen des R gehandelt.

3. Handeln mit Vollmacht des Vertretenen?

Ursprünglich wurde der S rechtsgeschäftlich eine Vollmacht erteilt; dies hat R dem A auch mitgeteilt.

Aber: Diese Vollmacht hat R gem. §§ 167 I, 168 BGB gegenüber S widerrufen...

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Aber: Die Vollmacht wurde jedoch nicht gegenüber dem A widerrufen. Nach § 170 BGB bleibt die Vollmacht dem Dritten gegenüber in Kraft, bis ihm das Erlöschen von dem Vollmachtgeber angezeigt wird (der ahnungslose Dritte ist insoweit schutzwürdiger). Dies ist nicht erfolgt.

Da A auch aus anderen Gründen nicht vom Erlöschen ausgehen musste, kann er sich auf die Wirksamkeit der Vollmacht berufen (vgl. § 173 BGB).

Folge:

S handelte mit Vertretungsmacht.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Ergebnis (Falllösung):

Die 3 Voraussetzungen der Stellvertretung (= eigene WE / Handeln im fremden Namen / Vertretungsmacht) liegen vor.

Damit ist die Willenserklärung der S dem R gem. § 164 BGB als eigene zuzurechnen.

Damit liegen 2 übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot + Annahme) vor.

Damit wurde ein Kaufvertrag geschlossen.

Anmerkung: Die Überschreitung der Befugnisse der S im Innenverhältnis haben keinen Einfluss auf den Kaufvertrag zwischen R und A, führen aber zu Schadensersatzansprüchen des R gegen S.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Aber evtl. Anfechtung: R könnte den geschlossenen Kaufvertrag anfechten mit der Folge, dass der Kaufvertrag rückwirkend („ex tunc“) unwirksam wird (vgl. §142 BGB). Dann müsste ein Anfechtungsgrund vorliegen (z.B. Irrtum iSd §§ 119 ff. BGB). Hier dachte der R irrtümlich, dass es sich um einen Originaldruck handeln würde.

Aber: Bei Irrtümern im Rahmen von Stellvertretungen

kommt es allein auf den Irrtum des Vertreters an (vgl. § 166 I BGB), Grund: da der Vertreter eine eigene WE abgibt, muss es bei Willensmängeln auch grds. allein auf seine Person ankommen (Ausnahme: § 166 II BGB: „Vertreter mit gebundener Marschroute“). = Hier wusste die S als Vertreter aber, dass es sich um keinen Originaldruck handelte. In der Person der S liegt also kein Irrtum vor.

Folge: Der Vertrag ist daher nicht aufgrund eines Irrtums anfechtbar.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Ergebnis:

Der Kaufvertrag ist wirksam geschlossen worden. A hat einen Anspruch auf Kaufpreiszahlungen gegen R aus § 433 BGB.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Fall 14 (Abwandlung):

Wie wäre die Rechtslage, wenn A von einer anderen, ihm bekannten Büroangestellten des R, von dem Streit zwischen R und S und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorher erfahren hätte?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Hier sind - wie im vorherigen Fall - die 3 Voraussetzungen der Stellvertretung (Eigene WE / Handeln im fremden Namen / Vertretungsmacht) zu prüfen.

Allein problematisch ist hier, ob eine Vollmacht vorliegt. Die Voll-macht wurde von R gegenüber S zwar widerrufen. Die Vollmacht wurde aber nicht gegenüber dem A widerrufen, so dass diese grds. nach § 170 BGB weiterhin wirksam ist. Aber nach § 173 BGB ist § 170 BGB nicht anwendbar, wenn – wie hier im Fall – der Dritte aus anderen Gründen das Erlöschen der Vollmacht kannte; A hörte von der fristlosen Kündigung der S und ist daher nicht schutzwürdig. Mit der fristlosen Kündigung der S fällt gem. § 168 BGB das Grundver-hältnis für die Vollmacht (Arbeitsvertrag) weg und damit auch die Vollmacht selbst.

Folge: es liegt keine wirksame Stellvertretung vor.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Ergebnis: Damit fehlt die Willenserklärung des R. Damit liegt kein Kaufvertrag zwischen A und R vor. A hat somit keinen Zahlungsanspruch gegen R.

Ausnahme: Gem. § 177 I BGB kann der Vertretene (R) denohne Vertretungsmacht zw. S und A geschlossenenVertrag genehmigen und somit wirksam werden lassen (bis dahin sind solche Rechtsgeschäfte „schwebend unwirksam“).

Hier: R verweigert die Genehmigung aber.

Endergebnis: Kein wirksamer Vertrag geschlossen!

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 4)

Folgen für S:

Die Überschreitung der Befugnisse der S im Innenverhältnis machen sie zur „Vertreterin ohne Vertretungsmacht“. Sie hat demnach die Unwirksamkeit des Vertrages mit zu verantworten.

Ahnungslose Dritte, die mit einem solchen Vertreter Rechtsge-schäfte abschließen, sind dann grds. schutzwürdig.

§ 179 I BGB gewährt Dritten (hier: A) daher einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen den Vertreter ohne Vertretungsmacht (hier: S).

Aber: A kannte die fehlende Vertretungsmacht und ist daher nicht schutzwürdig. In solchen Fällen schließt § 179 III BGB einen Schadensersatzanspruch aus.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 5)

Einheit 5: Einheit 5:

„„Rechtsscheinvollmacht“Rechtsscheinvollmacht“

Anscheins-/Duldungsvollmacht (Fall 15)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 5)

Fall 15: U betreibt eine große Unternehmensberatung. Er hat zwei Räume der von ihm angemieteten Büroetage an Makler M untervermietet. Sein Büromaterial bezieht M der Einfachheit halber bei L, der mit größeren Mengen auch U beliefert. Dabei bestellt M das von ihm benötigte Material jeweils im Namen des U und bittet um Lieferung zu seinen Händen, ohne entsprechend bevollmächtigt zu sein. Da M monatlich mit der Untermietzinszahlung auch die diesbezüglichen Kosten an U überweist, schreitet dieser gegen diese Praxis nicht ein, sondern zahlt die an ihn gerichteten Rechnungen. Als M insolvent wird, weigert sich U, die letzte Rechnung des L unter Verweis auf die fehlende Vollmacht des M zu bezahlen. Zu Recht?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 5)

Anspruch des L gegen U aus § 433 BGB?

Voraussetzung: Wirksamer Kaufvertrag (§ 433 BGB), also 2 übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot + Annahme, §§ 145 ff. BGB).

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 5)

Angebot: liegt hier in der telefonischen Bestellung des Büromaterials durch M.

Annahme: liegt konkludent in der Lieferung der bestellten Ware durch L.

Aber: U selbst hat keine Willenserklärung abgegeben.

Ein Anspruch des L gegen U auf Kaufpreiszahlung wäre also nur dann gegeben, wenn er sich die Willenserklärung des M zurechnen lassen muss. Das wäre der Fall, wenn der M den U wirksam iSd §§ 164 ff. BGB stellvertreten hätte. Das wäre der Fall, wenn: eigene WE des M

Handeln im fremden Namen mit Vertretungsmacht

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 5)

Hier im Fall:

eigene WE des M? (+), da M Einkaufsmodalitäten verhandelt hat.

Handeln im fremden Namen? (+), M hat ausdrücklich im Namen des U gehandelt.

mit Vertretungsmacht? U hat weder ggü. M noch ggü. L eine Vollmacht erteilt.

Aber evtl. „Rechtsscheinvollmacht“?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 5)

Voraussetzungen einer „Rechtsscheinsvollmacht“:

= Aus Gläubigerschutzgesichtspunkten soll derjenige, der einen Rechtsschein setzt, so behandelt werden, als habe er eine Vollmacht erteilt, weil der ahnungslose Rechtsverkehr insoweit schutzwürdiger ist.

= Der Rechtsschein ist dem Vertretenen zurechenbar, weil er den Rechtsschein kennt und duldet („Duldungsvollmacht“) oder der Rechtsschein für ihn erkennbar/vermeidbar war („Anscheinsvollmacht“).

Aber: ein Rechtschein besteht dann nicht mehr, wenn der Dritte Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis vom tatsächlichen Fehlen einer Vollmacht hat. Dann wäre der Dritte nicht mehr schutzwürdig.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 5)

hier im Fall: Hier liegt eine sog. Duldungsvollmacht vor. Für den L bestand der Rechtsschein einer Bevollmächtigung des M, weil dieser bereits mehrfach als Vertreter des U bei der Bestellung von Büromaterial aufgetreten war und diese Rechnungen auch stets bezahlt wurden. Dieser Rechtsschein wurde von U zurechenbar gesetzt, weil ihm das Handeln des M bekannt war und von ihm geduldet wurde. Da L im Vertrauen auf diesen Rechtsschein den Kaufvertrag schloss und ihm das tatsächliche Fehlen einer Bevollmächtigung weder bekannt war noch bekannt sein musste, liegen die Voraussetzungen der Duldungsvollmacht vor.

Ergebnis: Eine Vertretungsmacht liegt vor. Eine Stellvertretung ist somit gegeben, so dass die WE des M dem U als eigene zuzurechnen ist. Damit liegen Angebot und Annahme und somit ein wirksamer Kaufvertrag vor. Ein Anspruch des L gegen U aus § 433 BGB ist gegeben.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Einheit 6: Einheit 6:

Aufrechnung, Abtretung (Fall 26)Aufrechnung, Abtretung (Fall 26)

Verbraucherschützende WiderrufsrechteVerbraucherschützende Widerrufsrechte

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Fall 26:

V hat gegen K einen Kaufpreiszahlungsanspruch in Höhe von

8.000,00 Euro. Dem K stand bereits seit längerer Zeit gegen V eine Werklohnforderung in gleicher Höhe zu. Nachdem hinsichtlich

dieser Forderung im Mai 2001 Verjährung eingetreten ist, mahnt V

die Kaufpreiszahlung bei K an. Dieser verweigert die Auszahlung mit Blick auf seine Gegenforderung. Als V insolvent wird, erklärt K gegenüber dem vom Gericht bestellten Insolvenzverwalter, dass beide Forderungen miteinander verrechnet werden. Kann der Insolvenzverwalter die Kaufpreisforderung geltend machen?

Fall-Abwandlung:

Wie wäre es, wenn V die Kaufpreisforderung vor seiner Insolvenz an seine Hausbank B zur Sicherung eines Kredites abgetreten hätte und nunmehr die Bank Zahlung von K verlangt?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

EXKURS: INSOLVENZVERFAHREN (geregelt in der InsO)§ 1 Ziele des Insolvenzverfahrens(1) Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. (2) Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

§ 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. (…)

Insolvenzverwalter tritt faktisch + rechtlich in die Rechtsstellung des Schuldners ein

Damit geht das Recht, Forderungen geltend zu machen, auf ihn über

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Fallfrage:

Kann der Insolvenzverwalter die Kaufpreisforderung geltend machen?

(+), wenn

- das Insolvenzverfahren über das Vermögen des V eröffnet wurde (= denn nur dann kann der Insolvenzverwalter nach § 80 InsO entsprechende Forderungen des Schuldners V geltend machen)

und

- eine entsprechende wirksame Forderung des Schuldners V gegen den K bestand.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Laut Sachverhalt ist zum einen das Insolvenzverfahren eröffnet worden und es bestand zum anderen auch ein Kaufpreiszahlungsanspruch (§ 433 BGB) des V gegen den K.

Problem: K verweigert die Zahlung und erklärt, dass beide Forderungen miteinander verrechnet werden. Ist evtl. eine wechselseitige Tilgung eingetreten?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Anspruch erloschen wegen Aufrechnung gem. § 389 BGB?

(+), wenn die Voraussetzungen einer Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) vorliegen:

- Aufrechnungslage (§ 387 BGB)

- Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB)

Das ist nun zu prüfen…

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Aufrechnungslage (§ 387 BGB):

§ 387 Voraussetzungen

„Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teiles aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.“

Die Voraussetzungen für eine Aufrechnungslage sind also:

Gleichartige Forderungen,

Fälligkeit/Gegenseitigkeit (= Aufrechnender muss Leistung fordern können) und

Erfüllbarkeit (= Aufrechnender muss seine eigene Leistung bewirken können)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Fallprüfung:

Gleichartige Forderungen?

(+), da beide auf Geld gerichtet sind.

Fälligkeit/Gegenseitigkeit?

(+), denn K als Aufrechnender kann seine Leistung (= fällige Werklohnforderung, § 631 BGB) von V fordern.

Erfüllbarkeit?

(+), denn im Zweifel kann K seine eigene Leistung sofort bewirken (§ 271 BGB)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Problem: Die Werklohnforderung von K ist laut Sachverhalt im Mai 2001 verjährt. Man könnte einwenden, dass eine Aufrechnung mit 2 Forderungen dann nicht mehr möglich sein soll, wenn auch nur eine der Forderungen verjährt ist.

Ausschluss der Aufrechnung nach § 390 BGB?

(+), wenn Forderung mit Einrede behaftet ist - hier: Einrede der Verjährung gem. § 214 BGB.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Aber: Rückausnahme nach § 215 BGB!

Aufrechnung ist trotz Verjährung möglich, soweit der Anspruch noch nicht verjährt war, als zum ersten Mal aufgerechnet werden konnte (Hintergrund: Ein einmal wirksam entstandenes Zurückbehaltungsrecht soll nicht allein wegen Eintritts der Verjährung ausgeschlossen werden können).

= Hier konnte K schon vor der Verjährung aufrechnen, insofern ist die Aufrechnung gem. § 215 BGB trotz § 390 BGB möglich.

Ergebnis: Eine Aufrechnungslage (§ 387 BGB) liegt vor.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Neben einer Aufrechnungslage muss außerdem eine Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB) vorliegen.

hier: (+), die Aufrechnung wurde durch K auch

gegenüber dem Insolvenzverwalter erklärt. Dieser kann die Erklärung für V gem. § 80

InsO wirksam entgegennehmen.

Endergebnis (Falllösung):

Damit ist die Forderung des V durch die Aufrechnung des K gem. § 389 BGB erloschen. Somit kann der Insolvenzverwalter die Forderung nicht geltend machen.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Fall-Abwandlung:

Wie wäre es, wenn V die Kaufpreisforderung vor seiner Insolvenz an seine Hausbank B zur Sicherung eines Kredites abgetreten hätte und nunmehr die Bank Zahlung von K verlangt?

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Kann die Bank B Zahlung von K verlangen?

(+), wenn ursprünglich eine Kaufpreisforderung von V gegen K

bestand und diese durch V wirksam an B abgetreten wurde.

hier:

Laut Sachverhalt bestand ein Kaufpreisanspruch des V gegen K.

Fraglich ist nur, ob die Forderung wirksam von V an Bank B abgetreten werden konnte.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Voraussetzungen einer Abtretung (§ 398 BGB):

Abtretender muss Forderungsinhaber sein

Abtretung muss „vereinbart“ werden

Abtretung darf nicht gem. §§ 399 ff. BGB ausgeschlossen sein

Wirkung der Abtretung:

Forderung geht vom Altgläubiger („Zedent“) auf den neuen Gläubiger („Zessionar“) über, vgl. § 398

BGB.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

V als Forderungsinhaber?

(+), V war Inhaber der Kaufpreisforderung gegen K.

Abtretung „vereinbart“?

(+), V hat seine Forderung auch an B durch Vertrag abgetreten.

Ausschluss der Abtretung nach §§ 399 ff. BGB? (-), kein Grund ersichtlich.

= Ergebnis: Abtretung damit wirksam! Die Forderung ist von V wirksam auf die Bank B übergegangen.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Problem: K verweigert die Zahlung und erklärt, dass beide Forderungen miteinander verrechnet werden. Anspruch erloschen wegen Aufrechnung (§ 389 BGB)?

(+), wenn die Voraussetzungen einer Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) vorliegen:

- Aufrechnungslage nach § 387 BGB (= Gleichartigkeit, Fälligkeit /

Gegenseitigkeit, Erfüllbarkeit)

und

- Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Fallprüfung: Gleichartige Forderungen?

(+), da beide auf Geld gerichtet sind. Erfüllbarkeit (= Aufrechnender muss seine eigene Leistung

bewirken können)?

(+), denn im Zweifel kann K seine eigene Leistung sofort bewirken (§ 271 BGB)

Fälligkeit/Gegenseitigkeit (= Aufrechnender muss Leistung vom Aufrechnungsgegner fordern können)?

(-), denn die Forderung des K (fällige Werklohnforderung, § 631 BGB) richtet sich weiterhin gegen V. K als Aufrechnender kann seine Leistung an sich nicht gegen die Bank B fordern.

…aber …

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

aber:

Es wäre unbillig, wenn man zuließe, dass ein Aufrechnungsgegner (hier: Bank B als Inhaberin der Kaufpreisforderung) sich einer Aufrechnung durch bloße Abtretung seiner Forderung zum Nachteil des Aufrechnenden (hier: K als Inhaber der Werklohnforderung und zugleich Schuldner der Kaufpreisforderung) entziehen könnte und somit ohne weiteres seine eigene Forderung durchzusetzen.

Gerade weil der Aufrechnende, der Schuldner der abgetretenen Forderung ist (hier: K als Schuldner der Kaufpreisforderung), an einer Abtretung nicht beteiligt ist und auch nicht beteiligt werden muss, ist der Aufrechnende schutzwürdig; er darf durch eine Abtretung vernünftigerweise keine Nachteile erleiden.

… daher…

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

daher: Regelung des § 406 BGB:

Trotz fehlender Gegenseitigkeit der sich gegenüberstehenden Forderungen (Kaufpreisforderung / Werklohnforderung), ist die Aufrechnung auch gegenüber dem neuen Gläubiger der Hauptforderung (= Bank B) zulässig, da die Gegenforderung bei K bereits vor der Abtretung entstanden und fällig war.

= Ergebnis: Eine Aufrechnungslage (§ 387 BGB) liegt vor.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Ergebnis (Falllösung):

Da K die Aufrechnung zudem auch gegenüber der B erklärt hat (= Aufrechnungserklärung, § 388 BGB), ist die Forderung der Bank B durch die Aufrechnung des K gem. § 389 BGB erloschen.

Somit kann die Bank B keine Zahlung von K verlangen.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Überblick über

verbraucherschützende Widerufsrechte

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

§ 355 (Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen)

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.

(…)

(…)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Verbraucher: Nach § 13 BGB ist ein Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtgeschäft abschließt, was weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

Widerufsrecht: Haustürgeschäft (§ 312 BGB), Fernabsatzvertrag (§ 312b und § 312d BGB), Teilzeit-Wohnrechtevertrag (§ 481 und § 484 BGB), Verbraucherdarlehensvertrag, (§ 491 und § 492 BGB) und bei verbundenen Geschäften und Ratenlieferungsvertrag (§ 505 BGB); Fernunterrichtsvertrag (§ 4 FernunterrichtsschutzG); im Versicherungsrecht.

Widerufsfrist: grds. 2 Wochen (Ausnahmen: siehe § 355 BGB). Fristbeginn: mit wirksamer Widerrufsbelehrung in Textform.

Rechtsfolgen: Rückgewähr bereits empfangener Leistungen (Kaufpreis, Kaufgegenstand), vgl. § 357 I 1 i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB).

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

= Ein Widerrufsrecht besteht somit nur bei einem Verhältnis Unternehmer – Verbraucher.

= Umgekehrt besteht ein Widerrufsrecht somit nicht bei einem Verhältnis

- Unternehmer – Unternehmer

und

- Verbraucher – Verbraucher.

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Beispiel 1: § 312 (Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften)(1) Bei einem Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher

1. durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung, 2. (…) 3. im Anschluss an ein überraschendes Ansprechen in Verkehrsmitteln oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrsflächen bestimmt worden ist (Haustürgeschäft), steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu. (…).

(2) (…) (3) Das Widerrufs- oder Rückgaberecht besteht unbeschadet anderer Vorschriften nicht bei Versicherungsverträgen oder wenn

1. im Falle von Absatz 1 Nr. 1 die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Abschluss des Vertrags beruht, auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden sind oder 2. (…) 3. (…)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Beispiel 2: § 312b (Fernabsatzverträge)

(1) Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass (…)

(2) Fernkommunikationsmittel sind Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste.

(…)

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 6)

Achte: nach Absatz 3 besteht u.a. kein Widerrufsrecht bei Verträgen

über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von Unternehmern im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden,

über die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Unterbringung, Beförderung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie Freizeitgestaltung, wenn sich der Unternehmer bei Vertragsschluss verpflichtet, die Dienstleistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zu erbringen

die geschlossen werden a) unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten Geschäftsräumen oder b) mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln auf Grund der Benutzung von öffentlichen Fernsprechern, soweit sie deren Benutzung zum Gegenstand haben.

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Inhaltliche Fragen zu diesem Crashkurs:

Rechtsanwalt und Dozent NGUYEN, NGOC-DANH eMail an: [email protected]

Folien (zur Vorlesung):

http://www.marx.de/

(dort unter: „materialien/universität“)

Folien (zur Übung):

http://www.econ.uni-hamburg.de/IRdW/zivil/

http://www.wiso.uni-hamburg.de/irdw

Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“

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Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“

TEIL 1: Einheit 1 - 6

Sommer-Semester 2009

(15.05.2009)