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Christa Zeuch wurde in Berlin geboren und lebt heute als freie Schriftstellerin in Bonn-Bad Godesberg. Nach vie- len beruflichen Umwegen und einer Gesangsausbildung arbeitete sie einige Jahre musikalisch-kreativ mit Kindern. Sie schreibt Gedichte, Erzählungen, Romane und kom- poniert Lieder für Kinder. Ihre Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet.

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Christa Zeuch wurde in Berlin geboren und lebt heute als freie Schriftstellerin in Bonn-Bad Godesberg. Nach vie-len beruflichen Umwegen und einer Gesangsausbildung arbeitete sie einige Jahre musikalisch-kreativ mit Kindern. Sie schreibt Gedichte, Erzählungen, Romane und kom-poniert Lieder für Kinder. Ihre Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet.

Christa Zeuch

Die Spur des roten Elefanten

Weitere Informationen über den Verlag und sein Programm unter:

www.verlag-die-schatzkiste.de

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

Mai 2007Verlag Die Schatzkiste

Ein Verlag der Buch&media GmbH, München© 2007 Buch&media GmbH, München

Umschlaggestaltung: Kay Fretwurst, FreienbrinkHerstellung: Books on Demand GmbH, Norderstedt

Printed in Germany · ISBN 978-3-86520-264-2

Inhalt1. Als Opa Gespenster sah und Mehlwürmer durch

unsere Küche flutschten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72. Als wir unechtes Bauchweh kriegten und sich ein

Tisch in ein Bett verwandelte . . . . . . . . . . . . . . . . 123. Als wir im Bad Radieschen züchten konnten

und Mama zwei Paar Fußdämpfer suchte. . . . . . . 184. Als Papa nach Australien auswanderte und Mama

ihre verlorenen Nerven im Weinglas wiederfand . 245. Als jemand einen himmelblauen Wal brauchte

und rote Flattermäntel in Mode kamen . . . . . . . . 296. Als Papa den Buffalo-Stier verwackelte und

Mama ein rosa Kuchenpaket nicht loswurde . . . . 337. Als Kosch Kosch durch Wände gehen konnte und

Mama das dämliche Büffet rausschmeißen wollte 378. Als ein Azaleenfresser sein Unwesen trieb

und Opas elektrische Eisenbahn wild wurde . . . . 419. Als sich Herr Brustkern mit einem Messer

bewaffnete und ein Rüssel aus einem Elefanten- buch winkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

10. Als Kosch Kosch an meiner Mathe-Fünf Schuld war und Janosch eine Zeitungs-Sensation erfahren sollte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

11. Als Pinnie falsche O-Wörter schrieb und Mama Kindern blaue Papageien empfahl. . . . . . . . . . . . . 54

12. Als Papa heiße Zitrone und Vanilleeis brauchte und Frau Peller einen ausgewachsenen Mann stärkte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

13. Als Kosch Kosch uns eine Rüsseltechnik vorführte und eine Regenwolke Ärger machte . . . . . . . . . . . 62

14. Als mein Freund nicht länger aus Luft bestand und ein Phänomen ihm alles erklärte . . . . . . . . . . 66

15. Als Lulatschs Trillerpfeife Arbeit kriegte und ein Kartoffelsack laufen konnte. . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

16. Als wir auf Verfolgungsjagd gingen und uns ein Pünktchenhaus Rätsel aufgab . . . . . . . . . . . . . . . . 73

17. Als wir heimlich ins Höllenfeuer guckten und der Teufel gar keine Hörner hatte . . . . . . . . . . . . . . . . 77

18. Als wir Kolantes Rotlinge kennen lernten und auf rosaroten Wolkenkissen Torte aßen . . . . . . . . . . . 81

19. Als die Leute noch Schneeflocken hören konnten und die Zeit keine Beine zum Weglaufen hatte . . 85

20. Als in Papas äußerer Hülle ein netter Mensch steck- te und das hellblaue Haus auf dem Mond stand . . . 90

21. Als wir die Tradition der Hauslinge fortsetzten und Papa schon ganz ordentlich Trompete blasen konnte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

22. Als Frau Pattsiefer ein Drachenproblem hatte und ein Elefant kein Hund und keine Katze war. . . . . 99

23. Als Opa sich aufs Altenteil zurückzog und Mama eine Versöhnungsschüssel wegtrug . . . . . . . . . . . . 103

24. Als wir eine schöne Bescherung hatten und das Ende der Geschichte zuschneite . . . . . . . . . . . . . . 107

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1.

Als Opa Gespenster sah und Mehlwürmer durch unsere Küche flutschten

Angefangen hat alles an einem Mittwoch im November. Mittwochs ist bei uns immer Spaghettitag. Wir saßen am Küchentisch: Mama, Opa, meine kleine Schwester Pin-nie und ich, Tobias. Bloß Papa fehlte, der war auf Dienst-reise.

„Vorsicht, heiß!“ Mama hievte erst die Spaghettischüs-sel auf einen Untersetzer, dann den Soßentopf.

Darin blubberte was, das sah aus wie Mehlsuppe mit Klumpen.

Ich zog eine Ekelfratze. „Ist da etwa Speck dran? Zu Spaghetti gehört rote Tomatensoße!“

„Alter Motzbrocken“, schimpfte Mama. „Es geht nicht immer nach euch Kindern! Opa hat sich Sahnesoße mit Schinken gewünscht, basta.“

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„Opa hat sowieso’n schlechten Geschmack“, nuschelte ich. „Der isst ja auch Sellerie und Blutwurst.“

Pinnie sprang zum Kühlschrank und riss ihn auf. „Ketchup ist für Kinder viel gesünder als Specksoße.“

„Halt!“ Mit einem Giftblick nahm Mama ihr die Fla-sche weg und schob sie ans andere Ende vom Tisch.

„Aber Schinken schmeckt eklig“, jaulte Pinnie.Normalerweise wäre Mama jetzt explodiert, doch ein

Klirren lenkte sie ab: Opa hatte plötzlich seine Gabel auf den Teller fallen lassen.

„Sehe ich Gespenster?“ Mit offenem Mund starrte er auf die Küchentür.

Wir guckten auch alle hin. Es war unheimlich. Die Klinke bewegte sich rauf und

runter, als wäre sie verhext. In Zeitlupe ging die Tür einen Spalt auf. Obwohl keiner außer uns in der Wohnung sein konnte, Papa wollte erst in zwei Tagen zurückkommen.

Opa polierte seine Brille am Tischtuch. Er setzte sie wie-der auf, kniff die Augen zusammen und murmelte: „Es spukt.“

„Ach, das ist bloß unser kleiner Hausgeist“, alberte Mama. Und weil Opa wegen seinem Rheuma keine Zug-luft vertragen konnte, wollte sie die Tür zumachen.

Sie griff nach der Klinke, legte aber erschrocken den Rückwärtsgang ein. Mit einem Ruck zerrte sie uns Kin-der von den Stühlen in die Mülleimerecke, damit wir in Sicherheit waren.

Keine Sekunde zu spät: Etwas Längliches, Rotes schob sich durch den Türspalt.

„Eine Schlange“, flüsterte Mama. „Vater, komm da weg!“

Opa saß gefährlich nah an der Küchentür, doch er sagte bloß: „Was kommt uns denn da besuchen?“

Er nahm seinen Gehstock von der Stuhllehne und zog mit dem gebogenen Ende vorsichtig die Tür auf.

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Die Schlange wurde immer länger. Sie war an einem dicken Kopf festgewachsen. Der hatte schwarze Knopfau-gen und Hängeohren, groß wie Topflappen. Im Türrah-men stand ein knallrotes Rüsseltier, knapp so hoch wie der Küchentisch.

„Ein Elefant!“, staunten wir im Chor.Der kleine Rote schlenkerte unruhig mit den Beinen

und verwurstelte den Flurläufer.„Wer bist du denn?“, fragte Mama verdattert. „Na,

komm doch mal her!“Da kam der Elefant in die Küche. Aber nicht zu Mama,

sondern zur Spaghettischüssel. Er langte gleich mit dem Rüssel rein und fütterte sich selber.

„Armes Tier.“ Mama sah ihm mitleidig beim Fressen zu. „Scheint total ausgehungert zu sein.“

Opa fragte ungläubig: „Seht ihr auch einen roten Ele-fanten oder habe ich Halluzinationen?“

„Keine Hallo…zinonen“, erklärte Pinnie. „Der ist rich-tig echt.“

Ich schnappte mir die Ketchupflasche und drückte dem Elefanten noch einen dicken roten Klacks über die Nudeln.

Er mampfte gierig weiter, matschte um sich und ließ die langen Mehlwürmer quer durch die Küche flutschen. Schlupp, landeten welche auf Opas Halbglatze und er hat-te oben wieder Haare.

Wir brüllten vor Lachen. Glucksend wischte sich Mama die Tränen in den Ärmel.

„Wie ist dieser Vielfraß bloß in unsere Wohnung gelangt? Kinder, guckt mal nach, ob die Tür zum Treppenhaus offen steht.“

Die war verschlossen. Wir verstanden gar nichts mehr. Sah fast so aus, als wäre

der Elefant durch die Wand gekommen … Inzwischen hatte er die Schüssel fast leer geputzt und

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benutzte für die letzten Nudelkrümel seinen Rüssel als Staubsauger.

Danach ließ er sich befühlen und streicheln. Einen knallroten Elefanten hatte ich noch nie gesehen. Und hät-te nicht gerade einer vor uns gestanden, hätte ich behaup-tet, farbige gibt es in keinem Land der Erde.

Plötzlich riss er sich los, trompetete eine helle Rüsselfan-fare und galoppierte um den Küchentisch.

Mit Geschrei jagten Pinnie und ich hinterher und hätten Opa um ein Haar mitsamt Stuhl umgerissen.

Peng, gab es einen Knall und über die Küchenfliesen sprangen tausend Scherben. Der Elefant hatte mit seinem langen Schnorchel die Nudelschüssel plus zwei Teller run-tergefegt.

Vor Schreck machte er eine Vollbremsung, sah uns ängstlich an und trottete auf den Flur.

„Scherben bringen Glück“, stöhnte Mama unglück-lich und holte den Besen aus der Rumpelkammer. „Passt bloß auf, dass dieses Trampeltier nicht noch mehr kaputt macht!“

Die Gefahr bestand nicht. Der kleine Elefant schlich ins Wohnzimmer und verkroch sich hinterm Fernsehsessel.

Mir fiel auf, dass seine Farbe irgendwie blass wurde. „Komm wieder raus“, sagte ich, so nett ich konnte.

„Scherben bringen doch Glück.“Da färbte er sich langsam wieder kräftig rot und ließ

sich zurück in die Küche führen. Ich fürchtete, Mama hätte jetzt eine Stinklaune. Stimm-

te aber nicht. Sie kochte ganz entspannt neue Spaghetti. Und als der Elefant sich neben ihre Füße legte, bückte sie sich sogar und streichelte ihn.

Eine Viertelstunde später stand eine neue Schüssel auf dem Tisch. Pinnie und ich verschlangen eine Riesenporti-on mit Ketchup. Mama war von unserem roten Spaghetti-fresser so abgelenkt, dass sie es gar nicht bemerkte.

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Opa brachte seine Verwirrung mit einem Kräuterschnaps in Ordnung. Ganz allmählich bekam er gute Laune und dichtete einen Elefantensong:

„Dicker roter Elefant hat Frau Peller umgerannt. Und dem Douglas bleibt vor Schreck endlich mal die Kläffe weg.“ Cooles Lied! Pinnie und ich grölten es laut und stampf-

ten den Takt mit den Füßen. Deshalb hätten wir fast über-hört, dass von unten ein Besenstiel an die Decke bummer-te.

Mist, das war Frau Peller. Die wohnt eine Etage tiefer. Wir mussten sofort ruhig sein, weil Frau Peller sonst eine Herzattacke erlitten hätte. So nennt sie das immer, wenn sie sich über unseren Krach aufregt.

Dabei war bei ihr unten auch Krach. Ihr Pudel Doug-las kläffte eine halbe Stunde wie tollwütig. Aber das war was anderes. Von Pudelgekläff kriegt Frau Peller nie eine Herzattacke.

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2.

Als wir unechtes Bauchweh kriegten und sich ein Tisch in ein Bett verwandelte

„Übt eure Stücke noch mal durch“, ermahnte Mama uns am Nachmittag. „In einer halben Stunde holt euch Frau Pattsiefer ab.“

Stücke? Mist, wir hatten ja Musikschule … Frau Pattsiefer ist die Mutter von Janosch, meinem bes-

ten Freund. Immer, wenn Papa mit dem Auto unterwegs ist, nimmt sie uns mit zum Unterricht.

Ich spiele Cello. Pinnie hatte gerade mit Geige ange-fangen, obwohl sie viel lieber Klavier lernen wollte. Bloß, zu Hause hätte sie nicht üben können. Papa hatte seinen schönen braunen Flügel mit den schwarzen und weißen Tasten verkauft. Wegen Opa. Der war nach Omas Tod zu uns ins Erkerzimmer gezogen, wo früher der Flügel seinen Platz hatte. Jetzt hatte Opa dort seinen Platz.

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Eins stand fest: Heute konnte ich unmöglich zur Musik-schule gehen. Vielleicht brachte Mama den kleinen Roten inzwischen ins Tierheim? Wie ich sie kannte, dachte sie längst über so was nach.

Da kam mir eine Blitzidee: Bauchschmerzen kriegen, Musikschule schwänzen.

Ich weihte Pinnie ein und sie wollte auch zu Hause blei-ben. Also bekamen wir doppeltes Bauchweh.

Weil Mama uns nicht üben hörte, drängte sie: „Packt endlich eure Instrumente aus!“

Ich verzog das Gesicht. „Au, mein Bauch …“Pinnie fing auch perfekt an zu wimmern.Mama legte die Stirn in Falten und drückte auf unseren

Eingeweiden rum.„Das kommt vom vielen Ketchup. Ab in die Betten!“

Sie grinste uns fies an. „Wie schade, wie schade – wenn ihr so krank seid, könnt ihr ja gar nicht mit dem Elefanten spielen.“

Egal. Schwänzen war cool. Und den kleinen Roten wür-den wir schon irgendwie im Auge behalten. Außerdem, unter meinem Kopfkissen lag das Buch Jack Houdy und sein Steppenblitz. Bis zur Hälfte war ich durch.

Ich hatte noch keine Seite gelesen, da kam Opa rein. Nicht um uns arme Kranke zu bedauern. Er vermisste bloß zwei Wolldinger, die Mama Armwärmer nannte. Die konnte er sich über die Ellenbogen ziehen, was gut sein sollte gegen sein Rheuma. Mama strickt ihm jedes Weihnachten ein wärmeres Paar, aber davon sind Opas Schmerzen auch nicht weg gegangen.

„Habt ihr die versteckt?“, knurrte er. „Ihr wisst doch, ohne Armwärmer bin ich ein halber Mensch!“

„Immer sind wir das gewesen!“, entrüsteten wir uns.Da sahen wir, wer wirklich Schuld war: Der Elefant

tauchte in der Tür auf und schlug mit dem Rüssel um sich,

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als wollte er Wespen vertreiben. Er hatte sich in blauen Wollfäden verheddert.

Opa hielt seinen Rüssel fest und riss die Fäden ab.„Von wegen, Elefanten fressen bloß Spaghetti …“ Er

warf mir einen angefressenen Armwärmer aufs Bett. „Da, ’ne Zipfelmütze für’n Gartenzwerg.“ Dann rieb er sich erstaunt die Ellenbogen. „Nanu – tun ja gar nicht mehr weh?“

Als der Elefant mit dem Rüssel die letzten Fusseln weg nieste, huschte ein Lächeln über Opas Gesicht.

Während er mit Mama in der Küche eine Kaffeepause einlegte, lauschte ich hinter der angelehnten Tür. Denn ich konnte mir denken, dass sie über den Elefanten dis-kutierten.

Mama flüsterte, aber zum Glück habe ich ein super Hör-organ.

„Zugegeben, er ist wirklich niedlich. Trotzdem müssen wir schnellstens eine andere Bleibe für ihn finden.“

„Mir ist er sowieso nicht geheuer“, brummte Opa. „Und denk bloß an die Nachbarn. Die halten uns für verrückt, wenn wir einen Elefanten Gassi führen.“

„Das Problem sind nicht nur die Nachbarn.“ Mama stieß einen Seufzer aus. „Das Tier muss aus dem Haus, bevor Richy kommt.“

Richy, das ist unser Papa. Sein richtiger Name ist Richard. Aber wir nennen ihn alle Richy.

„Tja, die Frage ist, wohin“, sagte Opa. „Wir können ihn doch nicht einfach vor die Tür setzen. Auch wenn er ein-fach so gekommen ist …“

Ich blinzelte in die Küche und sah an Mamas verkniffe-nem Mund, wie ernst die Lage war.

Sie kraulte den Elefanten und sagte überrascht: „Er trägt ein ledernes Halsband. In seiner Halsfalte versteckt! Da steht auch was drauf.“ Ganz langsam entzifferte sie Buchstaben für Buchstaben, als habe sie gerade erst lesen

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gelernt: „Kosch Kosch. Was soll das bedeuten – Kosch Kosch?“

Ich kam zum Vorschein. „Bestimmt heißt er so.“Der Elefant wippte mit dem Rüssel, als wollte er zustim-

men.Mama sah mich scharf an. „Tobias, sofort wieder ins

Bett!“„Wir wollen aber wissen, was ihr besprecht.“Da zogen Opa und Mama zu uns ins Kinderzimmer um.

Und der Elefant streckte sich mitten auf dem Teppich aus und pennte.

„Also“, begann Mama vorsichtig. „Opa und ich sind einer Meinung, dass unser kleiner Gast in sein altes Zuhause zurück muss.“

„Aber wir wissen ja gar nicht, wo das ist!“, rief Pinnie. „Er soll bei uns bleiben. Bitte, er ist doch so lieb und ganz klein.“

Mama schüttelte den Kopf. „Auf keinen Fall. Wir heften Zettel an die Bäume. Darauf schreiben wir, dass uns ein kleiner roter Elefant zugelaufen ist. Vielleicht wohnt sein Besitzer in unserer Straße? Wenn sich niemand meldet, bringen wir ihn ins Tierheim.“

Um als Zettelverteiler auszufallen, jammerte ich wieder ein bisschen über Bauchkneifen.

Mama ging ins Schlafzimmer, wo Papa sich nach Opas Einzug eine Arbeitsecke eingerichtet hatte. Sie tippte in seinen Computer Marke Uraltmodell: Kleiner roter Ele-fant zugelaufen. Wem gehört er? Bitte melden. Dazu unsere Telefonnummer.

Der Drucker spuckte den Zettel zwanzig Mal aus. Und mit Reißzwecken und Regenschirm bewaffnet, machten sich Mama und Opa auf den Weg.

Nach erledigter Zettelaktion setzten sie sich wieder an un-sere Betten.

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Kosch Kosch legte seinen Kopf auf Mamas Füße und sie zupfte liebevoll an seinen Ohren.

„Angenommen den Fall …“, sagte sie langsam, „also nur mal angenommen, wir werden ihn nicht los …“

„Dann behalten wir ihn einfach!“, rief Pinnie begeis-tert.

Opa lachte hämisch. „Sicher doch. Elefanten eignen sich bestens als Haustiere.“

„Genau!“ Pinnie strampelte ihre Zudecke weg und hopste einen Freudentanz auf der Matratze.

Opa lachte noch hämischer. „Da wird sich euer Papa aber freuen, wo der nicht mal Meerschweinchen leiden kann.“

Jetzt verstand Pinnie, was er meinte, und quetschte sich ein paar Tränen raus.

Mama streichelte Kosch Kosch. „Also gut, gehen wir davon aus, dass wir ihn ein paar Tage versorgen müssen. Woher kriegen wir Elefantenfutter?“

„Aus dem Supermarkt“, sagte ich. „Er frisst doch so gern Nudeln.“

Wir quasselten alle durcheinander, was alles wichtig wäre für einen Hauselefanten. Zum Beispiel Auslauf. Wir müssten ihn abends heimlich ausführen, damit ihn keiner zu sehen bekam. Wegen Frau Peller dürfte er auch nicht mehr durch die Wohnung poltern. Und eine ungestörte Ecke zum Schlafen brauchte er …

Opa erhob sich. „Jetzt soll er erst mal seinen Schlafplatz kriegen. Wenn wir den Balkontisch umdrehen, haben wir einen.“

Unser Bauchweh war schlagartig verschwunden und zum Glück fiel es Mama gar nicht auf.

Mit vereinten Kräften schoben wir den alten Tisch in die Küche, drehten ihn um und stellten ihn, Beine nach oben, unters Fenster.

Pinnies ehemalige Kinderbettmatratze passte genau in den umgedrehten Tisch.