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congena Texte 3/4 2001 Unternehmens- prozesse gestalten und steuern Eckhard Miketta 3 Damit Leitbilder gelebt werden: Tipps gegen Flops Professor Dr. Hans-Christian Riekhof 9 Messbare Geschäftserfolge durch wirksame Strategieumsetzung Michael Crusius 17 Kompetenzmanagement durch Recruiting und Personalentwicklung Conny Lang 23 Vorgesetztenfeedback – Basis für Veränderungs- und Lernprozesse Dr. Klaus Jürgen Heimbrock 29 Erfolgreiches Prozessmanagement mit kompetenten Partnern Dr. Jürgen Stübner 39 Prozessoptimierung mit Hilfe von Projektmanagement Dr. Ulrich Kampffmeyer 45 Prozesse des Knowledge Management zwischen Anspruch und Wirklichkeit Timo Brehme 53 Qualitätsmanagement in Bauprojekten Otto S. Wilkening 57 Unternehmensveränderungen durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse Helmut Promberger/Stefan Wiesinger 65 Mediationsprozesse in Unternehmen

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congena Texte 3/4 2001

Unternehmens-prozesse gestaltenund steuern

Eckhard Miketta 3Damit Leitbilder gelebt werden:Tipps gegen Flops

Professor Dr. Hans-Christian Riekhof 9Messbare Geschäftserfolge durch wirksame Strategieumsetzung

Michael Crusius 17Kompetenzmanagement durch Recruitingund Personalentwicklung

Conny Lang 23Vorgesetztenfeedback – Basis für Veränderungs- und Lernprozesse

Dr. Klaus Jürgen Heimbrock 29Erfolgreiches Prozessmanagementmit kompetenten Partnern

Dr. Jürgen Stübner 39Prozessoptimierung mitHilfe von Projektmanagement

Dr. Ulrich Kampffmeyer 45Prozesse des Knowledge Managementzwischen Anspruch und Wirklichkeit

Timo Brehme 53Qualitätsmanagement in Bauprojekten

Otto S.Wilkening 57Unternehmensveränderungen durchkontinuierliche Verbesserungsprozesse

Helmut Promberger/Stefan Wiesinger 65Mediationsprozesse in Unternehmen

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Otto S. Wilkening congena Texte 3/4 2001

Als grauer Fuchs der Visionsgestaltungberichtet Eckhard Miketta über den Nut-zen von Leitbildern und warnt vor abge-kupferten,demotivierenden Leitsätzen.Miketta zeigt, wie Leben in die Prozess-steuerung durch konkrete Visionenkommt. Seine Tipps gegen Flops sindvorwiegend an die erste Unternehmens-ebene gerichtet. Die komprimierte Erfahrung aus einerfünfunddreißigjährigen Beratungspraxiserlaubt ihm, die zentralen Erfolgsfakto-ren zu benennen, ohne den internenKommunikationsprozess zu vernach-lässigen. Lesenswert!

Geschäftserfolge durch Umsetzung vonStrategie? Bei Hans-Christan Riekhoffließen wissenschaftlich fundierte Ana-lysen durch den Filter seiner langjährigenLeitungserfahrungen in deutschen Groß-unternehmen. Riekhoff entrümpelt mit dem SIP-Prog-ramm: Transparenz und Wirksamkeitsind das Ergebnis! Als Strategie-Experte enthüllt er die fa-talen Folgen mangelhafter Umsetzung.

Der Kampf um Talente hat Michael Crusius geprägt: aus Sicht des größtendeutschen Elektronikkonzerns. Der Lesererfährt die konkrete Umsetzung imProzess des Kompetenzmanagements –von der Vision bis zur Mitarbeiterkom-petenz. Kompetenzenorientiertes Recruiting istseine Message! Der Autor hat jahrelangKompetenzprozesse selbst gestaltetund gesteuert. Eine Pflichtlektüre fürPersonalentwickler.

Vorgesetzten-Feedback als Lernprozesszu steuern; über diese Kunst berichtetConny Lang. Sie schildert Erfahrungenund integriert die Konzepte in den Coaching-Prozess für Führungskräfte-entwicklung. Führungskräfte erfahren,wie Vorgesetztenfeedback zur wichti-gen Grundlage für erfolgreiche Verän-derungsprozesse im Unternehmenwerden kann.

Klaus Jürgen Heimbrock: Erfolgreiches Prozessmanagement mitkompetenten Partnern.Die Bedeutung der Beschaffungsseite istallen seit Lopez deutlich; wie aber dieStrukturen und die Muss-Kompetenzender Partner aussehen, zeigt Heimbrockauf. Bevor der Autor an die Hochschulewechselte, hat er jahrelang als Prozess-begleiter und Linienkraft dieses Themabearbeitet.

Jürgen Stübner geht der Frage nach,wie Projektmanagement-Methoden fürdie Prozess-Steuerung nutzbar sind.Sein Erfahrungsbericht als Profi für Ge-schäftsprozess-Optimierung und Pro-jektmanagement-Methodik konzen-triert sich nicht auf IT-Tools, sondernzeigt die Bedeutung einfacher Verhal-tenswerkzeuge auf, die es Projektlei-tern erleichtern, stabile Projekte bereitsin der Startphase zu sichern. Stübner legt den Zeigefinger dort hin,wo das Management bekennen muss,ob es wirklich (nach Risikoklassifikationmit hohen Prioritäten) diese Prozesseoptimieren will. Über Widerstände und Chancen wirdaus konkreten Fallbeispielen berichtet.

Prozesse des Knowledge Managementzwischen Anspruch und Wirklichkeitsind das Thema von Ulrich Kampffmeyer.Mit visionären Weitblick beschreibt eraus Expertensicht die Konsequenzen desWissensmanagement für die betrieblichePraxis. Sein kritischer Ausblick zeigt, wes-halb 60 Prozent aller Knowlege-Mana-gementprozesse in der Vergangenheitstecken blieben und abgebrochen wur-den.

Qualitätsmanagement wird von TimoBrehme aus einem ganz anderen Blick-winkel betrachtet. Der Autor beleuchtetaus der Sicht eines Bauherrn-Beratersanhand komprimierter Projekt-analysen,wie die Herausforderungen der Quali-tätssteuerung im Interessenskonfliktzwischen Investoren, Bauherren, Pro-

Vorwort

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Otto S. Wilkening congena Texte 3/4 2001Vorwort

jektentwicklern und Planern und denNutzern zu lösen sind: Qualitätssteuerung als Bindeglied zurInteressenssicherung und Konflikt-klärung – ein Konzept für die ertrags-starke Immobilie.

Der Erfahrungsbericht über Unterneh-mensveränderungen durch kontinuier-liche Verbesserungsprozesse von OttoS. Wilkening zeigt, wie ein regionaler,aber weltweit agierender Zulieferer derAutomobil-Branche es schaffte, die in-terne Qualitätskultur durch Kontinuier-licher Verbesserungsprozesse (KVP) miteinem realisierten Wissensmanagementin kurzer Zeit strategisch auf die Anfor-derungen der Abnehmer auszurichten.Heute entlasten die Mitarbeiter ihreFührungskräfte und sind zufrieden mitihren tagtäglichen Verbesserungen derArbeitsprozesse.

Mediationsprozesse im Unternehmen – neu oder nur neu verpackt? Wenn Juristen und Verhaltensexpertensich zusammentun: Helmut Prombergerund Stefan Wiesinger haben ein Kon-zept, wie ohne langwierige (oft formal-juristische) Regularien Konfliktbewälti-gung durch interne Mediatoren erreichtwerden kann. Eine neue Rolle für Führungskräfte?Die Autoren grenzen den Wirtschafts-mediator zum Coach, Supervisor undPersonalentwickler ab. Hier werdenausführlich konkrete Schritte, Verfahrenund Vorgehens-Checklisten für An-wender und Leidtragende beschrieben.

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und Schlussfolgerungen für das eigeneUnternehmen abzuleiten. In amerikani-schen Unternehmen sind Leitbilder seitden 90er Jahren normaler Standard, inDeutschland eher bei großen Unter-nehmen verbreitet.

Der Nutzen wird, das haben Befragun-gen ergeben, überwiegend aus der Ziel-setzung, weniger aus dem tatsächlicherreichten Ergebnis abgeleitet.

Aus eigener Anschauung von Unter-nehmen, die ihr Leitbild manchmal stolz,häufig eher mit ironisch klingenderKommentierung übereichen, werdendiese Ziele tatsächlich nur mit großenAbstrichen erreicht. Die Ursachen sind,wie Befragungen und Leitbild-Evaluie-rungs-Workshops zeigen, im Schwer-punkt ähnlich.

Die Formulierungen sind unverbindlich abstrakt

Egal, ob im Leitbild der Kunde, Markt,Mitarbeiter, Eigentümer oder der Un-ternehmenserfolg in den Mittelpunktdes Handelns gerückt worden sind, derInterpretationsspielraum ist zu groß,um als nützliche Richtschnur für denAlltag zu dienen.

Der hohe Abstrahierungsgrad resultiertaus dem unkritisch übernommenenPostulat zur Konsensbildung, die natür-lich schneller bei der Einigung auf denkleinsten gemeinsamen Nenner als beioffenem Austragen konkreter gegen-sätzlicher Auffassungsunterschiede er-folgen kann. Aber auch die Flucht insnicht »Einklagbare« lässt Leer-Leitsätzewie »der Kunde bestimmt unser Han-deln« entstehen.

Ein dritter Grund ist die oft zitierte Analo-gie zu den Artikeln des Grundgesetzes, dieauch erst durch Einzelgesetze und Recht-sprechung ihre volle Wirksamkeit entfal-ten. In der Unternehmenspraxis findetaber grade diese Fortführung nicht statt,das »Grundgesetz« hängt ohne Bezugzum Betroffenen als Poster an der Wandoder verstaubt in der Ablage.

Leitbild oder Leidbild ?

Vision, Leitbild, mission, mission state-ment, corporate identity, code of ethics...die Aufzählung ließe sich beliebig er-weitern. Jedes Unternehmen, wenn essich denn damit beschäftigt, grund-legende Orientierungen zu formulieren,baut oder kauft sich seine eigene, deutschoder angelsächsisch akzentuiert Defi-nitionswelt. Und entwirft beachtliche Be-griffspyramiden, -strukturen, -netzwerke,füllt sie mit mehr oder weniger anspruchs-vollen Inhalten und investiert in sehrunterschiedlichen Intensitäten in dieUmsetzung.

Entscheidend bleibt die Frage, wemund wofür es nützt. Bemerkenswertsind die Antworten der Unternehmen,die ein Leitbild (dieser Begriff wird imfolgenden repräsentativ benutzt) ent-wickelt haben bzw. formulieren wollen.Erfahrungsberichte einzelner Unter-nehmen und überwiegend länderspe-zifische, nach Branchen aufgeschlüsselteUntersuchungen ermöglichen es, breitabgesicherte Erkenntnisse zu nutzen

Eckhard Miketta congena Texte 3/4 2001

Damit Leitbilder gelebt werden: Tipps gegen Flops

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Eckhard Mikettacongena München

Als Ziele werden formuliert:

• Bestimmung und Abstimmungder generellen geschäftspoliti-schen Ausrichtung

• die Sicherung eines unverwech-selbaren Charakters mit positiverImagewirkung nach innen undaußen

• die Klärung und Konsensbildungvon Werthaltungen und Überzeu-gungen

• die Definition der Verantwortunggegenüber den verschiedenen Be-zugsgruppen wie Kunden, Eigen-tümern, Mitarbeitern, Konkurren-ten und der Gesellschaft

• das Fördern von Motivation, Identifikation, Vertrauen und Korpsgeist

• die Schaffung eines einheitllichenund übergreifenden Führungs-instrumentes

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Eckhard Miketta congena Texte 3/4 2001Damit Leitbilder gelebt werden: Tipps gegen Flops

Die Formulierungen sind sehr konkret, gehen aber an der Un-ternehmenswirklichkeit vorbei

Das vielfach angeführte »offene undfaire« Verhalten erweist sich intern spätestens bei der Verkündung der ein-schneidend neuen Organisationsstruk-tur und extern bei der notwendig har-ten Kundenverhandlung als hohl undfolgerichtig wird auch die Glaubwür-digkeit des Gesamtkonzeptes ausge-höhlt.

Das Leitbild ist Resultat einer »best of....«- Redaktion

Die Verfasser haben nach den attraktiv-sten Formulierungen anderer Unterneh-men geforscht und eine eindrucksvolleBroschüre zusammengestellt. Der feh-lende Bezug zur Individualität des eige-nen Unternehmens unterminiert schnelljegliche Akzeptanz.

Der Leitbildprozess läuft ausschließlich topdown

Die Formulierungen entstehen fast nur inden oberen Etagen, anschließend wer-den sie nach unten kommuniziert oderehrlicherweise: es wird darüber infor-miert. Nur dauerhaft hoch engagierteFührungskräfte können in diesem Fall diepraktische Umsetzungsarbeit leisten.

Das Leitbild lebt nicht, weil dieVorbilder im Top-Managementes nicht vorleben

Im Alltag ist nicht sichtbar, dass dasLeitbild ernst gemeint war und ernstgenommen wird. Transfer und Kon-trolle erübrigen sich weitgehend, und natürlich auch die notwendigenAnpassungen und Aktualisierungen.

Halbherzigkeit der Leitungsebene istder sicherste Garant für einen Fehl-schlag. Sie wird am häufigsten ge-nannt, wenn in der Evaluierung nachUrsachen für mangelhafte Zielerrei-chung der Leitbildvorsätze geforschtwird.

Es bleibt die Frage, warum viele Unter-nehmen aufwändig und mit viel Enga-gement Leitbildarbeit leisten, obwohldie Floprate, was die Umsetzung be-trifft, so hoch ist . Wenn das nicht dis-kussionsbedürftige Motiv der Leitbild-formulierung aus reinen PR-Gründenaußer acht gelassen wird, liegen dreiGründe auf der Hand:

• Das Prinzip Hoffnung ist stärker als das Prinzip Stetigkeit. Die in das Leitbild gesetzten Erwar-tungen und die hochgesteckten Zie-le setzen zwar Startenergie frei, aberder lange Atem fehlt. Die Energie fließtbald nach Drucklegung und Vertei-lung in andere Kanäle. Der operative»Gewinn« wird nicht über Nachtsichtbar. Die Aufmerksamkeit desManagements wird auf kurzfristigerfolgsträchtigere Projekte umge-lenkt.

• Der Orientierungsbedarf wird über-schätzt, der Implementierungsauf-wand unterschätzt. Die »Kunden« des Leitbildes sindnicht, anders als zunächst erwartet,dankbare Tafelempfänger wie Moses.Sie wollen einbezogen, überzeugt,ernst genommen werden. Inhalt-liche Qualität ist unstrittig erforder-lich. Nicht so klar ist, dass Akzeptanzund Bereitschaft zur Umsetzung ersterzeugt und gesichert werden müssen.Die Illusion über die herausfordern-den Bedingungen des Wandels isteine gängige aber brüchige Platt-form für stagnierende Leitbildpro-zesse.

• Solide Auftragsbearbeitung statt Inspiration.Am Anfang steht die Vorstellung,das Projekt Leitbild wie ein anspruchs-volles aber normales Anwendungs-projekt und nicht wie ein kreativ-in-novatives Änderungsprojekt bear-beiten zu können. Es geht aber nichtnur um Transparenz dessen, was ohnehin schon in den Köpfen ist undum Konsensbildung sondern auchum überraschende Blickwinkel,

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bestehende Leitbild nicht gelebt undnicht ernst genommen wird. So, wieman vernünftige Gesetze nicht ändert,nur weil viele gegen sie verstoßen, kannes in diesem Fall mehr Sinn machen,Prozesse z. B. zur Kommunikation undMotivation zu organisieren, die einenachhaltigere Akzeptanz und Umset-zung gewährleisten.

Gängige und akzeptable Auslöser fürdie erstmalige Initiierung eines Leitbil-des sind:

• Neugründung und Sanierung einesUnternehmens

• Orientierungslosigkeit und -bedarfauf breiter Ebene

• Konsolidierung und Integration diverser unkoordinierter Zukunfts-vorhaben

• mangelhafte Identifikation mit demUnternehmen und

• überdurchschnittlich egoistische Optimierung des eigenen Verant-wortungsbereiches zulasten des Gesamtunternehmens

Das Spektrum zwingender oder zumin-dest sinnvoller Anlässe ist also breit.

in einem kreativen Prozess entwickeltwerden. In der Praxis wird hier häufigausgewichen. Bevorzugt wird die kriti-sche Diskussion beauftragter Entwürfe.Als Ergebnis entsteht statt des großenWurfes das textlich ordentliche aberüberraschungsfreie Mittelmaß.

Der Anlass sollte transparent, dieGrobziele sollten geklärt und expli-zit formuliert sein.

Insbesondere für die Hauptbeteiligtenist es wichtig zu wissen, was genau fürdie Leitbild-Auftraggeber der oder dieentscheidenden Auslöser und Beweg-gründe waren. Ein reines »me too«-Motiv wirkt wenig animierend.

Eckhard Miketta ccongena Texte 3/4 2001Damit Leitbilder gelebt werden: Tipps gegen Flops

originelle Aussichten und Einsichten,um ungewohnte Pfade in ungewissesNeuland.

Die oft benutzte Verballhornung desLeitbildes als Leidbild sollte nicht ein-fach larmoyant hin sondern ernst ge-nommen werden. Das gilt, solange diemit gelungenen Leitbildprozessen er-reichbaren Ziele Bestand haben.

Nicht ohne Anlass

Nur aus gegebenem Anlass macht esSinn, das Leitbild zu ändern oder zu ak-tualisieren. Zwingende Anlässe sindÄnderungen der Unternehmensiden-tität z. B. durch Fusion, Loslösung vonUnternehmensteilbereichen oder eineÜbernahme, bei der die Übernehmereine andere Unternehmensphilosophievertreten. Auch bei gravierenden Än-derungen des Umfeldes, der Strategie,der Struktur, der Rechtsform und in derBesetzung der Top-Management-Ebene ist ein Leitbild-Check angeraten.Nicht so eindeutig ist die Notwendig-keit einer Leitbild-Überprüfung, wenndurch Befragungen oder andere Erhe-bungen sichtbar geworden ist, dass das

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Mindestens ein Machtpromotormit visionärer Ausstrahlung undlangem Atem ist unerlässlich.

Diese Voraussetzung ist ebenso schwerverzichtbar wie, falls nicht gegeben, herstellbar. Das Erfolgsrisiko ist dem-entsprechend hoch, da sich erfahrungs-gemäß Visionäre ohne formelle oderinformelle Macht schwer tun.

Es muss ein commitment der Top-Management-Ebene zur aktivenMitwirkung geben.

So sollten z. B. die Antworten auf dieEinstiegsfragen nicht delegiert sondernmüssen von der Unternehmensspitze

Aus mehr oder weniger erfolgreichen Leitbilderfahrungen lassensich Grundprinzipien ableiten:

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Hinzu kommt noch ein oft übersehenerGrund: Wirklich gelebte Leitbilder habenin Zeiten dramatischer Veränderungenein Verfallsdatum. Sie veralten in weni-gen Jahren. Nur kurzsichtige Entschei-der verweigern mit dem Hinweis auflangjährig bewährte Satzung undGründungsstatuten das grundsätzlicheNachdenken über neue Ausrichtun-gen.

Grundvoraussetzungen für eineLeitbilderarbeitung

Leitbilder sollten nicht nur trockene Wortesondern animierende Bilder enthalten,Visionen, für die es lohnt sich zu enga-gieren. Es muss ja nicht gleich um dieEroberung des Mondes gehen oder dieviel zitierte und strapazierte Sehnsuchtnach dem Meer aber ein »bisschen«Einzigartigkeit der Marktleistungen,des Images oder der Unternehmens-kultur sollten schon darstellbar sein.

Antworten auf die klassischen Einstiegs-fragen:

• »Wozu braucht der Markt eigentlichunser Unternehmen?«

• »Was ist das Einzigartige an ihm?«• »Wozu müsste es (neu-)gegründet

werden?«

sollten Weichenstellungen erzeugen,die weit über tagesgeschäftliche Not-wendigkeiten hinaus gehen und Lustauf Zukunft erzeugen. Damit der dazunotwendige Entwicklungsprozess Er-folgsaussichten hat, müssen die Rah-menbedingungen stimmen oder ge-schaffen werden.

Wichtig ist auch die Klärung der Fragen:

• Für wen ist das Leitbild gedacht, nur für die Innen- oder auch für die Außenwelt des Unternehmens?

Diese Frage wird, insbesondere bei ge-schäftsstrategischen Leitbildinhalten,häufig zu spät geklärt. Dürfen eigent-lich Externe (Kunden, Mitbewerber,

Öffentlichkeit) erfahren, was wir vor-haben? Deshalb sollten sowohl dieGrobziele als auch die anzusprechen-den Zielgruppen schon vorher be-stimmt worden sein.

• Liegt der Hauptzweck in der Aus-richtung der Mitarbeiter auf die zukünftige Unternehmensstrategieoder (auch) in der Orientierung über die angestrebte Unterneh-menskultur?

Im Normalfall wird beides im Leitbildbeschrieben und mit gleichem Gewichtdargestellt ohne aber gleichgewichtigzu sein. Hier sollte der Mut aufgebrachtwerden, auch in Prioritäten zu denkenund dort den Wandel zu beginnen, woer am stärksten erforderlich erscheint.

Eine Kerngruppe ist nötig, die für inhaltliche Erarbeitung und die Steuerung und Begleitungdes Gesamtprozesses verant-wortlich zeichnet

Auffallend oft werden diese Arbeitenan einzelne Abteilungen wie z. B. Perso-nalabteilung, Unternehmensentwick-lung, Controlling, Vorstandssekretariatoder Unternehmenskommunikationübertragen.

Erfolg versprechender ist die Bildungeines gemischten Teams mit repräsen-tativen und engagierten Vertretern ausLinie und Stab, die interdisziplinär, kon-zeptionell und praxisnah zusammen arbeiten.

Dieses Team plant und bearbeitet dieProjektphasen, Arbeitsschritte undMeilensteine, koordiniert die Mitwir-kung und Einbeziehung der anderenam Leitbildprozess Beteiligten. Es sorgt für die Vernetzung mit ande-ren Projekten und geschäftspolitischenMaßnahmen, ortet und verräumt diewichtigsten Stolpersteine und sichertlaufend die Akzeptanz aller Beteiligtenund Betroffenen.

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Art und Umfang der Einbezie-hung der Mitarbeiter sind zuklären

Hier sollte zunächst nur die große Linie festgelegt werden. In Abhängig-keit von den Zielen, der Unterneh-mensgröße und der praktizierten undangestrebten Unternehmens-, d. h.insbesondere der Partizipationskultur.Zwei Extreme haben sich als wenigergeeignet erwiesen:

• Das »Geheimprojekt«, bei dem imkleinen Kreise alles erarbeitet, disku-tiert und dann erst verabschiedet

wird und anschließend per »Friss Vogeloder stirb« in die Fläche getragen wird

• Das Modell »Basisdemokratie«, bei dem in diversen persönlichen undelektronischen DiskussionsforenMitsprachemöglichkeiten suggeriertwerden, die sich aber größtenteils alsScheineinbeziehung erweisen.

Es ist also Klartext erforderlich zur Fragewelche Gruppen in welcher Form in dieEntwicklung und Diskussion Entschei-dungsfindung einbezogen werden sollenund welcher Stellenwert Konsensbil-dungsprozessen beigemessen wird.

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Werthaltungen und Überzeugun-gen sollten inhaltlich breit nur inden entscheidenden Gremien erar-beitet und verabschiedet werden.

Meinungsverschiedenheiten und Kon-flikte sollten ausgetragen, die Flucht inden schnellen Scheinkonsens auf derTop-Ebene vermieden werden.

Die Einbeziehung und Auseinan-dersetzung mit den Mitarbeiternsollte nur dort aktiv betriebenwerden, wo sie wertschätzendund mit Gestaltungswirkung er-folgen kann.

Es ist fair, von vornherein darzulegen,ob es nur darum geht zu verstehen undzu akzeptieren oder auch, um echteMitwirkung. Pseudo-Diskussionforenwerden schnell zum Bumerang.

Ein Leitbild sollte sich nicht nur anden derzeitig erkannten Defizitenorientieren.

In der Praxis ist diese Versuchung groß,da der Handlungsbedarf, wie er mitStärken/Schwächen-Profilen schnellanalysiert werden kann, unmittelbareinsichtig ist und »quick wins« hierschnell einkassierbar sind. Die Gefahrder Flickschusterei, der Insellösung, derSuboptimierung ist allerdings hoch.

Ein Leitbild sollte sich auch an deneigenen Zukunftsszenarien orien-tieren.

Hier wird eine andere Versuchung wirk-sam: die in Bezug auf das eigene Unter-nehmen entwickelten Vorstellungenüber zukünftige Umfeldentwicklungenmit Skepsis zu bewerten und Leitbild-konsequenzen nur sehr zögerlich zuziehen.

Focusbildung statt Liebe zum Detail

Die momentane Lieblingsidee, der aku-te Ärger sind gefährliche Fallen für denWeg ins Abseits. Deshalb sollte in derFrühphase der Leitbildentwicklungfestgelegt werden, welche »Kapitel«zu schreiben sind und welche generelleAbstraktionsstufen bzw. Detaillierungs-stufen angemessen und verbindlichsind.

Verständlich, dynamisch, hand-lungsorientiert formulieren

Kurze, klare Sätze mit konkreten Hand-lungsmaximen: » Wir wollen..« statt»Wir werden, fordern, erwarten...«

Für jeden Mitarbeiter sollte die An-schlussfrage nahe liegen: Was bedeu-tet das für meine Arbeit, wie setze iches um ?

Erfolgsfaktoren im Leitbild-Erarbeitungs-Prozess

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Nicht nur zur Planung des Wan-dels, auch zu seiner kontinuier-lichen Absicherung sollten vorabin den Grundzügen klare Vor-stellungen formuliert sein

Die Phasen der inhaltlichen Entwick-lung, der Kommunikation und Ein-führung sowie der Umsetzung und derErfolgskontrolle sind von vornherein zuplanen, denn ein zeitlich begrenztesEntwicklungs- und Umsetzungs-Pro-jekt macht nur Sinn, wenn es in einendauerhaft begleiteten Qualitätssiche-rungs-Prozess mündet. Die häufig er-hobene Forderung nach einem mög-lichst schlanken Leitbild-Prozess darfnicht zu einem zeitlichen Übergewichtder inhaltlichen Entwicklung zulastender Akzeptanz- und Umsetzungssiche-rung führen.

Die notwendigen personellen, zeitlichenund finanziellen Ressourcen müssendefiniert und bewilligt sein. Exakte Pla-nung für den gesamten Prozess ist hierin den überwiegenden Fällen nicht op-portun. Es genügt zunächst die Ent-wicklungsphase fein zu planen und dieFolgephasen erst Schritt für Schritt inAbhängigkeit vom sichtbar werdendenÄnderungsbedarf und Einführungsauf-wand zu detaillieren.

Kommunikation des Leitbildes

Bei der Einführung von Leitbildern inUnternehmen sind einige aus dem Pro-jektmanagement bekannte Grund-sätze sehr nützlich:

Für die effektive Kommunikation des Leitbildes ist ein Gesamtkonzepterforderlich.

Bestandteile dieses Konzeptes solltenu. a. die Zielgruppen, die Kommunika-tionsziele für die einzelnen Zielgruppen,die Kommunikationsmedien, die Kom-munikationsmaßnahmen und die Fest-legung und Vorbereitung der Kommu-nikatoren sein.

Schriftliche Kommunikation via Broschüren, Firmenzeitung etc. sindwichtige Unterstützungsinstrumente.

Sie dienen zur Erstinformation und alsNachschlagewerk. Auch bei ansprechen-der Aufmachung leisten sie selten mehr,meistens weniger.

Führungskräften müssen, Mitarbei-tern sollten die Leitbildinhalte ingemeinsamen Veranstaltungen nahe-gebracht werden.

Wichtig sind interaktive Bestandteile,wie sie in Info-Märkten und Groß-Workshops möglich sind. Nicht nurHinterfragungen und Auseinanderset-zungen müssen möglich sein. Auch dieAnimation, zusätzliche Ideen einzu-bringen und die Umsetzung im eige-nen Verantwortungsbereich zu fördernmuss durch eine abwechslungsreicheVeranstaltungsdramaturgie gewähr-leistet werden.

Der Erfolg des Leitbildes ent-scheidet sich im Alltag

Ein guter Mix aus schriftlichen Medienund persönlich ansprechenden Auf-taktveranstaltungen sollte Begeiste-rung und Umsetzungsmotivation aus-lösen.

Wie tragfähig das Leitbild tatsächlichist, wird erst im Alltag sichtbar. Nurwenn das Top-Management es in sei-nen Entscheidungen und in seinemVerhalten vorlebt und auch die ande-ren Führungskräfte ihre Vorbildrollesichtbar und spürbar wahrnehmen,kann das Leitbild die hochgestecktenErwartungen erfüllen.

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Messbare Geschäftserfolgedurch wirksame Strategieumsetzung

Professor Dr. Hans-Christian Riekhof congena Texte 3/4 2001

Dies ist insofern eine wichtige Erkennt-nis, als in vielen Strategieprozessen da-rüber geklagt wird, dass die Umsetzungs-erfolge im Alltag letztlich nicht befrie-digend sind. Wenn in die eigentlicheUmsetzungsphase am wenigsten Ener-gie gesteckt wird, darf das andererseitsauch nicht überraschen. Eine Übersichtüber typische Fehler und auch über dieUrsachen einer mangelhaften Strategie-umsetzung gibt Abbildung 2.

Oft wird aber übersehen, dass es auchfür die Umsetzungsphase professio-nelle Tools gibt, die allerdings in denwenigsten Lehrbüchern beschriebenwerden. In Büchern und Seminarenzum Thema strategische Planungdominieren die Analyse- und die Pla-nungsphase: Sie sind theoretisch-wissenschaftlicherAnalyse viel besser zugänglich als dievom Alltagsgeschäft überlagerte Um-setzungsphase, über die selten Büchergeschrieben werden.

ProfessorDr. Hans-Christian RiekhoffUNICconsult, Göttingen

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Befragungen von Führungskräften bei unseren Kunden ergeben seitJahren ein übereinstimmendes Bild:

Strategische Analyse

Strategieumformung

Strategie-umsetzung

StrategischeAnalyse

Strategieformulierung

Strategieumsetzung

Tatsächliche Situationin den Unternehmen

ErstrebenswerteSituation

Für die Strategieumsetzung wird zu wenig getan!

RelativerAufwand

Abbildung 1: Der Handlungsbedarf

Typische Fehler in der Konzept-Phase

Natürlich werden auch in der Analyse-phase einige typische Fehler gemacht,die dazu führen, das dieser Teil der stra-tegischen Planung so umfangreich undzeitraubend wird. So führt die Informa-tionsflut bereits in der Startphase derStrategieentwicklung dazu, dass manden Wald vor lauter Bäumen nicht

Zu wenig Energie für die Strategieumsetzung

UNICconsult-Befragungen von Füh-rungskräften bei unseren Kunden erge-ben seit Jahren ein übereinstimmendesBild: Im Prozess der Strategieumsetzungüberwiegt der relative Aufwand, alsodie verwandte Energie, Zeit und Ressour-cen, für die strategische Analyse, wäh-rend die Strategieformulierung wesent-lich geringere und die anschließendeUmsetzung kaum noch die erforderlicheBeachtung finden.

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Professor Dr. Hans-Christian Riekhof congena Texte 3/4 2001Messbare Geschäftserfolge durch wirksame Strategieumsetzung

mehr sieht. Strategieprozesse werdendurch eine Vielzahl von Detailanalysengewissermaßen erstickt, ohne dass einklares Bild der externen Chancen undGefahren, der Wettbewerbssituation,der zukünftigen Kundenbedürfnisseund Marktentwicklungen sowie vorallem auch der internen Stärken undSchwächen entstünde.

Die Kunst strategischen Managementsbesteht letztlich darin, die Komplexitätder Umfeldfaktoren auf ein verkraftba-res Maß zu reduzieren und auch einsehr realistisches Bild der Kompetenzendes eigenen Unternehmens zu zeich-nen.

Das Ziel eines Strategie-Imple-mentierungs-Programmes (SIP)

Das Ziel eines SIP-Programms ist es,strategische Transparenz und strate-gische Wirksamkeit zu erreichen. Nur wenn Strategien in der Organisati-on tatsächlich transparent und allenBeteiligten bekannt sind, können dieMitarbeiter ihr Verhalten an der Strate-

gie und den dort formulierten Erwar-tungen ausrichten. Einfache Strategie-papiere führen letztendlich dazu, dassalle verstehen, wohin die Reise geht.

Eine »Entrümpelung« der operativenProjektübersichten schafft Platz für dasstrategisch Wesentliche. Und nur wennstrategische Programme ihre Wirksam-keit unter Beweis stellen, hat sich derAufwand gelohnt. Dies setzt aber vor-aus, dass man die Wirksamkeit über-haupt zu messen versucht.

Natürlich sind die strategischen Erfolgs-erlebnisse auch erforderlich, um dienotwendige Motivation und Begeis-terung sowie das Vertrauen in die Stra-tegie zu erhalten bzw. aufzubauen.

Die Messung der wirksamen Strate-gieumsetzung führt zu Erfolgserlebnis-sen und Motivationssteigerung, womitdas vielbeschworene »Ziehen an einemStrang« tatsächlich möglich wird.

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Mitarbeiter sehen den Sinn strategischenArbeitens nicht ein

Strategiepapiere sind komplex undunverständlich

Halbherzigkeit im Verfolgen verabredeterstrategischer Programme

Die von Beratern formulierte Strategie wirdvom Management nicht akzeptiert

Der „strategische Dialog“ zwischen Vorge-setzten und Mitarbeitern bleibt aus

Strategie und Zielvereinbarung werdennicht miteinander verknüpft

Es gelingt nicht, den gesamten Leistungserstel-lungsprozess auf die Strategie und die Kern-kompetenz auszurichten

Strategie und Geschäftsprozesse werdennicht miteinander verzahnt

Strategische Pläne werden unglaubwürdig,operative Pläne auch

Strategische und operative Planung werdennicht verknüpft

Es wird zwar Druck auf die Mannschafterzeugt, aber keine wirksame Unterstützunggeboten

Die Hebel und Werkzeuge der Strategie-umsetzung werden nicht angewendet

FolgenUrsachen mangelnder Strategieumsetzung

Die mangelhafte Strategieumsetzung hat klareUrsachen und fatale Folgen:

Abbildung 2: Die Ursachen und Folgenfür die mangelhafte Stra-tegieumsetzung

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Professor Dr. Hans-Christian Riekhof congena Texte 3/4 2001Messbare Geschäftserfolge durch wirksame Strategieumsetzung

Verknüpfung von Strategie,Mitarbeiter, Kunden und Prozessen

Wie eng letztlich Strategie und Mitar-beiter verknüpft und auf das oberstestrategische Ziel eines Unternehmensausgerichtet werden müssen, zeigt dienachstehende Grafik. Sie verdeutlichtauch, dass die Geschäftsprozesse einesUnternehmens mit den Kundenbedürf-nissen korrespondieren müssen. Aberauch hier gelingt eine Konzentrationder Ressourcen und Aktivitäten nur, wennder Bezug zur Strategie nicht verlorengeht.

Ein einfaches, nachvollziehbaresstrategisches Konzept

Es mag zwar selbstverständlich klingen,ist es in der Praxis aber keineswegs:Strategische Konzepte sind oft schwerverständlich, und sie werden selten ineine kommunikationsfähige Form ge-bracht. Dies wird jeder bestätigen kön-nen, der einmal das Vergnügen hatte,umfangreiche Strategiepapiere bewer-ten zu müssen.

Es lohnt sich also, Strategiepapiere indie Hand zu nehmen, mit Abstand zubetrachten und sich zu fragen, ob die

Form und Aufmachung den Anforde-rungen der Kommunikationsfähigkeitgenügt.

Die konsequente Konzentrationder Ressourcen

Strategien können nur dann Wirkungentfalten, wenn Ressourcen zu ihrerUmsetzung zur Verfügung stehen. Hierkommt es meist zu den ersten Wider-ständen: In der Regel können Budgetsund Ressourcen nicht beliebig aufge-stockt werden, sondern es geht eherum die strategiegerechte Umverteilungder entsprechenden Ressourcen.

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Strategie – Prozesse – Mitarbeiter – Kunden

Alle Elemente untereinander verknüpfen!

Die dreiwichtigsten

strategischenZiele

Strategie

Mitarbeiter

Prozesse Kunden

Abbildung 3: Strategie, Prozesse,Mitarbeiter und Kundenüber die strategischenZiele miteinander ver-knüpfen

Die Hebel der Strategie-umsetzung

Wenn es bislang auch nur wenige For-schungsergebnisse oder auch Veröf-fentlichungen zum Thema einer wirk-samen Strategieumsetzung gibt, solassen sich doch aufgrund langjährigerErfahrung in entsprechenden UNIC-consult-Projekten einige Faktoren iden-tifizieren, die einen bemerkenswertenEinfluss auf die Qualität und den Erfolgder Strategieumsetzung haben.

Insgesamt sind es sechs Faktoren, diees zu beachten gilt.

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Professor Dr. Hans-Christian Riekhof congena Texte 3/4 2001Messbare Geschäftserfolge durch wirksame Strategieumsetzung

Wenn allerdings neue Strategien keineneuen Ressourcen erfordern, sollte manumgekehrt auch fragen, wie ernsthaftdenn die neuen Initiativen verfolgt wer-den sollen. Strategische Planung hatimmer auch einen strategiegerechtenRessourceneinsatz zur Folge.

Letztlich ist dies ja gerade der positiveEffekt eines strategischen Planungspro-zesses: Es werden gemeinsame Kriterienentwickelt bzw. aus der Strategie abge-leitet, mit denen Aktionsprogrammehinsichtlich ihres strategischen Beitragsbewertet werden können.

Ein strategisch ausgerichtetes Reporting

Eine alte Weisheit lautet: »Das Standard-controlling liefert in der Regel nichts, wo-ran man den Implementierungserfolgmessen könnte« .

Es ist naheliegend, dass das Berichts-wesen eines Unternehmens auf die Dar-stellung der üblichen Geschäftsverläufesowie der klassischen Produktkategorienund Vertriebsstrukturen ausgerichtetist und dass auch im Kostencontrollingdie üblichen Kategorien Anwendungfinden. Mithin gibt es nur wenige bzw.gar keine strategischen Steuerungs-größen, die quasi automatisch von derControlling-Abteilung zur Verfügunggestellt werden.

Hier braucht das Berichtswesen einenwesentlichen Impuls: Auf welche Kenn-größen kommt es aufgrund der strate-gischen Konzepte und Zielvorstellungeneigentlich an, und anhand welcher Kenn-zahlen kann der strategische Erfolg ge-messen werden?

Hier sind in der Regel neu festzulegendeKenngrößen erforderlich. Aber dieInvestition von Arbeit und Mühen indas strategisch ausgerichtete Repor-ting lohnt sich, denn die bekannteWeisheit lautet: »What gets measured, gets done.«

Strategisch ausgerichtete Strukturen und Prozesse

Früher sagte man. »Structure followsStrategy.« (Chandler). Heute sagt maneher: »Process follows Strategy.« Letztlich sind es aber sowohl Struktu-ren als auch Prozesse, die im Rahmender Strategieimplementierung eineRolle spielen.

Wie hängen aber Strategien, Strukturenund Prozesse im Detail zusammen, undwie kann man mit diesen Verbindungenumgehen?

Vielleicht sollte man – gerade was dieOrganisationsstrukturen angeht – dieFrage umkehren: Gibt es im Unterneh-men Strukturen, die die Umsetzung derStrategie eher behindern oder gar ver-hindern? Dies lässt sich nur im konkre-ten Einzelfall klären. Aber in jedem Fallewird hier die Frage der Verantwortlich-keiten einerseits, die Frage der Eignungbestimmter Strukturen für bestimmteStrategietypen andererseits aufgewor-fen. Man denke etwa daran, dass eherbürokratisch-starre Strukturen mit ei-ner klaren Betonung von Hierarchie,Entscheidungslinien und Instanzen-wegen möglicherweise wenig geeignetsind, ein fruchtbares Feld für Innovations-strategien abzugeben.

Ähnlich kann auch hinsichtlich des The-mas Geschäftsprozesse argumentiertwerden. Hier geht es letztlich darum,ob die vorhandenen Prozesse die Stra-tegieumsetzung erleichtern oder be-hindern. Ferner sollte man sich die Fra-ge stellen, ob bei der Neuausrichtungvon Geschäftsprozessen Kriterien undPrioritäten Verwendung finden, die sichunmittelbar aus der Strategie ableiten.

Strategisch ausgerichtete Personalentwicklung

Ein weiteres ganz elementares Feld istder Bereich der Personal- und Manage-mententwicklung. Hier lautet die Frageim Grunde auch, ob die aktuelle Personal-situation oder auch die Qualifikations-

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struktur einer wirksamen Strategieum-setzung entgegensteht. Führungskräf-te und Mitarbeiter können die erfor-derlichen Bereitschaften und auch dieerforderlichen Fähigkeiten besitzen,bestimmte, sehr konkret festgelegteStrategien umzusetzen; sie könnenaber auch eine eher hinderliche Kom-ponente darstellen.

Entsprechend sorgfältig ist hier einAbgleich vorzunehmen, der sich so-wohl auf die Fähigkeitsprofile erstreckt(ist z. B. jemand geeignet und moti-viert, Sanierungsstrategien umzuset-zen?) als auch die personalpolitischenInstrumente umfasst. Man denke etwaan Anreizsysteme, die oftmals opera-tive Erfolge belohnen, anstatt strate-gisch-langfristige Wirkungen zubetonen.

Aufbruchstimmung in der gesamten Mannschaft

Ein nicht zu unterschätzender Hebelder Strategieumsetzung sei zumSchluss erwähnt: Es ist die gesamteStimmung im Team, die letztlich derStrategieumsetzung die emotionaleund motivationale Schubkraft ver-leihen soll. Nur wenn Strategien ent-sprechend kommuniziert werden, kannBegeisterung entstehen. Und nurwenn Kontinuität in der Strategiearbeitzu verzeichnen ist, wird auch das

entsprechende Vertrauen aufgebautwerden. Es gibt also nicht nur die»harten« Faktoren in der Strategie-implementierung, sondern natürlichauch die »weichen« Faktoren.

Die Bausteine eines SIP-Programms

Zur Erreichung strategischer Transpa-renz und strategischer Wirksamkeit setztdas SIP-Programm an drei Bereichen an:

1. An der Ableitung klarer direkter undmittelbarer Ziele und Vorgaben ausdem strategischen Gesamtkonzept

2. Am Einsatz der definierten Hebeloder Stellschrauben mit der größtenWirkung

3. An der Erzielung der Transparenzdes Erfolges durch Messlatten undder damit verbundenen Schaffungvon Erfolgserlebnissen

Dabei ist es wichtig, Strategiearbeitund operatives Geschäft miteinandereng zu verzahnen, und zwar auf allenin Abbildung 4 genannten Ebenen.

In Abbildung 5 werden die Zusammen-hänge zwischen den Zielen, Stellschrau-ben und Messlatten im strategischenPlanungs- und Implementierungspro-zess dargestellt. Gerade die konsequen-te Zuordnung von Zielen auf den jeweili-gen Ebenen zu den potentiellen Hebeln

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Handlungs- und Verknüpfungsbedarf gibt es auf fünf Ebenen:

1

2

3

4

5

Verzahnung von Strategie und Tagesgeschäft/Mitarbeiterführung

Verzahnung von Strategie und Messlatten/Zielen

Verzahnung von Strategie und Budgetierung

Verzahnung von Strategie und Geschäftsprozessen/Strukturen

Verzahnung von Strategie und ReviewprozessenAbbildung 4: Die Ebenen für denHandlungs- und Ver-knüpfungsbedarf

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und den möglichen Messmöglichkeitenzwingen dazu, die innere Logik der eige-nen Ziele und Aktivitäten klar herauszu-arbeiten und sie damit auch kommuni-zierbar zu machen.

Strategische Absichten

Auf der ersten Ebene geht es um kon-krete strategische Absichten (»strate-gic intent« ), die im Rahmen der Strate-gie formuliert wurden. Sie müssen instrategische Aktionsprogramme über-führt werden, um klare Verantwortlich-keiten, Ressourcen, Aktionen undMeilensteine festzulegen. Für den Um-setzungserfolg werden Messlatten de-finiert. Wir sprechen hier von Strategie-Scorecards, auf denen strategischeKennzahlen zusammengefasst wer-den.

Strategische Kernkompetenzen

Strategische Aktionsprogramme die-nen selten nur der isolierten Umset-zung bestimmter Einzelmaßnahmen.Vielmehr wird in der Regel auch eineSynergiewirkung erwartet: Die Pro-gramme sollen auf das Konto der Kern-kompetenzen eines Unternehmens

einzahlen. Gleichzeitig wird es generelleAktionen geben, um den Wettbewerbs-vorteil eines Unternehmens zu stärken,etwa um die Innovationskraft auszu-bauen oder um die Kunden- und Service-orientierung nachweislich zu stärken.Hier erfolgt die Realisation in der Regelnicht über strategische Aktionspro-gramme, sondern über die Überprüfungund ggf. Neugestaltung wichtiger Ge-schäftsprozesse.

Die Geschäftsprozesse definieren letzt-lich, welche Leistung in welcher Qua-lität für den Kunden erstellt wird, undhier kommen auch die Wettbewerbs-vorteile eines Unternehmens zum Aus-druck.

Üblicherweise werden dabei Prozessebei UNICconsult in vier Dimensionengemessen:

C = cost Kostendimension von Prozessen

V = value Wertdimension von Prozessen

Q= quality Qualitäts- oder Fehler-dimension von Prozessen

T = time Zeitdimension von Prozessen

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Ziele Stellschrauben/Hebel

Messlatten➔ ➔

StrategischeZiele

StrategischeAktionsprogramme

Strategie-Scorecards

StrategischeKernkompetenzen

StrategischeGeschäftsprozesse

CVQT-Scorecards

StrategischerRessourceneinsatz

StrategischeBudgets

StrategischesControlling

StrategischeKlarheit

StrategischeSteckbriefe

StrategischesFeedback E

nab

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1

2

3

4Abbildung 5: Ziele, Stellschraubenund Messlatten imSIP-Konzept

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Werden diese vier Dimensionen einesProzesses systematisch erhoben unddokumentiert, sprechen wir von CVQT-Scorecards, die als Messgröße für alleAktivitäten dienen, die auf die Prozess-verbesserung abzielen und damit denstrategischen Kernkompetenzen einesUnternehmens zugute kommen.

Strategischer Ressourcen-einsatz

Allein wegen des hohes Stellenwertesdes Themas Ressourceneinsatz und dergroßen Hebelwirkung ist es sinnvoll,diese Ebene der Strategieimplementie-rung gesondert darzustellen und zu be-trachten.

Hier gibt es Zielsetzungen hinsichtlichder Verschiebungen des Ressourcen-einsatzes unter strategischen Aspekten,und es gibt Budgetierungsprozesse imUnternehmen, die nicht isoliert vomProzess der strategischen Planung ab-laufen dürfen, sondern die mit denstrategischen Zielen und Aktionen inForm strategisch ausgerichteter Bud-gets verzahnt werden müssen.

Das bedeutet natürlich, dass die üblichenRituale während der Planungs- undBudgetierungsphase nicht fortgesetztwerden können, wenn man dieser Ebeneder Strategieimplementierung die ent-sprechend Aufmerksamkeit widmet. Esliegt auf der Hand, dass ein strategi-sches Controlling bzw. Reporting hierdie Ebene der Messlatten einnimmt.

Strategische Klarheit

Gerade die eingangs angestellten Über-legungen zur Aufgabe des strategischenManagements, für Komplexitätsreduk-tion zu sorgen und Transparenz der Ziele,Stellschrauben und Messlatten herzu-stellen, erfordert einen separaten Blickauf das Thema strategische Klarheit.Wir verlassen hier im Grunde die strate-gisch-inhaltliche Ebene und werfen einenseparaten Blick auf die Prozesse derStrategieentwicklung und der Strate-gieimplementierung.

Damit wird dem Gedanken Rechnunggetragen, dass alle strategischen Akti-vitäten auf zwei Dinge gleichzeitig ein-zahlen sollen: auf die eigentliche Errei-chung der strategischen Ziele, und aufdas Gewinnen konkreter Erfahrungenim strategischen Führungsprozess.

Diese Erfahrungen sind wertvolles Wissenfür alle Beteiligten. In manchen Unter-nehmen werden schon sogenannte»after-action-teams« geschaffen, diedie wertvollen positiven wie negativenErfahrungen eine Projektes unbedingtdokumentieren sollen.

Dieser Gedanke gilt natürlich auch fürden Prozess der Strategieentwicklungund -umsetzung: Die strategische Stoßkraft kann manerhöhen, wenn man den Implementie-rungsprozess besonders intelligent undwirksam gestaltet. Für den Unterneh-menserfolg hat der Strategieprozessnaturgemäß eine besondere Hebel-wirkung.

Wie lässt sich nun strategische Klar-heit erreichen, wenn sie denn als eineigenständiges und verfolgenswertesZiel etabliert wurde?

UNICconsult arbeitet in diesem Zusam-menhang mit sogenannten strategi-schen Steckbriefen, die in Form einesvorgegebenen Schemas für einzelnebusiness units auf wenigen Charts diestrategische Konzeption, die Aktions-programme und die Messlatten zusam-menfassen. Dies ist eine nicht ganz ein-fache Übung für die unit manager; an-dererseits lassen sich strategischeSteckbriefe hervorragend dazu nutzen,um zu überprüfen, ob die Verantwortli-chen ihren Mitarbeitern die eigeneStrategie kurz und prägnant zu erläu-tern in der Lage sind.

Strategisches Feedback bedeutet letzt-lich nichts anderes, als dass es für dieQualität des Strategieentwicklungs-und auch Strategieumsetzungsprozes-ses einer Rückmeldung seitens dernächsten Führungsebene bedarf. Dazu

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muss diese Ebene natürlich eine Vor-stellung davon haben, wie ein professio-nell gesteuerter Strategieimplementie-rungsprozess aussieht. Wie eine ex-terne Unterstützung bei der Bewertungder Qualität des Strategieumsetzungs-prozesses aussehen kann, zeigen ab-schließend die Überlegungen zu Stra-tegie-Audits.

Strategie-Audits zur Bewer-tung des Strategieumsetzungs-prozesses

Im Qualitätsmanagement haben sichAudits in den verschiedenen Formenbereits seit langem bewährt. Als Qua-litätsaudits, Produktaudits und auchProzessaudits dienen sie dazu, Fehleraufzudecken, Fehlermöglichkeiten zuidentifizieren und die Prozessqualitätgenerell zu steigern.

Es mag zunächst überraschen, dassauch der Strategieumsetzungsprozesseinem Audit unterworfen werdenkann. Ein Strategie-Audit muss die Fra-gen beantworten, die in den vorigenAbschnitten im Detail diskutiert wor-den sind. Letztlich wird eine Antwortmöglich auf Fragen der folgenden Art:

Wird das Prozessdenken auch auf dieSchritte der Strategieentwicklung und -implementierung angewandt, dann istein regelmäßiges Strategie-Audit dienaheliegende Konsequenz.

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• Ist der Strategieumsetzungsprozessdefiniert – und gibt es klare Ziele undVerantwortlichkeiten?

• Ist der Strategieumsetzungsprozesswirksam – und wird die Wirksamkeitnachgewiesen?

• Werden die Prozess-Ergebnisse dokumentiert – und gibt es einennachweisbaren Prozessfortschritt?

• Gibt es Korrekturmaßnahmen für denFall, dass der Strategieumsetzungs-prozess Fehler oder Unzulänglichkei-ten aufweist?

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Michael Crusius congena Texte 3/4 2001

Auch wenn sich der sogenannte »warfor talent« aufgrund des Sterbens vieler,vieler Start-Ups etwas abgekühlt hat,das Finden, Halten und Entwickeln derrichtigen Talente bleiben die entschei-denden Erfolgsfaktoren im globalen,aber auch im nationalen Wettbewerb.

Kapital, Know-how und Arbeitskräftesind heute nahezu überall auf der Weltverfügbar, der Zugang zu Verkehrswegenist vielerorts gegeben und spielt im Zeit-alter des Internets für viele Produkteund Dienstleistungen auch keine Rollemehr.

Wie kann sich also ein Unternehmenvon seiner Konkurrenz abheben, wannist es besser als diese? Im wesentlichendann, wenn es die besser motivierteund besser qualifizierte Mannschafthat. Das Managen der vorhandenen undder für künftige Aufgaben erforderli-chen Kompetenzen bekommt so einnoch größeres Gewicht in der Unter-nehmensführung. Kompetenzmange-ment betrifft allerdings nicht nur diebestehende Belegschaft, sondern fängtweit im Vorfeld beim Recruiting an.

Qualitative Personalplanung als Grundlage

Am Anfang aller Überlegungen steht –wie meist im unternehmerischen Han-deln – eine Planung. Es empfiehlt sich,die im Unternehmen vorhandenen(und, falls größere Veränderungen an-stehen, auch die neu entstehenden)Positionen in Job-Familien zu gruppieren.

Die Job-Familien ergeben sich aus derlangfristigen Geschäftsstrategie. ProJob-Familie (z. B. für den Vertrieb oderfür das Projekt-Management) sollte manmindestens drei, maximal fünf oder sechsmehr oder weniger hierarchische Stufenvorsehen. Erfahrungsgemäß müssteein Unternehmen in 10 bis 15 Job-Familien gegliedert werden können.Danach gilt es abzuschätzen, wie sich

die einzelnen Gruppen in den nächstenfünf Jahren entwickeln werden:

Das Beispiel »Qualitative Personal-planung« (Seite 18) zeigt, dass sich beivermeintlich gleichbleibender Personal-stärke sehr wohl kräftige Verschiebungenin den einzelnen Job-Familien ergebenkönnen. Im Grunde eine sehr banaleFeststellung, nur leider wird sehr seltenso planvoll agiert.

In einem nächsten Schritt ist dann zuüberlegen, ob die in der Zukunft erfor-derlichen Kompetenzen in der bestehen-den Belegschaft vorhanden bzw. dortzu entwickeln sind oder ob Neueinstel-lungen in größerem Umfang erforderlichsind. Meist wird beides notwendig sein,darum soll hier sowohl auf zeitgemäßesRecruiting als auch auf kompetenz-orientierte Personalentwicklung einge-gangen werden.

Erfolgreiches Recruiting

Wie kann man vom Arbeitsmarkt er-folgreich die notwendigen Kompeten-zen anwerben?

Kompetenzmanagement durch Recruitingund Personalentwicklung

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Michael CrusiusSiemens AG, Erlangen

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Michael Crusius congena Texte 3/4 2001Kompetenzmanagement durch Recruiting und Personalentwicklung

Im Grunde geht es um zwei Komplexe:

• Eigene Attraktivität als Arbeitgeberfür die Zielgruppe

• Gestaltung des Recruiting-Prozesses

Employer Branding

Kann man die Attraktivität einer Firmaals Arbeitgeber messen? Man kann!Neben den üblichen Umfragen unterStudenten, Absolventen und Beruf-stätigen gibt es einen recht interessantenIndikator: Das Verhältnis von Initiativ-bewerbungen zu offenen Stellen.

Die Beratungsunternehmen, die zurZeit sehr attraktiv sind, erhalten z. B.rund 100 Initiativbewerbungen proStelle, die sie zu besetzen haben. Beiführenden Unternehmen der IT-Bran-che liegt dieser Faktor bei etwa 1:10.Hier sehen wir auch den großen Zu-sammenhang zwischen der Qualitätder Personalentwicklung und derAttraktivität eines Unternehmens.

Wenn die Interessenten erwarten kön-nen, dass sie ihren Fähigkeiten ent-sprechend gefördert werden, dann istfür sie das betreffende Unternehmenvon Interesse, sie bewerben sich auch

dann, wenn keine konkrete Stelle aus-geschrieben ist. High Potentials begebensich nicht freiwillig in eine Sackgasse.

Die Verbesserung der Arbeitgeberattrak-tivität ist sicher ein mittel- bis langfristi-ges Vorhaben. Allerdings muss mandamit heute beginnen, um morgen Ef-fekte zu haben.

Am Anfang stehen die Fragen:

• Wie nimmt uns die Zielgruppe wahr?

• Wie wollen wir gerne wahrgenom-men werden?

• Was macht uns für die Zielgruppe»sexy«?

High Potentials in aller Welt suchenheute ein ganz bestimmtes Arbeits-umfeld:

Die Botschaften, die man via Broschüren,Hochschulmarketing, Karriere-Seiten imInternet, Stellenanzeigen usw. an denArbeitsmarkt sendet, sollten glaubwür-dig die Interessen der Zielgruppe adres-sieren und mit der allgemeinen Unter-nehmens- und Produktwerbung, die inder Regel über ein wesentlich größeres

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Michael Crusius congena Texte 3/4 2001Kompetenzmanagement durch Recruiting und Personalentwicklung

Budget verfügt, verknüpft werden. DasEmployer Branding, also das Prägen einesMarkenimages auch als Arbeitgeber,muss Teil der Kommunikationsstrategiesein.

Global agierende bzw. rekrutierendeUnternehmen sollten diese Botschaf-ten auch weltweit harmonisieren, da jaz. B. Internetseiten auch weltweitabrufbar sind.

Die besten Imagevermittler sind aberMitarbeiter, die im Unternehmen tätigsind oder waren. Der Aussage einesehemaligen Praktikanten wird natur-gemäß viel mehr Glauben geschenktals den Aussagen einer noch so profes-sionell gestalteten Broschüre. Es istdaher wichtig, allen Mitarbeitern ihreRolle als Botschafter und die nachhaltigeWirkung ihrer Aussagen über das Unter-nehmen und seine Arbeitsbedingungenzu verdeutlichen.

Zwei Fliegen mit einer Klappe kann manin diesem Zusammenhang mit sogenann-ten »Employee-Referral-Programs«schlagen. Über diese »Mitarbeiter-wer-ben-Mitarbeiter-Aktionen« kann manohne allzu platt zu wirken, die Kern-aussagen über die Vorteile des Unter-nehmens an die Belegschaft herantra-gen. Wenn man den Aufmerksamkeitsgradnoch mit einer Prämie für jede erfolg-reiche (aber nur für diese!) Vermittlung

erhöht, kann man sicher sein, dass dieArgumente gelesen werden und hatnebenbei noch eine sehr kostengünstigeweitere Rekrutierungsquelle erschlossen.

Attraktiver Prozess

Sehr, sehr imagebildend ist auch der Um-gang eines Unternehmens mit seinenBewerbern. Werden diese wie Bittstelleroder wie Partner behandelt?

Aus den Abläufen im Rekrutierungs-prozess läßt sich viel über die Einstel-lung der Firma zu den Mitarbeitern ab-leiten. Wenn hier schon mit unfairenMitteln und Tricks gearbeitet wird,wenn hier schon deutlich gemachtwird, wer das Sagen hat, dann wird dasVerhältnis zu den Mitarbeitern nichtviel anders sein. Zumindest werden dieKandidaten solche Schlüsse ziehen.

Die Abläufe im Bewerbungsverfahrenmüssen also genauso attraktiv gestaltetwerden wie andere werbliche Maßnah-men. Betrachten wir die Geschichtedoch einmal anders herum. Wie müssteder Prozess gestaltet werden, wennsich die Firma beim Kandidaten bewirbt.Dieser Paradigmenwechsel kann sehrhilfeich sein und ist an manchen Stellenohnehin schon Realität.

Ein IT-Spezialist, der sich in eine der CV-Datenbanken als potentieller Bewerbereinträgt, erhält binnen weniger Tage einige Dutzend Angebote. Warum soll-te eine so umworbene Person bereit sein,Wochen oder gar Monate zu warten,bis sich ein bestimmtes Unternehmenendlich zu einer Entscheidung durch-gerungen hat? Interessante Aufgabenund ein angemessenes Entgelt bietenviele, die Geschwindigkeit im Rekrutie-rungsprozess bestimmt den Erfolg.

Hinzu kommen Faktoren wie die Ge-sprächsatmosphäre (auch die Äußerlich-keiten sind hier von Belang), die Kompe-tenz der Gesprächspartner und die Artund Weise, wie die Eignung für dieStelle festgestellt wird. Je nachvollzieh-barer dieser Prozess für die Kandidaten

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Bewerber-Erwartungen• Möglichkeiten zum Sammeln von

internationalen Erfahrungen

• Referenz für die Zukunft = Weiterbildungsmöglichkeiten

• Arbeitsklima/ Kultur (»Spaß bei der Arbeit«)

• gutes Einkommen

• herausfordernde Aufgaben

• kreatives Arbeiten

• früh Verantwortung übernehmen können

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ist, desto mehr können sie auch im Falleder Ablehnung eine positive Referenzfür das Unternehmen sein.

Kompetenzorientiertes Recruiting

Zunächst sollten wir klären, was unterKompetenzen verstanden wird. Hier ver-stehen wir unter Kompetenz die Summeaus:

• Wissen, über das eine Person verfügt

• Erfahrungen, die gesammelt wurden

• persönliche Fähigkeiten, die einePerson auszeichnen.

Die persönlichen Fähigkeiten werdenhäufig auch als »soft skills« bezeichnet,erweisen sich aber gerne als sehr hart-näckig, insbesondere wenn man sieverändern möchte (z. B. Kreativität, soziale Kompetenz).

Das Wissen und die Erfahrungen, diejemand mitbringt, sollten unser Interessean der Person wecken, einstellen solltenwir aber immer bezogen auf die per-sönlichen Fähigkeiten. Nachdem in dermodernen Informationsgesellschaft dieHalbwertszeit des Wissens immer kürzerwird, kommt den persönlichen Fähig-keiten eine immer größere Bedeutungzu. Extrem gesprochen heißt das: »Hirefor attitude, train for skills«. Damit sollausgedrückt werden, dass es daraufankommt, die richtige Person einzu-

stellen, das erforderliche Wissen kannman ihr dann immer noch beibringen.

Auf jeden Fall ist es erforderlich, sich imVorfeld der Recruiting-Aktivitäten einklares Bild über die erforderlichen Kom-petenzen zu verschaffen. Es ist schon seltsam: Soll ein Headhunterbei der Suche behilflich sein, dann istman gerne bereit, in einem langen Ge-spräch dem Personalberater die Auf-gaben zu erläutern. Der erstellt danneine mehr oder weniger stimmige Pro-sa-Stellenbeschreibung, die auch demSuchenden schmeichelt.Geschieht die Suche aber mit »Bord-mitteln«, nimmt sich häufig niemanddie Zeit, ein aktuelles Job-Profil (damitist keine Stellenbeschreibung à la Harz-burger Modell gemeint, sondern eineübersichtliche Darstellung der für diePosition relevanten Kompetenzen) zuerstellen.

Hilfreich ist es hier, wenn seitens derPersonalabteilung generische Stellen-profile, z. B. für Job-Familien, zur Ver-fügung gestellt werden, die dann ein-fach an die jeweiligen Gegebenheiteneinfach zu einem aktuellen Job-Profilangepasst werden können.

Auch wenn es manchmal schwerfällt,man kann für jede Position festlegen,welche fünf bis sieben persönlichenFähigkeiten aus einem Set von 20Fähigkeiten die wirklich bestimmendensind. Das bedeutet ja nicht, dass dieübrigen nicht erforderlich sind, sie sind

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Job-Profile:Hauptaufgaben undKompetenzen proJob-Familie und Stufe

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eben nur in einem Normalmaß erfor-derlich. Das Job-Profil inklusive der aus-gewählten persönlichen Fähigkeitensollten dann den Auswahlprozess be-stimmen, also z. B. die Basis für einstrukturiertes Interview bilden.

In die Auswahlentscheidung solltengrundsätzlich mehrere Personen einbe-zogen werden, also auch künftige Kol-legen und Mitarbeiter anderer Abtei-lungen, mit denen kooperiert werdensoll. Jeder Beteiligte sollte eine »licenseto recruit« besitzen, also trainiert sein,wie man Auswahlinterviews struktu-riert führt und natürlich das Job-Profilkennen.

Kompetenzorientierte Personalentwicklung

Das Kerninstrument für die kompetenz-orientierte Personalentwicklung ist eben-falls das Job-Profil. Seine Rolle im Recrui-ting haben wir bereits kennengelernt.Das nächste Mal kommt es in der Phaseder Integration neuer Mitarbeiter zumEinsatz, nämlich in einer für die Einar-beitungszeit abzuschließenden Zielver-einbarung. Danach ist es immer wiederGegenstand im jährlichen Mitarbeiter-gespräch.

Zielvereinbarung zur Einarbeitung

In den meisten Unternehmen wird heutemit Zielvorgaben geführt. Für die Inte-grationsphase wird üblicherweise – fallsüberhaupt etwas geregelt wird – einEinarbeitungsplan erstellt.

Hier bietet sich nun die Gelegenheit,die neuen Mitarbeiter von Anfang anmit dem Führungssystem »manage-ment by objectives« vertraut zu machen.

Statt zu beschreiben, welche Maßnah-men in den ersten Wochen und Mona-ten zur Einarbeitung ergriffen werden,wird in einer Zielvereinbarung festge-legt, welcher Zustand am Ende der Ein-arbeitungszeit eingetreten sein soll. Eskann z. B. geregelt werden, welche

• Verfahren und Abläufe,

• Produkte/ Dienstleistungen,

• interne und externe Kunden,

• Lieferanten,

• Ansprechpartner im Unternehmen

in welcher Intensität gekannt bzw. be-herrscht werden sollen. Evtl. vorhandeneKompetenzlücken können aus dem Job-Profil abgeleitet und gezielt mit Maß-nahmen unterlegt werden.

Außerdem wird vereinbart, welcheRessourcen zur Erreichung der Ziele zurVerfügung gestellt werden (z. B. auchein persönlicher Pate) und wer für ein-zelne Maßnahmen die Verantwortungträgt.

Am Ende der vereinbarten Zeit kanndann überprüft werden, ob die erfor-derlichen Kompetenzen aufgebautwerden konnten oder ob nachjustiertwerden muss.

Jährliches Mitarbeitergespräch

Dieser Prozess läuft im Prinzip mit allenMitarbeitern jährlich ab. Es werden Ziele,jetzt natürlich Arbeitsziele, vereinbartund deren Erfüllung überprüft. Anläss-lich dieses Gespräches sollte auch überdas Job-Profil, die erforderlichen Kom-petenzen, mögliche Veränderungen derAnforderungen und über Maßnahmenzum weiteren Kompetenzaufbau ge-sprochen werden. Diese Maßnahmenkönnen einen Teil der Ziele für dienächste Periode darstellen.

Das individuelle Job-Profil sollte nachMöglichkeit aus dem generischen, all-gemeinen Job-Profil abgeleitet werden,weil die Stelle dann am leichtesten einerJob-Familie zugeordnet und in die qua-litative Personalplanung einbezogenwerden kann.

Über das jährliche Mitarbeitergesprächlässt sich sicherstellen, dass ohne allzugroßen administrativen Aufwand min-destens einmal im Jahr eine Überprüfung

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Michael Crusius congena Texte 2/3 - 1999Titel des Artikels

des Job-Profiles stattfindet. Diese Auf-gabe kann ohne weiteres auf den Mit-arbeiter delegiert werden, da er ohne-hin seine Aufgaben am besten kenntund Veränderungen am ehesten mitbe-kommt. Von der Führungskraft müssendann die Aspekte eingespeist werden,die sich aus der künftigen Entwicklungdes Geschäftes ergeben werden.

Gleichzeitig kann besprochen werden,welche beim Mitarbeiter eventuell vor-handene Kompetenzen zur Zeit nichtgenutzt werden und wie man sie – so-fern sinnvoll – im Unternehmen nutz-bar machen kann, z. B. durch Job-Rota-tion oder Übernahme weiterführenderAufgaben.

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Conny Langcongena München

Conny Lang congena Texte 3/4 2001

Wege zur »Führungskraft«

Wenn Führungskräfte überhaupt aufihre neue Führungstätigkeit vorbereitetoder an sie herangeführt werden, dannmeist in Form von Führungstrainings.Diese Trainings vermitteln vor allemGrundlagenwissen zu einzelnen Aspek-ten der Führung.

Was dabei oft zu kurz kommt, ist dieBerücksichtigung des individuellenLerntyps einzelner Teilnehmer, derenVorwissen bzw. Vorerfahrung und auchdie Adaption der Seminarinhalte an diejeweilige Situation und Persönlichkeits-struktur der Einzelnen.

Mehr Chancen für individuelles Lernenbietet eine langfristige Führungsausbil-dung mit mehreren Trainingsmodulenim Abstand von vier bis sechs Monaten.

Im Rahmen einer solchen Seminarreihefindet sich mehr Raum für Rollenspiele,Supervisionen, Klärung spezifischerFragen Einzelner und Transfermöglich-keiten in die Unternehmenspraxis.Außerdem liegt zwischen den Modulenausreichend Zeit, das Gelernte auszu-probieren und Erfahrungen zu sam-meln, um diese dann im nächsten Se-minar gemeinsam mit Kollegen bzw.

anderen Führungskräften und demTrainer zu reflektieren. In der Regelwerden diese Möglichkeiten jedochvon einigen Teilnehmern verstärkt undvon anderen nahezu gar nicht genutzt.Somit ist der tatsächliche Nutzen dieserAusbildungsform auch wieder abhän-gig vom Persönlichkeitstyp.

Ein Höchstmaß an individueller Weiter-entwicklung – nicht nur der Führungs-kraft, sondern auch des Teams – ermög-licht das Vorgesetztenfeedback (VGF),das auch parallel zu den oben beschrie-benen Maßnahmen sinnvoll ist.

Hier werden Bestandteile von Coaching,Supervision, vertieftem Führungswissenund Teamentwicklung integriert.

Vorgesetztenfeedback – Basis für Veränderungs- und Lernprozesse

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Ansprüche an Führungskräfte

• Charismatische Führungspersön-lichkeiten sein – oder werden

• Den Situationen entsprechendes Führungsverhalten an den Tag legen

• Sich optimal selbst managen

• In gutem Kontakt zum Team sein

• Hohe Zufriedenheit bei den einzel-nen Teammitgliedern herstellen

• Die Balance zwischen Führungund der Gewährung persönlicher Freiräume finden

• Mit dem Team zusammen Top-Ergebnisse erzielen

• Vorbild und bester Fachmann sein

BasiswissenFührung

Führungs-instrumente

Fallberatung/Supervision

Zeit- Selbst-management

Führungskraftals Coach

Fallberatung/Supervision

➠ ➠ ➠

➠ ➠

Vorgesetztenfeedback als Prozess

Der erfolgreiche Ablauf eines Verände-rungsprozesses auf der Basis von Vor-gesetztenfeedback sieht nach unsererErfahrung folgendermaßen aus:

Selbstbild-Fremdbild

Anhand eines speziell für das Unter-nehmen entwickelten Fragebogens be-werten die Mitarbeiter ihre Zufrieden-heit mit verschiedenen Aspekten desFührungsverhaltens ihres Vorgesetzten,wie zum Beispiel Motivation, Mitarbei-terförderung, Information, Kommuni-kation, Delegation/Kontrolle und Kon-fliktfähigkeit. Parallel dazu schätzt sich der Vorge-setzte auch selbst ein. Die Fragebögenwerden anonymisiert von Externenausgewertet.

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Conny Lang congena Texte 3/4 2001Vorgesetztenfeedback – Basis für Veränderungs- und Lernprozesse

Das Ergebnis zeigt einen Selbstbild-Fremdbild-Vergleich anhand von Zahlenund Schaubildern und den Grad der Zu-friedenheit der Mitarbeiter. So werdenStärken und Schwächen im Führungs-verhalten sichtbar. Im Verlauf des Prozesses kommt dasFremdbild des den Prozess begleiten-den Beraters als weitere Perspektivehinzu.

Ergebnisbesprechung

In diesem zwei- bis dreistündigenGespräch präsentiert der Berater derFührungskraft das Ergebnis und erhältHintergrundinformationen zur speziel-len Situation der Führungskraft unddes Teams. Gemeinsam wird das Er-gebnis analysiert und interpretiert undin der Regel werden Hypothesen übermögliche Ursachen und Hintergründeaufgestellt. An der Stelle nutzen vieleFührungskräfte bereits die Chance zu einem ersten intensiven Coaching-gespräch. Zum Schluss skizziert derCoach noch den Ablauf des in ca. zweiWochen stattfindenden Mitarbeiter-Workshops.

Teilweise endet die »Maßnahme« Vor-gesetztenfeedback bereits hier, ohnedas Workshops oder ähnliches folgen.Wie im folgenden beschrieben, bietendie nächsten Schritte jedoch vieleChancen zur Weiterentwicklung undVeränderung – für Führungskraft,Teams und Organisation. Zumindestdie Mitarbeiter-Workshops sollten da-her unbedingt stattfinden.

Mitarbeiter-Workshop

Ziel dieses Workshops ist es, einen ge-meinsamen Veränderungs- und Lern-prozess einzuleiten, nicht nur – wie eroft im Vorfeld erwartet wird – die Infor-mation der Mitarbeiter über das Ergeb-nis, um dann gemeinsam die Führungs-kraft zu verändern.

Würde sich nur die Führungskraft »Veränderung« auf die Fahne schrei-ben, müsste sie erst einmal abwartenwie das System (in diesem Fall dasTeam/die Mitarbeiter) darauf reagiertund dann gegebenenfalls wieder An-passungen vornehmen – Versuch undIrrtum! Das System bräuchte also rela-tiv lange, um sich wirksam zu verän-dern und es wäre für die Führungskraftwesentlich schwerer, die geplante Ver-änderung durchzuhalten. Angestrebtwird also eine gemeinsame Sensibilisie-rung und Veränderung von Vorgesetz-tem und Mitarbeitern.

Unserer Erfahrung nach ist es meistsinnvoll, dass der Berater den Work-shop mit dem Team alleine startet – ohne die Führungskraft.

Die Mitarbeiter formulieren zunächstihre Erwartungen an diesen halben Tagund sehen dann das Ergebnis des Vor-gesetztenfeedbacks in allen Details. Die Auswertung kennend, legen siedann die Themen fest, zu denen sieden größten Veränderungs- oderKlärungsbedarf haben.

Bevor die Führungskraft hinzukommt,wird bezüglich der ausgewähltenPunkte noch analysiert, was dort genauzu Unzufriedenheit führt.

Spannend ist, dass es immer wiederThemen gibt, zu denen alle unzufrie-den sind, die Gründe dafür aber nichtfassbar sind und das Team daraufhindie negativen Gefühle dazu in Fragestellt oder sogar feststellt, dass der Ver-änderungsbedarf ausschließlich beiihm selbst bzw.und seiner Einstellungliegt.

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Conny Lang congena Texte 3/4 2001Vorgesetztenfeedback – Basis für Veränderungs- und Lernprozesse

Nun nimmt auch der Vorgesetzte amWorkshop teil. Nachdem er von seinemTeam über die Schwerpunktthemenund Analyseergebnisse informiert wur-de und man zusammen auch die vonihm gewünschten Veränderungsfelderanalysiert hat, erarbeiten alle gemein-sam Maßnahmen bzw. Commitments,die zu einer Verbesserungen der aktu-ellen Situation führen und damit einegrößere Zufriedenheit – meist beimTeam und der Führungskraft – ermög-lichen.

Es müssen also nicht die perfekten undendgültigen Lösungen für Problemeoder Unzufriedenheiten gefundenwerden, sondern es gilt, erste, gang-bare Schritte zu definieren, die dannauch tatsächlich realisiert werden.

Entscheidend ist, dass starre, einge-fahrene Situationen und Haltungenwieder verflüssigt werden und somitNeues und Anderes wieder denkbarund möglich wird.

Eine schnelle und spürbare Verbesse-rung der Situation in den Wochen nachdem Workshop fördert außerdem dieAkzeptanz des gesamten Prozesses beiallen Beteiligten sehr stark.

Somit ist dieser Mitarbeiter-Workshopförmlich das Herzstück des Prozesses,da im Rahmen einer gemeinsamen Ar-beit neue bzw. andere realistische Vor-gehensweisen im Ablauf und im Um-gang miteinander gefunden werden,die zu spürbarer Veränderungenführen werden.

Erfolg und Ergebnis des Workshopssind stark abhängig von der Offenheitder Teilnehmer und damit auch vomVertrauen in die Professionalität desCoaches bzw. Moderator, den Prozessziel- und ressourcen-orientiert zu steu-ern. Gleichzeitig lebt er davon, dass alleBeteiligten Vertraulichkeit im Umgangmit den Ergebnissen der Befragung unddes Workshops vereinbaren.

Oft erleben wir, dass Teammitgliederam Anfang, wenn das Thema »Offen-heit« thematisiert wird, ganz klar sagen,dass sie weder offen sein werden, nochsich in den Prozess einbringen wollen.Zwei Stunden später sind sie dann meistaktiv dabei, da sie Vertrauen in die Vor-gehensweise und Haltung des Modera-tors gefasst haben, die sich unter ande-rem durch Lösungs- und Zukunftsorien-tierung, Neutralität und Äquidistanzauszeichnet.

BeispielIn einem Team, in dem sowohl die Team-mitglieder als auch die Führungskraftresigniert hatten und man sich eine ge-meinsame Zukunft schon nicht mehrvorstellen konnte, war auch die Kom-munikation erstarrt.

Die Mitarbeiter konnten zwar dieSchwerpunkte ihrer Unzufriedenheit inForm von Überschriften benennen, waren jedoch nicht bereit in der Analy-se über Hintergründe und Zusammen-hänge zu sprechen oder überhauptpersönliche, subjektive Statements ab-zugeben – aufgrund nicht definier-barer Angstgefühle.

Die Führungskraft war eher in einerVerteidigungshaltung, fühlte sich abge-lehnt und versuchte vor allem Forderun-gen zu platzieren. Die Interventionendes Moderators / Beraters (Wertschät-zung, Konfrontation, »Übersetzung«von Statements, Veränderung von Ein-stellungen, Einladung zum lösungs-orientierten Denken...) ermöglichtenwieder ein Stück Kommunikation undein Aufeinanderzugehen.

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In Einzelarbeit oder in Kleingruppen können Commit-ments entworfen und anschließend im Plenum verab-schiedet werden.

Commitment-Vorschlag Vorgesetzter:1. Ich wünsche mir in Zukunft von Ihnen....2. Dafür werde ich....

Commitment-Vorschlag Mitarbeiter:1. Wir wünschen uns von Ihnen....2. Dafür werden wir....

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Conny Lang congena Texte 3/4 2001Vorgesetztenfeedback – Basis für Veränderungs- und Lernprozesse

Nach über vier Stunden beendete dieFührungskraft den Workshop mit demSatz »Danke, dass ich hier Mensch seindurfte!«.

Mit diesem Vorlauf sind viele Grundla-gen für einen sinnvollen und effektivenVeränderungsprozess gelegt und eskann losgehen. In vielen Unternehmenendet der begleitete Prozess jedoch mitdem Workshop.

Die Teams realisieren zunächst einigeoder alle der entwickelten Maßnah-men und Commitments, verlieren vie-les davon jedoch wieder im Alltag.Wieder nur eine Aktion mit Strohfeuer-Effekt? Nicht, wenn es jetzt noch wei-tergeht!

Die positive Entwicklung des Teamsund der Führungskraft muss weiterhinbegleitet werden, damit Erfolgsfakto-ren genutzt und Hindernisse umschifftwerden können. In den nächstenSchritten stecken also noch viele Chan-cen, Lernfelder zu identifizieren und zubearbeiten und vor allem die Möglich-keit eine nachhaltige Veränderung zubewirken. Eine entscheidende Rollespielt dabei natürlich die Führungs-kraft.

Coaching der Führungskraft

Ein größeres Stück Veränderung stehtmeist bei den Vorgesetzten an. Dasschwierige daran ist meist nicht das»Wollen« sondern eigene Muster,Glaubenssätze und Einstellungen, die

in der Führung nicht förderlich sind.Der Berater – nun in der Rolle des per-sönlichen Coach – unterstützt dieFührungskräfte ganz individuell dabei,Denkmodelle zu verändern und Neuesauszuprobieren. Gleichzeitig bietet sichim Rahmen dieser Gespräche auch dieChance grundlegendes Führungswis-sen zu vermitteln.

Regelmäßig reflektiert der Coach dieErfahrungen in der Umsetzung mit derFührungskraft und entwickelt mit ihr solange Ideen, bis der individuelle Füh-rungsstil für die aktuelle Situation unddas derzeitige Team gefunden ist. Sohat die Führungskraft eine realistischeChance, den eingangs formuliertenAnsprüchen auch gerecht werden zukönnen.

Gleichzeitig versetzt dieser (Coaching-)Prozess die Führungskräfte in die Lage,ihre aktuellen, fixen Rahmenbedingun-gen zu akzeptieren und sich klar zumachen, wo genau sie dennoch etwasbewegen und beeinflussen können.Diese Erkenntnis wirkt der Opferhal-tung und dem Eindruck der Macht-losigkeit entgegen, die oft aus demGefühl heraus entstehen, der Organi-sation mit all ihren Schwächen ausge-liefert zu sein.

Die Führungskräfte werden also wiederautonomer und handlungsfähiger,obwohl sie ihr Umfeld vielleicht als starrempfindet.

Transferworkshop

Auch das Team braucht ein Forum, aufdem es seine Erfolge und Stolpersteinerückblickend betrachten und auswer-ten kann.

Dazu ist zum Beispiel ein weitererWorkshop nach einigen Monaten sinn-voll. Dort erarbeitet die Gruppe, was inder Umsetzung gut gelungen ist undwas schwierig war oder immer nochist. Dabei wird für das Team deutlich,dass es bereits etwas erreicht hat undauch die Erfolgsfaktoren können ganz

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Idealtypischer Ablauf eines Vorgesetztenfeedback-Prozesses

• Selbstbild/Fremdbild

• Ergebnisbesprechung

• Mitarbeiter-Workshop

• Coaching der Führungskraft

• Transferworkshop

• Coaching durch Interne

• Review

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Conny Lang congena Texte 3/4 2001Vorgesetztenfeedback – Basis für Veränderungs- und Lernprozesse

bewusst herausgearbeitet werden unddamit für die Zukunft noch nutzbarergemacht werden. Hindernisse undHemmschwellen werden ebenfallsidentifiziert, so dass dafür weitere oderandere Lösungen erarbeitet werdenkönnen.

Veränderungen werden nachhaltigwirksam gemacht oder solange ange-passt bis sie in der Realität gelebt wer-den können.

Ein zusätzlicher positiver Effekt ist, dassdas Team sich als kraftvolle Gemein-schaft erlebt, die tatsächlich etwas be-wegen kann. Für den ersten Transfer-workshop ist wieder eine externe Mo-deration sinnvoll. Sobald sich derProzess etabliert hat und das Team be-reits eine gute Basis für die Weiterar-beit gefunden hat, kann auch dieFührungskraft die Moderation über-nehmen.

Coaching durch Interne

Der Prozess basierend auf dem Vorge-setztenfeedback wird mit Hilfe vonexternen Coaches oder Moderatorengestartet und über eine gewisse Zeitbegleitet, um letztendlich in die Selbst-steuerung des Unternehmens überzu-gehen. Auch das Coaching der Füh-rungskräfte kann intern übernommenwerden von speziell dafür definiertenund ausgebildeten internen Coaches,Mentoren oder auch Kollegen, die denProzess erlebt haben.

Review

Selbst wenn sowohl die Coachings alsauch die Workshops intern durchge-führt werden, ist ein extern moderier-tes Review in größeren Abständen– zum Beispiel alle 12 bis 15 Monate –sinnvoll, um die Bedeutung und Aktua-lität des Prozesses immer wieder deut-lich zu machen und eine übergeordneteBetrachtung und Bewertung der Ver-änderungen – auch aus externer Sicht –zu ermöglichen. Sollte der Prozess be-reits eingeschlafen sein, wird dieserWorkshop oft wie das Zünden einerweiteren Raketenstufe erlebt.Ein erneutes Vorgesetzenfeedback an-hand des Fragebogens könnte undsollte nach einer gewissen Zeit Basisdes Reviews sein.

Der unternehmensweiteProzess

Vorgesetztenfeedback ist eine guteBasis für wesentlich mehr als nur einenWorkshop, da sich daraus erst diezukünftigen Themenstellungen erge-ben:

• Wo braucht die Führungskraft alsindividuelle Person Unterstützungzur Weiterentwicklung?

• Was braucht das Team, um zukünf-tig optimal zusammenzuarbeiten?

• Was sind organisatorische Probleme,die durch das die Gesamtorganisati-on zu lösen sind?

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Ungewöhnliche Fragen zur Lösungs- und Ressourcensuche

Angenommen alles ist seit heute morgen perfekt, was müsste über Nacht passiert sein?

Was wäre anders, wenn das Problem nicht mehr existiert?

Was würde Ihr Anteil an dieser Veränderung sein?

Angenommen Sie könnten noch viel mehr bewirken, was könnte das sein?

Wann waren Sie in einer ähnlichen Situation schon ein-mal erfolgreich?

Wie haben Sie das damals gemacht?

Was werden Sie hier tun, damit Ihre Ziele real underfolgreich werden?

Was müssen Sie dazu überwinden?

Woran werden Sie feststellen, dass Sie erfolgreich waren?

Wie werden Sie sich fühlen, wenn Sie Ihren Erfolg betrachten?

Wer würde als erstes bemerken, dass es besser oder schlimmer wird?

Wie werden Sie Ihren Erfolg boykottieren?

Was passiert, wenn nichts passiert?

Wer freut sich am meisten, wenn alles so bleibt wie es ist?

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Conny Lang congena Texte 3/4 2001Vorgesetztenfeedback – Basis für Veränderungs- und Lernprozesse

Sehr oft wenn »etwas nicht stimmt«versucht man im ersten Schritt an Ein-zelnen »herumzuschrauben« – Mitar-beitergespräche, Coachings...

Sollte das nicht zum Erfolg führen, ver-sucht man es mit Teamentwicklung füreinzelne Gruppen oder auch Führungs-teams.

Alles durchaus sinnvolle Maßnahmen,jedoch steckt die Ursache von Proble-men oft auch in der Gesamtorganisationan sich. So fehlt zum Beispiel eine klareStrategie, die Kommunikationsformenund -wege sind nicht sinnvoll, der In-formationsfluss wird durch Flaschen-hälse gebremst, die Führungsinstrumentesind nicht optimal...

Die Ergebnisse aus dem Vorgesetzten-feedback machen den Veränderungs-bedarf im Unternehmen in der Regelerkennbar. Die notwendigen Felder derVeränderungen werden oft aus den Be-fragungsergebnissen, den Mitarbeiter-workshops und den Coachings deut-lich.

In Strategieklausuren, Führungskräfte-Workshops oder auch in Projekten kön-nen dann Veränderungen für das Ge-samtunternehmen entsprechend initi-iert oder erarbeitet werden. Der besondere Vorteil liegt darin, dassdies bedarfs- und zielorientiert aufgrundder Bedarfsanalyse (Fragebogen, Work-shops) und unter Nutzung der Ideenund Hinweise aus den Workshops undCoachings geschieht und damit zu einerwesentlich höheren Erfolgs- und Um-setzungswahrscheinlichkeit führt.

Vorgesetzenfeedback ist aufgrund derMenge an Informationen, die es überden Fragebogen und den Workshopliefert, also ein Basisinstrument, dasdazu geeignet ist, Veränderung auf vie-len Ebenen des Unternehmens zu be-wirken – Mitarbeiter, Teams, Führungs-kräfte, Management, Gesamtorganisa-tion – und den Grad der Veränderungdurch weitere Befragungen zu messen.

Leider endet der Prozess meist zu früh,nämlich dort, wo mit relativ geringemAufwand sehr viel zusätzlicher Nutzenfür das Unternehmen generiert werdenkann. Nutzen Sie die Chancen des Vor-gesetztenfeedback – richtig!

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Dr. Klaus Jürgen Heimbrock congena Texte 3/4 2001

Erfordernis zur Kooperation

Märkte heute lassen sich durch steigen-de Dynamik und zunehmende Komple-xität charakterisieren.

Vor diesem Hintergrund liegt der Schlüs-sel zum Erfolg für die meisten Unter-nehmen in einer Restrukturierung ein-gefahrener Prozesse. Die Konzentrationauf Kernkompetenzen, die eine Sen-kung der Fertigungstiefe beinhaltet, istals Reaktion der Unternehmen zu wer-ten, mit der versucht wird, der gefor-derten Flexibilität gerecht zu werden.Doch allein die Umgestaltung der Pro-zesse im eigenen Unternehmen reichtnicht aus.

Dauerhafte Erfolge lassen sich nur nochvon Unternehmen erzielen, die erkannthaben, dass dem Zusammenwirken ineinem Netzwerk kompetenter Partnerdie entscheidende Rolle beim Unterneh-menserfolg zukommt, gestützt durchmoderne Kommunikationstechnik undmit Akzeptanz der unterschiedlichenMentalitäten, Menschentypen und(Unternehmens-)Kulturen.

Nur diese Unternehmen werden es ver-stehen Bedingungen zu schaffen, unterdenen Menschen wirklich optimal zu-sammenarbeiten können, um den Er-folg am Markt nachhaltig zu sichern.Eine integrative, disziplinübergreifendeUnternehmensarchitektur als Bestand-teil eines kooperierenden Netzwerkeskompetenter Partner ist gefordert.

Anstelle der andauernden Suche nach»Verschlankungspotential« setzt eineKompetenzpartnerschaft auf Innova-tionspotential, Wachstumsinitiativen(im Sinne von Output-Steigerung undQualitätsverbesserung) und Flexibilisie-rung (im Sinne einer Vorbereitung aufdie wirtschaftliche Prägung der Infor-mationsgesellschaft).

Immer mehr Manager hegen den Ver-dacht, dass sie die Strategien, bei denenes lediglich um effizientere Abläufe imeigenen Unternehmen geht, ausgereizt

haben. Der Betriebsdurchlauf vom Auf-tragseingang bis zur Auslieferung, istinzwischen bei vielen Unternehmenvon allem unnötigen Ballast befreit –doch der Erfolg will sich nicht einstellen!Warum nicht?

Erfolgsfaktor Beschaffungsmanagement

Die Unternehmen haben sich zuneh-mend auf ihre Kernkompetenzen kon-zentriert und wichtige Bereiche wiez. B. die Teilefertigung, die Informatikoder sogar Entwicklungskapazitätenoutgesourced. Ein Prozess, der zwangs-läufig zu einem neuen Lieferantenver-ständnis und damit einhergehend zugesteigertem Stellenwert des Einkaufsführen muß. Dies ist oftmals noch nichtin den Köpfen von Management undMitarbeiterschaft.

Um den Kooperations- bzw. Netzwerk-erfolg der Lieferanten und Herstellerund damit einhergehend den Unterneh-menserfolg jedes einzelnen Beteiligtensicherzustellen, sind eigenverantwort-liche, flexible, lernbereite, breit ausge-bildete, hochmotivierte und kreativeMitarbeiter zwingend gefragt. Sie müs-sen Strukturen aufbrechen, Regelwerkehinterfragen, Zusammenhänge disziplin-übergreifend erkennen und ganzheit-lich handeln können.

Auf diese enormen Anforderungen sindMitarbeiter, die gelernt haben, sich in-nerhalb traditioneller Hierarchien zubewegen und diese zum eigenen Auf-stieg zu benutzen, die jahrzehntelangBefehlsempfänger waren und über we-nig Entscheidungsfreiräume verfügten,nicht vorbereitet.

Soll die Transformation vom traditionel-len Managementverhalten – insbeson-dere im Einkauf der tayloristisch-hierar-chischen Organisation – zur strategischenKompetenzpartnerschaft erfolgreichverlaufen, ist zunächst das Implemen-tieren eines Veränderungsmanagementserforderlich.

Erfolgreiches Prozessmanagementmit kompetenten Partnern

Dr. Klaus Jürgen Heimbrockkjh developingHeimbrock & Partner, Rheine

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Dr. Klaus Jürgen Heimbrock congena Texte 3/4 2001Erfolgreiches Prozessmanagement mit kompetenten Partnern

Basis der Partnerschaft

Ein erfolgreiches Veränderungsmana-gement heißt im ersten Schritt: Es mussein neues Fundament gelegt werden,auf dem sich die Netzwerkphilosophieim Sinne einer Organisationsevolutionentwickeln kann.

Ein gewandeltes Unternehmensverständnis

Erste Voraussetzung ist ein gewandeltesUnternehmensverständnis. Im Fokusvon Unternehmern und Führungskräf-ten steht nicht mehr allein die Gewinn-maximierung oder das Überleben desUnternehmens. Die Nutzenstiftungwird zur Messlatte des Erfolges.

Seine theoretische Fundierung findetdieser Verständniswandel im Bezugs-gruppenansatz, der auch als Stakehol-der-Konzept bezeichnet wird. Ziel istes, die einseitig auf die Aktionäre fo-kussierte Perspektive zu erweitern undauf andere Anspruchsgruppen zu len-ken.

Gemäß des Stakeholder-Konzeptes sehen sich Unternehmen unterschied-lichen Anspruchsgruppen und somit einer Vielzahl von oftmals divergieren-

den Zielsetzungen gegenüber, die durchdie Unternehmensführung und ihreTeilfunktionen, wie z. B. das Beschaf-fungsmanagement, harmonisiert wer-den müssen. Ein Unternehmen mussdabei allen seinen Bezugsgruppengleichzeitig Nutzen stiften, wodurchökonomische und gesellschaftliche An-liegen koordiniert werden. Damit kanneine eindimensionale Ausrichtung desunternehmerischen Handelns zuguns-ten einer Gruppe verhindert werden.

Kompetenzpartnermanagement bildeteine Abkehr vom Shareholder-Konzept,in dem ein Unternehmen vor allem gegenüber seinen Anteilseignern ver-pflichtet ist. Dadurch bedingt entstehteine uneingeschränkte kurzfristige Er-folgsorientierung.

Die Verpflichtung eines Unternehmenszum Bezugsgruppenansatz muss sich inder Beschaffungspolitik, der Personal-politik und der im Unternehmen opera-tionalisierten Organisationsphilosophiewiderspiegeln, denn auch Beschaf-fungs- und Personalmanagement müs-sen allen Bezugsgruppen des Unter-nehmens gleichzeitig Nutzen stiften.Nur so lassen sich kooperativ handeln-de Netzwerke kompetenter Partnerschaffen.

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Anspruchspartner

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Dr. Klaus Jürgen Heimbrock congena Texte 3/4 2001Erfolgreiches Prozessmanagement mit kompetenten Partnern

Lebenszykluskonzept

Mit einem einfachen Modell beschrei-ben Pümpin/Prange den Entwicklungs-verlauf eines Unternehmens und unter-scheiden dabei die Pionier-, Wachs-tums-, Reife- und Wendephase. Daswichtigste Ergebnis ihres Konzepts istdie Erkenntnis, dass jede Entwicklungs-phase des Unternehmens ihren eige-nen Führungsstil benötigt, und das Ma-nagement deshalb eine Metamorphosedurchlaufen muss. Verhalten, das inder einen Phase positiv ist, kann in dernächsten Phase schädlich sein. DieseFührungsstilwechsel verlangen ein per-manentes Lernen und Entlernen.

Das Lebenszykluskonzept wird demAnliegen der Netzwerkgestaltung inbesonderem Maße gerecht, weil es dieUnternehmensentwicklung umfas-send beschreibt und sich hervorragendauf Kompetenzpartnerschaften über-tragen lässt.

Die Unternehmensentwicklung ist de-terminiert durch das Ausschöpfen vonNutzenpotentialen, die ihrerseits einenLebenszyklus durchlaufen. Ein Nutzen-potential ist eine in der Umwelt, imMarkt oder im Unternehmen latentoder effektiv vorhandene Konstellation,die durch Aktivitäten des Unternehmenszum Vorteil der Bezugsgruppen unddes Unternehmens selbst erschlossenwerden kann. In der Praxis kommendiese Phasen allerdings selten in Rein-kultur vor. In der Regel ist eine Mischungvon Elementen unterschiedlicher Ent-wicklungsstufen beobachtbar.

Will ein Unternehmen erfolgreich sein,muss es den Eintritt in die kritische Rei-fe- und Wendephase vermeiden undauf stets steigendem Niveau rechtzeitigRücksprünge in die Pionier- und Wachs-tumsphase schaffen. In besonderemMaße gelingt dies den Unternehmen,die in einem gut funktionierenden Netz-werk agieren und die

• den Erfahrungsaustausch

• die gemeinsamen Projekte und

• das aufeinander abgestimmte Han-deln im Tagesgeschäft

erfolgreich nutzen können, um immerwieder neu inspiriert zu werden.

Dynamik-Prinzip

Genau diese Zielsetzung unterstütztdas Dynamik-Prinzip. Dynamische Un-ternehmen ersetzen reife und nieder-gehende Nutzenpotentiale permanentdurch neue, die sie wiederum multipli-kativ erschließen. Sie verknüpfen somitpionierhafte Eigenschaften, die für dieSuche nach neuen Nutzenpotentialennotwendig sind, mit den Stärken desWachstums-Unternehmens, das dieschnelle multiplikative Ausschöpfunganstrebt.

Das Dynamik-Prinzip, das eine hoheNutzenstiftung für die Anspruchspart-ner sichert, basiert auf drei Grund-sätzen:

1. Dynamische Unternehmen konzen-trieren sich auf attraktive Nutzen-potentiale.

2. Die mit der Erschließung von Nut-zenpotentialen verbundenen Ge-schäftsaktivitäten werden multipli-kativ eingesetzt, da eine einmaligeAnwendung kaum eine nachhaltigeDynamik erzeugt.

3. Dynamik muss immer von einer unter-nehmerischen Persönlichkeit, einemPromotor, induziert werden.

Neue Nutzenpotentiale entstehen auf-grund von Marktveränderungen, durchWandlungen in Umwelt und Umfeld

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Unternehmenslebens-zyklus

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oder bei Veränderungen im eigenenUnternehmen. Der Erfolg eines Unter-nehmens ist eng mit dem Zyklus dervon ihm ausgeschöpften Nutzenpoten-tiale verbunden. Sobald sie ihre Attrak-tivität verlieren, müssen sie aufgegebenund durch neue ersetzt werden. Dazuist eine kontinuierliche, kreative Suchenach neuen Nutzenpotentialen erfor-derlich.

Traditionelle Denkmuster, die auf beste-hende Absatzmärkte und aktuelle Pro-dukte fixiert sind, erschweren diesenProzess. Dynamische Unternehmen müssen sichdeshalb von diesen Mustern freimachenund offen sein für alle denkbaren Nut-zenpotentiale, die sowohl außerhalb alsauch innerhalb eines Unternehmens lie-gen können.

Nachhaltige Dynamik kann nur durchdie Multiplikation erfolgreicher Ge-schäftsaktivitäten erreicht werden.Zwei Multiplikationsansätze führenzum Erfolg:

Die Prozessmultiplikation,die gesamte Abläufe wie z. B. Beschaf-fungs-, Produktions-, Verkaufs-, Werbe-,F&F-, Finanzierungs-, Akquisitions-oder Restrukturierungsprozesse verviel-facht, mit dem Ziel, eine überlegene Pro-fessionalität zu erreichen.

Die Systemmultiplikation,die umfassende Gesamtheiten wie z. B.komplette Distributionsstätten, Fabri-ken, Frontsysteme (Waren, Warenprä-sentation, Ladenausstattung, Bedie-

Dr. Klaus Jürgen Heimbrock congena Texte 3/4 2001Erfolgreiches Prozessmanagement mit kompetenten Partnern

nungssystem, Reportingsystem) oderBeschaffungs- und Absatzorganisatio-nen reproduziert.

Die Multiplikation innerhalb eines Netz-werkes kompetenter Partner ist erfolgs-wahrscheinlicher als in der Verbindungzu Netzwerk-Externen, da Netzwerk-partner eine emotionale Nähe verbin-det, »man gehört dazu«.

Kompetenzpartnerschaft

Der Begriffsinhalt der Kompetenzpart-nerschaft bezieht sich auf

• unternehmerische Kompetenzen,insbesondere Kernkompetenzen,

• Partnerschaften im unternehmeri-schen Kontext und Unternehmens-zusammenschlüsse.

Partnerschaft

Unter Partnerschaft im Unternehmens-kontext soll hier ein offenes und ver-trauensvolles Handeln verstanden wer-den:

• Für alle Netzwerkpartner großzügigInformationen bereitstellen und zu-gänglich halten,

• Interaktiv und intensiv mit allenNetzwerkpartnern kommunizieren,

• Strategien gemeinschaftlich erarbei-teten und

• Problemstellungen im Tagesgeschäftkooperativ abstimmen bzw. sichdurch den verabredeten Rahmen»aufeinander verlassen können«.

Zusammenschlüsse

Unternehmenszusammenschlüsse ent-stehen durch eine Verbindung von bis-her rechtlich selbstständigen Unter-nehmen zu größeren Wirtschaftsein-heiten, ohne dass dadurch die rechtlicheSelbstständigkeit und die Autonomieder einzelnen Unternehmen im Bereichwirtschaftlicher Entscheidungen auf-gehoben werden muss.

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Externe Nutzenpotentiale

Marktpotential

Finanzpotential

Informatikpotential

Beschaffungspotential

Externes Humanpotential

Übernahme- und

RestrukturierungspotentiaI

Kompetenzpartnerpotential

Regulierungspotential

Technologiepotential

Interne Nutzenpotentiale

Kostensenkungspotential

Know-how-Potential

Synergiepotential

Organisationspotential

Internes Humanpotential

Bilanzpotential

Innovationspotential

Übersicht der möglichen Nutzen-potentiale

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Dr. Klaus Jürgen Heimbrock congena Texte 3/4 2001Erfolgreiches Prozessmanagement mit kompetenten Partnern

Unternehmenszusammenschlüssegliedern sich in

• Unternehmensvereinigungen, bzw.Fusionen zur Konzentration

• und Unternehmenspartnerschaften zur Kooperation.

Partnerschaften können von Unterneh-men, von selbstständig agierenden Ein-zelpersonen und auch von (teil-)auto-nom handelnden Unternehmensteileneingegangen werden. Hierfür bietensich integrative Center- oder Segment-Organisationen an.

Als integrative Organisation soll also eineim kompetenten Netzwerk eigenverant-wortlicher Einheiten (Unternehmen,Center, Spezialisten als Freelancer) agie-rende und prozessorientiert angelegteOrganisation verstanden werden.

Integrative Organisationen sind geprägtdurch ein intensives crossfunktionalesHandeln in mehreren Dimensionen derZusammenarbeit.

In obiger Abbildung wird beispielhaftdie crossfunktionale Zusammenarbeitin einem Unternehmen mit zwei Kom-petenz-Centern dargestellt.

Zur Messung des Wettbewerbserfolgsmuss heute die Betrachtung des ge-samten Wertschöpfungsprozesses

• inner- und überbetrieblich

• funktional und crossfunktional

• im Partner-Netzwerk

und sogar darüber hinaus herangezo-gen werden.

Anstelle punktueller Suboptimierungbestimmter Teilbereiche müssen allevor- und nachgelagerten Stellen undTeilbereiche mit einbezogen werden.Jedes Mitglied nimmt eine bestimmtePosition entlang der Wertschöpfungs-kette ein.

Der Zulieferer stellt Vorleistungen be-reit, das Kompetenz-Center reichert siean, um dann in der Fertigungskette ab-wärts den nächsten Akteur zu beliefern.Hierbei ist es gleichgültig, ob es sich umeinen weiterverarbeitenden Betrieboder einen Endverbraucher handelt.

Für das Zusammenspiel zwischen Her-stellerunternehmen und Kompetenz-Center, Lieferanten und Kunden habensich neue Optionen der Zusammenar-beit gebildet.

Der Kunde bekommt spezifische Wün-sche erfüllt, hilft gleichzeitig aber auchbei der Produktentwicklung.

Der Hersteller wiederum braucht verläss-liche Zulieferer, um mit ihnen bestimmteAufgabenbereiche der nachgelagertenProduktionsstufen zu erfüllen.

Kompetenzen

Die Voraussetzung, mit der Komplexi-tät von Wandlungsprozessen und demZusammenfinden in Netzwerken um-gehen zu können, ist neben einem verändertem Organisations- und Ko-operationsverständnis vor allem derkompetente Mitarbeiter in den Partner-unternehmen!

Der Begriff Kompetenz hat in der deut-schen Sprache, insbesondere im Unter-nehmenskontext zwei grundlegend von-einander abweichende Bedeutungen.

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Crossfunktionalität

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1. Die Kompetenz haben, etwas ent-scheiden oder tun zu dürfen (Macht-bzw. Einflußkompetenz) – »er mussdürfen, was er soll!«

2. Die Kompetenz, etwas tun zu kön-nen (Befähigungkompetenz) – »ermuss können, was er soll!«

Unter Kulturkompetenzen, als Grund-lage der Befähigung von Mitarbeiternim Unternehmen, sind das Lesen, dasSchreiben und das Rechnen zusam-menzufassen.

In neuerer Auslegung sind sicherlichdas Beherrschen von Fremdsprachenund in aktueller Sicht auch der Um-gang mit Anwendungsprogrammender PC-Welt einzubeziehen.

Kernkompetenzen

Der Begriff der Kernkompetenz beziehtsich im Ursprung überwiegend auf Un-ternehmen oder Unternehmensteile,weniger auf den einzelnen Mitarbeiter.Die Väter des Begriffs, Prahalad undHamel, definieren »Core Competencies«als systematisch gebündelte Kombina-tionen aus verschiedenen Technologienund Produktionsfertigkeiten, die einemUnternehmen als Grundlage für dieEntwicklung einer Vielzahl von Produkt-linien dienen.

Bei anderen Autoren geht der Begriffüber den technischen Bereich hinausund beschreibt ein das gesamte Unter-nehmen umfassendes Bündel von wett-bewerbspolitisch wichtigen Fähigkei-

ten. So beruhen die Kernkompetenzenauf einer breiten Basis, die alle Unter-nehmensbereiche einschließt.

Häufig taucht die Frage auf, ob Kern-kompetenzen nach inhaltlichen Ge-sichtspunkten, also etwa in Forschungs-kompetenz, Produktionskompetenz,Vertriebskompetenz etc. eingeteiltwerden können. Aus einer prozessorien-tierten Perspektive ist es aber wenighilfreich, ja sogar oft hinderlich, sienach funktionalen Kriterien zu unter-scheiden. In den meisten Fällen zeigtsich nämlich, dass sich in einer Kern-kompetenz Beiträge verschiedenerFunktionsbereiche vereinigen und dieFähigkeit, diese zu einer Gesamtheit zuverschmelzen, ihr charakteristischesMerkmal ist.

Dauerhafte, kaum imitierbare Differen-zen ergeben sich aus sozialen, immate-riellen und nicht »in-ventarisierten«Soft-Facts. Damit sind Faktoren wieroutinisierte Abläufe, Organisations-und Kommunikationsstrukturen ge-meint. Im besonderen handelt es sichbei diesen Faktoren um Kenntnisse, diebeim unternehmensspezifischen »Trai-ning-on-the-Job« erworben werden,beispielsweise kundenspezifisches Wis-sen, etwa warum der Abnehmer dasProdukt kauft, unter welchen Bedin-gungen er es anwendet oder welcheProbleme bei der Anwendung auftreten.

Es ist genau diese Mischung von indivi-duellen und kollektiven Ressourcen, dieden netzwerkindividuellen Charakterund damit das strategische Potentialder zusammengeführten Kernkompe-tenzen maßgeblich prägt.

Gelingt es den Netzwerkpartnerndurch offenes, aufgeschlossenes Han-deln ihre Kernkompetenzen so zu kom-binieren, dass die unternehmensindivi-duellen Kompetenzen dem Netzwerkbereitgestellt werden, entsteht einKompetenznetzwerk, das die synerge-tische Stärke der dynamischen Kompe-tenzpartnerschaft ausmacht.

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Kompetenzstruktur

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Handlungskompetenzen

Das kompetente Handeln von Mana-gement und Mitarbeiterschaft ist hiergefordert. Eine Handlungskompetenzin der erfolgreichen Partnerschaft er-fordert jedoch mehr als das Einbringenspezieller Fachkompetenzen!

Richtig ist, dass hochqualifizierte Spezia-listen (im Gegensatz zum fehlgeleiteten»Fachidioten«) auch zukünftig in vielenFunktionen der Netzwerke gebrauchtwerden.

Richtig ist aber auch, dass es in vielenBereichen an generalistisch-integrati-

ver Kompetenz von Mitarbeitern fehlt,mit notwendiger Fachkenntnis in un-ternehmerischen Zusammenhängen zuagieren.

Die Unternehmen brauchen beide Aus-prägungen: Den über generalistischeFähigkeiten verfügenden Spezialistenebenso wie den fachkompetenten Ge-neralisten.

Neben diesem Aufbau integriertenWissens und Könnens (z. B. für Schnitt-stellenfunktionen, im Projektmanage-ment oder auch in der Produktion aufder Fertigungsinsel und insbesondereim Beschaffungsmanagement) mussdie Personalentwicklung in den Netz-werkunternehmen Schwächen derSchul- und Ausbildungssysteme kom-pensieren und Wege unterstützen, wieGeneralisten und Spezialisten bessermiteinander, mit Spezialisten andererBereiche, anderer Unternehmen undanderer Fakultäten kommunizierenkönnen.

Organisatoren des Wandels

Um die Ursachen des Misslingens mög-lichst auszuschalten, ist es erforderlich,die Gestaltung des Kompetenzpartner-Netzwerkes sowohl aus rationalem alsauch aus emotionalem Fokus zu betrei-ben. Provokant dargestellt zeigt die fol-gende Abbildung die extremen tradi-tionellen Vorgehensweisen auf. Dergruppendynamische Ansatz einerseitsund ein rein technomorphes Handelnandererseits führen nicht zum Erfolg.

Mitarbeitersensibilisierung und Organi-sationsdiagnose müssen gleichgewich-tig und integrativ eingesetzt werden. In den Bildungsprozess des Netzwerkessind mehrere Initiatoren, Promotorenund Moderatoren involviert.

Leitungsmitglieder

Die unmittelbare Mitwirkung des Top-Managements unterscheidet das Vor-gehen im Kompetenzpartnermanage-ment von anderen Konzepten der Or-

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Handlungskompetenz= Fach- + Sozial- + Methodenkompetenz

Fachkompetenz• Gründlichste Fachkenntnisse (Expertenwissen) • Sicheres theoretisches Wissen • Problemlösungspotenzial eigenen Fachgebiet

Sozialkompetenz • Fähigkeit, die materiellen und immateriellen

Bedürfnisse seines Gegenübers einzuschätzen• Fähigkeit, konstruktiv sowohl auf Sachebene

als auch auf Beziehungsebene auf den Gesprächs-partner einzugehen

Methodenkompetenz • Theoretisch fundiertes und praktisch verfügbares

Wissen über Gesprächs- und Verhandlungsführung einschließlich der nonverbalen Komponenten

• Fähigkeit, methodisch aufbereitete Präsentationen einzusetzen

• Beherrschen von Medien, Hilfsmitteln und DV-gestützten Instrumenten

Handlungskompetenz

Sozialkompetenz

Methoden-kompetenz

Fach-kompetenz

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Dr. Klaus Jürgen Heimbrock congena Texte 3/4 2001Erfolgreiches Prozessmanagement mit kompetenten Partnern

ganisationsgestaltung. Die Erfordernisder direkten Mitwirkung begründet sichprimär durch die veränderte strategi-sche Ausrichtung der Unternehmenbzw. der Unternehmensteile.

Organisatoren

In der Zeit der Reorganisationskonzep-te verfügten zahlreiche Großunterneh-men über eigene Organisationsstäbe.Zum Teil bestanden sie aus Fachleutenauf hohem theoretischen Niveau, dieoft direkt dem Top-Management un-terstellt waren.

Der interne Organisationsberater mo-derner Prägung hat sein Rollenprofilsowohl bezogen auf sein Instrumen-tenrepertoire als auch auf Verhaltens-komponenten und Einstellungen ge-wandelt. Er bietet als Dienstleister seinExpertenwissen den dezentralen Ein-heiten des Unternehmens oder desKompetenznetzwerkes an. Er wird von dort beauftragt – nicht vonder Unternehmensleitung angewiesen.

Personalentwickler

Auch der Personalentwickler gewinntan Profil. Viele Personalentwicklungs-Experten sahen ihre Aufgabe bisherprimär in der Steuerung von sozialenProzessen. Als Hauptaufgabe widme-ten sie sich der Steuerung von Grup-penprozessen, der Einbeziehung derbetroffenen Mitarbeiter und der Mode-ration von Konfliktlösungsveranstal-tungen.

Im Kompetenzpartnermanagementhat sich der Personalentwickler mit Or-ganisationsgestaltungs-Know-howqualifiziert. Ein methodisch-instru-mentelles Zusammenrücken von Per-sonalentwicklung und Organisation istdie Folge.

Berater

Zur Unterstützung der internen Kapa-zität waren auch in der Vergangenheitoftmals externe Berater erforderlich.

Grundsätzlich ließen sich

1. die primär auf Analyse, Gestaltungund Renovierung von Strukturenausgerichteten Berater und

2. die verhaltenswissenschaftlich orientierten Berater, die hauptsäch-lich soziale Prozesse beeinflussten,

unterscheiden.

Drei Modelle der externen Beratungwerden in Umorganisationsprozessenunterschieden: ➠ Einkaufsmodell➠ Arzt-Patienten-Modell➠ Prozess-Beratungsmodell

In der traditionellen Organisation wur-den lange Zeit das Einkaufs- und dasArzt-Patienten-Modell favorisiert. ImEinkaufsmodell hat die Führung desUnternehmens genaue Vorstellungen,aus welchen Gründen und in welcherWeise die Umorganisation vonstattengehen soll. Die Tätigkeit des Beraters istrein ausführender Natur. Bei diesemModell wird der Erfolg hauptsächlichabhängen von:

• der richtigen Diagnose, die das Management getroffen hat,

• der richtigen Einschätzung der Qualifikation des externen Beratersdurch das Management,

• dem richtigen Erkennen der Konsequenzen der vom Beratervorgeschlagenen Lösung.

Der Aufgabenbereich des externen Be-raters ist im Arzt-Patienten-Modell umeiniges umfangreicher als im Einkaufs-modell. Er hat eine mehr oder wenigerumfassende Diagnose des Ist-Zustandeszu erstellen und, um bei medizinischenAusdrücken zu bleiben, oft eine Thera-pie auszuarbeiten.

Der Auftraggeber lässt sich eine Verän-derungsstrategie erarbeiten. Das Con-sulting-Unternehmen erstellt in eineroft mehrmonatigen Studie eine Experti-se, um sie schließlich dem Auftragge-ber zu präsentieren.

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Dr. Klaus Jürgen Heimbrock congena Texte 3/4 2001Erfolgreiches Prozessmanagement mit kompetenten Partnern

Der Erfolg dieses Modells hängt davonab, ob

• es dem Berater möglich ist, die rele-vanten Informationen über und ausdem System zu bekommen,

• er die echten Ursachen organisatori-scher Probleme erkennt,

• er in der Lage ist, eine geeigneteTherapie zu erarbeiten und

• die Systemmitglieder die Diagnoseakzeptieren und die Therapie-Vor-schläge annehmen.

Im Kompetenzpartnermanagementliegt der Schwerpunkt der externenUnterstützung jedoch nicht in der Ana-lyse und im Anbieten theoretisch sau-berer Vorschläge, sondern das Prozess-Beratungsmodell ist geprägt durch dasInvolvieren aller betroffenen Stellen inallen Phasen des Change-Management-Prozesses.

Der Berater muss also nicht primärselbst Fachmann für einzelne Funktions-bereiche sein, sondern er muss vor allemwissen, wie er die Leitungsgremien undArbeitsgruppen in den Wandlungspro-zess einbezieht, wie er sie dazu bringt,ihre eigenen Probleme selbst zu erken-nen und zu lösen und dabei zu lernen,künftige neue Probleme selbst aufzu-greifen und zu behandeln.

Prozessbegleiter

Der Prozessbegleiter neuer Prägungwird bewusst nicht mehr als Experte re-krutiert. Seine Qualitäten zeigen sichnicht mehr in den traditionellen Rollender Berater, Trainer oder Verwalter vonProzessen. Seine Methoden- und Sozial-kompetenzen stehen im Vordergrund.

Der Veränderungsmanager muss in derLage sein, unterschiedliche Interessenzu bündeln, zu koordinieren oder auchzwischen den Interessen zu vermitteln,um den Weg der Zielerreichung zu eb-nen. Die Problematik unterschiedlicherInteressen hat sich durch verstärkte Spe-zialisierung auch außerhalb der Produk-tionsbereiche intensiviert. Die Koordi-nierung und Führung dieser Expertenerfordert eine besondere soziale Kom-petenz, verknüpft mit einer ausgepräg-ten Zielstrebigkeit. Der Prozessbegleitermuss in diesem Sinne eine »Komplex-verantwortung« übernehmen.

Während in der Vergangenheit die Vor-stellung vorherrschte, dass die Fäden desVeränderungsprozesses der neutrale Ex-terne in den Händen halten sollte (daman ja davon ausging, dass er den Pro-zess stark beeinflusst), kann unter ge-wandeltem Selbstverständnis der Unter-nehmens- bzw. Netzwerk-Interne dieRolle der Prozessbegleitung mit gleichemErfolg ausfüllen. Doch diese interne Be-ratungs- und Prozessbegleitungs-Kapa-zität muss in vielen Unternehmen erstaufgebaut werden.

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Anzeige congena Texte 3/4 200138

Eckhard MikettaNeue Einstellung zur Zeit– gute Zeiten für Zeitpioniere

Susanne MostNetworking People– die neuen Selbstständigen

Herbert DurstbergerTelearbeit – die Herausforderungen für den Einzelnen

Susanne Koester-Liebrich / Heinke HagemannFührung auf Distanz

Otto S. Wilkening / Johannes DomsTrendunternehmen auf dem Wegvom Mitarbeiter zum Projektmanager

Conny LangVirtuelle Teams und ihre Bedürfnisse– kennen wir sie schon?

Herbert Durstberger / Karl-Heinz BächstädtIT – Job-Changer für Branchen und Funktionen

Stephan SchmidpeterFacility Management – ein Erfolgs-faktor für flexible Organisationen

Maren PuffertZukunft findet statt– notfalls auch ohne Sie!

Eckart FlötherSicher und souverän durch den Wandel

Nikolaus Schmidt-NarischkinFlexibles Arbeitszeitmanagement in Großbetrieben der Deutschen Bank AG

Jutta JürgesMobilzeit als Mittel zur Arbeitszeit-flexibilisierung unter Kompetenz-sicherungsaspekten

Wolfram Fuchs / Susanne Koester-LiebrichReif für den Business-Club?Deutschlands erstes Bürohaus für Tele-pendler

Susanne Most / Conny LangFlexibilisierung der Arbeit in congena

Stefan HaemmerlingErfolgsfaktor »Bankfabrik«Optimale Kundenorientierung undKostenreduzierung durch Tätigkeits-verlagerung

Wolfgang SchusterDas Vertriebsmanagement der Stadt-sparkasse KölnNeue Formen der Vertriebssteuerung

Ronald PriebeMulti-Channel-BankingFlexible Vertriebsorganisation, Wegeund Ergebnisse

Eckhard MikettaFlexibilität für Einsteiger

Conny LangHeute alles klar – morgen alles flexibelVeränderungen in Teams

congenaTexte 1/2 2000

»Die neue Welt der Arbeit«Virtuelle Organisationsformen

auf dem Weg zur Realität

Dr.-Ing. Ahmet ÇakirBüroarbeit von Morgen – Bürohäuser von Gestern?

Richard PuellBürohausraster

Timo BrehmeFlexibilität versus Standardisierung?

Maren Puffert / Martina RiedererFür die Zukunft gerüstet

Anton MauererDas Servicezentrum der Naspa

Gerhard WernthalerRäume für Beratung– Räume für Menschen

Christoph KitterleKonsequent geplant zum Projekterfolg

Wolfram FuchsIntelligent finanzieren – denkmalgeschützt

Susanne Koester-LiebrichDas Büro als Business-Club bei der dvg

Dr. Martin Kleibrink / Richard PuellOFFICE-CLOUD

congenaTexte 1/2 2001

»Kombibüros und Artverwandte«Erkenntnisse, Projekte, Visionen

winds of change…Management von

Flexibilität und Wandel

congenaTexte 2/3 1999

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und manchmal auch gepflegte Verhal-tensweisen in Frage stellt.

In Diskussionen und Statements wirdoft die strategische Notwendigkeit zurVeränderung auf der rational-kogniti-ven Ebene sehr schnell erkannt und auchakzeptiert. Die möglichen Konsequen-zen für eine Verhaltensänderung sindden Beteiligten oft nicht in der mögli-chen Tragweite klar. Sie werden oft unterschätzt. Nähern kann man sich diesen Konse-quenzen mit der Beantwortung vongrundsätzlichen Fragen zum anstehen-den Prozess:

Fragen über Fragen. Ihre Klärung ist je-doch zwingend notwendig und brauchtZeit. Ein Workshop mit einem neutralenModerator/Berater ist eine häufig ge-nutzte Methode zur Klärung.

Dr.-Ing. Jürgen Stübner congena Texte 3/4 2001

Was kann Projektmanagementin der Prozessoptimierung leisten?

Ein Projekt, als komplexes Vorhaben,kann durch folgende Eigenschaften definiert werden, es ist:

• Neu, einmalig und innovativim Thema, in den Zielen undden Inhalten

• risikobehaftet für Unternehmen, Bereiche, Beteiligte, Betroffene

• bereichsübergreifend, komplex, dynamisch und interdisziplinär

• abstimmungs- und entscheidungs-intensiv

• konkurrierend um Ressourcen, Einfluss und Macht

• temporär, begrenzt durch Start undEnde.

Projektmanagement wird als Manage-mentmethode verstanden, mit derenHilfe Projekte von einer definierten Auf-gabenstellung zu einem definierten Zielerfolgreich geführt werden. Es kanndabei unterschiedliche Funktionen inVeränderungsprozessen erfüllen.

Diese Methode gilt sowohl für einzelneProjekte als auch für die Optimierungvon Geschäftsprozessen.

Willensbildung im Management– wollen wir es wirklich?

Die explizite Willensbildung im Mana-gement ist eine Grundvoraussetzungfür den guten Start und das Gelingendes Optimierungsprojektes. Es geht umdas gemeinsame Verständnis und umein von allen getragenes Commitmentzum Thema Prozessoptimierung.

Eine der wichtigsten und brisantestenFragen in diesem Willensbildungspro-zess ist die Frage, wie weit jede einzel-ne Führungskraft bereit ist, sich Verän-derungen zu stellen – mit den entspre-chenden Konsequenzen.

Dies schließt auch ein, dass das Mana-gement sich selbst und bisher gelebte

Prozessoptimierung mit Hilfe von Projektmanagement– Initiieren, Vorbereiten und Starten von Projekten –

Dr.-Ing. Jürgen StübnerStübner & Partner, München

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?

Grundsatzfragen

Was verstehen wir unter Prozessoptimierung ?

Welchen Zweck soll dieses Projekt für das Unternehmen haben?

Welche Prozesse haben wir?

Was ist unser Ziel, was wollenwir damit erreichen?

Woran wollen wir den Erfolg messen?

Wie sollten wir vorgehen?

Was sind mögliche Ergebnisse und auch Konsequenzen?

Wer hat welche Interessen im Projekt?

Wer ist bereit sich zu engagieren?

Was heißt dieses Projekt für uns persönlich?

Welche Rolle wollen, können bzw. müssen wir wahrnehmen?

Wie steht das Umfeld zu so einem Projekt?

Wie sieht die Veränderungslandschaftim Unternehmen aus, was läuft in anderen Bereichen?

Was passiert, wenn nichts passiert?

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?

Dr.-Ing. Jürgen Stübner congena Texte 3/4 2001Prozessoptimierung mit Hilfe von Projektmanagement

Das Kundenwert-Portfolio hilft bei derBildung von Prioritäten hinsichtlich derProdukte, Leistungen, Prozesse ausKundensicht und damit auch bei derKlärung des Zielrahmens.

Kundenwert ist dabei der »Wert«, welcher von Kundenseite akzeptiertwird. Produkte, Leistungen und Prozesse,welche im Quadranten 1 liegen, sindbesonders zu fördern, sie haben diehöchste Priorität, mit ihnen sollte imOptimierungsprojekt begonnen werden.Systemwert ist das, was für das Unter-nehmen auf längere Sicht »wertvoll« ist.

Neben der Wertschöpfung können diesInnovations-, Produktentwicklungs-,Qualitätssicherungs- oder Informa-tionsprozesse sein, welche die strategi-sche Ausrichtung des Unternehmenssichern. Dieses Portfolio liefert auch Aussagenzur strategischen Bedeutung einzelnerUnternehmensfunktionen und Bereiche.Diese Bedeutung kann sich mit der Ver-schiebung der Prioritäten aus Sicht desKundenwertes ändern. Prozesse, wel-che im Quadranten 4 zu finden sind,sollten hinsichtlich ihrer Notwendigkeitund Daseinsberechtigung überprüftwerden.

Für die einzelnen Prozesse ist nun zudefinieren, was eine sinnvolle, vomKunden wahrnehmbare, nachvollzieh-bare und vor allen Dingen akzeptierteOptimierung dieser Zielgrößen ist. Gleich-zeitig sind aus Unternehmenssicht fürdie Prozesse Optimierungsanforderun-gen zu definieren.

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Systemwert

Hoch

Hoch

Mittel

MittelNiedrig Kundenwert

Wofür ist der Kunde bereit Geld auszugeben?

Was akzeptiert der Kunde als "Wert"?1

3

2

4Stimmt unsere "Innensicht" mit der "Außensicht" der Kunden überein?

Produkte,Leistungen,Prozesse

Ein kleines, aber sehr wirksames Werk-zeug ist in diesem Zusammenhang dieKUS-Formel. Sie hilft dabei, schnellKlarheit in Beantwortung dieser Fragenzu bekommen und zwingt bei richtigerAnwendung zum Handeln.

Projektrahmen undSchnittstellen

Die Klarheit, was zum Optimierungs-projekt gehört und was nicht, erleich-tert die Einordnung in die Veränderungs-landschaft des Unternehmens und lie-fert die Grundlage für die Auswahl derMitglieder des Optimierungsteams.

Wie weit wollen, müssen wir die Prozesse im Optimierungsprojekt betrachten?

Was gehört zum Optimierungsprojektund was nicht?

Welche Schnittstellen zu anderen Prozessen müssen wir beachten?

Wie ist das Projekt in die Veränderungs-und Projektlandschaft des gesamten Unternehmens eingeordnet?

Welche Schnittstellen müssen wir dazubetrachten?

Bestimmen der zu optimierenden Prozesse und ihrer Zielgrößen

In einem Klientenbeispiel aus dem Automobilbereich wurden als Projekt-rahmen die ablaufenden Prozesse inder Hauptabteilung Marketing-Kom-munikation gewählt.

Was ist zum jetzigen Zeitpunkt des Optimierungsprojektes für uns......

K Klar ? -

U Unklar ? -

S Strittig ? -

Was muß wer, bis wann tun, um die unklaren und strittigen Punktein die Klarheit zu bekommen?

verstanden, fix, entschieden, nicht verhandelbar, feststehend, bekannt und akzeptiert

offen, schwammig, neblig, nicht bekannt, nicht verstanden, nicht entschieden, wo fehlen Informationen

wo gibt es unterschiedliche, gegensätzliche Informationen, Meinungen, Standpunkte, Positionen

KUS-Formel als Strukturierungs-werkzeug

Kundenwert-Portfolioals Entscheidungshilfefür Prioritäten

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Dr.-Ing. Jürgen Stübner congena Texte 3/4 2001Prozessoptimierung mit Hilfe von Projektmanagement

Gleichzeitig sollten die Beteiligten sichauf einen Modus einigen, wie vorzuge-hen ist, wenn Unsicherheiten oder garKonflikte auftreten.

Bei der Implementierung von Projekt-management als Projekt- und Prozess-steuerungs-System sollte die Frage nachden Aufgaben, den Kompetenzen undder Verantwortung für alle Beteiligtenklar dokumentiert werden.

Im Training wurden die Prozessteamsmit der Vorgehensweise und den not-wendigen Instrumenten und Metho-den im Detail vertraut gemacht. DieAnwendung des Gelernten erfolgteon-the-job an Lern- und Arbeitsprojek-ten sowie in der Analyse und Optimie-rung der bestehenden Prozessabläufe.

Der externe Projektbegleiter stand alsCoach zur Seite, besonders in der An-fangsphase des Projektes. Seine Aufga-be war es, Hilfe zur Selbsthilfe zu gebenund die Beteiligten auf ihrem Wegestützend zu begleiten.

Gleichzeitig erfolgte über ihn der Know-how-Transfer in die Organisation, umden Übergang in den kontinuierlichenVerbesserungsprozess zu sichern.

Der Start des Projektes

Ablauf Kick-Off-Meeting Das Kick-off-Meeting ist der Startschussfür alle Beteiligte. Durch den Entschei-der bzw. Auftraggeber wird die Fragenach der strategischen Bedeutung desOptimierungsprojektes für das Unter-nehmen bzw. den Bereich beantwor-tet. Zweck, Anlass und Motive werdenden Beteiligten mitgeteilt. Gleichzeitigwerden die beteiligten Personen undBereiche für das Projekt berufen.

Ziel des Kick-off-Meetings ist es, alleBeteiligte auf den gleichen Informati-onsstand zu führen. Dies betrifft denProjektzweck, die Ziele, den Rahmen,die Vorgehensweise, die Organisationsowie die Chancen und Risiken.

41

?

Aus den Zielen lassen sich die notwendigenAktivitäten ableiten und in konkrete Schrittedes Vorgehens umsetzen.

Projektsteuerung

Bei der Festlegung der Projektsteuerungund Organisation sind folgende Fragen zubeantworten:

Wie wollen wir das Optimierungsprojektsteuern?

Welche Instrumente, Methoden und Organisationsformen machen für uns Sinn?

Wie müssen wir uns organisieren, damit eine zielgerichtete Durchführung des Projektes gesichert wird?

Wer sollte in diesem Projekt mitarbeiten?

Wer spielt welche Rolle im Projekt?

Wer hat in diesem Projekt welche Aufgaben,Kompetenzen und welche Verantwortung?

Wie sichern wir den Informationsfluss im Projekt und in die Umgebung des Projektes?

Welche Regeln und Vereinbarungen machenfür uns in der Zusammenarbeit Sinn?

Welche Hilfe und Unterstützung benötigenwir für dieses Projekt intern und eventuell extern?

Aus der Erfahrung heraus ist die Frage nachden Aufgaben, den Kompetenzen und derVerantwortung eine der diffizilsten Fragenin den Optimierungsprojekten. Hier geht esum Macht und Einfluss. Hier wird entschie-den, wer etwas entscheiden darf und werdafür die Verantwortung trägt.

Sind diese Fragen nicht geklärt, kann sichdaraus ein Konfliktpotential ergeben. Müsseneinmal getroffene Entscheidungen zurück-genommen werden, kann das bei den Be-teiligten zu Frust führen, wenn nicht inhalt-liche Aspekte der Grund sind, sondernKompetenzstreitigkeiten.

Deshalb sollte in der Projektvorbereitung einGrundrahmen erarbeitet und im Kick-off-Meeting mit allen Beteiligten abgeklärtwerden, um ihnen Orientierung im Projektzu geben.

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Das Kick-off-Meeting sollte folgendeErgebnisse erreichen:

1. Den Grundkonsens zwischen Ent-scheider, Auftraggeber, Projektleiterund Projektteam zu Zielen, Rahmen,Vorgehensweise, Organisation so-wie Chancen und Risiken

2. Eine Dokumentation aller unklarenund möglicherweise strittigen Punktesowie eine Aufstellung noch zuklärender Fragen und Probleme

3. Einen Maßnahmenplan, welcher dieKlärung der unklaren und strittigenPunkte sowie die weiteren Schrittebeinhaltet

4. Eine Grundvereinbarung aller Betei-ligter zu: den Grundregeln des Um-gangs miteinander, den wichtigstenAufgaben, Kompetenzen und Ver-antwortungen und den Grundsät-zen des Informationsmanagementsim Projekt

Es gibt zwei wesentliche Formen, denProjektstart durchzuführen. Die eineForm geht davon aus, dass in einemvorläufigen Team die wichtigsten Fra-gen als Vorschlag vorgeklärt werdenund im Kick-off-Meeting allen Beteilig-ten als vorläufiger Stand präsentiertwerden. Danach erfolgt eine Klärungzu allen Punkten. Hier ist die KUS-For-mel als Strukturierungshilfe einsetzbar.

Die zweite Möglichkeit umfasst die Erarbeitung aller Punkte durch das Projektteam im Kick-off-Meeting. Die zentrale Frage lautet dann: »WelcheFragen müssen wir klären, um diesesOptimierungsprojekt erfolgreich im Sinnedes Unternehmens durchzuführen?«Die Erarbeitung dauert zwar länger, hataber den Vorteil, dass alle Beteiligte sicheinbringen können und die Akzeptanzder erarbeiteten Ergebnisse im allge-meinen größer ist, als bei Variante eins.Bei der ersten Variante besteht dieMöglichkeit von Widerständen durchden »not-invented-here-effect«, ande-rerseits spart sie jedoch Zeit.

Dr.-Ing. Jürgen Stübner congena Texte 3/4 2001Prozessoptimierung mit Hilfe von Projektmanagement

Erwartungen und Widerstände

Erwartungen und Widerstände sind injedem Optimierungsprojekt, ja in jedemVeränderungsprozess bei den Beteilig-ten vorhanden. Es wäre leichtsinnig,dies zu ignorieren.

Aus dem Beispiel wird deutlich, dass esneben unterschiedlichen Erwartungenauch Ängste der beteiligten Gruppengibt.

Konkrete Gefühle, wie Angst oder Un-sicherheit steuern das Verhalten derBeteiligten und Betroffenen. Sie sind oftUrsache für Widerstände gegen Verän-derungen. Diese im ersten Schritt zuthematisieren schafft Klarheit bei denTeilnehmern. Aus dem unbestimmtenGefühl von Unbehagen, manchmalauch Angst, wird hier Furcht vor etwasDefiniertem, was angesprochen undartikuliert wird.

Damit ist eine Voraussetzung für diekonkrete Bearbeitung dieser Wider-stände gegeben.

Ist die notwendige Offenheit im Unter-nehmen nicht vorhanden, empfiehlt essich, bei der Erarbeitung schrittweisevorzugehen.

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Top down

Hoffnung auf......

Transparenz über Arbeitsprozesse

Selbststeuerung der Mitarbeiterdurch Planung

Entlastung in der Führungsarbeit

Ängste vor.....

Veränderung der sozialen Stellungim Bereich (Verlust von Statussym-bolen)

Loslassen, Kompetenzverlust,Machtverlust

Abgabe von Herrschaftswissen

Transparenz der eigenen Abteilungund deren Arbeitsweise

Bottom up

Hoffnung auf....

Klare und schnelle Entscheidungen

Profilierung über Projektarbeit

Entlastung in der Arbeit

Handlungsspielraum

Ängste vor.....

Neuem, Unbekanntem bzw.Ungewohntem

Veränderung der Tätigkeiten undAufgaben

Übernahme von Verantwortung

Transparenz der eigenen Arbeitsweise

Erwartungen vonFührungskräften undMitarbeitern zum Optimierungsprojekt

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1. Der interne Projektleiter erarbeitetmit dem externen Prozessbegleitereine Voranalyse.

2. Der interne Projektleiter informiertden Auftraggeber über das Ergebnis.

3. Der interne Projektleiter und der Auf-traggeber konfrontieren das Projekt-team mit dem Ergebnis. Der externeProjektbegleiter moderiert als »neu-traler« Partner die Veranstaltung.

Die Thematisierung im Kick-off-Mee-ting fördert Offenheit und Nähe zwi-schen den beteiligten Partnern. Sie stärktdas »Wir-Gefühl«. Gleichzeitig bringtdie Bearbeitung der möglichen Wider-stände Orientierung und Klarheit. Be-fürchtungen können abgebaut, Ver-mutungen richtiggestellt bzw. relati-viert werden.

Chancen

Die Analyse der Chancen in Prozess-optimierungsprojekten fördert die Ak-zeptanz der Projektziele und die Moti-vation der Beteiligten und auch der mög-licherweise Betroffenen.

Während die drei ersten Fragen norma-lerweise vom Auftraggeber für das Op-timierungsprojekt beantwortet werdensollten, sind die Fragen vier und fünf vomTeam zu beantworten.

Dies gilt insbesondere dann, wenn in-terne und externe Partner Mitglieder desOptimierungsteams sind.

?

Dr.-Ing. Jürgen Stübner congena Texte 3/4 2001Prozessoptimierung mit Hilfe von Projektmanagement

Die Frage sechs bezieht sich auf dieChancen, welche jeder einzelne Betei-ligte in diesem Projekt für sich sieht.Dies können ganz individuelle Chancensein, wie zum Beispiel Karrierechancen,Sammeln von Projekterfahrung, Inter-esse an anderen Bereichen und bereichs-übergreifender Arbeit, Plattform fürProfilierung, Einflussnahme auf die Pro-jektziele und -ergebnisse und Erfahrenvon Teamarbeit .

Wichtig ist in diesem Zusammenhang,dass sich alle die Zeit nehmen, sich ihreChancen bewusst zu machen. In demMoment, wo der einzelne individuelleChancen für sich erkennt, akzeptiert erauch die Notwendigkeit des Optimie-rungsprojektes und seine Ziele. Gleich-zeitig steigt seine Motivation, sich fürdas Projekt zu engagieren.

Durch »Annehmen« und »Lernen«neuer, ungewohnter Werte, Normen,Regeln und Verhaltensweisen und dieMöglichkeit des Reflektierens über denerreichten Erfolg eröffnen sich neueChancen für das Unternehmen und alleBeteiligten.

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Welche Chancen ergeben sichaus diesem Projekt für

1. unsere Kunden?

2. unser Unternehmen?

3. den Bereich?

4. die externen und internen Partner inden Geschäftsprozessen?

5. das Prozess-Optimierungs-Team?

6. die einzelnen Mitglieder des Teams?

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In sechs Schritten stellen die praxiserfahrenen Autoren denProzess der Strategischen Planung vom Unternehmensleitbildüber das Strategische Konzept bis hin zum Jahresplan bündigdar.

Nicht nur Berufsplaner, sondern alle Führungskräfte mit unter-nehmerischer Verantwortung können die klar und einfachdargestellten Instrumente zur strategischen Gestaltung ihresWirkungsbereiches einsetzen.

Das Besondere dieser Bankstrategien ist ihre congeniale Ent-wicklung, die sie von herkömmlichen Methoden abhebt.

congeniale Bankstrategien werden mit den Beteiligten ge-meinsam entwickelt. Entscheidungsträger beziehen ihre Mit-arbeiter in den Zielfindungsprozess ein. Stäbe planen gemein-sam mit den Marktbereichen. Falls Berater engagiert wer-den, beziehen diese ihre Klienten voll in die Erarbeitung einund liefern nicht nur fertige Konzepte ab.

Das congeniale Vorgehen ist durch drei Erfolgsfaktoren ge-kennzeichnet:

• Zügig: Durch den logischen und strukturierten Aufbaukann die Strategie effizient, also mit geringem Zeitauf-wand entwickelt werden.

• Akzeptiert: In allen Stufen der Erarbeitung wird der Kon-sens aller Beteiligten angestrebt.

• Umgesetzt: Die Ergebnisse gewährleisten einen sehr hohenRealisierungsgrad.

Der Praktiker findet in diesem Buch Richtwerte für den Zeit-bedarf solcher Vorhaben.

Ausgehend von Skandinavien hat sich das Kombi-Büro auchin der deutschen Bürokultur durchgesetzt, als bester bekannterPlanungsansatz zur Überwindung der Nachteile konventio-neller Büros. Anstelle eines starren Schemas begegnet dasKombi-Bürohaus dem Wandel der Anforderungen mit einerneuen Philosophie von Flexibilität, deren variable Elementesich Menschen, Organisationen und Gebäuden anpassen.

Als Bauherrnberater hat congena den größten Erfahrungs-schatz auf diesem Gebiet gesammelt und ihn gemeinsam mitnamhaften Architekten und Experten aufbereitet. Das Hand-buch informiert mit über 500 Grundrissen, Fotos und Organi-sationsdiagrammen über die Grundlagen und Erkenntnisseaus den in Deutschland fertiggestellten Kombi-Büros.

Schwerpunkte der Beiträge sind aktuelle Planungsgrundlagen,praxiserprobte Lösungen für die organisatorischen, gestalte-rischen und technischen Planungsaufgaben, Modernisierungs-strategien für bestehende Gebäude, spezielle Ausstattungs-systeme und ein systematischer Vergleich von Kombi-Büro-häusern. Als Perspektive wird der Business-Club vorgestellt,eine flächensparende Nutzungsstrategie für die »intelligente«Verwaltung.

Das Fachbuch für Führungskräfte, Investoren, Architekten undOrganisatoren bietet umfassendes Wissen für die Büroplanung:

• Eine Diagnose des Wandels in der Büroarbeitswelt

• Bürokonzepte im Urteil von Nutzern und Experten

• Planungsansätze und Lösungsbeispiele für Neubau und Modernisierung

• Über 100 Projekte in Plan und Bild

• 50 Projekte im Wirtschaftlichkeitsvergleich

Herbert Durstberger/Susanne Most

Strategie-Entwicklung in Banken

Ein congenialer Planungsprozeß

erschienen im:

Gabler Verlag, Wiesbaden, 1997

ISBN 3-409-14224-X

ca. 170 Seiten, DM 79,-

gebunden mit Schutzumschlag,

zu beziehen über den Buchhandel

congena

Zukunftsstrategie Kombi-Büro

Chancen für Architektur und Organisation

erschienen 1994 im:

Callwey Verlag, MünchenISBN 3-7667-1136-9

FBO-Verlag, Baden-BadenISBN 3-922213-32-4

447 Seiten, DM 186,- zu beziehen über den Buchhandel

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Dr. Ulrich Kampffmeyer congena Texte 3/4 2001

Abstract

Knowledge Management ist eines der am meisten diskutierten Themenbei der Einführung neuer IT-Systeme.Die Software-Anbieter versprechenviel. Blickt man jedoch hinter die Kulis-sen zeigt sich, dass viele Lösungen demAnspruch an Wissen, wie er durch dieabendländische Kultur geprägt wurde,nicht gerecht werden. Die Aufberei-tung, Nutzung und Verteilung ist wei-terhin eine organisatorische Aufgabeund Frage der Unternehmenskultur.

Vieles nur Hype?

Der Begriff Wissensmanagement kam vor einigen Jahren als Knowledge Management (KM) in den USA auf undist seitdem hierzulande sehr umstritten.Wie bei allen Begriffen, die aus demAmerikanischen ins Deutsche übertra-gen werden, muss man sich zunächstfragen, ob die Begriffe das Gleiche meinen. Durchforstet man die Prospek-te der Anbieter von Knowledge Mana-gement Lösungen, so ist festzustellen,dass durchaus der Anspruch besteht,»Wissen« umfassend »managen« zukönnen. Die Übertragung »KnowledgeManagement = Wissensmanagement«ist von diesem Anspruch aus gesehenlegitim. Jedoch wurden mit dieser allesumfassenden Etikette vielfach sehrhohe Erwartungen gesteckt, denen die Anbieter mit ihren Lösungen häufignicht gerecht geworden sind.

Knowledge Management ist als Schlag-wort für neuartige Lösungen zur Wis-senserschließung etwas in den Hinter-grund getreten. Neue »Buzzwords«mit »e« und »@« im Umfeld von e-Bu-siness, Content Management, Enter-prise Portals und integrierten Telekom-munikations-Lösungen haben dieSchlagzeilen der Fachpresse beherrscht.

Einer der Hintergründe ist sicherlich,dass die Erwartungen an die verspro-chenen Lösungen zu hoch gestecktwaren. Microsoft hat sich etwaszurückgenommen und spricht bei

ihrem Angebot nur noch von einerPlattform für Knowledge Manage-ment. Lotus dagegen rundet sein Produktportfolio mit Dokumenten-Management, Workflow und Archivie-rungskomponenten ab, um dem An-spruch an Knowledge Managementgerecht zu werden. Die Vielfalt der an-gebotenen Lösungen, die unter demStichwort Knowledge Managementoder Wissensmanagement angebotenwird, macht es schwer eine geeigneteDefinition zu finden.

Inzwischen ist eine gewisse Ernüchte-rung eingetreten. Die logische Abfolge»von Daten zu Informationen zu Wis-sen« ist auf halbem Weg steckenge-blieben. In den Vereinigten Staaten istder Begriff inzwischen vielerorts wiederverschwunden, abgelöst durch neueSchlagworte wie Enterprise ContentManagement, eBusiness oder Collabo-rative Commerce. Die Herausforderungbleibt jedoch bestehen.

Ist Wissen manageble?

DataWarehouses, Management-Infor-mationssysteme, Dokumenten-Mana-gement-Lösungen, um Dokumenten-Management-Funktionen ergänzt ERP-Produkte und viele andere Systemewerben mit der Überschrift KnowledgeManagement. Dabei ist immer mehrumstritten, ob Wissen mit Software-systemen überhaupt »manageble« ist.Die Übertragung des Begriffes Know-ledge Management von den USA aufdie europäische Auffassung von Wis-sen hat noch nicht funktioniert. Andereabgeleitete Begriffe wie KnowledgeRessource Management oder Know-ledge Sharing gewinnen an Bedeutung.

Alle bisher vorgestellten Definitionenbeleuchten das Phänomen Wissen aus unterschiedlicher Sicht. KnowledgeManagement bewegt sich hierbei in einem Pentagramm von Information,Kommunikation, Prozess, Erfahrungund Erkenntnis. Es rein auf wirtschaftli-che Gegebenheiten und Unterneh-mensanforderungen herunterzubre-

Prozesse des Knowledge Management zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Dr. Ulrich Kampffmeyer,PROJEKTCONSULT, Hamburg

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Dr. Ulrich Kampffmeyer congena Texte 3/4 2001Prozesse des Knowledge Management zwischen Anspruch und Wirklichkeit

chen, ist jedoch nicht zulässig. Die Defi-nitionen haben vielfach den Eindruckerweckt, bei Knowledge Managementgeht es um etwas »Neues«, bishernicht beschriebenes. Es wurde eines je-doch nicht berücksichtigt – KnowledgeManagement ist nicht neu, die gesamtemenschliche Kultur basiert auf der Ge-winnung, Bewahrung und Weitergabevon Wissen. Der Mensch betreibt Know-ledge Management seitdem er vor zweiMillionen Jahren seinen Siegeszug an-getreten ist. Die technischen Mittel sindvielleicht heute andere, sie unterschei-den sich jedoch in ihrer Qualität keines-wegs von der Erfindung der Schrift, desBuchdrucks oder des Aktenordners.Wissen war schon immer die Grund-lage unserer Zivilisation.

Aristoteles unterscheidet »Wissen, dass...« und »Wissen,warum...«

Bei der Betrachtung von KnowledgeManagement sollte man daher unter-

scheiden, welches Wissen man verwal-ten und erschließen möchte, bzw. kann.Explizites Wissen kann strukturiert undnachvollziehbar abgebildet werden – insoftwaregestützten Prozessen und inInformationspools. Implizites Wissendagegen wird weiterhin in den Köpfender Menschen steckenbleiben, da dieBereitschaft, es ohne subjektive Ein-schätzung zu formulieren und für Drit-te verwertbar zu machen, starker För-derung bedarf.

Dieses Wissen ist sogar bei gleicher Informationsausgangslage individuellund von den persönlichen Erfahrungender Person abhängig. Das Wissen einerOrganisation, das kollektive Wissen, istnicht die Summe des expliziten und im-pliziten Wissens der einzelnen Mitglie-der der Gemeinschaft oder des Unter-nehmens, sondern eine abstrakte Teil-menge. Hierbei spielt die sozialeKomponente, der Wissensaustauschinnerhalb eines Netzwerkes von Men-schen, die entscheidende Rolle. Syste-

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NÜRNBERGER TRICHTER

CAD

ERP DataWarehouse

VIDEOWorkflow ������

����

���� Archiv

Images

Groupware

CD

���

Sprache

DB

WISSEN

Erschließung

Erklärung Veränderung

ProblemlösungDie universelle Knowledge Engine

WISSEN ?

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Dr. Ulrich Kampffmeyer congena Texte 3/4 2001Prozesse des Knowledge Management zwischen Anspruch und Wirklichkeit

me zur Bereitstellung oder Verteilungvon Information liefern nur die Basis fürdieses Wissen. Auch eine Informations-datenbank, welcher Mitarbeiter wel-ches Spezialwissen besitzt oder sich mitwelchen Themen beschäftigt, ist daherbereits eine Form von Knowledge Ma-nagement. Letztlich ist aber das hehreZiel aller Bemühungen von Wissensma-nagement, verdichtete und bewerteteInformation personenunabhängig je-derzeit nutzbar zu machen.

Betrachtet man unter diesem Gesichts-punkt die Umsetzung von KnowledgeManagement in technische Lösungen,so fehlt bei den meisten Definitionender konkrete Schritt zur Umsetzung.

Letztlich bleibt es dem potentiellen Anwender solcher Systeme überlassen,zu definieren, welche Form von Wissenfür seine Mitarbeiter, seine Organisati-on und seine Ziele benötigt wird.

Knowledge Management Lösungenlassen sich nicht über »einen Kammscheren«, sie werden weiterhin so indi-viduell bleiben wie das Wissen in denKöpfen der Mitarbeiter.

Quellen der KM-Ansätze

Das Thema Knowledge Managementist von Anbietern ganz unterschiedli-cher Herkunft versucht worden zu be-setzen. Folgende Produktansätze sindgrundlegend zu unterscheiden:

KM-Ansatz aus Groupware- undBürokommunikationsproduktenherausDabei handelt es sich um die Kombina-tion von Informationen mit Datenban-ken, Adressen, Terminen, Foren, Web-publikation etc. Beispielsweise bietetLotus Development mit seiner Know-ledge Management Suite »Raven« einPortal an, das Funktionen zur Erstel-lung und Verwaltung von Profilen überBenutzer und Interessengemeinschaf-ten bereitstellt. In virtuellen Orten werden die Perso-nen und Inhalte zusammengebracht.

Das Portal soll Anwendern helfen, rele-vante Informationen zu suchen und zufinden sowie sämtliche Informationenzu verwalten, die zu einer Aufgabe, ei-ner Arbeitsgruppe oder einem Projektgehören. Dieses Portal läßt sich indivi-duell konfigurieren und erweitern.Dennoch sind die Basistools vom An-spruch KM noch weit entfernt.

KM-Ansatz aus Dokumenten-Management herausBei diesem Ansatz ist die Handhabungvon strukturierten Daten und Dokumen-ten bereits vorhanden. Deren Kombina-tion führt zur Zusammenführung unter-schiedlicher Informationen unter Ein-beziehung von Workflow als notwendigeProzesskomponente. Die Schwerpunkte sind unterschiedlich,z. B. wie Produkte von FileNET und Pc-DOCS. Es reicht nicht aus, auf Doku-menten-Management einfach das Label KM draufzukleben.

KM-Ansatz aus Weiterführung Management-Informations-SystemeMIS-Lösungen dienen heute bereits derZusammenführung und Gewichtungvon Informationen. Basis sind DataWa-rehouse-, DocumentWarehouse undspezielle Selektionstools. Beispielswei-se ergänzt Pilot seine Lösung um dieArchivierung für den Zugriff auf Doku-mente. Dies erscheint mittelfristig sehrerfolgversprechend.

KM-Ansatz Enterprise-PortalsHier handelt es sich um einen Web-basierten Ansatz auf Basis von indivi-duellen Profilen. Sämtliche von einemAnwender benötigten Informationenwerden zusammengeführt und sindunter einer einheitlichen Oberfläche an jedem Ort verfügbar. Derzeit ist diesder erfolgversprechendste Ansatz.

KM-Ansatz Multimediale Daten-banken und DataWarehousesHier werden Datenbanksysteme umDokumentenverwaltung und Workflowerweitert. Moderne Datenbanksystemestellen bereits heute die Basis für Web-Directories und Suchmaschinen dar.

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KM-Ansatz automatische Klassifi-kation und AgentenDer Bottleneck der Erfassung wird beidiesem Ansatz durch automatische In-dizierungs- und Klassifikationssystemeausgeglichen. In Verbindung mit neu-artigen Suchmaschinen und Agentenim Internet ergeben sich neue inhaltli-che Erschließungsmethoden. Diesesind die Grundvoraussetzung für dasKnowledge Management.

KM-Ansatz Ausbau ERP-LösungenIn ERP Systemen wie Baan, SAP undauch vielen mittelständischen Lösun-gen sind bereits alle operativen Datenerschlossen. Durch Verbindung mitschwach strukturierten Daten und Do-kumenten ergibt sich die Ausbaumög-lichkeit auch zum Knowledge-Manage-ment. Hierzu werden die ERP-Lösungenum Workflow, Integration mit Group-ware und Bürokommunikation sowieInternet-Plattform-Produkten ergänzt.

KM-Ansatz Wiederbelebung vonExpertensystemenIn den 80er und 90er Jahren waren wissensbasierte Systeme und Experten-systeme Software- und Hardware-tech-nisch »steckengeblieben«. Durch dieneuen technologischen Möglichkeitenund die Anforderung der Erschließungvon Wissen erfahren die Ansätze der-zeit eine Renaissance.

Im Allgemeinen ist festzustellen, dasssich Knowledge Management heutenicht mehr als eigenständiger Begriffbzw. als eigenständige IT-Disziplin auf-fassen läßt. Sicher ist inzwischen deut-lich geworden, dass sich die oben be-schriebenen Kategorien nicht mehr soeindeutig abgrenzen lassen. Man kannaber auch nicht feststellen, dass sich eine der Quellen durchgesetzt hat.

Eigenständige KM-Merkmale

Früher war die Wahl eines Archivie-rungs-, Dokumentenmanagement- und Retrievalsystems relativ einfach:Volltextdatenbanken wurden für dieErschließung von Texten eingesetzt,

und relationale Datenbanken für dieErschließung strukturierter Daten. Diese Datenbanken konnten auch ge-nutzt werden, um über Zeigerfunktio-nen auf Dokumente zu verweisen, diein Dokumenten-Management-Syste-men (DMS) archiviert werden.

Diese Situation hat sich geändert. Heu-te kann das Unternehmenswissen mitKMS-Lösungen unterstützt werden, diegleichzeitig auch Benutzer und Prozessemiteinbeziehen. Bei KM-Systemen gehtes um die gemeinsame inhaltliche Er-schließung aller Arten von strukturier-ten und unstrukturierten Informatio-nen. Um es plastischer auszudrücken:KM reicht vom Datensatz über das ein-gegangene Fax bis zur Multimedia-Prä-sentation.

Data- und Document-Warehouses ermöglichen die Verteilung, Aufberei-tung und Verdichtung von Informatio-nen. Neuartige Suchmaschinen findenauch Daten und Dokumente in un-strukturierten Repositories. Agentensuchen selbstständig und selbstlernendnach benötigten Daten und Dokumen-ten. Nicht mehr Speicherung und Ver-waltung stehen im Vordergrund, son-dern die intelligente Erschließung vonInformationen, die zu strukturiertenWissensbeständen führt.

Lösungsansätze und Funktionalitäten

Die genannten Bausteine werden durchverschiedene Technologien für dieSammlung, Organisation und Übermitt-lung des Wissens zwischen den Mitar-beitern eines Unternehmens unterstützt.

Dokumentenmanagement-Herstellerentwickeln ihre Produkte zunehmendin Richtung KMS weiter. Neben derSpeicherung und Verwaltung von Repo-sitories mit elektronischen Dokumentennutzen neue Dokumenten-Manage-ment-Funktionalitäten die Intelligenzund Interaktivität von Hypermedia-Formaten, um Geschäftsprozesse zuunterstützen.

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Am Ende der Übergangsphase zur integ-rierten Wissenslösung wird Dokumen-ten-Management zu einer elementarenIT-Funktion. Dokumenten- oder Know-ledge-Management-Lösungen dernächsten Generation werden damit zueinem Mittelpunkt der Infrastruktur, dieeinheitlich, unabhängig von Anwen-dungen und Mitarbeitern das Unter-nehmenswissen verfügbar und nutzbarmacht.

Für unternehmensweite Dokumenten-oder Knowledge-Management-Lösun-gen werden heute im allgemeinen ver-schiedene Komponenten wie Doku-menten-Management-, Groupware-,Intranet-, Workflow- oder Retrieval-Technologien integriert. EAI EnterpriseApplication Integration ist daher einewichtige Komponente in vielen KM-Projekten. Expertensysteme zur Ent-scheidungsunterstützung stehen je-doch erst am Anfang ihrer Entwick-lung.

Viele der Aspekte des Knowledge-Management werden bereits durchvorhandene Lösungen – zumindest inTeilen – abgedeckt. Erfassung, Verwal-tung, Verteilung und andere Kompo-nenten gehören zum Standardliefer-umfang moderner Dokumentenmana-gement-Lösungen. Woran es jedochhäufig noch fehlt, sind neue Erschlies-sungsstrategien, die dem Anwenderhelfen, die richtige Information zumrichtigen Zeitpunkt aus seinen großenArchiven zu gewinnen. Standardfunk-tionalität von herkömmlichen Doku-mentenmanagement-Systemen stellthäufig die Basistechnologie für KM-Systeme dar:

➠ Retrieval-Funktionen, die gemeinsa-me Nutzung von Informationen und Push-Strategien zur Filterung von Informationen im Web.

➠ E-Mail, Routing, Diskussionsdaten-banken, verteiltes Dokumenten-Management und elektronische Archive als Hintergrundspeicher.

➠ Groupware-Funktionalität, die dieZusammenarbeit und gemeinsame

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KM-Systeme umfassen im wesentlichen fünf Bausteine:

• Identifizieren, Ordnen und Klassi-fizieren des Wissens: Der Wissens-transfer zwischen den Mitarbei-tern geschieht durch die Bereit-stellung eines externen Repository,der den Mitarbeitern offen zurVerfügung steht. Die Dokumentemüssen zeit-, speicherort-, platt-form- und applikationsunabhän-gig gruppiert und verbunden wer-den können.

• Verteilen und Verbinden von Wis-sen: Effizienter Wissenstransferzwischen einem Knowledge-Pro-vider und einem Wissenssuchen-den ist das Ziel des zweiten Bau-steins. Der Wissenssuchende er-langt dadurch den Ausgleich seinerInformationsdefizite.

• Filtern, Personifizieren und Inter-pretieren des Wissens: Bestandteildieses Bausteins ist das Extrahie-ren von Wissen aus einem exter-nen Repository. Dazu zählt das Fil-tern der relevanten Informationenund die Präsentation oder Inter-pretation des Wissens in einer fürden Wissenssuchenden geeigne-ten, verständlichen Form. Zu die-sem Zweck sind über eine einfa-che text- oder wortbasierte Suchehinausgehende konzeptbasierteoder heuristische Suchmethodenerforderlich.

• Entscheidungsunterstützung: DerWissenssuchende erhält eine Ent-scheidungsunterstützung, die aufdie Ergebnisse der drei vorange-gangenen Bausteine referenziert.

• Messen und Kontrollieren: DieseFunktion unterstützt die genann-ten Funktionen und organisiertnicht das Wissen selbst; sondernbezieht sich auf alle Aktivitäten,die gemeinsames Wissen qualifi-zieren und quantifizieren sowieauf die Performance von Know-ledge-Management-Lösungen.

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Nutzung der Wissensbasis in einemUnternehmen oder zwischen ver-schiedenen Unternehmen unter-stützt

➠ Workflow bildet die Grundlage fürdie Verbreitung von Wissen überGeschäftsprozesse sowie optimierteVerteilungs- und Kontrollverfahren.

Allgemeine Kollaboration

Allgemeine Kollaboration erlaubt esGruppen und einzelnen Anwendernmiteinander zu kommunizieren unddadurch Wissen auszutauschen.

Funktional beschrieben stehen hinterdieser Anforderung also Mechanis-men, wie Versenden von Nachrichten,Teilnahme an Workflows, Weiterlei-tung von Informationen an andere Be-nutzer, Teilnahme an Diskussionen undTerminierung und Durchführen vonMeetings.

Für Unternehmen, die die Wiederver-wendung des Unternehmenswissensermöglichen wollen, stellt sich aller-dings immer wieder die Problematik,wie die Investition in diese Technologiegerechtfertigt werden kann. Diesegrundlegenden Anforderungen anKnowledge Management können abernur die wenigsten Anbieter erfüllen.

Projektorientierte Kollaboration

Heutzutage wird fast überall dort pro-jektorientiert gearbeitet, wo die soge-nannten Knowledge Worker ihre Ar-beit verrichten. Dieses beeinflusst fastalle Abteilungen eines Unternehmens,von der Entwicklung über das Finanz-wesen bis hin zum Personalwesen. Projektteams müssen eine Vielzahl vonProjektspezifischen Informationen wiez. B. Dokumente, Entscheidungen, Zeit-pläne und Präsentationen aus einergroßen Anzahl von Quellen managenund dabei jederzeit an jedem Ort Zu-griff zu diesen Informationen habenund weiterhin die Möglichkeit habendiese weiterzuverarbeiten.

Automatische Klassifikation

Durch die explosionsartige VerbreitungOnline-verfügbarer Informationen wirdes für Unternehmen immer wichtiger,relevante und zeitkritische Informatio-nen den richtigen Mitarbeitern zur Ver-fügung zu stellen, damit diese geschäfts-relevante Entscheidungen treffen kön-nen. Durch den Einsatz dieser Werk-zeuge können Unternehmen gleichzei-tig zwei Effekte feststellen: Es wird einerheblicher Zeitvorteil erreicht und diePersonalkosten gleichzeitig drastischgesenkt.

Terminplanung und Ressourcen-Management

Die meisten Knowledge ManagementAnsätze konzentrieren sich auf die In-formationen selbst. Dabei haben diemeisten Hersteller vergessen, dass dieAnwender nur eine begrenzt Zeit zurVerfügung haben. Daher ist das Zeit-management genauso wichtig, wie dasInformationsmanagement. Dieses istum so überraschender, da die Funktio-nen schon seit Jahren im Groupware-Umfeld Standard sind.

Suche nach Experten

Experten in unterschiedlichen Themen-gebieten können nur in den seltenstenFällen dadurch ermittelt werden, dassdie Dokumenten-Repositories einesUnternehmens durchsucht werden.

Daher ist es heute auch nicht ungewöhn-lich, dass eine Arbeitsgruppe lange an derLösung einer Problemstellung arbeitet,die eine andere Gruppe im selben Un-ternehmen bereits vor einiger Zeitgelöst hat. Um dieses Problem zu lösen gehen dieHersteller unterschiedliche Wege. Eini-ge lassen die Benutzer ein persönlichesProfil ausstellen, um Interessengebieteund Expertenwissen zu ermitteln. An-dere verwenden dagegen Mechanis-men, die die Benutzergewohnheitenbeobachten, um auf diesem Weg Ex-perten zu lokalisieren.

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E-Learning

Inzwischen hat sich auch das weite Felddes CBT Computer-based-Training in dasFunktionalitätsprofil von KM-Lösungeneingegliedert. Solche Komponentendienen nicht nur zur Vermittlung vonWissen über den Inhalt und die Nutzungeines KM-Systems, sondern steuern in-teraktiv und kontextsensitiv selbst etwaszum Wachstum und zur Bewertung vonWissensbasen bei. Vielerorts ist der An-spruch an eine universelle Wissensbasiswährend des Projektverlaufes in eineWissensvermittlungslösung umdefi-niert worden.

Divergenz der Ansätze verhindert eineinheitliches Erscheinungsbild vonKnowledge Management Lösungen.

Betrachtet man zusammenfassend die-se Aussagen, so lässt sich schnell fest-stellen, dass Knowledge Managementweiterhin kein fassbarer Begriff ist unddaher auch in Zukunft nicht messbarsein wird.

Die Kategorisierung von KnowledgeManagement durch die oben aufge-führten fünf Trends kann durchausnachvollzogen werden, macht abergleichzeitig deutlich, dass es noch keinAnbieter geschafft hat, in allen Kate-gorien präsent zu sein. Dieses liegt dar-an, dass Knowledge Management vonallen Anbietern unterschiedlich defi-niert und besetzt wird.

Auf Grund dieser Tatsache wird aberauch deutlich, dass sich die unterschied-lichen Lösungsansätze eigentlich nichtvergleichen lassen. Außerdem lassensich mit ein wenig Phantasie auch an-dere durchaus sinnvolle Einteilungenfinden, die zwar nicht die Vergleich-barkeit der Hersteller erhöhen würden,aber einen völlig anderen Gesamtein-druck hinterlassen würden.

Auch die generelle Gleichstellung vonKnowledge Management durch einemodernere Bezeichnung Portal kann sonicht nachvollzogen werden. Diese bei-

den Begriffe stehen sicherlich in einemengen Zusammenhang, dennoch istein Portal eine spezielle Darstellungs-form für die Bereitstellung von Wissen.

Kritischer Ausblick

Die Diskussion der unterschiedlichenMerkmale und Lösungsansätze zeigteines deutlich – es gibt DIE Knowledge-Management-Lösung nicht.

Projekterfahrungen zeigen außerdem,dass der Anteil von Aufwänden in einemKM-Projekt für den organisatorischen,kommunikativen und kulturellen Teildes Projektes bei 90% liegt, die system-technische Lösung dagegen nur 10%ausmacht.

Dies wird von potentiellen Anwenderhäufig unterschätzt. Bereits in der Vor-bereitungsphase von Projekten zeigtsich, dass die Auffassungen von Wissenund Knowledge Management bei denbeteiligten Mitarbeitern äußerst unter-schiedlich sind.

Die Ansprüche divergieren regelmäßigzwischen einem einfachen Informations-system und einer »eierlegenden Woll-milchsau«, die alle IT-Probleme der letz-ten Jahrzehnte »in einem Aufwasch«lösen soll. Viele Projekte scheiterten be-reits daran, dass die Ansprüche inner-halb der Anwenderschaft nicht konkretwaren und darüber hinaus in keinerWeise mit der Auffassung der beteilig-ten Produktlieferanten übereinstimm-ten.

Dies führte in den letzten 5 Jahren da-zu, dass nur rund 40% aller als Know-ledge-Management-Projekt begonne-nen Aktivitäten auch als erfolgreich ab-geschlossen gelten können.

In vielen Projekten wurde sehr schnellder Anspruch heruntergeschraubt. An-dernortes musste man sich jedoch aufdie Risiken einlassen, da Vorstände undGeschäftsführer für »staubige« The-men wie elektronische Archivierungkein Ohr mehr hatten.

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Strategie vor Organisation vor Technik

Vielfach wurde der Fehler gemacht, zu-nächst sich am Markt über verfügbareLösungen zu informieren, bevor mandie eigene Problemstellung definierthatte und das entsprechende Bewusst-sein für die organisatorische Herausfor-derung geschaffen zu haben.

Ohne eine »Wissenskultur«, die die Be-reitschaft zur Abgabe von Wissen för-dert, ohne die aktive Mitarbeit der Kol-legen, die ihr Wissen in Systeme über-tragen, und ohne Akzeptanz zurNutzung und Pflege solcher Lösungendurch jeden Mitarbeiter eines Hausessind KM-Projekte von Anfang an inihrem Erfolg bedroht.

Viele potentielle Anwender scheutendiese Auseinandersetzung und setztendaher auf die Möglichkeiten der auto-matischen Erfassung und Klassifikationsowie die Verdichtung vorhandenerDaten. Hier sind die Grenzen jedoch bereitsabsehbar. Ohne Strukturierung, Aufbe-reitung und Interpretation der Informa-tionen kann die Schwelle zum Wissennicht überschritten werden.

Der Einsatz von Knowledge-Manage-ment-Technologien ist daher auch vor-rangig eine Aufgabe der Ausbildung,Teamarbeit und Akzeptanzbildung imUnternehmen. Technik allein ist hierLösung.

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Timo Brehme congena Texte 3/4 2001

Wandel der Märkte

Der Wandel der Märkte, vom Bauherrnals Eigennutzer hin zum Bauherrn alsVermieter für Fremdnutzer haben we-sentliche Veränderungen in der Projek-torganisation des Bauens und im Pla-nungsablauf mit sich gebracht.

Der »klassische Bauherr« war Investor,Projektentwickler und Nutzer in einem.Im zweiten Fall sind die Rollen getrennt,was zunächst die Anzahl der Projektbe-teiligten und den Abstimmungsbedarfuntereinander erhöht.

Eine dritte Gruppe stellen Dienstleis-tungskonzerne dar, z. B. Banken oderVersicherungen, die ihren Immobilien-bestand ausgliedern und mit dem An-lagegeschäft verschmelzen um so ihreselbst genutzten Gebäude wieder demKapitalmarkt zurückzuführen. Diesebedienen sich für einen Neubau ihrereigenen professionalisierten und spe-zialisierten Projektentwickler Gesell-schaften. Hier bleibt zwar unter einund der selben Konzernstruktur Bau-herr und Nutzer zusammen, ist aber inzwei Profitcentern mit unterschiedli-chen Zielsetzungen getrennt.

Zur veränderten Projektstruktur, kommtdie Veränderung im Planungsablaufhinzu. Der »klassische Bauherr« hat zu-nächst seinen qualitativen und quanti-tativen Bedarf ermittelt und dann dieLösung der Aufgabe in Angriff genom-men: Standort, Grundstück, Planer,Entwurf und Durchführung. Im Inves-torenfall ist der Ablauf nicht so eindeu-tig, im schlimmsten Fall aber genau um-gekehrt.

Der Projektentwickler bringt ein Grund-stück zur Verwertungsreife, indem erdie Machbarkeiten prüft, den Entwurferstellen lässt und die Rahmenbedin-gungen definiert. Im Anschluss wird ein Investor gesucht,mit ihm das Projekt präzisiert, Zahlen,Daten, Fakten. Als letztes stößt derNutzer hinzu, oft viel später sein eigent-licher Bedarf.

Viele erfolgreiche Projekte beweisen,dass auch diese Projektstrukturen ihreBerechtigung haben. Der Artikel be-leuchtet die unterschiedlichen Interessender Projektbeteiligten und die Chancendurch gezieltes Qualitätsmanagementdie Interessenskonflikte zu kanalisieren.

Die Rolle des Investors

Der Investor hat genau genommen nurein Ziel: Rendite. Damit diese kalkuliertwerden kann, müssen zu einem sehrfrühen Zeitpunkt alle Eckdaten, die sichauf die finanziellen Rahmenbedingun-gen auswirken können, festgelegt undvertraglich mit dem Projektentwicklerfixiert werden. Dies geschieht aber zueinem Zeitpunkt, an dem die Planungkaum oder noch nicht sehr detailliertsein kann.

Das oberste Ziel in solchen Projekten istdie Kosten- und Terminsicherheit. Umdiese Verantwortung und das Risikomöglichst schnell abzugeben, wird inder Regel ein Generalübernehmer be-auftragt. Die einzige Variable ist oft genug die Qualität, da sich diese amschwierigsten in Worte oder Zahlenfassen lässt.

Qualitätsmanagement in BauprojektenInvestor, Projektentwickler, Nutzer und Planer

Timo Brehmecongena München

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Timo Brehme congena Texte 3/4 2001Qualitätsmanagement in Bauprojekten

Investoren haben Interesse an langfris-tigen Mietverträgen, da die Anlagege-schäfte oft 20-jährige oder darüber hi-nausgehende Laufzeiten besitzen. Wielangfristig ist nun aber wirklich das Den-ken des Investors? An der Stelle muss man differenzierenzwischen den Zielen der Entscheiderund den Unternehmenszielen in einpaar Jahrzehnten. Gerade bei börsen-notierten Unternehmen hat man oftdas Gefühl, dass die aktuellen Unter-nehmensdaten so brisant sind, dassmittelfristige und langfristige Strategi-en geringere Bedeutung haben.

Zudem sind Entscheider nicht Geldeig-ner, sondern nur treuhändische Verwal-ter und selten ihr Leben lang bei einemUnternehmen tätig, als dies bei Familien-unternehmen der Fall ist. Wie bleibt essonst erklärbar, dass große Gebäude,noch bevor sie die 20 Jahre erreicht ha-ben, abgerissen werden müssen obwohlsie noch nicht abgeschrieben sind, abereine Sanierung zu teuer und das Ergeb-nis nicht mehr marktgerecht sein würde?

Handlungsspielräume werden geringer,je mehr Parteien an einem Projekt be-teiligt sind. Schon eine Veränderunghat eine Unzahl an Vertragsanpassun-gen zur Auswirkung. Kurskorrekturenim Verlauf der Planung sind kaum nochmöglich, obwohl gerade das Ergebnisdes Bauens nachhaltig sein sollte.

Problematisch wird die Vermarktungs-phase wenn die ursprünglich gerechne-ten Mietpreises erhöht oder verringertwerden. Durch die veränderte Renditewird ein Anlegerschaden bei den Fonds-eignern erzeugt.

Der Projektentwickler als Bauherrnvertreter

Der Projektentwickler ist in der Regelder Initiator des Projektes und die Naht-stelle der beteiligten Parteien. Das Diffe-renz im Einkauf und Verkauf der Immo-bilie ist sein Gewinn und somit Maximeseines Handelns. Maximale Ausnutzungdes Grundstückes, geringe Erstellungs-kosten und dies manchmal zulasten derQualität, wenn auch nicht oberfläch-lich sichtbar. Nutzen, die sich erst nachmehreren Jahren rechnen sind für Pro-jektentwickler oft uninteressant. Diesgilt z.B. für Energiekonzepte, die sichüber die Energieeinsparung amortisie-ren. Das Vermarktungskriterium scheintimmer noch DM pro qm zu sein.

Projekte sind für den Projektentwicklerim Grunde nur in der Vorbereitungs-phase von Bedeutung, solange dasGrundstück unbebaut ist und noch keinKäufer oder Investor gefunden ist. Sinddie Verträge unterschrieben, ist der Resteine professionelle Abwicklung.

In der Regel werden Investorenprojekte,ausgenommen in Spitzenlagen, nachErfahrungsstandards gebaut. Zielsetzunghier ist die maximale Ausnutzung derBGF (Bruttogeschossfläche); die Fragenach dem Nutzwert dieser Flächen gehtdabei schnell verloren. Keiner der amProjekt Beteiligten wohnt oder arbeitetspäter an diesen Standorten. Währendder Planungszeit ist kein Nutzer anwe-send. Dass sich dieser Umstand unwei-gerlich auf den Städtebau, die Architek-tur und Grundrisse auswirkt ist selbsterklärend.

Große Projektentwickler übernehmenoft die Erstvermietung, da sie den In-nenausbau schulden und rentable Prä-mien anfallen. Im Vordergrund stehtdie schnelle Vermietung, damit das Ge-bäude samt Nutzer übergeben werdenkann. Was viele Mieter nicht wissen:Es gibt in der Gewerbeflächenvermie-tung keine einheitliche Richtlinie wieim Wohnungsbau, die die Vermietungs-flächen genau definiert. Jeder Vermieter

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Timo Brehme congena Texte 3/4 2001Qualitätsmanagement in Bauprojekten

entscheidet selbst, welche Flächen ver-mietbar sind und welche nicht, die ei-gentliche Größe scheint dabei auch eineVariable zu sein.

Die Interessen des Nutzers

Die Entscheidung für einen Standort isteine subjektive, auf die der Vermieterkeinen Einfluss hat. Erst danach zähltdas Preis-/Leistungsverhältnis, das sichaus sehr vielen Disziplinen zusammen-setzt:

• Abbildungsmöglichkeit des individu-ellen Raumprogramms des Nutzers,bei möglichst geringer Mietfläche

• Geringe Kaltmiete und Nebenkosten,die durch die steigenden Ver- und Ent-sorgungskosten eine immer größereBedeutung haben

• Hoher Ausstattungskomfort

• Optimale Arbeitsumweltkriterien

• Flexible Anpassung der Grundrissean sich stets verändernde Arbeits-prozesse

• Kurze Mietlaufzeiten

Zusammengefasst: ein Gebäude, dasWachsen und Schrumpfen von Arbeits-organisationen ermöglicht – und nichtzu vergessen die Serviceleistungen einesVermieters oder dessen Umfeld.

Leider gibt es keine Verbraucherzeit-schriften auf diesem Sektor, die Büro-gebäude miteinander vergleichen undTestergebnisse veröffentlichen, so wiees bei anderen Produkten der Fall ist.

Der Mieter hat wenig Einblick in diewahren Kenngrößen von Verwaltungs-gebäuden, zumal der Mietsuchendeeines Unternehmens in der Regel einLaie ist. Die Schwächen der Gebäudestellen sich erst im Echtbetrieb ein, wennes für andere Entscheidungen längst zuspät ist.

Der Planer

Was heißt das alles für den Planer? Soll – oder darf – dieser Eigeninteressenvertreten? Wem wird der Planer gerecht?Wer formuliert in diesem Geflecht dierichtigen Fragen und Aufgaben? GuteArchitektur kann nur gelingen, wennes einen guten und anspruchsvollenBauherrn gibt.

Die Bedeutung des Bauherrn wird in derRegel unterschätzt. Als Auftraggeberstellt er die Aufgabe, definiert die Anfor-derungen, sucht sich den Planer seinesGeschmacks, muss die Qualität und denAnspruch definieren. Er gibt die Inhalteund Ziele vor. Der Architekt setzt dieseum.

Planern wird immer wieder der Vorwurfgemacht, dass sie nicht von innen heraus,der Nutzung folgend, entwickeln, son-dern die äußere Gestalt in den Vorder-grund rücken. Schwierig wird dies,wenn die Ziele divergieren oder wennder Nutzer bei der Planung noch nichtda ist und sie formulieren kann.

Die Eckwerte für die Architekten sinddas Grundstück mit seinen spezifischenRandbedingungen, der GFZ und GRZ,die Lage den späteren Mietpreis be-stimmt und somit die Herstellungskos-ten die durch den Auftraggeber mitDM/qm BGF angegeben wird, die An-zahl der Garagenplätze und nicht zuvergessen, die unglaubliche Menge anDIN-Normen und rechtlichen Vorgabendie er bei der Planung mit einfließenlassen muss.

Im Vordergrund der Auftraggeber stehtdas Zahlenwerk, die erfolgreiche Ver-wertung der Grundstücke.

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Timo Brehme congena Texte 1/2 - 2001Qualitätsmanagement in Bauprojekten

Der Planer kann in dem Prozess der Ge-staltung allenfalls sich selbst gerechtwerden, seinen eigenen Ansprüchengenügen. Architektur kann damit zurreinen Fassadengestaltung verkommen,die Inhalte müssen Ausbaustandardsgenügen, die sich so aufregend lesenwie der Beipackzettel einer Kopfschmerz-tablette.

Qualitätsmanagement als Bindeglied

Das einzige Regulativ in diesem Span-nungsfeld der Interessen ist der Quali-tätswettbewerb. Im Überangebot derBürostangenware kann der Kundewählerisch werden, vergleichen, für ihnkostenneutrale Ansprüche stellen. Die-ser einsetzende Qualitätswettbewerbführt die unterschiedlichen Zielsetzun-gen der Parteien wieder zusammen: Inhalte frühzeitig zu definieren, Ziel-gruppen ansprechen und Visionen zuentwickeln, neue Wege beschreitenund Bewährtes nicht in Vergessenheitgeraten zu lassen.

Denn die Qualität ist Chance für den Investor, Projektentwickler, Nutzer, Planer und nicht zuletzt für die Allge-meinheit in der Gestaltung des Aussen-raumes.

Wer als Investor und Projektentwicklerdem ruinösen Preiswettbewerb bei denKaltmieten entkommen will, der kannseine Chance im Qualitätswettbewerbsuchen. Der Mehrwert des Kundennut-zens bemisst sich für Mieter neben derGebäudequalität an seiner Flexibilitätund Wirtschaftlichkeit und an derDienstleistungsqualität rund um denBüroarbeitsplatz. Ein neuer Standortsoll in der Regel Kosten einsparen undzugleich Effizienz und Produktivität derMieterorganisation erhöhen.

Die Bedeutung des Qualitätsmanage-ments als Schnittstelle zwischen denunterschiedlichen Interessenparteienmuss frühzeitig erkannt und Installiertwerden. Nur dann können nachhaltige,qualitätsvolle und nutzerorientierte Im-mobilien entstehen, von denen alleprofitieren.

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Otto S. Wilkening congena Texte 3/4 2001

Hintergrund und Markt:Ein Unternehmen in Bewegung

Erwin Teufel hat als Ministerpräsidentzum 75-jährigen Bestehen des Unter-nehmens den Nagelkopf getroffen:»Bereits in der Person des Unterneh-mensleiters Marquardt vereint sich aufvorbildliche Weise die Weltoffenheitdes Unternehmers mit der Verbunden-heit zu den Menschen und der Kulturseiner Heimat.«

Ein Unternehmen in Bewegung: Her-aus aus dem engen regionalen Kultur-kreis mit seinen Stärken in der festenVerankerung vor Ort um Rietheim/Weilheim hin zu den erforderlicheninnerbetrieblichen Veränderungspro-zessen um weltweit Produktions- undKooperationsprozesse steuern und be-wältigen zu können. Sprünge undgroße Stufen bei Führung und Mitar-beitereinstellungen zur Zusammenar-beit und Mitverantwortung werden ge-nommen und sind noch zu bewältigen.

Wie dieser internationale Wettbewerbmit einer Besinnung auf die Stärken dervorhandenen Ressourcen der eigenenMitarbeiter bewältigt wird, schildertdieser Erfahrungsbericht aus externerSicht eines beteiligten Beraters.

Bodenständige Verwurzelung als Stärke

Wesentliche Stärken sind heute immernoch die Verwurzelung und Identifika-tion der meisten Mitarbeiter um dieHauptwerke im schwäbischen Riet-heim/Weilheim herum. Oft sind mehre-re Generationen bereits beim größtenArbeitgeber vor Ort beschäftigt gewe-sen, es herrscht eine familiäre Identifi-kation mit allen Auswirkungen auf dieArbeitsplatzsicherung und Unterneh-mensidentifikation.

Anforderungen an die Prozess-ketten-Qualität von außen

Die großen Herausforderungen z. B. in-nerhalb der Prozessketten als High-

Tech-Zulieferer der Automobilindustrieerfordern nicht nur überdurchschnitt-liche Qualitätssicherung der Prozesse,sondern auch höchste Flexibilität undInnovationsfähigkeit bei sich verän-dernden Marktanforderungen.Wachs-tumsgarantien sind nur bei kontinuier-licher Qualitätsverbesserung undgleichzeitiger Kostensenkung zu er-reichen.

Erforderlich wird aber in den letztenJahren zunehmend die Einstellung vonüberregionalen Know-how-Trägern.Mitarbeiter, die wegen ihres speziellenWissens aus anderen Unternehmen,nun mit fremden Unternehmenskultu-ren, mit anderen Kooperations- undManagementverständnissen einge-stellt werden. Ein Schmelztiegel fürverschieden Unternehmenskultur-Ver-ständnisse entsteht.

Zwischen moderner Medizin und Naturheilkunde

Durch die angegangene Neuausrich-tungen der Mitverantwortung allerMitarbeiter für die eigenen Arbeitspro-zesse werden Führungskräfte zu mo-dernen Changemanagern und vertrau-en gleichzeitig auf die hauseigenenStärken der direkten persönlichen Ver-bundenheit zu den Mitarbeitern. Hierwerden Vertrauens- und Flexibilitäts-potentiale mobilisiert, die helfen Verän-derungsbewegungen gemeinsam zumeistern.

Ein wesentlicher Hebel, die Kulturver-änderungen im Hause Marquardt zubewältigen, ist das unternehmensweiteProjekt zur Kontinuierlichen Verbesse-rung der Prozesse (KVP).

Hier setzt die Aufgabe des Personal-bereichs und des neuen Managementsan: Ein zukunftsgerichtetes Führungs-verständnis und weltoffenes Denken inProzessen wird heute auf allen Ebenengefördert, gestützt durch den Rückhaltin der Geschäftsführung – eine Erleich-terung für die Veränderungsprozessebeim KVP-Programm.

Unternehmensveränderungen durchkontinuierliche Verbesserungsprozesse

Otto S. Wilkeningcongena München

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Otto S. Wilkening congena Texte 3/4 2001Unternehmensveränderungen durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse

Das Unternehmen in Teams:KVP als Veränderungsprojekt

Das KVP-Konzept »Marquardt imTeam« (MiT) hat bei der MarquardtGmbH die Aufgabe aktiv zur Errei-chung der Unternehmenszielsetzun-gen beizutragen. Der Aufbruch von Marquardt in eineneue Unternehmensdimension bedarfauch einer neuen Qualität der Mitar-beit jedes einzelnen. Aktives Handelnim Team mit Kollegen, weg von hierar-chischen Befehlsketten und hin zurSelbstständigkeit und Verantwortlich-keit »vor Ort«.

Auf dem Weg zu einer derartigen neu-en Organisation der Arbeitsprozesseleistet MiT einen wichtigen Ergebnis-beitrag; in vielen Fällen stellt erst dieBildung der MiT-Teams die wichtigeInitialzündung für kontinuierliche Pro-zessverbesserungen aus Mitarbeiter-sicht dar.

Die Grundsätze

Mitarbeiter beteiligen sich an derGestaltung Ihrer ArbeitsumgebungKeiner kennt so gut die Verbesserungs-potentiale an den einzelnen Arbeits-plätzen wie die betroffenen Mitarbeiter.Für kontinuierliche Qualität in einemumfassenden Sinn ist jede kreative Ideewichtig. Möglichkeiten zur Optimie-rung werden nur dann erkannt undausgeschöpft, wenn jeder Mitarbeiterdie Chance hat, sich aktiv an der Gestal-tung seiner Umgebung zu beteiligen.

Probleme werden vor Ort erkannt und gelöstProbleme werden vor Ort, dort wo sieentstehen, von den Mitarbeitern imTeam erkannt und gelöst – unbürokra-tisch, schnell. Nur so erleben Mitarbei-ter, dass sie und ihre Vorschläge ernstgenommen werden und eine Verbesse-rung wirklich gewünscht wird. IhreInitiative wird anerkannt. Dies ist diebeste Voraussetzung dafür, dasstatsächlich ein »kontinuierlicher« Ver-besserungsprozess entsteht.

Für die Steuerung der Prozesse undErgebnisse wird ein Kennzahlen-system aufgebaut und gepflegtIn jedem Bereich des Unternehmenswerden Kennzahlen zu den erreichtenVerbesserungen ermittelt und visuali-siert. Es werden Ziele mit den Teamsvereinbart und das Erreichen dieserZiele mit Hilfe aussagefähiger einfacherKennzahlen dargestellt. Auch Außen-stehende (z. B. Mitarbeiter aus anderenBereichen) sollen erkennen können,wie erfolgreich in den einzelnen Teamsdes gesamten Unternehmens gearbei-tet wird.

Qualitäts-Standards für die Prozesse schaffen bei allen Mitarbeitern TransparenzNur in einer geordneten Umgebung wer-den Schwachstellen und Negativtrendsfrühzeitig erkannt. Mit Standards errei-chen wir Transparenz, Vergleichbarkeitund stellen Sicherheit her. Visualisie-rung schafft gemeinsame Verbindlich-keit und unterstützt gemeinsame Ver-einbarungen im Team.

Klima für stetige Veränderungenund ständige Verbesserungen

Marquardt ist dabei, mit dem KVP-Kon-zept die normalen Prozess-Schwach-stellen von unten zu beseitigen und dieStärken der Mitarbeiterkompetenz zurMitsteuerung auszubauen. Dabei rich-tet sich das MiT-Konzept am Unterneh-mensleitbild aus.

»Marquardt im Team« schafft ein Klimader ständigen Veränderung und Ver-besserung. Nur so werden die stetigsteigenden Anforderungen und Be-dürfnisse der internen und externenKunden und Märkte befriedigt.

Dies gilt für die bestehende Kunden-basis und für die Märkte, in denen Mar-quardt im Moment aktiv ist und in de-nen das Unternehmen aktiv werdenwill. Nur wenn sich die Organisationständig verbessert, werden neue Kun-den gewonnen und weitere Märkte er-schließbar sein.

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Otto S. Wilkening congena Texte 3/4 2001Unternehmensveränderungen durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse

Umfassende Qualitätsverbesse-rung

Ein wesentlicher – wenn nicht der wich-tigste – Erfolgsfaktor von Marquardt istdie Qualität:

• Qualität der Produkte• Qualität der Prozesse• Qualität der Dienstleistungen

Das Denken und Handeln jedes einzel-nen Mitarbeiters soll so von diesem um-fassenden Qualitätsbegriff geleitet sein.KVP schafft hierzu den notwendigenRahmen und auch die Möglichkeitenfür jeden Mitarbeiter, etwas zu bewir-ken. Diesen Grundsätzen hat sich die Ge-schäftsführung im Qualitätsmanage-ment-Handbuch verpflichtet, aber erstdurch das tägliche praktische Lebendieses Qualitätsgedankens wird Quali-tät wirklich dauerhaft erreicht.

Marquardt im Team steigert Motivation und Zufriedenheitder Mitarbeiter

Die MiT-Team-Mitarbeiter bekommenfür ihr Engagement keine zusätzlichenZeitkontingente, werden nicht freige-

stellt und ihre bisherigen Aufgabenbleiben im vereinbarten Umfang be-stehen. Eine schwierige Rahmenbedin-gung für motiviertes Mitarbeiten.

Die Zufriedenheit schöpfen die Mar-quardt-Mitarbeiter aus den erreichtenErgebnissen, von denen sie selbst di-rekt profitieren, aus persönlichen Ver-besserungen, die Freude und Entlas-tung bei der täglichen Aufgabenbe-wältigung bringen und natürlich auchaus dem Stolz selbst etwas im Unter-nehmen verändert zu haben, mitge-staltet zu haben.

Die Ergebnisse aller Teams werden kon-tinuierlich veröffentlicht, Erfahrungs-träger transparent gemacht und Kolle-gen und Führungskräfte werden auf-merksam.

Die persönliche Wertschätzung erfolgtmeist über das positve Feedback.

Stärken der Langsamkeit:Mitarbeiter schaffen sich selbstHandlungsspielräume

Behutsam mit Veränderungen umge-hen und gleichzeitig keine Fehlsteue-rungen zulassen. Mit »Marquardt im

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Team« wurden den Mitarbeitern nurdie Infrastruktur für die Teamarbeit(wie Räume und Moderationsmateria-lien, ausgebildete Moderatoren, KVP-Werkzeuge) mit der Bitte zur Ergebnis-dokumentation und Überzeugung derLinienführungskräfte an die Handgegeben.

Dieser gesamte gravierende Verände-rungsprozess wurde professionell be-gleitet – extern und intern – sowie durchein Projektteam gesteuert.

Die Know-how-Basis wurde kontinuier-lich ausgebaut und Erfahrungen undWissen in eine Wissensdatenbank ge-speichert.

Ein einfacher Weg für ein Wissens-management der KVP-Ergebnisse ist inder Startzeit durch die Nutzung desvorhandenen Intranets mit der Stan-dard-Browseroberfläche geschaffenworden.

Hervorzuheben ist der gelungene prag-matische Weg: Auch der Veränderungs-prozess hatte sich an den Grundregelndes vorhandenen Projektmanagementszu orientieren. Da keine größere Vor-laufzeiten mit komfortablen Konzept-phasen vorgesehen waren, wurde allessimultan entwickelt und aufgebaut.

Die ersten MiT-Teams hatten als Pilot-teams noch keine angepassten KVP-Werkzeuge, keine ausgebildeten MiT-Moderatoren, keine MiT-Kommunika-tionsmedien und keine MiT-Wissens-basis: Es wurde alles langsam, einfachund pragmatisch angefahren.

Zeitressourcen wurden per Überzeu-gungsarbeit der Führungskräfte undMitarbeiter freigeschaufelt, neu ge-wonnene Erkenntnisse und Erfahrun-gen unmittelbar in die Qualitätsverbes-serung auch des Veränderungsprozes-ses investiert.

Das Unternehmen Marquardt hat aller-dings durch Vertrauensinvestitionen,einen offenen Vertrauensvorschuss der

Otto S. Wilkening congena Texte 3/4 2001Unternehmensveränderungen durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse

Geschäftsleitung in die Kompetenz derMitarbeiter und die Bereitstellung eineskleinen Projektteams für die Startphase,gute Voraussetzungen geschaffen.

Vorgehen im MiT-Projekt

Um anstehende Veränderungsprozessezu bewältigen wurden die klassischen und erprobten Kreativitäts- und Quali-tätswerkzeuge genutzt und mitMarquardt-spezifischen Tools und Er-fahrungswerten verknüpft.

Orientierung und Struktur liefert derKVP-Prozess mit vier Schritten, die vonjedem MiT-Team unter fachlicher Anlei-tung eines bereichsfremden Moderatorsbearbeitet werden. Die Moderatorenhaben dabei die Funktion, die kontinu-ierlichen Verbesserungen abzusichernund für effektive Teamarbeit zu sorgen.

Der gesamte Bearbeitungsprozess istdabei standardisiert (mit unterschied-lichen Details in der Umsetzung bei denProduktionsbereichen sowie den unter-stützenden Dienstleistungs-/ indirektenBereichen) und in mehrere Phasen un-tergliedert.

So wird z. B. bei den Dienstleistungsbe-reichen zuerst auf einem gemeinsamenStartworkshop des jeweiligen Unter-nehmensbereiches/der Abteilung deranstehende gemeinsame Veränderungs-bedarf transparent gemacht, moderiert

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vom Projektteam-MiT. Hier werden Be-arbeitungsprioritäten vereinbart undein Jahresprogramm wird grob abge-sprochen (ausgerichtet am Nutzen fürmöglichst viele Mitarbeiter und gering-sten Investitionsaufwand).

Während dieses Startworkshops werdenauch die Schwerpunktteams zu den an-stehenden Problemfeldern festgelegt.Die Mitarbeiter erfahren etwas über dieRahmenbedingungen, den eigenenHandlungsspielraum, die Vorstellungenvon Unternehmen, Markt und der di-rekten Vorgesetzen zu diesen Prioritäten.Die Entscheidungen und Bearbeitungs-verantwortung übernehmen die Mitar-beiter aber selbst.

Projektaufträge zum KVP durch die Füh-rungskräfte sind nicht vorgesehen, aberim Rahmen der etablierten Projekt-managements denkbar.

Die MiT-Teams bekommen einen ausge-bildeten MiT-Moderator, der als Steuer-mann die Methodenerfahrungen ein-bringt und in enger Kooperation mitder zentralen Steuerungsstelle einenRückmeldeprozess und die permanenteOptimierung des KVP-Vorgehens mitgewährleisten hilft. Die MiT-Moderato-ren werden so zu Schlüsselpersonenmit starkem Führungspotential für dieMarquardt GmbH.

Zum Abschluss einer Bearbeitungsperio-de stellen die MIT-Teams ihre erreichtenErgebnisse der gesamten Mitarbeiter-schaft und den Führungskräften vor.Allein dieser Abschluss in Form einerKVP-Infobörse zwingt zur Konzentrationauf umsetzbare und natürlich vorzeig-bare Teamergebnisse (Nutzwertkenn-zahlen und Beispielpräsentationen ge-hen ebenfalls in den Know-how-Pooldes Intranet).

Während der gesamten KVP-Arbeit er-folgt die Prozess-Steuerung über dieModeratoren als Multiplikatoren. DasMiT-Projektteam dokumentiert die Er-gebnisse und Wissensträger im Intra-net, sorgt für regelmäßiges Reporting

an die Führungskräfte und das gesamteWissensfeedback an das Unternehmen.

In der Anfangsphase des MiT-Projekteswurden dazu auch die notwendigenKreativiäts- und Qualitätsinstrumentemit externer Hilfe unternehmensspezi-fisch aufbereitet, standardisiert und mitaktuellen Beispielen versehen in einerToolbox als Basis des Wissensmanage-ments zur Verfügung gestellt (jederzeitaktuell abrufbar von allen Mitarbeiternim Intranet).

Nach etwa einem Jahr erfolgte eine Fol-low-up-Veranstaltung des Bereiches, umwieder gemeinsam – nach Würdigungder bisherigen Ergebnisse – eine neueAusrichtung für alle Mitarbeiter zu er-reichen mit dem Kundennutzen alsMaßstab!).

Ergebnisschwerpunkte der KVP-Arbeit

Aufwand-Nutzen-Vergleiche als zentra-le Steuerungsgrößen für die einzelnenTeams waren von Anfang an nicht vor-gesehen. Fremdkontrolle sollte durchselbstverantwortliche Steuerung durchdie Mitarbeiter selbst ersetzt werden. Trotzdem ist ein ständiger Informations-fluss über ein Monitoring gewährleistet.

Zu Beginn starteten mehrere 100 Mit-arbeiter in über 70 Teams, nach obenzusammengeführt durch übergreifendeMiT-Teams von ca. 80 Moderatorenund Führungskräften, ausgestattet mitInfo-Ständen, Intranet-Tools und Guide-lines für das KVP-Vorgehen.Im MiT-Prozess haben sich (mit zum Teilsehr hohen Renditen für das Unterneh-men) Prozessverbesserungen zu denfolgenden Schwerpunkten ergeben:

➠ Verschwendung vermeiden/Effektivi-tät der eigenen Arbeit steigern

➠ Kundenzufriedenheit verbessern(Next step is your customer!)

➠ Informationsflüsse horizontal undvertikal verbessern

➠ eigene Abläufe vereinfachen undoptimieren

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stellungen) das Bearbeitungsziel und diegeplante Vorgehensweise präsentiert. Hier setzt eine erste Beratungschancean, wobei gleichzeitig informiert unddie Prozessverbesserung angekündigtwird. Doppelaktivitäten werden einge-schränkt und übergeordnete Anstöße(z. B. für die KVP-Fragestellungen derFührungsteams, die sogenannten C-Teams) parallel zur KVP-Arbeit gegeben.So ergeben sich direkt Anstöße für wei-tere kontinuerliche Verbesserungen.

Sideeffect 1: Teamarbeit breit eingeführt Neben den eigentlichen Zielen der MiT-Arbeit lassen sich inzwischen auchgrößere Nebeneffekte erkennen. Dakontinuierliche Prozessverbesserungdurch MiT-Teams stattfindet, ist nebender Mitverantwortung der Mitarbeitervor allem auch ständige Teamarbeit imHause Marquardt verankert.

Ein großer Pool an ausgebildeten Team-moderatoren steht zur Verfügung,Prinzipien des Projektmanagementsmit Ablaufstrukturen und effektivenVorgehensweisen werden heute wieselbstverständlich in die Teamarbeitübernommen.

Sideeffect 2: Identifizierung/Qualifizie-rung von Schlüsselpersonen Bereits jetzt wird sichtbar, dass sich dasHaus Marquardt mit einem Netzwerkan Potentialträgern überzieht, die inder Lage sind, Teamleiter-, Projektleiter-oder Linienführungsaufgaben zu über-nehmen.

Sideeffect 3: Schlüsselgröße– Moderatoren als Multiplikatoren Den kontinuierlichen Verbesserungs-prozess im Unternehmen ohne das ho-he Engagement der MiT-Moderatorenderartig gut zu verankern, ist kaumdenkbar.

Die Pflege dieses Potentials, die Qualifi-zierung für die Moderations- und Feed-backprozesse, die Unterstützung beimErfahrungsaustausch und die Identifi-kation dieses Mitarbeiterkreises alsSprachrohr und Multiplikatoren fürKVP sind sehr wichtig.

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➠ im Produktionsbereichen besondersSicherheit, Ordnung und Sauberkeitverbessern

➠ Verbesserung der Arbeitsplatzge-staltung und -Umgebungsbedin-gungen

➠ Steigerung der Mitarbeiterzufrie-denheit

MiT-Verantwortung der Mitar-beiter erleichtert Führung

Durch »Marquardt im Team« werdendie Führungskräfte in ihrer Führungs-funktion nach heutiger Einschätzungbereits dauerhaft durch selbstverant-wortliche Problemlösungen der Mitar-beiter entlastet.

Trotzdem ist heute noch ein kontinuier-licher Pflegeaufwand notwendig, umdie KVP-Prozesse immer wieder anzu-stoßen und ihre Sinnhaftigkeit undihren Nutzen zu werten. KVP ist keinalleiniges Führungskonzept, es bedarfdes Anstoßes und der Beratung durcheine kleine zentrale KVP-Stelle.

Damit die einzelnen Führungskräfte zudefinierten Phasen als Berater ihrerMitarbeiter und als Bereitsteller vonUmsetzungsressourcen in diesen Pro-zess mit eingebunden werden können,wurde ein Informations-Regelkreis entwickelt.

Bereits nach der Zielformulierung durchdas MiT-Team wird der zuständigenFührungskraft (bzw. dem übergeord-neten MiT-Team der Führungskräfte bei bereichsübergreifenden Problem-

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Ein qualitatives Anerkennungs-System(zum Teil wird von den direkten Vorge-setzten im Beurteilungssystem die MiT-Mitarbeit auch monetär besonders be-wertet) ist auf die Dauer eine Voraus-setzung.

Sideeffect 4: Basis für künftiges Wissenper Intranet nutzen Schauen wir uns heute die Dokumen-tation des MiT-Konzeptes mit seinenWerkzeugen und bisher erreichten Er-gebnissen im Marquardt-Intranet an,wird der Stolz der beteiligten Mitarbei-ter deutlich: Neben der Einführung vonKVP ist quasi nebenbei mit Bordmittelnein spezielles Knowledge-Manage-ment-System ohne große zusätzlicheRessourcen auf- und ausgebaut worden.

Ideenfindung wird erleichtert, Erfah-rungsnetze können schnell und ohnezusätzliche Einarbeitung geknüpft wer-den, und – möglicherweise sogar derwichtigste Punkt – das Unternehmens-wissen wächst schneller durch Archi-vierung und schnellere Multiplikation.

Lessons learned:Erfolgsfaktoren eines breitenChange-Prozesses durch KVP

Promotoren und Entscheider-vertrauenEs muss deutlich gesagt werden: Die wesentliche Stütze bei einem der-artig pragmatischem Vorgehen war beiMarquardt die vorbehaltlose Rücken-deckung durch die Geschäftsleitung inder Anfangsphase.Wichtig deshalb, da zu Beginn nochkeinerlei verwertbare Ergebnisse vor-lagen, die Kosten und Belastungen derMitarbeiter aber bereits deutlich wur-den. In terminlichen Engpass-Situatio-nen hat sich sicherlich manche Füh-rungskraft gefragt, ob die Mitarbeiterdie KVP-Teamarbeit auch zu sinnvollenProzessverbesserungen und -Problem-lösungen nutzen werden.

Projektorganisation ernstnehmenAuch ein Veränderungsprojekt musseinen definierten Anfang und ein Endehaben, damit verschiedene Funktionendurch definierte Gremien und Rollen-

teilung wahrgenommen werden: Auf-gaben, Verantwortung und Kompeten-zen sind immer in einer Kick-off-Phasezu klären. Eine Führungskultur despragmatischen Durchwurschtelns mitgelegentlichen Machtpromotorenein-satz erlaubt da kaum zielgerichtes Ar-beiten bei den Mitarbeitern. So warauch in diesem Projekt die nicht ganzeindeutige Zielklärung mit Klärungs-aufwand in späteren Projektphasenverbunden.

Von der Bedeutung geeigneterTools für MultiplikatorenBei einem Start mit simultaner Erarbei-tung und unmittelbaren Teamstartswerden Multiplikatoren wie die Mode-ratoren der KVP-Teams, die direktenFührungskräfte und das Projektteam-MiT selbst verunsichert, da bereits ohnemethodische Infrastruktur und ohneaufbereitete KVP-Werkzeuge begon-nen wird. Als Erkenntnis stellt sich heute heraus,dass ein frühzeitiges Erarbeiten derTools durch die Projektplanung sicher-gestellt werden muss.

KVP-Tools sind schnell (vor Start derTeamarbeit) und vollständig bereitzu-stellen, zu vermitteln und im aktuellenZugriff anzubieten (Intranet).

Interne Projektleitung professionellqualifizieren/coachenEine unternehmensinterne Projekt-leitung muss bereits die wesentlichenErfahrungen aus dem professionellemProjektmanagement mitbringen, Fein-schliff kann immer noch durch beglei-tendes Coaching/Mentoring erfolgen.

Orientierung für alle Mitarbeiter-gruppenEin kontinuierlicher Verbesserungspro-zess sollte immer als breiter Start allerMitarbeiter (Anspruch: bei KVP sindalle kompetent, auch wenn in späterenPhasen nicht alle Mitarbeiter gleichzeitigmitarbeiten) angelegt werden. So wird die Prozess-Philosophie am schnellstenin der Gesamtorganisation verankert.

Festgelegte Standards, z. B. Hauszeit-schrift, Wanderausstellungen, Erfa-Be-

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richte im Intranet, Vorabinformationenan den Führungskreis und gemeinsameOrganisationsinformationen erleichterndies.

Nachdem heute an vielen Orten diegroßen Bugwellen der Verbesserungenbereits angegangen und gelöst wurden,kommt es im Normallauf darauf an, ge-zielt die Themen auszuwählen, die sinn-voll eine deutliche Verbesserung für dieMarquardt-Mitarbeiter oder das Unter-nehmen Marquardt darstellen. Es sollten nicht gleichzeitig alle Mitar-beiter eines Bereiches in MiT-Teams mit-arbeiten; aber alle Mitarbeiter solltenihre Verbesserungswünsche formulierenund an mindestens ein Team zur Bear-beitung weitergeben.

KVP-Teams sollten auch keine lebens-lange Aufgabe darstellen: Wenn keinsinnvolles Verbesserungs-Thema gese-hen wird, hat das Team auch seine Exi-stenzberechtigung verloren und solltesich auflösen.

Das Haus Marquardt hat es sogar er-möglicht, dass MiT-Ergebnisse als Ver-besserungsvorschläge über das BVWeingereicht werden können.

Anreizsystem für Moderatoren einbauen Oftmals werden erfahrende Mitarbei-ter ausgewählt, die bereits durch ande-re Projekte überausgelastet sind. GuteErfahrungen wurden auch mit jungenMitarbeitern gemacht, die Engage-ment mitbringen und während des Pro-zesses gezielt qualifiziert und gefördertwerden, um diese Aufgaben überneh-men zu können.Es ist erstaunlich, wie schnell solcheMitarbeiter sich ein geeignetes »Stan-ding« erwerben können. Hier wird ech-te Potenzialentwicklung betrieben.

Neue Schlüsselpersonen für denMiT-ProzessFür Marquardt steht heute ein Pool zurVerfügung, aus dem auf Abruf neueaktuelle Teams mit MiT-Moderatorenversorgt werden können. Dass diese

Mitarbeiter mit ihren Steuerungsfähig-keiten bei Arbeitsprozessen gleichzei-tig für Marquardt auch das Potenzialfür künftige Projektleiter und oft auchFührungskräfte darstellen, gehört aufein anderes Blatt.

Natürlich wird die eine oder andereweitsichtige Führungskraft den Mode-ratoren-Einsatz auch mit Punkten beider Gehaltsfindung honorieren, aberder eigentliche Verdienst ist es, dieTeams so zu beraten und unterstützen,dass für alle nützliche Ergebnisse deninvestierten Aufwand rechtfertigen.

MiT-Moderatoren müssen auch Teamsin Frage stellen können oder für die an-gemessene Ergebnisumsetzung mitden jeweiligen Vorgesetzten überzeu-gend verhandeln. Ihr eigenlicher Ver-dienst wird die miterarbeitete, umge-setzte KVP-Lösung sein.

Prozessqualität steigern in Veränderungsprojekten

Kontinuierliche Verbesserung gilt auchfür die steuernde Projektorganisation.Selbstlernende Organisationsformenwerden so zum Vorbild für die anderenMiT-Teams durch permanente eigeneQualitätsverbesserungen. Schwierigkann dieses bei wechselnden Personenin den Steuerungsrollen werden.

Ein gutes Dokumentationssystem undeigene Qualitätsstandards erleichterndie Stafetten-Übergabe und machenerfahrene Mitarbeiter frei für andereAufgaben. Job-Rotation in Perfektion!

Nach über drei Jahren KVP-Arbeit wirdein deutlicher Changeprozess beson-ders in der Führungskultur bemerkbar.Der Weg zum Weltunternehmen hatnicht nur die Denkhaltungen der Mitar-beiter verändert.

Wir können heute sicher sein: Durchdie breite Verankerung bei allen Mitar-beiter lebt MiT im Unternehmen konti-muierlich weiter.

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Helmut Promberger / Stefan Wiesinger congena Texte 3/4 2001

So gesehen wird eine Chance in derKrise vergeben.

Mediation oder wie es gelingenkann, Konsens zur erlangen

Mediation nun – als Vermittlungshilfezur Selbstlösung von Konflikten – funk-tioniert wesentlich als bewusstes undreflektiertes Verlassen dieser destrukti-ven Konfliktzonen, in denen Lösungenbestenfalls zu einem Waffenstillstandführen und soll helfen einen echten Kon-sens mit allen Beteiligten zu erarbeiten.Im Unterschied zum Kompromiss wer-den hierbei nicht die streitigen Positionenverhandelt, sondern die dahinterste-henden Interessen, Bedürfnisse undZukunftsentwürfe in den Mittelpunktgestellt.

Mediation – die neue Weich-Ei-Welle als Führungsstil?

Nein! Mediation entfaltet ihre Wirkungvor dem geltenden Recht. Sie stellt aufder Grundlage des Rechts im Unter-schied zur Rechtsanwendung die Rechts-verwendung. Konfliktpartner entschei-den den Weg zu ihrer Konfliktlösung zwi-schen Streit und interessensgerichteterEntscheidung!

Aber: Alle nachfolgenden Überlegun-gen zur mediativen Konfliktlösung be-ruhen auf der Annahme, dass es »imNotfall« auch den Machtentscheid (z. B.der Unternehmensleitung) oder denRechtsweg als Nichteinigungsalternativegibt. Auch für die Einführung von Me-diation und mediativen Elementen ineinem Unternehmen ist also entschei-dend, dass der kontradiktorische, d. h.juristische Weg gegeben und bekanntist. Ist das nicht der Fall, hat die Media-tion wenig Chancen, ernstgenommenzu werden. Es muss den Beteiligten eines Konfliktes klar sein, dass im Fall des Scheiterns mediativer Bemühungen,»draußen« eine Rechtsordnung be-reitsteht. Wenn für Verfehlungen(Mobbing, arbeitsrechtliche Verstöße,Vertragsverletzungen usw.) mit keinerAhndung zu rechnen ist, fehlen (kultu-

Mediationsprozesse in Unternehmen – alter Wein in neuen Schläuchen?

Helmut Promberger,Berater- und Trainergemeinschaft»vier für fair«, Pfaffenhofen

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Stefan Wiesinger,Rechtsanwalt,Berater- und Trainergemeinschaft»vier für fair«, München

»Um Lösungen für unsere Probleme zu finden,müssen wir das Denk-niveau verlassen,das wir innehatten,als wir unsere Probleme erschufen.«

Albert Einstein

Wirtschaftsmediation ist zu einer er-folgreichen Methode bei der Lösungvon Konflikten zwischen und innerhalbvon Unternehmen geworden. Mit diesem Aufsatz geben wir Ihneneinen Überblick über den derzeitigenStand der Diskussion zur Nutzung me-diativer Verfahren als Beitrag für eineneue Konfliktkultur in Unternehmen.Weiter kennzeichnen wir die Grund-züge mediativer Verfahren und stellennach einem Exkurs in die Konflikttheo-rie konkrete Handlungsmöglichkeitenin konflikthaften Situationen vor.

Die Nicht-Lösung ist auch eine Lösung, aber...

Wenn man die Ergebnisse aus der Kon-fliktforschung berücksichtigt, so istgrundsätzlich anzunehmen, dass einKonflikt in jedem Fall ein Ende findenbzw. seine Wirkung zeigen wird: DieFrage ist lediglich, um welchen Preis:Wie lange dauert der Weg hin zurLösung und überwiegen am Ende dieVorteile die Nachteile?Ein nicht geklärter oder nicht genü-gend beachteter Konflikt sucht sich im-mer einen Weg, um die Aufmerksam-keit von der Person oder der Instanz zuerhalten, die er benötigt. Weil dieserProzess aber einer eskalierenden Dyna-mik unterliegt, ist dieser Weg am Endeoft mit »Leichen« gepflastert, die ver-meidbar gewesen wären. Am Ende dieses Weges angelangt, istder eigentliche Anlass meist nicht mehrthematisierbar. Eine Lösung des Kon-fliktes ist in diesem Stadium nur nochmit (mehr oder weniger gewaltsamen)Machtentscheiden möglich. Das ei-gentlich jedem Konflikt immanenteLernpotential für die Beteiligten kannjetzt nicht mehr genutzt werden.

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Helmut Promberger / Stefan Wiesinger congena Texte 3/4 2001Mediationsprozesse in Unternehmen – alter Wein in neuen Schläuchen?

relle und organisatorische) Basisvoraus-setzungen für ein mediatives Angebot.

Warum ist das so? Wie kommen wir zu dieserAnnahme?

Ein großer Teil der Konflikte innerhalbeiner Organisation beruht auf der Un-klarheit und Unsicherheit der Rahmen-bedingungen von Zuständigkeiten undHierarchiestrukturen oder aber – selbstwenn das alles klar wäre – auf Antagonis-men zwischen formeller und informellerMacht: Die Führungspersonen, die dieVerantwortung hätten, einen Konfliktzu regeln, unterlassen dies bewusstoder unbewusst, aus welchen Gründenauch immer.

Damit also in der Folge das Angebot me-diatorischer Konfliktlösung überhauptgreifen kann, sind vorab die systemischenVoraussetzungen der hierarchischenund strittigen Konfliktlösung in einerOrganisation sicherzustellen.Erst dann kann der erste Schritt, nämlichvor einem Machtentscheid egalitäre,d. h. mediative Möglichkeiten anzubie-ten, gelingen.

Mediation ist nicht nur die zivilisatorischungleich interessantere und sicherlichauch humanere Form des Umgangs mitKonflikten. Sie steht auch – quasi pyra-midenförmig – auf den Schultern derMacht, als Weiterentwicklung einesmündigen Zusammenlebens und -arbei-tens von Menschen, das die Subjekt-würde des Streitpartners anerkennt,und das die neuen Möglichkeiten undRessourcen, die gerade in diesem An-erkenntnis stecken, nutzt.

Zur Unterscheidung der Begrifflichkeitenist die Abgrenzung »Mediation versusMachtentscheide« hilfreich, zur orga-nisatorischen Einbettung innerhalb eines Systems ist die Kombination ent-scheidend.

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Grundkennzeichen

Etwas vereinfachend könnte man dieherkömmliche, streitige Konfliktlösungmit folgenden Kennzeichen beschrei-ben.

Delegation: Die Parteien delegieren dieLösungsfindung und die Entscheidungan Externe (Vorgesetzte, Anwälte oderGerichte).Rechtliche Überlegungen sind vorran-giger Bezugspunkt dieser Entscheidung.

Weitere Voraussetzung ist, dass dieselbstbestimmte Lösungsfindung aufder Ebenbürtigkeit der Konfliktparteienberuht. Für den Einsatz von Mediation

und mediativen Elementen in Organi-sationen hat dies zur Folge, dass beiKonflikten zwischen verschiedenenHierarchieebenen (Vorgesetzte – Mit-arbeiterInnen) für die Verfahrensdauerein Hierarchieausgleich zu erfolgenhat.

Das mediative Konfliktlösungs-modell basiert auf folgendenKennzeichen:

• Die Konfliktparteien entschließen sich, selbst eine Lösung zu erarbei-ten.

• Neben rechtlichen Überlegungen sind vor allem die Interessen undBedürfnisse Bezugspunkte für Ver-einbarungen.

• Die Ressourcen für die Lösungwerden im Umfeld der Konflikt-parteien gefunden.

• Die Vereinbarung ist eine Rege-lung des zukünftigen Geschehensund nicht nur die Klärung von Ver-gangenheit.

• Der Mediator hat per definitionem keine Entscheidungsbefugnis.

• Die Lösung beruht auf Freiwillig-keit, er hält aber volle rechtlicheVerbindlichkeit und Durchsetzbar-keit ( bindender Vertrag).

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Helmut Promberger / Stefan Wiesinger congena Texte 3/4 2001Mediationsprozesse in Unternehmen – alter Wein in neuen Schläuchen?

• Vermittlung in streitigen Verhand-lungen zwischen Unternehmen, z. B. Lieferant und Abnehmer, zwischen Mitbewerbern, Konzern-filialen usw.

Nutzen für Mensch undOrganisation

Konflikte zwischen Führungskräftenund MitarbeiterInnen, zwischen Mitar-beiterInnen untereinander, zwischenTeams, Abteilungen etc. sind normalund als solches zuerst einmal nichtschädlich. Es kann – das ist heute allge-mein anerkannt – ein hoher Leistungs-anreiz darin stecken. Aber ungelöste,schwelende oder verkrustete Konfliktebelasten Arbeitsklima und Arbeits-zufriedenheit und beeinträchtigen dieLeistung bis hin zum totalen Ausfall.

Die wirtschaftlichen und sozialen Kos-ten von ungelösten oder per Machtent-scheid gelösten Konflikten können er-heblich sein und äußern sich z. B. in:

• unproduktiver oder gar kontra-produktiv gebundener Arbeitszeit,

• psychischen Belastungen und ver-ringerter Leistungsfähigkeit,

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Mediation als Klärungshilfedurch einen Dritten

Die kommunikativen Rahmenbedin-gungen werden vom Mediator herge-stellt. Dieser hat als sogenannter»Hüter des Verfahrens« die Prozess-verantwortung. Die Rollentreue in derHaltung als Mediator ist dabei die be-sondere Herausforderung.Der Mediationsversuch kann jederzeitvon jedem abgebrochen werden.

Für personenbezogene Konflikte in Unternehmen ist Mediation das Ver-fahren erster Wahl. Mediation als Ver-fahren stellt einen Klärungs- und Ent-scheidungsprozess dar. Es erhält seineEffizienz dadurch, dass es von Konflikt-partnern gewählt wurde, vor dem Hin-tergrund des geltenden Rechts ange-setzt wird und mit dem Mediator als»Hüter des Verfahrens« so gestaltetwerden kann, dass Konfliktpartner von einander lernen und je nach ihrerInteressenlage auch zukünftig miteinander im Kontakt bleiben können.

Anwendungsgebiete in derWirtschaft

• Vermittlung in allen unternehmens-internen persönlichen Konfliktenzwischen Einzelpersonen, Gruppen,Abteilungen und bei Mobbing;

• Analyse von Konflikten innerhalbund zwischen Unternehmen;

• Beratung bei der Auswahl der Ver-handlungspartner oder Verhand-lungsteams;

• Vermittlung in der gemeinsamen Ver-handlung anstehenden Streitpunkte;

• Begleitung bei der Umsetzung (evtl. Nachverhandlung) der erziel-ten Vereinbarung;

• Vermittlung zwischen Unterneh-mern bei der Verhandlung grund-sätzlicher Strukturfragen, wie z. B.Unternehmensnachfolge, Koopera-tionen, Fusionen;

Die Mediation durchläuft ideal-typisch fünf Phasen

1. Contracting: Verfahrensregeln werden vereinbart

2. Themensichtung: Inhalte u. Reihenfolge der zu bearbei-tenden Konfliktthemen werden trans-parent gemacht, Faktenklärung

3. Konfliktbearbeitung: von Positionen zu Interessen

4. Lösungen:neue Optionen finden, auswählenund verhandeln

5. Vereinbarung:Vertrag formulieren

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Helmut Promberger / Stefan Wiesinger congena Texte 3/4 2001Mediationsprozesse in Unternehmen – alter Wein in neuen Schläuchen?

• hoher Fluktuation, hohem Kranken-stand und negativer Auslese,

• Ineffizienz aufgrund mangelnderZusammenarbeit oder

• »Sicherheitsmaßnahmen«, »Bunker-bauten« und gegenseitigen Blockade-maßnahmen.

Konflikt, was können wir durchdich und von dir lernen?

Mediation bietet die Chance, dass dieKonfliktparteien selbst zu einer als fairempfundenen Lösung gelangen. Da-durch entstehen Lösungen, die ungleichnachhaltiger sind als jede autoritäreoder rechtliche Entscheidung. Konfliktesind fast immer ein Hinweis für anste-hende, meist überfällige Veränderungenim System. Dieses immanente Potentialund »Wissen« wird aber nur genutzt,wenn die Krise/der Konflikt als solche/ranerkannt wird und die angemesseneAufmerksamkeit bekommt. Wir be-kommen eine Antwort auf die Frage:»Konflikt, was hast du uns zu sagen?«erst dann, wenn wir bereit sind, dieseAntwort – und das bedeutet oft Ein-sicht in Neugestaltung und Verände-rung – anzunehmen. Fehlt es an dieserBereitschaft oder befürchten wir, unsVeränderung nicht »leisten« zu können,sollten wir gar nicht erst diese Frage stel-len. Mediation eignet sich also nicht als»kosmetisches« Instrument der Unter-nehmensführung. Hier würden ledig-lich Erwartungen bei allen Beteiligtengeweckt werden, die, wenn sie nichtgelebt werden können, Frustration undWiderstand lediglich erhöhen.

Wird aber das Gewinnpotential diesesVerfahrens erkannt und die Ebene »Sieg/Niederlage« verlassen, bietet dieses Ver-fahren den Schutz vor dem nachfolgen-den und meist kostspieligen Boykott einer von »oben herab« getroffenenEntscheidung. Es entstehen fortsetz-bare, oder gar wiederaufgenommene,tragfähige und handlungsfähige Ar-beits- und Geschäftsbeziehungen.Geglückte Mediationsprozesse erzeu-gen auch ein Echo für eine effektivere

und kompetentere Konfliktkultur ineinem Unternehmen. Sie ist somit einwertvolles Werkzeug für Personal- und Organisationsentwicklung.Im Regelfall ist das Verfahren selbst er-heblich billiger und schneller als ver-gleichbare Gerichtsverfahren und hatnach Untersuchungen in den USA eineErfolgsquote zwischen 70-90%.Motorola hat sein Budget für Gerichts-streitigkeiten durch Beiziehung vonMediatorInnen um 75% reduziert.Toyota konnte die Anzahl gerichtsab-hängiger Verfahren verschiedenster Artbinnen weniger Jahre durchschnittlichvon fast 200 auf 3 pro Jahr verringern,und beim Computerriesen NCR wer-den heute 60% der Konflikte mittelsMediation gelöst.

Mediation aus Sicht derPersonalentwicklung

Personalentwicklung hat sich klassischer-weise mit der Förderung der Humanres-sourcen, vom Personalrecruiting undder Einführung neuer MitarbeiterInnenüber die Konzeption vielfältiger Förder-und Bildungsmaßnahmen bis hin zurFührungskräfteentwicklung zu befas-sen. Dabei wird versucht, dies nicht nurals »individuelles« Lernen einzelner Mit-arbeiterInnen zu begreifen, sondern alsBegleitung eines systematischen Pro-zesses zunehmender Innovation einerlernenden Organisation, des Unterneh-mens.Die Notwendigkeit der Abstimmungmit der Gesamtstrategie eines Unter-nehmens ist offensichtlich und wirdimmer wieder angemahnt.

Der Personalentwicklung hat daher einklar vorgegebenes Konfliktreglementund die Pflege einer nachhaltigen Kon-fliktkultur ein großes Anliegen zu sein.Sowohl im kurativen als auch im präven-tiven Umgang mit Konflikten steckt einbeachtliches Kapital, das verspielt odergewonnen werden kann.Konfliktmanagement ist eine zuneh-mend wichtige Führungsaufgabe:Führungskräfte müssen lernen, mit Kon-

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flikten umzugehen und ihre Mitarbei-terInnen dazu befähigen.

Die Implementierung von Mediationals Teil eines solchen betrieblichen Kon-fliktreglements ist dabei unverzichtbar. Fast alle heutigen Managementansätzerufen zum Empowerment der Mitarbei-terInnen auf, und zwar nicht nur auf-grund eines schicken Demokratiebe-wusstseins, sondern weil wir heute allewissen, dass dadurch die Unternehmenund auch die MitarbeiterInnen ihr Po-tential entfalten können. Genauso wieder Erfolg einer konkreten Streitvermitt-lung auf dem endgültigen Konsens derKonfliktpartner beruht, beruht die Über-zeugungsarbeit, Mediation in einemUnternehmen zu etablieren, auf einemKonsens der Führungskräfte der davonbetroffenen Abteilungen.

Ausgewählte Eckdaten aus derKonflikttheorie

Um in der praktischen Umsetzung wirk-same Ablauf- und Zuständigkeitsvor-schläge machen zu können, ist es wich-tig, einige wesentliche Erkenntnisseaus der Konfliktforschung zu berück-sichtigen. Auch wenn jeglicher Konflikttypologiemit Vorsicht zu begegnen ist, sollen hierim Überblick einige Konflikttypen,Konfliktstile und Konflikteskalations-

stufen sowie daraus resultierendeInterventionsfolgerungen dargestelltwerden. Rangkämpfe treten in allen (nicht-primären) Gruppen- und Organisations-formen auf. Jede an sich auf gleicherEbene gebildete Personengruppe bildetlatent oder explizit eine Rangordnung.Je größer eine Gruppe bzw. das Unter-nehmen, umso deutlicher und dekla-rierter ist dieser Vorgang. Daraus ist so-gleich auch die Ambivalenz dieser Kraftersichtlich: Die Funktionalität, die ausdieser ursprünglichsten aller »Hierarchi-sierungen« entspringt, ist enorm. Amdeutlichsten vielleicht tritt sie in Erschei-nung in der Schlagkraft der großenüberkommenen Männerbünde (militä-rische Organisationen ...). Ihre Vorteilehat sie in klaren Entscheidungsregle-ments und Zuständigkeiten sowie inschneller Handlungs- und Reaktions-fähigkeit.

Die Nachteile dieser Unter-/Überord-nung versuchen moderne Organisations-gestaltungen bewusst zu vermeiden. Beidiese Struktur geht wesentliches Poten-tial eines Teams oder aller Mitarbeitereines Unternehmens verloren, da dieWillensbildung und die Willensdurch-setzung sich auf wenige kleine undzentrale Steuereinheiten (den informel-len Führern) konzentriert. Das will undkann sich heute niemand mehr leisten.Diese Rangdynamik spielt sich insbe-sondere innerhalb formell gleichrangigerPersonengruppen ab. Wer weiß, dassin Teams diese Dynamik wirkt, kann re-

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Konfliktarten:

Hier kann unterteilt werden bezüg-lich der Reichweite eines Konfliktes:

• Friktion/Reibung: Funktionsrahmen(Positionen) werden respektiert(Betriebsrat – Direktion bei Tarif-konflikten),

• Positionskampf: Funktionsrahmensollen verändert werden, aberGesamtrahmen bleibt akzeptiert(»mehr Mitsprache bei....«),

• Systemveränderungskonflikt:Gesamtstruktur steht zur Debatte(bei Fusionen)

oder nach der Äußerungsform:

• formgebundene Konflikte (inner-halb eines vorgesehenen Regle-ments)

• formfrei ausgetragene Konflikte

oder nach den archetypischenVerhaltensmustern:

• Rangkämpfe• Revierkämpfe• Geschlechterkämpfe

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flektiert und effektiv damit umgehen. Revierkämpfe sind ebenso allgegen-wärtig und prägen von der urzeitlichenEvolutionsdynamik angefangen bis hinzum Wettbewerbsprinzip der heutigenMarktwirtschaft unsere gesamte Wirk-lichkeit: Terrain beanspruchen, neu er-obern und verteidigen. Die Komplexitätund Tragweite dieses Grundtriebesbraucht nicht weiter betont zu werden.

Ein weiteres Moment ist die Geschlech-terdynamik: In jedem Sozialgebildenehmen sich die Gruppenmitgliederuntereinander dahingehend wahr, obdie jeweilige Person des anderen Ge-schlechts attraktiv oder unattraktiv unddie des eigenen Geschlechts als poten-tieller Rivale einzuschätzen ist odernicht. Wir müssen zumindest davonausgehen, dass dies zumindest unterder Oberfläche und auf den erstenBlick nicht erkennbar stattfindet.

Von der Organisationsentwicklung wis-sen wir, dass – im Blick auf die Kern-prozesse von Führung und Zusammen-arbeit – besonders die konfliktträchti-gen Zonen der »Entscheidungs- und

Delegationsvorgänge« unsere Auf-merksamkeit verdienen:Was entscheidet jeweils die Führungund was die Gruppe? Vereinfacht ge-sagt entstehen Konflikte dann, wennentweder ein Kompetenzkampf zwi-schen dem Entscheidungs-/Machtan-spruch der Führungsperson und derGruppe besteht oder aber, wenn einMachtvakuum entsteht: Keiner der beiden will die Entscheidung treffen.Mangelnde Transparenz darüber, wasnun tatsächlich gilt, unterstützt dieseTendenz.

Konfliktstile

Modelle menschlichen Konfliktverhal-tens können auch unterschieden wer-den in eher kooperativ orientierte undeher kompetitiv orientiertes Verhaltens-weisen:

Kooperations- und beziehungsorien-tiertes Verhalten läuft eher Gefahr, umder Beziehung willen, die eigenen In-teressen hintanzustellen, sich sachlichunterzuordnen und anzupassen.

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AnpassungBeziehung ist wichtiger,Nachgeben, sich unterordnen;Anspruchsniveau senken

KompromissVerhandeln heißt:jeder muss nachgeben;feilschen, drohen, kämpfen,einlenken,brauchbare statt optimale Lösungen

Machteinsatz- Autorität nutzen- Informationen manipulieren- Koalitionen schmiedenKonfliktinformationen geheimhalten; Vollendete Tatsachenschaffen; Gegner diffamieren;Gegner nicht beteiligen

VermeidungProblem vertagen, auf bürokra-tische Erledigung hffen; Rück-zug; Anspruchsniveau senken

Versuch, die eigenen Interessen durchzusetzen

Versuch, die Interessen deranderen zu berück-sichtigen

kooperativ

unkoope-rativ

schwach stark

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Kompetitiv-sachorientiertes Verhaltenläuft eher Gefahr, zugunsten eines mo-mentanen sachlichen Erfolges die eige-nen Positionen zu Lasten der Bezie-hung durchzusetzen. KonstruktivesVerhalten ist an den Interessen beiderParteien orientiert.

Konflikteskalationsstufen

Als Orientierungshilfe kann das Pha-senmodell der Konflikteskalationsstu-fen von Fritz Glasl dienen:

Je länger ein Konflikt nicht einer Lösungzugeführt wird, desto stärker entwickeltsich eine Eigendynamik, die vom Aus-gangsanlass weg führt. Das Konfliktge-schehen pflanzt sich selber fort. Nichtmehr die Parteien haben einen Konflikt,sondern der Konflikt hat die Parteien.Wie bei einer Lawine entwickelt sich eine Beschleunigung, die zu immer ge-ringerer Beherrschbarkeit des Gesche-hens für alle Beteiligten führt.

Glasl bezeichnet die wechselseitigenRückkoppelungsprozesse als »Zirkel-prozesse«, bei der in immer kürzerenAbständen für die Akteure ein Hand-lungszwang entsteht, sowohl die eigenePosition abzusichern und sich gleich-zeitig – in der irrigen Annahme, dadurchaus der Zwangslage herauszugeraten –wieder einen Vorsprung zu sichern. Da-durch werden stufenweise die eigent-lich bei allen Parteien vorhandenenHemmschwellen (points of no return)überschritten.

Neben der diagnostischen Bedeutsam-keit dieses Modells ist es sicherlich fürunseren Zusammenhang wichtig, dassdie von neutralen Dritten gesetzten In-terventionen dem Eskalationsgrad an-gemessen sein müssen. Dies gilt ebensofür die vorzuschlagenden Reglements:In einer Situation z. B. des lose-lose, des»gemeinsam in den Untergangs«, derangestrebten »Vernichtung des Gegnersauch zum Preis der Selbstvernichtung«sind andere Interventionen angebrachtals zu einem frühen Eskalationsgrad.

Interventionsfolgerungen

Die nachfolgenden Überlegungen zurgeeigneten Intervention können selbst-verständlich nicht die komplexen Varia-tionen von Methoden, Zielen undzugrundeliegenden Denkschulen wie-dergeben, die in der modernen Kon-fliktforschung maßgeblich sind.Hier kann es lediglich um einen Über-blick und erste Kriterien für die Auswahldes jeweils geeignetsten Verfahrensgehen, nicht jedoch um Detailmethodik.So sollen vor dem Hintergrund der obenbeschriebenen Typologie Kriterien erar-beitet werden, um die Rollenmodelle

• Moderation• prozessbegleitende Konfliktsuper-

vision/Coaching• Mediation• Schiedsverfahren• Machteingriff

in ihrer jeweiligen Nützlichkeit differen-zieren zu können: Ab wann bestehtüberhaupt Interventionsbedarf oderwann ist z. B. ein Machtentscheid er-forderlich und was muss gegeben sein,damit eine »niedrigere« Interventionwieder Platz greifen kann?

Die Geeignetheit der einzelnen Rollen-modelle entspricht jeweils bestimmtenZonen der Eskalationsstufen.Es wird deutlich, dass mit zunehmendemEskalationsgrad die Durchsetzungs-macht für eine Konfliktregelung vonden Konfliktparteien weg hin zu Dritt-parteien wandert. Ebenso verlagern sichdie Interventionsschwerpunkte von derSinneswahrnehmung/Reizaufnahmeüber die Einstellungen hin zum Verhal-ten.Für die Strategiewahl der Drittpartei istzunächst immer – wenigstens für dieOrientierungsphase – die innere Hal-tung und Einstellung der Betroffenenzum Geschehen maßgeblich.

ModerationModeration muss darauf vertrauenkönnen, dass die Parteien den Konfliktim wesentlichen selbst bewältigen

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können. Ihre Aufgabe ist es, lediglichden geeigneten Rahmen bereitzustel-len und den Ablauf der Prozeduren zubegleiten.

Prozessbegleitende Konflikt-supervisionKonfliktsupervision arbeitet an bereitslänger fixierten Bildern, Einstellungenund Verhaltensweisen der Parteien.Rollen, Beziehungen und Organisations-strukturen müssen u. U. umgestaltetwerden.

Mediation insbesondere zu denEskalationsstufen 6 und 7Die Parteien sind außerstande, in direk-ter Begegnung den Konflikt kooperativzu lösen. Jedoch ist – zumeist auf äuße-ren Anstoß (Angebot) hin, der Wille zurbegleiteten selbstgesteuerten Lösungs-suche vorhanden.

Schiedsverfahren/Richterlicher Entscheid bis zu den Stufen 7, 8Nach Scheitern eines Vermittlungsver-suches geht die Lösungsmacht überauf die Dritt-Instanzen. Ab diesem Punktbeginnt der kontradiktorische Weg.

MachteingriffDie Machtinstanz kann und muss ihreMaßnahmen gegen den Willen derParteien durchsetzen. Wenn der Macht-eingriff nicht zur Eliminierung eines derAntagonisten führt, muss die Macht-instanz überdies in der Lage sein, nachihrem Eingriff die Situation langfristigzu beherrschen.

Ausgewählte Merkmale derWirtschaftsmediation und Me-diation bei Machtdifferenzen

Für den betrieblichen Bereich sind auf-grund der »branchentypischen« Be-sonderheiten der Wirtschaftsmediationeinige wichtige Punkte herauszugrei-fen, die einer besonderen Beachtungverdienen:

Die Prä-Mediation mit entsprechendenVereinbarungen spielt in der Wirt-

schaftsmediation eine besondere Rolle.Vor Mediationsbeginn und zur Auf-tragsklärung ist zu beachten, dass oft• Auftraggeber und Konfliktparteien

nicht identisch sind,• »Außenerwartungen« und Ergeb-

nisdruck des Auftraggebers anzu-sprechen sind oder

• (unausgesprochen) etwas Bestimm-tes herauskommen soll.

Es ist zu klären, • welcher Handlungsrahmen für neue

Optionen und Entscheidungen zurErarbeitung von Lösungen besteht,

• ob ein ausgewogenes Verhältniszwischen der nötigen Vertraulichkeitund den Informationsinteressen ge-genüber Unternehmensleitung/Auftraggeber gewährleistet ist.

Ein zentraler Punkt ist aber darüberhinaus insbesondere die Frage des er-forderlichen Hierarchieausgleichs:Mediation kann prinzipiell nur dannfunktionieren, wenn eine gewisseEbenbürtigkeit vorhanden ist, die eineegalitäre Lösungskonstruktion ermög-licht. Ist dies nicht vorhanden, dannkann Mediation im engeren Sinn nichtstattfinden.Die unternehmensinternen Konfliktefinden aber häufig zwischen Beteilig-ten aus unterschiedlichen Hierarchie-stufen statt. Hier stellt sich die Fragenach dem Hierarchieausgleich. Dieserist in der Praxis gegeben, wenn

1. der/die Vorgesetzte für die Zeit unddie Folgen der Mediation auf seine/ihre Vorgesetztenrechte verzichtet;

2. der/die Schwächere einen »Hebel«hat (Kündigungsschutz, rechtlicheTrumpfkarten ... );

3. Druck von »noch höher oben«kommt.

Die in Punkt 2 angeführte wechselsei-tige Abhängigkeit (Interdependenz)kommt sehr viel häufiger vor, als manauf den ersten Blick bei Konfliktenzwischen verschiedenen Hierarchie-stufen vermuten würde. In sehr vielenFällen gibt es auch Druckmittel von

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MitarbeiterInnen/Teams, die den/dieVorgesetzte auch nach unten abhängigmachen.

»Druck von oben« versus »Freiwilligkeit«

Angeordnete Mediationen sind sicherfragwürdig. Das Prinzip der Freiwillig-keit kann nicht ungestraft verlassenwerden. Der Druck von oben kann hiernur insofern bedeutsam sein, als da-durch – quasi als Doppelintervention –die andere Alternative (Machteingriff)angedeutet wird. Eine Mediation»anzuordnen«, wird vermutlich nichtden gewünschten Erfolg bringen. EineMediation aber anzubieten, bevor einanderer Entscheidungsweg eingeschla-gen wird, kann Sinn machen.

Sollte der Hierarchieausgleich nicht mög-lich oder sinnvoll sein, können immernoch mediative Elemente hilfreich sein:

Einzelberatung (konstruktive Verhand-lungsführung, deeskalierendes Verhal-ten...) oder Beratungsgespräch mit bei-den Konfliktparteien (Moderation mitmediativen Grundprinzipien).

Vorschlag zur Einführung vonmediativen Verfahren im Unter-nehmen

Das nachstehende Grobkonzept ver-sucht nun, die vorangegangenen Über-legungen und Grundsätze auf ein kon-kretes Reglement zu übertragen.

Die vorgeschlagenen Angebote undVerfahren müssen (nach ihrer Installa-tion) im Unternehmen publiziert werden,damit sie auch tatsächlich Wirksamkeiterlangen und dort – wo die freiwilligeWahl besteht – auch in Anspruch ge-nommen werden. Die Führungskräfte des Hauses müssenmit dem Modell vertraut sein und dieWertigkeiten der einzelnen Interven-tionsmodule selbst einschätzen können.Die Formbindung der Konflikte ist beiallen Interventionsmodulen ein erstes

Ziel. »Anfragen« bezüglich des Um-gangs mit einem konkreten Konflikthaben sich an den beschlossenen Re-glements zu orientieren. Allein durchdie Sicherstellung und das Wissen umdie jeweils abgestufte Vorgehensweisewird der Umgang mit Konflikten aufeine neue Qualitätsstufe gehoben.

Dieses Reglement ist ebenso für Mob-bing gültig.

Das betriebliche Konfliktkonzept mussdie mitbestimmungspflichtigen Instan-zen passieren.

Die Module

KonfliktmoderationenDieses Interventionsmodul ist meistschon vorhanden und wird in vielfäl-tiger Weise sowohl von

➠ Linienführungskräften,

➠ Personalentwicklung und andereninternen Führungskräften

➠ externen ModeratorInnen

wahrgenommen und praktiziert. Es ist geeignet für Konflikte innerhalbder ersten drei Eskalationsstufen.

Konflikt-Supervision/CoachingDieses Interventionsmodul ist bekanntund wird meist von externen Vertrags-supervisorInnen wahrgenommen.Denkbar ist, dass bei geeigneten Kon-flikten hierfür qualifizierte Personenaus der Personalentwicklung super-vidieren/coachen.Dieses Modul kommt zum Einsatz inden Konfliktstufen drei bis sechs.

MediationMediation sollte bei Konflikten ab Stufevier der Konfliktskala allen Mitarbei-terInnen und Führungskräften zur Ver-fügung stehen. Anfrage, Information,Beratung und Organisation kann je-weils über die Personalentwicklung ab-gewickelt werden.

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Ist ein Hierarchiegefälle bei den Konflikt-parteien vorhanden, dann ist seitensder Personalentwicklung vor Beginnder Mediation abzuklären, ob der er-forderliche Hierarchieausgleich (sieheoben) herstellbar ist. Wenn nicht, dannist eine solche Anfrage zurückzuweisen.Aufgrund der drohenden Befangenheitist der Einsatz externer MediatorInnennotwendig.

Die (diagnostischen) Beratungsge-spräche in der Vorphase zur Mediationsollten selbstverständlich neben derInformation über die einzelnen Regle-ments den Grundprinzipien und demGeist der Mediation entsprechen.

Mediation soll in der Unternehmens-öffentlichkeit als erwünscht dekla-riert sein und den Führungskräften als Wahlmöglichkeit bei Konflikten der Stufen vier bis sieben empfohlenwerden.

Mediative Elemente

• Einzelberatung durch die Personal-entwicklung

• konstruktive Verhandlungsführung,für deeskalierendes Verhalten…

• Beratungsgespräch mit beiden Konfliktparteien Moderation mitmediativen Grundprinzipien und bis zur Mediationsphase 2 (Themen-sichtung, Faktenklärung).

SchiedsverfahrenGleichzeitig mit dem Angebot zur Me-diation ist eine Schiedskommission inner-halb des Unternehmens einzurichten.Der Kommission gehören mindestensdrei Personen an, die jeweils für einebestimmte Periode beauftragt werden.Sollten Personen der Schiedskommissionin einem Konfliktfall befangen sein, sohat die Unternehmensleitung die Zusam-mensetzung zu ergänzen. Die Schieds-kommission tritt nur dann in Aktion,wenn die Unternehmensleitung sie dazuauffordert.

Entscheid der Unternehmens-leitung/Geschäftsführung

Im Falle des Scheiterns der anderenInterventionsmodule ist der Entscheidder Unternehmensleitung zu treffen.Es können dafür die analogen Verfah-rensschritte wie bei der Schiedskom-mission in Betracht gezogen werden.Ebenso ist zusammen mit dem Ent-scheid zu überprüfen, ob begleitenddie »niederen« Interventionsmodule(z. B. falls eine Fortdauer der Arbeits-beziehung erhalten bleiben soll) an-gebracht erscheinen.

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Mögliche Schritte im Schiedsverfahren

1. Anrufung durch eine oder mehrere Parteien oder obligato-risches Aufgreifen durch dieUnternehmensleitung und Zu-weisung zur Schiedskommission.

2. Prüfen der Zuständigkeit (ggf. Befangenheit) der Schieds-kommission.

3. Erheben der Tatbestände, Anhörung der Parteien.

4. Anhörung weiterer Parteien.

5. Bildung eines eigenständigen Urteils, ggf. Sachverständige beiziehen.

6. Prüfung der rechtlich/normativenGrundlagen für die Entschei-dung.

7. Autonome Entscheidung derSchiedskommission aufgrund eigener Interpretation des Tat-bestandes und der Normen.

8. Mitteilung der bindenden Entscheidung an die Parteien

9. Überprüfung, ob begleitend»niedrigere« Interventionsmo-delle (Supervision/Coaching etc.) angeraten erscheinen.

10. Vorkehrungen für Ausführungund Kontrolle der Entscheidung

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Praktische Hinweise zumVermittlungsprozess

Funktionen der Orientierungs-phase (PräMediation)

Es ist zu bedenken, dass jegliche dia-gnostische Intervention immer bereitseine Intervention im Vollsinn der Kon-fliktbehandlung ist.Jede Untersuchung greift bereits in be-stehende Verhältnisse ein. Dies spieltinsbesondere dort eine Rolle, wo»Dritte« eine Lösungsentscheidungtreffen sollen.

a) Es ist geklärt, wer der Auftraggeberist und welchen Einfluss er/sie auf dieKonfliktbehandlung ausüben kann.

b) Es ist geklärt, welche Personen und Gruppen zunächst aktiv an derKonfliktbehandlung mitwirken sollen.

c) Die Drittpartei hat sich ein Bild desKonflikttypus gemacht.

d) Die intervenierende Drittparteikennt die Grundeinstellung der Kon-fliktpartner und die Bereitschaft zurMitwirkung an der Konfliktbehand-lung (Akzeptanzbasis für Maß-nahmen).

e) Die Konfliktpartner kennen die Rol-lenauffassung der dritten Partei. Mit den Konfliktpartnern ist geklärt,unter welchen Bedingungen die Drittpartei zu intervenieren bereit ist.

f) Zwischen den Konfliktpartnern undder Drittpartei sind Schutzgarantienfür die Konfliktpartner vereinbartworden.

g) Die Konfliktpartner kennen dieSpielregeln für die Interventionen.

h) Der Status quo ist soweit geregelt,dass während der nächsten Maß-nahmen die bereits erzielten Ergeb-nisse der Orientierungsphase nichtdurch weitere eskalierende Maßnah-men der Konfliktpartner gefährdetwerden.

i) Zwischen der Drittpartei und denKonfliktpartnern sind Wege undFormen der Kommunikation verein-bart worden.

Checkliste für Führungskräfte

Es steht bei Konflikten allen Mitarbeite-rInnen und Führungskräften die Mög-lichkeit zur Verfügung, Mediation inAnspruch zu nehmen.

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Verfahrensablauf:

1. Anrufung durch eine oder mehrere Parteien oder obli-gatorisches Aufgreifen durch die Führungskraft.

2. Abklärung der Konfliktsituation und Überprüfung derMittel der Wahl (Nutzen der Interventionsmodelle).

3 Ist ein Hierarchiegefälle bei den Konfliktparteien vor-handen, dann ist seitens der Führungskraft oder seitensder Personalentwicklung vor Beginn der Mediation ab-zuklären, ob der erforderliche Hierarchieausgleich er-zielbar ist. Wenn nicht, dann ist eine solche Anfragezurückzuweisen.

4 Bei allen Konstellationen weist die jeweils zuständigebzw. angerufene Führungskraft auf die weiteren Inter-ventionsoptionen (Schiedsverfahren, Entscheid durchdie Geschäftsführung respektive Unternehmensleitung)hin und behält sich diese explizit vor. Die Möglichkeitdes Mediationsverfahrens ist zu empfehlen.

5. In jedem Fall sind die von der Führungskraft 1 zur Wahlgestellten Gestaltungsrahmen (= erlaubte/unerlaubteLösungsoptionen) vorzugeben und falls möglich schonin der Prämediationsphase bekannt zu geben.

6. Insbesondere die arbeitsrechtlichen Rahmenvorgabensind durch Rücksprache mit der Personalstelle abzu-klären.

7. Überprüfung der rechtlichen und strategischen Akzep-tierbarkeit des Agreements.

8. Überprüfung, ob begleitend »niedrigere«Interventionsmodelle (Coaching/Supervision etc.) ange-raten erscheinen.

9. Beim Scheitern des Mediationsverfahrens ist der Ent-scheid der Unternehmensleitung zu setzen oder aber –so es ratsam erscheint – das Schiedsgericht einzuschal-ten.

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Anfrage, Information, Beratung undOrganisation kann jeweils über die Per-sonalentwicklung abgewickelt werden.

Zusammenfassung

Jeder Konflikt bildet also sein eigenesSzenario! Hierum bilden sich wiederSysteme aus, die den Konflikt stabilisie-ren oder auflösen können. Um einesachlich-konstruktive Lösung zu er-möglichen, ist aus unserer Sicht einemediative Grundhaltung der Führungs-verantwortlichen erforderlich. Dieseverlangt neben intuitiven Fähigkeitenvor allem auch sachliche Kompetenzund eine gemäße Methodenwahl.

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Autoren congena Texte 3/4 200177

Die Autoren in diesem Heft

Eckhard MikettaBerater der congena

Privat:Carusoweg 3D-81479 München

Professor Dr. Hans-Christian RiekhofUNICconsult Strategieentwicklung GmbHWeender Landstraße 3 – 5D-37073 Göttingen

Privat:Heinrich-Herz-Straße 23D-37073 Göttingen

Michael CrusiusSiemens AG

Bereich TS Transporting SystemsLeitung PersonalwesenD-91052 Erlangen

Conny Lang Beraterin der congena

Privat:Ottilienstraße 52D-81827 München

Dr. rer. pol. Klaus Jürgen Heimbrockkjh developing

Heimbrock & Partner, RheineWörstraße 76D-48432 Rheine

Dr. Jürgen Stübner Stübner & Partner

Beldgradstraße 1D-80796 München

Dr. Ulrich KampffmeyerPROJECT CONSULT

Oderfelder Straße 17D-20149 Hamburg

Privat:Isestraße 63D-20149 Hamburg

Timo BrehmeBerater der congena

Privat:Gollierplatz 16D-80339 München

Otto S. WilkeningBerater der congena Privat:Rupertring 11D-85298 Scheyern/Fernhag

Helmut PrombergerBerater- und Trainergemeinschaft„vier für fair“Marienstraße 30D-85276 Pfaffenhofen

Stefan Wiesinger

RechtsanwaltBerater- und Trainergemeinschaft„vier für fair“Marienstraße 30D-85276 Pfaffenhofen

Kanzlei:Kaiserstraße 13D-80801 München

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Herausgeber congenaTexte 1/2 2001 32. JahrgangcongenaGesellschaft für Planung, Training und Organisation mbH

Baumkirchner Straße 53D-81673 MünchenTelefon 0 89/45 49 28-0Telefax 0 89/45 49 28-99Internet: www.congena.deE-Mail: [email protected]

Redaktion Otto S. Wilkening / Dagmar Schreiber

Zeichnungen Anke Schuster, Tina Thomas, Betty Zoltan

electronic publishing Druckerei Joh. Walch Im Gries 6D-86179 AugsburgTelefon 08 21/8 08 58-0E-Mail: [email protected]

Bezugspreis DM 25,- je HeftDM 35,- je Doppelheftjeweils zuzüglich VersandkostenIm Abonnement:DM 20,- je HeftDM 30,- je Doppelheft

Anzeigen Es gilt die Anzeigenpreisliste 8 vom 1.1.1993.Die veröffentlichten Beiträge stellen die Meinung der Autoren dar.

Der auszugsweise Nachdruck ist mit Angabe der Quelle und gegen Belegexemplar gerne gestattet.

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