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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 233, S. 57--71 (1958) Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit/it Mainz (Direktor: Prof. Dr. G. KUSCHINSK¥) Ver/inderungen der Form der Tubuli und des Wassergehalts der Nieren bei der Mannit- und Sulfatdiurese der Ratte Von H. ]BRUNNER~ G. ]KUSCHINSKY~ G. PETEI{S und Ho VORHERR* ** Mit 2 Textabbfldungen (Eingegangen am 29. Juli 1957) Form und Dimensionen der Tubuli der S/~ugetierniere sollen nach all- gemeiner Ansicht (SMITH 1956) unter physiologischen Bedingungen recht wenig variabel sein; Ver/~nderungen wurden meist als Folge von Erkran- kungen oder yon Anpassungsvorg/~ngen an den Ausfall von einer grof~en Zahl von Nephronen (0LIVELY, BLOO~ u. MAcDowELL 1941 ; OLIVEa 1945, 1953; PLATT, ROSCOE u. SMITtr 1952) beschrieben. Diese Formver/£nde- rungen waren dann ebenso wie die manchmal bei sehweren toxisehen 5Iierenschgdigungen sehnell auftretenden morphologischen Alterationen meist irreversibel. Reversible kurzdauernde Schwankungen von Weite und Durchmesser der Nierentubuli wurden bisher nur selten beobachtet : So wurde z. B. (HousE, NAOE u. TASSO•I 1956) beim Goldhamster inner- halb der ersten 30 rain naeh der Gabe yon diabetogenen Alloxandosen eine reversible starke Erweiterung aller Abschnitte der 57ierentubuli bei gleichzeitiger deutlicker Blutfiille der Glomerula besehrieben. -- Im Gegensatz zu dieser Ansicht yon der relativen Konstanz der Morphologie des Nierenparenehyms innerhalb kurzer Beobachtungszeiten fielen nun aber bei der Durchsieht yon fixierten Pr/iparaten yon M/iuse- und Ratten- nieren betr/~ehtliehe Unterschiede in der Weite der Lumina und in der HShe der Epithelien sowohl der proximalen als auch der distalen Tubuli auf. Die Nierenpr/~parate waren zu Untersuchungen fiber den Blutgehalt versehiedener Abschnitte des Gef/~Bsystems in den Nieren fixiert und mit Benzidin gef/~rbt worden (KuscHINSK¥ U. VORHEICR); besonders weite Tubuli mit abgefiaehten Epithelien wurden bei denjenigen M/~usen und I~atten gefunden, die 5--10 min vorher i.v. Injektionen yon Manni~- oder Natriumsulfat erhalten hatten. -- Zur K1/irung dieses Befunds wurde * Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. ** Ein Tell der Ergebnisso der vorliegenden Untersuchung wurde yon G. PETERS und H. VORHE~R auf der 23. Tagung der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft in Freiburg am 14. Juni 1957 in einem Vortrag mitgeteilt.

Veränderungen der Form der Tubuli und des Wassergehalts der Nieren bei der Mannit- und Sulfatdiurese der Ratte

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Page 1: Veränderungen der Form der Tubuli und des Wassergehalts der Nieren bei der Mannit- und Sulfatdiurese der Ratte

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 233, S. 57--71 (1958)

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit/it Mainz (Direktor: Prof. Dr. G. KUSCHINSK¥)

Ver/inderungen der Form der Tubuli und des Wassergehalts der Nieren bei der Mannit- und Sulfatdiurese der Ratte

Von H. ]BRUNNER~ G. ]KUSCHINSKY~ G. PETEI{S und Ho VORHERR* **

Mit 2 Textabbfldungen

(Eingegangen am 29. Juli 1957)

F o r m u n d Dimens ionen der Tubul i der S/~ugetierniere sollen nach all- gemeiner Ans ich t (SMITH 1956) un te r physio logischen Bedingungen rech t wenig va r i abe l sein; Ver/~nderungen wurden meis t als Folge von E rk ra n - kungen oder yon Anpassungsvorg/~ngen an den Ausfa l l von einer grof~en Zahl von Nephronen (0LIVELY, BLOO~ u. MAcDowELL 1941 ; OLIVEa 1945, 1953; PLATT, ROSCOE u. SMITtr 1952) beschrieben. Diese Formver/£nde- rungen waren d a n n ebenso wie die m a n c h m a l bei sehweren tox isehen 5I ierenschgdigungen sehnell au f t r e t enden morphologischen A l t e r a t i one n meis t i r revers ibel . Revers ib le ku rzdaue rnde Schwankungen von Wei t e und Durchmesser der N ie ren tubu l i wurden bisher nur sel ten beobach te t : So wurde z. B. (HousE, NAOE u. TASSO•I 1956) be im Go ldhams te r inner- ha lb der e rs ten 30 ra in naeh der Gabe yon d iabe togenen Al loxandosen eine revers ible s t a rke E rwe i t e rung al ler Abschn i t t e der 57ierentubuli bei gle ichzei t iger deu t l i cke r Blutf i i l le de r Glomeru la besehrieben. - - I m Gegensatz zu dieser Ans ich t yon der r e l a t i ven K o n s t a n z der Morphologie des N i e r e n p a r e n e h y m s inne rha lb kurze r Beobach tungsze i t en fielen nun aber bei der Durchs ieh t yon f ixier ten P r / i pa r a t en yon M/iuse- und R a t t e n - n ieren betr/~ehtliehe Unte r sch iede in der Wei t e der L u m i n a und in de r HShe der Ep i the l i en sowohl der p rox ima len als auch der d i s ta len Tubu l i auf. Die Nierenpr /~para te waren zu Un te r suchungen fiber den B lu tgeha l t verseh iedener Abschn i t t e des Gef/~Bsystems in den Nieren f ixier t u n d mi t Benz id in gef/~rbt worden (KuscHINSK¥ U. VORHEICR); besonders wei te Tubul i m i t abgef iaehten Ep i the l i en wurden bei den jen igen M/~usen und I~at ten gefunden, die 5 - - 1 0 min vorher i.v. I n j e k t i o n e n yon Manni~- oder N a t r i u m s u l f a t e rha l t en ha t t en . - - Zur K1/irung dieses Befunds wurde

* Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. ** Ein Tell der Ergebnisso der vorliegenden Untersuchung wurde yon G. PETERS

und H. VORHE~R auf der 23. Tagung der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft in Freiburg am 14. Juni 1957 in einem Vortrag mitgeteilt.

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58 H. BRUNNER, G. KUSCKINSKY, G. PETERS und H. VORHERR:

n u n u n t e r s u c h t , wie v e r s c h i e d e n e S u b s t a n z e n , d ie e ine o s m o t i s c h e D i u r e s e

a u s z u l 6 s e n v e r m 6 g e n , n a c h i .v . I n j e k t i o n F o r m u n d W e i t e d e r T u b u l i

b e e i n f l u s s e n ; i m V e r g l e i c h d a z u w u r d e die T u b u l u s f o r m be i d e r Wasse r -

d i u r e s e u n d be i d e r D i u r e s e E a c h o r a l e r G a b e v o n 0 , 9 % N a C I - L 6 s u n g

(Bt~uI~NEI¢, KUSCHINSKY U. PETERS 1958a , 1 9 5 8 b ) u n t e r s u c h t . A u ~ e r d e m

w u r d e j ewe i l s a u f d e r H 6 h e d e r D i u r e s e d e r W a s s e r g e h a l t des N i e r e n -

g e w e b e s b c s t i m m t , u m e v e n t u e l l e Z u s a m m e n h i ~ n g e z w i s c h e n T u b u l u s -

w e i t e u n d G e s a m t w a s s e r g e h a l t a u f z u d e c k e n .

M e t h o d i k

Alle Versuche wurden vormit tags zwischen 9 und 13 Uhr bei einer Temperatur von 28 ° C _[_ 2 ° an jungen weiblichen Ra t t en im Gewicht yon 50--80 g durchgefiihrt, denen anl Vorabend das Fut tcr , nicht aber das Trinkwasser entzogen worden war. Zus~tzlich s tand den Versuchstieren in dcr Nacht vor dem Versuch neben Wasser 0,9°o NaCI-LSsung ad l ibi tum zur Verfiigung. Bis zum Zei tpunkt des Versuchs waren die Tiere mi t GerstenkOrnern ern~hrt worden.

In Vorversuchen wurde ermittelt , zu welchenl Zei tpunkt nach der einmaligen i.v. In jekt ion verschiedener hypertonischer LSsungen die grSBte Diuresegeschwindig- keit erreicht wird. Die hypertonischen LSsungen wurden einheitlich in einer Do- sierung yon 0,5 ml /Rat te injiziert. Die injizierten, ungef~hr 6fach hypertonischen

- - 3 0 / o . , , o . L6sungen waren: 1. Mannit : 30~}o . 2. Glucose: 9J - - 3. NaCI: 5 4 °/ - - 4. Na2SO 4 • 10 H20: 17,9(~o . Zum Vergleich wurden ale isotonisehe LSsungen in den gleichen Mengen entweder 0,9°~o NaC1-LSsung oder 5o/0 GlucoselSsung injiziert: Zwischen beiden LSsungen ergab sich in der Wirkung kein Unterschied, so dab die Diuresen isotonischer LSsung zusammen angeftihrt werden. Gleich Each der In- jektion wurden die Tiere in Diuresek~fige gesetzt und 60 min lang in 5 min-Abst~nden die Harnblase ausgedriickt. Die gemessenen Harnmengen wurden entsprechend dem vorher bes t immten Verdunstungsfaktor der Diuresek~fige korrigiert und in ml /Ra t t e /S td umgereehnet.

Zur Einlei tung einer Wasserdiurese erhielten die Tiere mit der Magensonde im Abstand yon 10 min 2mal 4,0 ml /Rat te destilliertes Wasser: Von der 20. min Each der zweiten Wassergabe ab wurde in friiher beschriebener Weise (BRuNNER, KUSCHINSKY U. PETERS 1958 a) die ausgeschiedene Harnmenge in 10 min-Abst~nden gemessen. - - 0,9(~) NaC1-LSsung wurde gleictffalls mi t der Magensonde gegeben: Die Tiere erhielten zun~chst 4,0 ml, dane 10 min sp~ter 2,0 ml /Rat te : Die Messun- g e n d e r Diurese begannen gleichfalls 20 min nach der zweiten oralen Fliissigkeits- gabe.

Versuchsschema. Je 8 Tiere wurden Each Zufallskriterien einer der folgenden 8 Versuchsgruppen zugeteilt und auf dem erwarteten HShepunkt der Diurese bzw. zu einer festgelegten Zeit getStet: 1. Kontrol lgruppe: Die Tiere wurden 5 min nach i.v. In jekt ion von 0,5 ml 0,9o/o NaCI-LSsung getStet. - - 2. Manni t -Gruppe: getStet 5 mhl Each der i.v. In jekt ion yon 0,5 ml/ l~atte 30°/o Mannit-LSsung. - - 3. Sulfat- gruppe: getStet 5 min Each i.v. In jekt ion yon 0,5 ml /Rat te einer 17,9°/0 igen LSsung yon Na2SO 4 • 10 H20. - - 4. Hypertonische Glucose-Gruppe: getStet 5 min nach i.v. In jekt ion yon 0,5 ml /Ra t te 30°~ o GlucoselSsung. - - 5. Hypertonische Kochsalz- Gruppe: getStet 10 min nach i.v. In jekt ion yon 0,5 ml /Ra t te 5,4o/o NaC1-LSsung. - - 6. Durs t -Gruppe: getStet Each einstiindiger Fltissigkeitskarenz in Diuresek~figoa bei 28 ± 2°C. - - 7. Wasserdiurese-Gruppe: getStet 40 rain nach der zweimaligen Gabe yon 4,0 ml /Ra t t e destilliertem Wasser mit der Magensonde. - - 8. Isotonische NaC1-Gruppe: getStet 40 rain Each der Gabe yon 4 -~ 2 ml 0,9~) NaC1-LSsung mit

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Mannit- und Sulfatdiurese der Ratte 59

der Magensonde im Abstand yon 10 min. - - Die Tiere wurden naeh Bet~ubung durch Schlag auf den Kopf durch blitzschnelles Durchtrennen des K6rpers mit einer scharfen Schere get6tet; die Durehtrennung erfolgte zwischen Nierenlager und Zwerehfell. Die ~qieren wurden schnell entnommen. Eine Niere wurde schnell ge- wogen, dann mit der Sehere rein zerkleinert, wiederum gewogen und im Trocken- schrank bei 120°C bis zur Gewichtskonstanz (gewShnlich 72 Std lang) getrocknet und dann zur Bestimmung des Trockengewichts wiederum gewogen. Die andere ~iere wurde in der Mitre auseinandergeschnitten, in Carnoyscher L6sung fixiert, entwi~ssert und in Paraffin eingebettet. Von dem eingebetteten Gewebe wurden 8 # dicke frontale und tangentiale Schnitte angefertigt und mit It~matoxylin-Eosin gef~rbt.

Messung und Auswertung. Von jeder untersuchten Niere wurde nach Zufalls- kriterien ein Frontalschnitt ausgew~hlt. Im ausgew/~hlten Pr/~parat wurden je 4 Rindenglomerula, 4 juxtamedull~re Glomerula, je 4 proximale Tubuli, 4 Henle- sche Schleifen (pars tenuis), 4 distale Tubuli und 4 kleine SammelrShren an der Markrindengrenze ausgemessen. Gemessen wurde bei den Tubuli jeweils der Gesamt- durchmesser, der Durchmesser des Lumens und die Wanddicke in zwei aufeinander senkrecht stehenden Richtungen, bei den Glomerula der Durchmesser des Kapsel- innenraums und des Gef~Bkonvoluts jeweils in der Richtung des grSflten Durch- messers und in der dazu senkrechten Richtung. Ausgemessen wurde yon jedem der untersuchten Nephronenanteile jeweils der 3., 6., 9. und 12. Schnitt, der bei wahl- loser Durchsicht des Pr~parats identffiziert werden konnte. Glomerula wurden nur dann mitgezi~hlt, wenn ttilus oder Polkissen im Schnitt zu erkennen waren, Tubuli nur dann, wenn sie durch den Schnitt senkrecht zur Verlaufsrichtung getroffen erschienen. Aus den Messungen in den beiden senkrecht aufeinander stehenden Richtungen wurde jeweils ein Mittelwert gebfldet, aus den 4 Mittelwerten eines Pr/~parats wiederum ein Mittelwert f'ftr das ganze Pri~parat. Die Gr513en der Streu- ungen der Mel3werte innerhalb eines Pr~parats oder irmerhalb einer untersuchten Niere wurdenbei der statistischen Auswertung nicht in Betracht gezogen; bestimmt wurden vielmehr fiir jeden Nephronenanteil Mittelwerte und Streuungen zwischen den 8 Werten yon den 8 Tieren einer Gruppe. - - Alle Messungen wurden mit einem Okularmikrometer vorgenommen, das vorher gegen ein Objektmikrometer geeieht war. - - Die Ausrechnung yon Mittelwerten und Standardabweichungen der Mittelwerte (s~) sowie der Vergleich yon Mittelwerten nach der Zweigruppen- Streuungszerlegung wurden nach konventionellen statistischen Methoden vor- genommen.

Ergebnisse

Die maximale Diuresegeschwindigkeit wurde nach der e inmal igen i.v. I n j ek t i on yon 6fach hyper tonischer Manni t - , Sulfat- oder GlucoselSsung innerha lb von 5 rain erreicht; die Diuresegeschwindigkeit der zweiten 5 rain war bereits wieder geringer. Nach der i.v. In j ekt ion yon 5,4 °/o NaC1- LSsung wurde die grS$te Diuresegeschwindigkeit zwischen der 5. u n d der 10. rain erreicht. - - Nach oraler Gabe yon Wasser in der angegebenen Menge wurde die grSltte Diuresegeschwindigkeit 40 min nach der zweiten oralen Wassergabe erreicht; das gleiche grit ffir die Diurese nach oraler Gabe yon 0,9% NaCl-LSsung. I n Tab. 1 sind die erreichten ma x i ma l e n Diuresegeschwindigkeiten angefi ihrt a n d der Diuresegeschwindigkeit yon Kon t ro l l en w/~hrend der ers ten 5 min nach der i.v. I n j e k t i on yon

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60 H. BI¢UNNEI¢ et al. : Mannit- und Sulfatdiurese der Ratte

0,5 ml/R~t te 0,9 % NaC1-L6sung sowie der Diuresegeschwindigkeit von t{at ten w/ihrend einstfindigen Durstes in den Diuresek/ifigen gegenfiber- gestellt.

Die erreiehtenDiuresegesehwindigkeiten untersehieden sich ausnahms- los signifikant yon der Diurese der Kontrol len (0,9~o NaCI i.v.) oder im

Abb. 1 a

Abb. [a - - -c . Histologisches Bild der Rattenniere au/ der HShe der Wasserdiurese, der osmotischen Diurese nach i.v. lnjektion yon lIlannit und bei ttarnstauung. Fix ie rung und FSrbung s. Methodik. Schni t td icke 8/~, Vergr6gerung 235mM. - - a Auf der H6he der Wasserdiurese: normales g i l d der Ra t t cnn ie ren r inde . Glomerula und Tubul i unver / tnder t . Leichte Rundzel leninf l l t ra t ion der

[nters t i t ien , die bei der Ra t t enn i e r e physiologisch ist

Durst, unterschieden sieh aber nicht signifikant voneinander. Naeh orMer Fliissigkeitsgabe war die Diuresegeschwindigkeit auf 0,9°,'o NaCI-L6sung geringer als auf die Gabe yon Wasser.

Auf dem H6hepunk t der Diurese t ra t sowohl naeh der Injekt ion von Mamfit-, als aueh yon Sulfatl6sung (Abb. 1 b und 2, Tab. 2, 3 und 4) eine wesentliehe Erwei terung sowohl der proximMen und distalen Tubulus- absehnitte und der Henlesehen Sehleifen als aueh des ganzen Sammel- rohrsystems - - insbesondere der kleinen SammelrShrehen - - auf. Das Bild /ihnelte bei kleiner Vergr613erung dem histologisehen Bild yon Rat tennieren 48- -72 Std naeh Unterbindung des Urethers. Das histo- logisehe Bild bei der Mannit- und Sulfatdiurese untersehied sieh abet yon dem der Harnstauungsniere bei n//herer Bet raehtung (Abb. 1 c) in einigen

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Abb. i b

Abb. I c

Abb. i b u. c. b Auf der HShe der ~'[annLt-Diurese: starke :Erweiterung und Ausdehnung der proximalen etwas geringere Erwei terung der distalen Tubuli und der SammelrShren, Glomerula etwas b lu ta rm ; Kapselinttenr/i, ume nicht erweitert . ~ e 72 Std naeh Ureterenl igatur und koatra la tera ler Nephrek- tomie: extreme Erweiter tmg der distalen, etwas ger ingereErwei terung tier proximalen Tubuli , Er- weiterung der Kapselinnenr/~ume. Tubul i tells nekrotiseh: vor allem in den proximalen Tubulus-

absehni t ten nekrotische :Epithelien. Glomerulumsehlingen tells nekrotiseh

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62 H. BRUNNER, G. KUSCttINSKY, G. PETERS und H. VO~ERR:

wesen t l i chen Zi igen : W ~ h r e n d a u f de r H S h e der o s m o t i s c h e n Diu re se

die G l o m e r u l a u n v e r / i n d e r t sind, b e s t e h t bei U r e t e r e n l i g a t u r e ine s t a rke

E r w e i t e r u n g des K a p s e l i n n e n r a u m s m i t K e r n p y k n o s e u n d k le inen

Tabelle 1. Diurese au/ der HShe der DiuresebeschleunigtJng nach i.v. Injelction osmotischer Diuretica oder nach oraler Gabe yon Wasser oder 0,9o/o NaCI-LSsung

bei ~ungen Ratten

Diurese ml/t tatte/Std

Durst 0,84:1:0,14 (8) Wasser per os 6,•0 ± 0,26 (8) 0,9°/o: NaC1-L6sung . . . . . per os ~ 2,55 :t: 0,57 (8)

0,9°.~) NaC1 i.v. 1,15 ± 0,47 (8)

/o H20 i.v. 4,04 ± 0,65 (7) 5,4o/o NaC1 i.v. 3,18 ± 0,55 (8)

30°~) Glucose i.v. 3,53 ± 1,00 (8) Alle ~Verte in ml/I~atte/Std umgerechnet; angegeben sind X ~- sx; Versuchs-

zMflen in Klammern. Die Werte sind fiir die Diurese nach i.v. Injektion yon Mannit, Sulfat, Glucose und 0,9°o NaC1 aus der Diurese der ersten 5 rain nach der Injektion, fiir die Diurese nach •5,4 °,//o NaC1 aus der Harnausscheidung zwischen der 5. und 10. rain nach der Injektion berechnet; die Diurese im Durst wurde aus der innerhMb yon 1 Std vom Augenblick des Aussetzens der Fliissigkeitszufuhr ab ausgeschiede- ner t tarnmenge ausgerechnet; fiir die Diurese nach oraler Gabe von Wasser und 0,9°/o NaC1-LSsung waren die zwischen der 20. und 40. rain nach der zweiten Wasser- gabe ausgeschiedenen Harnmengen ma~gebend.

Tabel]e 2. Durchmesser der Ge/ii[3konvolute und Kapselinnenrdume von Rinden- Glomerula und ]uxtamedulliiren Glomerula bei Kontrolltieren, bei Durst und bei

verschiedenen Diuresearten

Rindea- Glomerula ,Iuxtamed. Glomerula Behandlung

Gefiil~schlingen Kapselinnenr. Gef$1]schlingen Kapselinnenr.

Durst . . . . . . . . Wasser per os . . . . .

0,9°,0 NaCI per os

0,9o/o I~aC1 i.v . . . . 30(~0 Mannit i . v . . . 17,9(~/o l~la2SO 4 • 10 H~O

i . v . . . . . . .

5,4O,o NaC1 i.v . . . . . 30°/o Glucosei.v. . .

73,7 ± 2,0 72,6 ± 2,1 75,5 :t: 1,6

77,4 :t: 2,1 76,4 ± 2,5

79,1:1:2,6 76,1 ~: 2,3 73,3 -j: 2,1

77,4 ~: 2,1 77,9 :~ 2,3 78,9 ± 1,8

80,9 ± 2,1 82,5 ~ 2,8

81,2 :[: 2,3 79,7 ± 2,1 76,9 :j: 2,1

80,0 :t: %o 79,9 ~: 3,0 77,3 :~ 1,8

80,5 ± 2,1 82,8 -t: 2,6

83,5 :t: 2,8 77,9 i 2,5 78,7 ~ 2,3

83,3 ± 2,0 82,7 :[: 3,0 80,2 :t: 1,8

85,8 ~ 2,1 89,7 ± 2,6

88,4 i 2,3 81,8 ± 2,6 83,3 i 2,8

Alle Angaben in tt; angegeben sind jeweils Mittclwerte ~ =~_ s.~ yon 8 Tieren. Keine signifikanten Unterschiede.

u m s c h r i e b e n e n N e k r o s e n des Gefg[ tkonvolu t s . Bei de r Mann i t - und. Sut fa t - d iu rese s ind z w a r die d i s t a l en T u b u l i we l t e r als die p r o x i m a l e n ; gegenf iber

n o r m a l e n K o n t r o l l e n is t a b e t die E r w e i t e r u n g der L u m i n a bei den proxi- m a l e n T u b u l i auff~l l iger als bei den d i s t a l en (Abb. l b). Bei de r

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Mannit- und Sulfatdiurese der Ratte 65

Harnstauungsniere sind vor sllem das Sammelrohrsystem und die distslen Tubuli sehr s tark erweitert, w~hrend die Lumina der proximalen Tubuli zwar such erweitert sind, sber immer noeh wesentlieh kleiner bleiben als die der distslen Tubuli.

Die Dimensionen der Glomerula sind w~hrend der Mannit- und der Sulfatdiurese gegenfiber Kontrollen nicht ver~ndert. :Die Glomerula er- seheinen m s n c h m a l - - s b e r durchsus nicht immer - - im gef~rbten Schnitt- pr~psrat etwas blutarm, sind sber niemsls kollabiert. Die Ausmessung ergibt bei der Mannit- und Sulfstdiurese fiir die Lumina der proxi- malen Tubuli eine Zu- nahme des Durehmes- sers auf das 2 - -3fsehe des Normalwerts, ffir die Lumins tier dfinnen Stiieke der Henlesehen Sehleifen und diejenigen der distslen Tubuli so- wie such der ldeinen Tubuli colligentes eine Zunshme suf ungefahr das 1 ~ faehe des Nor- malwerts. Uber die Signiflksnz der ermittel- ten Zunahmen unter- richten Abb. 2 und die Tab. 2, 3 und 4. Die Ver- £nderungen erscheinen nach Sulfat insgessmt etwas weniger ausge-

/VcrSx e ~, Ou l, s f, fl a'n n/P ~'u l f c~ f f

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kbb . 2. Schematische Darstellung vo~ Z~ingsschnitten dutch ~roximalen Tubulus (obcn ) , Pars tenuis der Henleschen Schlei/c (Mitre), distalen Tubulus (unten) und kleir~s Sammelrohr (unten waagrecht) bei Kontrollen, Wasserdiurese und Durst und bei os. motischer Diurese nach i.v. In]cktion van M a n n i t und yon Sul]at. Das Bild der osmotischen Diurese nach i.v. In jek t ion yon 6fach hyper~onischer 5TaC1- oder GlucoselSsung entspricht dem Bi ld bei Wasserdiurese und den Kontrol len. ~ i t * = P < 0,05, • * = P < 0,01 und *** = P < 0,001 sind die Signiflkanzen der Untersehiede ira Durehmesser der Lumina bezeiehnet. Fi i r Lumina und Wanddieken sind in der Abbi ldung jeweils die Mittelwer~e der Tab. 2 - -4 eingesetzt. Die schwarzen S~ulen reehts neben den sehematischen Darste l lungen geben das aus der Oberfl~iche des Querschnit ts errechnete Volumen der EpithelzeUen ffir den proximalen und den distalen Tubulus als

Mit te lwert x :t: s~ an (vgl. Text)

pri~gt als nach Mannit; zwischen den Werten fiir die beiden Gruppen bestehen aber keine signifikanten Unterschiede. Die Erweiterung der Lumina geht wohl in der Regel mit einer nicht immer sieher naehweis- baren VergrSl~erung des Gesamtdurchmessers einher (Tab.2, 3und 4). Die Epithelzellen erscheinen infolgedessen (Abb. l b) abgeplattet . Die Abplat tung ist aber nur Ausdruek einer Umlagerung, nicht aber einer Volumenver£ndertmg tier Epithelzellen selbst. Fiir die proximalen und die distalen Tubuli sind in Abb. 2 und Tab. 2 die aus den Radien des Lumen und Gesamtdurchmessers errechneten Oberfl~chen der Epithel- zellen im Schnitt (senkrecht zur Verlaufsrichtung) mit ihren Streuungen angegeben: Wenn w£hrend der Mannit- und der Sulfatdiurese keine Xnderungen in der L~nge der proximalen und distalen Tubulusabsehnitte

Arch. exper. Pa th . u. Phaxmakol. , Bd. 233 5

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66 H. BRUNNER, G. KUSCHINSKY, G. PETERS und H. VORtIERR:

e in t re ten sollten, darf diese Querschnitt-Oberfl/iche als MaB des Volumens der Zellen angesehen werden. Dieses Volumen der Zellen scheint sich t rotz der s tarken Zunahme der Lumina der Tubul i n icht zu ver/indern.

Auf dem HShepunk t der osmotischen Diurese nach der i.v. In j ek t ion von Glucose oder von 6fach hypertonischer NaC1-LSsung lassen sich keinerlei signifikante Ver/ inderungen im histologischen Bild des fixierten Nierenschni t t s nachweisen, wenn m a n von einer ganz geringffigigen u n d unsicheren Erwei terung der L u m i n a der dfinnen Teile der I-[enleschen Schleifen nach der Glucose-Injekt ion absehen will (Tab. 3).

Auch auf der HShe der Wasserdiurese, auf der HShe der Diurese nach oraler Gabe von 0,9~o NaC1-L6sung u n d im Durs t sind die Mage der ver- sehiedenen Nephronenante i le und dami t das histologische Bild des fixier- t en gef/irbten Nierenschni t t s gegenfiber Kont ro l len vSllig unver/ indert .

Tabelte 5. Wassergehalt der 2giere au/ dem H6hepunkt der osmotischen und der Wasserdiurese im Vergleich zu Kontrolltieren und zu duretenden Tieren

Behandlung i Gewichts- ~o Wasser P~

Durst . . . . . . . . . . . 77,52 ~ 0,31 **

Wasser p. o . . . . . . . . . 78,36 ~ 0,26 0,9 NaC1 p. o . . . . . . . . . 77,43 :t: 0,32

0,9~o NaC1 i.v . . . . . . . .

Mannit i.v . . . . . . . . .

Suffat i.v. 5,4°/0 NaC1 i.v . . . . . . . .

Glucose i.v . . . . . . . . .

77,23 ± 0,95

80,15 ± 0,27

79,09 :L 0,39 76,90 ± 0,28

78,04 ~ 0,34

$

$$$

Alle Angaben in Gewichts-% Wasser: Mittelwerte x ± s~:. An den Zahlen sind die Signifikanzen der Unterschiede gegeniiber der Kontrollgruppe (0,9~o NaC1 i.v.) durch * P < 0,05, ** = P < 0,01 und *** = P < 0,001 angegeben. In der Spalte P2 sind die Signifikanzen der Untersehiede gegeniiber der mit Mannit behandelten

Gruppe in gleieher Weise bezeiehnet.

Der Wassergehalt des Nierengewebes ist, wie frfiher beschrieben (BRuN- NER, KUSCHINSKY U. PETERS 1958 C), aufder H6he der Wasserdiurese gegen- fiber Kont ro l lwer ten signifikant gesteigert (Tab. 5). Auf der H6he einer os- mot isehen Diurese, die dutch Manni t oder durch Sulfat ausgel6st wird, ist er wesentlieh hSher (Untersehied hoeh signifikant) als w/ihrend derWasser- diurese; bei der osmotisehen Diurese nach der E inwirkung von Manni t liegt der Wassergehalt des Nierengewebes signifikant hSher als nach In- jek t ion von Sulfat. Bei der - - vielleicht etwas geringeren - - osmotisehen Diurese naeh der In j ek t ion yon hypertonischer Glucose oder NaC1-L6sung

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Mannit- und Sulfatdiurese der Ratte 67

n immt der Wassergehalt der Nieren etwa ebenso stark zu wie bei der Wasserdiurese, bleibt aber signifikant geringer als uach der Injekt ion von Mannit. I m Durst scheint der Wassergehalt des Nierengewebes gegeniiber Tieren, die nicht gedurstet haben unct 0,5 ml 0,9% NaC1-LSsung i.v. er- hielten, oder gegeniiber Tieren auf der H6he der Diurese nach oraler Gabe yon 0,9% NaC1-LSsung nicht gesenkt zu sein (Tab. 5). Bei der Diurese nach i.v. Injektion yon hypertoniseher NaC1-LSsung ist der Wassergehalt des Nierengewebes gegeniiber den Kontrollen nicht ver/indert; hier be- steht also eine osmotische Diurese mit gleichzeitigem nicdrigen Wasser- gehalt des Nierengewebes.

Da sow0hl die absoluten Nierengewiehte als anch die auf das KSrper- gewicht bezogenen Nierengewichte ziemlich stark streuen, liel~en sieh keine signifikanten Unterschiede des Nierengewichts zwischen tier Kon- troll-, Wasser-, Sulfat-, Glucose-, hypertonischer NaCl-, Durst- und iso- tonischer NaC1-Gruppe nachweisen. Dagegen war bei der Mannitgruppe das relative Gewicht einer Niere, ausgedriickt in Promille des KSrper- gewichts, mi t 5,55 d-0,19°/00 gegeniiber der Kontrollgruppe mit 4,47 ± 0,16°/00 hoch signifikant (P < 0,001) gesteigert.

Diskussion Bei der osmotischen Diurese nach der einmaligen i.v. Injekt ion yon

Mannit oder Sulfat n immt bei Ra t ten und M~usen der Durehmesser der Lumina tier proximalen Tubuli sehr stark, derjenige der Lumina der distalen Tubuli und tier kleinen SammelrShren weniger stark, aber doch eindeutig zu. Gleichzeitig erscheinen die Epithelzellen niedriger und die Gesamtdurchmesser der verschiedenen Tubulusabschnitte nehmen ent- weder nur wenig oder i iberhaupt nicht eindeutig zu. Die MSglichkeit schien gegeben, dab die Lumenerweiterung auf intramortale oder post- mortale, durch die geringfiigige Zunahme des osmotischen Drucks im Prim/~rharn bedingte Schrumpfungsvorg/~nge an den Epithelzellen zu- riickzufiihren sein kSnnte. Gegen die Annahme einer Schrumpfung der Epithelzellen vor oder nach dem Tod der Tiere spricht aber der Befund, da6 sich die Quersehnitt-Oberfl/~che der Tubulusepithelzellen trotz der Erweiterung des Lumens nicht ver/~ndert (Abb. 2, Tab. 2 und Tab. 3). Wenn also iiberhaupt eine Schrumpfung der Zellvolumina stat tgefunden h/~tte, so miil~te sie zu einer Verkiirzung der Tubuli in der L//ngsrichtung fiihren.

Obgleich Ver/~nderungen der Gesamttubuluslgnge im Verlauf yon Erkrankun- gen der Nephren beschrieben worden sind (OLrCER, BLO0~ u. MACDOWELL 1941 OLrVER1945; OLIVER1953), erscheint eine reversible Verkiirzung des ganzen Tubulusapparats innerhalb weniger Minuten recht unwahrseheinlieh; dariiber hinaus wiirde sie wahrscheinhch zu einer Ver~nderung des Verh~ltnisses der Durchmesser yon Rinde und Mark ftihren, die in unseren Praparaten nieht naehzuweisen war.

5*

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68 H. ]~RUNNER, G. KUSCHI~SKY, G. PETERS und H. VOB~ERR:

Gegen die Annahme einer osmotisch bedingten Schrumpfung der Epithelzellen als Ursache der Lumenerweiterung sprieht weiterhin der signifikant hShere Wasser- gehalt derjenigen Nieren, deren Tubuli unter der Einwirkung yon Mannit oder Sulfat erweitert waren. Eine osmotische Schrumpfung der Epithelzellen wiirde zwar zu einer Verschiebung yon Wasser zwischen dem Inneren der Epithelzellen und dem Tubuluslumen fiihren, diirfte aber den Gesamtwassergehalt tier Nieren kaum ver- /~ndern. Schliel~lieh haben wir zur Ausschliel3ung der MSglichkeit eines postmortalen Artefakts einige Mausenieren nach der Injektion yon Mannit sehr schnell ent- nommen, sofort in fliissige Luft geworfen, gleichzeitig mit dem Auftauen fixiert und angefarbt. Die so erhaltenen Pr/~parate zeigen wenig Einzelheiten, lassen aber ohne weiteres die gleiche Erweiterung der Tubuluslumina erkennen wie frisch fixierte und gef~rbte Pr~parate.

Die beobachte te Erwei te rung des ganzen Tubulussys tems bei der osmot ischen Marmit- und Sulfatdiurese dar f daher wahrscheinl ich als

Folge einer Zunahme der in den Lumina en tha l tenen Fl i iss igkei tsmengen

und dami t des innerea Drueks angesehen werden. Tats/ichlich wurde mi t Hilfe der in den le tz ten J a h r e n entwickel ten Methoden zur Messung des

intratubul/~ren Drucks durch Mikropunkt ion an der Ra t t enn ie re (WIaz

1955; GOTTSCHALK u. MYLLE 1956b) gefunden, dal~ bei st/~rkerer os-

mot ischer Diurese durch Infusion yon Mannit , Saccharose oder hyper- tonischer NaC1-LSsung zun/~chst der Druek in den proximalen Tubul i

und bei noch st/£rkerer Zunahme der Diurese aueh in den distalen Tubuli

der R a t t e z u n i m m t (GoTTSCHALK U. MYLLE 1956a).

Sehon l~nger war iibrigens bekannt, dab bei Hunden bei osmotiseher Diurese der sogenannte ,,intrarenale" Druck, interstitielle Druck oder ,,Nadeldruek" (WINTON 1956) ansteigt (MONTGOMERY, DAVIS, PRINE U. SWANN 1950; GOTTSCHALK 1952; MILES U. DE WARDENER 1954; WINTON 1951). Dieser ,,intrarenale Druck" wird durch Einstechen einer relativ groBen Iqadel ins Parenchym der Nierenrinde gemessen, er wird wahrscheinlich sowohl vom Druck im Tubulussystem als auch vom Druck in den Interstitien als auch in den Nierenvenolen und -venen beeinflul~t (WINTON 1956).

Die osmotische Diurese beruht nach der allgemein herrschenden Ansicht (S~ITg 1956; ROBINSON 1954) nicht auf einer Zunahme des Glomerulumfiltrats pro Zeit- einheit, da die Inulin- und andere vergleiehbare ,,glomerul/ire" Clearaneen nieht zunehmen (CoI~,CORAN, DEL GRECO U. MASSON 1956; DEL GRECO U. WARDE~ER 1956). Als Ursache der osmotischen Diurese wird vielmehr eine StSrung der so- genannten obligaten Wasserriickresorption (SMITH 1956) im proximalen Tubulus angesehen. Die StOrung soll dadureh zustande kommen, dab infolge der Anwesenheit des osmotischen Diureticums trotz der aktiven l~iiekresorption yon Natrium im proximalen Tubulus der osmotlsche Druck im Lumen nicht absinkt und deshalb kein oder nur wenig Wasser riickresorbiert wird. Dieser Vorgang wiirde zur Zunahme des Inhalts und damit des Drucks im proximalen Tubulus fiihren und wiirde somit die beobachtetenVer~nderungen der V~%ite sowohl der proximalen als auch der distalen Tubutusabschnitte erkl/~ren. Im Gegensatz zur osmotischen Diurese wird die Wasserdiurese auf eine StSrung der ,,aktiven" Wasserriickresorption im distalen Tubulus bei normaler Riickresorp~ion im proximalen Tubulus zuriickgefiihrt.

Da infolge dieses Vorgangs bei gleicher Geschwindigkeit der Wasser- und der osmotischen Diurese in den unteren Anteilen der distalen Tubuli und in den Sammel- r5hren ebensoviel Fliissigkeit vorhanden sein miiBte, und da aullerdem in beiden

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Mannit- und Sulfatdiurese der Ratte 69

Fallen der AbfluBwiderstand der gleiche sein diirfte, sollten distale Tubuli und SammelrShren bei Wasserdiurese und osmotischer Diurese gleich welt sein. ]:)as ist aber im fixierten und gef~rbten Schnitt nicht der Fall. Der Widerspruch l~Bt sich vielleicht dureh die Annahme kl~ren (WIRz 1956), dab der bei der Wasserdiure~e ausgeschaltete oder abgebremste Anteil an der Gesamtwasserriickresorption nicht in den distalen Tubuli, sondern in den SammelrShren unterhalb der in unseren Ver- suchen gemessenen kleinsten SammelrShren stattfindet.

Eine einfachere Deutung der beobaehteten Bilder - - und der yon GOTTSCHALK U. MYLLE (1956 a) gemessenen Druckver~nderungen - - w~re die, dab bei osmotischer Dinrese die Menge des in der Zeiteinheit in die Bowmansche Kapsel und das Lumen des proximalen Tubulus abgegebene Fliissigkeitsmenge (,,Glomerulumfiltrat") zu- nimmt, bei der Wasserdiurese dagegen die zus~tzlich ausgeschiedene Fliissigkeits- menge im distalen Tell des distalen Tubulus und darunter in die Tubuluslumina gelangt. Diese Deutung w~re nur dann mSglich, wenn man das ~vohlbegriindete, abet ebensowenig beweisbare wic widerlegbare Dogma der Identit~t der Inulin- Clearance mit der Glomerulumfiltratmenge pro Zeiteinheit fallen lassen diirfte.

Besonders i ibe r raschend i s t die Ta tsache , dal3 die morpholog ischen Ver/~nderungen, die bei der osmot i schen Diurese nach Manni t - und Sulfat - i n j ek t ionen auf t re ten , be i der osmot ischen Diurese nach hype r ton i sehen NaC1- und Glucose - In jek t ionen vollst/~ndig fehlen. W e n n die Ursaehe dieser Di sk repanz die in unseren Versnchen vie l le icht e twas k le inere Diurese nach hype r ton i sche r lqaC1- u n d GlucoselSsung w~re, miil3te m a n wenigs tens angedeu te t e VerEnderungen der N ie ren tubu l i im fiir Manni t - und Su l fa td iu resen beschr iebenen Sinn e rwar ten . Die ,,osmotische" Di- urese nach der I n j e k t i o n yon h y p e r t o n e r NaCI- oder GlucoselSsung scheint sich somi t in ihrem Mechanismus yon der gleichfalls , ,osmot ischen" Diurese nach Manni t - und Su l f a t - In j ek t i onen zu unterschei4en. Dar i ibe r h inaus bes t eh t ein hoch s ignif ikanter Un te r sch ied ( P < 0,001) zwischen dem Wasse rgeha l t des Nie rengewebes bei d e r , , o s m o t i s c h e n " Diurese nach I n j e k t i o n e n yon Glucose oder yon hype r ton i sche r NaC1-LSsung, de r wiederum au f Unte r sch iede zwischen diesen be iden Diurese fo rmen hin- zuweisen scheint .

Summary Histo logica l f ixed and s ta ined sect ions were ob ta ined f rom the k idneys

of young female r a t s a t t he he igh t of e i ther wa te r or osmot ic diuresis . Measurements of t he d i a m e t e r of cross sect ions of var ious p a r t s of the nephrons were m a d e ; s i m u l t a n e o u s l y the wa te r conten t of the k i d n e y t issue was d e t e r m i n e d b y d ry ing in an oven.

Diuresis was induced b y a single in te rvenous in jec t ion of 0.5 ml. pe r r a t of Manni to l or sod ium su lpha te so lu t ions six t imes hype r ton i c to p lasma. A t the he igh t of d iures is a considerable increase in the d i a m e t e r s of the l umina of the p r o x i m a l tubules , the t h in segments , t he d i s t a l t ubu les and of the smal l collecting tubu les was ob ta ined . The g rea t e s t increase occured in t he lumina of t he p rox ima l tubules . The d iame te r s of the g lomeru la r tu f t s and of BOWMANS capsules r ema ined unchanged .

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70 H. BRUNNER. (~. KUscInNSK¥, G. PETERS und H. VORHERR:

The increase in the tubu la r lumina was apparen t ly due to distension. At the same t ime the water content of the k idney tissue increased from 77,2 ~ 0,1 to 80,1 g__ 0,3 (Mannitol) or to 79,1 + 0,4 (sodium sulphate) grammes of water per 100 grammes of fresh k idney tissue.

I n other groups of ra ts diuresis was caused either by in t ravenous in jec t ion of the same dose of NaC1 or glucose solutions six t imes hyper- tonic to plasma or by oral admin i s t r a t ion of water (8 ml/rat) . At the height of diuresis nei ther the appearance nor the dimensions of the glomeruli and tubu l i differed fl'om the controls. I n water and in glucose diuresis a significant increase in the water content of k idney tissue to 78,4 ! 0,3 (water) or 78,0 ~ 0,3 (glucose) per cent of water occured. This increase was significantly smaller t h a n dur ing ,,osmotic': diuresis due to Manni to l or sodium sulphate. Dur ing osmotic diuresis due to the in t ravenous in jec t ion of hyper tonic sodium chloride solution the water conten t of k idney tissue did no t increase. - - There was no significant difference between the maximal rates of diuresis obta ined after the different osmotic diuretics or after the oral adminis t ra t ion of water.

No change in the histological picture of the k idney or its water con- t en t occured after one hour ' s thirs t or dur ing the small diuresis induced by oral admin i s t r a t ion of isotonic saline.

Wir danken l~rl. R. ENGEL ffir flei~ige technische Mitarbeit.

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Prof. Dr. G. KUSCmNSKY, Pharmakol. Inst. der Univ. Mainz