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Fernuniversität in Hagen Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften B.A. Bildungswissenschaft Bachelorarbeit Zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.) Zum Verhältnis des Gesundheitssportes und der beruflichen Handlungsfähigkeit in wissensintensiven Kleinen und Mittelgroßen Unternehmen Zsuzsanna Benndorf Eingereicht am 06.12.2014 Benotung: 1,1 Zum Verhältnis des Gesundheitssportes und der beruflichen Handlungsfähigkeit in wissensintensiven Kleinen und Mittelgroßen Unternehmen von Zsuzsanna Benndorf ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. Lehrgebiet Lebenslanges Lernen

Zum Verhältnis des Gesundheitssportes und der beruflichen Handlungsfähigkeit in wissensintensiven Kleinen und Mittelgroßen Unternehmen

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Bachelor Arbeit 2014

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  • Fernuniversitt in Hagen Fakultt fr Kultur- und Sozialwissenschaften

    B.A. Bildungswissenschaft

    Bachelorarbeit

    Zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.)

    Zum Verhltnis des Gesundheitssportes und der beruflichen

    Handlungsfhigkeit in wissensintensiven Kleinen und

    Mittelgroen Unternehmen

    Zsuzsanna Benndorf

    Eingereicht am 06.12.2014

    Benotung: 1,1

    Zum Verhltnis des Gesundheitssportes und der beruflichen Handlungsfhigkeit in wissensintensiven

    Kleinen und Mittelgroen Unternehmen von Zsuzsanna Benndorf ist lizenziert unter einer Creative

    Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.

    Lehrgebiet Lebenslanges Lernen

  • 1

    Im Sport erlernen bereits Kinder Haltung, Fairness, Ausdauer und den Umgang mit Erfolg

    und Misserfolg. Die Werte des Sports sind die Werte, die auch fr ein Zusammenleben in

    einer Gesellschaft in Freiheit und Verantwortung wichtig sind. (Bundesprsident Joachim

    Gauck, Schirmherr des DOSB 2012)

  • 2

    Inhaltsverzeichnis

    1. Einleitung ....................................................................................................................................... 5

    2. Betriebliche Weiterbildung und Kompetenzentwicklung in einem wissensintensiven

    Arbeitsumfeld ........................................................................................................................................ 8

    2.1. Wandel der Arbeit ................................................................................................................. 9

    2.2. Wissensarbeit ....................................................................................................................... 10

    2.3. Berufliche Handlungskompetenz und reflexive Handlungsfhigkeit ............................. 13

    2.4. Kriterien der lern-und kompetenzfrderliche Arbeitsgestaltung ................................... 16

    2.5. Betriebliche Weiterbildung in der betrieblichen Bildungsarbeit .................................... 18

    2.6. Betriebliche Bildung in Kleinen und Mittelgroen Unternehmen .................................. 21

    3. Frderung der Gesundheitskompetenz im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsfrderung

    sowie im betrieblichen Gesundheitsmanagement ............................................................................. 23

    3.1. Gesundheitskompetenz als Teil der beruflichen Handlungsfhigkeit ............................ 23

    3.2. Betriebliche Gesundheitsfrderung und Betriebliches Gesundheitsmanagement ........ 25

    4. Gesundheitssport aus theoretischer und praktischer Perspektive .......................................... 28

    5. Methodologie und methodisches Vorgehen ............................................................................... 33

    6. Beschreibung der Ergebnisse ..................................................................................................... 37

    6.1. Interview im Dienstleistungsunternehmen ........................................................................ 37

    6.2. Interview im Inkassounternehmen .................................................................................... 40

    6.3. Interview in der Werbeagentur .......................................................................................... 42

    6.4. Vergleich der Interviews ..................................................................................................... 45

    7. Analyse der Ergebnisse und Diskussion der Forschungsfragen ............................................. 47

    8. Fazit und Ausblick ....................................................................................................................... 52

    Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 55

  • 3

    Abbildungsverzeichnis

    Abbildung 1: Wissensarbeit aus der Prozessperspektive ................................................................ 11

    Abbildung 2: Bedingungen der reflexiven Handlungsfhigkeit ...................................................... 15

    Abbildung 3: Betriebliche Lern- und Wissensarten ......................................................................... 20

    Abbildung 4: Modell der Kompetenz zur Gesundheit ..................................................................... 24

    Abbildung 5: Kernziele sowie theoretische und praktische Inhalte des Gesundheitssports ........ 31

    Abbildung 6: Zentrale Ergebnisse und Zusammenhnge der Befragung ...................................... 46

    Tabellenverzeichnis

    Tabelle 1: bersicht der Interviews ................................................................................................... 33

    Tabelle 2: Zusammenfassung der Ergebnisse im Dienstleistungsunternehmen ............................ 39

    Tabelle 3: Zusammenfassung der Ergebnisse im Inkassounternehmen ........................................ 42

    Tabelle 4: Zusammenfassung der Ergebnisse in der Werbeagentur .............................................. 45

  • 4

    Abkrzungsverzeichnis

    AES Adult Education Survey

    BGF Betriebliche Gesundheitsfrderung

    BGM Betriebliches Gesundheitsmanagement

    BMBF Bundesministerium fr Bildung und Forschung

    DAK Deutsche Angestellten Krankenkasse

    DIHK Deutsche Industrie und Handelskammertag

    DOSB Deutscher Olympische Sportbund

    DSB Deutscher Sportbund

    HRD Human Ressource Management

    IfM Institut fr Mittelstandsforschung

    KMU Kleine und Mittelgroe Unternehmen

    SGB Sozialgesetzbuch

    SOC Sense of Coherence

    WHO Word Health Organisation

    MDS - Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der

    Krankenkassen

    Zur besseren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit das mnnliche Genus verwendet,

    selbstverstndlich sind damit immer beide Geschlechter gemeint.

  • 5

    1. Einleitung

    Mit dem Begriff Gesundheit wird oft Leistungsfhigkeit und Belastbarkeit so-

    wohl im Privatleben, als auch im beruflichen Umfeld assoziiert. So ist das

    Gesund sein eine wertvolle Ressource und trgt zum Erhalt der Beschfti-

    gungsfhigkeit (Employability) der Menschen bei, was nicht nur den Einzelnen

    von groer Bedeutung ist, auch fr die Unternehmen ist die Fachkrftesiche-

    rung und deren Erhalt durch gesunde Arbeitskrfte ein wesentlicher Wettbe-

    werbsfaktor.

    Fr Unternehmen bilden gesunde, gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter

    die Basis fr ihre Produktionsfhigkeit (vgl. Wattendorf & Wienemann 2004,

    S. 1), jedoch werden in der heutigen Wissensgesellschaft vorwiegend bewe-

    gungsarme Ttigkeiten ausgefhrt oder aber auch solche Ttigkeiten, die belas-

    tend fr die Gesundheit sind. Als Folge knnen Fehlhaltungen und damit Fehl-

    belastungen entstehen, die hufig zu schmerzhaften Dysbalancen der Muskula-

    tur fhren. Nach dem Gesundheitsreport 2014 der Deutschen Angestellten

    Krankenkasse (DAK) gehren Erkrankungen des Bewegungsapparates (Mus-

    kel-Skelett-System) neben Erkrankungen des Atmungssystems sowie psychi-

    schen Erkrankungen zu den hufigsten Krankheitsbildern, die zu Fehlzeiten der

    Berufsttigen fhren (vgl. DAK Gesundheitsreport 2014, S. 6). Bewegungs-

    mangel in Verbindung mit unausgewogener Ernhrung kann zu bergewicht

    fhren und schwerwiegende Folgeerkrankungen des Herz-Kreislaufsystems

    nach sich ziehen. Zudem werden durch Erwartungsdruck und daraus resultie-

    rendem Stress, physisches sowie psychisches Missbefinden und Krankheiten

    begnstigt (vgl. Lindstedt & Lehmann 2012, S. 11).

    Neben den Belastungen der Arbeitnehmer auf psychischer und physischer

    Ebene sehen sich die Unternehmen der Herausforderung einer alternden Ge-

    sellschaft gegenber. Die Belegschaften werden zunehmend lter und gesund-

    heitliche Probleme knnen sich potentiell vermehren. Daher ist es besonders

    wichtig, im Rahmen des Gesundheitsmanagements die Arbeitsfhigkeit der

    Mitarbeiter zu sichern. Auch fr die Beschftigten ist es wesentlich, die eigene

    Beschftigungsfhigkeit mglichst lange zu erhalten.

  • 6

    Die Bevlkerung in Deutschland schrumpft seit 2003 permanent. Die Defizite,

    die aus den Sterbefllen und den niedrigen Geburtenzahlen entstehen, knnen

    durch Zuwanderung aus anderen Lndern nicht kompensiert werden. Auch die

    Altersstrukturen der Bevlkerung verschieben sich durch den demografischen

    Wandel, der Anteil der Menschen in hohem Alter steigt kontinuierlich. Insge-

    samt fhren diese Entwicklungen dazu, dass die Zahl der erwerbsttigen Men-

    schen immer weniger und zudem lter wird (vgl. Statistisches Bundesamt

    2009, S. 5f.). Nach dem Arbeitsmarktreport des Deutschen Industrie- und Han-

    delskammertages (DIHK) stehen immer weniger Menschen dem Arbeitsmarkt

    zur Verfgung und Die Fachkrftesicherung wird mehr und mehr zur Heraus-

    forderung. (DIHK 2011, S. 2). Einer aktuellen Umfrage des DIHK zur Folge,

    ist der Anteil des Geschftsrisikos der Betriebe, das durch Fachkrftemangel

    entstanden ist, auf einen Hchstwert von 37% gestiegen. Fr Unternehmen, die

    die Zahl ihrer Beschftigten erhhen wollen steht dieses Risiko mit 54% an der

    hchsten Stelle (vgl. DIHK 2014, S. 44).

    Um den Bedarf an Fachkrften zu sichern ist es wichtig, die Gesundheit der

    Mitarbeiter zu erhalten und zu frdern. Krperliche Bewegung ist eine Mg-

    lichkeit, das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern. Sportliche Aktivitten

    frdern nicht alleine die Gesundheit, sie begnstigen das eigenverantwortliche

    Handeln einer Person und tragen dazu bei, soziale Kontakte auerhalb des Ar-

    beitsplatzes zu pflegen.

    Neben dem gesundheitsfrderlichen Aspekt tragen betrieblich organisierte

    Sportangebote auch zur Erweiterung der sozialen Kontakte auerhalb des un-

    mittelbaren Arbeitsortes bei (vgl. Lindstedt & Lehmann 2012, S. 67) und be-

    gnstigen somit die Entwicklung der sozialen Kompetenz, welche einen un-

    verzichtbaren Teil der beruflichen Handlungsfhigkeit darstellt.

    Sport wird als Ausgleich fr die negativen Folgen des Bewegungsmangels und

    weitere berufliche Belastungen wahrgenommen. Mit dem gesundheitsfrdern-

    den Vorsatz des betrieblichen Sportes ergeben sich fr Mitarbeiter gleicherma-

    en wie fr die Unternehmen positive Konsequenzen (vgl. a.a.O., S. 12).

    Das Wissen um die positive Auswirkung des Sportes auf die Gesundheit ist

    weit verbreitet. Trotzdem findet nicht jeder Arbeitnehmer Zugang zum Sport.

  • 7

    Oft mangelt es an Zeit oder an Angeboten, die Berufsttigen in ihrem unmittel-

    baren Wohn- und Wirkungsumfeld zur Verfgung stehen. Unternehmen kn-

    nen ihren Mitarbeitern im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements

    gesundheitssportliche Angebote organisieren, so dass diese als Ausgleich zu

    den betrieblichen Arbeitsanforderungen, wie beispielweise langes Sitzen im

    Bro, dienen und spezifisch an die betrieblichen Arbeitszeiten angepasst wer-

    den.

    In der gegenwrtigen Literatur werden der Zusammenhang des Gesund-

    heitssportes und deren Auswirkung auf die Entwicklung der beruflichen Hand-

    lungskompetenz nicht durchdringend zusammengefhrt und analysiert. Auf-

    grund dessen wird daher in dieser Arbeit der Frage nachgegangen, ob Sport zur

    Frderung der beruflichen Handlungsfhigkeit beitragen kann. Neben den the-

    oretischen Darstellungen, wurden deshalb Experteninterviews mit Personalver-

    antwortlichen gefhrt, ausgewertet und anschlieend analysiert, um somit wei-

    tere Erkenntnisse zu gewinnen und diese belegen zu knnen. Dabei wurden

    folgende leitende Forschungsfragen gestellt:

    1. Inwiefern kann die berufliche Handlungsfhigkeit durch gesund-

    heitssportliche Bewegungsangebote gefrdert werden?

    1a. Welche Kompetenzformen der beruflichen Handlungsfhigkeit werden

    durch Gesundheitssport weiterentwickelt?

    Des Weiteren sollte in diesem Zusammenhang ein besonderer Blick auf den

    wissensintensiven Kleinen und Mittelgroen Unternehmen (KMU) liegen,

    denn hier hat sich im Gegensatz zu greren Unternehmen und Organisationen,

    das Gesundheitsmanagement noch nicht weitgehend etabliert (vgl. Meyer &

    Tirpitz 2008, S. V). Darber hinaus liegt das Forschungsinteresse auf wissens-

    intensiver Arbeit, weil diese charakteristisch fr postindustrielle Gesellschaften

    ist (vgl. Willke 1998, S. 163). In diesem Kontext lautet die letzte Forschungs-

    frage:

    1b. Welche Formen der Frderung der Gesundheitskompetenz sind durch

    Gesundheitssport insbesondere in wissensintensiven KMU mglich?

  • 8

    Um diese Fragen errtern und diskutieren zu knnen, werden zunchst die the-

    oretischen Konzeptionen der betrieblichen Weiterbildung und Anstze zur

    Entwicklung der kompetenzbasierten beruflichen Handlungsfhigkeit im wis-

    sensintensiven Arbeitsumfeld dargestellt. Ferner werden die Charakteristika

    der betrieblichen Weiterbildung speziell in KMU errtert. Da Bewegungsange-

    bote in der betrieblichen Weiterbildung im Rahmen der betrieblichen Gesund-

    heitsfrderung (BGF) und dem betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)

    verankert sind, schliet sich im dritten Kapitel eine Unterscheidung zwischen

    der BGF und dem BGM an. Zudem wird hier erlutert, welche dieser beiden

    Organisationsformen in KMU zu finden sind. Der nchste Abschnitt stellt die

    Ziele und Aufgabenbereiche des Gesundheitssportes aus theoretischer und

    praktischer Perspektive dar. Das fnfte Kapitel beschftigt sich mit dem me-

    thodischen Vorgehen der Experteninterviews und der qualitativen Inhaltsanaly-

    se. Demnach finden im sechsten Kapitel die Auswertung und ein Vergleich der

    Interviews statt. Im siebten Kapitel werden die Ergebnisse der Befragungen

    analysiert und diskutiert, sowie die Forschungsfragen beantwortet. Anschlie-

    end wird in Kapitel acht ein Fazit gezogen und ein Ausblick gewagt.

    2. Betriebliche Weiterbildung und Kompetenzentwicklung in einem wis-

    sensintensiven Arbeitsumfeld

    Durch die Fortschritte der Informations- und Kommunikationstechnologien

    steht das Wissen immerwhrend zur Verfgung und wchst immer schneller.

    Dies fhrt zu einem umfassenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wan-

    del, der alle Arbeits- und Lebensbereiche beeinflusst. Bildung nimmt eine zent-

    rale Rolle im Leben der Individuen ein (vgl. Arbeitsstab Forum Bildung 2001,

    S. 3).

    Die Fhigkeit, Wissen aufzufinden, auszuwhlen, zu bewerten und anzuwen-

    den fr die jeweils beste Lsung einer aktuellen Aufgabe, entscheidet immer

    mehr ber persnliche Chancen, ber gesellschaftliche Teilhabe sowie ber

    Erfolg im wirtschaftlichen Wettbewerb. (ebd.).

  • 9

    Diese Entwicklungstendenzen drckt der Begriff Wissensgesellschaft aus, in

    dem die Bedeutung von Kompetenzen und von Kenntnissen ber die von Kapi-

    tal hinausgehen (vgl. ebd.).

    Fr ein ganzheitliches Verstndnis wird im nchsten Abschnitt zuerst erklrt,

    welche Faktoren zur Entwicklung der wissensbasierten Arbeit eine Rolle spie-

    len.

    2.1. Wandel der Arbeit

    Die Ursachen fr den Wandel der Arbeits- und Organisationskonzepte lassen

    sich nach Dehnbostel (vgl. 2010, S. 12ff.) aus vier fr die postindustrielle Ge-

    sellschaft charakteristische Prozessen erklren:

    Der Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien ist

    zur Normalitt in den modernen Arbeitsprozessen geworden, die Kom-

    petenz mit digitalen Medien umzugehen ist unumgnglich fr eine um-

    fassende berufliche Handlungsfhigkeit.

    Die stetigen Fortschritte und Innovationen erneuern sukzessive das

    Wissen, wodurch das Lernen nicht mehr als etwas Abgeschlossenes an-

    gesehen werden kann. Um die Wettbewerbsfhigkeit zu erhalten, ms-

    sen sich die Organisationen an die laufenden Innovationsprozesse an-

    passen. Das Lernen im Arbeitsprozess wird zunehmend gefrdert, dem

    erfahrungsbasierten und informellen Lernen wird immer grere Be-

    deutung zugeschrieben.

    Der Dienstleistungscharakter der Arbeit wchst nach innen, zwischen

    den vor- und nachgeschalteten Einheiten der Organisationen sowie nach

    auen, zu den Kunden. Eine dienstleistungsorientierte Kompetenz wird

    dadurch erforderlich.

    Die gesellschaftlichen Entwicklungen fhren zum allgemeinen Werte-

    wandel in deren Folge die Mitbestimmung, Individualisierung sowie die

    Partizipation der Arbeitnehmer gesteigert worden ist. Die Notwendig-

    keit des lebenslangen und selbstgesteuerten Lernens fordert von den

    Subjekten die Planung der eigenen Berufsbiographien ein (vgl. ebd.).

  • 10

    Fr den Erhalt der Wettbewerbsfhigkeit mssen sich die Organisationen den

    kontinuierlichen Vernderungen und Innovationen stellen und sich diesen an-

    passen. Dies fhrt zu neuen, prozessorientierten Konzepten der Arbeitsorgani-

    sationen mit gleichzeitiger Abkehr von den, in Teile zergliederten, tayloristi-

    schen Arbeitsstrukturen der Industriegesellschaft. Bei der Abnahme der manu-

    ellen Ttigkeiten weiten sich die wissensbasierten Ttigkeiten in einer immer

    weiter globalisierten Wirtschaft aus. Aus der Notwendigkeit der Wissensanpas-

    sungen ist fr diese neuen Strukturen die Renaissance des Lernens in der Ar-

    beit, das fortdauernde Lernen whrend der Arbeitsprozesse, charakteristisch

    (vgl. Dehnbostel 2010, S. 10 f.). In diesem Kontext wird auch vom Lernenden

    Unternehmen gesprochen. Weitere Kennzeichen fr die neuen Organisations-

    strukturen sind zudem die Enthierarchisierung und Dezentralisierung sowie

    die Schaffung ganzheitlicher und partizipativer Arbeitsformen (Dehnbostel,

    Elsholz & Gillen 2007, S. 14).

    Fr die Beschftigten bedeuten diese Entwicklungen die Auflsung der Er-

    werbsbiographien nach dem Drei-Phasen-Schema - Lernen, arbeiten, Ruhe-

    stand sowie die Annherung an das Konzept des Lebenslangen Lernens

    (Faulstich 2008, S. 678), in dessen Mittelpunkt die Wissensanpassung und

    Weiterbildung steht (vgl. ebd.).

    Durch die Entwicklungen der neuen Arbeits- und Organisationskonzepte neh-

    men seit den 80er Jahren die wissensbasierten Arbeitsttigkeiten immer mehr

    zu. Durch kontinuierliches Lernen in der Arbeit knnen die Unternehmen ihre

    Innovationsfhigkeit sichern und den fortlaufenden Optimierungsprozessen

    gerecht werden (vgl. Dehnbostel & Meyer-Menk, 2002, S. 1).

    Nach dem die Hintergrnde der Entstehung von neuen, wissensbasierten Ar-

    beitsbedingungen dargelegt wurden, erklrt der nchste Abschnitt, die charak-

    teristischen Merkmale der Wissensarbeit.

    2.2. Wissensarbeit

    Unter Wissensarbeit wird nach North (2014) eine auf kognitiver Basis aufbau-

    ende Arbeitsttigkeit verstanden, aus der ein immaterielles Ergebnis hervor-

    geht. Der Mehrwert dieser wissensbasierten Arbeit wird aus Informationsver-

  • 11

    arbeitung, aus ideenreicher Gestaltung und somit aus dem Kreieren sowie Kor-

    respondieren von Wissen gewonnen. Wissensarbeiter sind Arbeitnehmer, die

    vorwiegend den Wertschpfungsprozess der Wissensarbeit durchfhren. Der

    Input sowie das Ergebnis bei der Wissensarbeit sind Informationen, das Objekt

    dieser Arbeit ist immateriell, und als Arbeitsmittel dienen Werkzeuge zur

    Kommunikations- und Informationsverarbeitung (vgl. North 2014, S. 23 f.).

    Die Ttigkeiten der Wissensarbeiter zeichnen sich durch vielseitige, projektbe-

    zogene Aufgaben in wechselnden Teams sowie durch selbstorganisiertes Ar-

    beiten mit permanenter Wissensanpassung aus. Dabei findet Lernen vorwie-

    gend in informeller Form im Arbeitsprozess statt (vgl. Antoni, Friedrich,

    Haunschild, Josten & Meyer 2014, S. 17).

    Abbildung 1: Wissensarbeit aus der Prozessperspektive (Quelle: North 2014, S. 25)

    Der Wertschpfungsprozess der Wissensarbeit besteht, wie Abbildung 1 veran-

    schaulicht, aus fnf miteinander in Wechselwirkung stehenden Komponenten.

    In der Phase Planen, Strategien entwickeln, Organisieren entstehen mentale

    Modelle, die sich whrend des Handelns stetig weiter entwickeln. Whrend der

    analytischen Periode wird recherchiert, das Wissen zerlegt und strukturiert so-

    wie anschlieend reflektiert. Der Abschnitt Synthese ist die Kern-

    Komponente der wissensbasierten Arbeit, in dieser Phase werden die gewon-

    nene Informationen und das Wissen miteinander kombiniert und kreativ gestal-

    tet, woraus neue Lsungen entstehen. Das Ergebnis wird im nchsten Schritt

    dokumentiert und kommuniziert. Die Komponente Lernen begleitet den

  • 12

    Wertschpfungsprozess durchgehend, jede Aufgabe bringt neue Herausforde-

    rungen, whrend derer die Wissensarbeiter bewusst oder unbewusst lernen und

    somit ihre Expertise stetig erweitern (vgl. North 2014, S. 24 f.).

    Der komplexe Prozess der Wissensarbeit bringt neue Herausforderungen mit

    sich. Einerseits wird Freiraum zur individuellen Potenzialentfaltung und Ent-

    wicklung gewhrt, andererseits wird dieser durch Leistungserwartungen einge-

    grenzt. Die in Team- und Projektarbeit entstandenen immateriellen Ergebnisse

    der Wissensarbeit sind schwer zu ermitteln, deshalb besteht Unsicherheit ber

    das Leistungspotenzial der Wissensarbeiter. Diese Herausforderungen bringen

    verschiedene Widersprche mit sich: Bei termingerechten Leistungen mssen

    zustzliche Aufgaben ohne Mehraufwand erledigt werden. Vorab zugesicherte

    Kollegen oder Arbeitsmaterialien stehen nicht zur Verfgung. Zur Probleml-

    sung notwendige Erfahrungen und Wissen knnen aus Mangel an Handlungs-

    mglichkeit nicht erworben werden. Die Professionalitt der Wissensarbeiter

    wird durch ungengende technische und organisatorische Voraussetzungen

    gebremst. Schlielich entstehen Disparitten aus der Unvereinbarkeit von Fa-

    milienleben und Arbeitsbedingungen (vgl. North 2014, S. 32 f.).

    Zeitliche wie rumliche Flexibilisierung der Arbeit, selbstgesteuertes Lernen

    und Arbeiten sowie marktabhngige unsichere Beschftigungsformen fhren

    insgesamt dazu, das Arbeits- und Lebenswelten nicht voneinander abgegrenzt

    werden knnen. Die ausgedehnte Autonomie bringt neue Formen der Belas-

    tung mit sich (vgl. Antoni et al. 2014, S. 17). Die entstehenden Widersprche

    und Belastungen wirken negativ auf die Beschftigten, und in der Folge kn-

    nen psychische Strungen entstehen (vgl. North 2014, S. 32f.). Mit einer Ba-

    lance zwischen Fhrung und Selbststeuerung knnen die Gesundheit belasten-

    de Faktoren gemindert werden. Dabei ist kritische Reflexion und bewusstes

    Abwgen der eigenen Handlungen besonders wichtig fr die Leistungsein-

    schtzung der Wissensarbeiter. Die Untersttzung des gesunden Arbeitsverhal-

    tens muss auf der Fhrungsebene organisiert werden (vgl. a.a.O., S. 35f.).

    North (2014) schlgt einige Optionen zur Frderung der gesunden Wissensar-

    beit vor. Dazu gehren Zeiten und Rume, in denen die Beschftigten bewusst

    unerreichbar sind. Ein E-Mail unabhngiger Arbeitsrhythmus, Kommunikati-

    onswege fr Diskurse sowie regelmiger kollegialer Austausch sind weitere

  • 13

    Mglichkeiten. Darber hinaus knnen sportliche Aktivitten und Hobbies

    einen Ausgleich bieten (vgl. ebd.).

    Das fortwhrende Lernen und Reflektieren fordert die Arbeitnehmer nicht nur

    whrend des Arbeitsprozesses, sondern vielmehr auch im Privatleben. Um die-

    sen Anforderungen gerecht zu werden, mssen Freirume fr einen Ausgleich

    geschaffen werden, um im Sinne eines Work-Learn-Life Balance das Arbei-

    ten, Lernen und Privatleben im Gleichgewicht zu halten (vgl. Antoni, Fried-

    rich, Haunschild, Josten & Meyer 2014, S. 344).

    Bei der Ausbung der wissensintensiven Arbeitsttigkeiten ndern sich die

    Anforderungen an die Qualifikationen der Arbeitnehmer. Das Lebenslange

    Lernen whrend der Arbeit wird die Basis der beruflichen Handlungskompe-

    tenz. Was genau unter beruflicher Handlungsfhigkeit verstanden wird und

    welche Kompetenzen dafr notwendig sind, wird im nchsten Kapitel errtert.

    2.3. Berufliche Handlungskompetenz und reflexive Handlungsfhigkeit

    Die aus den bereits skizzierten Grnden entstandenen neuen Arbeits- und Or-

    ganisationskonzeptionen erfordern eine Erweiterung der Qualifikationen durch

    ganzheitlichen Kompetenzen (vgl. Dehnbostel et al. 2007, S. 14). So wurde der

    in der betrieblichen Bildung tradierte Qualifikationsbegriff zunehmend vom

    Kompetenzbegriff, der zugleich die Qualifikationen mit einschliet, abgelst

    (vgl. Dehnbostel 2010, S. 16).

    Qualifikationen beziehen sich auf die Verwertbarkeit der Kenntnisse, Fhigkei-

    ten und Fertigkeiten einer Person. Sie orientieren sich nach auen, nach der

    Nachfrage. Kompetenzen dagegen sind subjektbezogen, sie fassen die Kennt-

    nisse, Fhigkeiten, Fertigkeiten, Werte und Einstellungen einer Person zusam-

    men und erstrecken sich ber deren gesamten Lebens- und Bildungsbiographie.

    Kompetenzen sind etwas Vorlufiges, das sich ber das ganze Leben des Men-

    schen stetig weiter entwickelt. Diese Entwicklung ist an die Fhigkeit eigen-

    verantwortlich zu handeln gebunden, zudem wird sie von den Subjekten selber

    aktiv gesteuert. Das eigenverantwortliche, reflexive Handeln bezieht sich dabei

    nicht ausschlielich auf berufliche Situationen, vielmehr erstreckt sich dieses

  • 14

    ber die gesellschaftlichen und privaten Bereiche der Menschen (vgl. ebd.).

    Berufliche Handlungskompetenz wird nach Dehnbostel als

    die Fhigkeit und Bereitschaft, in beruflichen Situationen fach-, personal-

    und sozialkompetent zu handeln und die eigene Handlungsfhigkeit in berufli-

    cher und gesellschaftlicher Verantwortung weiterzuentwickeln. (Dehnbostel

    2010, S. 19).

    Bereits zu Beginn der Berufsausbildung hat die Berufsschule die Aufgabe,

    nach dem Sekretariat der Kultusministerkonferenz (KMK), die Entwicklung

    umfassender Handlungskompetenz zu frdern (Sekretariat der KMK 2011, S.

    15). Die drei Hauptdimensionen der Handlungskompetenz im Einzelnen sind:

    Die auf fachlichem Wissen basierende Fachkompetenz ist die Voraus-

    setzung zur zielgerichteten, sach- und methodengerechten Probleml-

    sung. Darber hinaus befhigt sie, das erreichte Resultat anschlieend

    zu reflektieren.

    Selbstkompetenz ermglicht die Reflexion, der in individuellen und

    gesellschaftlichen Wertvorstellungen eigebetteten, eigenen Entwick-

    lungsmglichkeiten. Zudem befhigt Selbstkompetenz diese Entwick-

    lungschancen im Kontext der Anforderungen und mglichen Ein-

    schrnkungen zu beurteilen.

    Sozialkompetenz schliet die Fhigkeit und Bereitschaft soziale Moti-

    ve zu erfassen ein, sie befhigt zum verantwortungsvollen Umgang mit

    anderen Menschen und ermglicht es soziale Beziehungen aufzubauen

    (vgl. ebd.).

    Eine ganzheitliche berufliche Handlungskompetenz umfasst Fach-, Sozial- und

    Personalkompetenz. Diesen drei Hauptkompetenzen sind weitere Kompetenzen

    untergeordnet, die in den Hauptdimensionen mit eingeschlossen werden oder

    quer zu ihnen liegen. Die berufliche Handlungskompetenz steht mit den Ar-

    beits- und Handlungsbedingungen in Wechselbeziehung. Diese strukturellen

    Bedingungen setzen sich aus der Lern-, Arbeits- und Unternehmenskultur, aus

    den Lernpotenzialen in der Arbeit sowie aus den mglichen Entwicklungs- und

    Aufstiegswegen zusammen. So beeinflussen sich Fach-, Sozial- und Personal-

    kompetenz sowie die strukturellen Arbeitsbedingungen gegenseitig (vgl.

    Dehnbostel 2010, S. 19).

  • 15

    Ein weiteres zentrales Ziel der modernen betrieblichen Weiterbildung ist die

    ber die Kompetenzentwicklung und somit ber die berufliche Handlungs-

    kompetenz hinaus ragende Entstehung der reflexiven Handlungsfhigkeit (vgl.

    a.a.O., S. 21f.). Diese ist fr den gesamten Wertschpfungsprozess der Wis-

    sensarbeit, wie bereits im Kapitel 2.2 erlutert, besonders wichtig.

    Die reflexive Handlungsfhigkeit erweitert die berufliche Handlungskompe-

    tenz und ermglicht es, die bereits erworbenen Kompetenzen selbstgesteuert

    auf Handlungen und Verhaltensweisen im Kontext des Arbeitsprozesses sowie

    des sozialen Lebens anzuwenden. Ferner umfasst sie neben den persnlichen

    Dispositionen die Arbeits- und Handlungsbedingungen. Reflexivitt in der Ar-

    beit beinhaltet das Vermgen, Handlungen auf Basis vorhergehender Erkennt-

    nisse verantwortungsvoll, bewusst und kritisch zu beurteilen und zu hinterfra-

    gen (vgl. ebd.). Abbildung 2 veranschaulicht die Komponente der reflexiven

    Handlungsfhigkeit. Es wird hier ersichtlich, dass die berufliche Handlungs-

    kompetenz und die strukturellen Bedingungen in wechselseitiger Beziehung

    stehen.

    Abbildung 2: Bedingungen der reflexiven Handlungsfhigkeit (Quelle: Dehnbostel 2010, S. 24)

  • 16

    Im Kontext der wissensintensiven Ttigkeiten ist die Entwicklung der reflexi-

    ven Handlungsfhigkeit ein wesentlicher Faktor. Wie schon im Kapitel 2.2

    errtert, wird whrend des Wertschpfungsprozesses der Wissensarbeit von

    dem Wissensarbeiter fortwhrendes Entwickeln von Strategien, Strukturieren,

    Reflektieren, Kombinieren und Rckbeziehen gefordert. Dieser Prozess, sowie

    auch die Team- und Projektarbeit wren ohne die Fhigkeit zum reflexiven

    Handeln nicht mglich. Darber hinaus ist das kritisch reflektierte, bewusste

    Einschtzen der eigenen Handlungen besonders wichtig fr die Leistungsbeur-

    teilung der Wissensarbeiter.

    Im nchsten Kapitel wird errtert, in welcher Weise die Entwicklung einer um-

    fassenden beruflichen Handlungsfhigkeit durch adquate Gestaltung in der

    betrieblichen Bildung gefrdert werden kann.

    2.4. Kriterien der lern-und kompetenzfrderliche Arbeitsgestaltung

    Die Notwendigkeit der Gestaltung eines lern- und kompetenzfrderlichen Ar-

    beitsplatzes kann aus drei Interessenlagen begrndet werden. Aus betrieblicher

    Sicht ist dies ein konomischer Faktor geworden. Wie bereits im Kapitel 1

    erwhnt, sind kontinuierliche Optimierungs- und Anpassungsprozesse fr den

    Erhalt der Wettbewerbsfhigkeit in der globalen Marktwirtschaft notwendig.

    Fr die Arbeitnehmer sind lebenslanges Lernen und Kompetenzentwicklung

    die Basis der zuknftigen Beschftigungsfhigkeit. Die berufliche Handlungs-

    kompetenz muss den innovativen Entwicklungen durch Lernen in der Arbeit

    angepasst werden. Gesellschaftlich ist das Lernen in der Arbeit unverzichtbarer

    Bestandteil der Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft geworden (vgl.

    Dehnbostel 2010, S. 95).

    In Zusammenhang mit der Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenz

    sowie der reflexiven Handlungsfhigkeit sind nach Dehnbostel (vgl. 2010, S.

    96ff) sieben Kriterien wesentlich, die zur Gestaltung von lern- und kompetenz-

    frderlicher Arbeit Bedeutung tragen:

    Die Aufgaben sollen viele Optionen zu Handlungen beinhalten, wie

    nach der Methode eines Projektes, wo der vollstndige Handlungsab-

    lauf von der Planung bis hin zur Ausfhrung mit anschlieender Bewer-

    tung bernommen werden muss.

  • 17

    Diese handlungsorientierten Aufgaben sollen ber gengend Spielraum

    fr Entscheidungsoptionen verfgen. Dieser Handlungsspielraum fr-

    dert einerseits das selbstgesteuerte Handeln, andererseits ermglich er

    die Partizipation und Mitgestaltungsmglichkeiten im Arbeits- und Or-

    ganisationsprozessen.

    Ein drittes Kennzeichen, das mit dem Handlungsspielraum sowie dem

    vollstndigen Handlungsablauf in engem Zusammenhang steht, ist die

    Vielfltigkeit der Aufgaben. Vielseitige Aufgaben frdern die kogniti-

    ven Prozesse und tragen dazu bei, dass die Mitarbeiter komplexe Erfah-

    rungen whrend des Lsens eines Problems sammeln knnen.

    Die Unternehmenskultur kann durch soziale Untersttzung und transpa-

    rente Kommunikation zur Ausbildung der Gemeinschaftlichkeit beitra-

    gen. Teamarbeit frdert das Gefhl der Zugehrigkeit und ermglicht

    das kollektive Lernen in der Gruppe.

    Das selbstgesteuerte Handeln ist fr die individuelle Entwicklung der

    Subjekte von sehr groer Bedeutung. Bei gengend Spielraum fr Er-

    fahrungen sowie durch die Chance, eigene Interpretations- und Ar-

    beitsweisen auszubilden, wird die Entwicklung von Selbststeuerung ge-

    frdert.

    Handlungsstrategien, die aus Erkenntnissen entwickelt werden knnen,

    tragen zur Ausbildung der Professionalitt bei. Das fortwhrende Ler-

    nen aus Erfahrungen und Rckkoppelungen verbessert die berufliche

    Handlungskompetenz.

    Die reflexive Handlungsfhigkeit wird aus zwei Dimensionen zusam-

    mengesetzt. Einerseits aus der Reflexion der eigenen Kompetenzen, an-

    dererseits aus der Reflexion der Strukturen der Arbeitsorganisation und

    der Arbeitsumgebung. Durch die Mglichkeit des bewussten Hinterfra-

    gens der Arbeitsprozesse und der eigenen Handlungen kann die Refle-

    xionsfhigkeit gefrdert werden (vgl. Dehnbostel 2010, S. 96ff.).

    Diese Kriterien werden von den Spezifika der betrieblichen Organisation, wie

    der Gre des Unternehmens oder den arbeitsbezogenen Aufgaben beeinflusst.

    Zudem ist die Frderung der Kompetenzen von den individuellen Dispositio-

    nen, wie dem Entwicklungsstand der Einzelnen abhngig. Die Gestaltung einer

  • 18

    kompetenzfrderlichen Arbeitsumgebung ist daher kein festgeschriebener

    Weg, vielmehr muss sie an die speziellen Gegebenheiten der Betriebe und Mit-

    arbeiter angepasst werden (vgl. ebd.).

    Die oben genannten Gestaltungsmerkmale von Arbeit frdern nicht alleine das

    individuelle Lernen und die Kompetenzentwicklung, vielmehr sorgen diese fr

    einen reibungslosen Wissens- und Informationsaustausch und begnstigen

    dadurch die Organisationsentwicklung (vgl. Antoni, Haunschild, Josten &

    Meyer 2014, S. 344).

    Im nchsten Kapitel wird die betriebliche Weiterbildung als Teil der betriebli-

    chen Bildungsarbeit skizziert ferner es wird erlutert, welche betrieblichen

    Lernformen unterschieden werden knnen.

    2.5. Betriebliche Weiterbildung in der betrieblichen Bildungsarbeit

    Der Wandel der Arbeits- und Organisationskonzepte und die Orientierung an

    der Kompetenzfrderung haben die betriebliche Bildungsarbeit vor neue Her-

    ausforderungen gestellt. In ihrem Mittelpunkt stehen die Entwicklung und der

    Erwerb der beruflichen Handlungskompetenz sowie der reflexiven Handlungs-

    fhigkeit (vgl. Dehnbostel 2007, S 20 ff).

    Die dauernden innovativen Weiterentwicklungen und kontinuierlichen Wis-

    sensanpassungen stellen neue Kompetenzanforderungen an die Beschftigten

    und verndern die Organisationskonzepte. Diesen knnen die Betriebe nur

    durch dynamische Personal- und Organisationsentwicklung nachkommen. So

    flieen neben der berufs- und betriebspdagogischen Arbeit Teile der Personal-

    und Organisationsentwicklung in die betriebliche Bildungsarbeit mit ein (vgl.

    Dehnbostel 2010, S. 26f.).

    Wie bereits skizziert, ist es fr eine lern- und kompetenzfrderliche Arbeitsge-

    staltung wichtig, sowohl die organisationsspezifischen Gegebenheiten wie auch

    die subjektspezifischen Dispositionen bei den Frdermglichkeiten in Betracht

    zu ziehen. Fr den Erhalt der wirtschaftlichen Wettbewerbsfhigkeit ist es da-

    her von groer Bedeutung eine ganzheitliche Organisationsarbeit zu leisten.

    Dazu gehrt neben den berufs- und betriebspdagogischen Aspekten die Sicht

    der Personal- und Organisationsentwicklung.

  • 19

    Betriebliche Bildungsarbeit wird im internationalen Kontext auch als Human

    Ressource Development (HRD) bezeichnet. Sie umfasst alle individuellen,

    gruppen- und organisationsbezogene Lernprozesse im Betrieb (vgl. Dehnbostel

    2010, S. 27). Mit dazu gehren alle Manahmen, die vom Betrieb veranlasst

    und verantwortet worden sind. Im Mittelpunkt der betrieblichen Bildungsarbeit

    stehen die berufliche Aus- und Weiterbildung (vgl. a.a.O. S. 2).

    Unter Weiterbildung wird die Gesamtheit der intentionalen Lernprozesse zu-

    sammengefasst, die nach dem Abschluss der ersten Bildungsperiode mit an-

    schlieender Erwerbs- oder Familienzeit stattfinden. Unter betriebliche Wei-

    terbildung werden im betrieblichen Kontext durchgefhrte Weiterbildungen

    verstanden. Diese erstrecken sich vom informellen Lernen in der Arbeit bis hin

    zu diversen Angeboten unterschiedlichen Anbieter (vgl. Faulstich 2008, S.

    647).

    Zwei Lernarten werden in der betrieblichen Weiterbildung unterschieden: das

    formelle und das informelle Lernen. Das formelle Lernen wird in institutionel-

    lem Rahmen, in Schulen oder Bildungszentren organisiert und von professio-

    nell ausgebildeten Lehrkrften nach didaktisch methodischen Merkmalen

    durchgefhrt. Ziele und Inhalte der Lehre in den formellen Kontexten sind vor-

    gegeben. Ihre Ergebnisse, hufig Lerninhalte in Form von Theoriewissen sind

    berprfbar. Soziale und personale Kompetenzen zu frdern ist mittels formel-

    len Lernens jedoch nur eingeschrnkt mglich. Demgegenber wird Informel-

    les Lernen nicht institutionell organisiert und meistens nicht von pdagogisch

    ausgebildeten Lehrpersonen begleitet. Lernen in informellen Kontext entsteht

    als Folge der Handlungen bei der Arbeit, deren Ergebnis die Arbeitsprozess

    orientierte Problemlsefhigkeit ist. Whrend der informellen Lernprozesse

    knnen neben dem fachbezogenen Wissen zeitgleich soziale und personale

    Kompetenzen erworben werden. Fr die Entwicklung von beruflicher Hand-

    lungskompetenz, deren Erwerb nur unter realen Situationen gnzlich mglich

    ist, ist das informelle Lernen besonders wichtig (vgl. Dehnbostel 2010, S.

    38ff.).

    Des Weiteren wird das informelle Lernen in zwei weitere Formen aufgeglie-

    dert: das reflexive Lernen oder Erfahrungslernen sowie das implizite Lernen.

    Reflexives Lernen fhrt in den Schritten von Handlung Erfahrung Refle-

  • 20

    xion zur Erkenntnis. Diese Abfolge ist ein sich immer wieder fortsetzender

    Prozess, in den vorherige Erfahrungen und Erkenntnisse eingebunden werden.

    Implizites Lernen geschieht unbewusst durch Erfahrungen und fhrt zu impli-

    zitem Regelwissen sowie intuitiven Problemlsungen (vgl. Dehnbostel 2007,

    S. 51f.).

    Die betrieblichen Lern- und Wissensarten werden in Abbildung 3 veranschau-

    licht. Die Entwicklung der reflexiven Handlungsfhigkeit, wie es hier ersicht-

    lich wird, setzt einerseits theoretisches und andererseits erfahrungsbasiertes

    Wissen voraus. Die beiden Wissensarten, Theoriewissen aus formellem und

    Erfahrungswissen aus informellem Lernen sind synergetisch fr berufliche

    Handlungskompetenz verantwortlich (vgl. ebd.).

    Abbildung 3: Betriebliche Lern- und Wissensarten (Quelle: Dehnbostel 2007, S. 51)

    Eine eindeutige Trennung zwischen formellen und informellen Lernarten ist

    meistens nicht mglich. Es werden vermehrt Lernkontexte angeboten, whrend

    denen beide Arten des Lernens gefrdert werden (vgl. Dehnbostel 2010, S. 88).

    Die Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenz wird in der betriebli-

    chen Bildung durch informelles und arbeitsbezogenes Lernen in der Arbeit

    untersttzt. Aus diesem Grund wchst immer mehr die Bedeutung des selbst-

    gesteuerten, situierten, erfahrungsorientierten, ganzheitlichen Lernens (vgl.

    Dehnbostel et al. 2007, S. 15).

  • 21

    Wie hufig betriebliche Weiterbildung in Kleinen und Mittelgroen Unterneh-

    men angeboten wird, und welche Lernarten dabei eine wichtige Rolle spielen

    soll zunchst genauer betrachtet werden.

    2.6. Betriebliche Bildung in Kleinen und Mittelgroen Unternehmen

    Die Kleinen und Mittlergroen Unternehmen (KMU) werden von verschiede-

    nen Institutionen unterschiedlich definiert. Die Europische Kommission defi-

    niert KMU nach drei Kriterien: Mitarbeiterzahl, Jahresumsatz und Bilanzsum-

    me. Zu den KMU gehren demnach Unternehmen mit weniger als 249 Be-

    schftigten, mit einem Jahresumsatz bis 50 Millionen sowie mit einer Bilanz-

    summe bis 43 Millionen . Es wird zwischen Kleinstunternehmen, Kleinen

    Unternehmen und Mittleren Unternehmen unterschieden (vgl. Europische

    Kommission 2006, S. 14). Nach dem Institut fr Mittelstandsforschung (IfM)

    zhlen die Unternehmen zu den KMU, die weniger als 500 Mitarbeiter be-

    schftigen und deren Jahresumsatz unter 50 Millionen liegt. Die IfM unter-

    scheidet zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (vgl. Institut fr Mittel-

    standsforschung 2012, S. 174). In dieser Arbeit werden die KMU nach der De-

    finition der IfM behandelt.

    Nach dem Trendbericht Adult Education Survey 2012 (AES) des Bundesminis-

    teriums fr Bildung und Forschung (BMBF) zeigen die Weiterbildungsaktivit-

    ten in Deutschland seit 2010 eine wachsende Tendenz. Dieses Ergebnis ist vor

    allem der steigenden Beteiligung an betrieblichen und nicht berufsbezogenen

    Weiterbildungen zu verdanken. Der Anteil der betrieblichen Weiterbildungen

    betrug im Jahr 2012 69% der gesamten Weiterbildungsaktivitten. Die ber-

    nahme der Weiterbildungskosten durch die Arbeitgeber ist ebenfalls angestie-

    gen (vgl. BMBF 2012, S. 2). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich ein

    steigendes Interesse an Wissensanpassung entwickelt.

    Die Teilnahmequote an betrieblicher Weiterbildung steigt mit der Betriebsgr-

    e an. In kleinen Betrieben mit bis zu 10 Arbeitnehmern beteiligen sich 36%

    der Beschftigten an betrieblicher Weiterbildung. Demgegenber nehmen in

    groen Unternehmen, die ber 1000 Mitarbeiter beschftigen 63% der Ange-

    stellten an der betrieblichen Weiterbildung teil (vgl. a.a.O., S. 28).

  • 22

    Nach der Erhebung des Statistischen Bundesamtes wird ersichtlich, dass in

    KMU Weiterbildungsangebote am Arbeitsplatz sowie Informationsveranstal-

    tungen eine grere Rolle spielen. 79,9% der Unternehmen mit 250 bis 499

    Beschftigten boten Weiterbildung am Arbeitsplatz sowie 83,3 % Informati-

    onsveranstaltungen an. Bei dieser Weiterbildungsformen lagen Unternehmen

    mit mindestens 1000 Mitarbeitern bei 67,1% sowie bei 69,2% (vgl. Statisti-

    sches Bundesamt 2013, S. 25). Daraus lsst sich schlieen, dass in kleinen Un-

    ternehmen das informelle Lernen in der Arbeit weitgehend verbreitet ist.

    19% der gesamten Weiterbildungsaktivitten werden im Themenbereich Ge-

    sundheit und Sport absolviert (vgl. BMBF 2012, S. 10f). Veranstaltungen in

    der betrieblichen Weiterbildung bieten 49% der Unternehmen im Bereich Ge-

    sundheit und Arbeitsschutz an. 94,7% der Unternehmen mit 250 bis 499 Mit-

    arbeiter organisieren mindestens einmal im Jahr in diesem Bereich eine Wei-

    terbildung (vgl. Statistisches Bundesamt 2013, S. 42, 45).

    Durch Sport in der betrieblichen Weiterbildung sollen fr die Teilnehmer

    Lernkontexte geschaffen werden, in denen Mglichkeiten zur Erhaltung und

    Verbesserung der Beschftigungsfhigkeit sowie zur Persnlichkeitsentfaltung

    geboten werden. Sie sollen die Bedeutung ihrer Leistungsfhigkeit erkennen

    und verbessern knnen. Zudem soll Sport in der Weiterbildung zur kritischen

    Reflexion der gesellschaftlichen Wirklichkeit und zur Wahrnehmung der eige-

    nen Stellung in der Gesellschaft anregen (vgl. Schulke 1977, S. 57). Es lsst

    sich festhalten, dass mit diesen Intentionen des betrieblichen Sportes die F-

    higkeit zur reflexiven Handlungsfhigkeit gefrdert werden kann. Die bewuss-

    te Erfahrung der eigenen Belastungsgrenzen sowie das Erkennen der eigenen

    Leistungsfhigkeit kann zur einen verbesserten Leistungseinschtzung der

    Wissensarbeiter fhren.

    Betrieblicher Sport wird meistens mit der Absicht organisiert, die Gesundheit

    zu frdern. Das nchste Kapitel erklrt aus diesem Grund was unter Gesundheit

    verstanden wird und warum Gesundheitskompetenz wichtig fr die Beschfti-

    gungsfhigkeit ist. Anschlieend werden betriebliche Gesundheitsfrderung

    und betriebliches Gesundheitsmanagement als Rahmen zur Frderung der Ge-

    sundheit skizziert.

  • 23

    3. Frderung der Gesundheitskompetenz im Rahmen der betrieblichen

    Gesundheitsfrderung sowie im betrieblichen Gesundheitsmanage-

    ment

    Bereits das Modell der Salutogenese von Aaron Antonovsky konzentriert sich

    auf die Faktoren, die dazu verhelfen, trotz der alltglichen Stressoren, die auf

    die Subjekte einwirken, ihre Gesundheit wieder herzustellen. Der menschliche

    Organismus ist demnach als Gesundheit-Krankheits-Kontinuum zu sehen. Ob

    sich der Zustand eines Individuums auf dem Gesundheits- oder Krankheitspol

    befindet, hngt von der Erklrbarkeit und Sinnhaftigkeit der Reize sowie der

    ihm zur Verfgung stehenden Ressourcen ab. Dies wird auch Kohrenzgefhl

    oder SOC (sense of coherence) genannt (vgl. Antonovsky & Franke 1997, S.

    29 f., S. 36).

    In welcher Weise der kompetente Umgang mit den eigenen Ressourcen zur

    Gesundheitserhaltung mit der beruflichen Handlungsfhigkeit zusammenhngt,

    wird im nchsten Abschnitt erklrt.

    3.1. Gesundheitskompetenz als Teil der beruflichen Handlungsfhig-

    keit

    Wie bereits erlutert, ist die Entwicklung der kompetenzbasierten beruflichen

    Handlungsfhigkeit Voraussetzung fr die Employability. Verfgt ein Arbeit-

    nehmer ber ausgezeichnete berufliche Kompetenzen, aber sein Verhalten ist

    gesundheitsschdigend, gefhrdet er auf Dauer seine Beschftigungsfhigkeit.

    Kriegesmann, Kottmann, Masurek und Nowak sehen aus diesem Grund die

    Gesundheit als Voraussetzung fr eine nachhaltige Employability (vgl. Krie-

    gesmann et al. 2005, S. 26). In dem Modell der Kompetenz zur Gesundheit

    stellen die Autoren, in Anlehnung an das Bochumer Modell der Kompetenz

    zur Handlung von Staudt (vgl. Staudt 1997, S. 124f.), die fr die Entwicklung

    der Gesundheitskompetenz notwendigen Bedingungen vor. Gesundheitskom-

    petenz basiert einerseits auf der persnlichen Gesundheitskompetenz, die von

    der Handlungsfhigkeit und Handlungsbereitschaft der Akteure abhngt. Hand-

    lungsfhigkeit teilt sich in explizites und implizites Wissen, sowie in persnli-

    che Fertigkeiten auf. Grundsteine der persnlichen Gesundheitskompetenz sind

    dabei die physischen-, psychischen und sozialen Ressourcen der Individuen.

  • 24

    Andererseits ist die Gesundheitskompetenz in das soziale und berufliche Um-

    feld eingebunden und wird von den organisatorischen-, technischen sowie so-

    zialen Strukturen beeinflusst. Mit organisatorischer und technischer Kopplung

    ist die Einbettung eines Arbeitnehmers in das System seiner Arbeitswelt und

    somit die Entfaltungsmglichkeiten seiner Gesundheitskompetenzen gemeint.

    Unter sozialer Kopplung wird der Einfluss der sozialen Systeme, in denen die

    Subjekte eingebettet sind verstanden (vgl. Kriegesmann et al. S. 27f.). Diesen

    Zusammenhang von Komponenten der Gesundheitskompetenz stellt Abbildung

    4 schematisch dar.

    Abbildung 4: Modell der Kompetenz zur Gesundheit (Quelle: Kriegesmann et al. 2005, S. 27)

    Beim Vergleich des Modells der Kompetenz zur Gesundheit mit dem Konzept

    der beruflichen Handlungsfhigkeit wird ersichtlich, dass Gesundheitskompe-

    tenz Teil der beruflichen Handlungsfhigkeit ist und quer zu den Hauptkompe-

    tenzen Fach-, Personal- und Sozialkompetenz liegt. Handlungsfhigkeit und

    Handlungsbereitschaft sowie auch individuelle Gesundheitskompetenz sind fr

    alle drei Hauptkompetenzdimensionen notwendige Dispositionen. Auch lsst

    sich ein Zusammenhang zwischen dem strukturellen Aufbau von Kompetenz

    zur Gesundheit und reflexiver Handlungsfhigkeit feststellen. In beiden Fllen

    besteht eine Abhngigkeit von subjektiven Dispositionen und strukturellen

    Bedingungen, was dafr spricht, dass reflexive Handlungsfhigkeit eine Vo-

  • 25

    raussetzung fr die Kompetenz zur Gesundheit ist. Die Reflexivitt ist, wie

    bereits in Kapitel 2.2 erklrt, grundlegend fr die wissensbasierten Arbeitst-

    tigkeiten.

    Die Konzentration auf die Erhaltung der Gesundheit durch Frderung der Res-

    sourcen hat die Sicht auf die Gesundheit nachhaltig beeinflusst und ist in den

    Leitzielen der betrieblichen Gesundheitsfrderung sowie betrieblichem Ge-

    sundheitsmanagement wieder zu finden. Im folgenden Unterkapitel werden

    diese Ziele und deren gesetzlicher Rahmen dargestellt.

    3.2. Betriebliche Gesundheitsfrderung und Betriebliches Gesund-

    heitsmanagement

    Die Leitziele der Gesundheitsfrderung wurden bereits von der WHO (World

    Health Organisation - Weltgesundheitsorganisation) in der Ottawa-Charta im

    Jahr 1986 festgehalten. Demnach ist Gesundheit als umfassendes krperliches,

    seelisches und soziales Wohlbefinden und als ein wesentlicher Bestandteil des

    menschlichen Lebens anzusehen. Durch Gesundheitsfrderung sollen die Men-

    schen eine grere Autarkie ber ihre Gesundheit entwickeln. Zudem sollen sie

    dazu befhigt werden, die eigene Gesundheit zu strken. Dabei haben individu-

    elle, soziale und krperliche Ressourcen gleichwohl eine Bedeutung. Als Vo-

    raussetzung fr die Verbesserung von Gesundheit gelten

    Frieden, angemessene Wohnbedingungen, Bildung, Ernhrung, Einkommen,

    ein stabiles ko-System, eine sorgfltige Verwendung vorhandener Naturres-

    sourcen, soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit (WHO 1986, S. 1).

    Betriebliche Gesundheitsfrderung (BGF) ist laut Luxemburger Deklaration

    eine zeitgeme Organisationsstrategie, die alle Bemhungen seitens der Un-

    ternehmen, der Mitarbeiter und der Gesellschaft umfasst und das Wohlbefinden

    sowie die Gesundheit in der Arbeit strkt. Dies kann durch bessere Bedingen

    und Organisation der Arbeit, durch Frderung des aktiven Engagements sowie

    der persnlichen Kompetenzen der Beschftigten erreicht werden. Die Frde-

    rung der Gesundheit senkt die Kosten, die durch Fehlzeiten entstehen und stei-

    gert die Leistungsfhigkeit. Sie sorgt fr ein besseres Arbeitsklima mit moti-

  • 26

    vierten Beschftigten und sichert somit die Zukunftsfhigkeit der Unternehmen

    (vgl. Europischer Netzwerk fr Betriebliche Gesundheitsfrderung 2007).

    Auch in zahlreichen Gesetzen und Verordnungen ist die BGF verankert. Die

    Neufassung des Sozialgesetzbuchs (SGB 2000) V nimmt mit dem 1 die

    Krankenkassen in Pflicht ihre Versicherten zu beraten, aufzuklren und ihnen

    durch Leistungen dazu zu verhelfen einen gesunden Lebensstil zu entwickeln.

    Auch in der betrieblichen Gesundheitsfrderung werden Leistungen zur Frde-

    rung der gesundheitlichen Ressourcen nach SGB V 20a von den Krankenkas-

    sen bernommen (vgl. SGB V o. D., 1, 20a). Nach dem Medizinischen

    Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) werden in

    8.155 Betrieben Manahmen zur Gesundheitsfrderung von den Krankenkas-

    sen untersttzt. Die Frdermanahmen haben sich im Jahr 2012 im Vergleich

    zum Vorjahr um 20% erhht (vgl. MDS 2013, S. 34).

    Es existieren weitere gesetzliche Regelungen, wie die nachfolgenden Beispiele,

    ohne Anspruch auf Vollstndigkeit zeigen: die EG-Rahmenrichtlinie Arbeits-

    schutz, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), das Arbeitsschutzgesetz,

    das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitssicherheitsgesetz, das Jahressteuergesetz so-

    wie die Bildschirmarbeitsverordnung und die Arbeitsstttenverordnung. All

    diese Gesetze und Verordnungen stellen einen Rahmen mit Mindestanforde-

    rungen, nennen aber keine konkreten Ziele und Qualittskriterien fr eine er-

    folgreiche Durchfhrung der gesundheitsfrdernden Manahmen (vgl. Meyer

    & Tirpitz 2008, S. 4ff.).

    Die Begriffe BGF und betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) werden

    nicht trennscharf voneinander unterschieden und in der Praxis oft synonym

    verwendet. Im Rahmen der BGF werden einzelne Aktionen in unternehmens-

    spezifischem Kontext in den Bereichen der Verhltnis-, Verhaltens- sowie Or-

    ganisationsprvention durchgefhrt. BGM wird demgegenber im Sinne eines

    Managements systematisch geplant, durchgefhrt und anschlieend evaluiert

    (vgl. a.a.O. S. 2).

  • 27

    BGM ist die Entwicklung integrierter betrieblicher Strukturen und Prozesse

    die die gesundheitsfrderliche Gestaltung von Arbeit, Organisation und dem

    Verhalten am Arbeitsplatz zum Ziel haben und den Beschftigten wie dem

    Unternehmen gleichermaen zugute kommen (Badura, Ritter & Scherf 1999,

    S. 17).

    Aus dieser Definition geht hervor, dass die Implementierung einer BGM Ma-

    nahme Vorteile fr Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit sich bringt.

    Ziele der BGM sind die Reduzierung der Fehlzeiten um damit Kosten zu erspa-

    ren, zudem geht es darum, die Motivation sowie Kreativitt und Flexibilitt der

    Belegschaft zu strken. Des Weiteren gehrt dazu, die Entstehung von chroni-

    schen Krankheiten zu vermeiden und nach einer Krankheitsphase die Wieder-

    eingliederung zu erleichtern (vgl. Badura et al. 1999, S.34 f.).

    Diese Vorteile des BGM wurden bereits in zahlreichen greren Organisatio-

    nen erkannt (vgl. Meyer & Tirpitz 2008, S. 19). Meyer und Tirpitz ziehen aus

    ihrer Studie zum BGM in kleinen und mittleren Unternehmen die Erkenntnis,

    dass in den meisten kleinen und mittelgroen Unternehmen das BGM weniger

    umgesetzt wird. Es werden eher einzelne, kosten- und zeitsparende Manah-

    men zur Gesundheitsfrderung (wie beispielweise zur Verbesserung der Ar-

    beitskonomie oder zur Arbeitssicherheit), in meisten Fllen ohne ganzheitli-

    che Konzeption durchgefhrt. Manahmen mit dem Ziel, eine gesundheitsbe-

    wusstes Verhaltensweise der Belegschaft nachhaltig zu frdern, werden in den

    KMU vernachlssigt (vgl. a.a.O., S. 48). Der Grund dafr ist der Mangel an

    zeitlichen, personellen sowie finanziellen Ressourcen. Eine langfristige Pla-

    nung und Umsetzung gesundheitsfrderlicher Manahmen kann durch Ausflle

    der Mitarbeiter wegen Krankheit oder durch vermehrten Auftragseingang nicht

    erfolgreich durchgefhrt werden. Dagegen ist festzuhalten, dass sich gerade in

    KMU, die durch kurze Kommunikationswege und flache Hierarchien gekenn-

    zeichnet sind, durchdachte Projekte sehr wohl realisieren lassen. Wie und wel-

    che Manahmen in KMU durchgesetzt werden, hngt von der Einstellung der

    Unternehmensfhrung ab (vgl. Meggeneder 2012, S. 259f.).

    Die Aufgaben des BGM sind betriebsintern nicht als separiert anzusehen, diese

    berschneiden sich mit anderen Unternehmensbereichen, wie Organisations-

    entwicklung, Planung- und Steuerung von Produkten, Qualittsmanagement

  • 28

    sowie Personalentwicklung. Fr die erfolgreiche Etablierung des BGM mssen

    die Schnittstellen sowie Gemeinsamkeiten aktiv herausgefunden und gestaltet

    werden (vgl. Ulich & Wlser 2010, S. 230).

    Aus diesen Ausfhrungen wird ersichtlich, dass die Frderung der Gesundheit

    teilweise im Aufgabenbereich der Organisations- sowie Personalentwicklung

    liegt. Diese beiden Bereiche flieen wiederum, wie bereits erwhnt, in die be-

    triebliche Bildungsarbeit mit ein. So knnen gesundheitsfrdernde Manahmen

    auch als Teil der betrieblichen Weiterbildung angesehen werden. Aus diesen

    Schnittstellen zeigt sich, dass die Zusammenarbeit der verschiedenen Organisa-

    tionsbereiche von Bedeutung fr die erfolgreiche Unternehmensfhrung ist.

    Die Aktivierung der Mitarbeiter zu selbstbestimmtem Gesundheitsverhalten

    setzt voraus, dass der eigene Gesundheitszustand wahrgenommen und reflek-

    tiert wird. Zudem ist es wichtig, Kenntnisse ber gesundheitsfrderlichen Ver-

    haltensweisen zu erlangen, um diese auch in der alltglichen Praxis umsetzen

    zu knnen. Warum diese Handlungsweisen durch Gesundheitssport gefrdert

    werden knnen, erlutert das nchste Kapitel nher.

    4. Gesundheitssport aus theoretischer und praktischer Perspektive

    Die positiven Auswirkungen des Sportes auf den menschlichen Organismus

    sind bereits in empirischen Studien nachgewiesen. Gesundheitsfrderliche As-

    pekte stehen jedoch dann im Vordergrund, wenn dafr Ziele festgelegt werden

    und darber hinaus methodische Kenntnisse bei der Durchfhrung vorhanden

    sind (vgl. Bs & Brehm 2006, S. 16).

    Unter Gesundheitssport werden spezifische krperliche Aktivitten zusam-

    mengefasst, die auf gesundheitsfrderliche Resultate ausgerichtet sind. Ge-

    sundheitssportliche Angebote werden zudem fr bestimmte Zielgruppen mit

    spezifischen Risikofaktoren oder gesundheitlichen Problemen arrangiert (vgl.

    a.a.O. S. 18). Gesundheitssport unterscheidet sich von anderen Sportarten

    durch die zielgerichtete und von speziellen Voraussetzungen abhngige Durch-

    fhrung (vgl. Bs & Brehm 1999, S. 9).

    Wie bereits im vorherigen Abschnitt beschrieben, betont die Ottawa-Charta,

    dass die Gesundheit eine Einheit aus krperlichem, seelischem sowie sozialem

  • 29

    Wohlbefinden ist (vgl. WHO 1986, S. 1). Sportliche Aktivitten gehren zu

    den zentralen Fundamenten der Frderung von Gesundheit (vgl. Bs & Brehm

    1999, S. 9). Im Sinne der Ottawa-Charta und in Anlehnung an die Sicht der

    Organisation New Public Health1 umfassen die Ziele des Gesundheitssportes

    drei Bereiche: Gesundheitswirkungen, Verhaltenswirkungen sowie Verhlt-

    niswirkungen (vgl. a.a.O., S. 11):

    Gesundheitswirkungen zielen auf die Strkung der psychischen und

    psychosozialen Ressourcen, auf die Minderung der Risikofaktoren so-

    wie auf die Bewltigung der Missbefinden und Beschwerden ab.

    Verhaltenswirkungen sollen die subjektive Bindung der Akteure an

    sportliche Aktivitten, als eine der mglichen gesundheitsfrderlichen

    Manahmen, aufbauen.

    Unter Verhltniswirkungen wird die Zugangsmglichkeit fr breite Be-

    vlkerungsschichten zu ffentlichen, institutionalisierten Programmen

    verstanden (vgl. ebd.).

    Diese drei Bereiche wurden als qualitative Kriterien vom Deutschen Olympi-

    schen Sportbund (DOSB) in den Kernzielen der Gesundheitsprogramme im

    Sportverein aufgenommen und differenziert formuliert (vgl. Bs & Brehm

    1999, 2006; Brklein 2007; DOSB o.D.). Die Kernziele eins bis vier sind in

    der Dimension der Salutogenese sowie der Gesundheitsprvention anzusiedeln.

    Das Kernziel fnf ist dem Verhaltens- sowie vier dem Verhltnisbereich anzu-

    ordnen (vgl. Bs & Brehm 2006, S. 21):

    1. Strkung physischer Gesundheitsressourcen

    Durch die Muskelaktivierung des Organismus werden Anpassungspro-

    zesse ausgelst, die das Herz-Kreislaufsystem, den Bewegungsapparat,

    das Nervensystem, die inneren Organe sowie alle physischen Funkti-

    onskomponenten widerstandfhig und gesund halten. Diese muskulre

    Aktivierung soll aus den Perspektiven der Ausdauer, Kraft-, Dehn-,

    Koordinations- und Entspannungsfhigkeit erfolgen (vgl. a.a.O. S. 22).

    1 New Public Health1 fhrt Gesundheit und Krankheit auf die Balance von gesundheitlichen Ressourcen

    und Belastungen zurck. Sie beachtet strker die gesellschaftlichen Einflussfaktoren und sozialen Un-

    gleichheiten im Kontext der gesamten Bevlkerung, weil diese auf die Gesundheitschancen der einzelnen

    auswirken. Darber hinaus stellt New Public Health die Primrprvention in den Mittelpunkt (vgl. Ro-

    senbrock 2001, S. 753).

  • 30

    2. Verminderung von Risikofaktoren

    Bei krperlicher Inaktivitt wird der gesamte Organismus unterfordert.

    Damit werden negative Anpassungsprozesse und die Degeneration der

    Muskulatur sowie anderer Krperfunktionen und Organe ausgelst.

    Bewegungsmangel wird so zum Risikofaktor, kann zu bergewicht

    fhren und kann weitere Risiken, wie erhhten Blutdruck und erhhte

    Blutzuckerwerte sowie Fettstoffwechselstrungen nach sich ziehen. Die

    Strkung der physischen Gesundheitsressourcen kann diese Risikofak-

    toren verringern (vgl. a.a.O. S. 23 f.).

    3. Strkung psychosozialer Gesundheitsressourcen

    Durch den Aufbau im Bereich der emotionalen, kognitiven und sozialen

    Gesundheitsressourcen wird eine bessere Lebensqualitt erreicht. Die

    Krperwahrnehmung und Stimmung verbessert sich und trgt zum stei-

    gernden Wohlbefinden bei. Darber hinaus frdert, das in den Gesund-

    heitssportkursen vermittelte Wissen die Gesundheitskompetenz und

    hilft bei der Vorbeugung und Minderung von Beschwerden. In den

    Gruppen stellen die Teilnehmer zudem neue soziale Verbindungen her

    und erhalten soziale Untersttzung (vgl. a.a.O. S. 24 ff.).

    4. Bewltigung von Beschwerden und Missbefinden

    Die Teilnehmer werden zum aktiven Handeln befhigt, Strategien und

    Lsungen bei gesundheitlichen Problemen eigenverantwortlich heraus-

    zufinden. Dies gilt nicht nur fr die Bewltigung von physischen Be-

    schwerden, sondern vielmehr auch fr die Verbesserung der Grund-

    stimmung und des subjektiven Wohlbefindens (vgl. a.a.O. S. 26).

    5. Bindung an gesundheitssportliches Verhalten

    Fr die erfolgreiche Gesundheitsfrderung ist die dauerhafte, langfristi-

    ge Teilnahme an gesundheitssportlichen Aktivitten erforderlich. Um

    einen gesunden Fitness-Status aufrecht zu erhalten, mssen die sportli-

    chen Aktivitten in den Alltag inkludiert und ein Teil des Lebensstils

    werden (vgl. a.a.O. S. 27).

    6. Verbesserung der Bewegungsverhltnisse

    Dieses Kernziel ist auf die vorherigen Ziele bezogen und meint damit

    optimale Voraussetzungen fr den Gesundheitssport zu schaffen. Dazu

    gehren qualifizierte bungsleiter, adquate Rumlichkeiten, das Her-

  • 31

    anfhren an Angebote durch rzte und Krankenkassen sowie nach ei-

    nem Einstiegskurs die Mglichkeit, Dauerangebote bei der gleichen In-

    stitution zu besuchen (vgl. a.a.O. S. 28).

    Die Abbildung 5 stellt zusammenfassend die Hauptwirkungsbereiche und

    Kernziele des Gesundheitssportes dar. Es wird ersichtlich, dass die verschiede-

    nen Kernziele eng miteinander verwoben sind und nicht separiert ausgefhrt

    werden knnen. Vielmehr sind sie als eine Gesamtheit von gesundheitsfrder-

    lichen Zielen anzusehen.

    Abbildung 5: Kernziele sowie theoretische und praktische Inhalte des Gesundheitssports (Quelle: Brklein 2007, S. 16)

  • 32

    Vom Deutschen Sportbund2 (DSB) als Dachverband des deutschen Sports und

    der Bundesrztekammer wurde ein bundesweites Qualittssiegel unter dem

    Namen Sport Pro Gesundheit entwickelt. Diese Qualittsmerkmale stellen

    einen Rahmen fr die Entwicklung, Sicherung sowie Weiterentwicklung von

    Bewegungsangeboten auf. Folgende sechs Qualittskriterien wurden unter der

    Leitlinie der Kernziele von Gesundheitssport fr das Qualittssiegel Sport pro

    Gesundheit festgeschrieben (vgl. DOSB 2010, S. 24; Lang 2007, S. 170 ff.):

    1. Zielgruppengerechtes Angebot: Standarisierte Programme werden fr

    definierte Prventionsbereiche und Zielgruppen unter Umsetzung der

    Kernziele organisiert.

    2. Qualifizierte Leitung: Die Voraussetzung fr die Durchfhrung der An-

    gebote ist eine bungsleiterausbildung Sport in der Prvention mit

    einer gltigen Lizenz.

    3. Einheitliche Organisationsstruktur: Die hchste Zahl der Teilnehmer,

    Dauer und Inhalt der bungseinheiten sind einheitlich organisiert.

    4. Prventiver Gesundheits-Check: Vor der Aufnahme des Gesundheits-

    programmes ist ein Vorsorgefragebogen auszufllen.

    5. Begleitendes Qualittsmanagement: Die bungsleiter bernehmen fr

    die Sicherung der Qualitt des Bewegungsangebotes Aufgaben, wie

    Teilnehmer Befragung, begleitende Untersuchungen sowie Qualitts-

    zirkel.

    6. Aktiver Gesundheitspartner Sportverein: Die Sportvereine arbeiten eng

    mit rzten, Kindergrten, Schulen, Senioreneinrichtungen zusammen,

    um somit ein Teil des Netzwerkes im Bereich der Gesundheitsfrde-

    rung zu werden.

    Aus den Kernzielen des Gesundheitssportes geht hervor, dass dadurch die

    Kompetenz zur Gesundheit sowie die Sozialkompetenz weitgehend gefrdert

    werden kann. Zudem wird die Qualitt der Angebote durch festgehaltene Krite-

    rien gesichert.

    Um die Erkenntnisse der theoretischen Darstellungen praxisnah verdeutlichen

    zu knnen, wurden Interviews mit Personalverantwortlichen gefhrt. Damit die

    2 Die DSB ist der Vorluferorganisation der DOSB (vgl. DOSB 2010, S. 8). Die DOSB wurde am 20.05.2006 aus der

    Fusion von DSB und Nationale Olympische Komitee fr Deutschland gegrndet (vgl. DOSB 2011).

  • 33

    Nachvollziehbarkeit der Untersuchung gesichert ist, wird zunchst das metho-

    dische Vorgehen erklrt.

    5. Methodologie und methodisches Vorgehen

    Nach den theoretischen Vorannahmen soll der Zusammenhang zwischen Ge-

    sundheitssport und beruflicher Handlungsfhigkeit mittels Befragungen von

    Experten aus der Personalentwicklungsebene exemplarisch untersucht werden.

    Die Befragung konzentrierte sich auf wissensintensive Unternehmen, in denen

    bereits betrieblicher Sport angeboten wird. Der Zugang zu adquaten Inter-

    viewpartnern aus der KMU, die dieser Voraussetzung entsprechen, gestaltete

    sich schwierig. Aus diesem Grund und weil damit auch ein Vergleich mglich

    geworden ist, wurde ein greres Unternehmen in die Auswahl aufgenommen.

    So konnten insgesamt drei Interviews gefhrt werden. Die folgende Tabelle 1

    bietet eine bersicht der befragten Unternehmen:

    Tabelle 1: bersicht der Interviews (eigene Darstellung)

    Interview 1 Interview 2 Interview 3

    Betriebsgre

    nach Mitarbeiter-

    zahl

    1600 30 9

    Betriebsart Dienstleistungs-

    unternehmen

    Inkassounternehmen Werbeagentur

    Methodisch wurde dabei nach den Kriterien der qualitativen Sozialforschung

    vorgegangen. Diese sind: die Prinzipien der Offenheit, kommunikative Erhe-

    bung sowie Deutung von Situationen in sozialem Feld unter kontrollierter Sub-

    jektivitt (vgl. Kromrey 1991, S. 30). Der Gegenstand von qualitativer Sozial-

    forschung wird ganzheitlich und kontextbezogen untersucht. Zusammenhnge

    und verschiedene Perspektiven werden dabei beschrieben und erlutert. Die

    Reflexion des Forschers sowie die Kommunikation zwischen ihm und den Be-

    teiligten wird ein Teil der Erkenntnis (vgl. Flick 2010, S. 26 ff.).

    Als adquate Erhebungsmethode wurde das Experteninterview eruiert. Diese

    Interviewform lsst soziale Sachverhalte durch Befragung von Experten rekon-

    struieren, die spezielles Wissen ber einen bestimmten Sachverhalt erworben

    haben (vgl. Glser & Lauder 2010, S. 13). Dazu ist es notwendig, Informatio-

    nen ber den interessierenden Sachverhalt zu sammeln, um diesen anhand der

  • 34

    Daten verstehen und erlutern zu knnen (vgl. a.a.O. S. 37). Aus diesem Grund

    sollten Personalverantwortliche aus wissensintensiven Unternehmen, welche

    bereits ber Erfahrungen im Gesundheitssport im betrieblichen Kontext verfg-

    ten, interviewt werden. Zunchst wurden die Informationen, welche ber den

    relevanten Sachverhalt gesammelt werden sollten, operationalisiert. Fr die

    Sicherung des Erkenntnisinteresses ist dieser Schritt besonders wichtig (vgl.

    a.a.O., S. 112). Anhand der operationalisierten Erkenntnisziele wurden die

    Fragen fr die Interviews formuliert.

    Technisch wurden die Interviews mit Hilfe eines nicht standardisierten Leitfa-

    dens realisiert. Ein Leitfaden gibt offene Fragen wie eine Richtschnur vor,

    doch die Formulierung der Fragen sowie deren Reihenfolge bleibt dem Inter-

    viewer frei gestellt. Zudem ist es mglich situationsbedingt spontane ad hoc

    Fragen zu stellen (vgl. Glser & Lauder 2010, S. 41.). Die Autorin bereitete

    theoriegeleitet einen Fragenkatalog vor, der vom Interviewten beantwortet

    werden sollte (Leitfaden siehe Anlage I). Die Fragen wurden in Haupt und Un-

    terkategorien aufgeteilt. Die Unterfragen sollten dann gestellt werden, wenn

    der Interviewte nicht auf alle Aspekte einer Hauptfrage eingegangen ist. Zu-

    dem wurden Ankerbeispiele, fr den Fall einer Rckfrage seitens der Befragten

    notiert.

    Die Interviews wurden persnlich in face to face Kommunikation in den

    jeweiligen Unternehmen gefhrt und mit Hilfe eines digitalen Diktiergertes

    aufgezeichnet. Die aufgezeichneten Informationen wurden zunchst mit Hilfe

    der f4 Software transkribiert.3 Unter Transkription wird die Verschriftlichung

    verbaler Daten, wie beispielsweise Aufzeichnungen von Interviews, verstan-

    den. Um eine bessere Lesbarkeit zu gewhrleisten, wurden die Interviews nach

    den von Dresing und Pehl empfohlenen, einfachen Transkriptionsregeln

    transkribiert (vgl. Dresing & Pehl 2013, S. 17). Die Transkriptionsregeln sowie

    die vollstndigen Transkriptionen siehe Anlage II-V.

    Die Auswertung der transkribierten Interviews erfolgte mit der qualitativen

    Inhaltsanalyse (vgl. Glser & Lauder 2010; Mayring 2002, 2010). Diese Aus-

    wertungsmethode wurde wegen der Mglichkeit gewhlt, die Daten theoriege-

    3 Transkribieren stammt aus dem Lateinischen, das Verb trans-cribo bedeutet ber- umschreiben (vgl. Stowasser,

    Loek, Petschenig & Skutsch 2006, S. 520).

  • 35

    leitet auszuwerten. Im Rahmen der qualitativen Inhaltsanalyse werden zunchst

    die bereits vorhandenen Erfahrungen in Form von Theorien ber den zu unter-

    suchenden Gegenstand dargelegt. Anknpfend an die theoretischen Darlegun-

    gen kann ein Erkenntnisfortschritt gewonnen werden (vgl. Mayring 2010, S.

    58). Diese Interpretationsform analysiert systematisch, regel- und theoriegelei-

    tet die protokollierte Kommunikation. Ziel ist es dabei Rckschlsse auf be-

    stimmte Aspekte der Kommunikation zu bekommen (Mayring 2010, S. 13).

    Fr die Sicherung der Nachvollziehbarkeit und der intersubjektiven berprf-

    barkeit werden die Analyseschritte vorher festgelegt (vgl. a.a.O., S. 59). Eine

    besondere Strke liegt dabei in der schrittweisen und methodisch kontrollierten

    Analyse der Texte. Das gesamte Material wird in Abschnitte aufgegliedert und

    aufeinander folgend bearbeitet (vgl. Mayring 2002, S. 114) sowie den vorher

    festgelegten Kategorien zugeordnet, die aus den theoretischen Vorberlegun-

    gen abgeleitet wurden (vgl. Mayring 2000, Abs. 13). Die Vorabkategorien

    ergaben sich in der vorliegenden Befragung aus dem Leitfaden selbst, da des-

    sen Fragen theoriegleitet formuliert worden waren. Einige Beispiele fr die

    vorher festgelegten Kategorien sind: Unternehmensgre, Arbeitsbelastungen,

    BGM sowie Bewegungsangebote. Die Auswertungstabellen der Interviews,

    anhand deren die Kategorien nachvollzogen werden knnen, finden sich im

    Anlage VI-VIII.

    Im Verlauf der Analyse knnen Informationen im Material zum Vorschein

    kommen, die nicht in den vorher festgelegten Kategorien passen. Um diese

    Informationen trotzdem in der Analyse aufnehmen zu knnen, empfiehlt es

    sich nach Glser und Lauder (2010), mit einem offenen Kategoriesystem zu

    arbeiten, das sich whrend der Analyse erweitern lsst. Tauchen relevante Da-

    ten auf, die nicht in das vorher festgesetzte Kategorieraster eingeordnet werden

    knnen, werden neue Kategorien oder Unterkategorien aufgenommen (vgl.

    Glser & Lauder 2010, S. 201). Dieser Empfehlung wurde in der vorliegenden

    Analyse gefolgt. Verschiedene neue Kategorien oder Unterkategorien, wie bei-

    spielsweise Ernhrung, Termindruck wurden bei allen Fllen zustzlich gene-

    riert. Diese Vorgehensweise, die Kategorien einerseits theoriebasiert, anderer-

    seits offen aus dem vorliegenden Material zu entwickeln, ermglicht die bereits

    vorhandenen theoretisch basierten Erfahrungen zu nutzen und gleichzeitig dem

  • 36

    Prinzip der Offenheit von qualitativer Forschung gerecht zu werden (vgl. a.a.O.

    S. 204 f.).

    Whrend der qualitativen Inhaltsanalyse mssen zuerst das Material fixiert

    sowie die Analyseeinheiten bestimmt werden (vgl. a.a.O. S. 209). In dem vor-

    liegenden Fall entsprechen die drei transkribierten Interviews dem zu analysie-

    renden Material. Als Analyseeinheiten werden die sinngemen Abstze des

    Interviews festgelegt.

    Die Basis der qualitativen Inhaltsanalyse ist die Extraktion4. Die Informationen

    aus dem ursprnglichen Text werden systematisch auf das Untersuchungsrele-

    vante reduziert und strukturiert, so dass die Forschungsfrage am Ende der Ana-

    lyse beantwortet werden kann. Die auf den theoretischen Vorannahmen basie-

    renden Kategorien bilden ein Suchraster, dem die Informationen zugeordnet

    werden. Dieses Suchraster ist flexibel und kann, wie schon erwhnt, whrend

    der Analyse verndert werden. Auch neue Merkmalausprgungen der Katego-

    rien werden whrend der Analyse in das Raster aufgenommen (vgl. Glser &

    Lauder 2010, S. 200ff.). Die einzelnen Schritte, Entscheidungen sowie die Er-

    gebnisse der Analyse mssen dokumentiert und begrndet werden, so dass

    diese nachvollzogen werden knnen (vgl. a.a.O. S. 206). Das extrahierte Mate-

    rial wird sortiert, Informationen mit gleicher Bedeutung zusammengefasst,

    Zusammenhnge dargestellt. Zuletzt knnen die Flle analysiert und bergrei-

    fend verglichen werden. So knnen Gemeinsamkeiten, Abweichungen sowie

    Zusammenhnge dargestellt werden (vgl. a.a.O. S. 203). In den vorliegenden

    Fllen wurden die vorher festgelegten Kategorien am Seitenrand der ausge-

    druckten Transkriptionen zugeordnet sowie die zugehrigen Textstellen mar-

    kiert. Dabei konnten auch neue Kategorien entdeckt und dokumentiert werden.

    Nach der Zuordnung von Kategorien wurden diese in Extraktionstabellen ein-

    getragen. Zu den Kategorien wurden demnach die adquaten Extraktionen (In-

    halte), deren eventuelle Ursachen und Wirkungen sowie die Zeilennummern

    der jeweiligen Transkription zugewiesen.

    Nachdem das methodische Vorgehen erlutert worden ist, beschftigt sich das

    nchste Kapitel mit der Auswertung der Interviews.

    4 Extraktion stammt aus dem Lateinischen, das Verb ex-traho heit herausziehen, herausheben (vgl. Stowasser et al.

    2006, S. 198).

  • 37

    6. Beschreibung der Ergebnisse

    In diesem Abschnitt werden die Interviews nacheinander einzeln beschrieben

    und analysiert. Nach jeder Analyse folgt eine tabellarische bersicht, die die

    zentralen Ergebnisse der einzelnen Flle hervorhebt. So konnten schlielich

    Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet und die Flle miteinander

    verglichen werden. Die Reihenfolge der Beschreibungen erfolgt nach abneh-

    mender Betriebsgre.

    6.1. Interview im Dienstleistungsunternehmen

    Das erste Interview wurde mit einem Personalverantwortlichen (IP 1) aus der

    Pflegedienstleistungsbranche gefhrt. Das Unternehmen beschftigt insgesamt

    1600 Mitarbeiter. Die meisten Beschftigten sind in der Pflege, Betreuung und

    Beratung ttig sowie ein kleinerer Teil in der Verwaltung. Es wird seit sechs

    Jahren betriebliche Gesundheitsfrderung durchgefhrt, in deren Rahmen auch

    betrieblich organisierter Sport angeboten wird. Zudem wird zurzeit das Be-

    triebliche Gesundheitsmanagement auf- und ausgebaut. Zu den vielfltigen

    Manahmen gehren Walking-Kurse, Wassergymnastik und Kurse zur gesun-

    den Ernhrung sowie verschiedene Angebote in rtlichen Gesundheitszentren.

    Dieser Fall ist wegen der zwei voneinander abgrenzbaren Beschftigungsfor-

    men innerhalb des Unternehmens besonders interessant. Die pflegerisch-

    betreuerischen Ttigkeiten beinhalten einerseits krperliche Arbeit, weisen

    jedoch wissensintensive Teilbereiche auf. Die Mitarbeiter in der Verwaltung

    arbeiten dagegen ausschlielich wissensintensiv. Diese diversen Ttigkeiten

    sind mit verschieden Arbeitsbedingungen und Belastungen verbunden. In der

    Pflege und Betreuung arbeiten die Mitarbeiter im Schichtdienst, zudem ist die-

    se Ttigkeit psychisch und auch krperlich belastend und dadurch ist [] der

    Rcken oft ein Problem (Anlage III, Z. 34-35). Die Verwaltungsmitarbeiter

    haben geregelte Arbeitszeiten und verrichten ihre Aufgaben sitzend im Bro.

    Neben psychischen Belastungen resultieren hierbei Probleme aus Bewegungs-

    mangel. Die diversen Arbeitszeiten haben einen groen Einfluss auf den Be-

    darf und die sinnvolle Organisation von Manahmen, die im Rahmen des be-

    trieblichen Gesundheitsmanagements angeboten werden. Die Mitarbeiter kla-

  • 38

    gen ber Zeitmangel und zudem erschwert der Schichtdienst die regelmige

    Teilnahme an den Kursen.

    Mitarbeiter in der Verwaltung haben einen geregelten Tagesablauf [] sie

    nehmen hauptschlich an den Walking-Kursen [] und an den Wassergym-

    nastik teil. In die Gesundheitszentren gehen die Mitarbeiter, die in Schicht ar-

    beiten, weil die sich die Zeit aussuchen knnen (Anlage III, Z. 106-109).

    Die Bewegungskurse finden regelmig einmal in der Woche statt und werden

    von geschultem Personal, wie lizenzierte bungsleiter, Heilpdagogen oder

    Physiotherapeuten durchgefhrt. Eine weitere Besonderheit in diesem Fall ist,

    dass die IP 1 nicht nur in der Personalabteilung arbeitet, sondern auch selber

    bungsleiterin ist. So leitet sie persnlich die Walking- und Wassergymnastik

    Kurse. Die Mitarbeiter nehmen aus allen betrieblichen Bereichen an den Kur-

    sen teil, unabhngig von ihrer jeweiligen Qualifikation. Zudem werden die

    Mitarbeiter in der Verwaltung mit verschiedenen Aktionen, wie die Treppe

    nehmen statt den Aufzug oder aktive Pause zur Bewegung animiert.

    Finanziert werden die Angebote ber Frdermittel fr betriebliches Gesund-

    heitsmanagement, die knapp ausfallen. Trotzdem besteht die Hoffnung, dass

    diese weiter ausgebaut werden knnen. Von den Teilnahmemglichkeiten an

    den Sportkursen wurden die Mitarbeiter ber ein Rundschreiben informiert, das

    der Gehaltsabrechnung beilag.

    In der Pflege findet durch die kontinuierlichen Vernderungen der Pflegever-

    ordnungen regelmig betriebliche Weiterbildung statt. Diese wird in Form

    von Schulungen oder Lehrgngen organisiert. Im Verwaltungsbereich werden

    zwar Schulungen angeboten, diese finden aber selten statt. Hier wird sehr viel

    Eigeninitiative und Selbstarrangement von den Mitarbeitern erwartet.

    Die krankheitsbedingten Fehlzeiten fallen im Unternehmen unterschiedlich

    aus. In der Pflege wird eine hhere Quote festgestellt. Ob sich durch den be-

    trieblich organisierten Sport die Fehlzeiten verndert haben, wurde bisher noch

    nicht ausgewertet. Die Mitarbeiter fhlen sich einfach besser und [] knnen

    ihren Alltag besser ableisten. Also sie sind einfach fitter (Anlage III, Z. 181-

    182).

  • 39

    Der regelmige, gemeinsame Sport wirkt sich positiv auf die betriebliche

    Kommunikation und die sozialen Kompetenzen aus. Durch die Kontakte die

    dadurch entstehen bauen sich vorher bestehende Hemmschwellen ab:

    Ich kann nur aus Erfahrung sagen, dass Mitarbeiter sich aus der Pflege des

    fteren, wenn irgendwas nicht klar war an die Verwaltungsmitarbeiter wen-

    den, seitdem sie wissen, den Kontakt zu Verwaltungsmitarbeiter regelmig

    haben. Die Hemmschwelle ist einfach bisschen weg. Das ist auch gut so (An-

    lage III, Z. 275-279).

    Insgesamt stellt die IP 1 eine durchaus positive Auswirkung des betrieblichen

    Sportes fest und hofft, dass dieser in Zukunft weiter ausgebaut werden kann, so

    dass immer mehr Mitarbeiter die Gelegenheit haben, daran teilnehmen zu kn-

    nen.

    Also, Mitarbeiter, die regelmig an Kursen teilnehmen, sagen mir schon,

    dass es auch ihr Selbstbewusstsein gestrkt hat. Weil sie fhlen sich besser, sie

    sind einfach aufmerksamer. Ja, Sport ist einfach, man wird konzentrierter. Es

    fllt den, manche Sachen fallen den wesentlich leichter und ja, ihr Wohlbefin-

    den ist einfach besser (Anlage x, Z. 325-328).

    Tabelle 2: Zusammenfassung der Ergebnisse im Dienstleistungsunternehmen (eigene Darstellung)

    Dienstleistungsunternehmen

    Beschftigungsfor-

    men

    Pflege Verwaltung

    Unterschiede Teils wissensintensi-ve Ttigkeiten

    Schichtdienst brauchen wechselnde

    Mglichkeiten fr ei-

    ne Teilnahme an

    Sport

    Ausschlielich wissens-intensive Ttigkeiten

    Geregelte Arbeitszeiten knnen regelmig an Kursen teilnehmen

    Betriebliches Lernen Regelmige Schu-lungen

    Werden seltener ge-schult, selbstgesteuertes

    Lernen in der Arbeit

    Arbeitsbelastungen berlastung des R-ckens in der Pflege

    Psychische Belastun-gen

    Bewegungsmangel

    Stress

    Betrieblicher Sport

    im Rahmen des BGM Sport wird auerhalb der Arbeitszeit und

    Auerhalb des Unternehmens angeboten

    Wirkungen durch

    betrieblichen Sport Wohlfhlen

    Strkung des Selbstbewusstseins

    Besserung der Konzentration

    Sozialkompetenz wird gefrdert

    Durch regelmige Kontakte bauen sich Hemmschwellen ab, die Kommunikation wird verbessert

  • 40

    In der Tabelle 2 wurden die zentralen Ergebnisse ber das erste Interview zu-

    sammengefasst. Nachfolgend wird das Interview im zweitgrten Unterneh-

    men Dargestellt.

    6.2. Interview im Inkassounternehmen

    Das zweite Interview wurde in einem Inkassounternehmen gefhrt. Der Inter-

    viewpartner (IP 2) ist fr den Kundenberatung sowie Vertrieb verantwortlich

    und darber hinaus ist er Mitglied der Geschftsleitung. Beschftigt werden in

    diesem Unternehmen dreiig Mitarbeiter, vorwiegend in kaufmnnischen Be-

    rufen, wobei der Nachwuchs vom Betrieb selber ausbildet wird. In diesem Un-

    ternehmen, das strukturell in Innen- und Auendienst gegliedert ist, wird aus-

    schlielich wissensintensive Arbeit verrichtet. Die Arbeitsbelastungen ergeben

    sich aus dem langen Sitzen vor dem Computer, was Haltungsschden verur-

    sacht. Zudem haben die Mitarbeiter im Auendienst einen hohen Termindruck

    und Terminstress: Wir sind also Terminjger (Anlage IV, Z. 46-47). Im In-

    nendienst entsteht Druck aus der Abarbeitung der Arbeitsmengen.

    Betriebliche Gesundheitsfrderung wird ber die Arbeitsplatzverordnungen der

    Berufsgenossenschaft organisiert. Seit einem Vierteljahr wird gezielt Gymnas-

    tik durchgefhrt und damit gerade so der Bereich aufgebaut, der eher vernach-

    lssigt wird, gerade wenn ich viel sitze (Anlage IV, Z. 71-72). Der Gymnas-

    tik-Kurs wird regelmig einmal in der Woche whrend der Arbeitszeit direkt

    am Arbeitsplatz angeboten. Dafr bietet sich das gerumige Foyer des Unter-

    nehmens an. Ein qualifizierter Sportlehrer kommt direkt ins Bro und fhrt die

    Bewegungsmanahme mit den Mitarbeitern durch. Zudem geht er auf indivi-

    duelle Probleme ein. Die Beschftigten nehmen aus allen Bereichen, abtei-

    lungs- qualifikations- und altersunabhngig, an der Gymnastik teil. Die Kosten

    fr diese Manahme werden vom Arbeitgeber bernommen. Zustzlich wird

    die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio subventioniert, das auch fr die Gym-

    nastik verantwortlich ist. IP 2 nimmt an der Manahme im Bro zwar nicht

    teil, jedoch besucht er regelmig das Fitnessstudio. Die Mitarbeiter wurden

    per Email ber das geplante Bewegungsangebot informiert und darber hinaus

    in persnlichen Gesprchen beraten.

  • 41

    Da die Arbeitspltze der dreiig Mitarbeiter verstreut ber das Gebude liegen,

    ist die betriebliche Kommunikation nicht optimal.

    [] weil wir auch von unseren Strukturen her so sehr abteilungsbezogen

    sind, ne? Also wir haben da schon so ein Kastendenken irgendwo [] (Anla-

    ge IV, Z. 293-295).

    Das wchentliche Treffen ist immer ein Highlight wodurch die Beschftigten

    sich besser kennenlernen. Es entstehen da Effekte, die positive Auswirkungen

    haben knnen (Anlage IV, Z. 291-292). Diese manifestieren sich in offenerer

    und freierer Kommunikation. Zudem resultiert aus diesen Effekten eine hhere

    Mitarbeitermotivation, die im Interesse des Unternehmens steht. Da die Ma-

    nahme mit niedrigen Kosten verbunden ist, wird durch den betrieblichen Sport

    mit wenig Aufwand ein positiver Anreiz gesetzt und fr ein besseres Betriebs-

    klima gesorgt. Human Ressource ist ein ganz entscheidender Faktor:

    Das muss man wissen, wie hoch die Fluktuation in den Unternehmen ist. Die

    ist bei uns nicht besonders hoch. Das heit also ganz einfach, wir bauen quali-

    fizierte Mitarbeiter auf und die wollen wir auch langjhrig an uns binden

    (Anlage IV, Z. 443-446).

    Im Auendienst (Vertrieb) fallen die krankheitsbedingten Fehlzeiten hher aus.

    Ob diese durch den betrieblichen Sport gesunken sind, kann noch nicht festge-

    stellt werden. Es wird eine positive Auswirkung auf den Zustand des Skelett-

    apparates erwartet. Darber hinaus spricht IP 2 einen weiteren Aspekt des be-

    trieblichen Sportes an, als mgliche Rehabilitationsmanahme nach einem Un-

    fall oder nach einer lngeren Erkrankung.

    IP 2 ist der Ansicht, dass sich eine gesunde Lebensweise als Unternehmensphi-

    losophie, gravierend auf den bewussten Umgang mit dem eigenen Krper aus-

    wirken kann. Neben dem Sport ist auch wesentlich auf die gesunde Ernhrung

    zu achten. Das Fhrungsverhalten und Engagement ist dabei ein entscheiden-

    der Faktor fr die Mitarbeitermotivation.

    Fortlaufende nderungen und Erneuerungen gehren zum normalen Ar-

    beitsalltag in der Inkassobranche. Die Mitarbeiter lernen whrend der Arbeit

    intern am Arbeitsplatz. Bei speziellen Themen besuchen sie externe Lehrgn-

    ge.

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    Schlielich betont IP 2, dass die Fragestellungen der Untersuchung fr ihn sel-

    ber sehr interessant s