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1 Wie wirksam ist ein Planspiel als Instrument des kompetenzorientierten Unterrichts? 16 Spiele und die Zwischenergebnisse Georg Tafner Karl-Franzens-Universität Graz

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Wie wirksam ist ein Planspiel als

Instrument des

kompetenzorientierten Unterrichts?

16 Spiele und die Zwischenergebnisse

Georg Tafner

Karl-Franzens-Universität Graz

Räumliche Setting

• Das beste Lebensumfeld

schaffen für

– das eigene Land

– für die Union

• Demokratie-Bausteine

sammeln

• Budget erhalten

• verschiedene Identitäten

und Kulturen erleben

• Ziel- und

Interessenkonflikte

erleben

• Demokratische Prozesse

erleben

• Knappheit erfahren

• Spaß haben

Ziel des Planspieles

Film

Evaluierung Planspiel

• Forschungsrahmen

• Forschungsfragen

• Forschungsmethode

• Ergebnisse kritisierbar darstellen

(nach Rebmann 2001)

Forschungsrahmen 1/3

• Wissenschaftsverständnis:

– Wirtschaftspädagogik im Sinne einer Sozio-Ökonomik

(Sloane 2001, Tafner 2012)

– Europapädagogik (Tafner 2010, 2012):

• Transnationaler europäischer Kosmopolitismus

• Trans- u. interkulturelle Kompetenz

• Ziel- u. Interessenkonflikte lösen können u. wollen

• Didaktik: 3³-Formel

Forschungsrahmen 2/3

• Wissenschaftsverständnis:

– Wissenschaftliche Begleitung eines

Partizipationsprojektes Jugendlicher

– Forschungsprozess als sozialer Prozess:

• Einbindung Lehrpersonen, SchülerInnen, Universität

• Fachstelle für Kinder-, Jugend- u. BürgerInnenbeteiligung

(Koordinationsstelle)

– Interdisziplinäres Thema u. Sichtweise

Forschungsrahmen 3/3

• Kompetenzverständnis: – Nach Weinert

– Kompetenzbegriff für Schule (Slepcevic-Zach & Tafner 2011)

– Setting und Zugang ermöglichen keine „modellhafte

Programmierung“, weil Planspiel immer ergebnisoffen

Forschungsfragen

• Problembereich darstellen:

– Wie kann man Folgendes erfahrbar machen?

• Ziel- u. Interessenskonflikte pluralistischer Gesellschaften

• demokratische Gruppenentscheidungen auf mehreren

Ebenen

• Kraft von Identität und Kultur ohne Ausgrenzung

• Supranationalität: Nation als Kooperation fördernd u.

hemmend

– Forschungsökonomie u. -ethik:

• Knappe Ressourcen

• Schulablauf darf nicht gestört sein

• Ziel der Untersuchung: funktioniert das Planspiel?

Forschungsfragen

• Forschungsfragen:

– Welche Lehrpersonen sind bereit, dieses Planspiel

einzusetzen?

– Fordert und fördert das Planspiel Kompetenzen?

• Kooperations- u. Verhandlungskompetenz

• Transkulturelle Kompetenz

• Allgemeine politische Kompetenz u. Europakompetenz

– Funktioniert das Planspiel?

– Kann das Planspiel eine mittelfristige Wirkung

erzielen?

– Gibt es Unterschiede bezüglich der Schultypen?

Forschungsmethode

• Methoden benennen u. systematisch einsetzen:

– Mixed-Methods-Ansatz

– Triangulation

– Quantitative u. qualitative Methoden

– In verschiedenen Zeitabständen

Planspiel

Spielleiterin B

Spielleiterin A

Ca. 300

SchülerInnen 16

Lehrpersonen

Forschungssetting

Pretesting

Spiel mit

Jugendlichen u.

Studierenden

Fragebogen

Lehrpersonen

Schülerinnen u.

Schüler:

Wie war das Spiel?

Schülerinnen u.

Schüler:

Wirkung des

Spiels

Beobachtung Lehrpersonen

Beobachtung Spielleiterinnen

Reflexionsrunde

des Planspiels

Schülerinnen u.

Schüler

Fokusgruppe Lehrpersonen

Vor dem Spiel Während des

Spiels

Direkt nach dem

Spiel

Einige Zeit nach

dem Spiel

Lehrpersonen u. Schulen

• Eröffnungsveranstaltung 4. Oktober 2011: – Anzahl Lehrpersonen:

• 14 (5 männlich, 9 weiblich)

• 10 HAK, 4 AHS

• Zeit im Schuldienst: 13 Lehrpersonen länger als 5 Jahre

• Planspielerfahrung: 9 Lehrpersonen (davon: 8 HAK, 1 AHS)

• Wipäd: 3 Lehrpersonen

• Durchführung:

• 12 Standorte (8 HAK, 3mal in 2 Klassen gespielt; 4 AHS, einmal

in zwei Klassen spielt)

• 16mal gespielt

Einschätzung Kompetenzen

• Kooperations- und Verhandlungskompetenz

(Note 2 +) werden etwas besser als

• Transkulturelle Kompetenz eingeschätzt (Note 2 -)

• Allgemeine politische Kompetenzen und

Europakompetenz werden schlechter eingeschätzt

(Note 3)

Mittel-

wert

Standard-

abweichung

Kooperationskompetenz: Die SchülerInnen können und wollen in

Teams arbeiten, gemeinsam Lösungen suchen und

Entscheidungen fällen.

1,893 ,7888

Verhandlungskompetenz: Die SchülerInnen können und wollen

Verhandlungen durchführen und diese zu einem fairen Ergebnis

führen.

1,964 ,7958

Transkulturelle Kompetenz: Die SchülerInnen sind tolerant und fähig,

sich fremden Situationen und fremden Menschen auszusetzen und

ihnen offen zu begegnen.

2,571 1,0894

Transkulturelle Kompetenz: Die SchülerInnen begegnen in ihrer

Klasse allen (unabhängig von Rasse, Religion, Geschlecht etc.) mit

demselben Respekt.

2,214 1,2514

Allgemeine politische Kompetenz: Die SchülerInnen erkennen, dass

demokratische Entscheidungen Gruppenentscheidungen auf

verschiedenen Ebenen sind (Schule, Gemeinde, Land, Bund, EU).

3,179 1,1026

Allgemeine politische Kompetenz: Den SchülerInnen ist bewusst,

dass Demokratie von Partizipation lebt und bringen sich selbst in

politischen Diskussionen ein.

3,321 1,0304

Europakompetenz: Den SchülerInnen ist bewusst, dass die EU eine

Problemlösungsplattform darstellt, auf der versucht wird,

Problemlösungen zu finden.

3,750 ,8026

Europakompetenz: Die SchülerInnen bringen sich aktiv in

Diskussionen über die EU ein.

2,750 1,1889

1,9

2,0

2,6

2,2

3,2

3,3

3,8

2,8

1 3 5

Einstellung zur Methode Planspiel

• Als gute Methode aber

• Aufwendige Methode gesehen

• Wesentlich ist der Erfahrungswert

• Kann auch Wissen vermitteln

• Entspricht Rebmann 2001

N

Mittel-

wert

Standard-

abweichung

Ich sehe die Methode "Planspiel" als eine sehr gute Möglichkeit,

kompetenzorientiertes Unterrichten umzusetzen.

14 1,286 ,4688

Das Planspiel ist mir ohne Unterstützung einfach zu aufwendig. 14 2,429 1,0163

Durch das Planspiel verliere ich kostbare Unterrichtszeit, die ich für andere

Inhalte brauche.

14 5,000 1,2403

Hätte es die Möglichkeit der beteiligung.st und der Uni Graz nicht gegeben,

hätte ich kein Planspiel gespielt.

14 2,500 1,6053

Ich spiele das Planspiel nur, weil ich dazu beauftragt worden bin. 14 5,214 1,5777

Wesentlicher als Spielen ist das Lernen von Wissen. 14 4,107 1,1125

Ein Planspiel kann auch Inhalte vermitteln. 14 1,500 ,6504

In Planspielen können SchülerInnen Handlungsstrategien erproben, ohne

die Konsequenzen der Realität tragen zu müssen.

14 1,857 ,7703

Im Planspiel erfahren die SchülerInnen komplexe Zusammenhänge und

Entscheidungsprozesse, die sich theoretisch nur schwer darstellen lassen.

14 1,571 ,6462

Wer einmal selbst demokratische Entscheidungen hat fällen müssen,

versteht mehr über Demokratie als jene, die nur davon gehört haben.

14 1,643 ,6333

Ein sozio-ökonomisches Planspiel hat nicht nur kurzfristige Auswirkungen

auf den Unterricht, sondern wirkt über das Schuljahr hinweg nach.

14 2,071 ,8287

Wer einmal selbst demokratische Entscheidungen hat fällen müssen,

versteht die europäische Idee der Zusammenarbeit besser, als jemand, der

das nur gelernt hat.

14 1,714 ,7263

1,286

2,429

5,000

2,500

5,214

4,107

1,500

1,857

1,571

1,643

2,071

1,714

1 2 3 4 5 6

Einstellung zur EU

Lehrpersonen Österreich EU

EU ist eine gute Sache 100 % 36 % 51 %

EU bringt Vorteile 100 % 40 % 50 %

Verbundenheit mit EU 75 % 63 % 65 %

Beobachtung Lehrperson

• Offene Fragestellung: Beschreibung A4 Seite

• qualitative Auswertung mit Inhaltsanalyse nach

Mayring (Verwendung MAXQDA):

– „Gesamtbeurteilung“:

• äußerst positiv

• alle Phasen sind wichtig

• Spannungsbogen über Zeit hinweg

– „demokratische Entscheidungsprozess“:

• Entscheidungen erfahren

• Motivation und Emotion durch klare Aufgaben, Time-Out-

Karten, Rollenvergabe u. Spielleitung

• Fordert Kompetenzen

Beobachtung Lehrperson

• qualitative Auswertung mit Inhaltsanalyse nach

Mayring (Verwendung MAXQDA):

– „Identifikation“:

• Motivation

• Spaß

• Kreativität

• Schafft Kultur, Identität und Emotion

– „Spielleitung“:

• Professionalität und Menschlichkeit

• Spielen lassen – nicht immer eingreifen

• Kompetenzorientierung, nicht Notengebung

– Verbesserungsvorschläge

Beobachtung Leiterinnen

– Lehrpersonen:

• Zurückhaltung der Lehrpersonen schwierig

• „vom Coach“ noch weit entfernt

• Präsentations- u. Leistungsdruck schwingt mit

• Kompetenzorientierung <> Leistungsbeurteilung

– Unterschied HAK – AHS:

• AHS: „kreativer“, „intellektueller“, „Lernen erscheint einen

intellektuellen Selbstzweck zu haben, ist mehr ein

Ausprobieren“

• HAK: „im Verhalten eingeschränkter“, „reglementiert u.

strukturierter“, „darf ich das?“, „ist das überhaupt möglich?“,

„Ohne Wissen und bestimmte Fähigkeiten habe ich zukünftig

am Arbeitsmarkt keine Chance.“

Beobachtung Leiterinnen

– Spielleitung:

• Hohe soziale Verantwortung

• In der Anfangsphase ist Steuerung sehr wichtig

• Auswahl der Ereigniskarten nach Spielverlauf

• Wichtig ist die Vorbereitung auf das Planspiel

• Es gibt und kann keine Musterlösung geben

• Wie kann Klassenlehrperson diese Aufgaben übernehmen?

Auswertung Reflexionsrunde

Was war…

förderlich/hilfreich störend/hinderlich

24,1%

19,3%

15,9%

9,0%

Kompromisse/Kooperation + Offenheit für…

Diskussionen/Einigkeit im eigenen Land

Time-Out-Karten (Auszeit f. interne Bespr.)

Stadtplan/Länderbeschreibung

Was war hilfreich?

18,5%

12,3%

10,8%

10,8%

12,3%

Kompromisslosigkeit, Sturheit, Eigensinn

negatives Diskussionsverhalten

zu wenig Zeit

beschränktes/kein Mitwirken der BürgerInnen…

Meinungsverschiedenheiten / andere…

Was war störend?

Auswertung Reflexionsrunde

Reflexion (8 Schulen)

34

42

24

38

13

24

13

19 21

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Was nehme ich aus dem Planspiel mit?

Fragebogen direkt nach Spiel

84

113

20

12

25

viel (über EU/Demokratie) gelernt,informativ

Interessant

Spaß/lustig

Kreativität, eigenes Land gestalten(Basteln)

Meinungsbildungs-/Entscheidungsprozess ersichtlich +

unterstützt Politik-Bildung

Was denkst du jetzt über das Planspiel?

59,1%

25,0%

37,5%

3,4%

12,5%

9,1%

4,5%

4,5%

35,7%

36,3%

29,2%

19,9%

12,9%

15,2%

9,4%

1,8%

Interessant

Spaß/lustig

viel (über EU/Demokratie) gelernt, informativ

Kreativität, eigenes Land gestalten (Basteln)

Meinungsbildungs-/Entscheidungsprozessersichtlich + unterstützt Politik-Bildung

Planspiel gut aufgebaut bzw. empfehlenswert

eigene Meinung/Standpunkteinbringen/vertreten können/lernen

nichts Ernstes, spielerisches Lernen

Was denkst du jetzt über das Planspiel?

AHS HAK

… über das Spielen

…über Demokratie

Noch offen…

• Befragung der Schülerinnen u. Schüler über

Wirkung (online-Befragung mit Kontrollgruppe)

• Befragung der Lehrpersonen nochmals über die

Kompetenzeinschätzung

• Fokusgruppe mit Lehrpersonen zur kommunikativen

Validierung

Ergebnisse kritisierbar darstellen

• Welche Lehrpersonen sind bereit, dieses Planspiel

einzusetzen?

Engagierte, der EU positiv eingestellte

Lehrpersonen mit langjähriger Berufserfahrung

• Fordert und fördert das Planspiel Kompetenzen?

– Planspiel fordert Kompetenzen

– Ob es fördert: im Sinne des Erfahrungslernen ja, über

Wirkung noch keine Aussage

• Funktioniert das Planspiel?

Ja, wird von Lehrpersonen u. Schülerinnen sehr gut

angenommen

Ergebnisse kritisierbar darstellen

• Kann das Planspiel eine mittelfristige Wirkung

erzielen?

Noch offen

• Unterschiede HAK u. AHS:

– AHS findet Spiel interessanter u. informativer

– HAK findet Spiel lustiger und kreativer

– AHS kreativer u. zukunftsoffener

– HAK reglementierter und arbeitsmarktorientierter

„Der Mensch spielt nur, wo er in

voller Bedeutung des Worts

Mensch ist, und er ist nur da ganz

Mensch, wo er spielt.“

Schiller