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„Verteilungsgerechtigkeit und Krise“ Christa Schlager, AK-Wien Vortrag: Fair Teilen Wien, 30.09.2010

Verteilungsgerechtigkeit und krise

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Page 1: Verteilungsgerechtigkeit und krise

„Verteilungsgerechtigkeit und Krise“

Christa Schlager, AK-Wien

Vortrag: Fair Teilen

Wien, 30.09.2010

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Ursachen der Krise

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Ursachen: 3 U‘s (IMK 2009):

Steigende soziale Ungleichheit in den Industriestaaten

Ungleichgewichte zwischen den Staaten

Unvernunft der Finanzmärkte (Deregulierung)

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Ungleicheit zwischen Arbeit und Kapital gestiegen

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Sinkende Lohnquoten!(Lohnquote = Anteil am Volkseinkommen, den die ArbeitnehmerInnen erhalten), internationale Ungleichgewichte (EU)

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Hohe Ungleichheiten in den Gesellschaften

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Sozialabbau durch steigende Verschuldung kompensiert

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Ungleichgewichte in den Handelsbeziehungen

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Folgen steigender Ungleichheit

Reiche spekulieren an den Finanzmärkten, suche möglichst hohe Renditen, Nachfrage nach neuen Finanzprodukte Blasen

Ärmere verschulden sich Kredite, Hypotheken, werden in Finanzprodukte gepackt Blasen

Realwirtschaft kann auf Grund geringer reale Nachfrage mit Renditen der Finanzmärkte nicht konkurrieren

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Exportwettlauf Europa

Innerhalb der Eurozone setzten u.a. Österreich und Deutschland auf sinkende Lohnstückkosten während Italien oder Griechenland die Lohnanteile eher stabilisierten.Der Exporterfolg der einen impliziert aber notwendiger weise das Leistungsbilanzdefizit der anderen. Die USA waren seit den neunziger Jahren die “Weltkonsumenten” sie konnten ihren Konsum über Kapitalimporte aus den Überschussländern, insb. Deutschland, Japan und China finanzieren. Die Überschussländer waren mangels inländischem Konsumwachstum darauf angewiesen ihre Güter in den USA abzusetzen.

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Krisenfolgen

Historisch

Aktuell

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BIP und Finanzkrise

Prozentuelle Veränderung BIP Dauer in Jahren

Krisenfolgen historisch

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Krisenfolgen historischArbeitslosigkeit und Finanzkrise

Prozentueller Anstieg Dauer in Jahren

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Krise und Staatsschulden

Krisenfolgen historisch

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Krisenfolgen aktuellKonjunktur

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Die Krise:Wachstum und Beschäftigung 2000-2009

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Wirtschaftswachstum und Beschäftigung

Das Jahr 2009 stellte die schwerste Krise in

Österreich seit dem zweiten Weltkrieg dar

Die Wirtschaft schrumpfte um 3,9%, die

Beschäftigung ging um 1,4% zurück.

Angesichts des massiven Wirtschaftseinbruchs

(der Größte seit 45) war der

Beschäftigungsrückgang geringer als erwartet.

Durch die Flexibilität der ArbeitnehmerInnen

wurde er offenbar gedämpft.

Das aktive Eingreifen der Wirtschaftspolitik hat

einen schlimmeren Einbruch verhindert

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Arbeitslosigkeit

Der Rückgang der Arbeitslosigkeit während der

Boomphase 2006 und 2007 wurde durch die Krise

zunichte gemacht, die Arbeitslosenraten werden auch

im erwarteten Aufschwung 2010-2011 leicht sinken.

Die hohe Flexibilität der österreichischen

ArbeitnehmerInnen (Kurzarbeit, Urlaubsabbau etc.)

hat Schlimmeres verhindert.

Die Anzahl der Arbeitslosen und

SchulungsteilnehmerInnen je offener Stelle lag im

August mit 8 Personen wieder unter den

Spitzenwerten von 11 Personen 2008.

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Prognosen, VorschauVeränderungen In %

2007* 2008* 2009* 2010* 2011*

Bruttoinlandsprodukt real

3,7 2,2 -3,9 2,0 1,9

GesamtwirtschaftlicheProduktivität

2,0 0,0 -3,1 1,1 1,2

Verbraucherpreise 2,2 3,2 0,5 1,8 2,1

Arbeitslosenquote (% der unselbst. EWT)

6,2 5,8 7,2 6,9 6,8

Q: * WIFO Prognose 09/2010 Pfeile stellen die Richtung der jüngsten Prognoserevision dar)

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Konjunktur: mögliche negative und positive Faktoren

-• Die weitere Entwicklung

in den USA, • Die möglichen

Sparprogramme in EUropa

• Die schwer abschätzbare Entwicklung der Handelsungleichgewichte

+ Die Wechselkurs- und

Zinsentwicklung Die Erholung des

Welthandels, und der Exporte insb. in Deutschland

Der stabile Inlandskonsum

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Einkommen

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0

5

10

15

20

25

30

1. Dezil 2. Dezil 3. Dezil 4. Dezil 5. Dezil 6. Dezil 7. Dezil 8. Dezil 9. Dezil 10. Dezil

Ant

eile

in %

Bruttomarkteinkommen

1983 1991 2000 2005

PrimäreinkommenNicht-Selbständigenhaushalte

Q: Guger (1987), Guger (1996A), EU-SILC 2006, Konsumerhebung 1999/2000, WIFO-Berechnungen.

Alle Nicht-SelbständigenhaushalteGini-Koeffizient 0,34 0,367 0,367 0,373

Zunehmende Ungleichheit der Markteinkommen, auf Personenebene stärker als auf Haushaltsebene

Unselbständigen HaushalteGini-Koeffizient 0,25 0,281 0,294 0,312

2,1 - 1,4%

23,3 – 26,8%

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Primäre und sekundäre Einkommensverteilung 2005Nicht-Selbständigenhaushalte

Q: EU-SILC 2006, Konsumerhebung 2004/2005, WIFO-Berechnungen. Äquivalent entspricht gewichteten Pro-Kopf-Werten.

180 63

7

812

980

1.12

8

1.28

2

1.48

8

1.71

5

2.00

4

3.30

9

947

686 658598 576 520

486444

421

400

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

793 1.073 1.342 1.590 1.839 2.126 2.471 2.898 3.702 Mehr als 3.702

In €

pro

Mon

at

Dezilgrenzen des Bruttoäquivalenzmarkteinkommens in € pro Monat

Äquivalente monetäre und reale Transfers

Nettoäquivalenzmarkteinkommen ohne indirekte Steuern

Bruttoäquivalenzmarkteinkommen

Primärverteilung

Sekundärverteilung

Durch die staatliche Umverteilung wird die Wohlfahrtsverteilung wesentlich egalitärer

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Bruttolöhne und Nettoreallöhne

2000-2008 im Schnitt stagnierende Reallöhne

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Lohnentwicklung

Während sich die Bruttolöhne seit 2000 stets positiv entwickelten, waren die Nettorealllöhne durch Inflation und Abgabenbelastung deutlich gedämpft.

2008 auf 2009 wirkten sich die guten Lohnabschlüsse, die geringere Inflation und die Steuerreform positiv auf die Lohnentwicklung aus.

Die gute Nettolohnentwicklung 2009 trug wesentlich zur Stabilisierung der Konsumnachfrage bei.

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Budget - Staatsausgaben

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Verteilungswirkung Staatsausgaben

Die Umverteilung von hohen zu niedrigen Einkommen erfolgt über

die Staatsausgaben

Die Umverteilungswirkung der Staatsausgaben hat in den letzten 1½

Jahr-zehnten deutlich zugenommen: Durch die staatliche Umverteilung

sank 1991 der Gini-Koeffizient um 30%, 2000 und 2005 um 45%

Im ersten Drittel belaufen sich die monetären und realen Transfers

auf 84%

der Markteinkommen, im zweiten auf schwach 30% und im oberen auf

12%

Am progressivsten wirken die klassischen Sozialausgaben:

Sozial- und Notstandshilfe, Arbeitslosengelder und Wohnbeihilfe;

Unter Berücksichtigung der Anzahl der Haushaltsmitglieder wirken auch die

Familien-, Bildungs- und Gesundheitsausgaben deutlich progressiv

Obwohl universelle Leistungen dominieren und Bedarfsprüfung wenig

Rolle

spielt, haben die Staatsausgaben starke vertikale Umverteilungseffekte

Direkte Steuersenkungen entlasten vor allem hohe Einkommen –

Verringerung des staatlichen Leistungsangebots trifft vor allem

Arme

Q: Alois Guger (WIFO), Präsentation vom 19.10.09 in der AK WIEN, Überarbeitung AK Wien

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Budgetkonsolidierung/ Aktuelle Entwicklungen

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langfristiger Vergleich Defizit (in % des BIP)

Angaben in % des BIP

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Regierungsziel bis 2013: Defizit 2,7 % (in % des BIP)

Quelle: BMF – Stabilitätsprogramm 2009-2013

Defizit

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Konjunkturdaten und Konsolidierungspfad

Aktuelle Prognose: Defizit 2010: - 4,1%; 2011 - 3,5%

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Regierungsvorhaben

i i

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Internationaler Vergleich Defizite-Rückbau

Quelle: EU-Kommission Nov 2009

Konsolidierungserfordernisse EU-Staaten:

GB: 1,75 %/Jahr 2010-2014

Spanien: 1,25 %/Jahr 2010-2013

Frankreich: 1 %/Jahr 2010-2013

DE : 0,5 %/Jahr 2011-2013

Irland: 2 %/Jahr 2010-2014

Österreich: 0,75%/Jahr 2011-2013

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Ausgabenseitige Sanierung?

Vor der Krise war der Anteil der Staatsausgaben am BIP am niedrigsten Stand seit 30 Jahren

Weitere Ausgabenbremsung verhindert notwendige Verbesserungen (Pflege, Kinderbetreuung, Schule usw.)

Angaben in % des BIP

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Ausgabenseitige Kürzungen könnten heißen

Die wirtschaftliche Konsolidierung zu gefährden:(Faustregel: Einsparungen von 1 % des BIP → Wirtschaftswachstum um rund 0,5 % geringer)

International stärker: OECD-weite Einsparungen von 1 % führen zu Wirtschaftsabschwächung von 1,1 %

Oftmals direkte negative Konsequenzen auf Arbeitsmarkt (zB Beschäftigungsstopp öffentlicher Dienst, weniger Arbeitsmarktmaßnahmen, Gesundheitsberufe)

Negative Verteilungswirkung, da der Staat vor allem über die Ausgabenseite umverteilt (vgl. WIFO-Studie)

Staatliche Leistungen könnten sich verschlechtern (zB Gesundheit, Bildungssystem, Infrastruktur)

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Einnahmenseitiger Spielraum

Angaben in % des BIP

Mit Abgabenquote von 2001 hätten wir heuer kaum Defizit!

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Defizit und Staatseinnahmenquoten

Q. EU kommission AMECO Datenbank, EU 15

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Steuerstruktur 2008 -2014 2008 2009 2010 2014

in % der Bruttoeinnahmen        

veranlagte Einkommensteuer 4,0% 4,1% 3,0% 3,1%

Lohnsteuer 31,1% 31,4% 31,7% 33,1%

Körperschaftsteuer 8,7% 6,1% 7,0% 6,4%

Kapitalertragsteuern 5,5% 4,8% 4,4% 5,2%

Umsatzsteuer 31,9% 34,2% 34,5% 33,8%

Verbrauchsteuern 8,2% 8,8% 8,6% 8,2%

Verkehrsteuern 7,3% 7,8% 7,9% 7,4%

Sonstige Abgaben 3,3% 2,8% 2,9% 2,7%

Bruttoeinnahmen 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%

Krisenfolgen

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Wer ist reich? Wer ist arm?Nettogeldvermögen (Mittelwerte der jeweiligen Gruppe)

-€ 8.031

€ 3.286 € 7.392 € 12.307 € 18.317€ 26.722

€ 37.646€ 53.042

€ 80.639

€ 287.003

-€ 25.000

€ 50.000

€ 125.000

€ 200.000

€ 275.000

Untere 10% 2. Zehntel 3. Zehntel 4. Zehntel 5. Zehntel 6. Zehntel 7. Zehntel 8. Zehntel 9. Zehntel Obere 10%

Haushalte gereiht nach Höhe des Nettogeldvermögens

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Vermögensverteilung in Österreich:

NETTOGELDVERMÖGENOberste 10% besitzen 55%Unteren 50% besitzen 8%

IMMOBILIENVERMÖGEN:

Oberste 10% besitzen 60% Untere 50% besitzen 2%

Berücksichtigt man nur Immobilienvermögen, dass nicht als eigener Hauptwohnsitz dient so gilt:

Oberste 10% besitzen 85% (Hauptwohnsitze ausgenommen)

Untere 50% besitzen 1% (Hauptwohnsitze ausgenommen)

Quelle: OeNB

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Verteilung in der Krise

0,0

50,0

100,0

150,0

200,0

250,0

300,0

350,0

400,0

450,0

500,0

1980

1981

1982

1983

1984

1985

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

Quelle: Statistik Austria, OeNBAK Wien / T Zotter

Bruttoinlandsprodukt, Arbeitnehmerentgelt, Geldvermögenin Mrd Euro

Bruttoinlandsprodukt

Arbeitnehmerentgelte

Geldvermögen

Bruttoinvestitionen

„Die Reichen traf die Krise nur kurz“

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Einkommensentwicklung der obersten 1% nach einer Finanzkrise

Quelle: Atkinson

Anstieg der Ungleichheit nach Finanzkrisen

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ConclusioSoziale Ungleichheit stieg vor Finanz- und Wirtschaftskrise stark an

Finanzkrise verstärkt soziale Schieflage, Vermögen steigen weiter an

Allgemeinheit muss Kosten der Krise tragen (Staatsschulden steigen)

Verantwortung der Verursacher muss eingefordert werden

Österreichs Steuersystem muss in Richtung gerechterer Verteilung umgebaut werden

bisher hohe Abgabenbelastung auf Arbeitseinkommen und Konsum

bisher geringe Steuerbelastung von Kapitaleinkommen und niedrige vermögensbezogenen Abgaben

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AK-Position zur Budgetkonsolidierung

Die Konsolidierung der Staatsfinanzen muss:

mittelfristig erfolgen um den Handlungsspielraum der Fiskalpolitik durch die Zinsbelastung nicht zu sehr einzuschränken

hauptsächlich vom Wachstum getragen werden

den Schwerpunkt auf der Einnahmenseite setzen

die Wirkung auf Wachstum, Beschäftigung und Verteilung berücksichtigen

Spielräume für eine Belebung des Arbeitsmarkts und Verbesserungen des Sozialstaats eröffnen

verhindern, dass die ArbeitnehmerInnen, die diese Krise nicht verursacht haben (aber bereits unter ihr leiden), nicht auch noch maßgeblich für ihre budgetären Folgen aufkommen müssen

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AK-Forderungen bei Konsolidierung

Bankenabgabe, Spekulationssteuern, Finanztransaktionsteuer (Börsenumsatzsteuer), Abschaffung von Stiftungsprivilegien, Adaption Gruppenbesteuerung, Steuerlücken schließen…….

Ausgabenseitig versprechen (Land-)Wirtschafts- und Exportförderungen Konsolidierungspotential

Mehr Beitragsgerechtigkeit im Pensionssystem(Selbständige, Bauern)

Familienleistungen neu gestalten (Vereinbarkeit verbessern)

Keine Erhöhung der Massensteuern

Verwaltungsreform darf weder ungezielten Personalabbau noch Qualitätsreduktion bedeuten