Weltweit Ostern 2007 05

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    S I M B A B W E

    Das Magazin der Jesuitenmission

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    weltweit

     JRS: weltweit mit Flüchtlingen

    Myanmar: Angst regiert ein Land

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     JRS: weltweit mit Flüchtlingen 3

    Nürnberg: Das Spielfeld

    ist die Welt 8Simbabwe: Lernen vonden Wurzeln 11

    Indien: Ein Kreuzwegvon Jyoti Sahi 14

    Argentinien: Rückblickeiner Freiwilligen 18

    werkstatt weltweit:

    Exposure-Reisen 2007 22Myanmar: Angst regiertdas Land 24

    Aus aller Welt 27

    Unsere Osterbitte 30

    I N H A L T

    Liebe Freundinnen und Freunde

    unserer Missionare und unserer Partner

    in den jungen Kirchen!

    itelfoto:Ein sehr gastfreundlicher alter Mannin Myanmar (s.S.24-26)

    Rücktitel:Eine Klasse der Rupert-Mayer-Schulein Simbabwe (s.S.11-13)

    Bildnachweise:Kurmann (itel,S.25), Sauerbeck (S.2),

     JRS Berlin (S.3,S.6), Kilian (S.4,S.30-31),Günther (S.5,S.30-31),Balleis (S.6,S.8-9,S.24-26,S.28),Radtke/kna-bild(S.7),Väthröder (S.9-10,S.23),U München (S.11-13,Rücktitel),Kunstarchiv Jesuitenmission(S.14-17,S.21), Haberkorn (S.18-20),Braunigger (S.22-23),Grillmeyer (S.22-23), Sharma (S.29)

     Wer einmal im Jesuitenflüchtlingsdienst (JRS) mit Flüchtlingen ge-arbeitet hat, den lässt diese Erfahrung nicht mehr los. „Einmal JRS,immer JRS“, so heißt die Kurzformel unter den ehemaligen Mit-arbeitern des JRS. Auf Bitte und durch Entscheidung des Ordens-

    generals P. Peter-Hans Kolvenbach SJ werde ich ab Herbst 2007in der Ordenszentrale in Rom die Aufgabe als Internationaler Di-rektor des JRS übernehmen. Ich habe bereits mit Flüchtlingen imSüdlichen Afrika gearbeitet, bevor ich in die Jesuitenmission kam.

    Es sind sieben begnadete Jahre, auf die ich seit der Amtsübernah-me von P. Übelmesser SJ zurückschauen darf. Ich spreche bewusstvon Gnade, weil jede Spende ein freies Geschenk, eine unverdienteGnade ist. Nur so können wir unzähligen armen Menschen, Kin-dern und Jugendlichen weltweit helfen. In gleicher Weise setzensich vor Ort die Missionare - Jesuiten, Schwestern und Laien - ausfreien Stücken für die Menschen ein. Unseren Partnern in aller Weltund vor allem Ihnen gilt mein aufrichtiger Dank für Ihre großherzi-gen Spenden und Ihre reue in all den Jahren. Vergelt’s Gott.

     Auch wenn es ein Abschied ist, so ist es mir eine Freude, die Lei-tung der Jesuitenmission in Nürnberg an P. Klaus Väthröder SJ am15. April zu übergeben. Neben all seinen Qualifikationen und sei-ner jahrelangen Erfahrung in Lateinamerika kennt er die Arbeit in

    der Jesuitenmission in Nürnberg und ist bereits vielen von Ihnenvertraut. Ich bitte Sie, P. Väthröder SJ und der Jesuitenmission un-ter seiner Leitung das gleiche Vertrauen entgegenzubringen. In mei-ner künftigen Sorge für Flüchtlinge werde ich immer wieder mal andie üre der Jesuitenmission in Nürnberg klopfen. Die Menschenin Not werden uns auch in Zukunft verbinden. In deren Kreuz undLeid finden wir Gott und die Hoffnung der Auferstehung.

    Ich wünsche Ihnen ein frohes Osterfest!In dankbarer Verbundenheit

    P. Peter Balleis SJ, Missionsprokurator

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    Kapelle in einem deutschen Abschiebungsgefängnis: Weltweit werden Flüchtlinge oft allein gelassen.

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    Auf der FluchtSeriöse Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit ungefähr 50 Millionen Menschenauf der Flucht oder in flüchtlingsähnlichenSituationen sind. Was können die Mitarbeiterdes Jesuitenflüchtlingsdienstes (JRS) ange-sichts dieser immensen Zahl leisten? Welcheaktuellen Herausforderungen sehen sie für

    ihre Arbeit? Vier Schlaglichter aus vier Konti-nenten geben einen kleinen Einblick.

    P. Bernard Arputhasamy SJ ist einer der neunRegionaldirektoren des JRS. Er ist für die Arbeitin der asiatisch-pazifischen Region verantwortlich: 

    „Ein besonderer Brennpunkt in unserer Regionist die Situation der burmesischen Flüchtlingeaus Myanmar (s.S.24-26). In Tailand bestehtunsere Arbeit zu 90% aus der Sorge um dieseGruppe. Wir haben an der Grenze Hallen ge-mietet, um Flüchtlingskinder zu unterrichten.

     Wir verhandeln auch direkt mit der thailändi-schen Regierung, um die Situation der Flücht-linge in den Lagern zu verbessern, die Tai-land in Waldgebieten und mit sehr restriktivenLebensbedingungen eingerichtet hat. Nebendem Aufbau von Schulen geht es uns um dieVersorgung der Flüchtlinge mit lebensnotwen-digen Dingen wie Essen, Kleidung und medi-zinischer Betreuung. Flüchtlinge müssen sichoft auf eine jahrelange Existenz im Ungewis-

    sen und Provisorischen einstellen. Unsere Aus-bildungsprojekte helfen, ihnen Chancen fürdie Zukunft zu geben. Wir arbeiten gemein-sam mit anderen Organisationen daran, dasssich der politische Umgang mit Flüchtlingenändert. Aber im Vordergrund der Arbeit stehtdas, was der JRS am besten macht: ganz nahund direkt bei den Leuten sein. Das ist unsereMission: Flüchtlinge und gewaltsam Vertrie-bene zu begleiten. Erst dieser ganz nahe Kon-takt gibt uns die Glaubwürdigkeit, um für die

     Anliegen der Flüchtlinge zu sprechen.

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    Schulspeisung für Kinder: In Tailand betreut der JRS burmesische Flüchtlinge.

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     Was bedeutet es, Flüchtlinge zu begleiten?Es meint, mit Fleisch und Blut bei ihnen zusein, in ihrer Freude und ihrem Leid, in ihrenVerwundungen und Heilungen, in ihrer Ent-

     wurzelung und ihrer Verstörung. Es meint, mitihnen am selben isch das Brot zu teilen. DieseNähe zu den Flüchtlingen ist etwas, was den

     JRS auszeichnet und weshalb andere Organi-sationen wie die Flüchtlingshilfe der VereintenNationen gerne mit uns zusammenarbeiten.

    Innerhalb des JRS wird es eine große Her-ausforderung in den nächsten Jahren sein, dieBalance zwischen diesem Charisma sowie der

     wachsenden Institutionalisierung und Pro-fessionalisierung zu halten. Der JRS wächst:mehr Mitarbeiter, mehr Projekte, mehr Anfor-derungen. Mir scheint, dass sich innerhalb derhumanitären Hilfe immer stärker eine Karrie-re-orientierte Kultur entwickelt. Der Dienstam Menschen ist die Stärke des JRS und die

     werden wir bewahren.“

    P. Joaquin Ciervide SJ hat schon in

    verschiedenen afrikanischen Ländern fürden Jesuitenflüchtlingsdienst gearbeitet. ImTschad begleitet er Projekte für sudanesischeFlüchtlinge aus Darfur: 

    „In Darfur gibt es Konflikte zwischen den loka-len Rebellen und der sudanesischen Regierungsowie zwischen den arabischen Reitermilizen,die von Khartum unterstützt werden, und derlokalen Bevölkerung. Die Krise in Darfur ist

    vor vier Jahren ausgebrochen. Sie hat den odvon rund 200 000 Menschen verursacht und2 Millionen Menschen gezwungen, ihre Dörferzu verlassen und an andere Orte innerhalb Su-dans zu ziehen. Mehr als 200 000 Flüchtlingehaben die Grenze zum schad überquert. Sieleben jetzt in zwölf Lagern entlang der Gren-ze. Seit September 2006 sind wir dabei, in denFlüchtlingslagern Schulprojekte zu begleiten.Ich zum Beispiel organisiere die Aus- und Wei-terbildung für die ungefähr 1000 Grundschul-lehrer in den zwölf Lagern. Jeder Lehrer durch-

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    Im schad arbeitet der JRS mit Unicef.

    Flüchtlinge aus Darfur brauchen Hilfe.

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    läuft drei Kurse, die jeweils fünf age dauern.Die meisten Lehrer sind selbst Flüchtlinge undbringen keinen Universitätsabschluss, abereinen höheren Schulabschluss mit. Die Leh-

    rerausbildung organisieren wir mit Hilfe vonUnicef. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Na-tionen ist verantwortlich für die Koordinierungdes Schulunterrichts in den zwölf Flüchtlings-lagern. Leider steigt jetzt auch im schad dasSicherheitsrisiko. Seit April 2006 gibt es hier

     Auseinandersetzungen zwischen einer Rebel-lenbewegung und der Regierung. Für unsere

     Arbeit sehe ich zwei große Herausforderungen.

    Im schad steht der JRS vor der Schwierig-keit, wieder ganz bei Null anzufangen. Außermir gibt es noch zwei spanische Freiwillige. Esist oft ein langsamer und mühsamer Prozess,aber es gibt Jesuiten vor Ort, die uns sehr ge-holfen haben. Die zweite Herausforderung istder Mangel an Stabilität und Sicherheit. DieVereinten Nationen haben in unserer Gegend„Sicherheitsstufe IV“ deklariert, das bedeutetextreme Gefahr und drohende Evakuierung.Dadurch verzögert sich unser Projekt der Lehr-erfortbildung oft noch mehr. Der Zugang zuden Flüchtlingslagern ist schwierig geworden

    und wenn man auf Leute der Vereinten Natio-nen oder anderer Hilfsorganisationen angewie-sen ist, stellt man manchmal fest, dass sie garnicht mehr da sind, sondern in die Hauptstadt´versetzt´ wurden. Aber die letzten Wochen wa-ren Gott sei Dank ruhig, so dass wir hoffentlichbald wieder richtig arbeiten können.“

     Auch in Deutschland gibt es für den Jesuiten-

     flüchtlingsdienst viel zu tun, wie Martin Stark SJaus Berlin berichtet: 

    „Der Jesuitenflüchtlingsdienst ist in Deutsch-land vor allem in Berlin, Eisenhüttenstadt undMünchen aktiv. Schwerpunkte unserer Arbeitsind die Seelsorge in der Abschiebungshaft so-

     wie die Betreuung nach der Freilassung, Ver-fahrensberatung bei Aufenthaltsproblemen,Härtefallberatung, Stellungnahmen zu Auslän-

    derrecht und Ausländerpolitik sowie Öffent-lichkeits- und Lobbyarbeit für Flüchtlinge undMigranten. Als Seelsorger haben wir den Vor-teil, dass wir in die Abschiebungshaft reingehenkönnen und dort unmittelbaren Kontakt mitden Inhaftierten haben. Das ist für den Nor-malbürger oder auch für andere Flüchtlingsor-ganisationen so gar nicht möglich, so dass dasSchicksal der Menschen in der Abschiebungs-haft nur selten in der Öffentlichkeit ankommt.In Europa gibt es keine Flüchtlingslager wie inden Ländern Afrikas oder Asiens, weil sich Eu-

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     Arbeit mit Migranten in Deutschland.

    Nubia, hier mit ihren Kindern und Kindern derNachbarin, hat neuen Mut gefunden.

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    ropa abschottet und Flüchtlinge von außerhalb

    nur schwer in diese „Festung“ gelangen kön-nen. rotzdem leben viele hier, zum eil ohnePapiere als so genannte „Illegale“. Menschenohne legalen Aufenthaltsstatus können ihreRechte – medizinische Behandlung, gerech-te Entlohnung, Schulbesuch für ihre Kinder– in Deutschland kaum einfordern. Dann gibtes noch eine große Gruppe von Flüchtlingen,die kein Asyl bekommen haben, aber aus un-terschiedlichen Gründen nicht abgeschoben

     werden können. Oftmals werden diese „Ge-duldeten“ selbst für diese Lage verantwortlichgemacht. Unsere Behörden drängen sie regel-recht auf die Straße und in die Armut, dennes ist ihnen ja verboten zu arbeiten. Uns gehtes darum, diesen Gruppen zu helfen und ihre

     Anliegen in die Öffentlichkeit zu bringen. Wirversuchen auch, Gemeinden und kirchlichenGruppen oder Verbänden Möglichkeiten anzu-

    bieten, wie sie sich selbst engagieren und dasLeben mit Flüchtlingen teilen können.“

    In Lateinamerika kümmert sich der JRSvor allem um die aus Kolumbien gewaltsamvertriebenen Menschen. Nubia, die mit ihrenvier Kindern vor der Guerilla nach Venezuela geflohen ist, erzählt von ihren Erfahrungen: 

     „Seit Monaten wache ich jede Nacht schon beikleinsten Geräuschen auf. Ich warte und hof-fe, dass mein ältester Sohn an die ür klopftund wieder zurückkehrt. Die kolumbianischen

    Guerillas haben ihn zwangsrekrutiert. Als daspassiert ist, habe ich tagelang geweint. Wir ha-ben in Kolumbien alles aufgegeben, sind überdie Grenze nach Venezuela gegangen, wo wir

    nichts hatten. Alles aus Angst vor den Gueril-las. Und dann kommen sie hierhin und neh-men meinen Sohn mit. Ich konnte ihn nichtbeschützen. Ich habe große Angst um ihn,denn es gibt viele ote bei den Kämpfen zwi-schen Guerilla und Militär. Allein hätte ich dasalles nicht ausgehalten. Aber hier in der Pfar-rei in El Nula, wo wir jetzt leben, kümmernsich Jesuiten um Flüchtlinge. Sie haben mir

    geholfen, dass meine Kinder in die Schule ge-hen können, dass wir ein Haus zum Wohnenund genug zum Leben haben. Am meisten hatgeholfen, dass sie mich besucht, mir zugehörtund mir wieder Mut gemacht haben.“

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    A U F B R U C H N A C H R O M

    „Die Armen sind

    mein Maßstab“

    Ein Gespräch mit P. Peter Balleis SJ

     Ab Herbst 2007 werden Sie den JRS leiten. Was genau macht der Internationale Direktor? Er leitet den Jesuitenflüchtlingsdienst (JRS)als weltweite Organisation mit Projekten in 55Ländern, entscheidet über die Eröffnung sowieSchließung von Projekten und trägt die Per-sonalverantwortung für die rund 1000 Mitar-beiter in den Krisengebieten. Er hat dafür zusorgen, dass das Mandat, das dem JRS vom

    Oden aufgetragen ist, umgesetzt wird: Flücht-linge zu begleiten, ihnen zu helfen und für ihre Anliegen einzutreten. Es geht nicht nur darum,für Flüchtlinge Programme durchzuziehen,sondern ihnen als Freunde nahe zu stehen,also in einem weiteren Sinn um die pastora-le Begleitung. Da Flüchtlinge dort sind, woes Kriege und Konflikte gibt, ist das oft eineschwierige Mission. Wie der Gründer des JRS,P. Pedro Arrupe SJ, einmal sagte, gibt es vieleProbleme, die wir nur im Gebet tragen und lö-sen können.

    Sieben Jahre Missionsprokurator: Was war fürSie das schönste Erlebnis in dieser Zeit? Es gab viele schöne Erlebnisse. Zum Beispielmachte es mir großen Spaß, mit Sara in Mum-

    bai nachts um 4 Uhr nach der Landung ein kal-tes Bier zu trinken und ihren Projektvorschlagfür ein Mutter-Kind-Programm auszuhecken.Die Zusammenarbeit, das Partner-Sein mitden Leuten an der Basis hat mir Freude ge-macht. Obwohl die Situation der Armen meistzum Heulen war, hat mir jede Begegnung mitihnen Energie gegeben. Wenn ich in Nürnbergmanchmal müde von der Büroarbeit war und

    noch ein Besucher auf der Matte stand, dannsagte ich mir: Die Armen arbeiten viel härterunter furchtbaren Bedingungen und kriegennichts dafür. Die Armen waren und sind meinMaßstab. So soll es auch in der neuen Aufgabesein. Ich muss an die Basis, denn von dort be-komme ich die Inspiration und die Energie zuhandeln, manchmal auch den nötigen heiligenZorn, um gegen Ungerechtigkeit zu sprechen.

    Was nehmen Sie von Nürnberg nach Rom mit? Ich nehme drei Dinge mit. Meine Hängematte,in der sich so viele Freunde und Besucher inmeinem weltweiten Wohnzimmer in der Je-suitenmission wohl gefühlt haben, in der ichmanchmal bei klassischer Musik entspannenkonnte. Ich habe mir schon zwei Säulen auf derDachterrasse der Generalskurie in Rom ausge- wählt, wo sie wieder Platz haben könnte. Dann

    nehme ich mir das Bild des Flüchtlingskindesaus Kambodscha mit, das gegenüber meinemSchreibtisch hing. Es hat ein Flüchtling in ei-nem Lager in Tailand gemalt, es kam überBangkok nach Rom in das Büro des damali-gen Internationalen Direktors Dieter Scholz SJ,der heute Bischof von Chinhoyi ist. Nun kehrtes mit mir wieder nach Rom zurück. Drittensnehme ich viele Freundschaften und Erfah-rungen aus der Zeit in der Jesuitenmission mit,die mich für meine neue Aufgabe bestärken.Dafür bin ich sehr dankbar.

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    Das Spielfeld  ist die Welt

    P. Klaus Väthröder SJ übernimmt im April vonP. Peter Balleis SJ das Amt des Missionsproku-rators. Vielen unserer Freunde und Wohltäterist er nicht unbekannt, hatte er doch in der Vergangenheit bereits einige Jahre in der Je-suitenmission gearbeitet. Aber es ist für Klaus Väthröder SJ eine Heimkehr mit neuen Her-ausforderungen und neuer Verantwortung.

    B ei unserem Abschiedsgespräch, kurzbevor ich Ende 2000 zum zweiten Malnach Venezuela aufbrach, gab mir derdamalige Provinzial Bernd Franke einen Satzmit auf den Weg, in dem ich für mich so etwas

     wie mein Lebensmotto gefunden habe: „Duhast eine internationale Destination. Benutzebewusst Dein Stand- und Spielbein.“ Als pas-sionierter Fußballspieler war mir sofort klar,

     was er meinte: Das Standbein gibt Halt undGleichgewicht, das Spielbein orientiert sich fle-

    xibel und beweglich an der Position des Balles.Und nur ein gekonnt harmonisches Zusam-menspiel beider Beine bringt den Ball ins or.

    Caracas – Nürnberg und zurück 

    Mein Standbein war Venezuela. Dorthin binich 1991 kurz nach meiner Priesterweihe auf-

    gebrochen, um mein Studium der Wirtschafts- wissenschaften fortzusetzen, das ich in Mün-chen begonnen hatte. Ich studierte, arbeiteteim Sozialzentrum der venezolanischen Jesuitenund machte meine ersten priesterlichen Er-fahrungen als Pfarrer eines Armenviertels inCaracas. Nach sechs Jahren kehrte ich für dasertiat, das letzte Ausbildungsjahr eines Jesu-iten, nach Deutschland zurück. Anschließenddurfte ich drei Jahre in der Jesuitenmission inNürnberg arbeiten, zuerst ging ich bei P. JoeÜbelmesser in die Lehre, anschließend stand

    Projektbesuch per Boot: P. Väthröder auf dem Weg zu kleinen Indianer-Gemeinden am Amazonas.

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    ich P. Peter Balleis zur Seite. Die vergangenensechs Jahre war ich wieder in Venezuela, wo ichdas Sozialzentrum Centro Gumilla leitete undan den Wochenenden in den Barrios und in der

    deutschsprachigen katholischen Gemeinde vonCaracas aktiv war.

    Brücken zwischen Ländern und Menschen

    Mein Spielbein war Deutschland. Währendder vergangenen Jahre war ich in jedem Jahrfür einen Monat in der alten Heimat. In Zu-sammenarbeit mit der Jesuitenmission habe ich

    Vorträge gehalten für Schüler und Studenten,in Pfarreien und beim Freundeskreis der Jesui-tenmission. Es ging vor allem um Vermittlungvon Erfahrung. Ich erzählte von der Lebenswei-se der Venezolaner, von ihren Hoffnungen und

     Ängsten, von ihrem Glauben und ihrem Leid.Nur wenn wir voneinander wissen, können wirgemeinsam eine menschlichere Welt aufbauenund unsere gemeinsame Utopie vom ReichGottes auf Erden ein klein wenig mehr ver-

     wirklichen. Und so erzählte ich auch den Vene-zolanern von uns Deutschen, wie wir unserenGlauben leben, wie wir arbeiten und feiern,und wie viele von uns sich für die Menschen inder Dritten Welt einsetzen.

     Als Koordinator des sozialen Apostolates inVenezuela und als Mitglied des Entwicklungs-netzwerkes der Jesuiten hatte ich die Möglich-keit, auf einer mehr strukturellen Ebene zu

     wirken. Ich bereiste fast alle lateinamerikani-schen Länder und sah, wie sich die Mitbrü-der und ihre Mitarbeiter für die Indianer am

     Amazonas, für die Flüchtlinge in Haiti, für dieMigranten in Mexiko und für die Kleinbau-ern in den Anden einsetzen. Im Bereich derGlobalisierung beschäftigte ich mich mit demTema des Internationalen Handels. Ich lerntezu verstehen, wie ungerechte Handelsstruktu-ren verhindern, dass die Entwicklungsländer

    ähnlich von der Globalisierung profitieren wiedie reichen Länder.

    Besondere Freude bereitete mir die Begleitungder Freiwilligen, die die Jesuitenmission wäh-rend dieser Jahre nach Venezuela schickte. Ichsah, wie diese jungen Menschen sich auf eineandere Kultur einließen, hart arbeiteten undFreunde fanden, in ihrem Glauben wuchsenund sich am Ende damit auseinandersetzten,diese Erfahrung in Deutschland fruchtbar zumachen.

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    N Ü R N B E R G

    Begegnungen in einem Dorf in China.

    Für einen Jesuiten wichtig: Ignatius von Loyola 

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     Was bringe ich mit?

    Die Armen in Venezuela haben mich gelehrt,einen einfachen und tiefen Glauben zu leben,sich über ihn auszutauschen und sich gegensei-tig Mut zu machen. Insbesondere die Frauender Barrios werden mir für immer ein Grundzur Hoffnung bleiben. Es sind die Mütter, dieohne Mann den Lebensunterhalt für die Fami-lien verdienen, die die Kinder auf den rechten

     Weg bringen wollen, die den Haushalt organi-sieren und die Gemeinschaft im Barrio aufbau-en. Und selbst in der Stunde des größten Lei-

    des, wenn die alltägliche Gewalt ihnen ein Kindgenommen hat, ist dies für sie kein Grund, anGott zu zweifeln, sondern vielmehr sich seinemrost und seiner Hoffnung anzuvertrauen.

    Die Venezolaner haben mich gelehrt, das Lebenintensiv zu leben, zu feiern und zu trauern, dieGastfreundschaft als hohen Wert zu schätzenund das Zeithaben für andere nicht als verlore-ne Zeit zu sehen. Sie haben mich auch gelehrt– möglicherweise unfreiwillig –, die deutscheKultur mit anderen Augen zu sehen und zu

     würdigen. Eine funktionierende Bürokratie,Regeln, an die sich alle halten, Sicherheit undOrganisation im Alltag sind Werte, die unsselbstverständlich erscheinen. Das Fehlen die-

    ser Strukturen macht das Leben schwierig undkompliziert oft einfache Vorgänge. Insbesonde-re die Armen, die kein Geld haben, um sichSicherheit und Bürokratie „zu kaufen“, sind dieLeidtragenden einer in weiten Bereichen kor-rupten Gesellschaft.

    Ich bete um Ihr Vertrauen

    Zum Jahresbeginn bin ich nach Deutschlandzurückgekehrt und freue mich auf meine neueätigkeit als Missionsprokurator. Mein Stand-bein wird jetzt Nürnberg sein und mein Spiel-bein mit Ihrer Hilfe die Welt. Ich möchte dazubeitragen, dass die Jesuitenmission weiterhindie Brücke zwischen Ihnen und den Armen in

    den Ländern der Dritten Welt sein kann. Undich hoffe und bete, dass ich die Arbeit meinerbeiden Vorgänger, P. Übelmesser und P. Bal-leis, fruchtbar fortsetzen kann und dass Sie alsFreunde und Förderer der Jesuitenmission dasVertrauen, dass Sie den beiden geschenkt ha-ben, auch mir entgegenbringen.

    Klaus Väthröder SJ 

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    N Ü R N B E R G

    Die gemeinsame Feier der Messe verbindet.

    Engagement auf dem Weltsozialforum in Nairobi.

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    „Learning from the roots*“ – so haben Stu-denten der Technischen Universität Münchenihr Projekt genannt. Sie haben Lehrerhäuserund Schulgebäude für die Missionsstation St.Rupert Mayer in Simbabwe entworfen undbegleiten jetzt die Bauphase.

    Der Entwurf sieht auf den ersten Blicketwas futuristisch aus. Inspiriert ist

    er jedoch von der traditionellen afri-kanischen Rundhütte. „Der Zylinder in derMitte ist die Küche mit einer offenen Feuer-stelle“, erklärt Pater Karl Herrmann SJ. „Sie istdas Zentrum des Hauses. In die Rundmauerneingelassene Bänke bieten Familienmitgliedern,Freunden und Gästen Platz zum Verweilen.“Pater Herrmann hat sich in den letzten Mo-naten intensiv mit Bauplänen, Modellen undkostengünstigen Baumaterialien befasst. Derdeutsche Jesuit leitet die Missionsstation St.Rupert Mayer in Simbabwe. „Das ist dort, wo

    die Welt endet“, meint er halb im Scherz undhalb im Ernst. Die Missionsstation, die 1964gegründet wurde, liegt 90 Kilometer südwest-lich der Provinz- und Bischofsstadt Chinhoyiund ist nur über eine holprige Staubstraße zuerreichen. Das Land wirkt trocken und wü-stenartig. „Die Gegend hier ist nicht besondersgut für Landwirtschaft geeignet“, erklärt PaterHerrmann. „Es ist lehmartige Erde mit vielen

    Steinen und dornigem Gestrüpp.“

    Ohne Gebühren keine Glühbirnen

    Zur Missionsstation gehören neben der Kir-che und 20 kleinen Außenstationen auch einKrankenhaus sowie zwei Schulen: Die Rupert-Mayer-Grundschule und die Rupert-Mayer-Oberschule. Die beiden Schulen haben einEinzugsgebiet von rund 30 Kilometern. Da fürviele Kinder der Schulweg zu lang ist, um ihntäglich zu Fuß oder per Fahrrad bewältigen zu

    Lernen von den Wurzeln*

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    können, gibt es ein kleines Internat. „Es ist einsehr bescheidenes Internat“, sagt Pater Herr-mann. „Die Schulkinder müssen alles selbstmachen: Nahrungsmittel mitbringen, kochen,

     waschen.“ Die Mission stellt die Räume zurVerfügung sowie Strom und Wasser. Die El-tern zahlen für die Internatsunterbringung ih-rer Kinder eine kleine Gebühr, mit der etwaGlühbirnen gekauft oder Krankenhausrech-nungen bezahlt werden, wenn eines der Kinderkrank wird.

    So schnell wie möglich in die Stadt 

     An der Oberschule unterrichten acht Lehrerknapp 200 Schüler, von denen rund 60 im In-

    ternat wohnen. Die Grundschule hat elf Lehrerund rund 450 Schüler, von denen 150 Waisen-kinder sind. Das Leben der Familien ist hartund mühsam. Sie wünschen sich eine bessereZukunft für ihre Kinder. „Die Situation hierist so wie in allen ländlichen Gebieten Afrikas“,meint Pater Herrmann. „Die Leute wollen indie Stadt. Aus sehr einfachen Gründen: Dortgibt es Strom, Wasser aus dem Wasserhahn,öffentliche Verkehrsmittel und Arbeit. So wird

     jeder, der die Schule beendet hat, versuchen, soschnell wie möglich in die Stadt zu kommen.

    In dieser Situation ist das Beste, was die Kirchetun kann, nicht nur den Schulgang zu ermög-lichen, sondern auch darauf zu bestehen, dassdie Kinder den bestmöglichen Abschluss ma-

    chen. Wir haben sehr gut ausgebildete Lehreran unseren Schulen, aber es ist schwierig, sieauf Dauer hier mitten auf dem Land zu halten,

     wo es überhaupt nichts gibt.“ Pater Herrmannhofft darauf, dass die dringend benötigtenneuen Lehrerhäuser und Schulgebäude dazubeitragen werden.

    Der selige Rupert Mayer hilft 

    Die Pläne und Modelle sehen viel versprechendaus. In sie sind ungemein viel Zeit, Gedan-ken, Energie, Enthusiasmus und interkultu-relle Lernbereitschaft eingeflossen. Entworfenhaben sie Studentinnen und Studenten desFachbereichs Architektur an der echnischenUniversität München. „Diese Zusammenar-beit ist für mich der größte Lichtblick“, meintPater Karl Hermann. „Schon lange habe ichnach Möglichkeiten gesucht, die Häuser ir-gendwie zu bauen. Bei meinem Heimaturlaubkam ich durch Zufall – oder, wie ich eher glau-be, durch die Fürsprache des seligen RupertMayer – in Kontakt mit Barbara Schelle undRudolf Graf von der U München.“ Unter-stützt von verschiedenen Seiten entstand ausdieser Begegnung das Projekt „learning fromthe roots*“, „Lernen von den Wurzeln*“. Die

    beiden Mitarbeiter am Lehrstuhl für Raum-kunst und Lichtgestaltung besuchten mitzehn Architekturstudenten im vergangenen

     Jahr die Missionsstation, um sie kennen zulernen, zu vermessen und so die Grundlagenfür das Bauprojekt zu legen. Eine der Studen-tinnen formuliert es so: „Uns war es wichtig,selbst viel beobachten und annehmen zu kön-nen, uns auf die räumlichen Gegebenheiten,die Lebensbedingungen und auf grundsätz-liche Regeln und Sitten der Gemeinschaft inSt. Rupert́ s einzulassen.“

    Gemeinsam bauen und voneinander lernen.

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    Der Kontext gibt den Input 

    Seit Anfang März begleiten jetzt vier Studen-ten für einige Wochen den Bau der von ihnenentworfenen Gebäude. Für sie ist das Bau-projekt eil ihrer Abschlussprüfung an derU München. Barbara Schelle erklärt, nach

     welchen Kriterien geplant wurde: „Die Her-ausforderung war, die realen Bedingungen zuerfahren, zu studieren und ihnen gerecht zu

     werden. Der Kontext gibt den Input: Nutzen, was da ist, natürliche Materialien verwenden,

    sich nicht im Überflüssigen verlieren, sondernauf das Not-Wendige fokussieren. ´Doing more

     with less´: das ist auch eine Herausforderung inunserer globalisierten Welt.“ Bauleiter für dasProjekt ist Pater Karl Herrmann. Als Missio-nar alter Schule ist er damit augenscheinlichvoll in seinem Element. Er hat Lastwagen undBaumaterialien organisiert. Und das ist imMoment in Simbabwe alles andere als einfach:„Wir haben eine Inflationsrate von 1200 %, dieankstellen sind leer, vieles ist im Laden nichtzu finden, der Strom wird gekürzt und elefon-verbindungen unterbrochen.“ Der Bau ist einGemeinschaftsprojekt der ganzen Missionssta-

    tion. „Schon beim ersten Besuch der Studenten waren die Schüler und auch einige Eltern betei-ligt. Die Studenten unterrichten auch zweimalpro Woche in der Schule – denn wie der Name´learning from the roots*´ sagt, sollen alle Part-ner in den verschiedensten Gebieten vonein-ander lernen.“ Unabhängig von der offiziellen

     Abschlussbewertung der umgesetzten Modellegibt es für die gegenseitige Lernbereitschaft auf

     jeden Fall schon einmal eine eindeutige Einsmit Sternchen.

    Karl Herrmann SJ / Judith Behnen

    Für die vier Studenten, hier mit P. Karl Herrmann SJ, ist das Projekt auch prüfungsrelevant.

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    Erlösende HändeDie Kreuzwegbilder des indischen Künstlers Jyoti Sahi konzentrierensich ganz auf die Sprache der Hände. Von den 15 Stationen haben wir

    hier sieben ausgewählt. Die Bilder stammen aus dem Kunstarchiv der Jesuitenmission und suchen noch nach einem würdigen Platz in einerKirche oder Kappelle. Die exte stammen von P. Joe Übelmesser SJ.

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     Jesus wird zum Tode verurteilt 

     Aufgeschlagen wie ein Buchsind seine Hände;zur Einsicht offen für alle Welt.Und nirgends ein Eintrag von Schuld.

     Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern

    Zwei starke Hände halten auf des Kreuzes schwere Balken,bevor die ganze Schuld der Weltauf unsere schwachen Schultern fällt.

     Jesus begegnet seiner Mutter

    Sie braucht nicht ihre Hände,um zu helfen. Es genügt oft schon,

     wenn jemand einfach da ist,das Leid des anderen mitzutragen.

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     Jesus wird an das Kreuz genagelt 

     All die Hände, welche Nägel einschlagenund all die Hände, welche angenagelt werden,im grausamen Spiel, sie sind austauschbar.Einmal ist der eine dran, dann der andere.

     Jesus stirbt am Kreuz

    Und wie ein Erlöser kommt der od.Er löst die Nägel aus den Händenund entlässt den Menschen ohne Bedingungin die wunderbare, blaue Freiheit Gottes.

    Ein Kreuzweg aus Indien

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    Der Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt 

     Alle Ehrfurcht dieser kleinen Erdeist nun versammelt in den sanften Händen,denen es vor allen anderen gestattet war,

    Gott selbst die Augen zuzudrücken.

     Jesus besiegt den Tod durch seine Auferstehung

    Das letzte Bild des geliebten Herrn,das die Jünger sahen beim Abschied:Seine segnende Hand und aus den Wolkenbereits eine Ahnung des versprochenen Geistes.

    Der Künstler: Jyoti Sahi wurde 1944 im indischen Pune ge-boren und begann schon mit sieben Jahren zumalen. Seine erste Ausbildung erhielt er voneinem Schüler Rabindranath agores. Es folg-ten Kunststudien in London und Lehrtätigkei-ten in Indien. 1978 gründete er einen Ashramfür indische christliche Künstler in der Nähevon Bangalore, wo er bis heute lebt.

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    Isabelle Haberkorn ist nach einem 15-mona-tigen Freiwilligeneinsatz aus Argentinien zu-rückgekehrt. Die 25-jährige Physiotherapeutinhat als JesuitMission Volunteer (JMV) in ei-nem Zentrum für behinderte Kinder gearbei-tet und erzählt hier von ihren Erfahrungen.

    Schön, dass du wieder da bist... Und, wie war’s...? ja, das ist eine gute Frage, die mir– seitdem ich vor kurzem nach 15 Mona-ten Freiwilligendienst in Argentinien zurückge-kommen bin – nun schon unzählige Male gestellt

     worden ist. Was soll man daraufhin antwor-ten?! „Schön war’s.“ „Ja, eine gute Erfahrung.“„Hat mir wirklich viel gebracht.“

     Was habe ich dort gemacht, in einem Land,siebenmal so groß wie Deutschland, das vom

    eisigsten Gletscher bis zum sonnigsten Sand-strand alles zu bieten hat, in dem es mehr alsdoppelt so viele Rinder wie Menschen gibt,dessen Spanisch so ganz anders ist als das, wasman im Wahlpflichtkurs Spanisch in der Schu-le lernt... Ein Land, dessen bunt zusammenge-

     würfelte Bevölkerung sowohl aus Nachfahrender spanischen Eroberer und später der euro-päischen Einwanderer, als auch der indigenenUrbevölkerung besteht.Ein Land, dem es – oberflächlich gesehen– wirtschaftlich und auch politisch gut geht;das an Naturschätzen alles zu bieten hat, wasman sich wünschen kann und in dem es docheine unglaublich große Vielfalt an materieller

     Armut gibt, an sozialem Ausgegrenztsein, imGrunde genommen an unglaublichen sozialenund politischen Ungerechtigkeiten.

    A R G E N T I N I E N

    „Und, wie

     war’s...?“

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    Kindern auf die „Sprünge“ helfen

    In die Nordwestspitze des Landes führte michmein Weg, dort habe ich 15 Monate lang mit

    den Armen gelebt und gearbeitet. Als Physio-therapeutin habe ich das 11-köpfige eam des„Centro San José“ verstärkt und mit behin-derten Kindern aus den Armutsvierteln der100 000-Einwohner-Stadt San Ramón de laNueva Orán gearbeitet. Es war meine Aufga-be, Kindern unterschiedlichen Alters mit denverschiedensten Behinderungen in der oftverzögerten körperlichen Entwicklung auf die

    „Sprünge“ zu helfen; sie an ihre verborgenenoder vergessenen Fähigkeiten glauben zu lassen;„Spiele“ für sie auszudenken, deren therapeu-tischer Inhalt auch die Bezeichnung „Arbeit“verdiente; und sie ihre Behinderung durch jedeMenge Spaß und viel Lachen ein Stück weit„vergessen“ zu lassen.

    Iván, Mauro, Leonardo und César

    Da war Iván, 10 Jahre alt, Diagnose Cerebral-parese mit Halbseitenlähmung. Anfangs woll-te er mich glauben machen, dass er nicht in derLage sei, zu sprechen, auch war nicht im Ent-ferntesten daran zu denken, dass er freiwillig,geschweige denn entspannt, eine Behandlungvon mir akzeptieren würde. Nicht einmal an-fassen durfte ich seinen spastischen Arm, ge-gen den er schon Autoaggressionen entwickelt

    hatte. Aber bald war es so, dass er die Minu-ten auf meiner Armbanduhr zählte, bis er ander Reihe war. Dann ließ er mich meinen eilder Arbeit tun, bis wir zu seinem eil der Be-handlung übergingen, dem „juego“, dem Spiel,meistens eine schweißtreibende Fußballpartie.

     Am Ende konnte er seinen Arm schon bessergebrauchen, er hängt nicht mehr nur als stö-rendes Anhängsel an seinem Rumpf.

    Mauro kam gleichzeitig mit mir ins „CentroSan José“. Er war meine erste große Herausfor-

    derung. Laufen konnte er nicht, und bei jeder Art von freiem Sitz verlor er das Gleichgewicht. Außerdem hatte er – natürlich ohne das jemalszuzugeben – kein wirkliches Vertrauen in seine

    körperlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten.Nachdem ich gelernt hatte, mit seinem cle-veren Köpfchen und vorlautem Mundwerkmitzuhalten, gewann ich sein vollstes Vertrau-en. Ich brachte ihn tatsächlich dazu, das zutun, was mir wichtig erschien. Am Ende spiel-te er Sitzfußball mit mir und ging ohne meineHilfe in unserer „Paralela“ – das ist eine etwavier Meter lange Gehstrecke mit Balken rechts

    und links zum Abstützen – ohne Angst undvoller Stolz.

    Dann meine beiden „Sorgenkinder“: Leonar-do, 13, taub, krumme Füße, aber ein ganzpfiffiges Kerlchen, und sein Onkel César, 15,mehrkurvige Wirbelsäule, kaum einer willkür-lichen Bewegung fähig, außer einem ablehnen-den Augenzwinkern und einem zustimmendenLachen. Die beiden Jungs hatten bisher ihr Zu-hause so gut wie niemals verlassen. Jetzt kom-men sie drei Mal die Woche ins Zentrum undbringen das eam sowie auch alle anderen zumSchmunzeln und Nachdenken.

    A R G E N T I N I E N

    Ein großer Erfolg: Mauro lernt laufen.

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     Auch Césars Mutter, bei der die beiden leben,ist richtig aufgeblüht, weil sie von uns das ersteMal in ihrem Leben Anerkennung erfahren hat.Sie kümmert sich mit unglaublicher Liebe, Sor-ge und Kraft um die beiden Kinder. Sie ist Boli-vianerin, etwa 60 Jahre alt, so genau weiß sie esselbst nicht, sie kann nicht lesen und schreiben.Die vaterlose Familie lebt in einfachsten Ver-hältnissen von 200 Pesos im Monat, das sindumgerechnet nicht einmal 50 Euro.

    Gemeinsam an Träumen arbeiten

    Rückblickend gilt diesen „meinen“ ganz be-sonderen Kindern mein größter Dank. Sie lie-ßen mich ihre Welt erkunden, teilten mit mirihre räume, ermöglichten mir, mich fachlich

    durch Ausprobieren und Improvisieren weiter-zuentwickeln, und schenkten mir ihr bedin-gungsloses Vertrauen sowie ihre unbezwingbareUnbekümmertheit. Mit den Eltern habe ichversucht, an ihren räumen, Wünschen undErwartungen für jedes ihrer Kinder zu arbeiten,sei es beispielsweise, ihr Kind zum Schreibenoder Laufen zu bringen, es in Richtung Inte-gration in die „normale“ Schule zu unterstüt-zen, eine bessere Kommunikation mit ihm zuerreichen oder auch die Pflegemöglichkeitenfür zu Hause zu verbessern. Oft ließ sich ein

     Weg finden, der vielleicht nicht oder nochnicht zur vollkommenen Erfüllung des rau-mes, aber doch zumindest in die entsprechen-de Richtung führte. Auch diesen Eltern danke

    ich, da sie mir – anfangs wohl hauptsächlichauf Grund meiner Herkunft und meines Be-rufes, später aber zu meiner größten Freudeauch auf Grund meiner Person – ihr volles Ver-trauen geschenkt haben. Von meinen Kollegen

     wurde ich ohne Vorbehalt von Anfang an inseam eingegliedert, man gab mir Raum undZeit zum Arbeiten, und gemeinsam entdeckten

     wir die Möglichkeit, an interdisziplinäre Arbeit

    zu denken und dies tatsächlich auch in die atumzusetzen.

    Reich beschenkt 

    Ich durfte einen eil des Landes kennen ler-nen, eine andere Kultur, eine fremde Sprache,andere Lebensweisen, und konnte dabei einigeMenschen auf einem Stück ihres Weges beglei-ten und auch mich selbst von ihnen begleitenlassen. Für einen begrenzten Zeitraum wurdeich selbst eil des Ganzen, habe Solidaritäthautnah erleben und leben können und war zuHause dort in Orán. Ich bin „reich“ geworden

     während meines Einsatzes, die „wahren“ Din-ge des Lebens wurden mir geschenkt; das sindDinge, die man nicht mit Geld bezahlen oderaufwiegen kann. Ich weiß nicht, ob ich jemalsin meinem Leben so viel gelächelt und gelacht

    habe wie dort zwischen den „armen und be-dürftigen“ Kindern Oráns. Und deswegenstimmt es schon, wenn ich auf die Frage vom

     Anfang ganz einfach antworte mit „Ja, schön war’s.... Eine gute Erfahrung.... Und es hat mirsehr viel gebracht.“

    Isabelle Haberkorn

    Hinweis:Mehr Infos zu unserem Freiwilligenprogrammfinden Sie unter: www.jesuitenmission.de

    Beim Stadtfest: Leonardo (im orangefarbenen

    -Shirt) und das ganze Zentrum.

    A R G E N T I N I E N

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    F R A N Z - X A V E R - S T I F T U N G

    Langfristig

    helfenDie neue Stiftung der Jesuitenmission

    Franz Xaver war der erste Missionar des Je-suitenordens und wurde nach seiner Heilig-sprechung der Patron der Missionen. Er wargebürtiger Baske wie der hl. Ignatius, lebtezusammen mit ihm in einer Studentenbude

    in Paris: Franz Xaver als ehrgeiziger, leichtle-biger Student, Ignatius als geistlich erfahrenerMann, der andere für seine einfache Lebens-

     weise zu gewinnen suchte. Franz machte beiIgnatius geistliche Übungen und schloss sichseinem Freundeskreis an, aus dem der Jesuiten-orden hervorging. Als der portugiesische Königeinen Missionar aus dem neuen Orden anfor-derte, fiel die Wahl in letzter Minute auf Franz

     Xaver. An seinem 35. Geburtstag segelte er mitder portugiesischen Indienflotte nach Goa.

    In den nächsten zehn Jahren durchstreifte erdas ganze damals bekannte Asien, leidenschaft-lich von dem Willen getrieben, möglichst vieleMenschen für das Evangelium zu gewinnen.

    Er taufte ausende armer Fischerfamilien inSüdindien, wanderte durch die Dörfer auf denGewürzinseln der Molukken, fuhr nach Japan,ließ seine Lehre ins Japanische übersetzen undtrug sie einfachen Leuten auf der Straße, aberauch japanischen Fürsten und buddhistischenMönchen vor. Zuletzt wollte er das Evangeli-um auch in das verschlossene China bringen.

     Auf dem Weg dorthin starb er, erschöpft und

    krank, auf einer einsamen Insel vor der KüsteChinas, 46 Jahre alt, am 3. Dezember 1552.

    Ungeahnte Missionsbegeisterung

    Über seine Reisen schrieb Franz Xaver ausführ-liche Briefe nach Europa und weckte damit eineungeahnte Missionsbegeisterung unter jungen

     Jesuiten. Franz Xaver setzte durch sein Lebenund Wirken vor über 450 Jahren Maßstäbefür alle spätere Jesuitenmission. Die Franz-Xa-ver-Stiftung will dazu beitragen, die Missiondieses Heiligen unter den Bedingungen unse-rer heutigen Welt weiterzuführen. Zweck derStiftung ist die Förderung religiöser und mild-tätiger Zwecke durch die Unterstützung der

     weltweiten Missionsarbeit der Jesuiten. Diesverwirklicht sich insbesondere durch die För-derung sozialer Projekte. Denn Missionsarbeit

    der Jesuiten umfasst den Einsatz für Gerechtig-keit im Dialog mit den Kulturen und Religio-nen. Wenn Sie sich langfristig und nachhaltigfür die Arbeit der Jesuitenmission engagierenmöchten, können Sie Zustifter werden oderdie Franz-Xaver-Stiftung durch ein Vermächt-nis bedenken. Wir informieren und beratenSie gerne ausführlicher über die verschiedenenMöglichkeiten und steuerlichen Vorteile.

     Judith Behnen

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    W  i  r  o r  g a n i s i e r  e n  f ür   junge Er wac h s

     e n e  z  w

     e  i  E  x p o

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     -   R e   i  s  e   n

    S c h o n Plä n e  f

     ü r  d e

     n   S  o

      m  m   e    r     ?

    ++ Mehr Infos im Internet: www.werkstatt-weltweit.org

    2. – 23. August 2007:Exposure-Reise nach Ägypten

    „Auch eine Reise von 1000 Kilometern

    beginnt mit einem Schritt.“

    Pyramiden und Tempel, der Nil oder dieStrände am Roten Meer fallen den meistenein, wenn sie an Ägypten denken – dochwir werden sehen, dass das heutige Ägyp-ten auch andere Seiten hat. Wir fliegennach Kairo und fahren nach El Miniain Mittelägypten. Dort werden wir

    zusammen mit jungen Leuten ausÄgypten die Dörfer in der Umgebungbesuchen. Wir lernen die Lebensge-wohnheiten auf dem Land kennen,bereiten Aktivitäten für Kinder und

     Jugendliche vor und arbeiten inverschiedenen Sozialprojekten derägyptischen Jesuiten mit. Nach die-sem Exposure kommt ein Exodus:Wie im biblischen Bericht von

    dem Auszug der Israeliten machenwir uns auf in die Wüste Sinaiund pilgern zum Berg des Mose.

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    23/32++ oder per Telefon: (0911) 23 46-150 beim werkstatt-Team

    Für beide Exposure-Reisen gelten

    diese Rahmenbedingungen:

    • Zielgruppe: junge Erwachsene ab 18 Jahren,Multiplikatoren aus Schule und Jugendarbeit

    • Eigenbeteiligung: Kosten für den Flug undnotwendige Impfungen.

    Für China wird das etwa 800 EUR be-tragen, für Ägypten ungefähr 500 EUR.

    •  Größe der Reisegruppe: 10 – 15 Personen•  Voraussetzung: Verbindliche Teilnahme

    an einem intensiven Vorbereitungs- undNachbereitungsseminar in Nürnberg, in-dividuelle Vorbereitung der Reise, Enga-gement für ein Dokumentationsprojekt

    werkstatt

    4. – 25. August 2007:Exposure-Reise nach China „Das Meer des Lernens

    kennt keine Grenzen“

    Ziel dieser Reise ist es, mit jungen Erwach-senen in China das Leben zu teilen und un-ter dem Leitgedanken von [magis] ein Mehran Wissen, Verständnis und Gefühl für diesesLand voller Gegensätze nach Deutschlandmitzubringen. Die Reise führt uns über Pe-king nach Daming und Handan, wo wir eineWoche in Familien untergebracht sein wer-

    den und gemeinsam mit chinesischen Or-densschwestern und Jugendlichen ein Campgestalten. Neben ausgiebigen Exkursionen indas ländliche China, Zeiten für Reflexion undAuseinandersetzung mit Wirtschaft, Kulturund Politik geht es abschließend noch zurgroßen Mauer und in die verbotene Stadt.

     Was ist Exposure?

    Exposure bedeutet: sich aussetzenund diese Erfahrung auch geist-lich zu reflektieren. Für unsereReise musst du die Bereitschaftmitbringen, dich einer ande-ren Kultur und einem anderenLebensalltag auszusetzen. Dumusst es aushalten können, auchmal ohne bequemes Bett, ohneheiße Dusche, ohne Nutella zumFrühstück und ohne Internet zuleben. Für drei Wochen wollen

    wir die Seiten wechseln und ameigenen Leib erfahren, wie Jugend-liche in ärmeren Ländern leben.

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    Die Räder drehen nur noch durch. Zutief steckt das Auto im Schlamm. Wirsind in Myanmar unterwegs, um ver-

    einzelte Christengemeinden in den Dörfernzu besuchen. Aber die Wege sind schlecht und

     jetzt geht es überhaupt nicht mehr vorwärts.Myanmar, das bis 1989 Burma hieß, zählt zuden ärmsten Ländern Asiens. Es ist kaum zufassen, dass es nur eine Flugstunde vom pulsie-renden thailändischen Bangkok entfernt liegt.

    Das Leben, die Wirtschaft und die MenschenMyanmars sind seit Jahrzehnten fest in der läh-menden Hand einer Militärdiktatur.

    Bloß kein JRS-Shirt 

    Bei der Einreise von Tailand nach Myanmar warnte mich ein Mitbruder, keinesfalls mein-Shirt mit dem Logo und Schriftzug des Je-suitenflüchtlingsdienstes (JRS) zu tragen: „JRSsteht bei den Generälen auf der schwarzen Lis-te, niemand vom JRS bekommt eine Einreise-

    erlaubnis.“ Der Grund: Über 200 000 Flücht-linge aus Myanmar leben in Tailand, viele vonihnen werden vom JRS betreut. Das Regimein Myanmar betrachtet die Flüchtlinge jedochnicht als Flüchtlinge, sondern generell als erro-risten und dieser verqueren Logik entsprechendden JRS nicht als Hilfswerk, sondern als Orga-nisation zur Unterstützung des errorismus.

    Es ist die Angst der Generäle vor Machtverlust,

    die das Land regiert. Gestalt nimmt sie an inder zahlenmäßig größten Armee in Südostasien.Die Hälfte des Landes ist „schwarze Zone“, für

     Ausländer gesperrt, weil es Kriegsgebiet ist. Anden Rändern im Nordwesten zu Indien und imOsten zu Tailand wehren sich die Bergvölkergegen Unterdrückung und Diskriminierung.Demokratische Wahlen, Menschenrechte oder

     Argumente beeindrucken die Generäle Myan-mars in keiner Weise. Nur Astrologen habenEinfluss auf ihre Entscheidungen. Astrologenrieten den Generälen, alle Regierungsministeri-

    Angst ist die Grundmotivation für vieles in Myanmar. Das hat P. Peter Balleis SJbei einem Besuch in dem abgeschotteten asiatischen Land erfahren.

    Angst

    regiertdas Land

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    en zu verlegen. Als Grund nannten sie ungüns-tige Strahlen und Zahlen der geographischenLage der bisherigen Hauptstadt Yangon. ÜberNacht wurde dieser Rat umgesetzt und der im

    Landesinneren gelegene Provinzort Pyinmanazum neuen Regierungssitz erklärt.

    Ein Kraut gegen Demokratie

     Auf Rat der Astrologen und auf Befehl der Ge-neräle wird auch in allen Dörfern des Landesund oft mit offizieller Zeremonie die Kye SuuPflanze angebaut, um mit ihr die spirituellen

    Gegenkräfte zum Geist der „Lady“ zu mobili-sieren. Die Oppositionsführerin Aung San SuuKyi – die Lady, wie sie beim Volk liebevoll ge-nannt wird – steht seit 1990 unter Hausarrest.Ihre Partei war bei den allgemeinen Wahlen1990 mit 81% der Stimmen gewählt wor-den. Eine Junta von Generälen annullierte die

     Wahlen und nahm die Lady in ihrem eigenenHaus gefangen. Ihren mutigen Geist, für Men-schenrechte und Demokratie in Myanmar zukämpfen, möchten die Generäle nun mit derZauberkraft einer Pflanze brechen.

     Wie der Alltag der Menschen auf dem Landaussieht, erfahren wir durch unser im Schlammstecken gebliebenes Auto. Eine Familie, die aufeinem nahe gelegenen Feld arbeitet, kommtuns zu Hilfe und lädt uns ein. Drei Genera-tionen wohnen unter einem Dach. Gemeinsam

    trinken wir ee und die Familie erzählt vonihrem Leben. Sie kommen mit der Landwirt-schaft nur mühsam über die Runden. Nachdemdie Regierung sie zwingt, den Reis zu einem soniedrig angesetzten Festpreis zu verkaufen, dassnicht einmal die Hälfte der Produktionskostengedeckt sind, bauen sie nun Mais an. So zer-stört die Regierung den Reisanbau und damitein wichtiges Nahrungsmittel und Kulturgut.

    Das Volk darf nicht denken

    Die Regierung greift überall ein. Die Angstder regierenden Generäle vor selbstbewusstenBürgern hält das Volk auf niedrigem Bildungs-niveau. Die Dorfschulen sind von schlechterQualität, die buddhistischen empelschulennicht viel besser. Es darf keine privaten oder

    kirchlichen Schulen geben. Die Kinder der Eli-te in Yangon gehen selbstverständlich auf inter-nationale Privatschulen im Ausland. Aber dasVolk darf nicht lernen, selbstständig zu denken.Der ganze Unterricht besteht aus gemeinsamemNachsprechen des auswendig Gelernten.

    Myanmar ist ein buddhistisches Land. Vonden 53 Millionen Einwohnern sind eine knap-pe Million Katholiken. Vor der Vertreibungder Missionare im Jahr 1966 durch den Dik-tator Ne Win gab es eine rege missionarische

    Die Bauern bauen jetzt Mais statt Reis an.

    Gastfreundschaft einer Familie in Myanmar.

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    ätigkeit, vor allem unter den Bergvölkern, dienoch keine Buddhisten waren, sondern ihrenNaturreligionen folgten. Die meisten Christengehören diesen ethnischen Gruppen an. Siezählen zu den Ärmsten, leben an den Rändernin schwer zugänglichen Berggegenden.

    Die junge Pflanze des Ordens

    Seit 1999 sind indonesische Jesuiten wieder imLand. Sie unterhalten in aunggyi ein Novizi-at für junge Leute, die in den Orden eintreten

     wollen. Einer der jungen Jesuiten erzählt: „Alsich 15 Jahre alt war, überlegte ich, ob ich michnicht den Rebellen anschließen sollte, weilmein Volk der Kareni sehr viel leiden musste.Ich hatte viel Hass in mir. Aber mein älterer

    Bruder sagte mir, dass ich dadurch meine ganzeFamilie gefährden würde. Es gibt einen anderen Weg, um unserem Volk zu helfen: geh und stu-diere, riet er mir. 1997 trat ich ins Priestersemi-nar ein. Ein Jahr später kam ein indonesischer

     Jesuit, um junge Männer zu treffen, die sich fürdie Jesuiten interessierten. Ich habe dann vielüber die Jesuiten gehört und gelesen. 1999 tratich mit zwei weiteren Interessenten aus Myan-mar in das Noviziat ein. Was mich für die Je-suiten motiviert, ist das soziale Engagementdes Ordens, seine Arbeit mit den Flüchtlingen.

    Frieden und Gerechtigkeit sind zentrale Te-men meiner Berufung.”

    Bleiben und im Rahmen des Möglichen etwas

    tun, ist die Devise der Jesuiten in Myanmar. Esist ihnen verboten, Schulen zu eröffnen, aberNachhilfe und Förderzentren sind genehmigt.Deshalb haben sie zwei Institute aufgebaut, indenen mittlerweile fast 400 junge Leute eng-lisch lernen. Über die Sprachkurse schaffen die

     Jesuiten einen Zugang zur Jugend Myanmarsund die Basis für weitere Arbeit. Jesuiten ausdem Ausland müssen alle drei Monate ihre

     Arbeitsgenehmigung verlängern lassen undstehen so unter ständiger Kontrolle der Regie-rung. Aber sie lassen sich nicht von der Angstlähmen. In Myanmar wächst eine junge Gene-ration von Jesuiten heran, die für die Zukunftder Kirche und für ihr Land etwas tun wollen.Für sie ist es nicht der Kampf mit der Waffe,nicht die Angst, sondern Bildung und Befähi-gung der Menschen, die dieses Land eines a-ges verändern werden. Die junge Pflanze des

    Ordens in Myanmar kann zu einem kräftigenBaum werden, in dem der Geist der Freiheitund der Demokratie – der Geist der „Lady“– Platz hat und Einfluss gewinnt. Diese Pflanzeist auf lange Sicht wirksamer als die vielen KyeSuu Pflanzen der Generäle und Astrologen.

    Peter Balleis SJ 

    Ochsenkarren bewältigen auch schlechte Wege.

    Die Jesuiten geben Englischkurse.

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    A U S A L L E R W E L T

    Türkei: Unser Mann in Ankara

    P. Felix Körner SJ, Mitglied des Jesuiten-eams in der türkischen Hauptstadt, hat zusätzlich zuseiner Lehrtätigkeit an der islamisch-theologischen Fakultät der Universität Ankara Vorlesungen

    über philosophische Anthropologie an der Middle East echnical University, der englischsprachi-gen Universität Ankaras, übernommen. Schwerpunkt ist eine Einführung in die deutsche Philo-sophie. Körner war auch zusammen mit dem Päpstlichen Nuntius und dem Leiter der oberstentürkischen Religionsbehörde, Ali Bardakoglu, an der Vorbereitung des Papstbesuches in Ankarabeteiligt. Aus seinen Studien und Begegnungen mit islamischen Teologen ist sein jüngstes Bucherwachsen: „Alter ext – neuer Kontext, Koranhermeneutik in der ürke heute“. Es ist im VerlagHerder erschienen und enthält ausgewählte exte islamischer Teologen mit Kommentaren vonFelix Körner. Das Buch zeigt auf, wie sehr sich türkische islamische Teologen heute bemühen,mit Hilfe der historisch-kritischen Methode den Koran aus seinem historischen Umfeld heraus

    neu zu verstehen. Die InterReligiöse Arbeitsstelle INR°A hat das Buch im Januar 2007 zumBuch des Monats gewählt.

    China: Jesuitenzeitschrift Online

    Die Redaktion der monatlich erscheinenden Kulturzeitschrift Renlai der chinesischen Jesuitenin aipei, aiwan, publiziert seit Dezember 2006 das Internet-Magazin „eRenlai“ (www.eren-lai.com) mit chinesischen und englischen Beiträgen in Videos, Dokumentationen, Animationenund Artikeln. Ziel ist die Interaktion zwischen der chinesischen Jugend und der übrigen Welt.Schwerpunktthemen sind die Verbindung des „inneren menschlichen Wachstums“ mit einernachhaltigen „äußeren Entwicklung der Gesellschaft“. „Wir glauben an einfache Initiativen, dievon Mut im Denken, Handeln und eilen zeugen. Sie wollen wir fördern“, erklärt Sarina Yeh, dieNetzwerk-Redakteurin der Internet-Seite. Zur „eRenlai-Gemeinschaft“ zählen bereits über 100„networkers“, die Initiativen von 50 Gruppen in mehr als 30 Städten Asiens vernetzen.

    Simbabwe: Abschied von P. Karl-Ferdinand Schmidt SJ

    P. Karl-Ferdinand Schmidt SJ ist am 26. Januar im Alter von 78 Jahren in Harare/Simbabwegestorben. Er kam 1966 als Missionar in das Land, um in der Oberschule der St. Albert´s Missi-on Geschichte zu unterrichten. Durch den Krieg wurde die Schule 1975 geschlossen und PaterSchmidt betreute als Pfarrer verschiedene Missionsstationen, bevor er Generalvikar der DiözeseChinhoyi wurde. In den letzten Jahren, in denen er schon mit seiner Gesundheit zu kämpfenhatte, kehrte er als Historiker zu seiner „ersten Liebe“ zurück und betreute das Archiv der sim-babwischen Ordensprovinz. P. Karl-Ferdinand Schmidt SJ ist am 30. Januar mit einem feierlichenBegräbnis auf dem Friedhof der Chishawasha Mission beigesetzt worden.

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    Neubeginn

    Aufbruch

    Die Jesuitenmission feiert

     „Gott schuf den Wind, wir die Segel“   – die-ses afrikanische Sprichwort ist das Motto, mitdem wir den Aufbruch von P. Peter Balleis SJnach Rom und den Neubeginn von P. KlausVäthröder SJ in Nürnberg feiern wollen. Am15. April gibt es ein buntes Fest mit Mitarbei-tern, Freunden, Wohltätern und Partnern der

    A U S D E R J E S U I T E N M I S S I O N

    Buchtipp: Leidenschaft für die Welt

     Wie können wir Notleidenden in fernen Ländern sinnvoll helfen? Welche Verantwortung haben wir für die Gestaltung einer solida-

    rischen Welt? Was bedeutet heute noch der Missionsauftrag „Gehthinaus in alle Welt und verkündet das Evangelium“? Peter BalleisSJ schöpft in seiner Antwort aus vielen persönlichen Erfahrungenund Begegnungen sowie der besonderen ignatianischen Sendung,die den Einsatz für den Glauben immer verbindet mit dem Rufnach Gerechtigkeit, der Wertschätzung anderer Kulturen und demDialog mit Andersglaubenden.

    Das Buch von Peter Balleis SJ umfasst 94 Seiten und erscheint in

    der Reihe „Ignatianische Impulse“ (Band 22). Sie können es gegeneine Spende in der Jesuitenmission bestellen.

     Jesuitenmission. Es beginnt um 11.00 Uhr miteinem Gottesdienst in der Kirche St. Martha.

     Wenn Sie Zeit und Lust zum Mitfeiern haben,sind Sie herzlich eingeladen.

    Der besseren Planung wegen bitten wir Sie, sichin der Jesuitenmission anzumelden.

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    I M P R E S S U M  weltweit Nr. 1/2007 – Ostern, ISSN 1860-1057Herausgeber: Peter Balleis SJ, Jesuitenmission,Königstraße 64, 90402 Nürnberg 

    el. (0911) 2346-160, Fax -161,[email protected], www.jesuitenmission.de

    Redaktion: Judith Behnen, Gestaltung: Katja Pelzner, dialog Druck: EOS Druck und Verlag, 86941 St. Ottilien,auf 100% Altpapier gedrucktKonten: Hypo Vereinsbank, NürnbergKto: 813 532, BLZ 760 200 70

    Liga Bank, Nürnberg, Kto: 5 115 582, BLZ 750 903 00IBAN: DE 61750903000005115582,SWIF: GENODEF1M05

    Liebe Freunde und Förderer des Magazins weltweit,

    ich freue mich, dass ich die Gelegenheit habe, Ihnen im Namen der123 Kinder unserer beiden agesheime in Nepal zu schreiben und zu

    danken.

    Die Kinder sind in unterschiedlicher Weise geistig und körperlich be-hindert. 70 davon sind in unserem Navjyoti-Heim in Kathmandu und53 im Amarjyoti-Heim in Bhairahawa in Südnepal. Sie werden jeden agmit Bussen in die Zentren gebracht, lernen dort, sich um ihre persönlichenGrundbedürfnisse zu kümmern, lernen auch kleine Fertigkeiten, die ihnen das Gefühl geben, dasssie nützliche Glieder der Gesellschaft sind. Die beiden Zentren werden von Ordensschwesterngeführt und mit Spenden unterhalten. Ohne sie könnten die Zentren nicht weiter bestehen.

    In diesem Jahr fühlen sich die Schwestern und Mitarbeiter der beiden Zentren außerordentlichgesegnet. Sie sind überwältigt von Ihrer hochherzigen Antwort auf die Weihnachtsbitte im Ma-gazin weltweit der Jesuitenmission in Nürnberg. Im Namen der beiden Zentren und im Namender Katholischen Präfektur Nepal möchte ich Ihnen für Ihre außergewöhnliche Wohltat von gan-zem Herzen danken. Sie können sicher sein, dass die Kinder – die „anawim“, die „Kleinen“ desEvangeliums – dankbar für Sie beten. Sie haben ja in besonderer Weise Zugang zum Herzen deshimmlischen Vaters.

    Zu Ihrer Information: Mit Ihren hochherzigen Gaben werden folgende Maßnahmen finanziert:

    • Die Betriebskosten der beiden Zentren einschließlich Entlohnung der 22 Mitarbeiter• Der Bau von zwei Übungsräumen• Die Einrichtung der Übungsräume• Der Kauf von 1000 Quadratmeter Land für einen Spielplatz für die Kinder

    Ich danke Ihnen noch einmal für Ihre außergewöhnliche Hochherzigkeit und bitte den Herrn,Ihr Jahr in ganz besonderer Weise zu segnen.

    Im Gebet mit Ihnen verbunden, verbleibe ich in Christus

    Ihr Msgr A. Sharma SJ Apostolischer Präfekt von Nepal 

    P O S T A U S N E P A L

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     Weltweit mit den Flüchtlingen –

    dazu brauchen wir Ihre Hilfe!

    U N S E R E O S T E R B I T T E

    Flüchtlinge begleiten

    Die Stärke und das Charisma des Jesui-tenflüchtlingsdienstes ist es, ganz nahbei den Flüchtlingen zu sein. Durch IhreSpende helfen Sie, dass Flüchtlinge ausMyanmar, Kolumbien und dem Sudannicht nur die notwendige materielle Hil-fe, sondern auch menschliche Begleitung

    und Zuwendung erhalten.

    30 weltweit

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    In Krisensituationen schnell helfen

    Kriege, Konflikte und Naturkatastrophensind die Ursachen für Flüchtlingsströme. Oftmuss die Hilfe ganz kurzfristig über Nachtanlaufen. Ihre Spende trägt dazu bei, dass insolchen Fällen der Jesuitenflüchtlingsdienstunter der neuen Leitung von P. Peter BalleisSJ sofort reagieren kann.

    U N S E R E O S T E R B I T T E

    Liebe Leserinnen und Leservon weltweit,

     weltweit mit den Flüchtlingen – das wird die neue Aufgabe von P. Peter Balleis SJ sein. Die Jesuitenmissionhat die Sorge für Flüchtlinge immer mitgetragen. Alszukünftiger Missionsprokurator bitte ich Sie heute umIhre Spende für die weltweite Flüchtlingsarbeit der Jesu-

    iten. Gemeinsam mit Ihnen möchte die JesuitenmissionP. Peter Balleis SJ in Zukunft so unterstützen, dass er inKrisen- und Notsituationen schnell und unkompliziertden Flüchtlingen helfen kann.

     Auch Jesus war auf seinem Kreuzweg nicht allein.Begleiten Sie durch Ihr Gebet und Ihre Spende dieFlüchtlinge auf ihrem schweren Weg.

    Dafür danke ich Ihnen schon jetzt aus ganzem Herzen!

    Ihr

    Klaus Väthröder SJDesignierter Missionsprokurator 

    PS: Bitte vermerken Sie auf Ihrer Spende alsVerwendungszweck: „3171 JRS weltweit“

    weltweit 31

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    Die Jesuitenmission ist Ihre Schaltstelle• für Informationen über Schicksale und Anliegen der Armen• für Austausch, Begegnung und Freiwilligeneinsätze weltweit• für die Weitergabe von Spenden in unsere Hilfsprojekte

    Spendenkonto 5 115 582

    Königstraße 6490402 NürnbergTel. (0911) 23 46-160Fax (0911) 23 [email protected]