Von Babylon nach Rom – Irrungen und Wege einer ... · PDF fileVon Babylon nach Rom. 26.06.2014 Folie 5. LVR-Dezernat Soziales und Integration LVR-Fachbereich Querschnittsaufgaben

LVR-Dezernat Soziales und Integration LVR-Fachbereich Querschnittsaufgaben und Dienstleistungen

iVon Babylon nach Rom – Irrungen und Wege einer Kostenübernahme für schulische Integrationshelfer/innenIntegrationshelfer/innen

Vortrag am 26. Juni 2014 auf der JALTA, Köln

v von Verwaltungsdirektor Franz Dillmanni L it d Abt il R hti Leiter der Abteilung Recht

im LVR-Dezernat Soziales und Integration


nachvon

Folie 2Von Babylon nach Rom. 26.06.2014


Gliederungg

1 Begriffsverwirrungen und klärungen: Was ist ein1. Begriffsverwirrungen und -klärungen: Was ist ein Integrationshelfer?

2 R h li h G dl d Ei li d hilf2. Rechtliche Grundlagen der Eingliederungshilfe3. Andere Sozialleistungsansprüche4. Nachrangverhältnis Sozialleistungen – Schule5. Pädagogischer Kernbereich6. Sonderproblem OGS7. Ausblick



1. Begriffsverwirrungen und -klärungeng g g

IntegrationshelfergSchulbegleiter

Inklusionsassistenz

IntegrationsbetreuerIntegrationsbetreuerInklusionshelfer

S h l t tütSchulunterstützer

SchulbetreuerTeilhabehelfer Eingliederungshilfeassistent



1. Begriffsverwirrungen und -klärungen

● i ht i h h d i di id ll A f d d B dü f i

Aufgaben schulischer Inklusionsassistenz

● richten sich nach den individuellen Anforderungen und Bedürfnissen des Schülers mit Behinderung

● sind individuelle Unterstützungsleistungen im Schulalltag, insb. imsind individuelle Unterstützungsleistungen im Schulalltag, insb. im Unterricht, bei der Kommunikation und im psychosozialen Bereich

● umfassen pädagogische und heilpädagogische Assistenz, (grund)pflegerische Betreuung, evtl. therap. Maßnahmen …

● erfordern Kooperation mit dem multiprofessionellen Team im System Sch leSchule

● erfüllen keine Aufgaben im „pädagogischen Kernbereich“ Schule.● Ihre Qualifikation richtet sich nach dem Bedarf des/r Schülers/inIhre Qualifikation richtet sich nach dem Bedarf des/r Schülers/in

(auch ggfs. Fachkraft)Folie 5Von Babylon nach Rom. 26.06.2014


2. Rechtliche Grundlagen der Eingliederungshilfeg g g

● § 35 a SGB VIII für seelisch behinderte Schüler oder von i l h B hi d b d h S h leiner solchen Behinderung bedrohte Schüler

● § 53 SGB XII für (auch) geistig und/oder körperlich b hi d S hül ( h i h li h b hi d )behinderte Schüler (auch nicht wesentlich behinderte)Abgrenzung nach der Kongruenzformel des BVerwG (Urt. v. 23 9 1999 A 5 C 26 98 Bd 109 S 325 fff )23.9.1999, Az. 5 C 26.98, Bd. 109, S. 325 fff.)

● § 35 a Abs. 3 SGB VIII: „Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art derBestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen richten sich nach § 53 Abs. 3 und 4 S.1, 54, 56 und 57 SGB XII“und 57 SGB XII“





2. Rechtliche Grundlagen der Eingliederungshilfe

§ 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII:

g g g

Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesonderei R h d ll i S h l fli h d B him Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen, einschließlich der Vorbereitung hi di B i üb di E ö li h dhierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bl ib b ühbleiben unberührt.



2. Rechtliche Grundlagen der Eingliederungshilfe§ 12 der VO zu § 60 SGB XII (EinglhVO):

Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasst auch:Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasst auch:● heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen, wenn die Maßnahmen

erforderlich und geeignet sind…den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern

● Maßnahmen der Schulbildung, wenn die Maßnahmen erforderlich d i t i d i i R h d ll i S h l fli htund geeignet sind…, eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht

üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen● Hilfe zum Besuch einer Realschule eines Gymnasiums● Hilfe zum Besuch einer Realschule, eines Gymnasiums...

Die Hilfe wird nur gewährt, wenn nach den Fähigkeiten und den Leistungen des Menschen mit Behinderungen zu erwarten ist, dass er das Bildungsziel erreichen wird.



2. Rechtliche Grundlagen der Eingliederungshilfeg g g

BVerwG, Urt. v. 18.10.2002, Az. 5 C 21/11, Rn. 19, juris:

§ 12 Nr. 1 EinglHVO …schließt alle Leistungen ein, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Eingliederung zu erreichen, d.h. die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu

i d Di Z fü t ll i S h lb l it bmindern… Die Zurverfügungstellung einer Schulbegleitung bzw. Integrationshilfe fällt dabei unter den in § 12 Nr. 1 EinglHVO verwandten Begriff der "sonstige(n) Maßnahmen" zugunsten g ff g ( ) ß gbehinderter Kinder…“



3. Andere Sozialleistungsansprücheg p

● häusliche Krankenpflege § 37 SGB V, insb. BehandlungssicherungspflegeBehandlungssicherungspflege

● Leistungen der Pflege nach SGB XI o. §§ 61 ff. SGB XIIkönnen neben Schule für häuslichen Aufwand bezogen wer-können neben Schule für häuslichen Aufwand bezogen werden (§§ 13, 71 Abs. 4 SGB XI „schulische Ausbildung“)Aber: Sie sind in der Schule Teil der ambulanten EingliederungshilfeAber: Sie sind in der Schule Teil der ambulanten Eingliederungshilfe

● Krankenbehandlung nach Heilmittelrichtlinie, SGB Vggfs als medizinische Rehabilitation ausnahmsweise alsggfs. als medizinische Rehabilitation, ausnahmsweise alssoziale Rehabilitation, wenn Schulbesuch ermöglicht oder erleichtert wird (vgl Petö-Therapie-Entscheidung BSG Urterleichtert wird (vgl. „Petö Therapie Entscheidung, BSG, Urt.29.09.2009, Az. B 8 SO 19/08 R)



4. Nachrangverhältnis Sozialleistungen – Schule

„Beamtenmikado“: „Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.“„Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.



4. Nachrangverhältnis Sozialleistungen – Schuleg g

§ 10 Abs. 1 SGB VIII

„Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer S ll d d S h l d d h dSozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. A f R h h f b h d L dAuf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch

h d L h d “entsprechende Leistungen vorgesehen sind.“




● Nach dem für SGB VIII und SGB XII gleichermaßen insoweit gültigen Faktizitätsprinzip schließt nur das Vorhandensein „präsenter Hilfe“ bzw. p p V „p„bereiter Mittel“ den nachrangigen Eingliederungshilfeanspruch aus.

● Nicht entscheidend ist, dass das Land bzw. die Schulaufsicht aktuell nicht i h d b d f d k d P l V fü ll lbausreichend bedarfsdeckendes Personal zur Verfügung stellt, selbst wenn es

rechtlich nach Schulrecht dazu verpflichtet wäre.

● Nur sozialwidriges Tun des Leistungsberechtigten, d.h. etwa das Verweigern der g g g , gMitwirkung, um ansonsten zügig zu realisierende andere Verpflichtungen zu realisieren, hindern den Anspruch auf Eingliederungshilfe.

● D J dhilf t ä f d i di id ll L i t h● Der Jugendhilfeträger muss ggf. den individuellen Leistungsanspruch gegen Schule auf sich überleiten (§ 95 SGB VIII).

● Zwischen Rehabilitationsträgern (insb. zwischen Jugend- und Sozialhilfeträger) gilt § 14 SGB IX (Zuständigkeitsklärung).




§ 92 Schulgesetz NRW Kostenträger

(1) Schulkosten sind die Personalkosten und die Sachkosten Kosten für(1) Schulkosten sind die Personalkosten und die Sachkosten. Kosten für die individuelle Betreuung und Begleitung einer Schülerin oder eines Schülers, durch die die Teilnahme am Unterricht in der allgemeinen , gSchule, der Förderschule oder der Schule für Kranke erst ermöglicht wird, gehören nicht zu den Schulkosten.

(2) Die Personalkosten für Lehrerinnen und Lehrer sowie das pädagogische und sozialpädagogische Personal gemäß § 58 an öffentlichen Schulen, deren Träger das Land, eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband ist, trägt das Land.

(3) Alle übrigen Personalkosten und die Sachkosten trägt der Schulträger.



5. Pädagogischer Kernbereich




BSG, Montessori-Urteil v. 22.03.2012, Az. B 8 SO 30/10 R

D h lb kö d L i fli h d S i lhilf ä h„Deshalb können von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulver-waltung gehören Ausgeschlossen sind allerdings Maßnahmen diewaltung gehören. Ausgeschlossen sind allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt […]

Der Kernbereich der schulischen Arbeit liegt damit […] gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers“.




BSG, Waldorf-Schule-Urteil v. 15.11.2012, Az. B 8 SO 10/11 R

Die Schulbildung selbst also der Kernbereich der pädagogischen„Die Schulbildung selbst, also der Kernbereich der pädagogischen Arbeit […] obliegt hingegen allein den Schulträgern.

Art 7 Abs 1 GG überträgt dem Staat einen (außerhalb desArt 7 Abs. 1 GG überträgt dem Staat einen (außerhalb des Sozialhilferechts liegenden) eigenständigen Unterrichts- und Bildungsauftrag im Schulbereich […]

Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen also grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen.“

Anmerkung: In diesem Fall also kein Nachrang!!



5. Pädagogischer Kernbereich g g

● alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele zu erreichen in erster Linie also der (unentgeltliche)Lehrziele zu erreichen, in erster Linie also der (unentgeltliche) Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll (BSG, a.o.O.)( , )

● Vorgabe der Lerninhalte in der Hand des Lehrers (LSG NRW, Beschl. v. 2012.2013, Az. L 9 SO 429/13 B ER).( SG N W, esc . v. 0 . 0 3, . 9 SO 9/ 3 ).

● Arbeitsaufträge werden vom Lehrer gesteuert (Inklusionshelfer nur unterstützend)unterstützend)

● bei Förderschulen besonders sorgfältige Ermittlung des Kernbereichs(LSG NRW Urt v 5 2 2014 Az L 9 SO 413/13 B)(LSG NRW, Urt. v. 5.2.2014, Az. L 9 SO 413/13 B)



5. Sonderproblem OGS

● Auch Inklusionsassistenz in der OGS kann „Hilfe zur angemessenen Schulbildung“ sein, wenn dadurch der Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht, damit die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht oder erleichtert wird (LSG NRW Beschl vGemeinschaft ermöglicht oder erleichtert wird (LSG NRW, Beschl. v. 15.1.2014, Az. L 20 So 477/13 B ER), darüber hinaus ggf. Anspruch auf allgemeine soziale Teilhabe, §§ 55 ff. SGB IXg

● Es kommt dabei auf den individuellen Bedarf des Schüler an. Es muss erforderlich sein, dass er wegen seiner Behinderung an OGS-Angeboten teilnimmt, damit sein Schulbesuch insgesamt ermöglich oder erleichtert wird.

● Gleichrangiger Schwerpunkt der Leistungen; sie müssen mindestens● Gleichrangiger Schwerpunkt der Leistungen; sie müssen mindestens zur Hälfte in der OGS auf schulische Ziele gerichtet sein.



5. Sonderproblem OGS

● Schulrechtliche Vorschriften zur OGS sind maßgeblich

Indizien für gleichrangigen Schulbezug

g(Schulgesetz und Erlasse)

● Bildungs- und Erziehungskonzepte sind mit Schulzielen du gs u d e u gs o epte s d t Sc u e everzahnt

● Abgestimmte personelle und sachliche Ausstattungeng p g● spezielle pädagogische Betreuung und Begleitung des/r

Schülers/in mit Behinderung vor allem mit Hinblick auf das gErreichen von Schulzielen

● organisatorische Vorkehrungeng g● Rhythmisierung



7. Ausblick

(2)Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten

Art. 24 UN-BRK

sicher, dassa) Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom

allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vomunentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden;

b) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in derb) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und g gweiterführenden Schulen haben;



7.Ausblick

● Art. 24 UN-BRK verändert das Verständnis, was angemessene Schulbildung“ ist (also auch OGS)„angemessene Schulbildung ist (also auch OGS).

● Art. 24 UN-BRK weitet (über das SGB/Eingliederungshilfe) d d i h b i h“den „pädagogischen Kernbereich“ aus.

● Nicht das Kind muss schulfähig sein, sondern die Schule gkindfähig (LSG Schles. Holst. Beschl. v. 17.2.2014, Az. L 9 SO 222/13 B ER) – Anm.: Nur dann ist sie inklusiv.

● Eingliederungshilfe ist auf Dauer kein probates Regelinstrument für schulische InklusionRegelinstrument für schulische Inklusion.



8. Ende mit Zitat D k fü Ih A f k k it!

„Von schulischer Integration profitieren viele Menschen mit horizontalen Identitäten und genauso hilft sie jenen die eine Klasse

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

horizontalen Identitäten, und genauso hilft sie jenen, die eine Klasse mit ihnen teilen. Ähnlich hilft eine mitfühlende Gesellschaft nicht nur den neu Tolerierten, sondern auch den neu Tolerierenden. Die ,Einbindung außergewöhnlicher Menschen in gesellschaftliche Strukturen ist kosten- und zeitaufwendig. Doch wenn Eltern den Punkt erreichen können, an dem sie dankbar für ihre schwierigen Kinder sind, dann können vielleicht auch wir irgendwann dankbar sein für den Mut den diese Menschen verkörpern für die Nachsicht die sieden Mut, den diese Menschen verkörpern, für die Nachsicht, die sie uns lehren, und vielleicht sogar dafür, wie sie die Welt verkomplizieren.“ (Andrew Solomon, Weit vom Stamm, Wenn p ( , ,Kinder ganz anders als ihre Eltern sind, 2013, S. 815).


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