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D © Thomas Aumann, fotolia.com Titelthema: Anti-Refluxtherapie Upside-down-Magen - Laparoskopische Therapie mit anteriorer Hemifundoplikatio R. A. Lang., K.-W. Jauch, Th. P. Hüttl ie laparoskopische Antirefluxchirurgie ist eine etablierte Therapie für Patienten mit Refluxkrankheit, oft kombiniert mit kleinen, unkomplizierten Hernien (über 90 Prozent der Fälle). Es handelt sich um axiale Gleithernien (Typ 1), bei denen der gastroösophageale Übergang in das hintere Mediastinum gleitet. Diese Patienten leiden häufig auch an Refluxsymptomen. Bei paraösophagealen Hernien (Typ 2) herniert der Fundus in das hintere Mediastinum, der gastro-ösophageale Übergang verbleibt in anatomisch annähernd korrekter Lage. Patienten leiden zunächst an retrosternalem Druckgefühl, später oft an komplikationsreichen Passagestörungen. Im Falle von gemischten Hernien (Typ 3) befinden sich sowohl der gastroösophageale Übergang als auch der Fundus im hinteren Mediastinum. Patienten können an Reflux und Passagestörungen leiden. Der Upside-down- oder auch Thorax-Magen (Typ 4) ist die maximale Ausprägung des zuvor genannten Hernientyps. Benachbarte Bauchorgane können dabei ebenfalls hernieren [ 1, 2] . Patienten mit Typ 4 Hernien können an Refluxbeschwerden durch die gleitende Hernierung ebenso wie an mechanischen Problemen durch die paraösophagealen Hernienanteile leiden. Da der Upside- down-Magen lebensgefährliche Komplikationen (Strangulation, Perforation und Blutung) mit sich bringen kann, war die chirurgische Therapie immer Mittel der Wahl. Jedoch stand in den letzten 40 Jahren dabei vor allem die Magenreposition im Vordergrund. Die Therapie des Refluxes war zweitrangig [1-5] . Ursprünglich wurde der Thoraxmagen mit Hilfe einer Laparotomie oder auch Thorakotomie behoben. Heute werden diese Hernien erfolgreich, mit einer geringen postoperativen Morbidität und einem vergleichsweise kurzen stationären Aufenthalt laparoskopisch therapiert. Sowohl für 360 Grad Fundoplikationes als auch für vordere und hintere Teilmanschetten wird eine effektive Antirefluxbarriere berichtet. Dabei werden nach Anlage von Teilmanschetten postoperativ seltener Schluckbeschwerden und das „Gas bloat“-Syndrom beobachtet [ 6, 7, 8] . Bis heute existiert keine randomisierte Studie, die die Effektivität einer vorderen Hemifundoplikatio bei der Therapie des Thoraxmagens mit anderen Manschettenformen vergleicht.

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D

© Thomas Aumann, fotolia.com

Titelthema: Anti-Refluxtherapie

Upside-down-Magen - Laparoskopische Therapie mitanteriorer HemifundoplikatioR. A. Lang., K.-W. Jauch, Th. P. Hüttl

ie laparoskopische Antirefluxchirurgie ist eine etablierteTherapie für Patienten mit Refluxkrankheit, oftkombiniert mit kleinen, unkomplizierten Hernien (über

90 Prozent der Fälle). Es handelt sich um axialeGleithernien (Typ 1), bei denen der gastroösophagealeÜbergang in das hintere Mediastinum gleitet. DiesePatienten leiden häufig auch an Refluxsymptomen. Beiparaösophagealen Hernien (Typ 2) herniert der Fundus indas hintere Mediastinum, der gastro-ösophagealeÜbergang verbleibt in anatomisch annähernd korrekterLage. Patienten leiden zunächst an retrosternalemDruckgefühl, später oft an komplikationsreichenPassagestörungen. Im Falle von gemischten Hernien (Typ3) befinden sich sowohl der gastroösophageale Übergangals auch der Fundus im hinteren Mediastinum. Patientenkönnen an Reflux und Passagestörungen leiden. DerUpside-down- oder auch Thorax-Magen (Typ 4) ist diemaximale Ausprägung des zuvor genannten Hernientyps.Benachbarte Bauchorgane können dabei ebenfallshernieren [1, 2].

Patienten mit Typ 4 Hernien können anRefluxbeschwerden durch die gleitende Hernierungebenso wie an mechanischen Problemen durch dieparaösophagealen Hernienanteile leiden. Da der Upside-down-Magen lebensgefährliche Komplikationen(Strangulation, Perforation und Blutung) mit sich bringen kann, war die chirurgische Therapie immer Mittel der Wahl.Jedoch stand in den letzten 40 Jahren dabei vor allem die Magenreposition im Vordergrund. Die Therapie des Refluxeswar zweitrangig [1-5].

Ursprünglich wurde der Thoraxmagen mit Hilfe einer Laparotomie oder auch Thorakotomie behoben. Heute werdendiese Hernien erfolgreich, mit einer geringen postoperativen Morbidität und einem vergleichsweise kurzen stationärenAufenthalt laparoskopisch therapiert. Sowohl für 360 Grad Fundoplikationes als auch für vordere und hintereTeilmanschetten wird eine effektive Antirefluxbarriere berichtet. Dabei werden nach Anlage von Teilmanschettenpostoperativ seltener Schluckbeschwerden und das „Gas bloat“-Syndrom beobachtet [6, 7, 8]. Bis heute existiert keinerandomisierte Studie, die die Effektivität einer vorderen Hemifundoplikatio bei der Therapie des Thoraxmagens mitanderen Manschettenformen vergleicht.

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Ziel unserer prospektiven Untersuchung war es, die Realisierbarkeit und die Sicherheit der vorderenHemifundoplikatio zu überprüfen.

Patienten und MethodenAlle laparoskopischen Eingriffe des oberen Gastrointestinaltraktes werden seit 1991 prospektiv in einer Datenbankerhoben. Etwa 500 laparoskopische Antireflux-Operationen wurden seit September 1992, der erste Upside-down-Magenim Oktober 1992, durchgeführt. Bis Dezember 2009 wurden insgesamt 50 Patienten (32 w, 18 m) mit Upside-down-Magenlaparoskopisch meist durch anteriore Hemifundoplikatio (80 Prozent) therapiert. In den ersten Jahren wurden auchfolgende Prozeduren durchgeführt: Fundophrenico- und Gastropexien (8 Prozent), Lortat-Jacob (6 Prozent), Toupet(2Prozent) und Nissen (4 Prozent). Patienten nach anteriorer Hemifundoplikatio (n= 40) werden hier vorgestellt.

OperationDie Patienten wurden in Anti-Trendelenburg Position gelagert, der Operateur befand sich zwischen den Beinen desPatienten (French Position). Nach Positionierung von 5 Trokaren (2-mal 10–12 mm, 2-mal 5 mm, 1-mal 5 oder 10 mm)wurde der linke Leberlappen z. B. mit einem Leberretraktor angehoben. Nach der Magenreposition wurde mit Hilfe desUltraschall-Skalpells der Peritonealsack disseziert und die Speiseröhre soweit mobilisiert bis sie mindestens 3 cm weitintraabdominell spannungsfrei zum Liegen kam. Nach Einführen eines 12-mm-Bougies wurden 5 (3-7) nichtresorbierbareEinzelknopfnähte für die Rekonstruktion des Hiatus ösophagei benötigt. Für die vordere Hemifundoplikatio wurdendurchschnittlich 5 Einzelknopfnähte durchgeführt, wobei ein Stich immer den Ösophagus miterfasste. Alle Patientenerhielten eine vordere Korpopexie. Ausschließlich ein Patient wurde aufgrund einer sehr großen Hernie mit einem 6 mal 4cm großen Vicryl-Netz versorgt. Durch eine Ösophago-Gastroskopie am Ende einer jeden Operation wurden Stenosenund Leckagen ausgeschlossen und die Größe und Position der Manschette überprüft. Am ersten postoperativen Tagwurde eine Leckage durch eine Breischluckuntersuchung ausgeschlossen (Abb. 1–21, alle Bilder © T.P. Hüttl).

Abb. 1: Fallbeispiel 1, Patientin mit subtotalem Thoraxmagen undorgano-axialem Volvulus. 1. Schritt: Magenreposition © T. P. Hüttl

Abb. 2: Fallbeispiel 1, Beginn der Präparation mit Inzision desBruchsacks am unmittelbar am linken Zwerchfellschenkel © T.P. Hüttl

Abb. 3: Fallbeispiel 1, Identifikation der hepatische Vagus-Äste,Inzision ober- und unterhalb © T. P. Hüttl

Abb. 4: Fallbeispiel 1, Präparation des Bruchsackes, späterweitgehende Resektion © T. P. Hüttl

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Abb. 5: Fallbeispiel 1, Präparation des retroösophagealenFettkörpers („Schrittmacherlipom“) und weitgehende Resektion zurVerhinderung eines axialen Hernienrezidivs © T. P. Hüttl

Abb. 6: Fallbeispiel 1, Fundusmobilisation. Cave: thermischeKollateralschäden © T. P. Hüttl

Abb. 7: Fallbeispiel 1, Hohe mediastinale Dissektion, im wesentlichenstumpf. Cave: Verlauf des N. vagus, thermische Schäden(=Komplikation!), Pleuraläsion (unerwünschtes Ereignis ohneKonsequenz) © T. P. Hüttl

Abb. 8: Fallbeispiel 1, Fertige Präparation. Bluttrockener Situs, 4-5abdomienelles Ösophagussegment, hepatischer Vagus unversehrt.Cave: bei Spannung erneuter Einstieg ins Mediastinum © T. P. Hüttl

Abb. 9: Fallbeispiel 1, Hintere Hiatusplastik. Bei Verwendung von Ski-Nadeln keine 10 mm Trokare nötig. Cave: V. Cava, sichere Naht- undKnotentechnik, extrakorporale Rutschknoten hilfreich, ggf.intrakorporale Gegenknoten © T. P. Hüttl

Abb. 10: Fallbeispiel 1, Kalibrierungsbougie. Cave: obligat(Stenoseprophylaxe), Vorschieben unter Sicht auf Monitor(retroösophageale Perforationsgefahr) © T. P. Hüttl

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Abb. 11-13: Fallbeispiel 1, Vordere Hiatusplastik. Fakultativ, jedoch hoher Evidenzgrad. Knotenschieber hilfreich. Überprüfen auf korrekte LichteWeite obligat, Bilddokumentation zu empfehlen © T. P. Hüttl

Abb. 14: Fallbeispiel 1, Probeanpassung einer lockeren vorderenHalbmanschette über geschientem Ösophagus (12-mm-Bougie) © T.P. Hüttl

Abb. 15: Fallbeispiel 1, Nahttechnik Anteriore Hemifundoplikation. 1.Schritt: Kräftiges Fassen des Fundus © T. P. Hüttl

Abb. 16: Fallbeispiel 1, Nahttechnik Anteriore Hemifundoplikatio. 2.Schritt: Vorsichtiges aber beherztes extramuköses Mitfassung derÖsophaguswand rechts lateral © T. P. Hüttl

Abb. 17: Fallbeispiel 1, Nahttechnik Anteriore Hemifundoplikatio. 3.Schritt: Vorsichtige Adaptation mit extrakorporalem Knoten undKnotenschieber (z. B. „Zeller-Knoten“) am Hiatus © T. P. Hüttl

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Abb. 18: Fallbeispiel 1, Abschlusssitus Anteriore Hemifundoplikationmit 6 Nähten am Zwerchfell rechts, der vorderen Kommissur undam linken Zwerchfellschenkel links oben © T. P. Hüttl

Abb. 19: Fallbeispiel 2, Pat. mit Upside-Down-Magen.Netzverstärkung am Hiatus mit U-förmig vorgefertigtem biologischdegradierbarem Netz (hier: GORE® BIO-A®) © T. P. Hüttl

Abb. 20: Fallbeispiel 2, Standardnahttechnik unter Mitnahme vonNetz und rechtem Zwerchfellschenkel. Cave: V. cava–Verlauf © T.P. Hüttl

Abb. 21: Fallbeispiel 2, Abschlusssitus nach Hiatusplastik mitNetzverstärkung und anteriorer Hemifundoplikation © T. P. Hüttl

NachsorgeIm Rahmen der regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen konnten alle Patienten in einem Median von 42 Monaten bisDezember 2010 nachuntersucht werden. Alle Patienten erhielten einen standardisierten Anamnesebogen. Dabei wurdensie über Ausprägung und Häufigkeit ihrer Refluxbeschwerden (0 = keine Symptome, 4 = dauerhaft Symptome) befragt.Der Gastrointestinale Lebensqualitätsindex (GLQI) [9] mit 36 Fragen und je 5 Antwortmöglichkeiten (0 = dauerhafteSymptome, 4 = keine Symptome) wurde von den Patienten ausgefüllt. Durch einen modifizierten Visick Score und denSmiley Score (1 = sehr gut, 5 = sehr schlecht) mussten die Patienten ihr Befinden vor und nach der Operation bewerten.

Statistische AngabenDie Daten wurden prospektiv erhoben. Statistische Signifikanzen wurden anhand des Wilcoxon–Tests berechnet. DieErgebnisse wurden mit Hilfe von Median, Minimum- und Maximum-Werten dargestellt.

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ErgebnisseSeit September 1996 wurden 40 Patienten mit Upside-down-Magen laparoskopisch durch eine anterioreHemifundoplikatio therapiert. Sechzehn Patienten (40 Prozent) hatten abdominelle Voroperationen, einer davon wegeneiner Hiatushernie. Fünf Patienten (10 Prozent) wurden wegen akuter Symptome (2-mal Mageninkarzeration, 1-malOmentuminkarzeration, 1-mal Blutung) behandelt. Zusätzliche Operationen wurden bei 19 Patienten (48 Prozent)durchgeführt, meist eine Adhäsiolyse (11-mal). Ein organo–axialer oder mesenterico–axialer Volvulus war bei 10Patienten (26 Prozent) vorhanden.

Intraoperativ technische Komplikationen (10 Prozent) waren zwei oberflächliche Magenverletzungen, eineoberflächliche Ösophagusverletzung und eine Faszienblutung, die alle laparoskopisch behoben werden konnten. Zweinicht chirurgische Komplikationen waren eine vorübergehende radiale Nervenverletzung sowie eine intraoperativeBradykardie. Die mediane Operationszeit betrug 160 (90-275) Minuten. Die intraoperative Gastroskopie zeigte dengastroösophagealen Übergang intraabdominell bei im Median 40 (36-47) cm ab Zahnreihe. Der mediane postoperativeAufenthalt betrug 5 (2–17) Tage, wobei die beiden prolongierten Aufenthalte nicht auf operativ-technische Komplikationenzurückzuführen waren. Der postoperative Kostaufbau betrug im Median 3 (2-5) Tage. Postoperative Komplikationen tratenzweimal (Pleuraerguss und Emphysem) auf. Die Letalität war Null.

Alle 40 Patienten beanworteten den Nachsorge-Fragebogen im Median nach 42 Monaten. Eine signifikanteVerbesserung konnte in allen erhobenen Parametern postoperativ festgestellt werden. Schmerzen und Sodbrennenhatten sich von 3 (0-4) auf 0 (0-4) verbessert (p = 0.0001). Anämie war präoperativ bei 19 Patienten (48 Prozent) undpostoperativ nur bei einem (3 Prozent) festgestellt worden. Die ausgeprägte und signifikante (p = 0,0001) Verbesserungder Lebensqualität zeigte sich anhand des Smiley-scores mit einer Verbesserung von 4 (2-5) Punkten präoperativ zu 2 (1-3) postoperativ ebenso wie anhand des modifizierten Visick-scores (Tabelle 1). Der GastrointestinaleLebensqualitätsindex der Patienten steigerte sich signifikant (p = 0.0001) von im Median 90 (47-124) Punkte auf 119 (113-140) Punkte.

Tabelle 1: Subjektives postoperatives Befinden (modifizierter Visick Score) n Prozent

1 (viel besser) 22 552 (besser) 17 433 (etwas besser) 1 34 (gleich) 0 05 (schlechter) 0 0

DiskussionDie Therapie der Wahl des Upside-down-Magens ist die chirurgische, da diese Erkrankung sonst lebensbedrohlicheRisiken wie Blutung und Perforation birgt und die konservative Therapie mit einer sehr hohen Mortalitätsrate (bis zu 27Prozent) vergesellschaftet ist [1]. Der minimal invasive Zugangsweg ist in der Therapie durch die geringere Morbidität undMortalität sowie einen kürzeren Krankenhausaufenthalt überlegen. Dennoch existieren aktuelle Berichte, dass dieRezidivrate nach konventioneller Therapie etwas geringer sei [8]. Im therapeutischen Vorgehen beim Upside-down-Magen bestehen einige Kontroversen:

Welche Rekonstruktion ist die effizienteste?

Zur Therapie der Gastroösophagealen Refluxkrankheit wird am häufigsten die Nissen Fundoplikatio durchgeführt. Etwa90 Prozent der Patienten haben gute Langzeitergebnisse bezüglich des Sodbrennens. Dafür werden aber eine Vielzahlvon Nebenwirkungen wie Dysphagie, „Gas bloat“, Flatulenz, etc. in Kauf genommen [10, 11, 12, 13, 14]. Um eben dieseNebenwirkungen zu vermeiden, wurden viele Modifikationen der Fundoplikatio als vordere und hintere Teilmanschettengeneriert [11]. In der Literatur sind nur wenige Berichte über die Effektivität einer laparoskopischen anteriorenHemifundoplikatio zur Therapie des Upside-down-Magens vorhanden. Eine randomisierte Vergleichsstudie liegt bisheute nicht vor. Gockel et al. [15] konnten durch die laparoskopische anteriore Hemifundoplikatio eineSymptomverbesserung bei Upside-down-Magen zeigen. Aly berichtet eine Rezidivrate von 30 Prozent, wobei ein Drittelder Rezidivpatienten symptomfrei blieb [16]. Unsere Studie erbrachte eine signifikante Verbesserung der Lebensqualitätnach laparoskopischer anteriorer Hemifundoplikatio für Typ 4 Hiatushernien. Durch dieses Verfahren lässt sich eineeffektive Antirefluxbarriere bei Minimierung der Nebenwirkungen herstellen.

Ist eine Antirefluxbarriere nach Magenreposition und Hiatusplastik überhaupt nötig?

Einige Chirurgen sind davon überzeugt, dass es sich beim Upside-down-Magen um eine ausgeprägte paraösophagealeHernie handelt. Der Gastroösophageale Übergang wäre dabei regelrecht, sodass Patienten eher an Passagestörungenals an Reflux leiden. Ellis et al. Schlug vor, dass Antirefluxbarrieren nur durchgeführt werden sollten, wenn sichintraoperativ ein hypotoner unterer ösophagealer Sphinkter fände [17]. Unsere eigenen Daten zeigen, dass die meistenPatienten Refluxsymptome und z. T. auch dokumentierte Ösophagitiden aufwiesen.

Hat eine zusätzliche vordere Corpopexie Vorteile?

Eine Gastropexie sollte das Risiko für Rezidive und einen intraabdominellen Volvolus verringern. Sie wurdeinsbesondere in der konventionellen Chirurgie durchgeführt. Lukas et al. führten die Korpopexie regelmäßig in deroffenen Chirurgie durch, verließen aber dieses Verfahren zunächst bei Einführung der Laparoskopie. Nachdem einPatient nach laparoskopischer Therapie des Upside-down-Magens postoperativ einen Volvolus erlitt, wurde in dieserArbeitsgruppe die zusätzliche laparoskopische Therapie wieder als Standardverfahren ergänzt, ein weiterer Volvolusblieb aus [18]. Wir führen in diesem Kollektiv ebenfalls die vordere Corpopexie zur anterioren Hemifundoplikatio zur

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Senkung des Rezidiv- und Volvolusrisikos durch.

Ist eine Netz-Hiatusplastik nötig?

Die Implantation von Netzen wird in den letzten Jahren zunehmend propagiert. In einer aktuellen Medline-Recherche1/2011 identifizierten wir 4750 Publikationen zum Thema „hiatal hernia“, davon 160 Publikationen/Case Reports zumThema „mesh“. Dabei ist festzustellen, dass durch eine Netzverstärkung eine signifikante Reduktion der Anzahl anRezidivhernien beobachtet werden konnte. Heute erfolgt das nur noch fakultativ. Der Grad der Evidenz allerdings istgering. In Zusammenhang mit der Verwendung von Kunststoffnetzen werden neue, bisher nicht bekannte Komplikationenmit zum Teil katastrophalem Ausgang berichtet, deren Dunkelziffer gemäß aktueller Umfragen eher unterschätzt wird.Hierzu zählen Stenosen und Netzmigrationen in Ösophagus und Magen mit nachfolgender Notwendigkeit derÖsophagektomie, Gastrektomie etc., ebenso wie massive Blutungskomplikationen [19–21]. Die in der eigenenArbeitsgruppe bisher praktizierte Zurückhaltung gegenüber nichtresorbierbaren Materialien am Hiatus oesophagei (< 0,5Prozent Netzverstärkung bei > 800 versorgten Hiatushernien, 1-mal Polypropylennetz bei 54 Upside-Down-Mägen) wirdhierdurch untermauert. Durch den Einsatz neuerer biologischer Materialien dagegen scheinen derartige Komplikationenvermieden werden zu können bei bisher überzeugenden Kurzzeitresultaten. Die Datenlage ist aber auch hier derzeit nochvon geringer Evidenz. Nach wie vor sind wir der Überzeugung, dass die beste Rezidivprophylaxe in einer ausgedehntenmediastinalen Dissektion mit spannungsfreier Rückverlagerung des Ösophagus liegt. Hinzu kommt eine suffizientelaparoskopische Nahttechnik und die Fixation der Manschette am Zwerchfell. Wir favorisieren hier die technischanspruchsvolleren Teilmanschetten (Toupet, anteriore Hemifundoplikatio mit/ohne zusätzliche Gastropexie). BeiRezidivhernien und zunehmend auch bei großen Typ III/Typ IV Hiatushernien kommen bei uns inzwischen biologischeNetzmaterialien (Abb. 19-21) zum Einsatz. Die bisherigen Ergebnisse sind erfreulich. Einem generellen Einsatz vonNetzmaterialien am Hiatus sollten allerdings größere prospektive Studien vorausgehen. Zudem müssen Patienten mitHiatushernien vor allem bei der geplanten Verwendung von nicht resorbierbaren Netzen auf die o. g. neuenKomplikationen hingewiesen und über die möglichen Alternativen adäquat informiert werden .

Ist eine Collis-Nissen-Gastroplastie zur Verlängerung der Speiseröhre nötig?

Nach unserer Erfahrung reicht eine ausgiebige Mobilisation der thorakalen Speiseröhre aus, eineVerlängerungsoperation war bei keinem Patienten nötig. Eine tatsächliche Verkürzung durch Ösophagusfibrose nachhochgradigen transmuralen Entzündungen kommt äußerst selten vor. Im Einklang mit anderen Arbeitsgruppen [22]betrachten wir dies als eine Pseudoverkürzung der Speiseröhre durch Verkürzung der longitudinalen Muskeln. Eineausgeprägte Mobilisation erlaubt die Re-Extension dieser Muskeln. Diese Mobilisation wird daher als eine derwichtigsten Operationsschritte zur Rezidivprophylaxe angesehen [23–25].

Neben all den evidenten Vorteilen der minimal-invasiven Chirurgie konnte unsere Untersuchung die Effektivität undSicherheit der laparoskopischen anterioren Hemifundoplikatio für die Therapie des Upside-down-Magens mit geringerpostoperativer Morbidität und hoher Lebensqualität bestätigen (s.a. [26]).

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Lang RA, Jauch KW, Hüttl TP. Upside-down-Magen - Laparoskopische Therapie mit anteriorer Hemifundoplikatio. Passion Chirurgie. 2011 Feb; 1 (2): Artikel02_02.