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Versöhnungsweg der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative Würzburg
16. März 2021
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Versöhnungsweg der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative 2021
Das Nagelkreuzzentrum Würzburg – eine Ökumenische Initiative für Frieden und Versöhnung
der Kirchen und der Stadt Würzburg – darf am 16. März 2021 auf seine Gründung vor
20 Jahren zurückblicken. Seither lautet das Motto der Versöhnungsarbeit in Würzburg
„Erinnerung bewahren – Versöhnung leben“.
Der diesjährige Versöhnungsweg am 16. März
2021 wird von den Gründungsorganisationen
der Nagelkreuzinitiative gestaltet.
Die Ackermann-Gemeinde in der Diözese
Würzburg, die das Wandernagelkreuz und die
Versöhnungsstatue am 16. März 2020 über-
nommen hat, wird die Versöhnungszeichen bis
2022 als Gastort behalten.
In Text und Bild verläuft der Weg der Versöhnung – anders als gewohnt; er führt von der Gedenkstätte 16. März 1945 über die Kirche St. Stephan, den Dom und das Rathaus zur Marienkapelle und kann hier verfolgt werden. Herzliche Einladung!
1. Station Gedenkstätte 16. März 1945 – Hauptfriedhof „Versöhnung über den Gräbern“
Heute, am 16. März 2021 darf ich Sie im Namen der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative sehr
herzlich begrüßen. Es ist das 20. Mal, dass unsere Initiative am Massengrab, an der
Gedenkstätte 16. März 1945, gemeinsam mit
der Stadt der Toten gedenkt. Etwa 4.000
Menschen verloren beim Luftangriff englischer
Bombergeschwader auf Würzburg im Feuer-
sturm der Nacht des 16. März 1945 ihr Leben.
3.000 Opfer sind hier im Massengrab be-
stattet, derer jährlich im Totengedenken und
mit einer Kranz-niederlegung gedacht wird.
Seit 2001 kam zum Erinnern der
Versöhnungsgedanke hinzu. Die Ökumenische
Nagelkreuzinitiative konnte die Stadt und die
Kirchen Würzburgs sowie viele Einzelpersonen
davon überzeugen, dass zum Erinnern der Blick in die Zukunft gehört. Der ist ohne
ausgestreckte Hand zum einstigen Feind, hin nach England, Frankreich und zu den
Wandernagelkreuz und Versöhnungsstatue
Foto: Roland Dietsch
Gedenkstätte 16. März 1945 – Massengrab
Foto: Wigbert Baumann
Versöhnungsweg der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative Würzburg
16. März 2021
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verfeindeten Nachbarn in Europa und der Welt nicht möglich. Alle waren sich einig: Nie wieder
Krieg!
1940 hatten die Deutschen die mittelenglische Stadt Coventry zerstört und ebenso ihre
altehrwürdige mittelalterliche Kathedrale St. Michael. Der damalige Domprobst Richard
Howard plädierte für Versöhnung und Verständigung mit den alten Feinden. Mit seinen
Freunden brachte er nach dem Krieg drei Nägel, zum Kreuz gebunden, aus dem zerstörten
Dachgestühl der Kathedrale in Coventry in viele Städte. Zuerst nach Kiel und Hamburg. Das
Nagelkreuz war „geboren“.
Aus seinen Initiativen zu Versöhnung und Verständigung erwuchs die Internationale
Nagelkreuzgemeinschaft in Coventry mit derzeit über 350 verliehenen Kreuzen, davon über
200 aktiven Partnern. 1991 kam es zur Gründung der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland
mit heute über 70 Gemeinschaften. Glückwunsch zum 30. Geburtstag!
Am 16. März 2001 wurde Würzburg in das große internationale Netzwerk der
Nagelkreuzzentren aufgenommen. Seitdem durften wir hier am Massengrab, zu dessen
künstlerischem Ensemble seit diesem Tag auch die Versöhnungsglocke gehört, viele, auch
internationale Gäste begrüßen z. B.: Canon Andrew White und Dr. Paul Oestreicher vom
Versöhnungszentrum an der Kathedrale in Coventry/England, Reverend Henry Jesse aus
Denver in Colorado/USA, Gäste aus Würzburgs Partnerstädten und die Vorsitzenden der
Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland. Jährlich besuchten uns am 16. März Freunde aus den
deutschen Nagelkreuzzentren, z. B. aus Dresden, Halle, Pforzheim und Berlin.
Aus dem Monatsgruß für die Gemeinden des Evang.-Luth. Dekanats Würzburg, März 2001
Versöhnungsweg der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative Würzburg
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Programm zum 16. März 2001
Versöhnungsweg der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative Würzburg
16. März 2021
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Die Erinnerung am Massengrab vor dem Hauptfriedhof mündet seit 2001 mit dem Läuten der
Versöhnungsglocke ein in den Versöhnungsweg zum nächsten Gastort des Wandernagel-
kreuzes in Würzburg und Umgebung. Seit 2013 begleitet auch die Versöhnungsstatue das
Nagelkreuz und verweist darauf, dass Versöhnung über das Christentum hinaus ein Wert in
allen Religionen ist.
VERSÖHNUNGSGLOCKE VON WÜRZBURG
Bomben zu Glocken
Die unbewegliche 200 kg-Glocke enthält Kupfer aus russischen Granaten und ist eine Nachbildung des Sprengbombenbruchstückes, das in der Franziskanerkirche Würzburg zu sehen ist. Ein roter britischer Brandbombenkopf und drei, deutschen Bomben ähnelnde Leitbleche bilden die Spitze des Klöppels. Seine Funktion: Mobile bei leichtem Wind, leiser Klang bei starkem Wind, Läuten durch Seilzug unten. Die Glocke erinnert an
die Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945 durch britische Bomben
die 5000 Opfer, 3000 sind hier in einem Massengrab bestattet. (siehe Beschilderung und Denkmal)
die Wichtigkeit von VERSÖHNUNG = RECONCILIATION zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern sowie mit allen Menschen, heute und in der Zukunft.
Mit der Überreichung eines NAGELKREUZES am 16. März 2001 durch das Internationale Versöhnungszentrum an der Kathedrale von Coventry (Großbritannien) wurde Würzburg Mitglied dieser weltweiten Friedensbewegung. Am selben Tag wurde die Versöhnungsglocke geweiht.
Erinnerung bewahren – Versöhnung leben
FRIEDE – MIR – PAIX – PEACE – SALAM – SHALOM (Inschrift der Gedenktafel auf dem Friedensstein unterhalb der Versöhnungsglocke)
20 Gastorte können heute dieses Jubiläum mit uns feiern. Ein Jahr haben sie jeweils das Thema
Versöhnung und Frieden in ihrer Kirche, Institution oder Einrichtung in den Mittelpunkt ihrer
Arbeit gestellt. Ihr Beitrag für die Stadt und die Kirchen ist nicht hoch genug einzuschätzen.
Dafür sagen wir DANKE!
„Erinnerung bewahren - Versöhnung leben“, Wunden der Geschichte heilen und in Vielfalt an
einer Kultur des Friedens mitwirken. Diesen Beitrag will die Ökumenische Initiative für Frieden
und Versöhnung mit Menschen guten Willens immer wieder neu hier in Würzburg leisten.
Oberbürgermeister Jürgen Weber hat zum 16. März 2001 den Satz an der Türe zum Ratssaal
im Rathaus Würzburg: „Stärker als Tod und Vernichtung ist unser Wille zum Leben“
umgeformt: „Stärker als Tod und Vernichtung ist unser Wille zu Versöhnung und Frieden“.
Versöhnungsglocke mit Friedensstein
Foto: Wolfgang Hugo
Versöhnungsweg der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative Würzburg
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Wie in der Festschrift zu 10 Jahren Nagelkreuz in Würzburg nachzulesen ist, fügte er hinzu:
„Ich wünsche mir, dass das Nagelkreuz ein Zeichen dafür ist, dass wir täglich für den Frieden
arbeiten müssen. Diese Arbeit beginnt bei jedem Einzelnen von uns und an jedem Tag und
immer wieder neu.“
Dieser Auftrag zur Arbeit und zum Gebet für Versöhnung und Frieden geht auch 2021 an uns
alle. Er dient einer Zukunft in Verständigung und Frieden.
Johanna Falk
Mitbegründerin der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative Würzburg und deren Sprecherin
bis 2015
2. Station Kirche St. Stephan „Versöhnung durch Ökumene auf Augenhöhe“
In St. Stephan sind die Anliegen der Nagelkreuzbewegung schon immer
auf fruchtbaren Boden gefallen. Vor 20 Jahren war hier der erste
Gastort des Wandernagelkreuzes in Würzburg. „Versöhnung zwischen
den Konfessionen“ hat man damals in den Mittelpunkt gestellt. Das
Thema hat nichts an Aktualität verloren. Die Begegnung der
unterschiedlichen Konfessionen auf Augenhöhe, das Miteinander bei
diakonischen Aufgaben und die gegenseitige Akzeptanz als Kirche Jesu
Christi sind nach wie vor gute ökumenische Baustellen. Gemeinsam
von der Evang.-Luth. Kirche und der Röm.-kath. Kirche wird die
Christophorus-Gesellschaft mit ihren Beratungsstellen betrieben, in
den Pflegeheimen und Krankenhäusern und bei anderen Aktivitäten arbeitet man
miteinander. Und das Miteinander prägt auch das Verhältnis von St. Stephan zur
altkatholischen Gemeinde St. Martin, mit der wir seit 13 Jahren jährlich ein ökumenisches
Abendmahl feiern, mit der methodistischen Gemeinde der Christuskirche verbinden uns unter
anderem die Gottesdienste an Himmelfahrt.
Versöhnung braucht engagierte Menschen, Anlässe und Aufgaben, und eine Portion guten
Willen, etwas gemeinsam zu gestalten.
Das „Denkmal der Versöhnung" auf dem Wilhelm-Schwinn-Platz ist so ein Ort geworden, wo
mittlerweile 19 Tafeln das Wort „Versöhnung“ in vielen Sprachen sinnenfällig machen. Bunte
Schrift auf dem Boden ist ungewöhnlich, fremde Schriftzeichen, die man nicht lesen kann.
Aber derselbe Geist verbindet sie. Und dieselbe Sehnsucht nach mehr Frieden in dieser Welt.
Für mich ist es jedes Mal schön, wenn auch Kinder diese Farben entdecken, auf dem Platz
spielen und sich auf den alten behauenen Quadern niederlassen. Diese Quader aus der Zeit
des Nationalsozialismus bilden jetzt eine große, in den Boden eingelassene Blume mit den
Blütenblättern der Versöhnung.
Pfr. Jürgen Dolling
Versöhnungsweg der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative Würzburg
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Wenn jeder eine Blume pflanzte,
jeder Mensch auf dieser Welt,
und, anstatt zu schießen, tanzte
und mit Lächeln zahlte, statt mit Geld -
wenn ein jeder einen andern wärmte,
keiner mehr von seiner Stärke schwärmte,
keiner mehr den andern schlüge,
keiner sich verstrickte in der Lüge,
wenn die Alten wie die Kinder würden,
sie sich teilten in den Bürden,
wenn dies Wenn sich leben ließ,
wär's noch lang kein Paradies -
bloß die Menschenzeit hätt angefangen,
die in Streit und Krieg uns beinah ist vergangen.
(Peter Härtling, Evang. Gesangbuch S. 1073)
Ja, unsere Welt ist kein Paradies. Aber wir können
sie gestalten. Zum Beispiel mit Symbolen wie das auf
der Südseite der Stephanskirche am Regierungs-
garten: Eine Weltkugel, deren Erdteile einander die
Hände reichen. Entstanden ist diese Skulptur in der
Justizvollzugsanstalt Würzburg. Ein schönes Symbol
für die weltumspannenden Aufgaben, die das
Engagement für Versöhnung und Frieden mit sich
bringen. Schon seit fast 30 Jahren pflegt das Evang.-
Luth. Dekanat einen Partnerschaft mit der evang.
Diözese Ruvuma im Süden Tanzanias. Hier hat man
sich schon oft die Hände gereicht und gemeinsam
Probleme angepackt.
Heute im Jahr 2021 sind der Klimawandel und die
Pandemie globale Probleme, die wir nur gemeinsam
überwinden können. Jetzt müssen die Augen
lächeln, wenn die FFP2-Maske die Lippen verdeckt.
Jetzt kommt es darauf an, dass wir die Natur
bewahren mit ihrer Vielfalt und ihrem sensiblen ökologischen Gleichgewicht. Viel ist schon
aus dem Gleichgewicht geraten, deshalb müssen wir anders denken und anders handeln. Wir
haben keine Alternative, wenn diese Erde auch für nachfolgende Generationen ein
lebenswertes zu Hause bleiben soll.
Der Monatsspruch März der Herrnhuter Brüdergemeine lautet:
Jesus antwortete: Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine
schreien. Lukas 19,40
Denkmal der Versöhnung mit Steinblüte
Foto: Jürgen Dolling
Weltkugel
Foto: Jürgen Dolling
Versöhnungsweg der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative Würzburg
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Mit dem Wort „diese“ sind die Jünger gemeint. Das schließt uns ein, und zwar Frauen und
Männer gleichermaßen. Wir haben etwas zu sagen und zu gestalten in dieser Welt! Gut, wenn
uns Steine und Symbole immer wieder daran erinnern.
Jürgen Dolling
Pfarrer an St. Stephan
3. Station Dom St. Kilian „Versöhnen durch Vergeben“
Im Jahr 2015 war das Wander-
nagelkreuz im Würzburger Dom.
Daran erinnert eine Kopie des
Kreuzes im Dom, die an dem Ort
aufgestellt ist, wo nach dem
Bombenangriff vom 16. März 1945
die Toten zusammengetragen wur-
den und die Angehörigen Abschied
nehmen konnten. Es ist auch der
Ort im Dom, an dem vor dem Bild
der Gottesmutter mit dem toten
Sohn im Schoß stets die vielen
Kerzen brennen. Es ist ein Trost-
und Hoffnungsort. Es ist ein Ort der
Versöhnung im Blick auf das Leid, das wir erfahren und zufügen und im Blick auf die
Vergebung, die wir erbitten und gewähren.
Der Versöhnungsweg der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative in unserer Stadt ist ein wichtiger
Beitrag der Erinnerung und Ermahnung für ein versöhntes Miteinander heute. Wer die
Stationen des Wandernagelkreuzes in den vergangenen 20 Jahren nachliest, erkennt leicht,
dass Versöhnung nicht nur rückwärtsgewandt geschehen muss, sondern im Jetzt und Morgen
immer wieder gefordert ist von den Christinnen und Christen, ja von allen Menschen, welcher
Religion, Kultur und Herkunft auch immer.
Mit dem Nagelkreuz wird seit 2013 immer eine Versöhnungsstatue weitergegeben. Zwei
Menschen umarmen sich. Das Besondere ist, dass beide sich nicht gegenüberstehen, sondern
dass beide kniend sich in den Armen liegen. Versöhnung geschieht da, wo wir uns nicht über
andere erheben oder den anderen in die Knie zwingen, sondern da, wo wir uns voreinander
kleinmachen. Groß ist und bleibt nur der, dessen Kinder wir alle sind und zu dem wir
miteinander als Schwestern und Brüder beten: „Vater, vergib!“
Ulrich Boom
Weihbischof und Dompropst
Weihbischof und Domprobst Ulrich Boom neben dem
Erinnerungsnagelkreuz im Dom, Foto: Roland Dietsch
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4. Station Rathaus – Grafeneckart „Versöhnung der Stadt durch Erinnerungskultur“
Die Stadt Würzburg gehört zu den
Mitbegründern des Nagelkreuzzen-
trums Würzburg, welches in diesem
Jahr auf sein 20. Gründungsjahr zu-
rückblickt. Seitdem ist sie Jahr für Jahr
mit der Ökumenischen Nagelkreuz-
initiative im Bereich der Erinnerungs-
kultur aktiv. Am 16. März, den die
Stadtverwaltung mit einem Toten-
gedenken an der Gedenkstätte
16. März 1945 am Hauptfriedhof be-
geht, schließt sich der Weg der
Versöhnung direkt an und hat über die
vielen Jahre hinweg die verschie-
densten Institutionen, Einrichtungen,
Gotteshäuser, Stadtteile und Men-
schen erreicht.
Gerade am 16. März ist der Versöh-
nungsgedanke des Nagelkreuzzen-
trums ein wichtiger Impulsgeber. Über
viele Jahre erinnerte man sich vor
allem aus einer eher subjektiven
Opferperspektive heraus an den Tag
der Bombardierung, erst im letzten Jahrzehnt wurde der Blickwinkel um eine Sichtweise
erweitert, die eben auch den 2. Weltkrieg und die Verantwortung der Deutschen für die
Verbrechen mit in den Blick nahm.
So werden im städtischen Gedenkraum im Grafeneckart, der im Jahr 2010/2011 umgestaltet
wurde, auch die Vorgeschichte und die Hintergründe erzählt, indem z. B. die Einbettung in den
großen Kontext der beiden Weltkriege erfolgt. Die 3.500 - 4.000 im Luftangriff getöteten
Menschen, die Zerstörung der Stadt und das große Leid werden dabei nicht geschmälert.
Der Gedanke und der Wunsch nach Versöhnung gingen von Coventry in die Welt. Dieser Ort
in der Mitte Großbritanniens wurde 1940 von den Deutschen zerstört, viele Menschen
starben, von der Kathedrale war fast nichts mehr übrig. Die Geistlichen aus Coventry waren
damals zu Versöhnung bereit und so gelang es, dass aus Feinden Menschen wurden, die sich
aufeinander einließen, bereit waren sich zuzuhören und an die Versöhnung und das höhere
verbindende Ziel, des Friedens untereinander, glaubten und sich dafür engagierten.
Oberbürgermeister Christian Schuchardt im städt.
Gedenkraum zum 16. März 1945 im Grafeneckart
Foto: Stadt Würzburg
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Auch in Würzburg wird Versöhnung gelebt. Das am Wilhelm-Schwinn-Platz existierende
Bodendenkmal der Versöhnung zeigt ganz eindrucksvoll, wie viele Menschen in Würzburg zur
Versöhnung bereit sind und sich dem Versöhnungsgedanken angeschlossen haben. Das
Denkmal wächst von Jahr zu
Jahr und zeigt in einer Buntheit
die verschiedenen Kulturen,
Länder und Glaubensgemein-
schaften, die in Würzburg zu
Hause sind. Alle eint der
Wunsch nach Frieden und
Versöhnung. Erst im Jahr 2020
war die Stadt Würzburg Patin
für die Gedenkplatte „Versöh-
nung für Europa“. Diese
Versöhnungs- und Friedens-
arbeit ist heute selbst in Europa
immens wichtig.
Betrachten wir die Länder
Europas, die besonders aufgrund des nationalsozialistischen Terrors im 2. Weltkrieg Leid
erfahren haben, so wissen wir, dass die Gräben zwischen den Ländern sich vertieft haben oder
manche Gräben erst entstanden sind. Um Versöhnung zwischen den Ländern und Menschen
erreichen zu können, braucht es beharrliche, ernsthafte Brücken und Brückenbauer.
Für uns ist mit der Verlegung der Gedenkplatte ein starkes, hoffnungsvolles Signal des
Friedens verbunden. Die Mosaiktafeln führen Menschen unterschiedlicher Nationen und
Religionen zusammen, die Platten stehen symbolisch für das Gespräch und die
Kommunikation untereinander, sie beschreiben damit das friedliche Miteinander, selbst bei
größter Unterschiedlichkeit. Sie deuten allerdings auch an, dass der Weg der Versöhnung nur
über die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit laufen kann und dass es nach dieser
Auseinandersetzung eine hoffnungsvolle Zukunft gibt.
Insofern ist das „Denkmal der Versöhnung“ ein starkes Symbol, das bestens zu unserer
Stadtgesellschaft passt! Würzburg liegt ja nicht nur im Zentrum Europas, für viele Menschen
aus ganz unterschiedlichen Nationen und Kulturen ist unsere Stadt auch längst zur echten
“Heimatstadt“ geworden. Als internationaler Wirtschafts- und Hochschulstandort profitieren
wir alle dabei nicht zuletzt vom Zuzug neuer Menschen und Kulturen, denn mit den Menschen
kommen viele gute Ideen, innovative Konzepte und anregende Gedanken in unsere Stadt. Sie
inspirieren uns als dynamische und wachsende Stadtgesellschaft.
Mosaiktafel „Versöhnung für Europa“
Denkmal der Versöhnung, Foto: Roland Dietsch
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Die Stadt Würzburg bekennt sich für eine offene, tolerante und friedliche Gesellschaft und wird auch weiterhin im Zuge ihrer erinnerungskulturellen Arbeit für Versöhnung, Austausch und Demokratie einstehen.
Christian Schuchardt Oberbürgermeister
5. Station Marienkapelle „Versöhnung durch das Gebet“
Der diesjährige Versöhnungsweg hat sein Ziel in der
Marienkapelle am Marktplatz erreicht. In dieser
Bürgerkirche findet seit nunmehr 20 Jahren jeden Freitag
um 13 Uhr das Gebet für Frieden und Versöhnung statt,
zeitgleich mit dem Nagelkreuzgebet im Chorraum der
Ruine der alten Kathedrale in Coventry und in vielen Nagel-
kreuzzentren der Welt. Im Gebet vereint glauben wir
daran, dass Frieden und Versöhnung möglich sind – und
schöpfen daraus Vertrauen, Kraft, Mut und Hoffnung für
unser Tun.
Das Nagelkreuz und die Versöhnungsstatue zeigen uns,
dass Frieden und Versöhnung möglich sind!
Dankbar blicken wir auf die letzten 20 Jahre zurück, in denen das Nagelkreuz, das in Würzburg
zum Wandernagelkreuz wurde, und seit 2013 gemeinsam mit der Versöhnungsstatue jedes
Jahr einen neuen Gastort gefunden hat. An jedem neuen Ort
entwickeln sich neue Impulse des Engagements für Frieden und
Versöhnung. Durch die jährliche Wanderung an einen anderen
Ort entfaltet die Versöhnungsarbeit eine eigene Dynamik und
Verbreitung und erhält Unterstützung. Oftmals werden ganz
neue Bezüge hergestellt und Angebote entwickelt, die auch nach
dem „Nagelkreuzjahr“ gepflegt werden und weiterhin wirken. So
blicken wir vertrauensvoll in die Zukunft und das kontinuierliche
Engagement für Frieden und Versöhnung im Zeichen des
Nagelkreuzes in unserer Stadt.
Dieses Engagement ist ein großes Anliegen der Kirchen in unserer
Stadt und der Stadt Würzburg und erfährt viel Unterstützung. Die
Texte zu den Stationen des diesjährigen Versöhnungsweges
zeugen davon. Für die Gestaltung der einzelnen Stationen danken
wir allen Beteiligten sehr herzlich!
Nagelkreuz, Marienkapelle
Foto: Roland Dietsch
Marienkapelle am Marktplatz
Foto: Roland Dietsch
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Wir beschließen den Weg der Versöhnung 2021 mit der Versöhnungslitanei von Coventry und
verbinden uns mit allen Menschen, die sich weltweit für Frieden und Versöhnung engagieren.
Die Versöhnungslitanei von Coventry
Alle haben gesündigt und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten.
Den Hass, der Rasse von Rasse trennt, Volk von Volk, Klasse von Klasse,
Vater, vergib.
Das Streben der Menschen und Völker zu besitzen, was nicht ihr Eigen ist,
Vater, vergib.
Die Besitzgier, die die Arbeit der Menschen ausnutzt und die Erde verwüstet,
Vater, vergib.
Unseren Neid auf das Wohlergehen und Glück der Anderen,
Vater, vergib.
Unsere mangelnde Teilnahme an der Not der Gefangenen, Heimatlosen und Flüchtlinge,
Vater, vergib.
Die Gier, die Frauen, Männer und Kinder entwürdigt und an Leib und Seele missbraucht,
Vater, vergib.
Den Hochmut, der uns verleitet, auf uns selbst zu vertrauen und nicht auf Gott,
Vater, vergib.
Seid untereinander freundlich, herzlich und vergebet einer dem anderen, wie Gott euch vergeben hat in Jesus Christus.
Versöhnungsweg der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative Würzburg
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Ökumenische Initiative für Frieden und Versöhnung der Kirchen und der Stadt Würzburg
Mitglied der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland e.V.
Zwinger 3c
97070 Würzburg
Internetseite
Leitungskreis der Ökumenischen Nagelkreuzinitiative Würzburg
von links: Elisabeth Nikolai, Henning Albrecht, Dr. Elisabeth Peper, Dr. Erik Soder von Güldenstube
Foto: Roland Dietsch