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74* Schrifttum VH. Erzeugung und Handel, Warenmirkte 2. Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Immler, Hans, Agrarpolitik in der DDR. K61n I97 I. Verlag Wissenschaft und Politik. 222 S. In den letzten Jahren erschienen Arbeiten, die sich mit der Agrarwirtschaft und Agrarpolitik in der DDR befassen. Hier w~re zu nennen das umfangreiche Werk yon Tiimmler, Merkel, Blohm (1969) sowie die detaillierte Studie yon Thieme (1969). Teilaspekte des mit der Kollektivierung erfolgten Umbruchs der Agrarstruktur wurden 1969 schlieBlich auch auf einer Hochschultagung in GieBen er6rtert. Die vorliegende Arbeit yon Immler versucht erneut, eine Darstellung der fiinfundzwanzigj/ihrigen Geschichte der Agrarpolitik in der DDR zu geben, Die Arbeit gliedert sich in vier Abschnitte. Auf den Seiten 15--25 gibt der Verfasser einen gedr/ingten historischen CIberblick fiber das Leitbild einer sozialistischen Landwirtschaft. Engels und Lenin fibten einen gr6Beren EinfluB auf die einzelnen Etappen der Transformation zu einer sozialistischen Land- wirtschaft als Marx aus. Einen vergleichenden Oberblick vermittelt Abschnitt zwei (S. 26-- I io), der sich mit den Entwicklungsstufen und dem Entwicklungs- stand der DDR-Landwirtschaft befaBt. So brachte die im Jahre 196o erfolgte Kollektivierung zwar einen leichten Riickgang der Agrarproduktion. Dieser Riickgang war jedoch nicht ,krisenhaft~, wie er w~hrend und nach der Kollek- tivierungswelle 1929--1933 fiir die Sowjetunion typisch war. Arbeits- und Fl~chenproduktivit/it in der DDR liegen trotz der groB- betrieblichen Struktur 4~ vH bis 20 vH unter der der familienb~uerlichen Landwirtschaft der Bundesrepublik. Allein in den volkseigenen Giitern sind ungef~hr eo vH aller Arbeitskr~fte mit Verwaltungs- und KontroUarbeiten besch~ftigt. Es iiberrascht, da0 auch in den gr6Beren Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) die Zahl der Arbeitskr~fte kaum f~hlbar herabgesetzt wird. Selbst in LPG mit mehr als a ooo ha land- wirtschaftlicher Nutzfl/iche wurden im Jahre I968 je ioo ha eine Arbeitskraft mehr als in der gesamten vorwiegend kleinbiuerlichen Landwirtschaft der Bundesrepublik besch/iftigt. Die Absorption yon Arbeitskr/iften fiir Ver- waltungs- und Kontrollaufgaben in den neu geschaffenen landwirtschaftlichen GroBbetrieben beeintr~chtigt deshalb die 6konomische Effizienz der Kollek- tivierung erheblich. Einen breiten Raum nehmen in der Darstellung Immlers agrarpolitische Ziele und spezielle Mal3nahmen in der DDR ein (S. 131--2Ol). Der Verfasser hat sich entschieden, einige Begriffe der DDR-Agrarpolitik mit unterschied- lich kritischer Distanz zu iibernehmen. Der Leser wird so mit dem Wort- und Wertsystem der DDR-Agrarpolitik w/ihrend der nunmehr verblassenden Phase des ~0konomischen Systems des Sozialismus, unmittelbar vertraut gemacht. Die Agrarpolitik in der DDR wird infolgedessen im Abschnitt drei als ein vornehmlich organisatorisch-kybernetisches und ideologisches Problem dargestellt. Die bisher keineswegs iiberzeugenden Produktivit/itsfortschritte

VII. Erzeugung und handle, warenmärkte

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Page 1: VII. Erzeugung und handle, warenmärkte

74* Schrifttum

VH. Erzeugung und Handel, Warenmirkte

2. Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

Immler, Hans, A g r a r p o l i t i k i n de r DDR. K61n I97 I. Verlag Wissenschaft und Politik. 222 S.

In den letzten Jahren erschienen Arbeiten, die sich mit der Agrarwirtschaft und Agrarpolitik in der DDR befassen. Hier w~re zu nennen das umfangreiche Werk yon Tiimmler, Merkel, Blohm (1969) sowie die detaillierte Studie yon Thieme (1969). Teilaspekte des mi t der Kollektivierung erfolgten Umbruchs der Agrarstruktur wurden 1969 schlieBlich auch auf einer Hochschultagung in GieBen er6rtert. Die vorliegende Arbeit yon Immler versucht erneut, eine Darstellung der fiinfundzwanzigj/ihrigen Geschichte der Agrarpolitik in der DDR zu geben,

Die Arbeit gliedert sich in vier Abschnitte. Auf den Seiten 15--25 gibt der Verfasser einen gedr/ingten historischen CIberblick fiber das Leitbild einer sozialistischen Landwirtschaft. Engels und Lenin fibten einen gr6Beren EinfluB auf die einzelnen Etappen der Transformation zu einer sozialistischen Land- wirtschaft als Marx aus. Einen vergleichenden Oberblick vermit tel t Abschnit t zwei (S. 26-- I io), der sich mit den Entwicklungsstufen und dem Entwicklungs- stand der DDR-Landwirtschaft befaBt. So brachte die im Jahre 196o erfolgte Kollektivierung zwar einen leichten Riickgang der Agrarproduktion. Dieser Riickgang war jedoch nicht ,krisenhaft~, wie er w~hrend und nach der Kollek- tivierungswelle 1929--1933 fiir die Sowjetunion typisch war.

Arbeits- und Fl~chenproduktivit/it in der DDR liegen trotz der groB- betrieblichen Struktur 4 ~ vH bis 20 vH unter der der familienb~uerlichen Landwirtschaft der Bundesrepublik. Allein in den volkseigenen Giitern sind ungef~hr eo vH aller Arbeitskr~fte mi t Verwaltungs- und KontroUarbeiten besch~ftigt. Es iiberrascht, da0 auch in den gr6Beren Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) die Zahl der Arbeitskr~fte kaum f~hlbar herabgesetzt wird. Selbst in LPG mit mehr als a ooo ha land- wirtschaftlicher Nutzfl/iche wurden im Jahre I968 je ioo ha eine Arbeitskraft mehr als in der gesamten vorwiegend kleinbiuerlichen Landwirtschaft der Bundesrepublik besch/iftigt. Die Absorption yon Arbeitskr/iften fiir Ver- waltungs- und Kontrollaufgaben in den neu geschaffenen landwirtschaftlichen GroBbetrieben beeintr~chtigt deshalb die 6konomische Effizienz der Kollek- tivierung erheblich.

Einen breiten Raum nehmen in der Darstellung Immlers agrarpolitische Ziele und spezielle Mal3nahmen in der DDR ein (S. 131--2Ol). Der Verfasser hat sich entschieden, einige Begriffe der DDR-Agrarpolit ik mit unterschied- lich kritischer Distanz zu iibernehmen. Der Leser wird so mit dem Wort- und Wertsystem der DDR-Agrarpolitik w/ihrend der nunmehr verblassenden Phase des ~0konomischen Systems des Sozialismus, unmi t te lbar ver t raut gemacht. Die Agrarpolitik in der D D R wird infolgedessen im Abschnit t drei als ein vornehmlich organisatorisch-kybernetisches und ideologisches Problem dargestellt. Die bisher keineswegs iiberzeugenden Produktivit/ i tsfortschritte

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Erzeugung und Handel, Warenm~rkte 75 * Geld und Kapital

seit der Kollektivierung konnten den Rezensenten -- im Gegensatz offenbar zum Autor -- allerdings yon seiner Skepsis auch im Abschni t t drei nicht befreien.

Die DDR-Agrarpolitik sieht -- folgt man der Interpreta t ion Immlers -- die Anpassung der Betriebsgr6Be an die gr6Btm6gliche technische Maschinen- einheit immer noch als eine ad~.quate 6konomische L6sung an (S. I37ff. ). Internationale Untersuchungen zeigen, dab die Produkt ivi t~t der Gesamt- wirtschaft die 6konomischen Leistungen der Landwirtschaft mehr als irgendein partielles Maschinenaggregat oder eine best immte Betriebsgr6Be bestimmen. Es ist deshalb wenig wahrscheinlich, dab die erw~hnten technischen Fort- schritte der DDR-Landwirtschaft einen besonderen Wettbewerbsvorteil in Zukunft bieten k6nnten, denn auch die Landwirtschaft in den westlichen L~ndern bleibt nicht stehen.

Immler betont zum SchluB, dab die nur /iuBerlich scheinbar /ihnlichen Erscheinungen (z. B. das Ringen um neue Kooperationsformen, die engere Verflechtung yon Landwirtschaft und Industrie) nicht zu einer Aufhebung ordnungspolitischer Unterschiede zwischen DDR und Bundesrepublik fiihren.

Im Gegenteil, die Unterschiede werden sich zumindest im behandelten organisatorischen Bereich noch vertiefen.

A d o l f W e b e r

IX. Geld und Kapital

1. Geld und W~hrung

Claassen, Emfl-M., P r o b l e m e de r G e l d t h e o r i e . Mit 22 Abb. (Enzyklop~die der Rechts- und Staatswissenschaft, Abt. Staatswissenschaft.) Berlin, Heidelberg, New York 197 o. Springer-Verlag. VII , 32o S.

Die lange vernachl/issigte Geldtheorie ist in der j/ingsten Vergangenheit wiederentdeckt worden. Die Diskussion im deutschsprachigen Raum finder fast ausschlieBlich in Zeitschriften start. Claassens Buch ist deshalb eine begriiBenswerte Gesamtdarstellung, wenn auch nur der Geldnachfragetheorie. Daraus ist dem Autor kein Vorwurf zu machen. Er weist selbst darauf hin, dab die Geldangebotstheorie erst in den letzten Jahren entwickelt wurde und eine befriedigende Darstellung eine eigene Studie erfordere.

Claassen verbindet in seinem Werk geschickt mehrere Probleme der Geldnachfragetheorie und versucht, die EinfiuBm6glichkeiten des Geldes auf die monetAren und die realen Gr6Ben der Wirtschaft aufzuzeigen. Ausgehend yon einer kurzen dogmengeschichtlichen Darstellung der Geldtheorie, die besonders die Auseinandersetzung zwischen der Currency-Schule und der Banking-Schule wiirdigt, fiihrt er im zweiten Kapitel auf den Stand der heutigen Diskussion iiber und zeigt, dab grob vereinfacht die historische Auseinandersetzung zwischen Geldmengen- und Liquidit/itsanhAngern weiter fortbesteht; der Unterschied liegt lediglich in der historischen monetAren Entwicklungsstufe, auf der sich die Theoretiker befinden. In seinem dri t ten