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Von Mäusen und Magyaren ein Panoptikum

Von Mäusen und Magyaren

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  • Von Musen und Magyaren

    ein Panoptikum

  • To travel hopefully is a better thing than to arrive. (Robert Louis Stevenson)

  • Komplementrchamleon

    Seht Ihr, erklrte meine ungarische Biologielehrerin

    Zsuzsanna Ferencz, setzt man das Tier auf grnes Tuch,

    frbt es sich rot. Sieht das niedliche Ungeheuer ein rotes

    Tuch, luft es vor Schreck grn an. In der lateinischer

    Nomenklatur Chamaeleo Daud kompl. Ferencz, nach mir

    benannt, weil ich seine hervorstechenden Eigenschaften zum

    ersten Mal beschreiben habe.

    Solange ich in Deutschland lebte, lobte man meine

    hervorragenden Deutschkenntnisse. Meine akzentfreie

    Aussprache und dergleichen. Wenn ich verwundert fragte,

    welchen Akzent ich denn in meiner Muttersprache haben

    solle, erwiderte man erbost, ich sei doch Ungar.

    Nach dem Umzug in meine angebliche Urheimat Ungarn

    entdecke ich mehr und mehr deutsche Eigenschaften an mir.

    Als setze man ein Chamleon auf die Landkarte Ungarns,

    formen sich Pickelhauben auf meiner Haut, wenn ich mich

    rgere. Der Rhein am Deutschen Eck.

  • Verrter

    Die Ungarn lieben ihre Heimat abgttisch. Vor ber zwanzig

    Jahren hatte ich erklrt, dass ich gern in Ungarn leben

    mchte. Seitdem wurde bei jedem Besuch mit sffisantem

    Lcheln, gefragt, ob es denn bald so weit sei. Keiner nahm

    mich ernst. Mitunter nahm ich mich selbst nicht mehr ernst.

    Ungarn lieben ihre Heimat auerordentlich. Ich bin stolz auf

    mein Vaterland, schrieb die einzige ungarische Bekannte, die

    ich in meine Umzugsplne eingeweiht hatte. Den sffisanten

    Lchlern sagte ich kein Sterbenswrtchen. Sollten sie vor

    berraschung die Muler aufsperren wie Fische auf dem

    Trockenen. Das sffisante Lcheln sollte ihnen eine Weile

    vergehen. Mein Land ist doch eher dafr bekannt, dass es

    Menschen exportiert, schrieb die Bekannte zurck.

    Patriotengeschwtz: Vaterlandsliebe, das schnste Land der

    Welt, aber wer sich hier freiwillig niederlsst, kann nicht alle

    Tassen im Schrank haben.

    Milos nannte mich spttisch einen Heimatverrter. So hatte

    man die geschimpft, die nach 68 die Tschechoslowakei

    verlassen hatten.

    Klingt schlimmer als Vaterlandsverrter.

  • Bakelit

    Da haben Sie ja eine Menge Bakelit, staunte der Zllner

    und begutachtete meine Schallplattensammlung.

    Ganz schne Schlepperei, klagte ich, dritter Stock, ohne

    Aufzug.

    Aber das sind noch die richtigen Scheiben

    Da war der gemeinsame Nenner gefunden.

    Mein Spediteur dste in der Sonne, Zinkhund leistete ihm

    Gesellschaft.

    Noch vor fnf Minuten hatte ich alles verloren geglaubt.

    Die ersten Menschen, auf die gestoen war, sterreicher in

    Uniform, hatten nichts dagegen einzuwenden, dass ich mich

    in Ungarn niederlassen wollte. Dummerweise hatte ich sie

    auf Ungarisch angesprochen und so rchten sie sich mit

    eisigem Schweigen auf meine Frage, mit welcher Prozedur

    ich hier ber die Grenze kme. Eine ungarische

    Uniformierte knallte einen Stempel in meinen Reisepass und

    verwies mich an ihre Kollegen hinter den Fensterchen. Vor

    den Fensterchen ballten sich Fernfahrer aller Herren Lnder.

    Vor dem einen mehr, vor dem anderen weniger, ohne dass

    ich einen Grund dafr ausmachen konnte.

    Kompromissbereit whlte ich eine mittellange Schlange.

    Stndig drngten sich Menschen vor, da sie nicht

    niedergestochen wurden, schien das in Ordnung zu sein,

    doch konnte ich mich eines Kommentars nicht enthalten.

    Ein Hollnder erbarmte sich meiner. Heilfroh, dass ich

    grner Junge Deutsch verstand, fragte er mich, wo den

    meine Ladeliste sei, der Pass in meiner Hand reiche nicht

    aus. Nachdem er mich aufgeklrt hatte, ging alles wie

    geschmiert. Ich fand eine Spedition, die gegen geringes

    Entgelt meine schnell und lckenhaft erstellte Ladeliste

    abstempelte. Der Hllenhund hinter dem Fensterchen lie

    die Wut ber sein schweres Schicksal nicht an mir, sondern

  • an seinen Rechner aus und wies mich an am Fahrzeug auf

    die Kontrolle zu warten.

    Was ich denn mit den Sachen vorhabe, fragte der

    Bakelitfreund.

    Das sei mein geringer Hausrat und ich beabsichtige, mich in

    Ungarn anzusiedeln.

    Ein bisschen viel, nrgelte er gutmtig.

    Das Konsulat habe mir besttigt, dass ich meinen Hausrat

    zollfrei einfhren drfe.

    Zollfrei? wunderte er sich und verschwand mit allen

    Papieren im Zollgebude.

    Spediteur und Zinkhund kamen, um sich nach dem Stand

    der Dinge zu erkundigen. Kleinlaut bereitete ich sie darauf

    vor, dass wir noch Tage im Niemandsland zubringen

    wrden, geschhe kein Wunder. Das ergibt sich schon,

    murmelte der Spediteur und legte sich wieder aufs Ohr.

    Wohin ich denn zge, fragte der Schallplattenkenner gut

    gelaunt und nachdem ich ihm geantwortet hatte, drckte er

    mir meine Papiere in die Hand und wnschte eine gute

    Fahrt. Dass ich als Tourist eingereist war, hatte in dem

    ganzen Durcheinander niemand bemerkt.

  • Inventur

    Hundertfnfzig Jahre nach ihrer Grndung beschloss die

    Britische Ost-Indien-Compagnie eine Generalinventur

    abzuhalten, die offenbarte, dass die ehrwrdige Firma schon

    seit fnfzig Jahren pleite war.

    Hundert Jahre kann ich nicht mehr warten, daher nehme ich

    mein fnfzigstes Firmenjubilum zum Anlass einer Inventur.

    Das erstaunliche Ergebnis der Briten kann ich sicher nicht

    berbieten. Bisher gestern war ich berzeugt, ein Wunder

    knne mich retten. Heute bezweifle ich, dass zwei Wunder

    ausreichen. Die Inventur wird eine Menge von Dingen

    zutage frdern, die auf den Mllhaufen der Geschichte

    gehren: lieb gewonnene Abseitsfallen, unzeitgeme

    Psychokrcken, altmodische, verhaltensgemusterte

    Zwangsjacken, retouchierte Erinnerungen, aus Fliegenbeinen

    hergestellte Elefanten, das Fotoalbum der schnsten

    Eigentore, die Tagebcher des Buchhalters, der immer auf

    das falsche Pferd setzte.

    Gleichzeitig wird sich herausstellen das wichtige Gter

    restlos aus den Lagern verschwunden sind: Kraft, Ausdauer

    und Hoffnung. Nicht klren wird die Inventur, wer aus der

    groen Eingangshalle das eherne Ziel geklaut hat.

    Mit einem Wort: Krise. Schon seit fnfzig Jahren.

    Grund genug stolz zu sein.

  • Der Frhling ist da

    Strche stehen mit windzerzaustem

    Kopfgefieder in ihren Nestern. Die Nutten an der

    Landstrae haben ihre Sume bis zur Schamgrenze

    hochgezogen und auch ordentliche Mdchen lassen kurze

    Glockenrcke schwingen, zeigen gnsehutige Buche und

    mir wird vor ppiger Schnheit schwer ums Herz, denn der

    Frhling bekommt im Herbst des Lebens einen bitteren

    Beigeschmack. An der Bushaltestelle auf dem Weg zur Post

    werde ich gemustert. Unsere Blicke kreuzen sich mehrfach

    wie Klingen bei einem Duell. Eine schwarzhaarige Schnheit

    in enger kakifarbener Hose und schwarzer Lederjacke. An

    irgend etwas erinnert mich die Mode. Aber es fllt mir nicht

    ein. Ausnahmsweise bin ich nicht bse, dass die Post schon

    geschlossen ist. Ich bringe die Briefe zurck ins Auto und

    hole den Hund. Manchmal schafft er eine Kontaktaufnahme

    besser als ich. Noch bevor der Bus sich zeigt, hlt hupend

    ein weier Kleinbus. Meine Schnheit ergreift ihre

    Einkaufstten und steigt ein. Nach dem Kennzeichen zu

    urteilen ein Fahrzeug der Polizei. Wurde

    erkennungsdienstlich beugt.

  • Der Psychologe

    Zinkhund geht gern ins Caf Eckermann. Ich auch. Mein

    Hund, um den Kellerinnen und Kellnern schne Augen zu

    machen, in der Hoffnung ein Stck Schinken zu ergattern.

    Ich schme mich, den Kellnerinnen schne Augen zu

    machen und verstecke mich hinter einer Zeitung. Schon an

    der Oper ist der Hund nicht mehr zu halten,

    schwanzwedelnd eilt er in das Kaffeehaus. Krzlich hat er

    dem Personal das Fuballspiel beigebracht. Mitten in der

    Partie, es war schon kurz vor Feierabend, betrat ein lterer

    Mann mit Sonnenbrille, wohlgemerkt Feierabend ist um

    zehn Uhr abends und da scheint auch im Sommer keine

    Sonne mehr, den Raum. Ein Typ, aus dem Fahndungsbuch,

    einer, wie ich sie nicht ausstehen kann. Man mag zurecht

    einwenden, ich msse schrfer gegen meine Vorurteile

    vorgehen, aber er gab dazu keinerlei Anlass. Im Gegenteil.

    Schwarze Brille in der Nacht, einen blauen Steppmantel mit

    einem Grtel, vor dem Bauch geknotet, begab er sich

    unverzglich auf das Spielfeld, stapfte laut auf und

    kommandierte seinen Hund zu sich. Zinkhund brach das

    Spiel ab, schnappte den Korken, der als Ball diente, und

    brachte sich unter einem Stuhl neben mir in Sicherheit.

    Ohne zu zgern und grulos trat der Mensch an unseren

    Tisch, ergriff den Stuhl und knallte ihn auf den Boden.

    Der Hund kann mich nicht leiden, begann er in schlechtem

    Englisch. Wem gehrt er? Er gehrt mir, erwiderte ich und

    starrte auf die Tischplatte. Der Mensch hatte offenbar genau

    so wenig Lust mit mir zu reden wie ich mit ihm. Der Hund

    legte seine groen Segelohren an, verhielt sich aber ruhig.

    Meinen Freunden zwang er einen Disput ber Hunde und

    Katzen auf. Ein Hund passt sich an seinen Herrn an, sagte

    er. Ich bin Psychologe. Wen sein Herr nicht mag, den mag

    er auch nicht.

  • Gar nicht mal so bld der Mensch.

  • Die Einbrgerung

    Endlich wollte ich die Einbrgerung hinter mich bringen.

    Der Beamte in dem riesigen, kalten Saal sprach Deutsch mit

    mir. Ich erwiderte auf Ungarisch.

    Wie sagen Sie Geschwindigkeit auf Ungarisch? fragte er.

    Sebessg! antwortete ich, wie aus der Pistole geschossen.

    Das Wort gibt es nicht!

    Betrbt und offensichtlich an seiner Aufgabe leidend,

    schaute er mich an, obwohl eher ich leiden sollte.

    Gyorsasg! versuchte ich wieder mein Glck. Verdammt,

    ich war doch sicher, dass es nur diese beiden Wrter gab.

    Kennen wir nicht. Schauen Sie hier nach!

    Er drckte mir das schwere einsprachige Wrterbuch in die

    Hand.

    Das haben wir gleich! Siegessicher schlug ich den Wlzer

    auf. Genau die gleiche Schwarte hatte ich ja zu Hause. Da

    gehorchte sie aufs Wort. Ich versuchte sebessg zu finden.

    Alles war durcheinander. Wo der Buchstabe S sein sollte war

    GY. Na gut, denn eben gyors. Dort fand ich sebes. Sebessg

    nirgendwo. Der Beamte strahlte. Jetzt fing ich zu schwitzen

    an. Alles war kunterbunt durcheinander gewrfelt. Ich hatte

    verspielt. Niemals wrde ich Brger Ungarns werden.

    Kommen Sie in einer Woche wieder, sagte der Beamte

    beim Abschied, mir mitleidig die Hand drckend. Dann

    sind die Papiere fertig.

  • Herr Mischek

    Auch wenn man sich um eine gelassene, buddhistischen

    Einstellung zum Leben und den Lebewesen bemht, fallen

    einem die Muse irgendwann auf die Nerven. Der Hund

    ersetzt keine Katze, aber er duldet auch keinen

    professionellen Musefnger auf dem Grundstck. Im

    Freien, im Sommer auf der Wiese versucht er, Muse zu

    fangen, indem er sich aus geringer Hhe, erreicht durch

    wenig elegante Sprnge, auf die Nager fallen lsst.

    Zumindest versucht er es. Wenn die Schdlinge Humor

    htten, knnte man sie sicher lachen hren. Aber nicht

    einmal mein Hund hat Humor, um ber sich selbst zu

    lachen. In letzter Konsequenz greift er zu einem zweiten,

    ebenso untauglichen Mittel. Er versucht sie auszugraben.

    Voller Elan und mit Begeisterung. Im Haus taugt er

    allerhchstens zum Musemelder. Sobald eine irgendwo

    raschelt, ist er da und schnffelt ratlos. Wrden die Muse

    nicht gemeldet, knnte man sie fast ertragen.

    Mrti empfahl mir eine clevere, altungarische Methode. Man

    nehme eine halbe Walnuss, ein Einmachglas und stelle das

    Glas mit der Kante auf die Nuss, die ebenfalls auf der Kante

    stehen soll, sodass die Maus in Glas muss. Sobald sie sich an

    der Nuss zu schaffen macht, fllt das Glas und sie sitzt in

    der Falle.

    Das Glas hatte Herrn Mischek leider den Schwanz

    eingeklemmt. Trotzdem verurteilte ich ihn zu einer

    Haftstrafe bis zum folgenden Nachmittag. Das dargereichte

    Hundetrockenfutter vertilgte er sofort. Auf Walnsse zeigte

    er keine groe Lust mehr. Mit gewaltigen Froschsprngen

    erreichte er fast den Rand des Glases und wollte sich so in

    die Freiheit schwingen. Eine Stck Pappe und ein

    Gewichtsstein verhinderten seine Flucht.

  • Am Morgen hockte er niedergeschlagen auf seiner Walnuss.

    Die Idee ihn als neuen Hausgenossen in einem Aquarium zu

    halten, verwarf ich, schraubte das Glas zu, steckte es in eine

    Einkaufstte und trug Herrn Mischek zum Pfarrhaus. Dort

    entlie ich ihn die Freiheit. Hoffentlich hat mich niemand

    beobachtet.

  • Froschkundler auf Knien

    Balzs hatte vor Jahren ein paar Monate in China verbracht,

    um sich von einem Meister in die Kunst des Malens

    einweihen zu lassen. Nach zwei Wochen wurde er

    ungeduldig. Immer nur Bambus, er wrde gern einen Lotus

    malen. Der Meister war entsetzt. Das Thema knne er

    frhestens in zwei Jahren ins Auge fassen. Von der Reise

    brachte er einen neuen Namen mit. Balzs Farkas knne ein

    Mensch unmglich heien. Ob das denn in seiner Sprache

    einen Sinn habe. Nun, Farkas sei der Wolf, seinen

    Vornamen knne er nicht bersetzen. Daraufhin taufte die

    Einwanderungsbehrde Lang Xing. Den Namen trgt der

    Schildkrtenforscher, der heutzutage fr eine Werbefirma

    Margarinedosen in Supermrkten ablichten muss mit Stolz.

    Krisen und das Schicksal zwingen ihn nicht in die Knie, aber

    die Frsche. Schildkrten nennen die Ungarn Frsche mit

    einem Trog auf dem Rcken. Balzs kmmert sich auch um

    die ohne Trog, kniet auf der Landstrae nach Gyr im

    Scheinwerferlicht und sammelt Frsche ein, um ihr junges

    Leben zu retten. Zwei in der rechten Hand und zwei in der

    linken, kann er kaum das Steuer seines Wagens bedienen.

    Und zu Hause hocken schon zwanzig Artgenossen, die er

    bald wieder in die Freiheit entlassen will. Ich hre schon das

    freudige Klappern der Strochenschnbel.

  • Merkblatt der Ungarischen Staatsbahnen

    Fahrtentgelt fr lebende Tiere ist zu entrichten fr 1 Hund

    oder 1 Affen oder 2 Katzen oder zwei Stallhasen, 2

    Papageien beziehungsweise einen Jagdfalken. Lebende Tiere

    sind ausschlielich in der 2. Klasse zu befrdern, im Abteil

    nur mit der ausdrcklichen Zustimmung aller Reisenden.

    Hunde und Affen ber 20 kg drfen nur in Vorraum

    befrdert werden. Hunde und Affen sind an der Leine zu

    fhren und mit einem Maulkorb zu versehen. Bei

    Befrderung von Hunden und Affen jnger als 3 Monate, ist

    auf Verlangen - der Impfpass vorzuweisen.

  • Proletdiktatur

    Zinkhund luft die, die Schnauze dicht am Boden. Man

    behauptet, die Hunde haben einen ausgezeichneten

    Geruchssinn. Warum, um alles in der Welt, stecken sie die

    Nasen in die Gerche, wie Kurzsichtige in eine Zeitung.

    Der Gestank scheint ihre Presse zu sein. Mein Sinnieren

    wird durch hysterisches Geklff gestrt. Aus den Garten des

    Proletenhauses strzen sich zwei Pinscher auf Zinkhund,

    zwei schreiende, schreckensbleiche Mdchen in ihrem

    Gefolge.

    Warum ausgerechnet der Prolet die Herrschaft ber die neue

    Welt erhalten sollte, hat mir nie eingeleuchtet, obwohl ich

    gestehen muss, dass Poligraf Poligrafowitsch Moppel, der

    Vertreter dieser Spezies nicht unsympathisch war. Michail

    Afanasjewitsch Bulgakow htte auch in Gyr ausgezeichnet

    seine Studien betreiben knnen. Warum man wohl

    Hundeherz neu ins Deutsche bersetzt hat, und die Kreatur

    des Professors Preobrashenski nun Genosse Bellow nennt?

    Zinkhund ist es gleich, ob Moppel oder Bellow, sie weist die

    Angreifer emprt in ihre Schranken. Die Moppelkinder

    sehen das mit Entsetzen. Ich schere mich nicht um den

    Zank. Sollen die Hunde das unter sich ausmachen.

    Knurrend und grulos wlzt sich die Mutter der verstrten

    Kinder heran, schnappt sich die Pinscher. Einen unter jeden

    Arm, tritt sie den Rckzug an. Natrlich passt ihr das nicht.

    Hunde sind an der Leine zu fhren.

    Zum Glck habe ich mir angewhnt auf deutsch zu fluchen.

    Das Weib dreht sich um. Haben Sie was gesagt? Ihre

    Augen blitzen wie Messer. Wir gehen aufeinander zu wie

    Helden im Wilden Westen.

    Ihre Biester mssen an die Leine, habe ich gesagt!

    Ihr Hund hat angegriffen ... haben die Kinder gesagt.

    Bldsinn, mein Hund hat Zeitung gelesen.

  • Sie knnen den Gemeindeschreiber fragen, der wird Ihnen

    schon sagen, dass Sie Ihren Hund an der Leine fhren

    mssen.

    Der Prolet fhlt sich auch im Turbokapitalismus als Herr der

    Welt und hat Recht und Gesetz auf seiner Seite.

  • Radiosprecherin

    Manchmal erwachte ich aus dem Mittagsschlaf, weil ich

    meinte, die Stimme einer Radiosprecherin zu hren. Im

    Halbschlaf wurde mir klar, dass ich gar keinen Empfnger

    besitze. Halluzinationen dachte ich erschrocken, denn es

    konnte kein Traum sein, da die Stimme immer noch aus der

    Kche ertnte. Ich sprang auf. In der Tr stand Tante

    Ilonka und salbaderte vor sich hin. Sie brauchte immer

    Publikum, auch wenn es gar nicht zuhrte. Ihre Fragen

    waren immer rhetorisch und drehte man ihr nicht den Strom

    ab, kam sie vom Stckchen aufs Hlzchen. Ein wahre

    Xylofonsymphonie von Alltagsproblemen klppelte sie mit

    emotionsloser Stimme im sdungarischen Dialekt.

    Zwei Shne hat sie, wie Kain und Abel. Der eine sitzt in der

    Kneipe am Sportplatz und suft, der andere arbeitet

    pausenlos und trinkt nur Himbeersirup. Ein Wunder, dass

    sie sich noch nicht gegenseitig umgebracht haben.

    Die Hand aufs Herz gelegt und stehe ich vor ihr.

    Was ist, Goldstck?

    Sie haben mich erschreckt ...

    Hast dich sicher ausgeruht ...

    Das sei durchaus meine Absicht gewesen. Ich merke, dass

    die Pferde mir durchzugehen drohen. Auch sie merkt das

    und tippelt aus dem Raum.

    Nicht fr ungut, Goldstck!

    Ich muss dringend mit dem versoffenen Sohn reden, dass er

    mir bald die Pfosten fr das Tor setzt.

  • Schnaken

    Amors Giftpfeil brannte zwischen meinen Rippen. Der

    Boden bebte unter meinen Fen. Trotz der spten Stunde

    herrscht wahnsinniger Verkehr auf der Andrssy. Die Oper

    war zu Ende. Menschen strmten nach Hause. Adl plaudert

    mit Lda. Sie erwarten einen Theaterbesucher. Ich versuchte

    mir einzureden, der Pfeil brenne nur meiner Einbildung,

    daher gbe es keinen Schmerz. In Adl verliebt zu sein,

    musste ich es mir auch wieder ausreden knnen. Ich sitze

    mit ihnen am Tisch, trinke Kaffee, rauche und schweige.

    Denn Schweigen ist Gold und es bedarf keiner

    Selbstkasteiung, denn mein Kopf ist leer. Ich finde kein

    Thema. Ich habe nichts zu sagen, bin leer und langweilig.

    Von den Huserfassaden und Passanten lasse ich von Zeit

    zu Zeit lasse ich meinen Blick verlegen ber ihr Gesicht

    gleiten. Zwischen uns schwingt nichts. Meine Blicke bleiben

    unerwidert. Gleichgltig sind sie ihr, wie den Husern. Die

    Frauen unterhalten sich ber Gott und die Welt. Adl klagt

    ber die Schnakenplage.

    Gibts bei dir auch welche?, fragt sie mich.

    Nein, erwidere ich wie aus der Pistole geschossen.

    Wahnsinniger Verkehr auf der Andrssy.

    Das Traum ist aus.

  • Zwei Kilo Aprikosen

    Guten Morgen, brllte die Dame mit dem Fahrrad.

    Seltsam, dass die Menschen in der Provinz so laut sprechen.

    Die Nachbarin wollte Aprikosen, aber jetzt ist sie nicht zu

    Hause. Nehmen Sie zwei Kilo? Sie hatte strahlend blaue

    Augen und ein gewinnendes Lcheln. Schwer widerstand ich

    der Versuchung. Zuviel fr mich. Ich bin allein. Das ist

    doch nicht viel, winkte sie ab. Ich will sie nicht zurck nach

    Hause bringen. Ich schttelte den Kopf. Leider nein. Ich

    bin kein Obstesser, versuchte ich zu erklren. Da schttelte

    sie den Kopf. Wissen Sie, wo Ilonka ist? Nein, wusste ich

    nicht. Die hats schwer, kam die Aprikosenverkuferin ins

    Reden. Der Mann ist doch im Winter gestorben. Ich

    nickte, denn das hatte ich gehrt. Der Anblick des

    Weihaarigen, der im Sommermorgengrauen mit der Sense

    in der Hand auf der Wiese stand, hatte mich zu Tode

    erschreckt.

    Wissen Sie, wo der jetzt ist? Wo sollte er schon sein? Was

    meinte meine Blauugige? Paradies? Jenseits? Welche

    Parzelle? Das Geld hat nicht fr die Beerdigung gereicht,

    deshalb steht er jetzt auf dem Bcherregal. Ich meine seine

    Urne. Na, vielleicht doch zwei Kilo, gnstig, damit ich sie

    nicht zurck nach Hause bringe. Ich schttelte den Kopf,

    die Aprikosenverkuferin schwang sich auf Fahrrad und lie

    sich rollen.

    Nichts fr ungut.

  • (c) 2011 Karlheinz Schweitzer edition zinkhund Usinger Strae 21 D- 61239 Ober-Mrlen [email protected] Das koplette e-book finden sie bei Amazon:

    http://www.amazon.de/Von-Musen-und-Magyaren-ebook/dp/B005QRPN7C/ref=sr_1_3?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1317659721&sr=1-3

    Weitere Publikationen hier: www.edition-zinkhund.com www.karlheinz-schweitzer.com

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