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Swiss Post Solutions, ein Konzernbereich der Schwei- zerischen Post, setzt auf in- telligente Automation. Der Technologieexperte Lukas He- beisen erklärt, was es damit auf sich hat. Interview: Beni Meier Was bringen künstliche Intelligenz und Robotiks in der Kundenbe- treuung? Mit diesen neuen Technologien kön- nen wir wiederkehrende Geschäfts- prozesse digitalisieren und Routi- neaufgaben automatisieren. Das führt zu höherer Geschwindigkeit bei der Bearbeitung von Kundenanfragen über alle Kanäle. Die Kundenbetreuer können sich somit auf komplexere Aufgaben konzentrieren. Der Kunde profitiert dank intelligenter Automa- tisierung unmittelbar durch schnelle und fehlerfreie Lösung seiner An- frage. Was steckt hinter dem Begriff? Zuerst müssen wir die zwei Technolo- gien unterscheiden. Künstliche Intel- ligenz, oder kurz KI, kann unstruktu- rierte Inhalte in Briefen, E-Mails oder in Social Media Posts verstehen. KI macht also aus dem, was der Kunde schreibt, strukturierte Daten, mit de- nen der Software-Roboter arbeiten kann. KI kann Aufgaben erledigen, für die bisher der Einsatz menschlicher Intelligenz notwendig war. Anstelle von Schlüsselwörtern werden Muster erkannt, sodass Bedeutungskontexte und Intention erkannt werden. Durch kontinuierliche Erfahrung im Verarbei- tungsprozess «lernt» das System und verbessert sich stetig. Und der Roboter führt dann die Anweisung der KI aus? Ganz so futuristisch ist es in der Praxis dann doch nicht. Der Software-Robo- ter arbeitet auf der Basis definierter Regeln und mit den strukturierten Daten, die er von der KI übergeben bekommt. Robotic Process Automa- tion ersetzt den manuellen Prozess der Verarbeitung dieser Daten. Ei- nige Beispiele: Daten werden in ei- ner Abrechnungsmaske erfasst, Pro- zessschritte angestossen, Zahlungen ausgelöst und Kunden auf dem Kom- munikationskanal ihrer Wahl über Be- arbeitungsstände informiert. Und dazu braucht es das Zusam- menspiel beider Technologien? Nicht immer. Es kommt vielmehr da- rauf an, den Prozess genau zu ana- lysieren und dann die richtige und wirtschaftlichste Entscheidung zu tref- fen. Intelligent Automation mit KI und Robotik hat Charme, weil es damit möglich ist, frei formulierte Inhalte zu verarbeiten. Der Endkunde muss sein Anliegen nicht in Online-Formularen niederlegen, und der Mitarbeitende im Unternehmen muss keine Zeit mehr aufwenden, Informationen aus einer E-Mail herauszuziehen um den nächsten Prozessschritt anzustossen. Wollen Verbraucher denn mit Maschinen kommunizieren? Der Verbraucher kommuniziert nicht mit der Maschine. Die Maschine be- arbeitet das, was der Verbraucher an das Unternehmen schickt. Die Nut- zung digitaler Kanäle nimmt stetig zu – ob E-Mail, Apps oder Chat. Unter- nehmen brauchen effiziente Prozesse, um Kundenanliegen zu identifizieren und schnell zu bearbeiten. Dem Kun- den ist zuallererst wichtig, dass er auf sein Anliegen die richtige Antwort er- hält – und zwar rasch und über den Kanal seiner Wahl. Wie profitieren Unternehmen? KI klingt nach hohen Investitionen? Genau hier setzt Swiss Post Solutions an. Als einer der weltweit gröss- ten Anbieter von Business Process Outsourcing-Lösungen (BPO) über- nehmen wir die Prozesse unserer Kunden und machen sie effizient. Die Auswahl der Technologie und regel- mässige Reviews sind unser Thema. Mit dem Intelligent-Automation-An- satz erreichen wir erhebliche Effizienz- steigerungen. Wir haben Projekte, in denen wir die Prozesskosten um mehr als 70 Prozent verringern konnten. Wie führen Sie Intelligent Auto- mation dann ganz konkret ein? Unser Vorgehen ist in vier Schritte eingeteilt: Am Anfang untersuchen wir in einem Automation Assess- ment, welche Prozesse sich für die Automatisierung eignen und welche Ausnahmen es zu beachten gilt. Wir stellen viele Fragen und erarbeiten eine detaillierte Analyse. Gibt es eine Regel, welche Pro- zesse sich besonders eignen? Volumen und Bearbeitungsdauer sind entscheidend. Hohe Volumen und eine mittlere bis lange Bearbei- tungszeit eignen sich bestens für die Automatisierung. Wie geht es dann weiter? Unsere Prozessingenieure bilden jeden spezifischen Business Case im Detail ab. Dieses Solution Concept ist dann die Grundlage für die Umsetzung. An- schliessend werden die Software-Lö- sungen konfiguriert, und schliesslich übernehmen wir das Projekt in den Live-Betrieb. Das ist dann wiederum der Start für einen langfristig angele- gen, iterativen Verbesserungsprozess. Dabei ist Swiss Post Solutions je- doch kein Technologie-Lieferant? Nein, unser Know-how ist die Prozes- soptimierung im digitalen und phy- sischen Dokumentenmanagement mitsamt der zugehörigen Sachbe- arbeitung. Wir übernehmen neben der Automatisierung immer auch die vollständige Prozess-Verantwortung inklusive der Bearbeitung der Aus- nahmen, die an Mitarbeiter zur Be- arbeitung oder Abklärung eskaliert werden. Wie weit ist Intelligent Automa- tion in der Praxis schon? Wir sind über den Pilotbetrieb in meh- reren Banken und Versicherungen schon hinaus. Am meisten Potential sehen wir ganz klar bei der Verarbei- tung unstrukturierter Daten. «KI hat enormes Potenzial» Wie Swiss Post Solutions die Geschäftsprozesse ihrer Kunden beschleunigt Mein Wunsch sei dir Befehl: künstliche Intelligenz übersetzt Kundenwünsche in Prozesse. Montag, 27. März 2017 · NZZ-Verlagsbeilage X.DAYS 2017 9 Shutterstock Lukas Hebeisen leitet bei Swiss Post Solutions den Bereich Technology & Digital Transfor- mation. Swiss Post Solutions AG

X.DAYS 2017 9 «KI hat enormes Potenzial» · «KI hat enormes Potenzial» Wie Swiss Post Solutions die Geschäftsprozesse ihrer Kunden beschleunigt Mein Wunsch sei dir Befehl: künstliche

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Swiss Post Solutions, ein Konzernbereich der Schwei-zerischen Post, setzt auf in-telligente Automation. Der Technologieexperte Lukas He-beisen erklärt, was es damit auf sich hat.

Interview: Beni Meier

Was bringen künstliche Intelligenz und Robotiks in der Kundenbe-treuung?Mit diesen neuen Technologien kön-nen wir wiederkehrende Geschäfts-prozesse digitalisieren und Routi-neaufgaben automatisieren. Das führt zu höherer Geschwindigkeit bei der Bearbeitung von Kundenanfragen über alle Kanäle. Die Kundenbetreuer können sich somit auf komplexere Aufgaben konzentrieren. Der Kunde profitiert dank intelligenter Automa-tisierung unmittelbar durch schnelle und fehlerfreie Lösung seiner An-frage.

Was steckt hinter dem Begriff?Zuerst müssen wir die zwei Technolo-gien unterscheiden. Künstliche Intel-ligenz, oder kurz KI, kann unstruktu-rierte Inhalte in Briefen, E-Mails oder in Social Media Posts verstehen. KI macht also aus dem, was der Kunde schreibt, strukturierte Daten, mit de-nen der Software-Roboter arbeiten kann. KI kann Aufgaben erledigen, für die bisher der Einsatz menschlicher Intelligenz notwendig war. Anstelle von Schlüsselwörtern werden Muster erkannt, sodass Bedeutungskontexte und Intention erkannt werden. Durch kontinuierliche Erfahrung im Verarbei-tungsprozess «lernt» das System und verbessert sich stetig.

Und der Roboter führt dann die Anweisung der KI aus?Ganz so futuristisch ist es in der Praxis dann doch nicht. Der Software-Robo-ter arbeitet auf der Basis definierter Regeln und mit den strukturierten Daten, die er von der KI übergeben bekommt. Robotic Process Automa-tion ersetzt den manuellen Prozess der Verarbeitung dieser Daten. Ei-nige Beispiele: Daten werden in ei-ner Abrechnungsmaske erfasst, Pro-zessschritte angestossen, Zahlungen ausgelöst und Kunden auf dem Kom-munikationskanal ihrer Wahl über Be-arbeitungsstände informiert.

Und dazu braucht es das Zusam-menspiel beider Technologien? Nicht immer. Es kommt vielmehr da-rauf an, den Prozess genau zu ana-lysieren und dann die richtige und wirtschaftlichste Entscheidung zu tref-fen. Intelligent Automation mit KI und Robotik hat Charme, weil es damit möglich ist, frei formulierte Inhalte zu verarbeiten. Der Endkunde muss sein Anliegen nicht in Online-Formularen niederlegen, und der Mitarbeitende

im Unternehmen muss keine Zeit mehr aufwenden, Informationen aus einer E-Mail herauszuziehen um den nächsten Prozessschritt anzustossen.

Wollen Verbraucher denn mit Maschinen kommunizieren?Der Verbraucher kommuniziert nicht mit der Maschine. Die Maschine be-arbeitet das, was der Verbraucher an das Unternehmen schickt. Die Nut-zung digitaler Kanäle nimmt stetig zu – ob E-Mail, Apps oder Chat. Unter-nehmen brauchen effiziente Prozesse, um Kundenanliegen zu identifizieren und schnell zu bearbeiten. Dem Kun-den ist zuallererst wichtig, dass er auf sein Anliegen die richtige Antwort er-hält – und zwar rasch und über den Kanal seiner Wahl.

Wie profitieren Unternehmen? KI klingt nach hohen Investitionen?Genau hier setzt Swiss Post Solutions an. Als einer der weltweit gröss-ten Anbieter von Business Process Outsourcing-Lösungen (BPO) über-nehmen wir die Prozesse unserer Kunden und machen sie effizient. Die

Auswahl der Technologie und regel-mässige Reviews sind unser Thema. Mit dem Intelligent-Automation-An-satz erreichen wir erhebliche Effizienz-steigerungen. Wir haben Projekte, in denen wir die Prozesskosten um mehr als 70 Prozent verringern konnten.

Wie führen Sie Intelligent Auto-mation dann ganz konkret ein?Unser Vorgehen ist in vier Schritte eingeteilt: Am Anfang untersuchen wir in einem Automation Assess-ment, welche Prozesse sich für die Automatisierung eignen und welche Ausnahmen es zu beachten gilt. Wir stellen viele Fragen und erarbeiten eine detaillierte Analyse.

Gibt es eine Regel, welche Pro-zesse sich besonders eignen? Volumen und Bearbeitungsdauer sind entscheidend. Hohe Volumen und eine mittlere bis lange Bearbei-tungszeit eignen sich bestens für die Automatisierung.

Wie geht es dann weiter?Unsere Prozessingenieure bilden jeden

spezifischen Business Case im Detail ab. Dieses Solution Concept ist dann die Grundlage für die Umsetzung. An-schliessend werden die Software-Lö-sungen konfiguriert, und schliesslich übernehmen wir das Projekt in den Live-Betrieb. Das ist dann wiederum der Start für einen langfristig angele-gen, iterativen Verbesserungsprozess.

Dabei ist Swiss Post Solutions je-doch kein Technologie-Lieferant?Nein, unser Know-how ist die Prozes-soptimierung im digitalen und phy-sischen Dokumentenmanagement mitsamt der zugehörigen Sachbe-arbeitung. Wir übernehmen neben der Automatisierung immer auch die vollständige Prozess-Verantwortung inklusive der Bearbeitung der Aus-nahmen, die an Mitarbeiter zur Be-arbeitung oder Abklärung eskaliert werden.

Wie weit ist Intelligent Automa-tion in der Praxis schon?Wir sind über den Pilotbetrieb in meh-reren Banken und Versicherungen schon hinaus. Am meisten Potential sehen wir ganz klar bei der Verarbei-tung unstrukturierter Daten.

«KI hat enormes Potenzial» Wie Swiss Post Solutions die Geschäftsprozesse ihrer Kunden beschleunigt

Mein Wunsch sei dir Befehl: künstliche Intelligenz übersetzt Kundenwünsche in Prozesse.

Montag, 27. März 2017 · NZZ-Verlagsbeilage X.DAYS 2017 9

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Lukas Hebeisen leitet bei Swiss Post Solutions den Bereich Technology & Digital Transfor-mation.

Swiss Post Solutions AG