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Fakultät III Germanistische Sprachwissenschaft www.baer-linguistik.de Bär: Einführung in die Sprachwissenschaft IV Einführung in die germanistische Sprachwissenschaft Prof. Dr. J. A. Bär Vorlesung IV Semantik (I) Universität Vechta University of Vechta Fakultät III Germanistische Sprachwissenschaft

Vorlesung - baer-linguistik.de85.214.96.74:8080/baerneu/lehre/material-einfuehrung/... · 2019. 10. 9. · Semantik (I) Universität Vechta University ofVechta Fakultät III Germanistische

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  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

    Thematische

    Übersicht

    Fakultät IIIGermanistische Sprachwissenschaft

    www.baer-linguistik.deBär: Einführung in die Sprachwissenschaft IV

    Einführung in die germanistische

    Sprachwissenschaft

    Prof. Dr. J. A. Bär

    Vorlesung

    IV

    Semantik (I)

    Universität VechtaUniversity of Vechta

    Fakultät III Germanistische Sprachwissenschaft

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

    Thematische

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    Fakultät IIIGermanistische Sprachwissenschaft

    www.baer-linguistik.deBär: Einführung in die Sprachwissenschaft IV

    Grundsätzliches

    Realistisches Semantikmodell

    („Ontosemantik“: heteroreferentiell)

    Faust

    Bedeutung

    ≠ realer Gegen-

    stand/Sachverhalt!

  • Grundsätzliches

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    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

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    Grundsätzliches

    Faust

    Mentalistisches/kognitivistisches

    Semantikmodell (heterorefentiell)

    ? bedeutetDie Faust bedeutetbedeutet

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

    Thematische

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    Grundsätzliches

    Mentalistisches/kognitivistisches

    Semantikmodell (heterorefentiell)

    Bedeutung

    ≠ mentale Größe!

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    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

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    Grundsätzliches

    Faust

    1. ›geballte Hand (mit der man u.

    a. jemanden hauen kann)‹.

    2. ›Alchemist des 16. Jhs.; Figur

    u. a. bei Goethe‹.

    3. ›Titel von Theaterstücken,

    u. a. von Goethe‹

    bedeutet

    Lingualistisches Semantikmodell

    (homoreferentiell)

    Bedeutung

    = spezifische Menge

    sprachlicher Zeichen

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

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    Grundsätzliches

    Dies ist keine Apfelsine

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

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    Grundsätzliches

    • Sprachliche Zeichen stehen für andere sprachliche Zeichen; sie

    verweisen auf andere sprachliche Zeichen; ihre Bedeutung ist eine

    bestimmte Menge anderer sprachlicher Zeichen und die Gesamtheit

    der Relationen, in denen sie zu ihnen stehen.

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

    Thematische

    Übersicht

    Fakultät IIIGermanistische Sprachwissenschaft

    www.baer-linguistik.deBär: Einführung in die Sprachwissenschaft IV

    Grundsätzliches

    • Sprachliche Zeichen stehen für andere sprachliche Zeichen; sie

    verweisen auf andere sprachliche Zeichen; ihre Bedeutung ist eine

    bestimmte Menge anderer sprachlicher Zeichen und die Gesamtheit

    der Relationen, in denen sie zu ihnen stehen.

    • Ausdrucksseite (Signifiant) und Bedeutungsseite (Signifié) eines

    Zeichens sind daher prinzipiell von gleicher Qualität.

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

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    Grundsätzliches

    A 1 A 2

    A 3

    A 4

    A 5

    A 6

    A 7

    A 8

    A 9

    A 10

    A 11

    A 12

    A 13

    A 14

    • Sprachliche Zeichen bilden, in ihrer Bezogenheit aufeinander, ein

    dichtes Netz, innerhalb dessen jeder Ausdruck Teil der Bedeutung

    (mindestens) eines anderen Ausdrucks sein kann.

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

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    Grundsätzliches

    A 1 A 2

    A 3

    A 4

    A 5

    A 6

    A 7

    A 8

    A 9

    A 10

    A 11

    A 12

    A 13

    A 14

    A 17

    A 15

    A 16

    A 18

    A 19

    A 20A 22

    A 21A 23

    A 24 A 25 A 26 A 27

    A 29A 28 A 30 A 31

    • Sprachliche Zeichen bilden, in ihrer Bezogenheit aufeinander, ein

    dichtes Netz, innerhalb dessen jeder Ausdruck Teil der Bedeutung

    (mindestens) eines anderen Ausdrucks sein kann.

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

    Thematische

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    Fakultät IIIGermanistische Sprachwissenschaft

    www.baer-linguistik.deBär: Einführung in die Sprachwissenschaft IV

    Grundsätzliches

    Ausdruck (Signifiant) und Bedeutung (Signifié) sind als

    Komponenten sprachlicher Zeichen prinzipiell von gleicher

    Qualität; die Ausdrucksseite eines Zeichens ist ein Aspekt der

    Bedeutung eines anderen.

    Sprachliche Zeichen stehen – ad infinitum – f ü r e i n a n d e r .

    Ihre Bedeutung ist jeweils eine bestimmte Menge anderer

    sprachlicher Zeichen (nicht ein Gegenstand oder Sachverhalt,

    ein Weltausschnitt, ein „Stück Realität“ o. Ä.)

    Ausdruck und Bedeutung sind unterschiedliche Perspektiven

    auf dasselbe Phänomen „Zeichen“. Man kennzeichnet

    Ausdrucksseiten durch Kursivsatz und Bedeutungsseiten durch

    einfache Anführungszeichen (›‹).

    Haus bedeutet (u. a.)

    ›Gebäude, das Men-

    schen zum Wohnen

    dient‹.

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    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

    Thematische

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    Theorien (I): Komponentialsemantik

    Zeichenwert

    (Bedeutung)

    ›Kuh‹

    Eigenschaftsträger

    Milch weiblich

    Produzent

    Eigen-

    schaftExemplar

    Kuh

    Bos taurus

    Relational ver-

    knüpfte Aus-

    drücke:

    Semanti-

    sche Aspekte

    (Seme)

    Signifikat

    Exemplar

    Eigen-

    schafterwachsen

    träger

    Eigenschafts-Ochse

    männlichEigen-schaft

    Eigen-

    schaft

    kastriert

    Zeichenwert

    (Bedeutung)

    ›Ochse‹

    (partielle)

    Syn-

    onyme

    Gat-tung

    Gattung

    Pro-

    dukt

    Eigenschafts-träger

    Eigenschaft

    Eigenschafts-

    trägerEigenschafts-

    träger

    Homoseme

    Mit-Un-

    terklasse

  • Grundsätzliches

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    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

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    Fakultät IIIGermanistische Sprachwissenschaft

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    Homonymie vs. Polysemie

    Zeichenwert

    (Bedeutung)

    ›Schloss‹

    Burg

    Tür

    (ab)schließen

    Tal

    Schloss

    Schloss

    1. ›Schließvorrichtung‹

    2. ›Burg, Palast‹

    Polysemie

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

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    Fakultät IIIGermanistische Sprachwissenschaft

    www.baer-linguistik.deBär: Einführung in die Sprachwissenschaft IV

    Homonymie vs. Polysemie

    Zeichenwert

    (Bedeutung)

    ›Bank‹

    Institution

    Möbel

    Geld

    sitzen

    Schloss

    1. ›Schließvorrichtung‹

    ›Sitzmöbel‹

    Polysemie

    BankBank Homonymie

    1Bank

    2. ›Burg, Palast‹

    2Bank

    ›Geldinstitut‹

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

    Thematische

    Übersicht

    Fakultät IIIGermanistische Sprachwissenschaft

    www.baer-linguistik.deBär: Einführung in die Sprachwissenschaft IV

    Homonymie vs. Polysemie

    Kriterien der Unterscheidung

    • nicht einheitlich oder allgemein anerkannt

    • Ausdrucksgleiche lexikalische Einheiten mit unterschied-

    licher Bedeutung werden nach einem und demselben

    Kriterium im einen Fall als homonyme, im anderen als

    identische (und damit polyseme) Einheiten angesetzt.

    Kriterium für Homonymie: Der semantische Unterschied

    muss so groß sein, dass kein gemeinsames Sem mehr

    feststellbar ist.

    Möglichkeit, Polysemie im Laufe der Sprachgeschichte als

    Homonymie zu interpretieren: mal < Mal, Mahl; stat < Statt,

    Stadt.

    Problem: Kriterien für Gemeinsamkeit eines Sems differieren.

    Beispiel: Ente ›Schwimmvogel‹ vs. Ente ›falsche Pressemel-

    dung‹ (Homonymie im Etym. Wb. d. Dt. – Polysemie im 10-bd.

    Duden)

    Sonderfall: Komposita, die aus semantisch disparaten

    Bestandteilen gebildet sind, z. B. Untiefe ›sehr tiefe Stelle im

    Wasser‹ vs. Untiefe ›sehr flache Stelle im Wasser‹

    • Disparatheit der Be-

    deutung

    Mögliche Kriterien

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

    Thematische

    Übersicht

    Fakultät IIIGermanistische Sprachwissenschaft

    www.baer-linguistik.deBär: Einführung in die Sprachwissenschaft IV

    Homonymie vs. Polysemie

    Kriterien der Unterscheidung

    • nicht einheitlich oder allgemein anerkannt

    • Ausdrucksgleiche lexikalische Einheiten mit unterschied-

    licher Bedeutung werden nach einem und demselben

    Kriterium im einen Fall als homonyme, im anderen als

    identische (und damit polyseme) Einheiten angesetzt.

    der Junge ›Knabe‹ vs. das Junge ›noch nicht

    ausgewachsenes Tier‹ (Homonymie im Wb. d. dt. Ggwspr.

    – Polysemie im Paul)

    Unterschiedliches Genus

    der See ›größeres stehendes Binnengewässer‹ vs. die See

    ›Meer‹ (Homonymie im 10-bd. Duden – Polysemie im Etym.

    Wb. d. Dt.)

    Mutter, Pl. Mütter ›weibliches Elternteil‹ vs. Mutter, Pl.

    Muttern ›Schrauben-mutter‹ (Homonymie im 10-bd. Duden –

    Polysemie im Grimm)

    Unterschiedlicher Plural

    • Disparatheit der Be-

    deutung

    Mögliche Kriterien

    • Disparatheit des gram-

    matischen Gebrauchs

    (genauer: der Flexions-

    morphologie) und der

    Bedeutung

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

    Thematische

    Übersicht

    Fakultät IIIGermanistische Sprachwissenschaft

    www.baer-linguistik.deBär: Einführung in die Sprachwissenschaft IV

    Homonymie vs. Polysemie

    Kriterien der Unterscheidung

    • nicht einheitlich oder allgemein anerkannt

    • Ausdrucksgleiche lexikalische Einheiten mit unterschied-

    licher Bedeutung werden nach einem und demselben

    Kriterium im einen Fall als homonyme, im anderen als

    identische (und damit polyseme) Einheiten angesetzt.

    Bahn ›Weg‹ vs. Bahn ›Verkehrsmittel‹ (Homonymie im

    Langenscheidt – Polysemie im 10-bd. Duden)

    Futter ›Nahrung‹ vs. Futter ›Auskleidung‹ (Homonymie im 10-

    bd. Duden – Polysemie im Grimm)

    Unterschiedliche Etymologie

    Unterschiedliche Wortbildungsstruktur

    Grütze ›Griesbrei‹ vs. Grütze ›Verstand‹ (Homonymie im Etym.

    Wb. d. Dt. – Polysemie im 10-bd. Duden)

    Hecke ›Reihe von Sträuchern‹ vs. Hecke ›Brut‹ (Homonymie im

    Etym. Wb. d. Dt. – Polysemie im Grimm)

    • Disparatheit der Be-

    deutung

    Mögliche Kriterien

    • Disparatheit des gram-

    matischen Gebrauchs

    (genauer: der Flexions-

    morphologie) und der

    Bedeutung

    • Disparatheit der Her-

    kunft und der Bedeu-

    tung

  • Grundsätzliches

    Theorien (I): Kompo-

    nentialsemantik

    Homonymie vs.

    Polysemie

    Thematische

    Übersicht

    Fakultät IIIGermanistische Sprachwissenschaft

    www.baer-linguistik.deBär: Einführung in die Sprachwissenschaft IV

    Homonymie vs. Polysemie

    Kriterien der Unterscheidung

    • nicht einheitlich oder allgemein anerkannt

    • Ausdrucksgleiche lexikalische Einheiten mit unterschied-

    licher Bedeutung werden nach einem und demselben

    Kriterium im einen Fall als homonyme, im anderen als

    identische (und damit polyseme) Einheiten angesetzt.

    • Disparatheit der Be-

    deutung

    Mögliche Kriterien

    • Disparatheit des gram-

    matischen Gebrauchs

    (genauer: der Flexions-

    morphologie) und der

    Bedeutung

    • Disparatheit der Her-

    kunft und der Bedeu-

    tung

    • Disparatheit des gram-

    matischen Gebrauchs,

    der Herkunft und der

    Bedeutung

    Bank, Pl. Bänke ›Sitzmöbel‹ vs. Bank, Pl. Banken ›Finanz-

    haus‹ (Homonymie im 10-bd. Duden – Polysemie im Grimm)

    jm. grauen ›Angst empfinden‹ vs. grauen ›dämmern‹

    (Homonymie im 10-bd. Duden – Polysemie im DeGruyter-DaF-

    Wb.)