25
Bauchspiegelung (Diagnosesicherung und Lösen von Verwachsungen) Minimal Invasive Chirurgie (auch Schlüsselloch- oder laparoskopische Chirurgie) bedeutet, dass Operationen an Leiste, Gallenblase, Blinddarm, Magen, Dickdarm und Mastdarm über mehrere 5 - 12 mm große Schnitte unter videolaparoskopischer Sicht durchgeführt werden. Die Operation erfolgt in Vollnarkose. Die Bauchhaut wird am Nabel eingeschnitten. Anschließend wird über eine spezielle Nadel (Veressnadel) CO²-Gas in die Bauchhöhle geleitet. Auf diese Weise entsteht ein Gaspolster zwischen Organen und Bauchwand. Verbleibende Gasreste werden nach der Operation durch die Lunge ausgeatmet. Anschließend wird die Bauchwand mit einem sogenannten Trokar, eine Art spitze Metallröhre, unter dem Schutz des Gaspolsters vorsichtig durchstoßen. Dann erfolgt das Vorschieben einer starren Optik über den Trokar in den Bauchraum. Auf die Optik wird am hinteren Ende eine kleine HD-Kamera aufgesetzt, die das Bauchinnere aufnimmt und auf einen Bildschirm überträgt. So wird das Bild des Körperinneren für den Operateur und sein Team sichtbar. Zusätzliche Operationswerkzeuge werden durch weitere Trokare in den Bauchraum geführt. Minimal Invasives operieren hat viele Vorteile für den Patienten. Weit mehr als 200 verschiedene Vergleichsstudien haben wissenschaftlich bewiesene Vorteile (EBM = evidence based medicine) für die Minimal Invasive Chirurgie gegenüber den offenen Operationen ergeben. Sie reduziert die postoperativen Schmerzen des Patienten, beschleunigt die Wundheilung und verkürzt den Zeitraum von Krankenhausaufenthalt und Arbeitsunfähigkeit. Die Minimal Invasive Chirurgie verlangt dabei eine besondere Ausbildung und besonderes Training. Sie ist heute an fast allen deutschen Kliniken fester Bestandteil der Routine, wobei allerdings die Qualität der Operation je nach Anzahl der durchgeführten Operationen und der Qualität und Länge der Ausbildung variieren kann. Ich selbst habe eine mehr als 16-jährige Ausbildung durch den in Deutschland bekannten Pionier der laparoskopischen Chirurgie Professor Bittner absolviert. Die Geschichte der laparoskopischen Chirurgie in Deutschland ist vor allem mit dem Namen Kurt Karl Stephan Semm, der 1927 in München

 · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

Bauchspiegelung (Diagnosesicherung und Lösen von Verwachsungen)

Minimal Invasive Chirurgie (auch Schlüsselloch- oder laparoskopische Chirurgie) bedeutet, dass Operationen an Leiste, Gallenblase, Blinddarm, Magen, Dickdarm und Mastdarm über mehrere 5 - 12 mm große Schnitte unter videolaparoskopischer Sicht durchgeführt werden. Die Operation erfolgt in Vollnarkose.Die Bauchhaut wird am Nabel eingeschnitten. Anschließend wird über eine spezielle Nadel (Veressnadel) CO²-Gas in die Bauchhöhle geleitet. Auf diese Weise entsteht ein Gaspolster zwischen Organen und Bauchwand. Verbleibende Gasreste werden nach der Operation durch die Lunge ausgeatmet.Anschließend wird die Bauchwand mit einem sogenannten Trokar, eine Art spitze Metallröhre, unter dem Schutz des Gaspolsters vorsichtig durchstoßen. Dann erfolgt das Vorschieben einer starren Optik über den Trokar in den Bauchraum. Auf die Optik wird am hinteren Ende eine kleine HD-Kamera aufgesetzt, die das Bauchinnere aufnimmt und auf einen Bildschirm überträgt. So wird das Bild des Körperinneren für den Operateur und sein Team sichtbar. Zusätzliche Operationswerkzeuge werden durch weitere Trokare in den Bauchraum geführt.

Minimal Invasives operieren hat viele Vorteile für den Patienten.

Weit mehr als 200 verschiedene Vergleichsstudien haben wissenschaftlich bewiesene Vorteile (EBM = evidence based medicine) für die Minimal Invasive Chirurgie gegenüber den offenen Operationen ergeben. Sie reduziert die postoperativen Schmerzen des Patienten, beschleunigt die Wundheilung und verkürzt den Zeitraum von Krankenhausaufenthalt und Arbeitsunfähigkeit.Die Minimal Invasive Chirurgie verlangt dabei eine besondere Ausbildung und besonderes Training. Sie ist heute an fast allen deutschen Kliniken fester Bestandteil der Routine, wobei allerdings die Qualität der Operation je nach Anzahl der durchgeführten Operationen und der Qualität und Länge der Ausbildung variieren kann. Ich selbst habe eine mehr als 16-jährige Ausbildung durch den in Deutschland bekannten Pionier der laparoskopischen Chirurgie Professor Bittner absolviert.

Die Geschichte der laparoskopischen Chirurgie in Deutschland ist vor allem mit dem Namen Kurt Karl Stephan Semm, der 1927 in München geboren wurde, verbunden. Bereits im Alter von sechs Jahren entwickelte der junge Semm nach einem schweren Verkehrsunfall die Idee Arzt zu werden. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft absolvierte Semm zunächst eine Feinmechaniker Lehre, die ihm später sehr zu Gute kommen sollte. 1946 immatrikulierte Semm in München und arbeitete nach Studienabschluss als Assistent an der II. Universitätsfrauenklinik in München. Promotion 1951, Heirat 1958, Habilitation 1959 und Anstellung als Oberarzt an der Frauenklinik Lindwurmstrasse. Durch die Chirurgen Frangenheim und Palmer wurde Semm angeregt, sich der Laparoskopie zu widmen. Im Zusammenhang mit der gynäkologischen Laparoskopie sprach er von Beckenspiegelung (Pelviskopie). 1967 führte er die Laparoskopie zur gynäkologischen Diagnostik an der Frauenklinik in München ein. In dieser Zeit entwickelte Semm als gelernter Feinmechaniker viele Instrumente selbst. Unter anderem verdanken wir Semm den automatischen CO²-Insufflator, den Uterusmanipulator, den Pelvitrainer.Semm verfeinerte die „Thermokoagulation“ zur Blutstillung und entwickelte die aus der Hals-Nasen-Ohren Heilkunde entliehene Roeder-Schlinge für den laparoskopischen Einsatz weiter. Ab 1973

Page 2:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

leitete Semm die Abteilung für Frauenheilkunde an der Universität Kiel. Viele Sicherheitstest beim Anlegen des sog. Pneumoperitoneums verdanken wir Semm.

Gallensteine

Ursache und Epidemiologie von Gallenblasensteinen

Ursache des Gallensteinleidens ist eine erblich bedingte Fehlzusammensetzung der von der Leber gebildeten Gallenflüssigkeit. Hierbei kann es zum Ausfallen von Kristallen kommen, so dass sich bei Eindicken der Gallenflüssigkeit in der Gallenblase Steine bilden können. Diese können nach Form, Grösse und Zusammensetzung (Farbe) völlig unterschiedlich sein. Unter Gallensteinen in Gallenblase oder Hauptgallengang leiden 15 - 20 % der Bevölkerung. Etwa 1/4 aller Gallensteinträger entwickeln Beschwerden, die in der Intensität und Lokalisation sehr unterschiedlich sein können.

Symptome

Die Symptome reichen von “Unwohl sein” nach dem Essen im Sinne einer Nahrungsmittelunverträglichkeit, über Druck und Völlegefühl im Oberbauch, kolikartige Schmerzen in den rechten Oberbauch oder Rücken bis zu heftigem Druckschmerz im Oberbauch mit Vernichtungsgefühl bei akuter Entzündung der Gallenblase. Alarmzeichen sind Gelbfärbung der Haut und Entfärbung des Stuhlganges mit gleichzeitigem Auftreten vom bierbraunem Urin bei vorliegenden Koliken. Diese Konstellation legt nahe, dass der Gallefluss im Hauptgallengang durch Verstopfung durch einen aus der Gallenblase übergetretenen Stein zum Erliegen gekommen ist. Gleichzeitig kann sich gelegentlich durch Rückstau von Galle oder Bauchspeicheldrüsensekret (zusammen verlaufende Endstrecke von Bauchspeicheldrüsengang und Gallengang in 90 % der Patienten) eine unter Umständen sehr gefährliche Bauchspeicheldrüsenentzündung entwickeln. Mann spricht daher beim Vorliegen von Gallensteinen mit Koliken oder Oberbauchschmerzen von einem unkompliziertem Gallenblasensteinleiden. Ist die Gallenblase entzündet, es besteht eine Gelbsucht oder Bauchspeicheldrüsenentzündung durch eine Steinverstopfung des Hauptgallenganges, spricht man von einem komplizierten Gallenblasensteinleiden.

Anatomie

Die Gallenflüssigkeit wird von der Leber gebildet und in den zwei Leberästen der Gallenwege in der Leber (Ductus hepaticus rechts und links) gesammelt. Diese vereinen sich unter der Leber zum Hauptgallengang. Am Hauptgallengang ist die Gallenblase mit dem Gallenblasengang als Zwischenspeicher angeschlossen. Essen wir nicht, so ist die Mündung des Hauptgalleganges im Zwölffingerdarm verschlossen und der produzierte Gallensaft wird in der Gallenblase gespeichert. Essen wir, öffnet sich die Mündung des Hauptgallenganges (Papille), die Gallenblase kontrahiert sich und es fließt schwunghaft Gallenflüssigkeit in den Darm um bei der Verdauung zu helfen. Erst der Gallensaft gibt dem Stuhl die braune Färbung. Die Gallenblase als Zwischenspeicher ist damit verzichtbar.

Page 3:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

Die Diagose von Gallensteinen erfolgt durch die Sonographie. Um ein kompliziertes Gallensteinleiden auszuschliessen, müssen immer die Entzündungswerte, Leberwerte (Bilirubin, AP, yGT) und Bauchspeicheldrüsenwerte (Lipase, Amylase) durch Blutuntersuchungen ermittelt werden. Ist in der Ultraschalluntersuchung der Hauptgallengang erweitert oder die Blutuntersuchungen auffällig, müssen zusätzliche Untersuchungen durchgeführt werden. Hierzu stehen die Kernspintomographie (MRCP), Endosonographie (Ultraschall über die Magenspiegelung) und die Röntgenuntersuchung des Hauptgallenganges (ERCP = endoskopisch retrograde Choledochopankreatikographie) über eine Untersuchung ähnlich der Magenspiegelung zur Verfügung. Hierbei wird der Hauptgallengang durch eine Sondierung mit einem kleinen Katheter röntgenologisch dargestellt und bei Bedarf die Papille (Gallengangsmündung) erweitert (EPT = endoskopische Papillotomie) , um dann mit einer Schlinge Gallensteine aus dem Gallengang zu entfernen. Bei Gallenblasensteinen und Gallengangssteinen hat sich deshalb heute das sog. Therapeutische Splitting bewährt. Falls die Ultraschalluntersuchung und Laborwerte für Gallengangssteine sprechen erfolgt die ERCP und ggf. EPT (Gastroenterologe) und an den Folgetagen die laparoskopische Entfernung der Gallenblase (Chirurg).

Verdacht auf Hauptgallengangssteine bei Gallensteinleiden

(diese 3 Bilder nebeneinander)

ercp

Page 4:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

papillotomie

gallenblasenentfernung

Therapie des Gallensteinleidens

Der Standard der Therapie des symptomatischen Gallenblasensteinleidens ist die operative Entfernung der Galleblase. Alternativen wie Steinzertrümmerung, Auflösen mit Tabletten oder die operative Entfernung nur der Steine aus der Blase haben sich nicht bewährt.

Operation

1882 wurde von C. Langenbuch die erste Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung) weltweit durchgeführt. 1889 beschrieb R. Thornton die erste Hauptgallengangsrevision (Choledochusrevision) mit Cholezystektomie. Seither hatte sich die offene Gallenblasenentfernung mit intraoperativer Röntgenuntersuchung des Hauptgallenganges bis 1985 zum Standard entwickelt und war millionenfach durchgeführt worden. Erste Veränderungen mit Verkleinerung des Bauchschnittes (Minilaparotomie) sind jedoch bereits seit den “Fünfzigern” beschrieben. Erich Mühe propagierte

Page 5:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

dann zum ersten Mal die sog. laparoskopische Cholezystektomie, damals noch unter “hochhalten” der Bauchdecken, ohne Anlegen des CO² Gaspolsters (Pneumoperitoneum). Die allererste laparoskopische Entfernung der Gallenblase durch ein angelegtes Pneumoperitoneum hat Mouret 1987 beschrieben.

Nach anfänglicher Skepsis der Fachwelt, insbesondere was die Ergebnisqualität anbelangt, hat sich heute das laparoskopische Operationsverfahren zum Goldstandard entwickelt, ist weltweit einsetzbar und hat auch in der Ergebnisqualität das offene Verfahren längst verdrängt. Insbesondere die zu Beginn hohe Frequenz von Hauptgallengangsverletzungen liegt derzeit flächendeckend bei lediglich 0,15 % und damit auf dem Niveau der offenen Operation.

Mittlerweile beschäftigt die Öffentlichkeit das Thema N.O.T.E.S (Natural orifice transluminal endoscopic surgery), wobei bei dem Beispiel der Gallenblase bei der Frau die Gallenblase selbst nicht über den Schnitt am Nabel sondern über die Scheide geborgen wird. Ob sich N.O.T.E.S. durchsetzen wird, ist derzeit noch nicht abschließend zu beurteilen. Die sog. SILS Technik (Singe incision laparaocopic surgery) entfernt die Gallenblase über einen einzigen Schnitt am Nabel durch Einsatz gebogener Instrumente. Weiterhin bereichern sog. Miniinstrumente den Fortschritt der laparoskopischen Gallenblasenentfernung.

Qualität

Die laparoskopische Cholezystektomie hat sich als Goldstandard bei der Therapie des Gallenblasensteinleidens durchgesetzt. Gemäss der Bundesqualitätssicherungsstelle (http://www.bqs-online.de) werden deutschlandweit 86 % der Gallenblasenentfernungen auf laparoskopischen Weg durchgeführt, primär offene Gallenblasenentfernungen werden in 8 % der Patienten beschrieben. In 6 % der Fälle wird während der Operation vom laparoskopischen auf das offene Verfahren konvertiert (sog. Umsteiger). Die Zahl der Umsteiger ist umso niedriger, je weitreichender die Erfahrung des Chirurgen insbesondere bei kompliziertem Gallensteinleiden oder bei voroperierten Patienten ist. Dementsprechend kann in qualifizierten Zentren die Umsteigerate um 2 % betragen. Eine publizierte Metaanalyse (Cochrane Database 2006) gibt bei identischer Komplikationsrate für die laparoskopische und konventionelle Cholezystektomie jeweils eindeutige Vorteile in Bezug auf Krankenhausaufenthalt (3 Tage kürzer) und Rekonvaleszenz (3 Wochen kürzer) für das laparoskopische Verfahren an. Bei Vorliegen einer akuten Entzündung sollte möglichst früh nach Symptombeginn operiert werden (Bittner R, Ulrich M. Acute cholecystitis - immediate operation? – pro Deutsche Medizinische Wochenschrift (2004) 17: 970), die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen steigt mit zunehmenden Alter und damit der Tragzeit der Gallensteine eindeutig an (Ulrich M, Leibl BJ, Bittner R. Laparoskopische Cholezystektomie – Ergebnisse bei alten Patienten. Chirurgische Gastroenterologie (2003) 19: 147-149). Auch bei akuter Cholezystitis kann bei niedriger Morbidität operiert werden, die Operation auch bei “stummen” Gallensteinen ist zu erwägen (Bittner R, Ulrich M. Gallenblasensteinleiden - immer eine Operationsindikation? Internist (2004) 1: 8 – 15).

Page 6:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

Appendicitis

Ursachen und Symptome

Die sog. “Blinddarmentzündung” beschreibt eigentlich die Entzündung des Wurmfortsatzes (Appendicitis), ein sehr häufiges Kranheitsbild, das meistens durch eine Verstopfung des Abgang des Wurmfortsatzes vom eigentlichen Blinddarm (Coecum) verursacht wird. Hierbei kann Sekret aus dem Wurmfortsatz nicht mehr abfließen, der Stau bedingt dann die Entzündung. Selten kann dieses tatsächlich durch einen Kirschkern ausgelöst sein.

appendix

Typische Symptome sind:

Beginn der Schmerzen im Oberbauch

nach wenigen Stunden wandern die Schmerzen in den rechten Unterbauch

Druckschmerz im rechten Unterbauch

leicht erhöhte Temperatur

Übelkeit

Ist der Krankheitsverlauf typisch und die Diagnose erfolgt zeitgerecht, stellt die operative Therapie in der Regel kein Problem dar. Nicht selten kann die Appendicitis allerdings auch sehr verschleiert und atypisch verlaufen, so dass die Diagnose verschleppt und die notwendige Operation verzögert wird. Der entzündete Wurmfortsatz kann durchbrechen und einen Abszess oder eine schwere Bauchfellentzündung verursachen, so dass die Operation möglicherweise dann erschwert ist und ein lebensbedrohlicher Zustand entstehen kann.

Page 7:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

Diagnose

Bei Blinddarmverdacht wird der Arzt folgendes durchführen:

Befragung des Patienten nach dem Verlauf (Anamnese)

klinische Untersuchung (Druckschmerz, Abwehrspannung bei der Bauchuntersuchung)

Laboruntersuchung (Blutbild, CRP, Gerinnungswerte)

Ultraschalluntersuchung (sog pathologische Kokarde)

Messung Körpertemperatur (rektale axilläre Differenz ca. 1°)

In der Regel sollte nach Erhebung dieser Befunde die Entscheidung für oder gegen eine mögliche Operation getroffen werden können, bei unsicherem Befund ist der Patient kurzfristig zu kontrollieren. Bei unklaren Befunden oder alten Patienten ist eine Computertomographie hilfreich. Im Zweifelsfall kann eine Bauchspiegelung erwogen werden, die die Diagnose endgültig sichert. Der wesentliche Vorteil der Bauspiegelung besteht darin, daß auch andere mögliche Ursachen (Divertikelkrankheit, Eierstockszyste, Entzündung oder Abszess der Eileiter) ohne eine grosse Erweiterung der Operation durch einen Bauchschnitt diagnostiziert und gleichzeitig behandelt werden können.

appendix

Operation

Traditionell erfolgte die Entfernung des entzündeten Wurmfortsatzes über ein Operationschnitt im rechten Unterbauch. Erstmals führte der Gynäkologe Semm am 13.9.1980 an der Universitätsklinik Kiel weltweit zum ersten Mal eine „Blinddarmoperation“ auf laparoskopischem Wege durch.

Page 8:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

1980 wurde seine Idee von der laparoskopischen Gallenblasenentfernung von den Allgemeinchirurgen abgelehnt, 1981 erging die Forderung von Seiten der Chirurgen Semm die Approbation zu entziehen. Eine wissentschafltiche Veröffentlichung zur laparoskopischen Appendektomie wurde mit der Begründung “die Technik sei unethisch” abgelehnt. Erst über den Umweg über die USA gelangte die laparoskopische Chirurgie wieder nach Deutschland zurück.

Die Literatur befürwortet nicht einheitlich die laparoskopische Operation, einige Autoren sprechen sich jedoch eindeutig für die laparoskopische Operation aus (Nguyen; Am J Surg 2004; 188:813 ff). Vorteile liegen in geringeren Schmerzen und schneller Rekonvaleszenz bei insgesamt geringer Gesamtkomplikationsrate, niedriger Rate an Wundkomplikationen und sehr gutem kosmetischem Ergebnis. Die laparoskoische Operation hat einen relevanten diagnostischen Vorteil, da die gesamte Buchhöhle schnell und sicher beurteilt werden kann. Durch den sinnvollen Einsatz von Klammernahtgeräten zum Absetzen des Wurmfortsatzes am eigentlichen Blinddarm ist die laparoskopische Operation allerdings teurer als die konventionelle Operation.

In unserer Klinik wird der entzündete Wurmfortsatz nahezu ausschließlich über die Bauchspiegelung entfernt.

Refluxerkrankung

Symptome

Unter dem kurzen Wort Reflux verstehen wir den Komplex der GERD (gastroösophageale Refluxkrankheit), d. h. das häufige Rückfließen von saurem Magensaft in die Speiseröhre. Hierbei ist der sonst gut funktionierende Verschlussmechanismus zwischen Magen und Speiseröhre gestört, es kommt besonders während der Nacht im Liegen zum weiten Aufstoßen von Magensaft (Sodbrennen), teilweise bis zum Kehlkopf und in die Luftröhre (morgendliche Heiserkeit). Betroffen sind etwa 10 % der westlichen Bevölkerung, regelmäßig findet sich bei der Untersuchung der Patienten ein Zwerchfellbruch. Durch das wiederkehrende Aufstoßen verändert sich die untere Speiseröhre im Sinne einer Speiseröhrenschleimhautentzündung.

Diagnose

Die Diagnostik der Erkrankung erfolgt durch eine Magenspiegelung, ob eine Operation hilfreich sein kann, beeinflussen weitere Untersuchungsergebnisse:

Magenspiegelung mit Probentnahme

Kontrastmitteluntersuchung der Speiseröhre (MDP)

Säuremessung in der Speiseröhre (24 Stunden ph-Metrie)

Speiseröhrendruckmessung zum Ausschluss von Bewegungsstörugen

Page 9:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

Therapie

Die Therapie der Wahl bei Refluxerkrankung ist die Einnahme von Säureblockern (PPI = Protonenpumpeninhibitoren), die dafür sorgen, dass der Reflux nicht mehr sauer ist.

Operation

Der Erfinder der sogenannten Fundoplikatio ist Rudolf Nissen, geboren 5.5.1896 in Neisse, Schlesien. Er begann sein Studium in Breslau, wechselte aber schon bald nach München. Während des 1. Weltkrieges leistete er von 1914 bis 1918 Sanitätsdienst beim Militär. Nach Abschluss seines Studiums in Breslau und Marburg, begann er seine chirurgische Ausbildung 1921 in München bei Sauerbruch. Er begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme, die er einem Lungensteckschuss aus dem 1.Weltkrieg verdankte, in die USA. Von 1939 bis 1941 arbeitete er in verschiedenen Krankenhäusern, bevor er 1952 einen Ruf an die Universität Basel erhielt.

Für die laparoskopische Fundoplikatio belegen Studien zweifelsfrei die Überlegenheit gegenüber dem konventionellen Verfahren (Fuchs; Chirurg 2005; 76: 370 ff). Das Verfahren ist komplikationsarm, in seltenen Fällen können aber auch Komplikationen auftreten.

Für noch relativ junge Patienten, die über Jahre Medikamente einnehmen müssten, kommt als Alternative diese Operation in Frage.

Bei der operativen Therapie wird auf laparoskopischem Wege der Übergang zwischen Magen und Speiseröhre anatomisch präpariert. Die sog. Zwerchfellschenkel werden durch eine oder mehrere Nähte eingeengt, ggf. mit einem Kunststoffnetz gesichert und der Magen wird manschettenförmig um die Speiseröhre herumgelegt und dahinter vernäht. Je voller der Magen dann ist, umso weniger können Nahrungsreste in die Speiseröhre zurück, da ein Ventilmechanismus entsteht. Der Reflux ist beseitigt.

Erkrankungen des Dickdarmes und Mastdarmes (Rektum)

Dickdarm

Anatomie

Der Dickdarm beim gesunden Erwachsenen misst ca. 150 - 200 cm. Während im Dünndarm die Nahrung in ihre Bestandteile zersetzt und wichtige Inhaltsstoffe in Blut und Lymphe aufgenommen werden, werden im Dickdarm dem Speisebrei Flüssigkeit und Elektrolyte entzogen. Im Verlauf des Dickdarmes wird der Speisebrei hierbei regelrecht abgepresst und der Stuhl damit im Verlauf immer fester. Im letzten Ende des Dickdarmes, dem Krummdarm (Sigma) besteht eine regelrechte

Page 10:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

Hochdruckzone. Im Mastdarm, dem Stuhlspeicher, wird der Stuhl eingelagert bis uns erhöhte Druckverhältnisse signalisieren die Toilette aufzusuchen. Operationen an Dickdarm und Mastdarm können aus verschiedensten Gründen durchgeführt werden. In aller Regel kommen fast immer den Darm verkürzende Maßnahmen in Frage, da ein Verlust von größeren Anteilen des Dickdarms vom Patienten gut verkraftet wird. Die häufigsten Gründe Teile des Dickdarmes zu entfernen sind Entzündungen oder bösartige Geschwulsterkrankungen.

Sigmadivertikulitis

Divertikel sind Ausstülpungen der Darmschleimhaut durch Schwachstellen in der Darmwand. Diese Schwachstellen sind in aller Regel die Stellen, an denen Blutgefäße in die Darmwand eintreten. Durch die hohen Drucke besonders im Krummdarm kann im Laufe des Lebens an diesen Stellen die Darmschleimhaut durch die Darmwand hindurch treten und bildet außen an der Darmwand kleine, fast kugelförmige Säckchen, den Divertikeln.

Ursachen der Divertikulose werden im Zusammenhang zu den zivilisatorisch bedingten Veränderungen der Nahrungsaufnahme mit dem Mangel an Faser- und Ballaststoffen sowie einer gewissen genetischen Determinierung gesehen. In den Entwicklungsländern spielt die Divertikulose im Gegensatz zu den Industrieländern nahezu keine Rolle.

Durch Eintritt von Stuhl in das Divertikel, der dann auf Grund der festen Konsistenz nicht wieder heraus kommt, kann es zu einer Entzündung kommen, der sog. Divertikulitis. Bei reizlosen Divertikeln spricht man hingegen von Divertikulose. Etwa 1/3 aller 60-jährigen haben eine Divertikulose, 1/4 dieser Patienten entwickelt im Verlauf eine Entzündung der Divertikel (Divertikulitis).

Symptome und Diagnostik

Typische Symptome sind heftige Druckschmerzen in der Regel im linken Unterbauch mit Meteorismus (Blähungsgefühl). Mäßiges Fieber und Erhöhung der Entzündungsparameter im Blut (Leukozytenerhöhung, CRP Erhöhung) zeigen sich fast immer. Die Standarddiagnostik bildet die Sonographie und die Computertomographie, wobei bei der Computertomographie der Dickdarm vom After her mit Kontrastmittel gefüllt werden kann. Hierbei zeigen sich die Lokalisation, die Ausdehnung und mögliche Begleitentzündungen der Divertikulitis auch außerhalb des Darmes im Bauchraum (z. B. Abszess, gedeckter Durchbruch). Auch die Darmspiegelung (Koloskopie) nach Abklingen der akuten Phase der Erkrankung hat einen festen Stellenwert und sollte wenn irgend möglich vor jedem operativen Eingriff zum Ausschluss anderer Darmerkrankungen durchgeführt werden.

Page 11:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

Stadien der Divertikelerkrankung und Therapie

Divertikulose

Vorhandensein von Divertikeln am Dickdarm ohne Krankheitswert, keine Operation

Akute unkomplizierte Divertikulitis

Divertikulitisschub ohne Komplikationen (hier erfolgt keine Operation, sondern in der Regel die Diagnostik und ggf. Behandlung mit Antibiotika, Infusionstherapie und Nahrungskarenz);wird der Nahrungsaufbau nach Überstehen der Akutbeschwerden gut vertragen, hat der Patient den Entzündungsschub in der Regel gut überstanden.

Chron. rezidivierende Divertikulitis

Schubartig in kleineren oder grösseren Intervallen wiederkehrende Entzündung, wobei je nach Leidensdruck des Patienten nach einigen Schüben operiert werden kann (Patientenwunsch) aber nicht operiert werden muss.Führen mehrfache Entzündungen zur Schrumpfung des Darmlumens, entsteht eine sogenannte Darmenge (Stenose). Da diese manchmal die Passage für das „Koloskop“ bei der Darmspiegelung verhindert und häufig Beschwerden verursacht, sollte dann operiert werden.Entstehen im Verlauf Fisteln in die Harnblase oder Scheide entstehen (Stuhl und / oder Windabgang aus Scheide / Blase, Blasenentzündungen), muss ebenfalls operiert werden, genauso bei wiederholter in einem Divertikel lokalisierbarer Blutung.

Akute komplizierte Divertikulitis

Bei freiem Durchbruch eines Divertikels in die offene Bauchhöhle mit Austritt von Darmgas und Kot besteht eine absolute Notfallsituation. Nachdem die Diagnose gestellt ist, muss sofort operiert werden. In der Regel erfolgt die Operation mittels eines Bauchschnittes, bei darin erfahrenen Chirurgen aber auch über die Bauchspiegelung. Bei ausgeprägten Befunden mit massivem Stuhlaustritt und massiver Bauchfellentzündung kann die sogenannte Hartmann-Operation mit Entfernung des Krummdarmes, Blindverschluss des Mastdarmes und Anlage eines künstlichen Dickdarmausganges erforderlich werden. Ein solcher Befund ist lebensbedrohlich. Übersteht der Patient die Erkrankung, wird der Darm nach einem halben Jahr in aller Regel wieder an den Mastdarmstumpf angeschlossen werden.Bei durch Bauchfett, anderen Darm oder Harnblase gedecktem Durchbruch eines Divertikels mit oder ohne Abszessbildung im Bauchraum, wird nicht zwangsläufig sofort operiert. Hier wird man je nach Verlauf des Krankheitsbildes konservativ (Antibiotikagabe, Infusionen, Essenskarenz) behandelt, ggf. kann ein Abszess durch Einlage eines Drainageschlauches therapiert werden. Im Verlauf kann entweder nach einigen Tagen operiert werden, wenn die Beschwerden sich nicht bessern oder nach Abklingen der Erkrankung nach 6 – 8 Wochen eine Darmspiegelung durchgeführt und dann operiert

Page 12:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

werden.Seit einigen Jahren, insbesondere seit Erscheinen der neuen S2K Leitlinie der Divertikel - Krankheit mit Gültigkeit bis 31.12.2018, wird die Operationsindikation sehr viel zurückhaltender gestellt.

Dickdarmkrebs (Kolonkarzinom)

Tumoren des Dickdarmes und Mastdarmes stellen in Deutschland die zweithäufigste Todesursache dar, die jährlichen Neuerkrankungen betreffen in Deutschland 73000 Patienten, 28000 Menschen versterben pro Jahr (Beispielzahlen 2004). 90 % der Patienten erkranken nach dem 50. Lebensjahr. Die Gesamthäufigkeit von Dickdarmkrebs ist dabei abnehmend.

Dickdarmkrebs entwickelt sich in der Regel über viele Jahre aus Darmpolypen. Von der Polypenknospe bis zum Dickdarmkrebs können bis zu 10 Jahren vergehen. Da, bei etwa 30 % der über 50-jährigen die Krebsvorstufe “Polyp” im Darm vorliegt, kommt der Dickdarmspiegelung (Koloskopie) zur Vorsorge und zur Früherkennung von Dickdarmkrebs eine entscheidende Rolle zu. Frühstadien des Dickdarmkrebs können in 90 % der Fälle durch die Operation geheilt werden, die

Page 13:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

fortgeschrittenen Fälle immerhin noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 30-80 %. Liegen Metastasen vor, gelingt die Heilung nur noch bei ca. 15 % der Patienten.

Symptome des Dickdarm- oder Mastdarmkrebs

Die Beschwerden bei Darmkrebs können sehr unterschiedlich sein, teilweise sind die Patienten mit bereits fortgeschrittener Krebserkrankung relativ beschwerdearm. Veränderungen der Stuhlgewohnheiten können ein erstes Warnsignal sein, oftmals zeigt sich der Befund von „nicht für das Auge sichtbarem Blut im Stuhl (Hämoccult Test)“. Ein negativer Test schließt allerdings die Diagnose Darmkrebs bei weitem nicht aus. Weiter Symptome können Schleim- und sichtbare Blutabgänge, schmalkalibriger Stuhlgang, starke Blähungen, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme sein. Leider treten solche Symptome erst bei fortgeschrittener Tumorerkrankung auf, so dass hier nochmals betont werden muss, dass der Koloskopie zur Vorsorge und Früherkennung die allerwichtigste Rolle zukommt.

Diagnose

Die Diagnose erfolgt mittels Probeentnahme bei der Darmspiegelung, die komplett bis zum Dünndarm erfolgen muss, da in ca. 5 % der Fälle mehrere Tumoren vorliegen. Ist der Krebs gesichert, erfolgt das sogenannte “ Staging“ , hierbei wird durch Röntgen der Lunge, Ultraschalluntersuchung und Computertomographie des Bauches der Ausbreitungsstatus der Geschwulst vor der Operation festgestellt.

Chirurgische Therapie

Die Therapie besteht in der Entfernung des tumortragenden Darmabschnittes unter Mitnahme der lokalen Lymphknoten. Wegen der Mitnahme dieser Lymphknoten muss das den Darm versorgende arterielle Gefäß an seinem Ursprung durchtrennt werden. Da ein größeres Stück Darm als der tumortragende Anteil dadurch nicht mehr mit Blut versorgt werden kann, entfällt jeweils ein Stück Dickdarm von ca. 30 - 50 cm Länge. Nach Entfernung des erkrankten Darmes werden die Darmenden dann durch eine Naht (Handnaht oder Klammernaht) wieder vereinigt (Anastomose = Erstellen einer neuen Darmverbindung). Man unterscheidet deshalb verschiedene Standardoperationen. Hierbei kommen sowohl offene als auch laparoskopische Verfahren zum Einsatz.

Die operative radikale Therapie mittels Bauchschnitt ist seit Jahrzehnten die Standardtherapie in der Behandlung von Dickdarmkrebs. Erstmals konnte Anfang der 90-er Jahre von Jacobs (Jacobs, M. et al, Surg Laparosc Endosc 1991; 1: 144.150) gezeigt werden, dass eine Krummdarmentfernung (Sigmaresektion) auf laparoskopischem Wege machbar ist. Die laparoskopische Dickdarmchirurgie hat sich zwar ausgebreitet, trotzdem wird das schonende Operationsverfahren bei längst nicht allen möglichen Fälle eingesetzt. In Expertenhänden und nach der eigenen Erfahrung (Bittner R, Ulrich M. Surgical therapy of diverticultis. Schweiz Rundsch Med Prax 2007, Feb 14; 96 (7): 237-42) ist im Falle

Page 14:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

der Diagnose einer Divertikelerkrankung dies jedoch bei ca. 80 % der Patienten inklusive der akuten Fälle möglich.

Auch bei der Diagnose von Dickdarmkrebs darf heute das laparoskopische Verfahren eingesetzt werden. Nach Auswertung vieler Studien wissen wir heute, dass das für die Bauchspiegelung notwendige Pneumoperitoneum (Aufpumpen der Bauchhöhle mit C0²-Gas) kein für die Krebserkrankung zusätzliches Risiko darstellt und die Radikalität der chirurgischen Operation über die Bauchspiegelung dem konventionellen Verfahren gegenüber mindestens gleichwertig, in Expertenhänden sogar besser sein kann.

Sigmadivertikulitis - laparoskopische oder offene Operation

Werden die konventionelle und laparoskopische Operationstechnik für die Sigmadivertikulitis miteinander verglichen (elektive Operation), zeigen alle relevanten durchgeführten Studien Vorteile für das laparoskpische Verfahren. Diese Studien belegen Vorteile vor allem für die Dauer des Krankenhausaufenthaltes und die schnelle Rekonvaleszenz. Nachteile sind eine erhöhte Operationsdauer um ca. 30 Minuten, außerdem ist die Operation teurer.

Dickdarmkrebs - laparoskopische oder offene Operation

Die Therapie ist radikal onkologisch (nach den Regeln der Krebstherapie), d.h. es wird der tumortragende Darmabschnitt im Gesunden einschließlich des lokalen Lymphabflussgebietes entfernt. Das primäre Vorgehen der Wahl ist auch bei den bösartigen Darmerkrankungen in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Befunden und Lokalisation des Tumors die Bauchspiegelung. Bereits Anfang der 90-er-Jahre konnte gezeigt werden, dass eine laparoskopische Sigmaresektion möglich ist (Jacobs M et al.: Surg Laparosc Endosc 1991;1:144-150). Inzwischen wissen wir, dass alle klassischen Darmkrebsoperationen auch in laparoskopischer Technik durchgeführt werden können. Wir wissen zudem, dass das für die Laparoskopie notwendige Pneumoperitoneum (Aufpumpen des Bauchhöhle mit C0²-Gas) kein für die Krebsausbreitung zusätzliches Risiko darstellt (Zmora O et al.: Surg Endosc 2001;15:788-793), dass die laparoskopische Resektion gleiche onkologische Radikalität garantiert wie die offene Operation (Franklin ME et al.: Dis Colon Rectum 1996;39:35-46) und dass die Lymphknotenentfernung (Lymphadenektomie) gleich radikal wie herkömmlich erfolgen kann (Karolija et al.: Langenbecks Arch Surg 2003;387:366-371).

Außerdem liegen Ergebnisse einer Reihe großer kontrollierter randomisierter Studien und Metaanalysen vor:

NEJM 2004;350:2224-2229 (COST-study)

Lancet Oncol 2005;6:477-484 (COLOR-study)

J Clin Oncol 2007;25:3061-3068 (CLASSICC-study)

Cochrane DB: Syst Rev 2005;20:CD 003145; Br J Surg 2006;43:921-928

Ann Surg Oncol 2006;13:413-424, Cochrane DB: Syst Rev 2006;18: CD005200)

Page 15:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

Die laparoskopische Technik bietet entscheidende Kurzzeitvorteile (weniger Schmerzen, kürzerer Krankenhausaufenthalt) und eine raschere Rehabilitation. Das onkologische Spätergebnis ist gleich. Weiterhin entstehen aufgrund der kleineren Schnitte in geringerer Häufigkeit und Schweregrad Narbenbrüche sowie intraabdominelle Adhäsionen (Verwachsungen). In Expertenhänden könnte das laparoskopische Verfahren auch in Bezug auf die Radikalität sogar Vorteile haben (Lacy et al; Lancet 2002; 359: 2224-2229).

Mastdarm

Besonderheiten

Der Mastdarm liegt tief verborgen im kleinen Becken und ist von einer fettreichen Hüllfaszie, dem sog. Mesorektum, umgeben. Der Mastdarm reicht vom Schließmuskel (Sphinkterorgan) bis zum Übergang in den Krummdarm in einer Höhe vom 16 cm ab dem Schließmuskel. Im Mesorektum verlaufen die versorgenden Blutgefäße mit Lymphknoten. Neben der umschließenden Hülle besteht dadurch ein enger Kontakt zu den Rändern des kleinen Beckens.

Im Falle von Mastdarmkrebs werden zur Sicherung der Tumorausbreitung zusätzlich zu den Untersuchungen wie bei Dickdarmkrebs eine Endosonographie und / oder eine Kernspintomographie des Beckens durchgeführt. Liegt hierbei ein Frühstadium vor, d. h. die Tumoren überschreiten die Wand des Darmes nicht und es liegen keine vergrößerten Lymphknoten im Fettzylinder vor, kann operiert werden. Bei fortgeschrittenen Tumoren (Tumor wächst bereits in das Mesorektum ein oder

Page 16:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

es befinden sich vergrößerte Lymphknoten darin) werden die Patienten heutzutage vor der Operation durch eine Strahlentherapie in der Kombination mit einer Chemotherapie vor der Operation therapiert (neoadjuvante Radiochemotherapie) oder auch durch eine Kurzzeitbestrahlung vorbehandelt. Erst danach wird operiert.

Bei der Operation bei Mastdarmkrebs kommt der TME (Totale Mesorektum Excision --> Propagierung durch Prof. Heald), d. h. die gesamte Entfernung des Fettzylinders in dem der Mast sich befindet, eine zentrale Bedeutung zu.

Wichtig und damit Qualitätsmerkmale sind dabei Kriterien am Operationspräparat. Diese sind der untere Abstand des Tumors zum Schnittrand und damit zum verbleibenden Darm / Schließmuskel (Sicherheitsabstand nach unten), die Unverletztheit der Grenzschichten des Fettzylinders (Mercury Klassifikation) und der Tumorabstand zum Präparaterand (CRM = circumferential resection margin).

Die besondere Bedeutung des Mastdarmkrebs besteht wegen der Nähe zum Schließmuskel. Wächst der Tumor bereits in den Schließmuskel ein, so muss dieser bei der Operation vom Chirurgen mit entfernt werden und es bedarf eines dauerhaften künstlichen Dickdarmausganges. Beträgt der Abstand Schließmuskel zum Tumor einige Zentimeter (Fingeruntersuchung), gelingt es in vielen Fällen den Dickdarm wieder an den Mastdarmstumpf anzuschließen. Je tiefer das Anschließen in Richtung des Schließmuskels erforderlich wird, desto gravierender können die Veränderungen in den Stuhlgewohnheiten für den Patienten nach dieser Operation sein.

Schema Rektumresektion (meist mit schützendem vorübergehenden Dünndarmausgang)

Page 17:  · Web viewEr begleitete Sauerbruch, der 1927 nach Berlin an die Charite berufen wurde. Vor dem Naziregime flüchtete er 1933 nach Instanbul und ging wegen gesundheitlicher Probleme,

IPOM (intraperitoneales Onlay Mesh)

Es handelt sich hierbei um die laparoskopische Form der Versorgung von Bauchwandbrüchen. Hierbei werden die Trokare weit seitlich in der Flanke in den Bauchraum (Abdomen) eingebracht, in der Regel drei Stück.

Bei Narbenbrüchen müssen hierbei zunächst Verwachsungen des Darmes zur Bauchwand gelöst werden. Die eigentliche Lücke in der Bauchwand wird dann von innen mit einem sehr großen und beschichteten Netz überdeckt. Die Beschichtung, die diese Netze sehr teuer macht, sorgt dafür, dass der Darm später am Netz nicht verwächst. Das Netz wird von innen mit Ecknähten durch die Bauchwand hindurch und zusätzlich mit Clips, die sich später auflösen, in der Bauchwand fixiert.Studien, die eine Aussage treffen, ob die laparoskopische Versorgung bei Bauchwandbrüchen der offenen Operation vorzuziehen ist, liegen bisher nicht vor. Wegen der Netzkosten, Wasseransammlungen (Serome) im Bruchsack und der Fixationstechnik besteht bei den Chirurgen keine einheitliche Meinung, ob offen oder laparoskopisch operiert werden kann. Das größte Problem der offenen Versorgung von Narbenbrüchen besteht in der Infektionsgefahr im Bereich des in die Bauchwand eingelegten Kunststoffnetzes.Bei Bauchwandhernien der Mittellinie führen wir die offene Operation mit Netzimplantation als Sublay (hinter den geraden Bauchmuskel) durch, ggf. mit Komponentenseparation nach Ramirez. Bei Narbenhernien außerhalb der Mittellinie kommt in der Regel das IPOM-Verfahren zum Einsatz.

Parastomale Hernie

Brüche am künstlichen Darmausgang, sogenannnte parastomale Hernien stellen mit ca. 30% die häufigste Komplikation nach Anlage eines künstlichen Dickdarmausganges dar. Ursache ist die durch den Durchtritt des Darmes bedingte Schwächung der Bauchwand. Parastomale Hernien bilden sich häufig relativ früh nach Anlage des Darmausganges und können sehr groß werden, so dass die operative Versorgung sehr schwierig sein kann. Die Brüche können wieder auftreten oder der Verlauf nach der Operation kann kompliziert sein. Einige Chirurgen empfehlen daher bereits bei der Anlage des künstlichen Ausganges die Verstärkung der Bauchwand durch ein Kunststoffnetz von innen.

Bei der Operation von parastomalen Hernien geht man wenn möglich immer laparoskopisch vor. Verwachsungen werden gelöst, insbesondere auch die Verwachsungen des Darmes im Bruchsack selbst. Schließlich wird die Bruchlücke eingeengt und die Bauchwand von innen mit einem Kunststoffnetz verstärkt. Das Netz wird dabei rundlich eingeschnitten und um den Darm, der zur Haut führt, eng herumgelegt und mit Clips fixiert. Ein zweites Netz, dass um den Darm gelegt wird scheidet diesen ein und drückt ihn platt an die seitliche Bauchwand. Der Darm verläuft dann ein Stück parallel zur Bauchwand, wie durch einen Tunnel an der Bauchwand entlang und verwächst dort. Er kann dann nicht mehr von unten in das Stoma hineindrücken. Diese von Sugarbaker 1980 inaugurierte Methode gilt heute als die beste Möglichkeit der regelrechten Versorgung dieser komplizierten Bruchart.