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Praktikumsbericht: Zwischen haka und hei tiki - ein Praktikum im Linden-Museum von Ronja Rutschmann BA-Studiengang Ethnologie Matr.Nr. 21023015 [email protected] Im Rahmen des Moduls B.Eth.112 Praktikumsstelle: Linden-Museum Stuttgart Hegelplatz 1 70174 Stuttgart Ansprechpartnerin: Dr. Ingrid Heermann Zeitraum: 05.03.2012 - 01.04.2012 Abgabe: 06.07.2012

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Praktikumsbericht:

Zwischen haka und hei tiki -

ein Praktikum im Linden-Museum

von

Ronja Rutschmann

BA-Studiengang Ethnologie Matr.Nr. 21023015

[email protected] Im Rahmen des Moduls B.Eth.112

Praktikumsstelle:

Linden-Museum Stuttgart

Hegelplatz 1 70174 Stuttgart

Ansprechpartnerin: Dr. Ingrid Heermann

Zeitraum: 05.03.2012 - 01.04.2012

Abgabe: 06.07.2012

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Inhaltsverzeichnis

EXECUTIVE SUMMARY 3

INFORMATIONEN ZUR EINRICHTUNG UND ZUM PRAKTIKUM 4

INFORMATIONEN ZUR PRAKTIKUMSEINRICHTUNG 4 INFORMATIONEN ZUM PRAKTIKUM 6

ANHANG 11

QUELLENVERZEICHNIS 11 ERLÄUTERUNG DER MAORI-WÖRTER 12 MAORI STIRNBAND 12 INVENTARLISTE KONVOLUT THIELE 13 FOTOS 14

3

Executive Summary

Im März 2012 absolvierte ich ein vierwöchiges Praktikum im Fachreferat Ozeanien des

Linden-Museums in Stuttgart. Das Linden-Museum ist ein staatliches Museum für

Völkerkunde, benannt nach seinem Gründer, Karl Graf von Linden. In den Räumen des

Museums befinden sich Exponate aus aller Welt - aus Afrika, Süd- und Nordamerika,

dem Orient, Südasien, Ostasien und Ozeanien.

Mein Praktikum fiel genau in die letzten Vorbereitungen für die Eröffnung einer

Sonderausstellung über die Maori. Da es sich bei diesen Objekten hauptsächlich um

Leihgaben handelte, bei denen es besondere Sicherheitsvorschriften einzuhalten gilt,

konnte ich beim Aufbau der Ausstellung leider nur eingeschränkt mithelfen. Dennoch

war mein Praktikum sehr abwechslungs- und lehrreich. So inventarisierte ich ein

Konvolut aus Melanesien, recherchierte den Verbleib einiger vor etwa hundert Jahren

gespendeter Objekte, bastelte mit den Museumspädagoginnen poi-Bälle1

, Maori-

Stirnbänder und Tastbilder und half, wo möglich, bei den Vorbereitungen der

Sonderausstellung. Dabei hatte ich unter anderem die Möglichkeit, George Nuku, einen

bekannten Maori-Künstler kennen zu lernen, einen haka zu lernen und der

Eröffnungszeremonie der Ausstellung durch eine Maori-Gruppe beizuwohnen.

Während meines Praktikums wurden mir selten klare Aufgaben gestellt und es war relativ

viel Eigeninitiative nötig. Ich weiß jedoch nicht, ob dies vor allem der Ausnahmesituation

aufgrund der bevorstehenden Ausstellungseröffnung geschuldet war. Ansonsten ist das

Linden-Museum als Praktikumsstelle meiner Meinung nach sehr empfehlenswert. So ist

es eines der wichtigsten Völkerkundemuseen in Europa, hat meines Erachtens einen sehr

guten museumspädagogischen Ansatz und nicht zuletzt eine angenehme

Arbeitsatmosphäre. Es ist jedoch empfehlenswert, vor dem Praktikum bereits etwas

Erfahrung in der Museumsarbeit zu sammeln, etwa durch die dementsprechenden

Seminarangebote unseres Institutes.

1 Erklärungen der Maori-Begriffe: s. Anhang

4

Informationen zur Einrichtung und zum Praktikum

Informationen zur Praktikumseinrichtung

Das Linden-Museum in Stuttgart ist ein staatliches Museum für Völkerkunde. Unterstützt

wird es unter anderem vom Förderverein der „Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu

Stuttgart e.V.“, ursprünglich „Württembergischer Verein für Handelsgeographie und

Förderung Deutscher Interessen im Ausland e.V.". Dieser Verein entstand 1882 in

Stuttgart, unter anderem mit der Zielsetzung, ein „Handelsgeographisches Museum“ zu

gründen. Karl Graf von Linden wandelte das Museum, dessen Namensgeber er später

werden sollte, in ein „Museum für Länder- und Völkerkunde“ um. Er selbst investierte

fast sein ganzes Vermögen in die Sammlungen und in den Bau eines repräsentativen

Museumsgebäudes. Dieses wurde schließlich im Mai 1911, nur fünfzehn Monate nach

dem Tod Graf von Lindens, eingeweiht. Während der Zeit des Nationalsozialismus

gelang es dem Linden-Museum, sich der NS-Kontrolle weitgehend zu entziehen. Die

meisten Objekte konnten während der Bombardierung Stuttgarts in einem nahen

Salzbergwerk untergebracht werden. Die größeren Objekte jedoch wurden zusammen mit

dem Museumsgebäude zerstört. Kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde das

Gebäude am Hegelplatz wieder aufgebaut. Bis heute befinden sich hier die

Räumlichkeiten des Linden-Museums. 1973 übernahmen die Stadt Stuttgart und das Land

Baden-Württemberg die Trägerschaft für das Museum (Lindenmuseum a).

Heute arbeiten im Linden-Museum ungefähr 40 Angestellte – unter anderem

KuratorInnen, MuseumpädagogInnen, Verwaltungsangestellte, RestauratorInnen, PR-

Fachleute, Schreiner, Hausmeister und ein Bibliothekar. Hinzu kommen Aufsichtskräfte,

studentische Hilfskräfte, freie MitarbeiterInnen und PraktikantInnen. Viele der

MitarbeiterInnen sind EthnologInnen – wie die Direktorin des Museums, die meisten

KuratorInnen, eine Museumspädagogin, sowie einige der freien MitarbeiterInnen.

Momentan sind hier die Dauerausstellungen Afrika, Südamerika, Nordamerika, Ostasien,

Südasien und Orient zu besichtigen. Die Ozeanien-Ausstellung wurde vorübergehend

zugunsten einer Sonderausstellung über die Maori geschlossen.

Das Leitbild des Linden-Museums wird auf der Webseite wie folgt beschrieben:

1. Wir sind ein Völkerkundemuseum. Wir betrachten alle Kulturen als

gleichwertig.

2. Wir übernehmen Verantwortung für das kulturelle Gedächtnis der

Menschheit.

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3. Unsere Sammlungen sind unsere Herausforderung und unser Ansporn.

4. Wir stellen die Vielfalt menschlicher Kultur dar und verwirklichen die

unmittelbare, sinnliche wie intellektuelle Begegnung mit originalen Objekten.

5. Wir sensibilisieren für die Dynamik kultureller Prozesse und die Welt von

gestern, heute und morgen.

6. Wir fördern aktiv die Begegnung und den Dialog zwischen Menschen

verschiedener Kulturen.

7. Unsere Besucher beleben unser Museum. Wir machen unser Museum für die

Besucher attraktiv.

8. Wir sind aktiver Partner – weltweit und lokal.

9. Wir sind ein Team, das gemeinsam Ziele realisiert.

10. Wir verändern unser Museum.

(Lindenmuseum b)

Laut ICOM (Internationaler Museumsrat) ist ein Museum

eine gemeinnützige, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche

Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke

des Studiums, der Bildung und des Erlebens materielle und immaterielle

Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt

macht und ausstellt (ICOM 2010: 15).

Dies sind auch die Aufgaben des Linden-Museums. Ein besonderer Schwerpunkt wird

hierbei auf das „Bekanntmachen“ und „Ausstellen“ gelegt. Beim Aufbau von

Sonderausstellungen wird etwa sehr darauf geachtet, dass themenverwandte Objekte nah

beieinander liegen, um so später Führungen besser gestalten zu können. Außerdem

erleben Besucher in Rauminstallationen wie der orientalischen Basarstraße oder dem

japanischen Teehaus die Kulturen sozusagen hautnah. Einen besonderen Stellenwert

nimmt im Linden-Museum auch die museumspädagogische Arbeit mit Kindern ein. Ich

habe während meines Praktikums erlebt, dass zeitweise bis zu fünf Schulklassen

gleichzeitig durch die verschiedenen Sammlungen geführt wurden. Der Jugendclub des

Lindenmuseums bietet Kindern die Möglichkeit, zum Beispiel beim Aufbau einer

Ausstellung hinter die Kulissen zu schauen. Außerdem gibt es spezielle Erzählführungen

für Kinder, Geburtstagsprogramme, Ferienangebote und Bastelworkshops. Für die Maori-

Ausstellung, die während meines Praktikums aufgebaut wurde, wurden eigens Schilder

für Kinder angefertigt, die sie auf einem „Kiwi-Trail“ durch die Ausstellung führen.

Auch haben sie hier die Möglichkeit, einen poi-Tanz oder haka zu lernen.

Um das „Bewahren“ kümmern sich im Linden-Museum sieben Restauratoren, die jeweils

für einen der Teilbereiche Papier, Textil, Metall und organische Materialien zuständig

sind. Für das „Beschaffen“ von Objekten gab es bis vor einigen Jahren noch einen

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bestimmten Jahresetat für jedes Fachreferat. Auch wenn hierfür mittlerweile die

finanziellen Mittel fehlen, bemüht sich das Linden-Museum stets um einen

Gegenwartsbezug. So werden etwa in der Maori-Sonderausstellung unter anderem

zeitgenössische Werke der berühmten Maori-Künstler Lyonel Grant und George Nuku

gezeigt.

Informationen zum Praktikum

Als ich im Sommer 2010 anfing, Ethnologie zu studieren, war die Museumsarbeit

keineswegs mein Berufsziel. Obwohl ich schon als Kind gerne das Linden-Museum

besuchte, wenn ich in Stuttgart bei meinen Großeltern zu Besuch war, hatte ich diese

Möglichkeit nicht einmal in Betracht gezogen. Das änderte sich erst mit dem Seminar

„Objekt-Kultur-Identität“ im zweiten Semester. Dort wurde mir klar, wie vielfältig und

interessant die Museumsarbeit sein kann – und gar nicht so verstaubt wie ihr Ruf. Seit

Mai 2011 arbeite ich daher im Museumspädagogischen Team der ethnologischen

Sammlung unseres Institutes mit. Besonders begeistert mich hier die Cook/Forster-

Sammlung mit ihren Objekten aus Ozeanien. Außerdem belegte ich zwei weitere

Seminare zur Museumsarbeit: „Museumspädagogische Praxis“ und „Ethnologische

Ausstellungspraxis“. Interessanterweise wurde hier auch immer wieder das Linden-

Museum, das ich noch aus meiner Kindheit kannte, als Beispiel erwähnt. Mein

Wunschpraktikum stand daher schnell fest: die Südseeabteilung im Linden-Museum.

Im November 2011 schrieb ich Ingrid Heermann, der Kuratorin des Fachreferats

Ozeanien im Linden-Museum, eine Email. Bereits einen Tag später bekam ich ihre

Antwort, in der sie sich der Praktikumsanfrage gegenüber sehr aufgeschlossen zeigte.

Auch schrieb sie, dass sich als Praktikumstätigkeit vermutlich eine Mischung aus

Arbeiten im Magazin und Vorbereitungen für die geplante Maori-Ausstellung anbieten

würde. Damit ich vor allem diese Vorbereitungen noch miterleben könne, schlug Frau

Heermann den Zeitraum vom 5. März 2012 bis zum 1. April 2012 vor. In dieser Zeit war

ich Montag bis Freitag von 9:00 bis 17:00 im Museum, das Wochenstundenmaß betrug

also 40 Stunden. In meiner letzten Praktikumswoche war ich zusätzlich auch Samstag

und Sonntag im Linden-Museum.

Der Zeitraum meines Praktikums war bewusst so gewählt, dass ich beim Aufbau der

geplanten Maori-Sonderausstellung helfen konnte, die am 1. April eröffnete. Hierbei

handelt es sich in weiten Teilen um eine Ausstellung des „Museum Volkenkunde

Leiden“, die durch weitere Leihgaben und eigene Objekte des Linden-Museums ergänzt

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wurde. Eine Besonderheit der Ausstellung war es, dass alte Objekte und moderne

Kunstwerke gleichberechtigt nebeneinander gezeigt wurden. So waren auf der einen Seite

viele traditionelle taonga ausgestellt, wie etwa hei tiki, verschiedene Waffen,

Schnitzereien, Umhänge oder Matten. Auf der anderen Seite waren aber auch moderne

Installationen zu sehen, wie das Outer Space Marae von George Nuku, das wharenui von

Lyonel Grant oder verschiedene Videoinstallationen, etwa zum Thema Waitangi.

Bereits am ersten Tag standen meine Betreuerin und ich jedoch vor einem Problem. Aus

versicherungstechnischen Gründen war es mir als Praktikantin untersagt, die wertvollen

Leihgaben zu berühren. Diese neue Regelung war bei Abschluss des Praktikumsvertrags

noch nicht bekannt gewesen. Eine Mitarbeit beim Aufbau der Ausstellung war mir damit

so gut wie unmöglich geworden. Frau Heermann ihrerseits war verständlicherweise sehr

von den Vorbereitungen in Beschlag genommen. Die Rahmenbedingungen des

Praktikums waren also zunächst nicht so gut wie erhofft. Später sollte sich aber

herausstellen, dass diese Situation auch einen positiven Aspekt hatte: Anstatt

ausschließlich mit dem Aufbau der Ausstellung beschäftigt zu sein, bekam ich die

verschiedensten Aufgaben gestellt. Und wenn meine Betreuerin keine Zeit hatte, half ich

anderen Mitarbeitern bei ihren jeweiligen Tätigkeiten. So hatte ich letztendlich die

Möglichkeit, Einblick in viele unterschiedliche Bereiche der Museumsarbeit zu

bekommen.

Für die Zeit meines Praktikums bekam ich einen Arbeitsplatz im Volontärszimmer,

gemeinsam mit einer Museumspädagogin und einer Praktikantin aus Frankreich, die

bereits an der Maori-Ausstellung in Leiden mitgearbeitet hatte. Zunächst sollte ich eine

Sammlung von Objekten inventarisieren, die der ehemalige Direktor des Linden-

Museum, Prof. Dr. Peter Thiele, diesem geschenkt hatte. Hiervon existierte bislang nur

eine ungenaue Liste für die Spendenbescheinigung. Mithilfe verschiedener Bücher

machte ich mich zunächst etwas vertrauter mit der Kultur der Dani, von denen die

Objekte stammten. So konnte ich unter anderem einige indigene Bezeichnungen

herausfinden sowie Informationen über Herstellung und Gebrauch der Objekte sammeln.

In einem Magazinraum vermaß ich diese, versah sie mit Objektetiketten und verstaute sie

sicher in Kartons. Mehrmals wurde mir dringend nahegelegt, beim Arbeiten mit den

Objekten Handschuhe zu tragen, mir die Hände häufig zu waschen und mit einer

Schutzsalbe einzucremen. Da das Zimmer nicht klimatisiert war, sollte ich es außerdem

möglichst oft verlassen, um frische Luft zu bekommen. Der Grund für diese

Vorkehrungen war, dass bei älteren Objekten die im Laufe der Zeit angewendeten

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Pestizide gesundheitsgefährdend sein können. Da einige der Mittel krebserregend oder

erbgutverändernd sein können, ist hier äußerste Vorsicht angebracht. Nach Erfassung

aller Objekte schrieb ich eine Liste, auf der ich die Maße, die Objektbezeichnung, sowie,

wo vorhanden, weitergehende Informationen notierte.2

Mein nächstes größeres Projekt war eine Recherche über den Verbleib einiger Objekte,

die vom Missionar Heinrich Fellmann vor über 100 Jahren in Melanesien gesammelt

wurden. Ein Nachfahre des Missionars hatte um diese Informationen gebeten. In den

Sammlungslisten des Museums suchte ich zunächst die Inventarnummern der Objekte

heraus. In den dazugehörigen Inventarbüchern recherchierte ich dann, welche dieser

Objekte verkauft oder getauscht wurden. Da das Linden-Museum, wie bereits erwähnt,

erst seit 1973 in öffentlicher Trägerschaft ist, diente der Verkauf von Objekten lange der

Finanzierung des Museums. Eine Herausforderung bei der Recherche war mitunter die

Entzifferung der altdeutschen Handschrift, in der die Anmerkungen geschrieben waren.

Nachdem ich die nötigen Informationen herausgefunden hatte, fasste ich sie wiederum in

einer Liste zusammen, die Frau Heermann an den Nachfahren Fellmanns weiterleitete.

In der Zwischenzeit half ich immer wieder verschiedenen Mitarbeitern des Museums bei

ihren jeweiligen Tätigkeiten. So schnitt ich etwa für die Museumspädagogik Schnüre und

Papiere zu, die dann bei Kindergeburtstagen oder ähnlichem als Material für poi-Bälle

und Stirnbänder dienten. Außerdem bereitete ich Bastelbeispiele für die lange Nacht der

Museen vor. Für die Ausstellungskooperation vermaß ich unter anderem die Räume der

Sonderausstellung aus. Außerdem las ich immer wieder die Texte meiner

Zimmerkolleginnen zur Korrektur, vor allem die deutschen Texte der Praktikantin aus

Frankreich.

In der zweiten Hälfte meines Praktikums hatte ich schließlich doch noch die Möglichkeit,

beim Aufbau der Maori-Ausstellung dabei zu sein. So half ich etwa einer Restauratorin

beim Aufbau des alten wharenui, das Anfang des 20. Jahrhunderts von dem bekannten

Maori-Künstler Tene Waitere für das Linden-Museum konstruiert wurde. Da vom alten

Aufbau des Versammlungshauses keine Skizze mehr existierte, war dies eine besondere

Herausforderung. Auch beim Aufhängen der großen Informationstafeln, die innerhalb der

Vitrinen angebracht wurden, konnte ich den Restauratorinnen zur Hand gehen.

Schließlich konnte ich auch doch noch beim Einrichten der Vitrinen helfen, allerdings nur

mit Objekten, die Eigentum des Lindenmuseums waren.

2 siehe Anhang

9

Des weiteren nahm ich am Informationstag für die freien Mitarbeiter teil, die in die

Maori-Ausstellung eingeführt wurden. Unter anderem lernten wir hier die wichtigsten

Maori-Begriffe, einen poi-Tanz sowie den ka mate. Der ka mate ist der haka, der bis vor

einigen Jahren auch von der Neuseeländischen Footballmannschaft, den All Blacks, vor

jedem Spiel getanzt wurde. Außerdem klärten wir die wichtigsten Fragen rund um die

Ausstellung und besprachen mögliche Führungsthemen. Dabei wurde unter anderem eine

Führung für Blinde geplant, da das Linden-Museum häufig mit der Stuttgarter

Nikolauspflege zusammenarbeitet, einer Stiftung für Sehbehinderte. Damit auch diese die

Tatauierungen der Maori kennen lernen können, fertigte ich einige Tastbilder an. Hierfür

übertrug ich mehrere Skizzen und Bilder von Tatauierungen auf Prägefolie, die ich

anschließend auf einer festen Pappe befestigte.3 Für das Kinderprogramm bastelte ich

außerdem poi-Bälle und fertigte eine Bastelanleitung für die Maori-Stirnbänder an.4

In der letzten Woche vor Ausstellungseröffnung hatte ich die Möglichkeit, George Nuku

kennen zu lernen. George Nuku ist ein bekannter Maori-Künstler, dessen Installation

Outer Space Marae in der Maori-Ausstellung im Linden-Museum zu sehen ist.

Außerdem zierte ein Foto von ihm alle Plakate und Flyer der Ausstellung5. Ich war,

gemeinsam mit der französischen Praktikantin, für seine Betreuung zuständig, während er

sein Kunstwerk aufbaute. Gemeinsam entfernten wir zunächst mit Teppichmessern die

Silikonreste, die vom letzten Aufbau des Kunstwerkes auf diesem zurückgeblieben

waren. Später half ich George beim Aufbau der Installation, indem ich unter anderem den

Handwerkern, die kein Englisch sprachen, seine Anweisungen übersetzte.6

Das

Besondere an Georges Installation ist die Tatsache, dass diese nicht, wie sonst üblich, aus

Holz angefertigt ist. Tatsächlich schnitzte er in Handarbeit sein Werk aus einem großen

Plexiglasblock. Auch wenn dies eine noch höhere Geschicklichkeit und Anstrengung

erfordert als das Arbeiten mit Holz, werden seine Kunstwerke auf dem Maori-

Kunstmarkt häufig nicht anerkannt, da sie nicht „traditionell“ genug sind. Seine

Erklärung für die Wahl seiner Materialien war jedoch, dass die Maori heute nicht mehr in

einer „world of wood“ sondern in einer „world of plastic“ leben. Dies möchte er in seinen

Kunstwerken ausdrücken.

Ein besonderes Highlight war das Eröffnungswochenende. Am Samstag wurde der

Ausstellung noch der letzte Schliff verliehen und George tanzte mit uns erneut den haka.

3 Fotos der Tastbilder befinden sich im Anhang

4 Die Bastelanleitung für Maori-Stirnbänder befindet sich im Anhang

5 Siehe Anhang

6 Ein Foto des Aufbaus befindet sich im Anhang

10

Dadurch hatten wir nun auch die offizielle Genehmigung von Maori-Seite, diesen

eigenständig mit Kindern zu einzuüben. Am Sonntag, den 1.April 2012 war schließlich

die Eröffnungsfeier. Zunächst wurden die Ausstellungsräume von einer eigens

eingereisten Maori-Gruppe zeremoniell gereinigt und eröffnet. Hierfür versammelten wir

uns alle vor dem Haupteingang und folgten dann den Maori in einer langsamen

Prozession in das Gebäude und durch die Ausstellungsräume. Mit Gesängen, Rufen und

Tänzen riefen die Maori die ausgestellten Objekte ins Leben zurück, da diese nach ihrem

langen Aufenthalt in dunklen Kisten erst wieder „geweckt“ werden mussten. Außerdem

sollten die Ausstellungsräume von allem Schlechten gereinigt werden. Danach fanden die

offiziellen Feierlichkeiten statt, bei der bereits viele Besucher anwesend waren.

Insgesamt war es eine sehr schöne Erfahrung für mich, das Ergebnis der langen

Vorbereitungen zu sehen, die ich für eine Zeit begleiten konnte.

Da die Vorbereitungen auf die Ausstellung die volle Aufmerksamkeit meiner Betreuerin

erforderten, musste ich, wie bereits erwähnt, mein Praktikum in großen Teilen selbst

gestalten. Dies nahm ich jedoch nicht als sehr problematisch wahr, da Frau Heermann mir

trotzdem stets für Fragen zur Verfügung stand und ich häufig die Möglichkeit hatte, sie

bei ihrer Arbeit in der Maori-Ausstellung als „Beobachterin“ zu begleiten. Außerdem

konnte ich durch die so gewonnenen „Freiheiten“ auf eigene Faust auch andere Bereiche

der Museumsarbeit, und vor allem der Museumspädagogik, kennenlernen.

11

Anhang

Quellenverzeichnis

ICOM (2010) Ethische Richtlinien für Museen von ICOM. Elektronisches Dokument.

<http://www.icom-deutschland.de/client/media/364/icom_ethische_richtlinien_d_2010.pdf>

[20.06.2012]

Lindenmuseum (o.J.) a: Geschichte des Lindenmuseums. Elektronisches Dokument.

<http://www.lindenmuseum.de/html/deutsch/museum/geschichte/geschichte.php>

[20.06.2012]

Lindenmuseum (o.J.) b: Leitbild. Elektronisches Dokument.

<http://www.lindenmuseum.de/deutsch/linden-museum/leitbild/> [20.06.2012]

12

Erläuterung der Maori-Wörter

Haka: Tanz der Maori; verschiedene Arten, etwa Willkommens-, oder Kriegstanz

Hei tiki: Jadeschmuckstück, um den Hals getragen (hei=hängen, tiki=menschl. Figur)

Ka mate: „Das ist der Tod“

Marae: Platz um das wharenui

Poi: Ball, an einer Schnur befestigt

Taonga: Materielle und immaterielle Kulturschätze der Maori

Wharenui: Versammlungshaus

Maori Stirnband

Material:

1 weißer, 1 roter, 1 schwarzer langer Papierstreifen

1 kurzer Papierstreifen

Klebeband

Anleitung:

1. Klebe den schwarzen Streifen auf die Rückseite des roten Streifens und knicke ihn um.

Klebe den weißen Streifen auf die Rückseite des schwarzen Streifens und knicke ihn

um.

2. Knicke den roten Streifen so über den weißen Streifen, dass er parallel zum schwarzen

Streifen liegt.

3. Knicke den schwarzen Streifen so über den roten Streifen, dass er parallel zum weißen

Streifen liegt.

4. Flechte das Band so immer weiter, bis die Streifen fast zu Ende sind. Klebe Sie dann

auf der Rückseite fest, so dass das Band nicht mehr aufgehen kann. Schneide die

überstehenden Streifen ab.

5. Klebe den kurzen Streifen an beiden Seiten des Stirnbandes fest. Wenn du dir das

Band vorher um den Kopf legst, kannst du den Streifen so befestigen, dass dir das

Stirnband gut passt.

Fertig ist dein Maori Stirnband.

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Inventarliste Konvolut Thiele

Anm.: Da die gesamte Inventarliste 15 Seiten umfasst, ist hier nur ein kleiner Teil

abgedruckt

Verschiedenes (Karton P)

1) Männerschmuck: Holzstäbchen, längs miteinander verknüpft

Vermutlich Hochland

21,5x12x0,5

2) Schurz: umflochtene Faserstreifen, im oberen Teil

zusammengefügt, an den unteren Enden sind gelbe Holzstücke

aufgefädelt

34x13x4

3) Schmuckband: Fasergeflecht, mit Nassaschnecken besetzt; an

den Enden sind Kuskusfelle angebracht

295x2,5x1

4) Magisches Bündel aus dunkelbraunem Stoff und Holzstäbchen,

mit Faserschnüren umwickelt

15x6x6

5) Magischer Anhänger: Tierkralle, an Faserschnur befestigt 9x8x1,5

6) 6 Naturfaserschnüre, mit gelben und braunen Faserstreifen

überstochen, im oberen Teil zu Schlaufen zusammengebunden;

vermutlich Schurz oder Teil eines Schurzes

35x4,5x2

7) 6 Naturfaserschnüre, mit gelben und braunen Faserstreifen

überstochen, im oberen Teil zu Schlaufen zusammengebunden;

vermutlich Schurz oder Teil eines Schurzes

36x6x2

8) Maultrommel aus Holz, an der mit Faserschnur ein

Holzstab befestigt ist

21x1,5x0,5

(18,5x1x1)

9) Längliches Bambusgefäß mit Ritzdekor, ohne Stopfen 29x4x4

10) Brustschmuck: dünner langer Holzstab, zur Kette gebogen,

Beeren und Bambusstücke aufgefädelt

27x28x1

11) Brustschmuck: dünner langer Holzstab, zur Kette gebogen,

Zähne und Knochen aufgefädelt

28x15x1

14

Fotos

Abb. 1: offizielles Plakat der Maori-Ausstellung; George Nuku

Abb. 2: Inventarisierung, Nasenschmuck der Dani

15

Abb. 3: Tastbilder von Maori-Tatauierungen

Abb. 4: Aufbau des Outer Space Marae mit George Nuku

(https://www.facebook.com/LindenMuseumStuttgart)