Upload
vuhanh
View
214
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
MRSABesiedlung/Krankheit/Ausbruch
Prof. Dr. med. habil. Marcus PohlHygienebeauftragter Arzt
Klinik Bavaria Kreischa
Vortragsgliederung
• Einleitung– Bakterien und Mensch– Begriffsklärungen: Besiedlung, Infektion, Resistenz,
multiresistente Erreger (MRE), Ausbruch
• MRSA– Was ist und woher kommt MRSA?– Gibt es eine Therapie?
• Bedeutung von MRE– aus Sicht der Medien– aus Sicht der Wissenschaft
• Hygiene- und Schutzmaßnahmen bei MRSA• Was wird getan gegen MRSA?
Bakterien und Mensch
• Bakterien in unserem Körper sind sehr nützlich. Sie bilden z.B. unsere Darmflora oder schützen unsere Haut. Der Darm und die Haut sind also von bestimmten Bakterien besiedelt.
• Unter bestimmten Umständen können Bakterien aber auch Infektionen verursachen.
Allgemeine Risikofaktoren durch Bakterien, eine Infektion zu erleiden
• Besiedelung von Bakterien, die an die Körperstelle nicht hingehören (z.B. Darmbakterien in der Harnblase)
• Abwehrschwäche des Menschen durch
– schwere kritische Erkrankung
– große Operation
– hohes Lebensalter
– Pflegebedürftigkeit
– Chemotherapie
– AIDS
– andere Ursachen
Behandlung der bakteriellen Infektion
• mit Antibiotika
• Antibiotika sind ein Segen für die Menschheit. Erkrankungen wie Tuberkulose, Syphilis, Scharlach oder die Pest wurden mit Antibiotika heilbar.
• Leider verändern sich die Bakterien durch die Gabe von Antibiotika, sie werden resistent gegen diese Antibiotika.
Ausbruch
• Ein Ausbruch (Epidemie) liegt vor, sobald eine Infektionskrankheit zeitlich und/oder räumlich häufiger als erwartet auftritt.
• Es kann sich dabei handeln um:
– eine Häufung ähnlicher Infektionen in einem bestimmten Bereich (z.B. Clostridium difficile assoziierte Diarrhoe),
– eine Häufung von Infektionen in Verbindung mit einer invasiven Maßnahme (z.B. bei Kniespiegelungen),
– das Auftreten gleichartiger Infektionen bei Patienten und Mitarbeitern (z.B. Norovirus-Ausbruch),
– eine Häufung von Infektionen durch den gleichen Erreger (z.B. MRSA).
Multiresistente Erreger (MRE)
• Multiresistente Erreger sind Bakterien, die gegen zahlreiche Antibiotika resistent sind.
• Das bedeutet, dass viele Antibiotika im Einsatz bei einer Infektion gegen diese Bakterien nicht mehr wirksam sind.
• Ein Vertreter diese Gruppe ist der sogenannte MRSA.
Was ist MRSA?
• MRSA = Methicillin-resistenter Staphylokokkus aureus
• Diese Bakterien haben einen besonderen Abwehrmechanismus gegen die Antibiotika Methicillin (bzw. Oxacillin) aus der Gruppe der Penicilline entwickelt und sind deshalb nur mit bestimmten Antibiotika zu behandeln.
• Durch diese Resistenz verändern sie aber nicht grundsätzlich Ihre Virulenz (d.h. Staph. aureus Stämme mit Methicillin-Resistenz verhalten sich in Bezug auf das Auslösen einer Infektion genauso wie Stämme ohne diese Resistenz (Ausnahme ca-MRSA!))
Staphylokokkus aureus
• Das Bakterium kommt regelmäßig auf der Haut oder Schleimhaut (besonders Nase und Rachen) von gesunden Menschen vor.
• Wenn der Staphylococcus aureus aber in den Körper gelangt, dann kann er Infektionen auslösen wie:– Lungenentzündung
– Abszesse
– Hautinfektionen (Furunkel, Karbunkel)
– Blutvergiftung
– andere
Resistenz von Staphylokokkus aureus:Ein alter Hut
Chambers, H.F. The changing epidemiology of staphylococcus aureus.
Emerging Infectious Diseases 179, Vol. 7, No. 2, 2001: 178-182
Penicillin-Resistenz
von Staph. aureus im
Krankenhaus oder
ambulant
Krankenhaus
ambulant
Welche Arten von MRSA gibt es?
• ha-MRSA = ha steht für hospital acquired, d.h. im Krankenhaus erworben
• ca-MRSA = ca steht für community acquired, d.h. außerklinisch erworben
• la-MRSA = la steht für livestock associated, d.h. bei der Masttierzucht erworben
• Mit dem Auftreten von haMRSA sind typische Risikofaktoren assoziiert, die mit der Behandlung in Krankenhäusern und vergleichbaren Einrichtungen in Zusammenhang stehen;
• Auftreten und Verbreitung von caMRSA sind davon unabhängig.
• Auftreten und Verbreitung von laMRSA beim Menschen, die in der Masttierzucht arbeiten
Robert-Koch-Institut: Auftreten und Verbreitung von MRSA in Deutschland 2008. Epidemiologisches Bulletin 17/2009
Wo und wie werden Resistenzbildungen von Bakterien gefördert?
• durch Zunahme chronisch-kritisch-kranker Menschen, die längerfristig eine Intensivtherapie benötigen (und dadurch
immungeschwächt sind und wiederholt Antibiotika bekommen)
• übermäßiger Einsatz von Antibiotika in der ambulanten Therapie (z.B. bei viralen Infekten)
• durch vorzeitige Beendigung der Antibiotika-Therapie durch Patienten (Resistenz durch Anbehandlung)
• durch übermäßigen Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht
MRSA in der Tierzucht
Einsatz von Antibiotika in der Tierproduktion
• Hier werden häufig Antibiotika dem Tierfutter beigemischt, um den Ertrag zu steigern.
• Dadurch können sich wiederum resistente Bakterienstämme entwickeln, die auch Probleme in der Humanmedizin verursachen können.
• Beispiele: – ca. 30% alle Rinder und
– ca. 70% aller Schweine
in Deutschland sind MRSA positiv*
*Köck et al. Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus in Deutschland: Epidemiologie. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(45): 761-7; DOI: 10.3238/arztebl.2011.0761
Wie viele Patienten sind in Deutschland mit MRSA besiedelt?
• in Krankenhäusern– im Mittel 0,752% (0-5%) im Jahr 2008*
– in spezialisierten Einrichtungen für chrinisch-kritisch-Kranke bis 20%#
– die MRSA-Prävalenz ist rückläufig*
• in Alten- und Pflegeheimen– 0 - 26%, regional sehr unterschiedlich und abhängig vom Klientel*
• zu Hause– ? (<0,5%)
*GERMAP 2010: Antibiotika-Resistenz und –Verbrauch. Bericht über den Antibiotikaverbrauch und die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen in der Human- und Veterinärmedizin in Deutschland 1. Auflage, November 2011 / ISBN 978-3-00-025097-2
*Köck et al. Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus in Deutschland: Epidemiologie. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(45): 761-7; DOI: 10.3238/arztebl.2011.0761
#Umfrage in der Arbeitsgemeinschaft Neurologisch-Neurochirurgische Frührehabilitation 2008
Übertragung von MRSAOder: Wie kommt es zu einer Besiedelung mit MRSA?
• MRSA wird hauptsächlich durch körperlichen Kontakt übertragen. – Staphylokokken können nicht fliegen, hüpfen oder springen!
– Der entscheidende Übertragungsweg sind die Hände.
• Die anhaltende Besiedelung mit MRSA ist abhängig von einem bestimmten Szenario:– Patient ist in der Immunität beeinträchtigt
– bei dem Patienten wurde die Standortflora (übliche Bakterienbesiedelung im Nasen-Rachenraum) durch eine Antibiotikatherapie in letzter Zeit beeinträchtigt
– Patient ist nicht in seiner gewohnten Bakterienumgebung (also nicht zu Hause, sondern im Krankenhaus oder Pflegeheim)
Die gute Nachricht
• Gesunde werden in aller Regel nicht dauerhaft mit MRSA besiedelt
• Außerdem ist der MRSA nicht pathogen bei Gesunden
• MRSA stellt somit (in aller Regel) keine Gefahr für Gesunde dar
Therapie von MRSA
• bei Besiedelung– Prinzip: Sanierung von MRSA– Problem: andere (auch wichtige Körper-) Keime werden mit
abgetötet
• bei Infektion– Prinzip: Behandlung mit bestimmten Antibiotika, die gegen
MRSA wirksam sind– Problem: diese Antibiotika gelangen häufig nicht so gut in die
verschiedenen Gewebe
Bedeutung von MRSA
• aus Sicht der Medien
• aus Sicht der Wissenschaft
Die Sicht der Medien
• Beginn mit Emotionen beim Zuhörer:
– Säuglinge und Patienten sterben, Beine werden amputiert
• dann der Skandal:
– Hygienefehler verursachen 800.000 Krankenhausinfektionen im Jahr!
– Krankenhausinfektionen töten 30.000 Menschen im Jahr!
• Schlussfolgerung:
– Krankenhausinfektionen sind durch Abstellen der Hygienefehler vermeidbar
• Abschluss mit Schuldzuweisung:
– Die Krankenhäuser bilden ein „Kartell des Schweigens“
Jede Krankenhausinfektion mit und ohne Todesfolge ist eine zu viel !!!
aber…
Sind alle Krankenhausinfektionen vermeidbar?
Die Sicht der Wissenschaft
• In Deutschland 400.000 bis 600.000 Krankenhausinfektionen im Jahr, davon 14.000 Infektionen durch MRSA (ca. 3%)
• 10.000 bis 15.000 Menschen im Jahr versterben an Krankenhausinfektionen
• Krankenhausinfektionen sind bei gutem Hygienestandard nur sehr eingeschränkt vermeidbar und keinesfalls grundsätzlich auf Hygienefehler zurückzuführen.
• maximal 20-30% aller KH-Infektionen sind möglicherweise vermeidbar
• Vermeidung von KH-Infektionen möglicherweise durch z.B.– Einführung von Screening auf MRE
– Intensivstationen mit Ein-Bettzimmern
Gastmeier und Geffers: Nosokomiale Infektionen in Deutschland: Wie viele gibt es wirklich? Eine Schätzung für das Jahr 2006. DMW 2008; 133: 1111–5
Gastmeier et al.: Wie viele nosokomiale Infektionen sind vermeidbar? DMW 2010, 135: 91-3
Die Sicht der Wissenschaft
Fortschritte der Medizin führen zu erhöhtem Infektionsrisiko (extreme Altersgruppen, extreme Therapien: Organtransplantationen, Zytostatika, Langzeitintensivtherapie, mechanische Herzunterstützungssysteme, etc.)
Das Risiko für Krankenhausinfektionen steigt und wird weiter steigen!
Ob sich krankenhausinfektionsbedingte Todesfälle wirklich vermeiden lassen, ist bisher nicht belegt!
Gastmeier und Geffers: Nosokomiale Infektionen in Deutschland: Wie viele gibt es wirklich? Eine Schätzung für das Jahr 2006. DMW 2008; 133: 1111–5
Gastmeier et al.: Wie viele nosokomiale Infektionen sind vermeidbar? DMW 2010, 135: 91-3
Hygienemaßnahmenauch anzuwenden bei MRSA und anderen MRE
• Händedesinfektion, Händedesinfektion, Händedesinfektion, Händedesinfektion, Händedesinfektion, Händedesinfektion, Händedesinfektion, Händedesinfektion, Händedesinfektion,… vor und nach jedem Kontakt
• andere Maßnahmen: Zum Beispiel– Einmal-Handschuhe in bestimmten Situationen
– Mundschutz in bestimmten Situationen
– Schutzkittel in bestimmten Situationen
– Screening auf MRSA oder MRE bei bestimmten Risikopatienten
– Einzelzimmerisolation
• Hygienemaßnahmen müssen dem Patienten und der Situation angemessen sein!
Hilfreiche Informationen
Quelle: www.rki.de
Hilfreiche Informationen
Quelle: www.lua.sachsen.de
Was wird getan gegen MRSA ?
NetzwerkbildungOptimierung der Schnittstellen
Quelle: www.gesunde.sachsen.de
Infomaterial
Quelle: www.gesunde.sachsen.de
Erstellen von Leit- und Richtlinien
Quelle: www.rki.de
Aktionen
Quelle: www.aktion-sauberehaende.de
Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetztes vom 28.07.2011
• Ziele des Gesetzes:– Verstärkte Durchsetzung krankenhaushygienischer Erfordernisse und
Kontrollmaßnahmen
– Verantwortung von Krankenhausleitungen wird gesetzlich festgelegt
– rechtliche Bedeutung der KRINKO*-Empfehlungen werden gesetzlich geregelt
– Kommission „Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (ART)“ beim RKI wird eingerichtet
– in der vertragsärztlicher Versorgung wird Vergütungsregelung für ambulante Therapie (Sanierung) von MRSA-Patienten sowie für die diagnostische Untersuchung von Risikopatienten geschaffen
*KRINKO: Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des RKI
Zusammenfassung
• MRE (inklusive MRSA) stellen ein beachtliches Problem in der modernen Medizin dar und verursachen schwerwiegende und schwer zu therapierende Krankenhausinfektionen.
• Die Einhaltung der Basishygiene ist der effektivste Faktor bei der Eindämmung der Ausbreitung von MRE in den verschiedenen Gesundheitsbereichen.
• Die Vermeidbarkeit von KH-Infektionen muss wissenschaftlich diskutiert werden.
• Das neue IfSG ist ein wichtiger Baustein in der Bekämpfung von wirklich vermeidbaren KH-Infektionen