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1 Beiträge zur Stadtentwicklung 38 Editorial Wien ist eine Stadt mit einer sehr hohen Lebensqualität. Dies liegt nicht zuletzt auch an den guten Bedingungen für das Zufußgehen. Zufußgehen fördert nicht nur die Gesund- heit der Fußgänger, sondern belebt den öffentlichen Raum und schafft Gelegenheiten zur Interaktion und Kommunika- tion mit anderen. Gleichzeitig wird durch Zufußgehen die Lärm- und Schadstoffbelas- tung in der Stadt reduziert und verstopfte Straßen und überfüllte öffentliche Ver- kehrsmittel entlastet. Gerade auch unter dem Aspekt der aktuellen Bevölkerungsent- wicklung ist die Förderung des Fußverkehrs ein wesentlicher Faktor, damit Wien auch in Zukunft eine attraktive Stadt zum Leben bleibt. DI Andreas Trisko, Abteilungsleiter Zu Fuß gehen in Wien Vertiefte Auswertung des Mobilitätsverhaltens der Wiener Bevölkerung für das zu Fuß gehen Mag. a Dr. in Astrid Klimmer-Pölleritzer, DI Hanns Schinner Zu Fuß gehen ist gesund, schont das Klima, fördert soziale Kontakte, belebt den öffent- lichen Raum und stärkt den Einzelhandel. Die wiederholt gute Platzierung Wiens in Lebens- qualitätsstudien (z.B. Mercer Index) ist nicht zuletzt auf die vorhandenen guten Bedingungen für das Zufußgehen zurückzuführen. Der Aktiv- verkehr (wie zu Fuß gehen und Radfahren) bringt positive Gesundheitseffekte, die Reduktion der Lärm- und Schadstoffbelastung und die Ver- ringerung von Unfällen. Dieser gesellschaftliche Nutzen übersteigt die Kosten für den Ausbau der Fahrrad- und Fußgängerinfrastruktur bei weitem. Deswegen bekennt sich die Stadt Wien zur Förderung nachhaltiger Mobilität. Die vom Wiener Gemeinderat im Jahr 2014 beschlos- sene Grundsatzstrategie zur Förderung des Fußverkehrs sieht unter anderem die Erhöhung der Verkehrssicherheit, die Einrichtung von Flaniermeilen, die Verkehrsberuhigung und -entschleunigung, die Attraktivierung öffentli- cher Räume sowie den Abbau von Barrieren und einer Reihe weiterer Maßnahmen vor. Mit diesem Grundsatzbeschluss wurde die Basis gelegt, um den bereits hohen Fußwegeanteil in Wien in den nächsten Jahren noch steigern zu können. Geschichtliche Entwicklung Wien ist in seiner Geschichte schon immer eine ausgeprägte Fußgängerstadt gewesen. Im ausgehenden 19. Jahrhundert – der Blütezeit der Habsburgermonarchie in Wien – wurde die wachsende Stadt mangels Alternativen auf fußläufige Erreichbarkeit ausgerichtet. Über 2 Millionen Menschen lebten damals in der Stadt Wien. Aus dieser Zeit zeugen heute noch viele „Durchhäuser“: Abkürzungen zwischen zwei parallel verlaufenden Straßen, die damals für Fußgängerinnen und Fußgänger beim Bau neuer Häuser vorgesehen wurden. Aufgrund der Hügellage einiger Stadtbezirke (vor allem der 6. und 9. Bezirk) wurden auch mehrere Fußgänger- treppen wie z.B. die Strudlhofstiege errichtet. Die kompakte Stadtstruktur und die dadurch bedingte Nähe von Wohnen und Arbeiten haben zwei Weltkriege und das Bestreben nach der autogerechten Stadt in der Nachkriegszeit über- dauert. Zufußgehen und der öffentliche Verkehr sind deswegen auch heute noch die prägenden Fortbewegungsmittel in Wien. Wienerinnen und Wiener gehen gerne zu Fuß Obwohl das heutige Stadtgebiet Wiens um einiges größer als noch im 19. Jahrhundert ist, legen die Wiener auch heute noch 26% ihrer Wege ausschließlich zu Fuß zurück. Berücksichtigt man noch die Wege, in denen wenigstens ein Teil der Strecke zu Fuß zurück- gelegt wurde (z.B. der Fußweg zu einer Halte- stelle des öffentlichen Verkehrs) erhöht sich der Anteil des Zufußgehens am Modal Split sogar Fortsetzung Seite 2 Abb. 1: Linkes Bild: Durchhaus, Sünnhof (Wien 3); Rechtes Bild: Strudlhofstiege (Wien 9) Fotos: Christian Fürtner

Z u Fuß gehen in Wien · auf 56%. In Wien gehen damit täglich mehr Menschen zu Fuß als, mit dem Auto fahren. Der hohe Fußwegeanteil soll in Zukunft noch gestei-gert werden, was

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Page 1: Z u Fuß gehen in Wien · auf 56%. In Wien gehen damit täglich mehr Menschen zu Fuß als, mit dem Auto fahren. Der hohe Fußwegeanteil soll in Zukunft noch gestei-gert werden, was

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Bei träge zur Stadtentwicklung 38

EditorialWien ist eine Stadt mit einer sehr hohen Lebensqualität. Dies liegt nicht zuletzt auch an den guten Bedingungen für das Zufußgehen. Zufußgehen fördert nicht nur die Gesund-heit der Fußgänger, sondern belebt den öffentlichen Raum und schafft Gelegenheiten zur Interaktion und Kommunika-tion mit anderen. Gleichzeitig wird durch Zufußgehen die Lärm- und Schadstoffbelas-tung in der Stadt reduziert und verstopfte Straßen und überfüllte öffentliche Ver-kehrsmittel entlastet. Gerade auch unter dem Aspekt der aktuellen Bevölkerungsent-wicklung ist die Förderung des Fußverkehrs ein wesentlicher Faktor, damit Wien auch in Zukunft eine attraktive Stadt zum Leben bleibt.

DI Andreas Trisko, Abteilungsleiter

Z u Fuß gehen in Wien Vertiefte Auswertung des Mobilitätsverhaltens der Wiener Bevölkerung für das zu Fuß gehen

Mag.a Dr.in Astrid Klimmer-Pölleritzer, DI Hanns Schinner

Zu Fuß gehen ist gesund, schont das Klima, fördert soziale Kontakte, belebt den öffent-lichen Raum und stärkt den Einzelhandel. Die

wiederholt gute Platzierung Wiens in Lebens-qualitätsstudien (z.B. Mercer Index) ist nicht zuletzt auf die vorhandenen guten Bedingungen für das Zufußgehen zurückzuführen. Der Aktiv-verkehr (wie zu Fuß gehen und Radfahren) bringt positive Gesundheitseffekte, die Reduktion der Lärm- und Schadstoffbelastung und die Ver-ringerung von Unfällen. Dieser gesellschaftliche Nutzen übersteigt die Kosten für den Ausbau der Fahrrad- und Fußgängerinfrastruktur bei

weitem. Deswegen bekennt sich die Stadt Wien zur Förderung nachhaltiger Mobilität. Die vom Wiener Gemeinderat im Jahr 2014 beschlos-sene Grundsatzstrategie zur Förderung des Fußverkehrs sieht unter anderem die Erhöhung der Verkehrssicherheit, die Einrichtung von Flaniermeilen, die Verkehrsberuhigung und -entschleunigung, die Attraktivierung öffentli-cher Räume sowie den Abbau von Barrieren und einer Reihe weiterer Maßnahmen vor. Mit diesem Grundsatzbeschluss wurde die Basis gelegt, um den bereits hohen Fußwegeanteil in Wien in den nächsten Jahren noch steigern zu können.

Geschichtliche EntwicklungWien ist in seiner Geschichte schon immer eine ausgeprägte Fußgängerstadt gewesen. Im ausgehenden 19. Jahrhundert – der Blütezeit

der Habsburgermonarchie in Wien – wurde die wachsende Stadt mangels Alternativen auf fußläufige Erreichbarkeit ausgerichtet. Über 2 Millionen Menschen lebten damals in der Stadt Wien. Aus dieser Zeit zeugen heute noch viele „Durchhäuser“: Abkürzungen zwischen zwei parallel verlaufenden Straßen, die damals für Fußgängerinnen und Fußgänger beim Bau

neuer Häuser vorgesehen wurden. Aufgrund der Hügellage einiger Stadtbezirke (vor allem der 6. und 9. Bezirk) wurden auch mehrere Fußgänger-treppen wie z.B. die Strudlhofstiege errichtet. Die kompakte Stadtstruktur und die dadurch bedingte Nähe von Wohnen und Arbeiten haben zwei Weltkriege und das Bestreben nach der autogerechten Stadt in der Nachkriegszeit über-dauert. Zufußgehen und der öffentliche Verkehr sind deswegen auch heute noch die prägenden Fortbewegungsmittel in Wien.

Wienerinnen und Wiener gehen gerne zu FußObwohl das heutige Stadtgebiet Wiens um einiges größer als noch im 19. Jahrhundert ist, legen die Wiener auch heute noch 26%

ihrer Wege ausschließlich zu Fuß zurück. Berücksichtigt man noch die Wege, in denen

wenigstens ein Teil der Strecke zu Fuß zurück-gelegt wurde (z.B. der Fußweg zu einer Halte-stelle des öffentlichen Verkehrs) erhöht sich der Anteil des Zufußgehens am Modal Split sogar

Fortsetzung Seite 2

Abb. 1:Linkes Bild: Durchhaus, Sünnhof (Wien 3); Rechtes Bild: Strudlhofstiege (Wien 9)

Fotos: Christian Fürtner

Page 2: Z u Fuß gehen in Wien · auf 56%. In Wien gehen damit täglich mehr Menschen zu Fuß als, mit dem Auto fahren. Der hohe Fußwegeanteil soll in Zukunft noch gestei-gert werden, was

auf 56%. In Wien gehen damit täglich mehr Menschen zu Fuß als, mit dem Auto fahren. Der hohe Fußwegeanteil soll in Zukunft noch gestei-gert werden, was angesichts des Bevölkerungs-wachstums, insbesondere an den Stadträndern,eine große Herausforderung darstellt.

Um dieses Ziel erreichen zu können, ist es erforderlich, trotz des peripheren Wachs-tums eine gut durchmischte und kompakte Stadtstruktur zu erhalten, sodass auch in den

neuen Siedlungsgebieten viele Ziele zu Fuß erreicht werden können. Neben der fußläufi-gen Erreichbarkeit möglichst vieler Ziele spielt auch die Verkehrssicherheit, d.h. klare We-geverbindungen mit guten Sichtbeziehungen und ausreichend breite Gehsteige sowie die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Straßen-raum, das Vermeiden von Angsträumen und die NutzerInnenfreundlichkeit eine wichtige Rolle bei der Stärkung des Fußverkehrs.

26%

7%

28%

39%

zu Fuß

Fahrrad

MIV

ÖV

Beiträge zur Stadtentwicklung 38

2

Abb. 2: Modal Split in Wien 2014.

Quelle: Omnitrend GmbH: Mobilitäts-verhalten der Wiener Bevölkerung, 2014

Geschlechts- und altersspezifische Unterschiede

28% 25% 30%

28% 33% 25%

38%

Gesamt männlich weiblich

zu Fuß

Fahrrad

MIV

ÖV

36% 40%

6% 7%5%

Abb. 3: Genutzte Verkehrsmittel nach Geschlecht (2010-2014).

Quelle: Omnitrend GmbH,Zu Fuß gehen in Wien, 2015

zu Fuß

Fahrrad

MIV

ÖV

28%36%

19% 22% 27%36% 39%

6%5%

5%8%

8%3% 1%

28%24%

19%

33%32%

32%20%

38%

Gesamt 15-29 45-590-14 30-44 60-74 75+

35%

57%

37% 33% 29%40%

Abb. 4: Genutzte Verkehrsmittel nach Alter (2010-2014). Quelle: Omnitrend GmbH, Zu Fuß gehen in Wien, 2015

Auch wenn sich die geschlechtsspezifi-schen Unterschiede im Mobilitätsverhalten in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich

angeglichen haben, gehen Frauen immer noch häufiger zu Fuß als Männer (Modal-Split-Anteil bei Frauen 30% im Vergleich zu 25% bei den Männern). Bei einer Betrachtung nach Alters-gruppen zeigt sich, dass Jugendliche und junge Erwachsene den geringsten Anteil (19%) an rei-nen Fußwegen aufweisen. Dies liegt sowohl an außerhalb der Gehdistanz liegenden Schul- und Ausbildungsstätten als auch für diese Perso-nengruppe besonders günstigen Jahreskarten der Wiener Linien. Auch für die Gruppe der 30- bis 44-Jährigen liegen die Arbeitsplätze meist außerhalb der Gehdistanz. Der reine Fuß-weganteil liegt in dieser Altersgruppe bei 22%, Wegezweck ist hier sehr häufig das Holen und Bringen von Personen. Die höchsten Anteile an reinen Fußwegen weisen Kinder und alte Menschen auf (reiner Fußweganteil zwischen 36% und 39%). Viele Alltagsziele sind für diese Gruppen zu Fuß erreichbar, und es ist in Wien durchaus noch üblich, den Weg zur Volksschule zu Fuß zurückzulegen.

Wegezwecke42% aller Fußwege werden zu Freizeitzwe-cken wie Freunde treffen, Restaurantbe-suche bzw. Kultureinrichtungen oder das

Besuchen von Parks und Naherholungsgebie-ten zurückgelegt. 36% aller Fußwege gelten Versorgungszwecken (Einkauf, Dienstleistun-gen). Über die Hälfte der Einkäufe für den täglichen Bedarf werden zu Fuß erledigt. Wege zur Versorgung werden von Frauen zu 38% zu Fuß zurückgelegt, von Männern etwas gerin-ger zu 33%. Dass man vor allem in den dichter besiedelten Gebieten Wiens immer noch sehr gut zu Fuß einkaufen kann, liegt an einer im europäischen Vergleich überdurchschnittlichen Lebensmittelgeschäftsdichte.

6% 8% 5%6% 5%

8%

36% 38% Arbeit33%

Ausbildung

Versorgung

Freizeit42% 42% 41%

JemandenHolen/Bringen

8% 7% 9% Sonstiges2% 2% 2%

Gesamt männlich weiblich

Abb. 5: Wegzwecke auf Fußwegen nach Geschlecht (2010–2014).

Quelle: Omnitrend GmbH, Zu Fuß gehen in Wien, 2015

Page 3: Z u Fuß gehen in Wien · auf 56%. In Wien gehen damit täglich mehr Menschen zu Fuß als, mit dem Auto fahren. Der hohe Fußwegeanteil soll in Zukunft noch gestei-gert werden, was

Einfluss von PKW-VerfügbarkeitPersonen in autofreien Haushalten legen rund ein Drittel ihrer Wege zu Fuß (und 55% mit ÖV) zurück. Bei einem Auto im Haushalt sinkt

der zu-Fuß-Anteil an allen Wegen auf 27%, bei 2 oder mehr Autos reduziert sich der Modal-Split-Anteil des Zufußgehens sogar auf 17%.

Beiträge zur Stadtentwicklung 38

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Entfernung und DauerEntfernungen bis maximal 500 m werden fast ausschließlich zu Fuß zurückgelegt (die Entfernungsklasse umfasst 16% aller Wege).

Auch bei Wegen zwischen 500 m bis 1 km do-miniert das Zufußgehen mit 77%. Bei größeren Entfernungen bis zu 2 km werden immerhin noch ein Drittel aller Wege gegangen. Bei Entfernungen zwischen 2 und 3 km erreicht der Fußverkehr einen Anteil von 14% und ist sogar höher als der Radverkehr mit 9%.

Die durchschnittliche Entfernung eines reinen Fußweges beträgt 800 m, die durch-schnittliche Dauer für die meisten Wegzwecke beträgt zwischen 10 und 13 Minuten. Eine Aus-nahme bilden Freizeitwege, die auch Spazier-gänge, wandern und joggen beinhalten. Diese Wege machen einen Anteil von 38% an den Fußwegen aus und haben eine Durchschnitts-dauer von 28 Minuten.

Werden alle Entfernungen und die Dauer aller Fußwege eines Tages addiert, so gehen die Wienerinnen und Wiener im Durchschnitt täglich knapp 500 m zu Fuß und benötigen da-für 13 Minuten. Besonders viel gehen Seniorin-nen und Senioren zwischen 60 und 74 Jahren (tägliche Gesamtfußlänge 600 m), während 15- bis 29-Jährige mit insgesamt 350 m deutlich weniger zu Fuß zurücklegen.

Junge Erwachsene sind zwar seltener zu Fuß unterwegs, legen aber im Falle eines Fuß-weges die größten Distanzen zurück (durch-schnittlich 1 km pro Weg). Berücksichtigt man dazu noch alle Teilwege (d.h. z.B. zur nächsten ÖV-Haltestelle), so beläuft sich die zu Fuß zurückgelegte Strecke eines durchschnittlichen Wieners bzw. einer durchschnittlichen Wiene-rin auf 1,1 km und 26 Minuten am Tag.

30%

77%

32%

14%4%6%

26%

64% 63%

30%

7%1%

39%

60%

9%

27%

50%

15%

23%

30%8%

9%

6%

99%

6%

1%

24%

40%

Gesamt bis 500 m>500 m bis

1 km>1 km bis

2 km>2 km bis

3 km>3 km bis

5 km>5 km bis

8 km>8 km

zu Fuß

Fahrrad

MIV

ÖV

Abb. 6: Genutzte Verkehrsmittel nach Entfernungsklassen (2010-2014).Quelle: Omnitrend GmbH, Zu Fuß gehen in Wien, 2015

772 787762

512

731

506

1005

353

442

523

745

601

705

522

709

795

479444

Gesamt männlich weiblich 0-14 15-29 30-44 45-59 60-74 75+

Entfernung pro Fußweg

Gesamtlänge aller Fußwege pro Person und Tag

Abb. 7: Durchschnittsentfernung pro Fußweg und Gesamtlänge der Fußwege pro Tag (2010-2014). Quelle: Omnitrend GmbH, Zu Fuß gehen in Wien, 2015

Fußverkehr nach Bezirken und SiedlungsstrukturPersonen, die im Innenstadtbereich (Bezirke 1-9, 20) wohnen, gehen überdurchschnitt-lich oft zu Fuß (33% Fußwegeanteil). In den

westlichen Bezirken entspricht der Fußwe-

geanteil ungefähr dem Wiener Durchschnitt (28%). Am niedrigsten ist der Fußwegeanteil im Nordosten Wiens (23%) sowie im Süden und

Fortsetzung Seite 4

Page 4: Z u Fuß gehen in Wien · auf 56%. In Wien gehen damit täglich mehr Menschen zu Fuß als, mit dem Auto fahren. Der hohe Fußwegeanteil soll in Zukunft noch gestei-gert werden, was

Südosten (je 24%) (siehe Abb. 8).Entscheidenden Einfluss auf den Fußgän

gerInnenverkehr hat offenbar die Siedlungs-struktur, insbesondere die Bebauungsdichte und die fußläufige erreichbare Infrastruktur

-im Wohnumfeld. So legen Bewohnerinnen und Bewohner der zentral liegenden Gründerzeit-gebiete mit sehr guter und guter Wohnungs-qualität im Schnitt 36% bzw. 38% aller Wege zu Fuß zurück.

In den dicht bebauten Gründerzeitgebie-ten außerhalb des Gürtels ist der reine Fuß-wegeanteil der Bevölkerung mit 29 % bereits geringer. In den Gebieten mit großformatigen Wohnhausanlagen ab 1960 und in Neubauge-bieten bis 1960 entfallen auf Fußwege nur 26% bzw. 27%. In Neubauten (d.h. nach 1960) sinkt der Zu-Fuß-Anteil auf 23% und in Einfamili-enhaus- und Kleingartengebieten in Stadt-randlage gar auf 21 %. Am wenigsten wird in gewerblich dominierten Mischgebieten zu Fuß gegangen. Hier lebt aber auch nur ein geringer Teil der Bevölkerung. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der, wer im Grünen wohnt, weniger zu Fuß geht. Gesamt Innen (1-9,20) West (14-19) Nordost (21, 22) Süd (12, 13, 23) Südost (10, 11)

28% 33% 28% 23% 24% 24%

6%

9%

5%5% 4% 3%

28% 17%28% 38% 39%

33%

38% 41% 39%34% 33%

40%

zu Fuß

Fahrrad

MIV

ÖV

Beiträge zur Stadtentwicklung 38

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Abb. 8: Genutzte Verkehrsmittel nach Wohnort der Befragten - Fußwegeanteil nach Lage im Stadtgebiet (2010-2014).

Quelle: Omnitrend GmbH, Zu Fuß gehen in Wien, 2015

Fußverkehr-InfrastrukturIn den 1990er-Jahren wurden erstmals Minimalanforderungen für Fußwege festge-legt. Seit dieser Zeit ist jeder neu errichtete

Gehsteig in Wien zumindest 2 m breit. Bei Kreu-zungen wurden Vorkehrungen getroffen, die die Verkehrssicherheit erhöhen und das Queren für FußgängerInnen erleichtern, z.B. wird durch Gehsteigvorziehungen einerseits die Querungs-länge reduziert, das Parken im Kreuzungsbe-reich verhindert und andererseits die Sichtbe-ziehungen verbessert. In den 1970er-Jahren wurde in Wien damit begonnen, vom motori-

sierten Individualverkehr dominierte Straßen in FußgängerInnenzonen umzugestalten. Die Zahl und die Fläche dieser FußgängerInnenzonen sind seitdem bis heute kontinuierlich gestiegen – von 13.000 m² im Jahr 1974 zu 298.800 m² im Jahr 2015. Die jüngste Umgestaltung fand auf der „Mariahilfer Straße“ statt, der größten Einkaufs-straße von Wien. Das Konzept beinhaltet dabei eine Mischung aus Fußgängerzone und Begeg-nungszone, welche in dieser Form zum ersten Mal in Wien umgesetzt wurde. Weitere Begeg-nungszonen sind geplant und werden folgen.

ResümeeErklärtes Ziel der Stadt Wien ist es, den Fußwegeanteil auf hohem Niveau (2014: 26%) zu halten bzw. in Zukunft noch zu

steigern. Dies kann nur durch die Verbesserung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum, der Erhöhung der Verkehrssicherheit sowie den Ausbau der FußgängerInneninfrastruktur erreicht werden. Je größer die Zufriedenheit mit der Infrastruktur im Wohnumfeld ist, umso häufiger wird auch zu Fuß gegangen. Durchge-hend frei begehbare Gehsteigbreiten von 2 m, Verweilmöglichkeiten und alltagstaugliches, wit-terungsbeständiges Stadtmobiliar sind ebenso

wichtig wie ausreichende und gut situierte Sitzgelegenheiten, Schattenspender, Bepflan-zungen, Trinkbrunnen etc. Besonders wird auf eine gute Durchwegung der Grätzel – insbeson-dere auf die Wiener Tradition der Durchhäuser – geachtet, möglichst direkte Wege und die fußläufige Erreichbarkeit von Einrichtungen des täglichen Bedarfs wird von zentraler Bedeutung. Auch in den Stadtentwicklungsgebieten muss durch eine kompakte Siedlungsstruktur sowie eine Durchmischung der Nutzungsarten sicher-gestellt werden, dass die fußläufige Erreichbar-keit möglichst vieler Ziele gegeben ist.

Der Endbericht „Zu Fuß gehen in Wien“ steht unter www.stadtentwicklung.wien.at/studien/b008453.html gratis als Download zur Verfügung.

Impressum:Medieninhaber und Herausgeber: MA 18, Stadtentwicklung und Stadtplanung1082, Rathausstraße 14–16www.stadtentwicklung.wien.atFür den Inhalt verantwortlich:Mag.a Dr.in Astrid Klimmer-Pölleritzer,DI Hanns SchinnerFoto Editorial: © Foto Wilke Grafik: Typisch Beton Grafik Design OG© MA 18 - Stadtentwicklung und Stadtplanung, November 2015