23. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie
23. Kongress derDeutschsprachigenGesellschaftfür Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie27. und 28. Februar 2009 in München
Herausgegeben von E. Fabian, G. U. Auffarth, T. Kohnen
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Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.
Anschriften der Herausgeber:
Prof. Dr. Ekkehard FabianAugencentrum MVZ RosenheimLuitpoldhausBahnhofstr. 12
D 83022 Rosenheim
Die Deutsche Bibliothek – CIPEinheitsaufnahme
Deutschsprachige Gesellschaft für IntraokularlinsenImplantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie; 23. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für IntraokularlinsenImplantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie. – Köln, Biermann Früher u. d. T.: Deutschsprachige Gesellschaft für IntraokularlinsenImplantation: ...Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für IntraokularlinsenImplantation
27. – 28. 2. 2009 in MünchenISBN: 9783930505586EAN: 9783930505586
Copyright © 2010 by Biermann Verlag GmbH, D 50997 Köln. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Photokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren) reproduziert oder unter Verwendung von mechanischen bzw. elektronischen Datenverarbeitungsmaschinen gespeichert, systematisch ausgewertet oder verbreitet werden. Lektorat: Dagmar Fernholz, Köln Satz und Layout: Regine Becker, Sankt AugustinDruck und Bindung: TZ Verlag & Print GmbH, Roßdorf
Prof. Dr. Gerd U. AuffarthUniversitätsAugenklinikRuprechtKarlsUniversitätIm Neuenheimer Feld 400
D 69120 Heidelberg
Prof. Dr. Thomas KohnenKlinik für AugenheilkundeJohann Wolfgang GoetheUniversitätTheodorSternKai 7
D 60590 Frankfurt am Main
Vorwort
Mit diesem Band erhalten Sie zum 23. Mal ein gedrucktes Werk mit der Niederschrift der Referate und Vorträge. Sowohl jeder Band alleine als auch die Gesamtheit aller bisheriger Kongressbände der DGII zeugen von dem fortwährend wissenschaftlich hochwertigen Standard der Präsentationen auf den Jahrestagungen der Deutschsprachigen Gesellschaft für IntraokularlinsenImplantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie.
In diesem Jahr standen IOLThemen und Laseranwendungen besonders für die refraktive Chirurgie an Linse und Hornhaut im Vordergrund. Dabei nahm die Chirurgie der Presbyopie einen weiten Bereich ein. Bereichert wurde der 23. Kongress durch die erstmalige Aufnahme des Themas Qualitätsmanagement und Ergebnisdokumentation, durch einen eigenen Vortragsblock mit dem Update 2009 der Retinologischen Gesellschaft sowie durch „LiveOPKurse“. Die DGII hat erstmalig einen Wissenschaftspreis verliehen: Herr PD Dr. Wolfgang Haigis wurde für seine langjährigen Forschungsergebnisse, Vorträge und Kurse zur Biometrie geehrt.
In München hatten wir mit dem MOCMünchen eine ansprechende Kongressinfrastruktur. Besonders die gut integrierte und großflächig ausgestatte Industrieausstellung fand Anklang. Auch ist uns allen der Gesellschaftsabend in der BMWWelt eindrucksvoll in Erinnerung geblieben.
Es bleibt, herzlichen Dank zu sagen für die Organisation durch die CongressOrganisation Gerling, für die Beiträge der Autoren, für die erneute Erstellung des Kongressbandes durch den Biermann Verlag und die gute Zusammenarbeit mit der Lektorin.
E. Fabian, G. U. Auffarth, T. Kohnen
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Vorwort des DGII-Präsidenten zum 23. Kongress der DGII
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste der DGII,
in diesem Jahr kehrt die DGIIJahrestagung wieder in die bayrische Landeshauptstadt München zurück, wo wir bereits 1992 einen ausgezeichneten Kongress erleben durften. Wir folgen damit einer Tradition der wechselnden Tagungsorte in der deutschsprachigen Region, die sich in den letzten Jahren bewährt hat und seit der Gründung der DGII üblich ist.
In den letzten 20 Jahren hat die Ophthalmochirurgie einen immensen Wandel erlebt – sowohl in der Anzahl der Eingriffe als auch in der technischen Durchführung und den Möglichkeiten. Exemplarisch hierfür möchte ich eine Entwicklung aufgreifen, die viele von uns miterleben durften: Kataraktchirurgie mit Linsenimplantation – von der extrakapsulären Kataraktextraktion mit IOLImplantation über einen 8 bis 10 mm großen Schnitt vor ca. 25 Jahren zur minimalinvasiven Kataraktchirurgie (MICS) zum heutigen Zeitpunkt. Zu der Gründungszeit der DGII im Jahr 1987 wurden gerade die ersten Tunnelschnitte (man erinnert sich noch an die „FrownInzision“) für den Kataraktzugang in den USA, Deutschland und anderen Ländern entwickelt. Danach folgte die „Clear cornea incision“ mit Tropfanästhesie, heute gilt als neueste Technik die MICS mit „sub 2 mm“ Inzisionen.
Hier eine markante Zahl, die uns auch die immense Entwicklung während dieser Zeit verdeutlicht: Im Jahr 1992 wurden in Deutschland zwischen 150.000 und 180.000 Katarakteingriffe durchgeführt, im Jahr 2008, also gerade einmal 16 Jahre später, wird diese Zahl inzwischen auf 600.000 bis 650.000 geschätzt. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie ebenfalls auf eine interessante Feststellung aus dem letzten November hinweisen: „Jede zehnte medizinische Behandlung in der EU ist fehlerhaft“, so ein Bericht im Deutschen Ärzteblatt vom 24. November 2008: „Behandlungsfehler von Ärzten sind keine Ausnahmefälle. Nach Angaben der EUGesundheitskommissarin kommen die Patienten bei rund 10 % der medizinischen Behandlungen in der Europäischen Union zu Schaden. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb eine Reihe von Empfehlungen umsetzen, die die Sicherheit der Patienten verbessern soll. Dazu gehört unter anderen auch, dass die Klagen nach einem medizinischen Behandlungsfehler erleichtert werden und die Entschädigung sichergestellt wird. In Deutschland landen pro Jahr rund 10.000 Fälle vor Gericht oder bei den medizinischen Diensten der Krankenversicherer“, so das Deutsche Ärzteblatt. Die DGII hat sich diesem Thema auch gewidmet, und ich darf Sie auf unsere Sitzung „QM – Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie“ hinweisen.
Meine Damen und Herren, die DGII wurde 1986 als Deutschsprachige Gesellschaft für IntraokularlinsenImplantation (DGII) gegründet. So ist das Ziel der Gesellschaft als gemeinnütziger Verein, die wissenschaftliche und praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der intraokularen Implantation von Linsen sowie der Katarakt, interventionellen und refraktiven Chirurgie des Auges durch Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse und praktischer Erfahrungen und
durch Anregungen wissenschaftlicher Arbeiten zu fördern. Seit ihrer Gründung wurde der Name der Gesellschaft noch zweimal geändert. Nach einer Pionierphase der refraktiven Chirurgie mit Schnitttechniken (z. B. die radiäre Keratotomie), die nicht immer zufriedenstellend waren, leitete die Entwicklung und klinische Einführung des Excimerlasers einen Vormarsch der Korrektur von Refraktionsfehlern am Ende des letzten Jahrhunderts ein. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, wurde der Name der Gesellschaft in Deutschsprachige Gesellschaft für IntraokularlinsenImplantation und Refraktive Chirurgie geändert.
Vor zwei Jahren nun hat sich der Vorstand der DGII die berechtigte Frage gestellt, wie man der weiteren Ausbreitung von ophthalmochirurgischen Maßnahmen, die sehr häufig von den primär vorderabschnittsorientierten Chirurgen durchgeführt werden, Rechnung tragen soll. Die „Intervention“ wurde in den Namen der Gesellschaft aufgenommen und so heißt unsere Gesellschaft heute Deutschsprachige Gesellschaft für IntraokularlinsenImplantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie.
Ich darf der 23. DGIIJahrestagung in München einen guten Verlauf wünschen, Herrn Professor Ekkehard Fabian, der Kongressorganisation Gerling, den Vorstandsmitgliedern und der Programmkommission sowie allen Aktiven für ihr außerordentliches Engagement danken und wünsche uns allen zwei schöne und erfolgreiche Tage in München.
Thomas KohnenPräsident der DGII
98 Vorwort des dGII-PräsIdenten zum 23. KonGress der dGII
98 Vorwort des dGII-PräsIdenten zum 23. KonGress der dGII
Laudatio für Dr. Wolfgang Haigis
Herrn Privatdozent Dr. rer. nat. DiplomPhysiker Wolfgang Haigis ist während des 23. Kongresses der DGII in München am 27. Februar 2009 der erstmals vergebene Wissenschaftspreis der DGII verliehen worden. Mit dieser Preisverleihung sollen herausragende wissenschaftliche Leistungen eines deutschsprachigen Wissenschaftlers ausgezeichnet werden.
Herr Dr. Haigis hat sich seit 1977 in langjähriger, konstanter, wissenschaftlicher Tätigkeit weltweite Anerkennung erworben. Die nach ihm benannte HaigisFormel für die Biometrie ist nur ein Teil seiner Arbeit. Sein Wissen um die Biometrie, und zwar um die Ultraschalllängenmessung des Augapfels und die Entwicklung der HaigisFormel, sind zugleich Basis gewesen, um der optischen Biometrie mit dem IOLMaster (Carl Zeiss Meditec) zu einem weltweiten Erfolg zu verhelfen. Die ständige Optimierung von IOLKonstanten, die seit 1999 freie ZurVerfügungStellung dieser Ergebnisse sowie die OnlineIOLBerechnung im Internet ist das Verdienst der von Dr. Haigis gegründeten User Group for Laser Interference Biometry (ULIB) (www.augenklinik.uniwuerzburg.de/eulib). Die unermüdliche Schaffenskraft führte zuletzt zur HaigisLFormel der Biometrie bei Augen nach myoper und hyperoper refraktiver Hornhautchirurgie.
Dieses Wissen hat Dr. Haigis in insgesamt über 490 Vorträgen, davon 51 auf Kongressen der DGII, sowie 188 wissenschaftlichen Publikationen vorgetragen. Zusätzlich hat er in 158 Kursen auf nationalen und internationalen Kongressen eine große Anzahl an Ophthalmologen auf dem Gebiet der Biometrie weiter und fortgebildet.
Sein Engagement fand auch Ausdruck als Gründungsmitglied der Technologie in Medizin und Gesundheitswesen e. V. (TIMUG) und des IOLPowerClubs. Mitgliedschaften in einer Vielzahl von wissenschaftlichen Gesellschaften runden sein Tätigkeitsspektrum ab.
Die DGII anerkennt mit ihrem erstmals vergebenen Wissenschaftspreis einen Wissenschaftler auch für die so großen klinischen Auswirkungen seiner Tätigkeit. Die Ophthalmochirurgie hat damit eine Basis erhalten, präoperativ eine sehr hohe Zielgenauigkeit bei der Biometrie zu gewinnen. Die operierten Patienten der Kataraktchirurgie und insbesondere der refraktiven Linsenchirurgie erhalten damit ein ausgesprochen hohes Maß an Sicherheit.
Es ist der DGII eine besondere Freude, ihr langjähriges Mitglied, Herrn Privatdozent Dr. Haigis mit dieser Preisverleihung zu ehren.
Ekkehard FabianTagungspräsident des 23. Kongresses der DGII
Wolfgang Haigis
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Eröffnungsrede des Tagungspräsidenten
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Gäste,lieber Vorstand der DGII,
es ist eine besondere Ehre für mich, hier vor Ihnen stehen zu dürfen, um heute den 23. Kongress der DGII 2009 offiziell zu eröffnen. Dieser Kongress eröffnet seit nunmehr 23 Jahren den jährlichen Reigen der ophthalmologischen Kongresslandschaft mit wissenschaftlichen Vorträgen zum vorderen Augensegment. Zusammen mit dem jährlichen Kongressband ist dieser Kongress das Hauptsprachrohr der Gesellschaft. Sehr schnell konnte die DGII ab 1987 an Zuspruch und Reputation gewinnen. Neben der DOG, dem BVA mit ihren Jahreskongressen und dem Jahreskongress der DOC haben sich dieser Kongress und die DGII nach zwischenzeitlichen Problemen wieder zu einer wichtigen Säule der Wissensvermittlung fortentwickelt.
Es wird immer wieder die Frage gestellt, können wir es uns leisten, eine so breite Kongresslandschaft in Deutschland aufrechtzuerhalten? Regional, überregional und international gibt es ein breites und sehr häufiges Kongress und Tagungsangebot. Ich meine, wir können und müssen uns diese Art des Wissenstransfers und der Kommunikation leisten.
Zum Glück für die Patienten und uns ist die Augenheilkunde ein ausgesprochen innovatives Fach. Dies kommt auch zum Ausdruck durch die Unterstützung unseres Faches seitens der Industrie. Hier in München haben wir trotz der heraufziehenden Wolken aus der Finanz und Wirtschaftswelt eine ausgesprochen hohe Beteiligung an der Industrieausstellung.
Lassen Sie uns kurz einen Blick auf die durch die DGII vermittelte Kommunikation und Innovation werfen. Vom 6. bis 7. März 1992 fand zuletzt in München ein Kongress der DGII unter Leitung von Prof. Thomas Neuhann statt. Der 6. Kongressband berichtet sehr umfänglich davon. Themen, die dort zum Teil erstmalig vorgetragen wurden, haben uns die letzten Jahre intensiv bei der Optimierung der Patientenversorgung beschäftigt:
– die Konstruktion nahtfreier Wunden small incision und frown incision – Astigmatismus– erste Ergebnisse der faltbaren Acrysof warmes Wasserbad, Faltbarkeit, Material – Nachstar– frühe Ergebnisse von MIOL Zukunft oder Sackgasse – Nebenwirkungen– refraktive Linsenchirurgie (2 Beiträge) WorstFechner IOL – OPTrauma– refraktive HHChirurgie (1 Beitrag) PRK und Hyperopie – noch in den Anfängen
Die gleichen Themen beschäftigen uns heute weiterhin intensiv.
– Wundverschluss MICS unter 2 mm– faltbare IOL preloaded– MIOL rund um die Presbyopie – refraktive Chirurgie ExcimerLaser, FemtoLaser, Solid state
Über die letzten 15 Jahre hat sich die Anzahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen und damit der Themenschwerpunkt von Tagungen und Kongressen immer wieder verändert:
1990–1995 Glaukom neue Medikamente, neues OPPrinzip1995–2005 Refraktive Chirurgie HH und vermehrt Linse, Presbyopie2005–2009 Netzhaut Medical Retina, 20 g2006 Hornhaut alle Schichten: AmnionMembran, FemtoKP, DSAEK
Zu all diesen vier Themen werden Sie hier auf wissenschaftlichen Sitzungen den aktuellen Stand und neue Ergebnisse vorgetragen bekommen. Neu aufgenommen in den Themenbereich ist eine eigenständige Sitzung zum Thema Qualitätsmanagement und Ergebnisdokumentation.
Besonders freue ich mich daher, dass die Retinologische Gesellschaft (RG) sich sofort bereit erklärte, erstmals ein Update des Jahres in einer eigenen wissenschaftlichen Sitzung vorzutragen. Retinologische Besonderheiten und Probleme für den Vorderabschnittschirurgen und Medical Retina werden vorgetragen. Kommunikation untereinander und Kooperation miteinander mögen damit für die DGII und die RG zukünftig vorgegeben sein.
Zu den 122 wissenschaftlichen Beiträgen und den 13 Kursen sowie dem Programm für das Medizinische Fachpersonal wünsche ich Ihnen im Namen der DGII eine erfolgreiche Wissensaufnahme und Kommunikation untereinander.
Ekkehard FabianTagungspräsident des 23. Kongresses der DGII
12 eröffnunGsrede des taGunGsPräsIdenten
Inhalt
Diagnostische Verfahren
I. J. Limberger, C. Schuhmacher, G. U. AuffarthAuswertung der Kataraktdichte: Der Vergleich zwischen dem Pentacam ScheimpflugSystem und dem LensOpacityClassificationSystem III . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
G. Gerten, O. Kermani, K. Schmiedt, E. Farvili, A. Foerster, U. OberheideVergleich von manueller und EDVgestützter Torsionskontrolle in der refraktiven Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Hornhaut, KPL, CXL
M. Baumeister, O. K. Klaproth, J. Gehmlich, T. KohnenKorneale Wellenfrontaberrationen nach Kollagenvernetzungsbehandlung (Crosslinking) bei Keratokonus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Allgemeines/Nachstar/Varia
M. Wenzel, D. T. Pham, A. Scharrer, K. Schayan, J. KlasenUmfrage von DGII, BVA und BDOC 2008 zur ambulanten Intraokularchirurgie . . . . . . . . . 45
K. Gerstmeyer, S. LehrlKataraktOP und kognitive Leistungssteigerung – Erkenntnisstand nach zehn Jahren . . . . 53
Aphakie-IOL/Endophthalmitis
U. Baum, M. BlumRetropupillare Irisklauenlinse bei Kapselsackverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
J. C. Schmidt, St. MenneleIst die Irisfixation der IOL bei Patienten mit Aphakie und diabetischer Retinopathie indiziert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
E. Margolina, H. Hoerauf, M. Müller Vitrektomie bei Endophthalmitis ohne systemische Antibiose? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
St. KohnenEndophthalmitisprophylaxe bei der Kataraktchirurgie – Umsetzung praktischer Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
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QM – Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie
E. FabianQualitätsmanagement und Ergebnisdokumentation in der Kataraktchirurgie . . . . . . . . . . . 93
St. Schmickler, U. HahnErgebnisdatenbank der OcuNetGruppe – Zusammenfassung der wesentlichen Eckdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
A. Händel, A. Jünemann, B. Bachmann, H. U. Prokosch, A. Beyer, T. Ganslandt, D. Kraska, S. Beyaz, J. A. Wobbe, F. E. KruseQMErgebnisdokumentation Kataraktchirurgie: VISTANET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Innovative IOLs
T. KohnenGlobale klinische Ergebnisse zur phaken kammerwinkelgestützten AcrySofIntraokularlinse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Y. Heggemann, I. J. Limberger, A. Mannsfeld, A. Ehmer, M. P. Holzer, G. U. AuffarthDynamische Stimulationsaberrometrie zur objektiven Evaluierung der Akkommodationsfähigkeit bei Patienten mit phaken IOL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
E. RothRotation von torischen IOLs bei Kapselsackschrumpfung – Simulation . . . . . . . . . . . . . . 125
M. Müller, T. Kohnen3PunktSklerafixation torischer Intraokularlinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
Refraktive Hornhautchirurgie
J. Bühren, T. KohnenDas Konzept „Optische Qualität“ – ein neues Paradigma in der Augenheilkunde . . . . . . . 143
St. Schmickler, A. HaselhoffDas optimale Alter für die LASIK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
A. Ehmer, A. F. M. Borkenstein, M. P. Holzer, G. U. AuffarthAblehnungsgründe für refraktive ExcimerlaserBehandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
M. P. Holzer, A. Mannsfeld, A. Ehmer, G. U. AuffarthErste klinische Ergebnisse nach INTRACOR zur Presbyopiekorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . 161
1514 Inhalt Inhalt
A. Mannsfeld, M. P. Holzer, A. Ehmer, G. U. AuffarthLesevermögen und Patientenzufriedenheit nach der INTRACOR Presbyopiebehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
A. S. Bauch, M. Taaffe, T. KohnenLASIKBehandlung bei steilen und flachen Hornhäuten mit dem Intralase FS 60 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
Biometrie/Varia
W. HaigisIOLBerechnung bei hoher Myopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
A. Mannsfeld, A. Ehmer, M. P. Holzer, G. U. AuffarthPowerVektorAnalyse bei phaken und pseudophaken Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
T. M. Rabsilber, C. Jepsen, L. Hildebrandt, G. U. Auffarth, M. P. HolzerBerechnung der Intraokularlinsenstärke mit einem neuen Biometriegerät . . . . . . . . . . . . 189
W. Haigis, B. M. LegeHornhautbrechwertbestimmung nach LASIK mit der Pentacam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
P. C. HoffmannErgebnisse und Optimierung der IOLBerechnung bei 3.046 Augen . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
P. C. HoffmannBiometrieergebnisse von 23.239 Augen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
Phakotechniken
E. FabianRotation: eine neue EmulsifikationsOPTechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
C. Werschnik, F. WilhelmDie Kombination von MICS mit der 23GaugeVitrektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
N. Müller, M. Möglich, H. Häberle, D. T. Pham, C. WirbelauerVergleich zweier Intraokularlinsen nach koaxialer mikroinzisionaler Kataraktchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
1514 Inhalt Inhalt
M-IOL
I. J. Limberger, Y. Heggemann, G. U. AuffarthKlinische 5Jahresergebnisse der ersten Generation von akkommodativen DualoptikIntraokularlinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
IOL
P. C. Hoffmann, K. C. Schulze, C. R. LindemannSulkusimplantation einer zweiten Hinterkammerlinse zur Ametropiekorrektur – Langzeitergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
A. Ehmer, A. F. M. Borkenstein, H. Jin, T. M. Rabsilber, G. U. AuffarthEvaluierung der funktionellen Ergebnisse der torischen IOL LU 303 T . . . . . . . . . . . . . . . 265
G. Gerten, O. Kermani, E. Farvili, K. Schmiedt, A. Foerster, U. OberheideDiffraktive AddonHKL – erste Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
M. Rasp, G. Nix, W. Riha, O. Seyeddain, M. Hohensinn, A. Dexl, G. GrabnerVergleich der asphärischen Zeiss XL Stabi ZO mit der sphärischen Zeiss XL Stabi Sky Intraokularlinse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
A. C. Schröder, C. Lingenfelder, B. SeitzEinfluss einer Kohlenstoffbeschichtung auf die Eigenschaften einer IOL . . . . . . . . . . . . . . 279
E. Roth, C. Hoffmann, H. LudwigKapselsacksimulation für die dynamische Aufzeichnung der IOLBewegung . . . . . . . . . . 291
1716 Inhalt
1716 Inhalt
Dipl.-Ing. Anna Sophia BauchKlinik für AugenheilkundeJohann Wolfgang GoetheUniversitätTheodorSternKai 7D60590 Frankfurt am Main S. 171
Dr. Ulrich BaumKlinik für AugenheilkundeHelios KlinikumNordhäuser Str. 74D99089 Erfurt S. 67
Dr. Martin BaumeisterKlinik für AugenheilkundeJohann Wolfgang GoetheUniversitätTheodorSternKai 7D60590 Frankfurt am Main S. 35
Dr. Jens BührenKlinik für Augenheilkunde Johann Wolfgang GoetheUniversität Frankfurt am MainTheodorSternKai 7D60590 Frankfurt am Main S. 143
Dipl.-Ing. Angela EhmerUniversitätsAugenklinikIm Neuenheimer Feld 400D69120 Heidelberg S. 155, 265
Prof. Dr. Ekkehard FabianAugenCentrum MVZ RosenheimBahnhofstr. 12D83022 Rosenheim S. 93, 227
Dr. Kristian GerstmeyerAugenpraxisklinik Königstr. 120D32427 Minden S. 53
Dr. Georg GertenAugenklinik am NeumarktSchildergasse 107–109D50667 Köln S. 29, 269
PD Dr. Wolfgang HaigisUniversitätsAugenklinik JosefSchneiderStr. 11D97080 Würzburg S. 175, 197
Angelika HändelAugenklinikUniversitätsklinikum ErlangenSchwabachanlage 6D91054 Erlangen S. 101
Yvonne Heggemann UniversitätsAugenklinikIm Neuenheimer Feld 400D69120 Heidelberg S. 121
Dr. Peter C. HoffmannAugen & Laserklinik Castrop Rauxel GmbHHaus am MünsterplatzMünsterplatz 7D44575 CastropRauxel S. 203, 215, 257
Anschriften der Erstautoren
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1918 anschrIften der erstautoren anschrIften der erstautoren 1918 anschrIften der erstautoren anschrIften der erstautoren
PD Dr. Mike P. HolzerUniversitätsAugenklinikIm Neuenheimer Feld 400D69120 Heidelberg S. 161
Prof. Dr. Thomas KohnenKlinik für AugenheilkundeJohann Wolfgang GoetheUniversitätTheodorSternKai 7D60590 Frankfurt am Main S. 117
Dr. Stephan KohnenAugen Centrum DreiländereckBrüsseler Ring 5aD52074 Aachen S. 85
Dr. Il Joo LimbergerUniversitätsAugenklinikIm Neuenheimer Feld 400D69120 Heidelberg S. 23, 249
Dipl.-Ing. Annett MannsfeldUniversitätsAugenklinik HeidelbergIm Neuenheimer Feld 400D69120 Heidelberg S. 165, 183
Elena MargolinaKlinik für AugenheilkundeUniversität zu LübeckRatzeburger Allee 160D23538 Lübeck S. 79
PD Dr. Maya MüllerKlinik für AugenheilkundeUniversität zu LübeckRatzeburger Allee 160D23538 Lübeck S. 133
Dr. Nadja MüllerVivantes Klinikum NeuköllnKlinik für AugenheilkundeRudower Str. 48D12351 Berlin S. 239
Dr. Tanja M. RabsilberUniversitätsAugenklinikIm Neuenheimer Feld 400D69120 Heidelberg S. 189
Dr. Max RaspUniversitätsklinik für Augenheilkunde und OptometrieParacelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg (PMU)Landeskliniken SalzburgMüllner Hauptstr. 48A5020 Salzburg S. 273
Dr. Dr. Eckhard H. RothAugenarztpraxis Dr. Dr. RothFriedrichstr. 140D40217 Düsseldorf S. 125, 291
Dr. Stefanie SchmicklerAugenärztliche Gemeinschaftspraxis AhausGronauDomhof 15D48683 Ahaus S. 97, 151
Prof. Dr. Jörg C. SchmidtAugenklinik Tausendfensterhaus Ruhrorter Str. 187D47119 Duisburg S. 73
1918 anschrIften der erstautoren anschrIften der erstautoren 1918 anschrIften der erstautoren anschrIften der erstautoren
Dr. Andreas C. SchröderKlinik für Augenheilkunde Universitätsklinikum des SaarlandesKirrberger Str. 1D66424 Homburg (Saar) S. 279
Prof. Dr. med. Martin WenzelAugenklinik PetrisbergMaxPlanckStr. 14–16D54296 Trier S. 45
Dr. Cornelia WerschnikAugenklinik Helios KlinikenWismarsche Str. 393–397D19049 Schwerin S. 233
Diagnostische Verfahren
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Auswertung der Kataraktdichte: Der Vergleich zwischen dem Pentacam-Scheimpflug-System und dem Lens-Opacity-Classification-System III
I. J. Limberger, C. Schuhmacher, G. U. Auffarth
ZusammenfassungHintergrund: Wir verglichen die Kataraktdichte mit PentacamScheimpflugSystem und
LensOpacityClassificationSystem(LOCS)IIIMethode. Es werden eine subjektive LOCSIIIMethode und die objektive PentacamMessung der Kataraktdichte nebeneinander dargestellt.
Methode: 121 Augen von 66 Kataraktpatienten, im Alter von 68 ± 13 Jahren, wurden untersucht. Vor der Mydriasis wurden UCDVA und BCDVA getestet. Nach der Mydriasis haben wir mit dem Pentacam (Oculus) die Kataraktdichte gemessen und Retroilluminationsfotos für die Auswertung mit dem LOCS III angefertigt.
Ergebnis: Das Messergebnis der Kataraktdichte von Pentacam lag 0,3 bis 46,2, mit der LOCSIIIAuswertung war der Nuclear opalescence (NO) 0,1 bis 44,9. Es ergab eine verhältnismäßig hohe Korrelation der Kataraktdichte zwischen den PentacamMesswerten und der LOCSIIIAuswertung.
Schlussfolgerung: Es ist wichtig, ein objektives Messverfahren der Kataraktdichte bei den Kataraktpatienten zu haben. Das LOCSIIISystem ist eine gute Methode, das Ergebnis zeigt eine sehr gute Übereinstimmung mit den PentacamWerten. Allerdings ist für die LOCSIIIAuswertung die Erfahrung des Untersuchers und die standardisierte Fototechnik für ein gutes Bild sehr wichtig. Das PentacamScheimpflugSystem ist eine objektive Methode mit hoher Wiederholbarkeit.
SummaryPurpose: We compared the cataract density with Pentacam Scheimpflug System and
LOCS III method. This paper gives us an outline about subjective LOCS III method and the objective Pentacam measurements of lens opacity.
Methods: 121 eyes of 66 cataract patients, mean age of 68 ± 13 years, were investigated. BCVA and UCVA were examined. Lens opacity was measured by rotating Scheimpflug camera (Pentacam) after pupil dilation; digital photograph was taken and was evaluated with LOCS III system. The lens opacity measured by Pentacam was correlated with LOCS III grading.
Results: Range of lens opacities measured by Pentacam was 0.3–46.2. Range of LOCS III grading was NO (Nuclear opalescence) score 0.1–44.9. There was a relatively high correlation (Peason = 0.97) of the lens opacity between Penatacam measurement and LOCS III grading.
Conclusion: It is important to have an objective measurement of lens density to score the opacity in cataract patients. LOCS III is an economic method, which is in satisfactory concordance with Pentacam results. The experience of the investigator and standardized photo technique is necessary in LOCS III system; while Pentacam Scheimpflug System is an objective method for lens opacity grading with high repeatability.
24 dIaGnostIsche Verfahren
EinleitungIn einer Longitudinalstudie, die die Kataraktentwicklungen der Patienten unter
sucht, ist es sehr wichtig, ein System zu haben, das objektiv ist und eine gute (inter, intraindividuelle) Reproduzierbarkeit zeigt. Als gültiges Klassifizierungssystem mit guter inter bzw. intraindividuellen Zuverlässigkeit galt bis jetzt LOCS III (LensOpacityClassificationSystem), das bis zur Version III entwickelt worden ist.
Wir verglichen die Kataraktdichte mit dem PentacamScheimpflugSystem und der LOCSIIIMethode. Es werden eine subjektive LOCSIIIMethode und die objektive PentacamMessungen der Kataraktdichte nebeneinander dargestellt.
Patienten und Methoden121 Augen von 66 Kataraktpatienten, im Alter von 68 ± 13 Jahren (Männer 34/
Frauen 32), wurden untersucht. Die Patienten, die wegen einer Visusverschlechterung oder eines Kataraktverdachts überwiesen wurden, wurden von einem Augenarzt gründlich untersucht (Refraktion, unkorrigierter und bestkorrigierter Visus, Augeninnendruck, Augenvorderabschnitt und Netzhaut). Wenn der klinische Befund an der Spaltlampe als Kernkatarakt diagnostiziert wurde, wurden die Pupillen erweitert.
Abb. 1: Lens-Opacity-Classification-System (LOCS III), Tafel
25Limberger et al.: Auswertung der Kataraktdichte
Nach der Mydriasis wurde mit der Pentacam (Fa. Oculus) die Kataraktdichte gemessen und Retroilluminationsfotos für die Auswertung mit dem LOCS III angefertigt.
Das LensOpacitiesClassificationSystem Version III (LOCS III) ist eine einfache subjektive Methode, um die altersbedingte Katarakt, die Art und den Schweregrad der Linsentrübung an Kern, kortikal und an der hinteren Schale zu klassifizieren. LOCS I wurde 1988 vorgestellt, die Version II folgte 1989 und die endgültige Version LOCS III wurde 2003 fertiggestellt [1, 2].
Das LOCS III verwendet einen Standard, der sechs Spaltlampenbilder für das Einteilen der Kernfarbe (NC) und der Kerntrübung (NO) benötigt, fünf Bilder für das Einteilen der kortikalen Katarakt und fünf Retroilluminationsbilder für das Einteilen der hinteren subkapsulären (P) Katarakt. Die Schweregrade der Katarakt werden auf einer dezimalen Skala mit 95 % Toleranzgrenzen von 0,1 (klar) bis 6,9 (sehr stark) für Kernfarbe und Kerntrübung und von 0,1 bis 5,9 für die hintere subkapsuläre Katarakt eingeteilt (Abb. 1).
Die Pentacam erfasst den vorderen Augenabschnitt durch eine rotierende Messung. Aus den aufgenommenen ScheimpflugBildern (50 Bilder in zwei Sekunden mit 25.000 Punkten) wird ein 3DModell des vorderen Augenabschnittes erstellt und daraus werden alle weiteren Informationen berechnet. In ScheimpflugAufnahmen kann der gesamte vordere Augenabschnitt dargestellt werden (Abb. 2). Die
Abb. 2: Beispiel der Pentacam-Kataraktdichte
26 dIaGnostIsche Verfahren
Pentacam wird als objektives, digitales Einteilungssystem verwendet, in dem die Dichte der Katarakt und des Trübungsbereiches quantitativ bestimmt und den Schweregraden automatisch zugewiesen werden. Die Drehung der Kamera beim Messen ermöglicht es, dreidimensionale Bilder zu analysieren. Die Aufnahme zeigt von der Korneavorderseite bis zur Linsenrückfläche alle Ebenen des Auges und führt eine densitometrische Analyse der Trübung durch.
ErgebnisseDas Messergebnis der Kataraktdichte mit der Pentacam (objektive Methode) im
Schweregrad betrug im Mittel 1,7 ± 1,40. Mit der subjektiven Auswertung (LOCS II) der Kataraktdichte war der NO im Mittel 1,9 ± 1,29. Es zeigt sich die Tendenz des Auswerters, bei leichtem Schweregrad stärker und bei starken Kataraktdichten geringer auszuwerten. Es ergab sich eine verhältnismäßig hohe Korrelation (Pearson = 0,97) der Katarakt dichte zwischen den PentacamMesswerten und der LOCSIIIAuswertung (Abb. 3 und 4).
SchlussfolgerungEs ist wichtig, ein objektives Messverfahren der Kataraktdichte bei den Katarakt
patienten zu haben. Das LOCSIIISystem ist eine gute Methode, und das Ergebnis zeigt eine sehr gute Übereinstimmung mit den PentacamWerten. Allerdings sind für
Abb. 3: Vergleich der Kataraktdichtenauswertung von LOCS III und Pentacam
27Limberger et al.: Auswertung der Kataraktdichte
die LOCSIIIAuswertung die Erfahrung des Untersuchers und die standardisierte Fototechnik für gute Bildqualität sehr wichtig. Das PentacamScheimpflugSystem ist eine objektive Methode mit hoher Wiederholbarkeit.
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Longitudinal Study of Cataract Study Group. Arch Ophthalmol 1993;111:831–8362. Chylack LT Jr, Leske MC, McCarthy D et al.: Lens Opacities Classification System II
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tion system II and Lensmeter 701. Am J Ophthalmol 1993;116:617–621
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
0 bis 1 1,1 bis 2 2,1 bis 3 3,1 bis 4 4,1 bis 5
Schweregrad
Patie
nten
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
LOCS III
Pentacam
Abb. 4: Verteilung des Nachstarschweregrades
29
Vergleich von manueller und EDV-gestützter Torsions-kontrolle in der refraktiven Chirurgie
G. Gerten, O. Kermani, K. Schmiedt, E. Farvili, A. Foerster, U. Oberheide
EinleitungDurch den Übergang von sitzender zu liegender Position kommt es bei dem Groß
teil der Patienten zu einer nicht unerheblichen Bulbusrotation. Eine Torsionskontrolle zur Verifizierung der Eingriffsachse ist daher sowohl für die Astigmatismuskorrektur als auch für die Korrektur nicht punktsymmetrischer Fehler höherer Ordnung wie Coma oder Trefoil notwendig [1–3]. Bereits ein Fehler von 15° bei der Astigmatismuskorrektur führt zu einer Verringerung von 50 % des gewünschten Effektes (Abb. 1).
Bei refraktivchirurgischen Lasereingriffen werden diese Kontrollmechanismen in der Regel durch moderne Lasersysteme bereitgestellt [4], die aber für torische Linsenimplantate sowohl in der Vorderkammer als auch in der Hinterkammer nicht zur Verfügung stehen. In dieser Untersuchung sollte die Genauigkeit eines neuen Pendelmarkeurs (Gerten Corneal Marker, Geuder AG, Heidelberg) (Abb. 2) zur Achsenmarkierung an der Kornea mithilfe eines elektronischen Irisregistrierungssystems zur Torsionskontrolle [5] (EC 5000 CX III, Nidek, Gamagori, Japan) überprüft werden.
Abb. 1: Winkelabweichung und resultierender Verlust in der Astigmatismuskorrektur
% A
stig
mat
ism
us p
räop
.
IOL-Rotation
−90 −75 −60 −45 −30 −15 0 15 30 45 60 75 90
200
150
100
150
0
30 dIaGnostIsche Verfahren
Material und MethodenAn 68 Lasikpatienten wurde präoperativ im Rahmen der Wellenfrontmessung eine
Irisabtastung durchgeführt. Diese diente bei liegenden Patienten als Referenz für die Torsionskontrolle. Der zur Behandlung genutzte Excimerlaser verfügt über eine Spaltbeleuchtung, die die horizontale (0°)Achse bestimmt. Aus diesem Grund wurde für die Markierung mit dem Pendelmarkeur entsprechend die 0°Achse gewählt, obwohl der Markeur selbst eine freie Wahl der zur markierenden Eingriffsachse erlaubt. Am sitzenden Patienten wurde das markierende Auge lokal mit Augentropfen (Conjucain®, Dr. Mann Pharma, Berlin) betäubt und die Markierung mit dem Pendelmarkeur appliziert (Abb. 3). Dabei fixierte der Patient mit beiden Augen ein entferntes Ziel.
Nach Übergang in die liegende Position wurde der Kopf des Patienten manuell so gedreht, dass eine Übereinstimmung der Markierung mit der Spaltbeleuchtung vorlag. Anschließend wurde die über die Infrarotiriserkennung in dieser Position vorliegende Torsion des Auges bestimmt (Abb. 4).
Abb. 2: Pendelmarkeur nach Gerten (Geuder AG, Heidelberg) mit einstellbarer Position der zu markierenden Achse
Abb. 3: Applikation des Pendelmarkeurs und resultierende Markierung bei 0°
31Gerten et al.: Vergleich von manueller und EDV gestützter Torsionskontrolle in der refraktiven Chirurgie
ErgebnisseIn die Auswertung gingen 62 der 68 Augen ein, da in zwei Augen die Iriserken
nung kein verwertbares Ergebnis lieferte. In vier weiteren Augen waren die Markierungen des Pendelmarkeurs zu schwach ausgeprägt, was auf eine Lernkurve mit dem Markeur zurückzuführen war.
In den verbleibenden 62 Augen ergab sich für die (in 0,5°Schritten gemessene) Abweichung ein Median von +0,5° bei Maximalabweichungen von —5° (mit dem Uhrzeigersinn) und +7° (gegen den Uhrzeigersinn). Diese Maximalwerte waren Ausreißer, 50 % der Messwerte lagen zwischen —1,5° und +3° Abweichung (Abb. 5).
Abb. 4: Ausrichtung der Markierungen auf die Spaltbeleuchtung des Lasers (links) und noch vorhandener
Torsionsfehler bei der Iriserkennung (rechts)
8
6
4
2
0
–2
–4
–6
Abw
eich
ung
OTE-
Mar
keur
[Gra
d]
×
×
Abb. 5: Boxplot der Abweichung zwischen Pendelmarkeur und Iriserkennung. Der Median liegt bei 0,5°.
32 dIaGnostIsche Verfahren
SchlussfolgerungDie mechanische Markierung mit dem Pendelmarkeur zeigt im Vergleich zu ei
ner elektronischen Torsionskontrolle eine sehr hohe Genauigkeit in Bezug auf die Achslage. Diese Genauigkeit ist insbesondere für intraokulare Eingriffe mehr als hinreichend für eine präzise astigmatische Korrektur. Der Markeur ist nach kurzer Lernphase einfach und sicher in der Anwendung und stellt somit ein preiswertes Gerät für den Ophthalmochirurgen dar.
Literatur1. Tjon-Fo-Sang MJ, de Faber JT, Kingma C, Beekhuis WH: Cyclotorsion: a possible cause of
residual astigmatism in refractive surgery. J Cataract Refract Surg 2002 Apr;28:599–6022. Gerten G, Michels A, Olmes A: [Toric intraocular lenses. Clinical results and rotational stabil
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Hornhaut, KPL, CXL
35
Korneale Wellenfrontaberrationen nach Kollagen-vernetzungsbehandlung (Crosslinking) bei Keratokonus
M. Baumeister, O. K. Klaproth, J. Gehmlich, T. Kohnen
ZusammenfassungFragestellung: Durch die Kollagenvernetzung mittels Riboflavin und UVLicht kann
potenziell das Fortschreiten eines Keratokonus zum Stillstand gebracht werden. Diese Studie untersucht die Auswirkungen der Behandlung auf den kornealen Wellenfront fehler.
Methodik: An 20 Augen von 20 Patienten mit Keratokonus wurde eine Kollagenvernetzungsbehandlung mit Riboflavin und 30 min Bestrahlung mit einer Wellenlänge von 365 nm durchgeführt. Präoperativ sowie einen und sechs Monate nach der Behandlung wurde der korneale Wellenfrontfehler aus axialkeratometrischen Topografiedaten durch ZernikeDekomposition über einen Pupillendurchmesser von 6 mm berechnet.
Ergebnisse: Der mittlere keratometrische Astigmatismus betrug präoperativ 5,37 ± 2,36 dpt und nach sechs Monaten 5,29 ± 2,73 dpt (p = 0,35). Die Gesamtaberrationen höherer Ordnung betrugen präoperativ 3,35 ± 1,65 µm und nach sechs Monaten 3,31 ± 1,79 µm (p = 0,116). Für den Quadratmittelwert (root mean square, RMS) der Coma ergaben sich Werte von 2,94 ± 1,47 µm präoperativ und 2,75 ± 1,38 µm nach sechs Monaten (p = 0,047).
Schlussfolgerung: In einem Zeitraum von sechs Monaten postoperativ führt die Kollagenvernetzung mit Riboflavin und UVABestrahlung nicht zu einer signifikanten Erhöhung oder Reduktion des kornealen Wellenfrontfehlers.
SummaryPurpose: Collagen crosslinking with application of riboflavin and UV radiation may
delay or halt the progression of keratoconus. This study examines the effects of the treatment on the corneal wavefront error.
Methods: 20 eyes of 20 patients with keratoconus received collagen crosslinking with riboflavin application and 30 min of UV radiation at a wavelength of 365 nm. Preoperatively, one and six months postoperatively, the corneal wavefront error was computed from axial keratometric topography data by Zernike decomposition over a pupil diameter of 6 mm.
Results: Preoperative mean keratometric astigmatism was 5.37 ± 2.36 D. Six months postoperatively it was 5.29 ± 2.73 D (p = 0.35). Total higher order aberrations were preoperatively 3.35 ± 1.65 µm and after six months 3.31 ± 1.79 µm (p = 0.116). Coma root mean square was 2.94 ± 1.47 µm preoperatively and 2.75 ± 1.38 µm after six months (p = 0.047).
Conclusion: Within the first six postoperative months, collagen crosslinking with riboflavin application and UVA irradiation does not significantly increase or decrease corneal wavefront aberrations.
36 hornhaut, KPl, cXl
EinleitungDer Keratokonus (KK) manifestiert sich in der Regel im zweiten Lebensjahrzehnt
mit einer zunehmenden Verdünnung und Vorwölbung der Hornhaut, die zu Myopisierung und irregulärem Astigmatismus führen. Die Behandlung der Hornhaut mit Riboflavin (Vitamin B2) und UVLicht mit einer Wellenlänge von 365 bis 375 nm zeigte zunächst im Laborversuch eine Versteifung des Hornhautgewebes [1]. Im Jahr 2003 wurde die erste klinische Studie über die Kollagenvernetzung (Crosslinking, CXL) zur Behandlung des KK veröffentlicht [2]. Weitere Studien zeigen über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren einen Stillstand der Progression des KK nach CXL [3]. Außerdem wird über einen Rückgang des Astigmatismus in variablem Ausmaß berichtet, der in manchen Fällen zu einer Verbesserung der unkorrigierten Sehschärfe und besserer Kontaktlinsenanpassung beiträgt [3–7].
ZernikePolynome ermöglichen eine standardisierte Wiedergabe der komplexen Hornhautform bei KK. In dieser Arbeit wurden die Veränderungen der Topografie der Hornhautvorderfläche mithilfe der ZernikeZerlegung im zeitlichen Verlauf nach CXL über einen Zeitraum von sechs Monaten untersucht.
Patienten und Methoden20 Augen von Patienten mit einem mittleren Alter von 32,2 ± 9,8 Jahren mit doku
mentiertem progressiven KK wurden ausgewertet. Präoperativ wurden alle Patienten ausführlich mündlich und schriftlich über das Behandlungsverfahren aufgeklärt und willigten durch Unterschrift in die Behandlung ein.
Alle Behandlungen wurden unter sterilen Bedingungen durchgeführt. Im Zentrum der Kornea wurde eine Fläche von 7 mm Durchmesser mit einem Markeur gekennzeichnet und anschließend in diesem Bereich manuell das Epithel entfernt.
In den folgenden 30 Minuten wurde im Abstand von jeweils zwei Minuten jeweils ein Tropfen Riboflavin 0,1 % in DextranT500 20 % appliziert. Um die Diffusion des Farbstoffs durch das Stroma sicherzustellen, wurde danach an der Spaltlampe die Färbung des Kammerwassers geprüft. Darauf wurde das Auge 30 Minuten lang mittels eines UVStrahlers (UVX, Peschke GmbH, Nürnberg) aus einer Entfernung von 50 mm UVLicht mit einer Wellenlänge von 365 nm und einer Leistung von 3 mW/cm² (5,4 J/cm²) bei einer Blendengröße von 9,5 mm ausgesetzt. Während dieser Zeit wurde wiederum alle zwei Minuten ein Tropfen Riboflavin verabreicht. Abschließend wurde eine therapeutische (Air Optix Night & Day, Ciba Vision, Aschaffenburg) auf das behandelte Auge gesetzt.
Die postoperative Medikation bestand aus unkonserviertem Ofloxacin (Floxal EDO) 4x/d bis zum Epithelschluss. Nach Epithelschluss und Entfernung der therapeutischen Kontaktlinse wurde Fluorometholon (Efflumidex, PharmAllergan, Ettlingen) über vier Monate in absteigender Dosierung gegeben (zunächst 4x/d, pro Monat um ein Tropfen/d reduziert). Nach Bedarf wurde außerdem Tränenersatz (Natriumcarboxymethylcellulose, Cellufresh, PharmAllergan, Ettlingen) verabreicht.
37Baumeister et al.: Korneale Wellenfrontaberrationen nach Kollagenvernetzungsbehandlung
Messung der kornealen TopografiePräoperativ sowie drei Monate (Mittelwert: 90 ± 11,7 Tage) und sechs Monate
(Mittelwert: 189 ± 23,3 Tage) postoperativ wurde die Hornhauttopografie einschließlich Keratometrie mittels des Orbscan IIzTopografiesystems (Bausch & Lomb, Rochester, NY, USA) gemessen. Aus den axialkeratometrischen Daten wurde mit der Software VOLPro (Sarver and Associates, Inc., Carbondale, IL, USA) der korneale Wellenfrontfehler durch ZernikePolynome bis zur 6. Ordnung über eine Pupillengröße von 6 mm berechnet. Die Quadratmittelwerte („root mean square“, RMS) der kornealen Aberrationen niedriger Ordnung (LOA RMS), höherer Ordnung (HOA RMS) und der Comaterme (Coma RMS) sowie die sphärische Aberration (Z40) und das Trefoil (Z33) wurden mit Microsoft Excel berechnet.
ErgebnisseDie Mittelwerte des topografischen Astigmatismus, des maximalen Kerato
meterwertes (Kmax) und der berechneten Komponenten des kornealen Wellenfrontfehlers im Verlauf finden sich in der Tabelle 1. Der mittlere Anteil des ComaRMS an den Aberrationen höherer Ordnung war präoperativ 87,07 ± 8,57 %. Er änderte sich nicht signifikant während der Beobachtungszeit. Innerhalb der ersten sechs Monate nach Behandlung wurden keine signifikanten Unterschiede in den Keratometriewerten (Abb. 1) und den Wellenfrontparametern gemessen. Nur das ComaRMS zeigte einen signifikanten Rückgang nach sechs Monaten im Vergleich zum präoperativen Wert (Abb. 2), nach Korrektur für multiple Vergleiche war der Unterschied jedoch nicht mehr signifikant (p = 0,21).
Nach sechs Monaten zeigten 80 % der Augen einen Rückgang des Kmax, 65 % der Augen einen Rückgang des topografischen Astigmatismus, 60 % einen Rückgang des RMSWertes der Aberrationen höherer Ordnung und 75 % einen Rückgang des ComaRMS. Die mittlere Differenz zum Ausgangswert nach sechs Monaten lag für den Kmax bei –0,56 ± 1,59 dpt, für den Astigmatismus bei –0,26 ± 1,50 dpt, für die Aberrationen höherer Ordnung bei +0,01 ± 0,63 µm und für das ComaRMS bei –0,20 ± 0,56 µm.
DiskussionDie Kollagenvernetzung der Hornhaut etabliert sich zunehmend als Behandlung
zur Stabilisierung des KK in einem Stadium, in dem eine ausreichende optische Korrektur mit Brille oder Kontaktlinse noch möglich ist. In allen veröffentlichten Studien wird zusätzlich zur stabilisierenden Wirkung auf die Hornhaut in der Mehrzahl der Fälle über eine Regression des KK nach CXL mit Rückgang des Kmax und des sphärischen Äquivalents in individuell variablem Ausmaß berichtet [3–5, 7, 8].
In der bisher umfangreichsten veröffentlichten Studie (241 Augen von 130 Patienten) wurden nach einem Jahr eine mittlere Reduktion des Astigmatismus um 0,93 ± 3,67 dpt und eine Reduktion des Kmax um 1,46 ± 3,76 dpt im Vergleich zum präoperativen Wert festgestellt. In 85 % der Augen kam es zur Stabilisierung oder
38 hornhaut, KPl, cXl
prä-op 3 Monate 6 Monate
Maximaler K-Wert [dpt]
Mittelwert 49,83 ± 4,47 50,42 ± 5,15 50,82 ± 6,12Median 48,72 49,92 49,50
Spannweite 42,18; 58,77 42,74; 64,69 42,18; 67,29
p-Wert p = 0,610
Keratometrischer Astigmatismus [dpt]
Mittelwert 5,37 ± 2,36 5,24 ± 2,02 5,29 ± 2,73Median 5,20 5,25 4,82
Spannweite 2,29; 11,10 1,98; 9,34 1,91; 13,59
p-Wert p = 0,350
Aberrationen niedriger Ordnung (LOA RMS) [µm]
Mittelwert 4,96 ± 2,67 5,30 ± 2,51 4,97 ± 2,85Median 4,39 4,73 3,92
Spannweite 1,91; 12,16 2,04; 11,86 1,55; 12,42
p-Wert p = 0,538
Gesamtaberrationen höherer Ordnung (HOA RMS) [µm]
Mittelwert 3,35 ± 1,65 3,22 ± 1,38 3,31 ± 1,79Median 2,94 2,82 2,86
Spannweite 1,32; 7,05 1,05; 5,74 1,02; 8,11
p-Wert p = 0,116
Coma RMS [µm]
Mittelwert 2,94 ± 1,47 2,86 ± 1,36 2,75 ± 1,38Median 2,67 2,49 2,49
Spannweite 1,11; 5,88 0,67; 5,44 0,74; 5,36
p-Wert p = 0,047
Sphärische Aberration (Z40) [µm]
Mittelwert –0,40 ± 0,53 –0,41 ± 0,51 –0,40 ± 0,48Median –0,38 –0,29 –0,32
Spannweite –1,27; 0,68 –1,45; 0,43 –1,15; 0,37
p-Wert p = 0,967
Trefoil (Z33) [µm]
Mittelwert 0,19 ± 0,95 0,01 ± 0,60 –0,07 ± 0,77Median 0,03 –0,02 –0,03
Spannweite –0,73; 3,45 –1,07; 1,34 –2,08; 1,46
p-Wert p = 0,522
Tab. 1: Werte der Keratometrie und Wellenfrontmessungen (Mittelwerte sind in ± Standardabweichung angegeben.)
39Baumeister et al.: Korneale Wellenfrontaberrationen nach Kollagenvernetzungsbehandlung
70
60
50
40
30
Kera
tom
ie (d
pt)
prä-op 3 Monate 6 Monate
Kmax
Kmin
Abb. 1: Darstellung der maximalen (Kmax) und minimalen (Kmin) topografisch bestimmten Keratometriewerte in
der zentralen 3-mm-Zone vor CXL, nach drei Monaten und nach sechs Monaten
Abb. 2: Darstellung des Coma-RMS nach Zernike-Zerlegung der axialen Topografie im zeitlichen Verlauf vor CXL,
nach drei Monaten und sechs Monaten
7
6
5
4
3
2
1
0
Com
a RM
S (µ
m)
prä-op 3 Monate 6 Monate
40 hornhaut, KPl, cXl
zum Rückgang des KK. Über den Zeitraum von sechs Jahren zeigte sich nur bei zwei Patienten eine Progression des KK. Allerdings wurden in dieser Studie nur 13 Augen über mehr als drei Jahre und fünf Augen über mehr als vier Jahre nachverfolgt [3]. In einer Vorabauswertung einer randomisierten Langzeitstudie an 66 Augen von 49 Patienten wird über einen mittleren Rückgang des Kmax um 0,92 dpt nach sechs Monaten und um 1,45 dpt nach zwölf Monaten berichtet. In der unbehandelten Kontrollgruppe wurde ein signifikanter Anstieg des Kmax um 0,60 dpt nach sechs Monaten und 1,28 dpt nach zwölf Monaten gemessen [4].
Relativ wenige Studien haben bisher die korneale Topografie nach CXL mittels ZernikeZerlegung ausgewertet. In einer Studie an 37 Augen wurde nach CXLBehandlung ein mittlerer Rückgang des Kmax nach sechs Monaten um 2,68 dpt und nach zwölf Monaten um 2,73 dpt gemessen. Eine Änderung des RMSWertes der Aberrationen höherer Ordnung und der sphärischen Aberration wurde nicht beobachtet, aber eine signifikante Abnahme des ComaRMS [5]. Eine andere kürzlich publizierte Arbeit zeigt nach sechs und zwölf Monaten keine signifikanten Unterschiede des kornealen Wellenfrontfehlers im Vergleich zum präoperativen Wert. Nach zwölf Monaten ergaben sich allerdings signifikante Reduktionen in den Wellenfrontaberrationen des gesamten Auges (Hornhaut + interne Aberrationen), nämlich den RMSWerten der Gesamtaberrationen höherer Ordnung, der Coma und der sphärischen Aberration [7]. In der vorliegenden Untersuchung zeigten sich im Beobachtungszeitraum keine statistisch signifikanten Veränderungen. Allerdings wiesen mehr als 60 % der Augen einen geringen Rückgang der Hornhautansteilung und des Wellenfrontfehlers auf. Am deutlichsten war dies beim ComaRMS der Fall.
Bisherige klinische Untersuchungen zum Verlauf des KK nach CXL berichten übereinstimmend über eine Reduktion der Hornhautansteilung und eine Verbesserung der Symmetrie. Die Ergebnisse unterscheiden sich hinsichtlich des Zeitraums, in dem diese Veränderungen auftreten. Während einige der zitierten Studien schon nach drei Monaten eine deutlich signifikante Reduktion des KK feststellen, ist dies in der vorliegenden Arbeit in Übereinstimmung mit anderen Arbeiten nach sechs Monaten noch nicht der Fall [7]. Es ergab sich keine Korrelation des präoperativen KmaxWertes mit der Differenz der prä und postoperativen Werte.
Nach CXL wurde im histologischen Präparat sowie in der konfokalen Mikroskopie in vivo eine verstärkte Apoptose von Keratozyten im vorderen Stroma bis zu einer Tiefe von 300 bis 340 µm festgestellt, sodass im vorderen bis mittleren Stroma keine Zellkerne mehr vorhanden waren [9]. Zwischen dem 2. und 3. Monat nach der Behandlung beginnt eine Repopulation des Hornhautstromas mit Keratozyten, die über den 6. Monat hinaus andauert [6]. Die Abnahme der Hornhautkrümmung könnte durch Kontraktionskräfte der neu eingewanderten Keratozyten verursacht sein [10]. Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen die Tendenz einer Abflachung des KK nach CXL. Topografisch konnten allerdings keine signifikanten Veränderungen in den ersten sechs Monaten nachgewiesen werden. Der Wirkungseintritt der abflachenden Effekte nach CXL scheint zeitlich variabel zu sein, möglicherweise in Abhängigkeit vom präoperativen Stadium des Keratokonus.
41Baumeister et al.: Korneale Wellenfrontaberrationen nach Kollagenvernetzungsbehandlung
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Allgemeines/Nachstar/Varia
45
Umfrage von DGII, BVA und BDOC 2008 zur ambulantenIntraokularchirurgie
M. Wenzel, D. T. Pham, A. Scharrer, K. Schayan, J. Klasen
ZusammenfassungIm Jahr 2008 wurde wieder die traditionelle DGIIBVABDOCUmfrage unter den
deutschsprachigen Ophthalmochirurgen durchgeführt. Die Angaben von 322 Operationszentren mit zusammen 647 Operateuren werden hier vorgestellt und mit den Ergebnissen der Vorjahre verglichen. Die Teilnehmerquote lag bei etwa 40 %. Zusammen wurden 382.912 ambulante und stationäre Kataraktoperationen erfasst sowie 25.148 ParsPlanaVitrektomien, 23.200 refraktive Operationen, 10.196 Glaukomoperationen, und 80.836 invasive Makulatherapien (AntiVEGF, Triamzinolon, PDT).
Die OperationszentrenUnser großer Dank gilt all den Kollegen, die sich die Mühe gemacht haben, die
Fragebögen anonym auszufüllen und an uns zurückzusenden, sodass wir Ärzte einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen unseres Faches erhalten. Da nicht alle Fragen regelmäßig wiederholt werden und die Umfrage jedes Jahr andere Schwerpunkte setzt, sei auch auf vorausgegangene Publikationen verwiesen [1–3].
Im Januar 2009 wurde wie in den letzten Jahren ein Umfragebogen an die dem BVA bekannten Operateure geschickt sowie von DGII und BDOC digital veröffentlicht. Die vermutete Teilnehmerquote lag wie in den Vorjahren bei etwa 40 % der Institutionen. Es wurden 322 Antworten von Operationszentren ausgewertet, die intraokular operierten. Diese Zahl lag etwas unter den Rückmeldungen im Vorjahr und ist in den letzten Jahren fast konstant geblieben.
Von den 322 antwortenden OPZentren waren 47 (15 %) öffentliche Kliniken und 275 (85 %) operative Zentren niedergelassener Kollegen. Von diesen 275 Zentren führten 259 Kataraktchirurgien durch, neun waren nur refraktiv tätig und sieben nahmen ausschließlich AMDTherapien vor (Abb. 1).
Von den 275 Operationszentren niedergelassener Kollegen besaßen 114 eine eigene Operationseinheit, 177 operierten in angemieteten Räumen oder als Belegärzte. 52 operierten in Räume eines anderen niedergelassenen Kollegen, 124 operierten in Räumen eines öffentlichen Krankenhauses, und 13 in einem MVZ. Von den 124 OPZentren an öffentlichen Kliniken operierten 33 (27 %) ausschließlich ambulant, 73 % operierten Katarakte auch stationär. Von den 135 OPZentren außerhalb von öffentlichen Krankenhäusern operierten 23 (17 %) einige Katarakte stationär. 9 % der öffentlichen Kliniken und 23 % der OPZentren niedergelassener Kollegen besaßen ausgelagerte Operationsräume.
46 allGemeInes/nachstar/VarIa
Jährlich 800.000 Staroperationen in DeutschlandEs wurden 382.912 Kataraktoperationen erfasst, davon 73.391 (19 %) von öffent
lichen Kliniken, 309.521 (81 %) von niedergelassenen Kollegen (Abb. 2). Wenn die Teilnehmerquote von ca. 40 % berücksichtigt wird, ist in Deutschland von ca. 800.000 Kataraktoperationen im Jahr auszugehen, das sind 1/100 Einwohner/Jahr. Somit hat die Zahl der Kataraktoperationen die Zahl der Geburten deutlich übertroffen.
Die Angaben der jährlichen Operationszahlen durch öffentliche Krankenhäuser schwankten zwischen 400 und 4.000. Der Median lag bei 1.435 Kataraktoperationen im Jahr. Die jährlichen Operationszahlen der niedergelassenen Kollegen schwankten zwischen vier und 6.766, der Median lag bei 834 Staroperationen pro Jahr. 17 % der niedergelassenen Zentren gaben an, über 2.000 Katarakte im Jahr zu operieren, 36 % der Zentren gaben über 1.000 Kataraktoperationen im Jahr an, diese Werte liegen fast unverändert zum Vorjahr.
Abb. 2: Anzahl der gemeldeten Kataraktoperationen 2008 (n = 382.912)
Abb. 1: Anzahl der teilnehmenden Operationszentren 2008 (n = 322)
5 % Nur Refraktiv + IVOMn = 16
80 %Niedergelassen
n = 259
15 % Klinik n = 47
77 %Niedergelassen, ambulant
n = 294.200
4 %Niedergelassen, stationärn = 15.321
8 %Klinik, stationärn = 31.001
11 %Klinik, ambulantn = 42.390
47Wenzel et al.: Umfrage von DGII, BVA und BDOC 2008 zur ambulanten Intraokularchirurgie
Stationäre KataraktoperationenWährend in den Kliniken 42 % der Katarakte stationär operiert wurden, waren es
in den Zentren niedergelassener Kollegen 5 %. Insgesamt erfolgten 46.322 Operationen (12 %) stationär und 336.590 (88 %) ambulant. Von den stationären Operationen erfolgten 31.001 (67 %) durch öffentliche Krankenhäuser und 15.321 (33 %) durch niedergelassene Kollegen. Stationäre Kataraktoperationen wurden in allen Hauptabteilungen öffentlicher Krankenhäuser angeboten, aber nur noch in 45 % der Operationszentren niedergelassener Operateure. Von den großen Operationszentren niedergelassener Kollegen mit über 2.000 Operationen im Jahr haben 38 % ganz auf das Angebot stationärer Kataraktoperationen verzichtet. Insgesamt hat sich die Zahl der stationären Operationen noch weiter reduziert.
647 Operateure in 322 OP-ZentrenVon den 322 antwortenden Zentren gaben 308 Angaben zur Anzahl der ope
rierenden und der nicht operierenden Ärzte. Wenn man von den 14 Zentren, die auf diese Frage keine Angaben machten, je einen Operateur berechnet, waren an der Umfrage insgesamt 1.364 Ärzte beteiligt: 647 operierende Augenärzte und 717 nicht intraokular operierende Augenärzte oder Weiterbildungsassistenten. Von den 647 Operateuren arbeiteten 213 als Ärzte in öffentlichen Krankenhäusern und 434 waren niedergelassen. Von den 717 nicht intraokular operierenden Ärzten arbeiteten 329 als Ärzte in öffentlichen Krankenhäusern und 388 arbeiteten in Zentren niedergelassener Operateure. Die diesjährigen Zahlen lagen wiederum unter den Werten der Vorjahre.
In den Kliniken, die an unserer Umfrage teilnahmen, arbeiteten im Median vier Operateure und sechs Nichtoperateure. Im niedergelassenen Bereich dominierten immer noch die Einzelkämpfer: Nur an 41 % der Zentren niedergelassener Kollegen operierte mehr als ein Arzt im Team.
Strukturierte Qualitätsberichte der KrankenhäuserIn diesem Jahr haben wir unsere Ergebnisse mit den Selbstangaben der Kranken
häuser in strukturierten Qualitätsberichten vergleichen, die im Vorjahr für das Jahr 2006 erschienen. Leider haben die Krankenhäuser einer großen privaten Kette nur sehr rudimentäre Zahlen geliefert, alle anderen öffentlichen Krankenhäuser haben die vom Gesetzgeber geforderten detaillierten Angaben veröffentlicht.
Im Jahr 2006 gab es 108 öffentliche Augenkliniken mit angestellten oder beamteten Ärzten, davon 36 Universitätskliniken. Diese 108 Kliniken haben 2006 zusammen 253.422 Augenpatienten stationär behandelt (Median 2.076). Davon hatten 67.035 als Hauptdiagnose eine Katarakt (H25, H26, H27; Median 634), 39.920 ein Glaukom (H40; Median 305), 21.447 eine Amotio (H33, Median 173), 34.709 eine andere Netzhauterkrankung (H35; Median 209). An den 108 Kliniken arbeiteten 722 Fachärzte (Median 6) und 815 Assistenzärzte (Median 7).
48 allGemeInes/nachstar/VarIa
In den strukturierten Qualitätsberichten des Jahres 2006 wurden in deutschen Kliniken 78.999 stationäre und 77.833 ambulante Operationen angegeben, im Median waren es 761 stationäre und 515 ambulante Kataraktoperationen in der „mittleren“ Klinik, zusammen also 1.276 ambulante und stationäre Kataraktoperationen. In diesen Zahlen sind auch die Linsenoperationen im Rahmen von anderen Grundkrankheiten berücksichtigt: 67.035mal wurde die Hauptdiagnose Katarakt (H25/6/7) angegeben, allerdings 78.999mal eine Phakoemulsifikation (5.144). Demnach erfolgten in öffentlichen Kliniken 11.964 Linsenoperationen bei anderen Grunderkrankungen.
Mehr Injektionen als topische AnästhesieDie Verteilung der Anästhesietechniken bestätigte die Tendenz der Vorjahre.
Weiterhin wurden von den Operateuren mehrheitlich, zu 59 %, peri oder retrobulbäre Injektionen bevorzugt, zu 28 % die topische Anästhesie, und 13 % der Operateure wählen, zumindest begleitend zur retrobulbären Injektion, Voll oder Rauschnarkosen (Abb. 3). Seit Jahren ist somit ein sehr langsamer Wechsel zur topischen Anästhesie zu verzeichnen, der in den Kliniken stärker ausgeprägt ist als bei niedergelassenen Kollegen. In Deutschland sind wir noch weit von den Verhältnissen in den USA entfernt. Dort wurde bereits seit dem Jahr 2000 überwiegend wieder topisch anästhesiert.
Mittlere Schnittbreite zur Implantation: 2,8 mmIn dieser Umfrage wurde nach der bevorzugten Schnittbreite zur Implantation
gefragt. Es wurden Schnittbreiten von 1,8 bis 6,5 mm angegeben. Der Median lag wie im Vorjahr bei 2,8 mm. 2 % der Befragten implantierten durch 1,5 bis 2 mm große Schnitte; 9 % implantierten durch 2,2 bis 2,3 mm große Schnitte; 9 % implantierten durch 2,4 bis 2,5 mm große Schnitte; 13 % implantierten durch 2,6 bis 2,7 mm
Abb. 3: Anteil der bevorzugten Anästhesietechniken 2008
28 % topisch
59 %Injektionen
13 %Rausch/ITN)
49Wenzel et al.: Umfrage von DGII, BVA und BDOC 2008 zur ambulanten Intraokularchirurgie
große Schnitte; 28 % implantierten durch 2,8 bis 2,9 mm große Schnitte; 25 % implantierten durch 3,0 bis 3,1 mm große Schnitte; 9 % implantierten durch 3,2 bis 3,3 mm große Schnitte; 3 % implantierten durch 3,4 bis 3,5 mm große Schnitte und 2 % der Befragten implantierten durch 3,6 bis 4,1 mm große Schnitte. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es eine geringe Tendenz zu kleineren Schnittbreiten.
Pars-plana-VitrektomieIm Jahr 2008 wurden 25.148 ParsplanaVitrektomien (PPVs) mit unserer Umfra
ge erfasst, das sind etwa 25 % mehr als im Jahr 2001 und 2004. Von den 25.148 angegebenen Vitrektomien erfolgten 18.013 stationär in öffentlichen Kliniken (72 %), 610 ambulant an öffentlichen Kliniken (2 %), 4.800 stationär durch niedergelassene Operateure (19 %) und 1.725 ambulant durch niedergelassene Kollegen (7 %). Von den 259 niedergelassenen Kataraktoperateuren gaben 61 an, PPVs durchzuführen und 198 nicht. Demnach werden PPVs von weniger als 25% aller niedergelassenen Operateure angeboten. 36 % der Kollegen mit überdurchschnittlich vielen Kataraktoperationen führen PPVs durch.
In der Umfrage wurde nach dem bevorzugten Kaliber der Vitrektome gefragt. 51 Kollegen (40 %) bevorzugten 20gaugeInstrumente, 60 (47 %) 23gaugeInstrumente und 18 (14 %) 25gaugeInstrumente. Über die Hälfte der Kliniker bevorzugten die 20gaugeInstrumente; 68 % der niedergelassenen Vitrekomeure bevorzugten die kleineren Kaliber.
In den öffentlichen Kliniken wurden in den strukturierten Qualitätsberichten für das Jahr 2006 43.791 ParsplanaVitrektomien (5.158) angegeben; die mittlere Klinik operierte 351 PPVs pro Jahr (Median). Die mit unserer Umfrage 2008 erfassten Daten entsprechen somit, wie bei den Katarakten, etwa 40 % der Zahlen, die in den strukturierten Qualitätsberichten 2006 genannt worden sind. Die Zahlen aus dem Jahr 2006 sind möglicherweise relativ unpräzise, da in diesem Jahr einige Operateure die damals neu aufgekommene intravitreale Therapie mit Avastin noch als PPV kodiert haben.
GlaukomoperationenIm Jahr 2008 wurden 10.196 bulbuseröffnende Glaukomoperationen mit dieser
Umfrage erfasst, das sind etwa 10 % weniger als im Jahr 2004. Von diesen 10.196 Glaukomoperationen erfolgten 6.922 stationär in öffentlichen Kliniken (68 %), 13 ambulant in öffentlichen Kliniken (0 %), 2.076 stationär durch niedergelassene Operateure (20 %) und 1.185 ambulant durch niedergelassene Operateure (12 %). Von den 259 niedergelassenen Kataraktoperateuren gaben 101 an, Glaukomoperationen durchzuführen und 158 nicht. Demnach werden Glaukomoperationen von weniger als 40 % aller niedergelassenen Operateure angeboten. 58 % der Kollegen mit überdurchschnittlich vielen Kataraktoperationen führen Glaukomoperationen durch.
In den öffentlichen Kliniken wurden in den strukturierten Qualitätsberichten für das Jahr 2006 5.442 stationäre fistulierende Glaukomoperationen (5.131) angege
50 allGemeInes/nachstar/VarIa
ben, zusätzlich 5.688 andere Glaukomoperationen (5.132) und 4.997 Glaukomoperationen (5.133/4/6). Da von vielen Kliniken nur die zehn häufigsten Operationen angegeben worden sind und so über die Hälfte aller Kliniken in ihren strukturierten Qualitätsberichten gar keine Angaben zu Glaukomoperationen gemacht haben, wird die tatsächlich durchgeführte Zahl an Glaukomoperationen höher liegen.
Refraktive Operationen23.200 refraktive Operationen wurden erfasst. Bei den refraktiven Operations
zahlen gab es in den letzten fünf Jahren kaum Schwankungen, obwohl die Zahl der teilnehmenden refraktiven Zentren konstant abgenommen hat. In Deutschland kam in den letzten Jahren auf 17 Katarakte etwa eine primäre refraktive Operation. Von den 23.200 Operationen erfolgten 20.066 durch niedergelassene Kollegen und 3.134 in öffentlichen Kliniken. Von den 23.200 refraktiven Operationen waren 15.875 ExcimerlaserEingriffe, 3.361 refraktive Linsenaustausche, 1.546 phake Implantate und 2.203 limbale Inzisionen (Abb. 4). Die Zahl der ExcimerEingriffe war im Vergleich zu den Vorjahren leicht rückläufig, die anderen refraktiven Eingriffe leicht zunehmend. Die 15.875 ExcimerEingriffe wurden an insgesamt 84 Institutionen vorgenommen. Davon waren 15 Zentren an öffentlichen Kliniken angegliedert und 69 Zentren niedergelassener Kollegen. Somit hatten 32 % der öffentlichen Kliniken und 25 % der OPZentren niedergelassener Kollegen einen Excimerlaser.
Abb. 4: Anzahl der refraktiven Operationen 2007 (n = 23.200; bei 215 Operationen erfolgte keine Differenzie-
rung)
15.875LASIK(68 %)
3.361refraktiver Linsentausch14 %)
1.546phake Implantate(7 %)
2.203limbale Inzisionen(10 %)
51Wenzel et al.: Umfrage von DGII, BVA und BDOC 2008 zur ambulanten Intraokularchirurgie
AMD-BehandlungIm Jahr 2008 erfolgten 80.836 invasive Makulatherapien mit AntiVEGFs, Triam
zinolon oder photodynamische Therapien. Davon erfolgten 35.925 (44 %) durch öffentliche Kliniken und 44.911 (56 %) durch niedergelassene Kollegen. Während alle öffentlichen Kliniken invasive Makulatherapien angeboten haben, waren es 63 % der niedergelassenen Operateure. Im Jahr 2006 hatten erst 1/3 aller niedergelassener Kollegen eine intravitreale AMDTherapie angeboten.
33.693mal wurde von Novartis direkt erworbenes Lucentis (Ranibizumab) gegeben, 11.113mal „ausgeeinzeltes“ Ranibizumab, 28.116mal Avastin, 2.578mal Triamzinolon, 705mal Macugen, und es erfolgten 858 PDTTherapien (Abb. 5). Bei den restlichen 3.773 Patienten erfolgte keine Differenzierung. Während in den Kliniken etwa je zur Hälfte eine Therapie mit offiziell zugelassenen Medikamenten und Therapien im „OffLabelUse“ (Avastin, ausgeeinzeltes Ranibizumab, Triamzinolon) erfolgten, haben niedergelassene Operateure zu 59 % „OffLabelTherapien“ bevorzugt.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der intravitrealen Therapien kaum noch gesteigert. Während die Zahl der PDT, Triamzinolon und MacugenAnwendungen weiterhin stark rückläufig waren, hat erstmals auch die Zahl der AvastinTherapien leicht abgenommen. Nur die Zahl der RanibizumabTherapien hat zugenommen, wobei das Verhältnis Lucentis zu ausgeeinzeltem Ranibizumab bei 3:1 lag.
In Deutschland kommt auf fünf Kataraktoperationen etwa eine AMDTherapie. In den öffentlichen Kliniken lag das Verhältnis Kataraktoperation zu AMDTherapie bei 2:1. Bei niedergelassenen Operateuren lag das Verhältnis Kataraktoperation zu AMDTherapie bei 7:1.
Abb. 5: Medikamente zur invasiven Makulatherapie 2007 (n = 80.836; bei 3.773 Operationen erfolgte keine
Differenzierung)
44 % Lucentis (Ranibizumab)n = 33.693
36 % Avastinn = 28.116
1 % PDTn = 858
3 % Triamcinolonn = 2.578
15 % „ausgeeinzeltes Ranibizumab“n = 11.113
1 % Macugen n = 705
52 allGemeInes/nachstar/VarIa
Literatur1. Wenzel M, Pham DT, Reuscher A et al.: Derzeitiger Stand der Katarakt und refraktiven Chirurgie.
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gie 2007: Ergebnisse der Umfrage 2007 des BDOC, BVA und der DGII. OphthalmoChirurgie 2008;20:137–146
53
Katarakt-OP und kognitive Leistungssteigerung – Erkenntnisstand nach zehn Jahren
K. Gerstmeyer, S. Lehrl
ZusammenfassungHintergrund: In den letzten Jahren mehren sich Nachweise, wonach sich die aktuelle
geistige Leistungsfähigkeit (fluide Intelligenz) erheblich verändern kann und von bisher oft unterschätzter praktischer Bedeutung ist. So bestimmt das Niveau der fluiden Intelligenz unter allen bisher verglichenen Größen am meisten den Erfolg in Schule, Beruf und Alltag, bedingt die Lebensqualität und hängt eng mit Vitalität und mentaler Gesundheit zusammen. Seit 2002 ist auch bekannt, dass es den Nationen und deutschen Regionen mit einer hohen geistigen Leistungsfähigkeit ihrer durchschnittlichen Bürger wirtschaftlich und gesundheitlich am besten geht.
Am Beispiel von Patienten mit IOLImplantation wiesen Gerstmeyer und Lehrl im Jahr 2004 [9] als Ergebnis ihrer 1999 begonnenen Forschung zum Thema nach, dass sich die geistige Leistungsfähigkeit durch diesen Eingriff erheblich steigern lässt. Wegen der zwischenzeitlich höheren praktischen Relevanz der Ergebnisse stellt sich die Frage, ob seitdem einschlägige Studien anderer Autoren(gruppen) erschienen sind und ob sie gegebenenfalls die Erkenntnis von Gerstmeyer und Lehrl bestätigen können.
Methodik: Literaturrecherche in Pubmed und SCI der Arbeiten seit 2004, dabei auch Durchsicht der „Related References“.
Ergebnisse: Es wurden fünf Arbeiten zum Thema gefunden. Sie bestätigen, dass sich die mentale Leistungsfähigkeit nach Kataraktoperationen erhöht. Dies gilt jedoch nur für das Vierteljahr nach der Operation. Danach sinkt die geistige Leistungsfähigkeit wieder ab.
Schlussfolgerung: Dass IOLImplantationen die geistige Leistungsfähigkeit von Senioren mit Katarakt erhöhen, kann nun als gut gesicherte Erkenntnisse akzeptiert werden. Wenn die Patienten in ihre gewohnte Umgebung zurückkehren, lassen sie unter den reduzierten geistigen Anregungen wieder nach. Deshalb wären mentale Aktivitätsprogramme wichtig, um die neu gewonnene mentale Leistungsfähigkeit auf einem hohen Niveau zu halten.
SummaryPurpose: According to increasing evidence acute mental efficiency (fluid intelligence)
can change conspicuously and has relevance often underestimated. For instance, among all variables compared uptonow, the level of fluid intelligence has the strongest impact on success in school, occupation, and everyday life. Furthermore, it affects the quality of life and is closely related to vitality and mental health. Additionally, since the year 2002 studies revealed that the wealth and health of nations and German regions depend on the average level of intelligence of their civilians.
In the year 2004 Gerstmeyer and Lehrl [9] reported their findings of their research they had started in 1999 with cataractpatients undergoing an IOLimplantation. By the surgical
54 allGemeInes/nachstar/VarIa
intervention the mental efficiency strikingly increased. Meanwhile the practical relevance of such findings is more highly estimated. Therefore we raise the question, whether different (groups of) authors have published studies that support or disprove the findings by Gerstmeyer and Lehrl.
Methods: Search of literature in Pubmed and SCI, additionally considering “Related References”.
Results: There have been found five relevant articles. They confirm the increase of mental efficiency after IOLimplantation. This, however, is only true during the following three months, afterwards the mental efficiency decreases.
Conclusion: The studies increase the evidence of the finding that IOLimplantations ameliorate the mental efficiency of seniors with cataract. When the patients return to their familiar surroundings within a few months their intelligence declines adjusting to the reduced stimulation. Therefore, programs for mental activation should be introduced to sustain the high level of mental efficiency gained by the surgical intervention.
HintergrundIn den letzten Jahren mehren sich Nachweise, wonach die aktuelle geistige Leis
tungsfähigkeit, gemessen durch den IQ für fluide Intelligenz, erstens sich erheblich verändern kann und zweitens von bisher oft unterschätzter praktischer Bedeutung ist. So bestimmt das Niveau der fluiden Intelligenz unter allen bisher verglichenen Größen am meisten den Erfolg in Schule, Beruf und Alltag [6, 14, 30] und selbst die mentale Gesundheit [5]. Schon deshalb bedingt sie die Lebensqualität und hängt eng mit Vitalität und mentaler Gesundheit zusammen. Seit 2002 ist auch bekannt, dass es den Nationen und deutschen Regionen mit einer hohen geistigen Leistungs fähigkeit ihrer durchschnittlichen Bürger wirtschaftlich und gesundheitlich am besten geht [7, 17, 22, 28]. Die fluide Intelligenz gilt demnach als „die“ Schlüsselgröße für den Erfolg von und in einer Wissensgesellschaft. Einen entsprechend hohen Wert für die Betroffenen und für die gesamte Gesellschaft hat die Förderung der kognitiven Leistungssteigerung, insbesondere – wie die genannten Studien zeigen – der fluiden Intelligenz. Das ist die Fähigkeit, neue geistige Probleme ohne Rückgriff auf Erfahrungen zu lösen, also schnell und erfolgreich mit neuen Situationen umgehen zu können.
Der andere Intelligenztyp, die kristallisierte Intelligenz, die dem erworbenen Stand an Wissen und Fertigkeiten entspricht, hat für die Wissensgesellschaft hingegen weniger Bedeutung.
Am Beispiel von Personen mit IOLImplantation wiesen Gerstmeyer und Lehrl im Jahr 2004 [9] als Ergebnis ihrer 1999 begonnenen Forschung zu diesem Thema nach, dass sich die fluide geistige Leistungsfähigkeit durch diesen Eingriff erheblich steigern lässt.
Die Autoren hatten vier kleine klinische Gruppen kurz vor einer Multi oder Monofokallinsenimplantation und sechs bis 26 Wochen danach mit einem Test für die fluide Intelligenz untersucht. In allen Gruppen gab es statistisch signifikante (5 %Niveau) bis hoch signifikante IQAnstiege von durchschnittlich – also pro Gruppe – 7,0 bis
55Gerstmeyer, Lehrl: Katarakt-OP und kognitive Leistungssteigerung – Erkenntnisstand nach zehn Jahren
19,5 Punkten IQZuwachs. Angesichts der Standardabweichung von 15 IQPunkten in der Normalbevölkerung ist dies relevant. Nimmt man die Ergebnisse aller 42 Patienten der vier Stichproben (75,67 ± 8,23 Jahre alt; 14,29 % männlich), ergibt sich ein IQZuwachs von 88,88 ± 11,11 Punkten um 12,65 ± 10,37 Punkten auf 101,70 ± 10,37 Punkte (zwei fehlende Werte) bis zur Zweitmessung, die 69,63 ± 27,81 Tage postoperativ stattfand. Die Patienten gelangten durch den chirurgischen Eingriff also vom oberen Bereich der unterdurchschnittlichen Intelligenz in den guten Mittelbereich, in dem man geistig mit dem Durchschnitt der Bevölkerung mithalten kann [10]. Das ist nicht nur von statistischer, sondern auch von praktischer Relevanz. Eine Kontrollgruppe Gleichaltriger zeigte im gleichen Zeitraum hingegen weder signifikante (p = 0,273, 2seitig) noch nennenswerte IQÄnderungen (1,1 ± 5,5 Punkte) [9].
FragestellungWegen der zwischenzeitlich als sehr hoch erkannten praktischen Relevanz der
artiger Ergebnisse interessiert besonders die Frage, ob seitdem Studien anderer Autoren(gruppen) über den Einfluss von IOLImplantationen auf die geistige Leistungsfähigkeit erschienen sind und ob sie gegebenenfalls die Erkenntnisse von Gerstmeyer und Lehrl bestätigen können.
MethodikVorgehen bei der Literatursuche
In Pubmed und SCI wurde eine Literaturrecherche der Arbeiten seit 2004 nach den Schlüsselwörtern „cataract“ und „IOL“ jeweils kombiniert mit „cognition“, „intelligence“, „mental“, „memory“, „dementia“ durchgeführt. Zusätzlich wurden die „related references“ und die Verweise in den Literaturverzeichnissen der ausgewählten Publikationen berücksichtigt.
Messung fluider Leistungen als AuswahlkriteriumVon den rund 1.000 Funden, die sich teils überschnitten, konnten viele, nicht nur
wegen der Mehrfachangebote, sondern auch aus inhaltlichen Gründen nicht berücksichtigt werden. So wurden Erhebungen der geistigen Leistungsfähigkeit durch Selbst oder Fremdbeurteilungsskalen weggelassen.
Einige Autoren erhoben indirekt Daten zur kognitiven Leistungsfähigkeit durch Befragungen der Patienten anhand von Erhebungsverfahren wie dem 39 oder 25item National Eye Institute Visual Function Questionnaire (NEIVFQ39 bzw. 25). Einige Items wie „near activities“ oder „distance activities“ sowie „driving“ hängen irgendwie mit der geistigen Leistungsfähigkeit zusammen. Obschon im Vergleich derartiger Alltagsaspekte von vor zu nach der Kataraktoperation meist Verbesserungen berichtet werden ([4, 8, 18, 19]; keine Wirkung hingegen bei [31]), belegen diese Studien über die Einwirkungen der mentalen Leistungsfähigkeit nichts Eindeutiges. Denn die Ergebnisse können allein von den Einflüssen bestimmt sein, die nicht
56 allGemeInes/nachstar/VarIa
mit kognitiven Leistungen zu tun haben, zum Beispiel von einem generalisierenden Effekt, der darin besteht, dass es einem operierten Patienten stimmungsmäßig besser geht und er dies auf die Beantwortung vieler spezifischer Fragen überträgt.
Auch bei komplexeren kognitiven Leistungen wie der Verhütung von Verkehrsunfällen beim Autofahren ist das Ergebnis nicht eindeutig interpretierbar. Wenn nach Kataraktoperationen, wie von Owsley et al. [21] mitgeteilt, derartige Unfälle abnehmen, kommen Gründe wie besseres Distanzsehen und nicht nur geistige Leistungssteigerungen als Erklärung in Betracht. Aussagefähiger sind Studien, in denen die geistige Leistungsfähigkeit mit dafür entwickelten Tests (kognitive Leistungstests) gemessen wird.
Berücksichtigt werden sollten nur Tests für fluide Leistungen wie Tests für fluide Intelligenz, Interferenz, Arbeitsspeicher, kurzfristige Gedächtnisleistungen, Demenz (MMSE) usw. Hingegen waren Tests für das Wiedererkennen, Wortschatzniveau, den Wissensstand oder kristallisierte Intelligenz auszuschließen.
Kataraktoperation mit psychometrischer Prä-post-Leistungstestung als Aus-wahlkriterium
Querschnittsstudien, in denen die kognitive Leistungsfähigkeit von Patienten ohne oder mit Katarakt, in letzterem Fall vielleicht noch mit und ohne Operationen, ver glichen wird, blieben außer Betracht, weil die Varianz der geistigen Leistungsfähigkeit in der Bevölkerung sehr groß ist und viele Selektionen nach kognitiven Fähigkeiten kaum kontrolliert werden können. So herrschen schon starke regionale Unterschiede in Deutschland [7] und innerhalb der Regionen erhebliche durchschnittliche Differenzen zwischen den Wohngebieten, ebenfalls zwischen Angehörigen verschiedener Seniorenheime usw.
Viel aussagefähiger sind longitudinale Studien mit PräpostOPVergleich derselben Personen.
ErgebnisseDas Literaturergebnis
Insgesamt wurden fünf fremde Arbeiten gefunden, bei denen die kognitive Leistungsfähigkeit vor und nach einer Kataraktoperation mit Implantation einer Intraokularlinse durch psychometrische Leistungsverfahren erfasst wurde. Sie erfassten ausnahmslos Aspekte der fluiden Leistungsfähigkeit (siehe Tab. 1) und bezogen sich nicht auf die Publikation von Gerstmeyer und Lehrl [9].
Zwei der Autorengruppen interpretierten ihre Ergebnisse als Nachweise für die förderliche Wirkung von Kataraktoperationen mit IOLImplantation auf die kognitive Leistungsfähigkeit, drei hingegen nicht.
Zusätzliche Ermittlung der SehschärfeWie der Tabelle zu entnehmen ist, unterscheiden sich die Studien nach verschie
denen Merkmalen erheblich: Einschluss von Personen mit kognitiven Leistungsminderungen vs. geistig Unauffälligen, PostOPTestung zwischen 3,65 Wochen und
57Gerstmeyer, Lehrl: Katarakt-OP und kognitive Leistungssteigerung – Erkenntnisstand nach zehn Jahren
sechs Jahren und jeweils verschiedene Tests. Dies zu beachten kann für die Bewertung der Ergebnisse von entscheidender Bedeutung sein.
Außerdem wird wenigstens bei einer Studie, der von Valentijn et al. (Tab. 1), ein weiteres Merkmal wichtig sein, weil es die Bewertung der Autoren, das heißt der von Valentijn et al. [26] in Zweifel stellt. Es geht um die Bestimmung des Visus, der als einziger funktioneller optischer Parameter in allen fünf Studien, allerdings in unterschiedlichen Versionen, mitgeteilt wurde. Die Visusänderung dient zudem in vielen Studien als wichtige Erklärung für Änderungen der kognitiven Leistungsfähigkeit [2, 3, 16, 23, 25, 26, 27].
Durch die Berücksichtigung des Visus kann kontrolliert werden, ob dieser tatsächlich von der prä zur postoperativen psychometrischen Testleistung zugenommen hatte, was eine Voraussetzung für kognitive Leistungssteigerungen ist. Die Sehschärfe und ihre Veränderung waren auch bei der Publikation von Gerstmeyer und Lehrl [9] nicht berücksichtigt worden, obwohl die Daten bei den Kataraktpatienten erhoben worden waren. Da sie für den Erkenntnisgewinn im Zusammenhang mit den anderen Studien offenbar doch bedeutsam sind, wurden die Statistiken in der Tabelle wiedergegeben.
DiskussionVon den uns bekannten Studien über den förderlichen Einfluss der IOLImplan
tation bei Kataraktoperationen von Senioren auf deren kognitive Leistungsfähigkeit berichten drei über Erfolge und drei nicht (Tab. 1). Letztere teilen allerdings auch nicht das Gegenteil mit, wonach die Implantationen die geistige Leistungsfähigkeit herabsetzen würden.
Wegen der statistischen Signifikanzniveaus – je nach Höhe und Zielvariablen, gegebenenfalls AlphaAdjustierung – erweisen sich die Studien mit erwartetem Ausgang („förderlicher Einfluss“) als überlegen. Jedoch könnte eine Publikationsverzerrung (Bias) die erfolgreichen Arbeiten stark begünstigen. Da die geistige Leistungssteigerung durch Kataraktoperationen kein verkäufliches Produkt ist, dürften sich die Tendenzen zur Publikationsbias in Grenzen halten.
Wir gehen davon aus, dass die zum Thema gefundene Literatur die Annahme stützt, wonach Kataraktoperationen bei Senioren die kognitive Leistungsfähigkeit fördern. Dies trifft noch mehr zu, wenn man sich die Arbeit von Valentijn et al. [26] unter dem Gesichtspunkt der Visusänderung anschaut. Denn diese weist, anders als es deren Autoren interpretieren, keinen mangelnden Erfolg nach, weil sich nach den sechs Jahren bis zur postoperativen Messung keine Unterschiede zum präoperativen Visusniveau zeigen. Deshalb ergeben sich nur aus den Studien von Hall et al. [11] sowie Anstey et al. [2] widersprüchliche Ergebnisse zu unseren Annahmen. Der kognitionsförderliche Erfolg der Kataraktoperationen beschränkt sich nicht nur auf Senioren mit kognitiver Beeinträchtigung, wie man anhand der beiden japanischen Studien vermuten könnte. Denn die Studie von Gerstmeyer und Lehrl wurde an psychiatrisch unauffälligen Erwachsenen durchgeführt. Bei Hall et al. war der einjährige Zeitraum bis zur Zweitmessung viel länger als bei den erfolgreichen Studien,
58 allGemeInes/nachstar/VarIa
Publikations-quelle
Versuchsplan Stichprobe: ophthal-mologische Merkmale (Anzahl n) Alter (% Frauen)
Tage zwischen Testungen
Sehschärfe auf besserem Auge präop.
Sehstärke auf besserem Auge postop.
Tamura et al. [24]
kontrolliert, nicht randomi-siert
Kontrolle, mit kognitiver Leistungsminderung: Katarakt ohne OP (20) 84,3 (Range: 70 bis 93 Jahre) (80,0 %)
33,3 Wochen (Range: 10 bis 84 Wochen)
2,75 ± 0,83°° k. A.
Intervention, mit kogni-tiver Leistungsminderung: Katarakt mit OP (20) 82,1 ± 6,0 (70,0 %)
3,65 Wochen (Range: 1 bis 16 Wochen)
0,72 ± 0,50°° 0,42 ± 0,50
Hall et al. [11]
kontrolliert, nicht randomi-siert
Kontrolle, keine Katarakt (92) 66,8 ± 5,8 (51,1 %)
1 Jahr −0,02 ± 0,11 −0,01 ± 0,13
Intervention, Katarakt mit OP (122) 70,9 ± 5,4 (58,2 %)
1 Jahr 0,28 ± 0,20 0,09 ± 0,15
Kontrolle, Katarakt, keine OP, da ablehnend (87) 71,1 ± 5,4 (40,2 %)
1 Jahr 0,16 ± 0,14 0,17 ± 0,14
p (Vergleich zwischen den Gruppen) →
< 0,001 < 0,001
Valentijn et al. [26]
offen Intervention, Katarakt mit OP (22) 72,7 (k. A.)
6 Jahre 0,83 ± 0,26 0,85 ± 0,39
Anstey et al. [2]
kontrolliert, randomisiert
Kontrolle, ohne kognitive Leistungsminderung: Ka-tarakt ohne OP, auf Warte-liste für OP: Visus < 20/40 (25) 76,5 ± 8,5 (60,4 %; bezogen auf beide Stich-proben zusammen)
3 Monate 3,50 ± 1,35° k. A.
Intervention, ohne kog-nitive Leistungsminde-rung: Katarakt mit OP: Visus < 20/40 (20) 73,4 ± 5,9 (60,4 %; bezogen auf beide Stich-proben zusammen)
3 Monate 2,75 ± 0,83° k. A.
p (Vergleich zwischen den Gruppen) →
0,03 k. A.
Fortsetzung auf S. 60–61
59Gerstmeyer, Lehrl: Katarakt-OP und kognitive Leistungssteigerung – Erkenntnisstand nach zehn Jahren
Prä-post-Differenz Sehschärfe auf besserem Auge postop.
p-Wert der Prä-post-Differenz Sehschärfe
Test: Prä-post-Differenz der fluiden Leistung
p-Wert der flu-iden Leistungs-änderung (innerhalb der Gruppe)
Assoziation zwi- schen Diff Seh-schärfe und Diff fluide Leistung >0,0 : p
Schlussfolgerung der jeweiligen Autoren
k. A. HDS-R3 nicht signifikant Bei Senioren mit kognitiver Leis-tungsminderung: Verbesserung der kognitiven Minderung durch Katarakt-OP0,05 HDS-R3 0,0001
k. A. MOMSS* k. A. 0,670 0,003 Bei Senioren ohne kognitive Leistungsminde-rung:Kein Einfluss der Katarakt-OP auf kognitive Leistungen
k. A. MOMSS* k. A. 0,009 0,980
k. A. MOMSS* k.A. 0,001 0,300
k. A. VVLT**SCWT**CST**VFT**LDST**
k. A.A. kein signifikanter Prä-post-Unter-schied bei Sehschärfe sowie bei psychologischen Testergebnissen
Kein förderlicher Langzeiteffekt der Katarakt-OP auf kognitive Größen
k. A. BVRT²Matrices²Similarities²Face Recognition²Digit Span Backward²RAVLT²
Bei kognitiv Un-beeinträchtigten: kein Einfluss der Katarakt-OP auf kognitive Leistun-gen
k. A. BVRT²Matrices²Similarities²Face Recognition²Digit Span Backward²RAVLT²
0,280,900,880,000,44
0,90
Alle Tests >0,05
60 allGemeInes/nachstar/VarIa
bei denen die Messwiederholung ein bis zwei Monate nach der Operation stattfand. Allerdings befand sich bei den Patienten von Hall et al. auch nach einem Jahr die Sehschärfe noch auf einem verbesserten Niveau.
Als PosthocErklärung, die selbstverständlich noch klinisch überprüft werden müsste, könnten die Erkenntnisse zur Optimierung der fluiden Intelligenzleistungen dienen. Es herrscht hier ein Fließgleichgewicht zwischen Steigerungen und Erhaltung durch geistige Anregungen einerseits und Abbau durch mangelnde Stimulationen andererseits. Der Aufbau durch mentale Aktivierung scheint, wie aus geistigen Trainings hervorgeht, etwa vier bis sechs Wochen bis zum Erreichen der maximalen fluiden Leistungsfähigkeit zu betragen [13, 29]. Der Abbau der fluiden Leistungs
Ishii et al. [12]
offen bilaterale Katarakt, bilate-rale IOL-Implantation (88) 75,3 ± 8,2 (63,3 %)
2 Monate 0,46 ± 0,33°° 0,05 ± 0,16°°
Gerstmeyer und Lehrl, diese Publi-kation
kontrolliert, nicht randomi-siert
Kontrolle, Normalbevölke-rung (21) 74,4 ± 8,9 (76,2 %)
62,1 ± 10,0 Tage
2,75 ± 0,83°° k. A.
Intervention, Katarakt mit OP (42) 75,7 ± 8,2 (85,7 %)
69,63 ± 27,81 Tage
0,44 ± 0,21 0,91 ± 0,19
p (Vergleich zwischen den Gruppen) →
Tab. 1: Überblick der Studien mit prä- und postoperativer Testung der kognitiven Leistungsfähigkeit von Kata-
raktpatienten mit IOL-Implantation (k. A. = keine Angabe)
* Mattis Organic Mental Syndrome Screening (korreliert eng mit der bekannteren Mini-Mental State Examina-tion (MMSE)), r = –0,71 (Hall et al. [11])
** VVLT: Visual Verbal Learning Test; SCWT: Stroop Color Word Test; CST: Concept Shifting Test; VFT: Verbal Fluency Test; LDST: Letter-Digit-Substitution Test
1 MMSE: Mini-Mental State Examination ² BVRT: Benton Visual Retention Test; Matrices: Sätze B und C aus Raven Progressive Matrizen-Test; RAVLT:
Rey-Auditory Verbal Learning Test; Similarities (Gemeinsamkeitenfinden in HAWIE) und Digit Span Backward (Zahlennachsprechen rückwärts im HAWIE) aus Wechsler Bellevue Test
3 Revised Hasegawa Dementia Scale. Ähnlich der MMSE1
4 KAI: Kurztest für allgemeine Basisgrößen der Informationsverarbeitung 5 nach Kontrolle der Größen „Alter“, „Geschlecht“ und „Tage nach der Operation“ ° MAR-Score (minimum angle of resolution) °° logMAR (s. A. „°“)
61Gerstmeyer, Lehrl: Katarakt-OP und kognitive Leistungssteigerung – Erkenntnisstand nach zehn Jahren
fähigkeit durch eingeschränkte Anregungen, wie sie bei stationären Klinikaufenthalten, in manchen Seniorenheimen oder bei alleine lebenden Senioren vorgefunden werden, nähert sich ebenfalls nach etwa sechs Wochen einem Minimum an, wie es die stimulationsreduzierte Umgebung noch fordert [15].
Die durch die Kataraktoperation vorgenommene Verbesserung der Sehschärfe und sicherlich auch des Kontrastsehens fördert eine Öffnung für neue visuell vermittelte geistige Anregungen. Selbst die zuletzt erlebte, gewohnte Umgebung wird nun im neuen Licht erfahren. Sobald sie zur neuen Gewohnheit wird, beginnt der mentale Abbau. Dies ist zum Beispiel von den Senioren zu erwarten, die nach der Operation wieder in ihre alten Lebensverhältnisse zurückkehren und den Lebensstil nicht umstellen. Diese Vorstellungen zur zeitlichen Entwicklung könnten den Erfolg der Studien erklären, bei denen die Messungen ein bis zwei Monate nach der Kataraktoperation durchgeführt wurden. Schon die drei Monate postoperativ durchgeführte Messwiederholung von Anstey et al. [2] zeigte keinen Erfolg.
Die in den Studien aufgezeigten Zusammenhänge zwischen der Veränderung der Sehschärfe und der Änderung der kognitiven Leistungsfähigkeit waren nicht sehr eng. Dies mag an den unterschiedlichen Sensitivitäten der visuellen und mentalen Änderungen liegen: Ob jemand sich vom sehr schlechten zum schlechten Sehen verbessert, dürfte weniger Auswirkungen auf die mentale Leistungsfähigkeit haben, als die Differenz von einer leichten zu keiner visuellen Einbuße.
< 0,001 MMSE1 < 0,001 (r = –0,167); p = 0,122
Bei Senioren mit und ohne kognitive Leistungsminde-rung: Signifikante Verbesserung der kognitiven Minde-rung durch OP
k. A. KAI4: 1,1 ± 5,5 IQ-Punkte
0,273 Bei Senioren ohne kognitive Leistungsminde-rung: Signifikante Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit durch Katarakt-OP
0,47 ± 0,37 < 0,001 KAI4: 12,65 ± 10,37 IQ-Punkte
< 0,001 p = 0,060 (0,0615); davon Informationsge-schwindigkeit: 0,363 (0,4745); Merkspanne: 0,040 (0,0355)
< 0,001
62 allGemeInes/nachstar/VarIa
SchlussfolgerungenAngesichts der hohen Bedeutung der kognitiven Leistungsfähigkeit für den indivi
duellen Erfolg in der Gesellschaft und für die Wissensgesellschaft insgesamt sind die Möglichkeiten der Förderung der mentalen Leistungsfähigkeit durch Kataraktoperationen überraschend wenig untersucht worden.
Es scheint so zu sein, dass sich die Patienten in den ca. zehn Wochen nach der IOLImplantation auf einem erhöhten kognitiven Niveau befinden, in dem sie für geistige Anregungen und Änderungen in der Lebensführung besonders offen sind. Vielen käme es in dieser Zeit sicher sehr entgegen, wenn sie sich nicht selbst überlassen blieben, sondern zur Gestaltung eines geistig anregenderen Lebens animiert würden, weil sie anschließend wieder auf das präoperative mentale Niveau zurückfallen. Schon der ärztliche Hinweis, dass es im Internet oder in Buchhandlungen einiges, zum Teil kostenloses zur mentalen Aktivierung gibt, könnte vielen Patienten helfen, die durch die Kataraktoperation neu gewonnenen Möglichkeiten zur Ausschöpfung der geistigen Potenziale zu nutzen und damit die gesamte Lebensqualität in einer Wissensgesellschaft zu erhöhen.
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Aphakie-IOL/Endophthalmitis
67
Retropupillare Irisklauenlinse bei Kapselsackverlust
U. Baum, M. Blum
ZusammenfassungHintergrund: Retrospektiv werden die visuellen Ergebnisse und Operationsbesonder
heiten verschiedener Ausgangssituationen nach Verlust des Kapselsackes bei Anwendung einer retroiridalen Irisklauenlinse als Hinterkammerlinse (Verisyse VRSA 54) ausgewertet.
Material und Methode: Es wurden 20 Augen von 19 Patienten (Alter 18 bis 91 Jahre) nach der Methode von Mohr zwischen September 2006 und Januar 2009 operiert.
Ergebnisse: Bei elf Augen lag eine Aphakie vor, in neun Fällen erfolgte ein Linsenaustausch. Fünf Augen waren vitrektomiert, fünf weitere Fälle erhielten die Parsplana Vitrektomie in Kombination mit der Operation. Die Linse konnte retropupillar bis auf eine Ausnahme in der 39UhrHaptikposition fixiert werden. Schon am Entlassungstag befand sich der Visus im Mittel wieder auf dem präoperativen Niveau. Das sphärische Äquivalent betrug –0,8 ± 1,51 dpt, der Zielkorridor wird von zehn Augen erreicht. Der Astigmatismus von 2,0 ± 1,40 dpt wird stark von den oft anspruchsvollen Schnittverhältnissen beeinflusst. Bei insgesamt zehn Patienten traten postoperativ gut beherrschbare Komplikationen auf: Druckanstiege (n = 3), Hypotonie (n = 1), Glaskörperblutung (n = 3), IOLLuxation, was einen zweiten Eingriff erforderte (n = 3).
Schlussfolgerung: Die Indikationsstellung sollte wegen der vergleichsweise sicheren und schnellen Operationsmethode sowie der sehr guten visuellen Rehabilitation großzügig gestellt werden. Die Komplikationsmöglichkeiten werden stark von der Ausgangsituation beeinflusst.
Schlüsselwörter: Irisklauenlinse, Aphakie, IOLAustausch
SummaryBackground: In a retrospective study, we report the surgical and visual results after implan
tation of a retropupillary fixated irisclawlens (Verisyse VRSA 54) without capsular support.Methods: 20 eyes of 19 patients aged 18–91 years had undergone an implantation as
described by Mohr et al. 2002 between September 2006 and January 2009.Results: Underlying conditions were: aphakia (11 eyes), exchange of intraocular len
ses (IOL) (9 eyes), prior vitrectomy (5 eyes), simultaneous IOL exchange and vitrectomy (5 eyes). In all eyes, both IOL haptics were enclavated safely in the 39o’clockposition, except one case where the haptics were fixated in the oblique meridian. Mean postoperativ refraction was –0.8 ± 1.51 D after 1–12 months. Half of the group (10 eyes) reached a refraction within ± 0.5 D. Astigmatism was 2.0 ± 1.40 D mainly due to preoperative conditions.Complications were noticed in 10 cases including intraocular hypertension (n = 3) or hypotension (n = 1), intraocular haemorrhage (n = 3) and irisclawlens luxation (n = 3).
Conclusion: Implantation of a retropupillary fixated IOL is a safe, quick and predictable method resulting in good visual acuity. Complications are mainly depending on preoperative conditions.
Key words: Iris claw lens, aphakia, IOL exchange
68 aPhaKIe-Iol/endoPhthalmItIs
HintergrundNach Verlust des Kapselsackes durch Zonulainsuffizienz wie beim MarfanSyn
drom, bei einer Verletzung oder im Rahmen eines Linsenaustausches bzw. einer Linsenexplantation kann die Kunstlinse in der Vorderkammer oder in der Hinterkammer fixiert werden. Über die Vorteile der retropupillaren Fixation einer Irisklauenlinse gegenüber einer Vorderkammerlinse oder einer nahtfixierten Hinterkammerlinse wird zunehmend berichtet [2, 3, 5, 7].
MethodikIn einer retrospektiven Untersuchung zwischen 2006 und Januar 2009 wurden
die visuellen Ergebnisse und Operationsbesonderheiten bei der Anwendung einer Irisklauenlinse als Hinterkammerlinse (Verisyse VRSA 54) ausgewertet. Die einstückige Intraokularlinse (IOL) (Abb. 1) besteht aus PMMA und besitzt zwei klauenartige Haptiken mit einem Gesamtdurchmesser von 8,5 mm, in die das Irisstroma eingeklemmt werden kann. Der Durchmesser der Optik beträgt 5 mm und bestimmt somit den Tunnelquerschnitt des operativen Zugangs. Die Operationsmethode wurde von Mohr 2002 beschrieben [7]. Dank der Haptikabwinkelung von 5° kann der Pigmentabrieb verhindert werden, es ist keine Iridektomie zur Vermeidung eines Pupillarblockes notwendig.
ErgebnisseEs wurden 20 Augen von 19 Patienten (Alter 18 bis 91 Jahre) am HELIOS Klinikum
Erfurt GmbH operiert. Die Biometrie erfolgte mittels IOLMaster und SRK2Formel (AKonstante von 116,8). Bei 19 Augen konnte die Linse retropupillar in der operationstechnisch besten Haptikposition bei 39Uhr fixiert werden. Trotz Verwachsungen und Irisdefekte konnte in einem Fall durch eine Rotation der Linse eine stabile Fixation im schrägen Meridian erfolgen.
8,5 x 5 mm
Abb. 1: Irisklauenlinse (Verisyse, AMO)
69Baum, Blum: Retropupillare Irisklauenlinse bei Kapselsackverlust
Bei unterschiedlichen Ausgangssituationen und Voroperationen musste das operative Vorgehen individuell angepasst werden, elf Augen waren aphak, in sieben Fällen erfolgte ein Linsenaustausch wegen IOLLuxation und zweimal wegen einer Schädigung der IOL. Fünf Augen waren schon vollständig vitrektomiert, fünf weitere Fälle erhielten die ParsplanaVitrektomie in Kombination mit dem Einsetzen der Irisklauenlinse.
Schon am Entlassungstag befand sich der Visus im Mittel wieder auf dem präoperativen Niveau. Die unterschiedlichen Nachbeobachtungszeiten von einen bis zwölf Monaten erklären sich aus dem Zeitraum der Studie (Abb. 2). 60 % der Augen verzeichneten eine Visusgewinn, 20 % blieben unverändert und in 20 % war der Verlust einer Zeile festzustellen. Den Zielkorridor des sphärischen Äquivalents von ± 0,5 dpt erreichten 10/20 Augen, was mit den Ergebnissen von Mohr [7] vergleichbar ist. Das sphärische Äquivalent betrug –0,8 ± 1,51 dpt. Hier könnte eine Irisverziehung durch die Enklavation eine Rolle spielen. Der Astigmatismus wurde mit 2,0 ± 1,4 dpt gemessen, was sich aus den Ausgangssituationen mit schwierigen Schnittverhältnissen nach ICCE und mehreren Voroperationen erklärt.
Bei neutraler Pupillenweite ist der Optikrand trotz leichter Dezentrierung nicht sichtbar. Die Fundusbeurteilung in Mydriasis ist unproblematisch. Bei insgesamt zehn Patienten traten postoperativ Komplikationen auf: Druckanstieg (n = 3), Hypotonie (n = 1), Glaskörperblutung (n = 3), IOLLuxation, was einen zweiten Eingriff erforderte (n = 3). Die Ergebnisse werden stark von der Ausgangsituation und dem Umfang der Operation (Kombination mit Vitrektomie) beeinflusst.
1,2
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
post
op.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2
Visus präop.
Abb. 2: Postoperative Visusentwicklung, n = 20, Nachbeobachtungszeit 1–12 Monate
70 aPhaKIe-Iol/endoPhthalmItIs
DiskussionDer Vorschlag einer retropupillaren Fixierung einer Irisklauenlinse wurde bereits
1980 von Amar gemacht. Bei dieser Technik wurde eine Linse mit konvexplaner Optik identisch der Vorderkammerimplantation, jedoch retropupillar eingesetzt [1]. Wegen des äußerst geringen Abstandes der Linse vom Pigmentepithel bestand die Gefahr der Abschilferung des Pigmentepithels mit einem möglichen chronischen Reizzustand. Zur Vermeidung eines Pupillarblockes musste eine Iridektomie angelegt werden.
Der neue Linsentyp (Verisyse) mit einer 5° abgewinkelten Haptik hält einen Abstand von der Rückseite der Iris ein. Eine geringe Depigmentierung wurde nur im Bereich der Haptikinkarzerationen gesehen [7]. Es konnte keine Zunahme im zeitlichen Verlauf festgestellt werden. Da weder eine segmentale Irisatrophie noch eine Beeinflussung der Pupillarmotilität in der postoperativen Phase aufgefallen waren, kann daraus gefolgert werden, dass keine Auswirkungen auf die Blutzirkulation zu erwarten sind. Leckagen an den Inkarzerationsstellen waren fluoreszenzangiographisch nicht nachweisbar [7].
Die Vorteile der Irisklauenlinse liegen in ihrer guten Anpassung an die Physiologie der Vorderkammer, da Kammerwinkelstrukturen nicht berührt werden. Dadurch ist eine Anwendbarkeit dieser Linse sowohl bei primären Offenwinkelglaukomen als auch bei bestimmten Formen von Sekundärglaukomen gegeben. Gegenüber den skleranahtfixierten Hinterkammerlinsen zeichnet sich dieser Linsentyp durch die Vermeidung von intraoperativen Blutungen, die beim Nadeldurchstich durch den Ziliarkörper entstehen können, aus [9]. Die erhöhte Beweglichkeit der Linse gegenüber einer kapselsackfixierten Intraokularlinse hat Bedeutung für die Inzidenz eines Makulaödems und eines Endothelzellverlustes. Deshalb ist ihre Anwendung bei niedriger Endothelzellzahl oder drohender Hornhautdekompensation nicht empfehlenswert.
Die Inzidenz eines zystoiden Ödems lag im Patientengut bei 4,8 % [7] und damit höher als bei der normalen Hinterkammerlinsenimplantation. Für die vergleichbare Implantation einer skleranahtfixierten Hinterkammerlinse wurde eine Häufigkeit zwischen 5,8 % und 33 % angegeben [6, 9]. Ihre gegenüber kammerwinkelgestützten Vorderkammerlinsen deutlich erhöhte Beweglichkeit, insbesondere bei vitrektomierten Augen, kann zu vermehrten Blendungsbeschwerden führen. Eine bereits vorgenommene Vitrektomie könnte diese Rate dahingehend positiv beeinflusst haben, dass eine Glaskörperinkarzeration weder im Bereich der Iris noch im Bereich des Sulcus ciliaris möglich ist [7]. Bei einer evtl. erneuten ParsplanaVitrektomie unter Verwendung einer Gasendotamponade führt diese Implantationstechnik nicht zu Komplikationen, wie wir an einigen Fällen bei der kombinierten Implantation nachweisen konnten. Da keine weitere Eintrittspforte (z. B. an den Durchstichstellen des ProleneFadens bei Skleranahtfixaton) gegeben ist, kann wahrscheinlich das Endophthalmitisrisiko gesenkt werden. Auch die erheblich kürzere Operationszeit gegenüber der Skleranahtfixierung kann letztlich als Vorteil gewertet werden.
Unsere Ergebnisse bestätigen die Berichte in der Literatur, dass die postoperativen Probleme und Komplikationen eher mit den Vorerkrankungen und Ausgangssitua
71Baum, Blum: Retropupillare Irisklauenlinse bei Kapselsackverlust
tionen zusammenhängen und nicht kausal durch die retroiridal fixierten Irisklauenlinsen verursacht werden. Das zystoide Makulaödem wurde in 4,1 % der Patienten beobachtet [3, 4, 5, 11], wurde aber aufgrund des Umfangs unseres Kollektivs nicht ausgewertet.
Die Implantation einer retroiridal fixierten Irisklauenlinse kann schnell und schonend in Retrobulbäranästhesie durchgeführt werden. Unter Antikoagulation ist bei unkomplizierter Ausgangssituation auch eine Tropfanästhesie mit intrakameraler Lidocaingabe angewendet werden. Mit der neu entwickelten Pinzette von Sekundo [10] gelingt dem erfahrenen Operateur die Zentrierung der IOL relativ einfach. Die Methode der Wahl zur Korrektur der Aphakie bei fehlendem Kapselsack ist inzwischen in unserem Haus die retroiridal implantierte Irisklauenlinse und kommt damit auch als „StandbyIOL“ im Rahmen der Kataraktchirurgie infrage.
Sowohl die Kombination mit einer Vitrektomie, wie in unserem Patientenkollektiv, als auch mit einer penetrierenden Keratoplastik ist möglich [8]. Am Ende der Vitrektomie kann gegebenenfalls auch eine Gastamponade angewendet werden. Der Patient muss dann allerdings konsequent die Lagerungsanweisungen einhalten, um einen Pupillarblock zu vermeiden.
SchlussfolgerungenDie visuelle Rehabilitation ist sehr gut und die Kombination mit vitreoretinalen
Eingriffen möglich. Die Indikationsstellung sollte wegen der vergleichsweise sicheren und schnellen Operationsmethode großzügig gestellt werden, wobei die Ausschlusskriterien wie ein zystoides Makulaödem, ein dekompensiertes Sekundärglaukom, Irispathologien und Pupillenweiten über 5 mm zu beachten sind.
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73
Ist die Irisfixation der IOL bei Patienten mit Aphakie und diabetischer Retinopathie indiziert?
J. C. Schmidt, St. Mennel
ZusammenfassungHintergrund: Bei Patienten mit Aphakie nach komplizierten Kataraktoperationen mit
großflächiger Kapselruptur wird heute als mögliche sekundäre IOL die Irisklipslinse implantiert und der nahtfixierten IOL gegenüber bevorzugt verwendet. Ist diese Technik auch bei Diabetikern mit Schrankenstörungen indiziert?
Material und Methode: Ein 46jähriger Patient erlitt sechs Wochen nach Linsenimplantation bei komplizierter Katarakt eine Druckentgleisung. Bei flacher Vorderkammer fand sich eine Hinterkammerlinse, die bei großem Kapseldefekt durch eine Naht an der Iris fixiert war. Der gesamte Kammerwinkel wies eine massive Rubeosis iridis auf. Bei reduziertem Funduseinblick war die Netzhaut sonografisch anliegend. Das kontralaterale Auge zeigt bei beginnender Katarakt eine mäßige diabetische Retinopathie. Zwei Tage nach Injektion von AntiVEGF erfolgte die Linsenexplantation mit Vitrektomie und Silikonölinstillation.
Ergebnisse: Zunächst normalisierten sich die Druckwerte, die Hornhaut klarte auf und die Irisneovaskularisationen waren weiter rückläufig. Trotz intraoperativer weiterer Laser und Kryokoagulation sowie erneuter Anwendung von AntiVEGF kam es im Intervall von drei Wochen zu einer erneuten massiven Irisneovaskularisation mit Tensioentgleisung und beginnendem Ektropium uveae, die eine weitere Interventionen mit Irisrepositionen und AntiVEGFInjektionen erforderte.
Schlussfolgerung: Bei Patienten mit gestörter Iristrophik und zu erwartenden Schrankenstörungen wie bei Diabetikern und Uveitikern sollte auf die Implantation von irisgestützten Linsen verzichtet werden. In diesen Fällen sind nahtfixierte Linsen indiziert, um eine zusätzliche Alteration der Iris durch Linsenklauen zu vermeiden.
SummaryBackground: In patients with aphakia after complicated cataract surgery with extensive
capsular defect today the irisclow lens is the preferred secondary IOL. Is this technique also indicated in diabetic patients with barriers disorders?
Materila and methods: We saw a 46 year old patient with IOD of 38 mmHg after complicated cataract surgery. In the history a diabetic retinopathy and situation after panretinal laser coagulation was known. At the slit lamp a iris fixed lens was found, iridectomy, massive proliveration of the iris and a reduced fundus view due to cornea edema. Sonographically the retina was attached. Within tow days after injection of antiVEGF the neovascularization of the iris reduced significantly. A vitrectomy with explantation of the lens and linstillation of silikonoil was done.
Results: Next to normal pressure values, the cornea cleared, and the proliveration of the iris were continusly declining. Despite intraoperative additional laser and cryotherapy, as
74 aPhaKIe-Iol/endoPhthalmItIs
well as reuse of antiVEGF the massive irisneovaskularization recur during three weeks, so additional reinjection of antiVEGF was necessary. A ectropion uvea required further operative interventions with reposition of the iris.
Conclusion: In patients with barriers disorders like diabetic retinopathy and uveitis the use of iris clow lens should be avoid. In these cases sclera suture fixed lenses are indicated to prevent additional alteration by iris suture and clows.
EinführungDurch die Fortschritte in der Kataraktchirurgie, wie die Einführung der Klein
schnitttechnik, die Anwendung neuer Phakogeräte und die Implantation von faltbaren Linsen in einen definiert eröffneten Kapselsack, haben wir heute einen Standard erreicht, der die Kataraktchirurgie für den Patienten fast zu einer Bagatelle degradiert. So können die meisten Patienten in lokaler Anästhesie ambulant operiert werden und erfordern postoperativ nur minimale ärztliche Zuwendung. Entsprechend sind die Erwartungen von allen Seiten hoch gesteckt. Erreicht wird dies durch eine HightechMedizin, die insbesondere das intraoperative Trauma minimiert. Dadurch ist es einerseits möglich, das Indikationsspektrum auszudehnen, andererseits können mögliche Risiken übersehen werden. Gemeint ist hier die Gruppe der Patienten, bei denen vor Jahren eine Kataraktoperation mit Implantation einer Kunstlinse noch umstritten war, wie dies bei den Diabetikern und den Uveitikern der Fall war.
Auch diese Patienten können heute grundsätzlich kataraktoperiert werden. Man darf aber nicht vergessen, dass dies ein Verdienst der minimalinvasiven OPTechniken ist. An der Problematik der Schrankenstörungen bei diesen Patienten hat sich aber nichts Grundlegendes geändert. Dies wird evident, wenn hier vermehrt postoperative Makulaödeme sichtbar werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche die adäquate sekundäre Linse bei diesen Patienten bei möglichen Problemen mit der Kapselsackimplantation wie bei komplizierten Kataraktoperationen mit großflächigen Kapselrupturen oder bei Aphakie nach Trauma darstellt (Abb. 1).
Abb. 1: In den Glaskörper subluxierte IOL nach komplizierter Kataraktoperation mit Kapseldefekt
75Schmidt, Mennel: Ist die Irisfixation der IOL bei Patienten mit Aphakie und diabetischer Retinopathie indiziert?
Die Irisklipslinse wird, insbesondere seit diese auch von retrograd implantiert wird, wegen des geringeren operativen Aufwandes gegenüber der nahtfixierten IOL bevorzugt (Abb. 2) [1, 2]. Ist aber diese Technik mit direkter Alteration der Iris auch bei Diabetikern und Uveitikern indiziert?
Aufgrund der demografischen Entwicklung und der Zunahme der TypIIDiabetiker sind zahlreiche Patienten betroffen. Bei den Patienten, die postoperativ massive Probleme mit einer Rubeosis iridis und einem Sekundärglaukom entwickeln, ist häufig eine inadäquate IOL wie Vorderkammerlinsen, Linsen im Sulkus oder Linsen mit Irisfixation vorzufinden.
Klinisches BeispielBeispielhaft sei hier ein 46jähriger TypIDiabetiker vorgestellt, der sechs Wo
chen nach einer Kataraktoperation ein Sekundärglaukom entwickelte. Bei flacher Vorderkammer fand sich eine Hinterkammerlinse, die bei großem Kapseldefekt mit einem Bügel von Kapselresten im Sulkus gehalten wurde, wogegen der andere Bügel durch eine Naht an der Iris fixiert war. Der gesamte Kammerwinkel wies eine massive Rubeosis iridis auf (Abb. 3). Bei reduziertem Funduseinblick war die Netzhaut sonografisch anliegend. Das kontralaterale Auge zeigt bei beginnender Katarakt eine mäßige diabetische Retinopathie.
Nach Injektion von AntiVEGF erfolgte zwei Tage später nach deutlicher Reduktion der Irisneovaskularisationen die Linsenexplantation mit kompletter Vitrektomie, panretinaler Laserkoagulation und Silikonölinstillation. Zunächst normalisierten sich die Druckwerte, die Hornhaut klarte auf, und die Irisneovaskularisationen waren weiter rückläufig. Im Intervall von drei Wochen kam es zu einer erneuten Irisneovaskularisation mit Tensioentgleisung und beginnendem Ektropium uveae, die weitere Interventionen mit Irisrepositionen und AntiVEGFInjektionen erforderte.
Abb. 2: Eine Irisklauenlinse von retrograd implantiert ist auch in maximaler Mydriasis stabil.
76 aPhaKIe-Iol/endoPhthalmItIs
DiskussionUm solche Verläufe zu vermeiden, ist sicherlich perioperativ auf eine ausrei
chende Sanierung der diabetischen Retinopathie durch Laser und Kryokoagulation zu achten. Kommt es aber durch ein ausgedehntes operatives Trauma bei der Kataraktoperation oder durch Setzen eines chronischen uvealen Reizes zu einer vermehrten Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Prostaglandinen, können diese die VEGFExpression hochregeln. In der Folge kommt es zu einer Zunahme von zystoiden Makulaödemen oder einer Exazerbation einer zuvor noch stabilen diabetischen Retinopathie oder im Extremfall zur Irisneovaskularisation. Die Neovaskularisationen entstehen dabei nicht unbedingt am Ort des Reizes – beispielsweise im Bereich der Enklavation –, sondern an Prädelektionstellen wie der Papille oder im Kammerwinkel.
Daher ist es anzuraten, dass bei Patienten mit gestörter Iristrophik und zu erwartenden Schrankenstörungen wie bei Diabetikern und Uveitikern auf die Implantation von irisgestützten Linsen verzichtet wird. In diesen Fällen sind Linsen indiziert, die im Sulkus in ausreichender Distanz zur Iris nahtfixiert werden, um eine zusätzliche Alteration des Irisgewebes durch Linsenklauen oder Naht zu vermeiden [3]. Mit dieser zwar etwas aufwendigeren Technik, die aber über Jahrzehnte gute Ergebnisse brachte, lässt sich auch heute noch dieses spezielle Krankengut gut behandeln. Ob darüber hinaus bei der Kataraktoperation von Risikopatienten eine begleitende prophylaktische AntiVEGFGabe sinnvoll ist, muss wie auch bei den feuchten altersbedingten Makulopathien weiter untersucht werden.
Abb. 3a und b: Hinterkammerlinse 6 Wochen postoperativ beim Diabetiker mit Irisnaht bei 8h mit Neovaskula-
risationen im Kammerwinkel (s. Pfeil)
a b
77Schmidt, Mennel: Ist die Irisfixation der IOL bei Patienten mit Aphakie und diabetischer Retinopathie indiziert?
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(Artisan™, Verisyse™) bei Aphakie. Ist die skleranahtfixierte Intraokularlinse noch state of the art? Spektrum Augenheilkd 2004;18:279–283
2. Mohr A, Hengerer F, Eckardt C: Retropupillare Fixation der Irisklauenlinse bei Aphakie. Ophthalmologe 2002;99:580–583
3. Schmidt J, Nietgen GW, Freisberg L, Neisskenwirth N: A modified transscleral suture for fixation of sulcus carried posterior chamber lenses. J Cataract Refract Surg 2002;28:15–17
79
Vitrektomie bei Endophthalmitis ohne systemische Antibiose?
E. Margolina, H. Hoerauf, M. Müller
EinleitungDie Endophthalmitis stellt die schwerwiegendste Komplikation nach der Katarakt
operation dar. Die aktuelle Inzidenz wird mit 0,1 bis 0,27 % angegeben [16, 17]. Eine frühe randomisierte Multicenterstudie bei Endophthalmitis nach Kataraktoperation von 1995, die EndophthalmitisVitrektomieStudie (EVS) [18] erbrachte keinen zusätzlichen Nutzen der intravenösen Antibiotikagabe. Hiernach war eine ParsplanaVitrektomie nur dann von Vorteil, wenn Patienten einen präoperativen Visus von Handbewegungen oder schlechter aufwiesen. Aufgrund der Subgruppenanalyse der Studie und späterer Arbeiten von zahlreichen internationalen Autoren wurden diese Empfehlungen infrage gestellt.
Patienten und MethodenWir evaluierten die Daten von 40 Patienten mit akuter und chronischer Endo
phthalmitis nach Kataraktoperation, die an der Augenklinik Lübeck in den Jahren 1996 bis 2008 behandelt wurden. Dieser retrospektiven Studie liegen die klinischen Daten von 30 Patienten mit akuter und zehn Patienten mit chronischer Endophthalmitis nach Kataraktoperation zugrunde. Die Diagnose Endophthalmitis wurde gestellt, wenn eine Entzündung intraokularer Strukturen mit gleichzeitig vorliegender Beteiligung der Vorderkammer und des Glaskörperraums vorlag. Bei den Patienten handelte es sich um 19 Frauen und 21 Männer im Alter von 39 bis 91 Jahren (im Median 76 Jahre). Alle Patienten wurden schnellstmöglich vitrektomiert. Es wurde ein Vorderkammer und das Glaskörperpunktat zwecks Erregernachweis entnommen, eine großzügige hintere Kapsulotomie und anschließende antibiotische Spülung der Vorderkammer und des Glaskörpers mittels Infusion (mit 20 µg/ml Vancomycin, 80 µg/ml Amikacin und 40 µg/ml Dexamethason) durchgeführt. Mit Ausnahme eines Patienten erfolgte keine Endotamponade. Die intraoperativ entnommenen Proben wurden unverzüglich in die Mikrobiologie transportiert. In allen Fällen wurde die IOL belassen. Die postoperative Lokaltherapie bestand in antibiotischen und kortisonhaltigen Augentropfen und salben. Es wurden keine systemische Antibiose oder Kortikosteroide verabreicht.
Die Nachbeobachtungszeit variierte zwischen zehn Tagen und sieben Jahren (im Mittel 15,7 Monate). Analysiert wurde der klinische Verlauf der Erkrankung (Beginn der ersten klinischen Symptome, prä und postoperativer Befund, Auftreten intra und postoperativer Komplikationen und Rezidive), das Erregerspektrum mit Lokalisation des Erregernachweises, Komplikationen der vorausgegangenen Kataraktoperationen. Das Hauptkriterium, der Visus, wurde zu unterschiedlichen Zeitpunkten
80 aPhaKIe-Iol/endoPhthalmItIs
(vor der Kataraktoperation, nach der Kataraktoperation, vor der Vitrektomie, Visus bei der Entlassung nach der Vitrektomie und letzter, entweder in unserer Klinik oder bei dem weiterbetreuenden niedergelassenen Augenarzt fernmündlich erhobene Visus) dokumentiert.
ErgebnisseSehschärfe vor der Vitrektomie vs. Endvisus
Bei den Patienten mit akuter Endophthalmitis konnte in 29 von 30 Fällen ein präoperativer Visus erhoben werden. Er betrug im Durchschnitt 0,05 (2,4 logMAR), wobei die Mehrzahl der Patienten einen schlechteren Visus hatten. Der letzte erhobene bestkorrigierte Fernvisus lag im Mittel bei 0,55 (0,4 logMAR). Bei den zehn Patienten mit chronischer Endophthalmitis lag der durchschnittliche Visus vor der Vitrektomie bei 0,15 (1,13 logMAR) und der mittlere Endvisus bei 0,52 (0,32 logMAR). Bei allen Patienten war eine Besserung bzw. keine Verschlechterung der Ausgangssehschärfe zu verzeichnen. Einen Endvisus von ≥0,05 erreichten in unserer Fallserie alle 40 Patienten (100 %), einen Visus von ≥0,5 erreichten 28 Patienten (70 %) und ein bestkorrigierter Fernvisus von 1,0 wurde von vier Patienten (10 %) erzielt (Abb. 1).
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,01 5 9 13 17 21 25 29 33 37
Visu
s
Anzahl PatientenVisus vor Vitrektomie
Endvisus
Abb. 1: Visus vor Vitrektomie (Mittelwert 2,2 logMAR) vs. Endvisus (Mittelwert 0,4 logMAR) bei Patienten mit
akuter und chronischer Endophthalmitis
81Margolina et al.: Vitrektomie bei Endophthalmitis ohne systemische Antibiose?
Sehschärfe vor der Kataraktoperation vs. EndvisusMithilfe der niedergelassenen Augenärzte konnten wir den Visus von allen 40
Patienten vor der Kataraktoperation evaluieren. Er betrug im Durchschnitt 0,43 (0,45 logMAR). Die zuletzt erhobene Sehschärfe unserer Patientengruppe nach Vitrektomie lag im Mittel bei 0,54 (0,36 logMAR). Einen besseren Endvisus als vor der vorausgegangenen Kataraktoperation erreichten 28 Patienten (70 %), einen signifikanten Visusanstieg mit Verbesserung der ursprünglichen Sehschärfe um zwei oder mehr Zeilen erzielten 19 Patienten (47,5 %).
In der Aufteilung nach Ausgangsvisus vor Kataraktoperation in drei Gruppen ergab sich folgendes Ergebnis: In der ersten Gruppe mit einem Ausgangsvisus von 0,7 bis 1,0 (n = 5) lag der durchschnittliche Ausgangsvisus bei 0,8 (0,1 logMAR), der Endvisus betrug ebenfalls 0,8 (0,1 logMAR). In der Gruppe mit einem Ausgangsvisus von 0,4 bis 0,6 (n = 20) lag der durchschnittliche Visus vor der Kataraktoperation bei 0,5 (0,29 logMAR), und der Visus nach der Endophthalmitis bei der letzten augenärztlichen Untersuchung betrug im Mittel 0,57 (0,32 logMAR). In der Gruppe mit dem geringsten Ausgangsvisus von Lichtscheinwahrnehmung bis 0,3 (n = 15) lag der Visus vor der Kataraktoperation im Durchschnitt bei 0,2 (0,77 logMAR) und stieg im Mittel auf 0,43 (0,5 logMAR) an.
Erregerspektrum Bei 19 Patienten mit akuter Endophthalmitis konnte der Erreger identifiziert wer
den. Damit lag die Erregernachweisquote in dieser Patientengruppe bei 63,3 %. Der häufigste Erreger war Staphylococcus epidermidis und wurde in 14 Fällen (73,7 %) nachgewiesen. In drei Proben (15,8 %) wurden koagulasenegative, nicht weiter speziell bezeichnete Kokken mikrobiologisch gesichert. Dementsprechend lagen in 89,5 % der nachgewiesenen Keime koagulasenegative Kokken als Erreger vor. Des Weiteren wurden bei jeweils einem Patienten (5,3 %) Streptococcus mitis und Streptococcus oralis mikrobiologisch verifiziert. Der häufigste Erregernachweis gelang im Glaskörper. Bei zwölf Proben fiel die Kultur bei dem gewonnenen Material nur aus dem Glaskörper positiv aus. Bei einem Patienten ergab sich der positive Kulturnachweis aus der Vorderkammer allein und in sechs Fällen gelang der Erregernachweis sowohl aus der Vorderkammer als auch aus dem Glaskörper (Tab. 1).
Erreger GK VK GK+VK Gesamt
Staph. epid. 9 1 4 14
Koag. „–“ Kokken 2 – 1 3
Strep. mitis – – 1 1
Strep. oralis 1 – – 1
Tab. 1: Lokalisation des Erregernachweises
82 aPhaKIe-Iol/endoPhthalmItIs
KomplikationenBei drei Patienten (zwei davon mit chronischer, einer mit akuter Endophthalmitis)
trat im postoperativen Beobachtungszeitraum ein Endophthalmitisrezidiv auf. In zwei Fällen entwickelte sich ein Sekundärglaukom. Eine Revitrektomie musste bei sechs Patienten durchgeführt werden: jeweils einmal bei persistierendem CMÖ mit subjektiv störenden Glaskörpertrübungen und bei Auftreten einer Glaskörperblutung. Ein Folgeeingriff aufgrund eines Rezidivs war bei zwei Patienten indiziert. Ebenfalls musste bei zwei Patienten Silikonöl nach Revitrektomie mit Silikonöltamponade entfernt werden. In der Nachbeobachtungszeit kam es bei zwei Patienten zu einer Netzhautablösung (5 %). Bei beiden Patienten konnte ein Endvisus von 0,7 bzw. 1,0 erreicht werden. Es trat keine Phthisis bulbi auf, und es musste kein Auge enukleiert werden.
DiskussionDie postoperative Endophthalmitis stellt eine seltene, aber dennoch sehr dra
matische Komplikation nach kataraktchirurgischen Eingriffen dar. Trotz der verbesserten perioperativen Infektionsprophylaxe zeigte sich in den letzten Jahren kein deutlicher Inzidenzrückgang. Bezüglich der Therapie der postoperativen Endophthalmitis empfiehlt die EVS [18] eine Vitrektomie mit intravitrealer Antibiotika instillation bei Patienten mit einem Ausgangsvisus von weniger als Handbewegungen. Die primäre Vitrektomie setzte sich jedoch vor allem in Europa auch bei besserem Ausgangsvisus weitgehend durch [1, 8, 11]. Außerdem besagte die EVS, dass eine zusätzliche systemische Antibiotikagabe keinen Einfluss auf das funktionelle Ergebnis hatte. Die dabei von der EVS gewählte Kombination von Ceftazidim und Amikacin ist als ungünstig einzustufen, da Ceftazidim im grampositiven Bereich weniger Wirksamkeit als Vancomycin zeigt [5] und das Antibiotikum Amikacin eine in tierexperimentellen Versuchen ungenügende Penetration in den Glaskörper aufweist [6]. Ziel dieser Arbeit war es, den Zeitpunkt des Auftretens der Endophthalmitis, das Erregerspektrum, Ergebnisse und Komplikationen der Endophthalmitisbehandlung bei unserer konsekutiven Patientenserie zu untersuchen.
In unserer Studie handelte es sich in 30 Fällen um eine akute und in zehn Fällen um eine chronische Endophthalmitis. Bei 17 Patienten mit der akuten Endophthalmitis (56,7 %) wurde die Diagnose innerhalb der ersten postoperativen Woche gestellt. Dies ist mit anderen Studien vergleichbar, in denen das Auftreten in der ersten postoperativen Woche in 52 % bis 76 % [10, 12, 14] der Fälle angegeben wird.
Der Erregernachweis gelang bei 19 Patienten mit akuter Endophthalmitis. In dieser Gruppe lag die Nachweisquote bei 63,3 %. Der am häufigsten nachgewiesene Keim unserer Fallserie war Staphylococcus epidermidis (n = 14). Zu diesem Ergebnis kamen auch Benz et al. und Josephberg [3, 9]. Außerdem wurden andere koagulasenegative Kokken (n = 3), Streptococcus mitis (n = 1) und Streptococcus oralis (n = 1) als Erreger identifiziert.
Der Ausgangsvisus vor der Vitrektomie konnte bei 39 Patienten evaluiert werden, er lag im Durchschnitt bei 0,08 (2,2 logMAR) und war in 71,8 % der Fälle ≥0,05. Die
83Margolina et al.: Vitrektomie bei Endophthalmitis ohne systemische Antibiose?
Ausgangssehschärfe der Patienten mit Endophthalmitis unserer Studie deckt sich mit anderen Arbeiten, in die ebenfalls Patienten mit Endophthalmitis nach Kataraktoperation aufgenommen wurden. Hier wird ein präoperativer Visus von ≥0,05 bei 66,6 % bis 84,1 % angegeben [7, 13, 19].
Eine Visusbesserung im Vergleich zur Ausgangssehschärfe bei Endophthalmitis konnte nach Vitrektomie bei der letzten Kontrolluntersuchung bei allen Patienten unserer Fallserie erreicht werden. Ebenfalls 100 % der bei uns behandelten Patienten erreichten orientierendes Sehen entsprechend einer Sehschärfe von mindestens 20/400. Von vergleichbaren Ergebnissen berichtet Rehak [15]. In seiner Arbeit wiesen 79 % der Patienten mit akuter postoperativer Endophthalmitis (88,2 % nach Kataraktoperation, primäre Vitrektomie in 31 von 34 Fällen) einen Endvisus von 20/400 oder besser auf. In einer retrospektiven Studie von Bermig [4] lag der letzte erhobene Visus von mindestens 20/400 in 72,2 % der Fälle vor. In seiner Studie wurden zwar alle Patienten primär vitrektomiert, jedoch schloss er auch zwei Patienten mit Endophthalmitis nach perforierender Bulbusverletzung mit bekanntermaßen schlechterer Prognose ein (Anteil der Endophthalmitisfälle nach Kataraktoperation entsprechend 77,8 %).
Schwerste Komplikationen wie Phthisis bulbi oder Enukleation traten in unserem Patientenkollektiv nicht auf. Bei ÖzerArasli lag die Enukleationsrate bei 11,4 %, 7 % der untersuchten Augen wiesen im Verlauf eine Phthisis bulbi auf [13]. In der Studie von Hesse mussten 3,7 % der Augen enukleiert werden [7]. Zell berichtet von 3,7 % der Patienten, die postoperativ eine Phthisis bulbi entwickelten. Alle drei oben genannten Arbeiten untersuchten Patienten mit Endophthalmitis nach Kataraktoperation [19].
Postoperativ wurde in unserer Patientengruppe, anlehnend an die Empfehlung der EVS [18], keine intravenöse Antibiose verabreicht. Die aktuelle Empfehlung zur Behandlung der postoperativen Endophthalmitis schlägt die Kombination aus Vancomycin und Ceftazidim vor [2]. Die Tageskosten dieser systemischen Antibiose in empfohlener Dosierung liegen bei 199,47 €. Bei zehntägiger intravenöser Therapie entspricht dies 1.994,70 €. Die Gesamtsumme der systemischen Antibiose unserer 40 Patienten würde damit 79.788 € betragen.
In unserer Studie wurden alle Patienten einer schnellstmöglichen Vitrektomie in Verbindung mit anschließender antibiotischer Spülung unterzogen. Postoperativ wurde im Gegensatz zu den vergleichbaren Arbeiten keine systemische Antibiose verabreicht. Die funktionellen und anatomischen Ergebnisse unserer konsekutiven Fallserie sind mit anderen publizierten Arbeiten mit zusätzlicher systemischer Antibiose bezüglich der Ausgangssituation gut vergleichbar. Insbesondere schneidet unsere Patientenserie bezogen auf Visusergebnis, Phthisis und Enukleationsrate deutlich positiver ab. Daher ist der Nutzen systemischer Antibiose in der Behandlung postoperativer Endophthalmitis aus unserer Sicht kritisch zu hinterfragen. Besonders in Zeiten knapper Ressourcen im Gesundheitswesen scheint es gerechtfertigt, den gesamten Nutzen einer Therapie allen damit verbundenen Kosten gegenüberzustellen und als „value based medicine“ eine möglichst effiziente Mittelverwendung zu erreichen.
84 aPhaKIe-Iol/endoPhthalmItIs
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85
Endophthalmitisprophylaxe bei der Kataraktchirurgie –Umsetzung praktischer Empfehlungen
St. Kohnen
ZusammenfassungDie postoperative Endophthalmitis gehört zu den gefürchteten Komplikationen der Ka
taraktchirurgie. Ihre Inzidenz wird in der Literatur mit 0,02 bis 0,1 % angegeben. Ihr Verlauf ist meist foudroyant, die Prognose zumindest ungewiss, häufig jedoch infaust.
Die Prophylaxe einer Endophthalmitis steht für jeden Kataraktchirurgen vor ihrer Therapie. Sterilität im Umgang mit medizinischen Instrumenten unter der Operation ist zu gewährleisten. Darüber hinaus sind alle Desinfektionsmaßnahmen zur Keimreduzierung vor, während und nach der Operation von besonderer Bedeutung. Reduzierte chirurgische Inzisionen, kürzere Operationszeiten, der gezielte Einsatz antibiotischer Pharmaka am Zielort oder auch Veränderungen der chirurgischen Techniken haben die Keiminvasion im Auge vermindert. Restlos vermeiden kann sie der Operateur jedoch letztendlich nie. Bei jeder Operation muss mit einer potenziellen Keimverschlemmung in die Vorderkammer oder auch in den Kapselsack des Auges gerechnet werden. Man geht davon aus, dass die körpereigene Abwehr mit einem gewissen Maß an Keimen fertig wird. Die Keimbesiedlung im Auge ist wohl von der Quantität der Invasion, als auch von der Aggressivität der Erreger abhängig.
Allgemein gültige Empfehlungen zur Prophylaxe der Endophthalmitis finden sich in den Leitlinien von BVA und DOG [1]. Jeder Operateur bindet zusätzlich individuelle Erfahrungen und Empfehlungen in seine operationsbegleitenden Prozeduren ein [2, 3]. Diese sollten als Ergänzung der Leitlinien verstanden werden, können die wissenschaftlich belegten Erkenntnisse der Leitlinien jedoch nicht ersetzen.
EinleitungGenerell können die prophylaktischen Maßnahmen zur Vermeidung einer Endo
phthalmitis im Rahmen der Kataraktchirurgie in prä, intra und direkt postoperative Prozeduren unterteilt werden. Darüber hinaus sind diese Verfahren zum einen tatsächlich prophylaktisch, zum anderen bereits therapeutisch, wie im Falle der intracameralen Antibiose, wenn man von einer potenziellen Kontamination mit Keimen durch die Operation ausgeht.
Präoperative MaßnahmenEine Reihe von präoperativen Maßnahmen ist heute nicht mehr üblich. Hierzu
gehören das Spülen der Tränenwege am Tage vor der Operation, der BHAbstrich mit Kultivierung der Keimflora sowie das Abschneiden der Wimpern am Operationsauge [2, 3]. Alle diese Maßnahmen wurden vor einigen Jahren noch routinemäßig durchge
86 aPhaKIe-Iol/endoPhthalmItIs
führt. Aus verschiedenen Gründen haben sie sich jedoch nicht bewährt. Dem Spülen der Tränenwege zum Beispiel wird sogar eine zusätzliche Kontamination mit Keimen aus dem Tränensack auf die Augenoberfläche nachgesagt. Auch das Abschneiden der Wimpern hat sich nicht bewährt, da sterile Klebefolien um die Lidkante deutlich besser fixiert werden können, wenn die Wimpern möglichst lang sind.
Eine entscheidende Bedingung der präoperativen Prophylaxe ist die zuverlässige Inspektion des Operationsauges. Der Operateur muss gewährleisten, dass eine ausgebildete Assistenzkraft den Patienten kurz vor der Operation in Empfang nimmt und das Operationsauge äußerlich inspiziert. Auffällige Rötungen, seröse Verklebungen und gar Vereiterung müssen erkannt und gemeldet werden. Bei einem elektiven Eingriff wie der Kataraktchirurgie ist die Operation zu verschieben und das Auge entsprechend zu behandeln.
Präoperative AntibioseDie Haltung zu einer präoperativen Antibiose ist sehr unterschiedlich. Von einer
Mehrzahl der Operateure wird sie nicht routinemäßig durchgeführt [2, 3]. In der ESCRSStudie zur Endophthalmitisprophylaxe konnte kein statistischer Vorteil bei der Gabe eines Gyrasehemmers neuester Generation festgestellt werden [4–6]. Nicht zuletzt aus Kostengründen, sondern auch zur Resistenzvermeidung in der Bevölkerung sollten wir die präoperative Antibiose deshalb unterlassen.
Intraoperative MaßnahmenDen intraoperativen Maßnahmen zur Prophylaxe der Endophthalmitis kommt
wohl das größte Gewicht zu. Je unmittelbarer Maßnahmen am Auge örtlich und zeitlich erfolgen, desto effektiver dürften diese auch in Hinsicht Prophylaxe der Endophthalmitis sein. Deshalb liegt der Schwerpunkt der Prophylaxemaßnahmen im intraoperativen Bereich.
Sterilität unter der OPDer Einsatz steriler Instrumente während der Operation ist vorauszusetzen. Hinzu
kommt der Einsatz von Einmaltücher, Abdecksystemen, Einmalkittel und handschuhen. Außerdem werden Einmalschlauchsysteme der Phakomaschine, Einmalinfusionsbestecke und der einmalige Einsatz der Infusionsflaschen empfohlen. Generell hat der Einsatz von Einmalprodukten für unsere Operationen in den letzten Jahren zugenommen. Gerade die langen Schläuche der Phakomaschine lassen sich nach den Richtlinien des Robert KochInstituts nicht ausreichend sicher sterilisieren, da die Durchdringung in diesen extrem langen Hohlkörpern nicht gewährleistet ist.
Für viele Operateure hat auch der Einsatz von Lidsperrern mit Absaugung einen Vorteil. Hierbei wird ständig die Oberfläche des Operationsfeldes von potenziell kontaminierter Flüssigkeit gesäubert. Ebenso hat sich die Verwendung von Injektorsystemen zur Implantation von Faltlinsen als vorteilhaft erwiesen [5, 6]. Man geht
87Kohnen: Endophthalmitisprophylaxe bei der Kataraktchirurgie – Umsetzung praktischer Empfehlungen
davon aus, dass eine Faltlinse durch die Kartusche des Injektors kontaminationsfrei in das Auge implantiert werden kann, die Implantationstechnik mit Faltpinzetten jedoch zwangsläufig zur Kontamination der Linse am Wundrand der Inzision führt.
Desinfektion mit Polyvidon-JodZur Frage der Desinfektion fehlten bisher evidenzbasierte Empfehlungen, jedoch
hat die groß angelegte Studie der ESCRS Klärung gebracht [4–6]. Die mehrfache Desinfektion des OPFeldes mit PolyvidonJodlösung als auch die direkte Gabe einer Jodlösung in den Bindehautsack präoperativ gehören hierzu. Unsere eigenen Arbeitsanweisungen hierzu sehen die Behandlung des Operationsfeldes (Lidhaut, Nasenrücken, Augenbrauen) mit PolyvidonJodlösung in 10%iger Form als Hautdesinfektion ca. zehn Minuten vor der Operation vor. Diese Hautdesinfektion wird ca. fünf Minuten vor der Operation wiederholt. Die Bindehautdesinfektion führen wir mit verdünnter PolyvidonJodlösung in 5%iger Form durch. Die Lösung wird von unserer Apotheke in steril filtrierter Augentropfenflasche zubereitet und ebenfalls zweimal appliziert. Insbesondere wird die letzte Tropfengabe erst nach Einsetzen des Lidsperrers durchgeführt, um hierdurch exprimierte Keime auf der Augenoberfläche abzudecken (persönliche Empfehlung von Prof. R. Menapace). Die angebrochene Tropfenflasche wird täglich verworfen.
Die Lidhaut wird mit sterilen Klebefolien abgedeckt. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Folien um die Lidkante geschlagen und anschließend vom Lidsperrer erfasst werden. Bewährt hat sich in unseren Händen, die Folie zu teilen und zwei getrennte Hälften für das Ober und Unterlid aufzutragen (persönliche Empfehlung von Dr. D. Koch und Prof. T. Kohnen).
Intraokulare AntibioseDie intraokulare Antibiotikagabe wurde in der Vergangenheit kontrovers disku
tiert. Unterschieden wird zum einen in die Gabe eines Antibiotikums in die Spülflüssigkeit, zum anderen in die direkte intracamerale Injektion.
Laut einer Umfrage unter HighVolumeOperateuren benutzte ein Teil ein Antibiotikum in der Spüllösung, ein anderer Teil verzichtete hierauf [2, 3]. Pharmakologisch besteht potenziell die Gefahr von Resistenzentwicklungen gegen die eingesetzten Antibiotika in Spüllösungen. Aus diesem Grund wird immer wieder empfohlen, auf den Einsatz von „LetzteWahlAntibiotika“ wie Vancomycoin zu verzichten. Darüber hinaus wurde die intracamerale Gabe eines Antibiotikums am Ende der Kataraktoperation in der neueren Literatur empfohlen [7–9]. Montan et al. empfahlen die intracamerale Gabe eines Cephalosporins als Breitbandantibiotikum (Cefuroxime) am Ende der Operation [7, 8]. Auch hierzu konnte die ESCRSStudie eine statistische Signifikanz belegen. Das Endophthalmitisrisiko ließ sich mit der intracameralen Antibiose um den Faktor 5 bis 6 reduzieren [6].
Montan empfiehlt in seiner Originalarbeit die Injektion von 0,1 ml einer 0,5%Lösung am Ende der Operation. Unsere eigenen Erfahrungen geben jedoch zu be
88 aPhaKIe-Iol/endoPhthalmItIs
denken, dass der letzte Schritt der Operation für viele Chirurgen die Abdichtung der Parazentesen ist. Dies erfolgt zumeist mit BSSLösung. Hierbei könnte es zu einem neuerlichen Auswaschen, zumindest jedoch zu einer Verdünnung der Antibiose im Auge kommen. Deshalb haben wir die Antibiotikalösung weiter verdünnt und applizieren nunmehr 1,0 bis 1,5 mm einer 0,1 %Lösung in die Hinterkammer, den Kapselsack und die Vorderkammer und dichten ebenfalls mit der gleichen Lösung die Parazentesen ab. Die implizierte Antibiotikamenge sollte somit identisch der Montan`schen Angabe sein. Unsere eigenen Erfahrungen können neben der Wirksamkeit dieser Prophylaxe auch die gute Verträglichkeit bei den letzten 10.000 Eingriffen belegen.
Zuletzt wird noch die parabulbäre Gabe eines Antibiotikums diskutiert. Durch die Zunahme der Tropfanästhesie wurde diese jedoch in den letzten Jahren immer weiter verdrängt, da die parabulbäre Injektion für den Patienten extrem schmerzhaft ist [2, 3]. Auch zu dieser Frage konnte die ESCRSStudie Klärung bringen. Nur die intracamerale Gabe eines Antibiotikums war in der Lage, das Endophthalmitisrisiko um den Faktor 5 bis 6 zu reduzieren [6].
Postoperative MaßnahmenPostoperativ bekommen unsere Patienten in der Regel einen Augensalbenver
band. Auch dieser enthält ein Antibiotikum. Die erste postoperative Kontrolle erfolgt nach 24 Stunden. Prophylaktisch geben wir eine lokale Therapie mit einem Kombinationspräparat aus Antibiotika und Steroiden für vier bis sechs Wochen. In der ersten Woche wird mindestens fünfmal täglich getropft, danach wird zügig reduziert, zum Beispiel wöchentlich um ein bis zwei Tropfen. Es wurde jedoch auch berichtet, dass auf eine postoperative Tropftherapie mit Antibiotika gänzlich verzichtet werden kann [2, 3].
Eine systemische antibiotische Gabe als Routinetherapie wird nicht empfohlen [2, 3]. Erst bei Symptomen, die auf eine beginnende Endophthalmitis hinweisen, sollte eine adäquate und effektive Therapie nach den Leitlinien von BVA/DOG eingeleitet werden.
ZusammenfassungZusammenfassend kann man festhalten, dass sich neben allen chirurgischen
Techniken insbesondere drei Säulen in der jüngeren Vergangenheit ergeben haben, auf denen die Endophthalmitisprophylaxe beruht: Erstens der Einsatz von sterilen Einmalartikeln, zweitens die sorgfältige Desinfektion des Operationsfeldes mit PolyvidonJodlösung und drittens die intracamerale Antibiose.
89Kohnen: Endophthalmitisprophylaxe bei der Kataraktchirurgie – Umsetzung praktischer Empfehlungen
Literatur1. DOG/BVALeitlinie zur Prophylaxe und Therapie von Endophthalmitiden. www.dog.org/
publikationenendophthalmitis2. Kohnen S: Handhabung der Endophthalmitisprophylaxe: OphthalomoChirurgie 2004;16:227–
2303. Kohnen S: Update zur Handhabung der Endophthalmitisprophylaxe. In: Pham DT, Auffarth
GU, Wirbelauer, C, Demeler U (Hrsg.): 18. Kongress der DGII. Köln: Biermann Verlag 2004;45 4. Seal DV, Barry P, Gettinby G et al.: ESCRS study of prophylaxis of postoperative endophthal
mitis after cataract surgery; case for a European multicenter study; the ESCRS Endophthalmitis Study Group. J Cataract Refract Surg 2006;32:396–406
5. Barry P, Seal DV, Gettinby G et al.: ESCRS study of prophylaxis of postoperative endophthalmitis after cataract surgery; preliminary report of principal results from a European multicenter study; the ESCRS Endophthalmitis Study Group. J Cataract Refract Surg 2006;32:407–410
6. ESCRS Endophthalmitis Study Group: Prophylaxis of postoperative Endophthalmitis following cataract surgery: Results of the ESCRS multicenter study and identification of risk factors. J Cataract Refract Surg 2007;33:978–988
7. Montan PG, Wejde G, Koranyi G, Rylander M: Prophylactic intracameral cefuroxime: Efficacy in preventing endophthalmitis after cataract surgery. J Cataract Refract Surg 2002;28: 977–981
8. Montan PG, Wejde G, Setterquist H et al.: Prophylactic intracameral cefuroxime: Evaluation of safety and kinetics in cataract surgery. J Cataract Refract Surg 2002;28:982–987
9. Libre PE, Della-Latta P, Chin NX: Intracameral antibiotic agents for endophthalmitis prophylaxis: A pharmacokinetic model. J Cataract Refract Surg 2003;29:1791–1794
QM – Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie
93
Qualitätsmanagement und Ergebnisdokumentation in der Kataraktchirurgie
E. Fabian
Alles schreit nach Qualität. Alle möchten sie. Alle haben einen Anspruch darauf. Ein immer größer werdendes Feld an Dienstleistern kümmert sich darum, dass Industrie und Dienstleistung der Maxime der Qualität gerecht werden. Dies ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Qualität zu managen in Form von Strukturen, Abläufen und Ergebnissen ist ein aufwendiges Geschäft. Das haben die Ärzte in den letzten Jahren spüren müssen. Ein Qualitätsmanagement (QM) einzurichten, ist inzwischen Voraussetzung, um mit KV oder Krankenkassen ein Vertragswesen einzugehen. Allerdings wird hier oft das QM missbraucht, um zum Beispiel eine Selektion von Teilnehmern an Verträgen zu betreiben. Dem müssen wir uns alle stellen.
Gerade ist entsprechend dem § 134 Abs. 2 SGB V eine Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen zur Ultraschalldiagnostik von der KBV veröffentlicht worden. Die bayerische KV hat seit einiger Zeit Programme eingerichtet, bei denen die Qualität und die Ergebnisse in Datenbanken internetbasiert überwacht und ausgewertet werden.
Nur leider ist die Objektivierung dessen äußerst schwierig. Das ist bekannt und einsichtig. Das ist auch eine Erklärung dafür, dass es zwar gesetzlich seit Längerem
Abb. 1: Dokumentationsbogen für die Kataraktchirurgie als sogenannter Kreuzelbogen
94 Qm – erGebnIsdoKumentatIon KataraKtchIrurGIe
Abb. 2: Dokumentationsbogen für die refraktive Laserchirurgie der KRC als Exceltabelle
Abb. 3: OP-Plan-, OP-Berichts- und Post-OP-Daten der Datenbank MIKADO
95Fabian: Qualitätsmanagement und Ergebnisdokumentation in der Kataraktchirurgie
vorgeschrieben ist, ein QM einzurichten und die Ergebnisse auch zu dokumentieren, nur geschieht dies bisher in sehr wenigen Fällen. Dort wo es Bedingung für einen Vertrag ist, erfolgt zwar die Niederschrift, aber eine Auswertung erfolgt nicht. Für die ambulante Kataraktchirurgie ist in Verträgen mit den KVen oder Krankenkassen ein Qualitätsmanagement vorgeschrieben, die Ergebnisse sind zu dokumentieren. In Bayern erfolgt die Niederschrift aufwendig seit 2001, eine Auswertung der in Kellern gelagerten Papiere erfolgte seitens der KVB noch nie. Anders in NordrheinWestfalen und in Niedersachen. Hier wurden auf Initiative der Augenärzte OPErgebnisse ausgewertet, jeweils mit sehr guten Ergebnissen.
97
Ergebnisdatenbank der OcuNet-Gruppe – Zusammen-fassung der wesentlichen Eckdaten
St. Schmickler, U. Hahn
ZusammenfassungDurch eine Datenerhebung in einer Ergebnisdatenbank können Operationszentren die
Basis für ein vergleichendes Qualitätscontrolling und damit auch die Basis für eine Optimierung im kollegialen Austausch schaffen. Die in der OcuNetGruppe zusammengeschlossenen Einrichtungen haben bereits 2004 eine Ergebnisdatenbank zu vorab identifizierten Ergebnisindikatoren der Kataraktchirurgie etabliert. Die Architektur der OcuNetDatenbank als auch deren Ergebnisse werden vorgestellt.
SummaryDatabases are a good tool for measuring and comparing quality of different surgery
centers. OcuNet, a German federation of now 16 private surgery centers, established an internetbased database for outcomes in cataract surgery. In the following the structure and the results of the OcuNet database are presented.
EinleitungEin vergleichendes Qualitätscontrolling unter Operationszentren stellt eine netz
werkimmanente Optimierung von Operationsergebnissen dar, was dem Patientenwohl zugutekommt. Nicht zuletzt verlangen Kostenträger ein Qualitätscontrolling. Die in der OcuNetGruppe zusammengeschlossenen Einrichtungen haben bereits in 2004 eine Ergebnisdatenbank zu vorab identifizierten Ergebnisindikatoren der Kataraktchirurgie etabliert.
MethodeErhoben werden prä, intra und postoperative Daten von chirurgischen OcuNet
Zentren sowie primär konservativen OcuNetPraxen. Die Eingabe in und Nutzung der Datenbank ist sowohl für die chirurgischen Zentren als auch für die primär konservativen Praxen freiwillig und erfolgt unentgeltlich. In die Erhebung fließen die Daten der Patienten ein, die einerseits ihr Einverständnis dazu erklären und für die andererseits auch postoperative Daten zur Verfügung stehen werden. Abgefragt werden die in die Ergebnisindikatoren – wie refraktive oder visuelle Rehabilitation – einfließenden Informationen. Zudem werden Auffälligkeiten, Besonderheiten und Patientenzufriedenheit erfasst.
Die Dateneingabe erfolgt sowohl primär über geschützte Seiten im Internet als auch durch Vernetzung und Export von Daten aus mehreren Praxissoftwares in das Ergebnisqualitätsdatenmodul. Die Daten aus den chirurgischen Einrichtungen wer
98 Qm – erGebnIsdoKumentatIon KataraKtchIrurGIe
den entweder direkt über Internet und über eine lokale Intranetanwendung an das gemeinsame Rechenzentrum der OcuNetGruppe abgegeben, die ergänzende Eingabe von konservativen Augenärzten, die die Nachbehandlung übernehmen, erfolgt über Internet. Die Vorschriften des Datenschutzes werden im Zuge der Datenerhebung und des Datentransfers konsequent beachtet. In 2009 erfolgte die Umstellung auf eine neue Datenbanktechnologie (Microsoft SQL Reporting Services 2008 sowie NET Framework 3.5 und SQL Server 2008), die eine schnellere und anwenderfreundlichere Dateneingabe ermöglicht und zudem eine flexible Anwendungsplattform für den Einsatz bei multiplen Indikationen darstellt.
Die Auswertung der Daten und Rückmeldung an die eingebenden Einrichtungen erfolgt über zwei Wege: In das Programm ist ein Auswertungsmodul integriert, das dem Eingeber online seine Ergebnisse im Vergleich zu denen der gesamten Gruppe zurückmeldet. Die regelmäßige wissenschaftliche Auswertung der erhobenen Daten übernimmt ein unabhängiger Epidemiologen, Prof. Dr. Frank Krummenauer, Direktor des Instituts für Medizinische Biometrie und Epidemiologie der Privaten Universität Witten. Er prüft die Datenbasis, aggregiert die Werte zu Ergebnisindikatoren und bereitet sie in regelmäßigen Berichten auf.
ErgebnisseSeit 2004 stehen auf diese Weise kontinuierlich Daten zur Verfügung; die Analyse
der Ergebnisqualität kann sowohl für die einzelne angeschlossene Einrichtung im Zeitablauf als auch für alle angeschlossenen eingebenden Einrichtungen zueinander erfolgen. Ergänzend zu der OcuNet internen Verwendung der Daten erfolgt eine Veröffentlichung der aggregierten Ergebnisdaten zum Beispiel über den medizinischen Jahresbericht der OcuNetGruppe.
Als weitere Vergleichsbasis stehen demnächst die Ergebnisdaten der Benchmarkstudie der OcuNetGruppe zur Verfügung. Sieben augenchirurgische Zentren haben im Zeitraum 01/2007 bis 08/2008 insgesamt 1.685 konsekutive ambulante Kataraktoperationen, die ein vorgegebenes Profil an Einschlusskriterien erfüllten, prospektiv dokumentiert: Die Ergebnisindikatoren der laufenden Datenbankerhebung und der Benchmarkstudie entsprechen einander. Während jedoch in die laufende Datenbankerhebung alle Patienten eingehen, konzentriert sich die Benchmarkstudie auf Patienten ohne operationserschwerende oder ergebnisbeeinträchtigende Komorbiditäten. Ziel dieses Designs ist es, zusätzliche Variablen, die Einfluss auf die Ergebnisqualität haben, auszublenden. Der Vergleich der Ergebnisse beider Erhebungen wird dazu dienen, auf den Einfluss von Komorbiditäten auf das Operationsergebnis zu schließen.
SchlussfolgerungDie OcuNetErgebnisdatenbank ist eine wichtige Basis der OcuNetPhilosophie
„Qualität im Auge“, sie ist Herzstück der Qualitätsagenda. Die Anforderungen der OcuNetGruppe an die Datenbank sind hoch, das begründet einige strukturelle
99Schmickler, Hahn: Ergebnisdatenbank der OcuNet-Gruppe – Zusammenfassung der wesentlichen Eckdaten
Unterschiede zu anderen etablierten Ergebnisdatenbanken. Die Anwendung bildet das Leistungsgeschehen in den OcuNetZentren ab – jeder sich beteiligenden operativen Einrichtung werden damit aus der gruppeninternen Datenerhebung Vergleichsparameter an die Hand gegeben. Zweiter Fokus ist die Vernetzung von chirurgischen und konservativen Einrichtungen im Rahmen der Versorgungskette über das Internet – die konservativen Partner gewährleisten durch die Sichtung der von operativen Zentren dokumentierten Informationen eine immanente Kontrolle. Gleichzeitig können auch den OcuNetPraxen Vergleiche an die Hand gegeben werden – es ist für sie wichtig zu sehen, ob die postoperativen Befunddaten eines Zentrums signifikant zwischen den verschiedenen Partnerpraxen abweichen. Allerdings müssen wir feststellen, dass die Nutzung der Datenbank durch konservative Praxen in Zeiten hoher Arbeitsbelastung und fehlender Honorierung der Leistung gering ist. Ein weiterer differenzierender Aspekt berücksichtigt die Dateninhalte und Zeiträume. So werden Patienten postoperativ bis zu drei Monate begleitet, damit auch der mittelfristige Erfolg erfasst bzw. eventuelle Schwierigkeiten erkannt werden. Die OcuNetDatenbank hat sich in der Praxis bewährt, sie liefert bereits seit 2004 Daten, die heute für Vergleiche im Zeitablauf zur Verfügung stehen. Letztlich dient die Ergebnisdatenbank damit der Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements im Interesse bester Patientenversorgung und stellt die Basis für eine interne Qualitätskontrolle sowie ein Medizincontrolling dar.
Abb.: Die Architektur der OcuNet-Datenbank
100 Qm – erGebnIsdoKumentatIon KataraKtchIrurGIe
HintergrundIn der OcuNetGruppe arbeiten 199 Fachärzte für Augenheilkunde in den insge
samt 72 chirurgischen Einrichtungen der OcuNetZentren und weitere 492 Augenärzte in primär konservativen OcuNetPraxen zusammen. Das gemeinsame Credo der Arbeit ist „Qualität im Auge“ und der gemeinsame Anspruch bestmöglicher Behandlungs und Ergebnisqualität. Die chirurgischen OcuNetZentren der Gruppe sind: AhausEssenRaesfeld, Nordwürttemberg, OberScharrerGruppe, Berlin/Brandenburg, Niederbayern, München, ARTEMISGruppe, Düsseldorf, Nordrhein, WeserEms, Ahaus Westmünsterland Ost, Münsterland Ost, Ostwestfalen Lippe, Mainfranken, Region Braunschweig, Hamburg, Südbaden.
101
QM-Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie: VISTANET
A. Händel, A. Jünemann, B. Bachmann, H. U. Prokosch, A. Beyer, T. Ganslandt, D. Kraska, S. Beyaz, J. A. Wobbe, F. E. Kruse
HintergrundWettbewerbsstrukturen im Gesundheitssystem, die durch die aktuellen gesetz
lichen Rahmenbedingungen wie das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) und das Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG) weiter ausgebaut werden, sollen zu mehr Effektivität und Effizienz in der medizinischen Leistungserbringung führen [2, 5]. Dabei wird auf der einen Seite der Ökonomie Rechnung getragen, auf der anderen Seite steigt der Anspruch an die Qualität. Die neuen Gesetzesinitiativen fordern daher Maßnahmen, die Qualität der Leistung transparent darzustellen [7, 13, 17]. Dieser Kurs erfordert neue strategische und operative Partnerschaften, die ein Umdenken der Beteiligten als Grundlage für neue Formen der Zusammenarbeit notwendig macht.
Das Augenärztenetz VISTANETDie gesundheitspolitische Entwicklung war ausschlaggebend dafür, dass sich
in den vergangenen Jahren zunehmend Ärzte zu Gruppierungen und Verbünden zusammengeschlossen haben [3, 4]. Eine Gruppe von zwölf niedergelassenen konservativ und operativ tätigen Augenärzten aus dem nordbayerischen Raum ergriff im Juli 2007 die Initiative, um eine strategische Kooperation von rechtlich und wirtschaftlich weiterhin selbstständigen Augenärzten in Verbindung mit einer Universitätsaugenklinik zu bilden. Der daraus entstandene augenärztliche Qualitätsverbund VISTANET weist aktuell 110 Mitglieder auf und erstreckt sich mittler weile über den gesamten süddeutschen Raum. Die beiden Hauptziele von VISTANET sind zum einen eine integrierte qualitätsgesicherte Behandlung von Patienten mit Augenerkrankungen über alle Leistungsbereiche hinweg. Zum anderen soll dieser Zusammenschluss von Leistungserbringern, der eine flächendeckende und die gesamte Breite des Faches Augenheilkunde umfassende Versorgung beinhaltet, einen Beitrag zur Zukunftssicherung der augenärztlichen Praxis leisten. Das Augenärztenetz VISTANET legt dabei besonderen Wert auf die Eigenständigkeit der einzelnen Arztpraxen. Darüber hinaus bietet diese vertikale, in Deutschland bislang einzigartige Kooperationsstruktur niedergelassener Ärzte mit Universitätskliniken die Möglichkeit, im Rahmen klinischer Forschung neue Behandlungsmethoden zu evaluieren. Mitglieder des Augenärztenetzes sollen sich somit am Prozess der klinischen Forschung der Universitätsaugenkliniken in Bayern beteiligen.
102 Qm – erGebnIsdoKumentatIon KataraKtchIrurGIe
Material und MethodenQualitätssicherungsmodule des Augenärztenetzes VISTANET
Voraussetzung für eine qualitätsgesicherte, sektorenübergreifende Behandlung sind gemeinsame Patienten bzw. Behandlungspfade, die Vorhaltung eines professionellen Qualitätsmanagementsystems (QMSystem) und sogenannte Standard Operating Procedures (SOP) [6, 10, 13]. Das Kernstück bildet die einrichtungsübergreifende, elektronische Patientenakte (eEPA) zum gemeinsamen Zugriff auf die Patientendaten; sie dient gleichzeitig zum Monitoring des Leistungsgeschehens [8, 12]. Die subjektive Patientenzufriedenheit beispielsweise nach Kataraktoperation wird mittels spezieller Fragebögen ermittelt [11].
Qualitätsmanagementsystem: Basis des augenärztlichen Qualitätsverbundes VISTANET ist die Vorhaltung eines praxisinternen Qualitätsmanagementsystems, das nach DIN EN ISO 9001 oder dem QMSystem der Kassenärztlichen Bundesvereinigung QEP (Qualität und Entwicklung in Praxen) zertifiziert ist. Hier hat sich im Augenärztenetz ein Qualitätszirkel etabliert, bei dem die jeweiligen Augenarztpraxen Hilfestellung beim Aufbau eines QMHandbuches erhalten. In diesem Zusammenhang finden auch regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen speziell für Arzthelferinnen statt.
Standard Operating Procedures (SOP): Eines der wesentlichen Elemente im Qualitätsmanagement ist das Prozessmanagement, das heißt die Strukturierung und – soweit möglich – die Standardisierung aller relevanten Abläufe einer Klinik bzw. Arztpraxis. Man unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen Kern und Stützprozessen. Zu den Kern bzw. wertschöpfenden Prozessen gehören die Aufnahme bzw. der Empfang der Patienten, die Untersuchung und Diagnostik, die Therapie sowie der Abschluss der Behandlung [6, 10]. Zu den Stützprozessen, die zwar nicht wertschöpfend, aber unabdingbar zur Ausführung der Kernprozesse sind, gehören beispielsweise das Lager und Bestellwesen.
Integrierte Patienten- und Behandlungspfade: Im Gegensatz zu den Prozessbeschreibungen, die einzelne organisatorische Abläufe umfassen, geht es bei den Patienten bzw. Behandlungspfaden um die Beschreibung, wie ein Patient mit einem definierten Krankheitsbild nach einem vorgegebenen Ablauf diagnostiziert und behandelt wird [15, 18]. Der gesamte Behandlungsprozess, beispielsweise der ambulanten Kataraktchirurgie wird einschließlich der Ein und Ausschlusskriterien exakt dargestellt und ist damit für das gesamte Behandlungsteam (Ärzte, medizinische Fachangestellte, Mitarbeiter des Pflegedienstes) transparent. Neben dem Bereich der Kataraktchirurgie wurden im Augenärztenetz VISTANET für die Netzhautglaskörperchirurgie und die intravitreale Injektion einrichtungsübergreifende Patientenpfade erarbeitet, um dem Kernziel, eine integrierte intersektorale Patientenbehandlung nach neuesten medizinischen Grundsätzen, gerecht zu werden (Abb. 1).
Datenerhebung im Bereich der Kataraktchirurgie: Auf Grundlage der definierten Behandlungspfade wurden in einem nächsten Schritt standardisierte Erfassungsmodule für die prä, intra und postoperative Befunderhebung im Rahmen der Kataraktchirurgie entwickelt (Abb. 2–4). Die präoperative Datenerhebung umfasst neben den Patientenstammdaten die Diagnose, den ophthalmologischen Befund,
103Händel et al.: QM-Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie: VISTANET
Abb. 1: Patientenpfad ambulante Kataraktchirurgie: Gesamtübersicht Anamnese
104 Qm – erGebnIsdoKumentatIon KataraKtchIrurGIe
Abb. 2: Qualitätssicherungsdokumentation Katarakt-OP: Präoperative Untersuchung
105Händel et al.: QM-Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie: VISTANET
Abb. 3: Qualitätssicherungsdokumentation Katarakt-OP: Chirurgischer Eingriff
106 Qm – erGebnIsdoKumentatIon KataraKtchIrurGIe
Abb. 4: Qualitätssicherungsdokumentation Katarakt-OP: Postoperative Untersuchung
107Händel et al.: QM-Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie: VISTANET
OPrelevante Augen und Allgemeinerkrankungen, Augenvoroperationen sowie die ASAEinstufung der American Society of Anaesthesiology als Messgröße für den Grad einer beeinträchtigenden Nebenerkrankung. Der ophthalmologische Befund beinhaltet die Sehschärfe, den Augeninnendruck sowie den Trübungsgrad der Linse. Im Rahmen der OPDokumentation werden Parameter wie Augenlänge, Zielrefraktion, Nennung des Operateurs sowie Angaben zur implantierten Kunstlinse und aufgetretene Komplikationen erfasst. Postoperativ sind vier Kontrollen in einem definierten Zeitraum bis zu sechs Wochen nach dem Eingriff zu erbringen.
In einer viermonatigen Pilotphase wurden die Qualitätssicherungsbögen zunächst in Papierform evaluiert. Danach erfolgte die Implementierung der Dokumentationsbögen in standardisierte elektronische Eingabemasken, und die Daten werden seitdem in der webbasierten einrichtungsübergreifenden elektronischen Patientenakte (eEPA) gespeichert [8]. Nach der Erfassung werden in der eEPA die Daten für den jeweils beteiligten weiterbehandelnden Augenarzt freigeschaltet, sodass sie nur von den berechtigten Partnern im jeweiligen Behandlungskontext eingesehen und bearbeitet werden können. Zur Gewährleistung einer hohen Datenqualität sind Vollständigkeits und Plausibilitätskontrollen in den einzelnen Dokumentationsmodulen hinterlegt.
Einrichtungsübergreifende elektronische Patientenakte (eEPA): Die einrichtungsübergreifende elektronische Krankenakte (eEPA) ist das zentrale Element zum gemeinsamen Zugriff auf Patientendaten und dient gleichzeitig zur Dokumentation des Leistungsgeschehens [1, 9, 14, 16]. Im Augenärztenetz VISTANET wurde diese gemeinsam entwickelt und schrittweise in den Augenarztpraxen etabliert. Als Plattform für die Datenerhebung und gleichzeitig als einrichtungsübergreifende EDVgestützte Patientenakte ist das webbasierte Kommunikationssystem Siemens Soarian Integrated Care etabliert worden. Diese Telemedizinlösung ermöglicht einen sicheren Daten und Informationsaustausch zwischen den jeweiligen an der medizinischen Leistungserbringung beteiligten Einrichtungen. Die wesentliche Komponente bildet eine im Netzwerk zentral abgelegte elektronische Patientenakte mit Befundberichten und bildern, Laborwerten sowie medizinischen Daten. Die an Soarian Integrated Care angebundenen Praxen geben die Daten – nach Zustimmung des Patienten – in das System ein und können diese jederzeit abrufen. Die prä, intra und postoperativen Daten werden nach festen Standards erfasst und in einer gemeinsamen, sektorenübergreifenden Patientenakte abgelegt. So kann beispielsweise der überweisende Augenarzt bereits am Tag nach der Operation den OPBericht online einsehen. Alle in diesem Kontext anfallenden Daten werden auf einem sowohl vom Praxis als auch vom Kliniksystem unabhängigen Server unter Einhaltung der strengen datenschutzrechtlichen Richtlinien gespeichert (Abb. 5).
Die Datenübertragung erfolgt verschlüsselt. Systemvoraussetzung für die Nutzung von Siemens Soarian Integrated Care sind ein handelsüblicher PC mit MicrosoftWindowsBetriebssystem sowie ein Internetanschluss mit ISDN oder (zu empfehlen) DSL. Als Browser ist der Internet Explorer von Microsoft zu verwenden. Es muss zusätzlich keine Software auf dem verwendeten PC installiert werden. Als ViewerSoftware für die elektronischen Dokumente wird der kostenlos verfügbare Adobe Acro
108 Qm – erGebnIsdoKumentatIon KataraKtchIrurGIe
bat Reader verwendet. Darüber hinaus besitzt die elektronische Patientenakte auch ein Modul zum Übertragen von Bildmaterial. Damit hat beispielsweise ein Augenarzt die Möglichkeit, in der eigenen Praxis Aufnahmen des Augenhintergrundes in den gebräuchlichen Formaten (z. B. jpg, tif, gif, avi, dicom) an einen Spezialisten der Universitätsaugenklinik online zu übermitteln. Dies erspart dem Patienten eine zum Teil weite Anreise zu einer Untersuchung.
Ermittlung der Lebensqualität nach Kataraktoperation: Ein etablierter Fragebogen zur Messung der funktionellen Beeinträchtigung der Sehschärfe durch den Grauen Star (Katarakt) ist der VisualFunction14Test (VF14), der vom National Eye Institute (USA) entwickelt wurde und bei diesem Krankheitsbild allgemein verwendet wird. Dieser Patientenfragebogen besteht aus 18 Fragen, die den Schwierigkeitsgrad verschiedener, von der visuellen Funktion abhängiger Tätigkeiten des alltäglichen Lebens messen. Er enthält Fragen zu gebräuchlichen visuellen Tätigkeiten wie Lesen von Kleingedrucktem, Zeitungen und Büchern, Fernsehen, Ausfüllen von Formularen, Erkennen von Gesichtern, die die Patienten nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung in fünf Grade von „keine Schwierigkeiten“ bis „unmöglich auszuführen“ einteilen sollen. Der Fragebogen VF14, der ausschließlich auf die funktionelle Beeinträchtigung durch die Katarakt abzielt, wurde für den Gebrauch im Ärztenetz VISTANET hinsichtlich der Sehveränderung durch die Kataraktoperation und den Gewinn der Lebensqualität erweitert. Darüber hinaus wurden auch Fragen zur Freundlichkeit der Mitarbeiter und dem Gesamteindruck im OPZentrum sowie Angaben zum Alter und Geschlecht erweitert.
Datenschutz
Datensicherheit
OP-Zentrum
Niedergel. Augenarzt
Ergebnis
Niedergel. Augenarzt
Patient
Weitere Untersuchungen chirurg. Eingriff
Postoperative Kontrollen
Diagnose/Indikation präop. Befunde
Fragebogen Zufriedenheit
Lebensqualität
Daten- sicherung
Datenanalyse Evaluation
Sektoren- übergreifende
Versorgung
Elektronische Patienten-
akte
Abb. 5: Workflow einrichtungsübergreifende elektronische Patientenakte (eEPA) im Ärztenetz VISTANET
109Händel et al.: QM-Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie: VISTANET
ErgebnisseDatenevaluation Kataraktoperation
Da Soarian Integrated Care (wie alle bekannten Telemedizinsysteme) noch kein eigenes Auswerteprogramm enthält, werden die Daten mittels eines sogenannten DataWarehouseSystems aufbereitet und mithilfe eines OLAPWürfel (Online Analytical Processing) analysiert [14].
In einer ersten Auswertung wurden 1.390 Kataraktoperationen evaluiert, bei denen sowohl die prä, intra und postoperativen Daten vollständig erfasst wurden. Es handelt sich um 542 (39 %) männliche und 848 (61 %) weibliche Patienten. Das durchschnittliche Alter betrug 74,5 ± 9 Jahre (30 bis 101 Jahre). Der präoperative Visus lag im Durchschnitt bei 0,375 ± 0,179 (0,001 bis 0,6). Begleitende relevante Augenerkrankungen lagen bei 17 % der durchgeführten Kataraktoperationen vor. Dabei waren Glaukome mit 11,5 % die häufigste Begleiterkrankung. Bei knapp zwei Drittel der Patienten (65 %) lagen internistische Begleiterkrankungen wie Hypertonie (49 %), Diabetes mellitus (30 %) und kardiale Erkrankungen (19 %) vor. Eine medikamentöse Gerinnungshemmung erfolgte bei 13 % der Patienten (Tab. 1).
Analyse des operativen Eingriffs: 71 % der Patienten wurden mittels peribulbärer bzw. retrobulbärer Anästhesie, 29 % in Tropfanästhesie und ein Patient in Allgemeinnarkose operiert. Alle Patienten konnten mit einer Hinterkammerlinse versorgt werden. Die Implantation erfolgte in 99,9 % in den Kapselsack, in zwei Augen in den
Art der Allgemeinerkrankung Anzahl %
keine 378 34,4
Hypertonie 539 49,1
Diabetes mellitus 332 30,2
Herzerkrankung 203 18,5
Medikamentöse Gerinnungshemmung 141 12,9
Broncho-pulmonale Erkrankung 51 4,7
Neurolog./psych. Erkrankung 52 4,7
Z. n. Apoplex 24 2,2
Rheumatische Erkrankung 18 1,7
Eingeschränkte Kooperationsfähigkeit (z. B. Demenz) 15 1,4
Metastasierende Tumorerkrankung 14 1,3
Dialyse 6 0,6
Schilddrüsenerkrankung 6 0,5
Sonstige (z. B. Z. n. Nierentransplantation, Alkoholismus, Adipositas)
34 3,1
Tab. 1: OP-relevante Allgemeinerkrankungen (Mehrfachnennungen möglich)
110 Qm – erGebnIsdoKumentatIon KataraKtchIrurGIe
Sulcus. Die mittlere Stärke der implantierten Kunstlinse betrug 21,4 ± 3,8 dpt (–2,0 bis +35,0). In 13 (0,94 %) der 1.390 in die Auswertung eingegangenen Augenoperationen kam es zu einer Ruptur der hinteren Kapsel.
Postoperative Ergebnisse: Die postoperative Sehschärfe stieg von 0,49 am ersten postoperativen Tag auf 0,75 bei der vierten postoperativen Verlaufskontrolle nach circa vier Wochen (Abb. 6). Ein regelrechter postoperativer Befund lag bei der ersten Kontrolle in 91,4 % (1.270 Augen) vor, bei der zweiten Kontrolle in 94,4 % (1.312 Augen), bei der dritten Untersuchung in 94,5 % (1.313 Augen) und bei der vierten Kontrolluntersuchung in 97 % (1.348 Augen). Die häufigste postoperative Komplikation war ein zystoides Makulaödem in zehn Augen (0,74 %).
Ergebnisse der PatientenbefragungIn einer Pilotphase wurde der modifizierte VF14Fragebogen an diejenigen Pa
tienten nach Hause geschickt, bei denen eine Kataraktoperation an beiden Augen durchgeführt worden war und diese mindestens vier Monate zurücklag. Insgesamt wurden 230 Fragebögen versandt, die Rücklaufquote betrug mit 189 komplett ausgefüllten Fragebogen 82 %. Es handelte sich um 99 (52,4 %) weibliche und 90 (47,6 %) männliche Patienten. Das durchschnittliche Alter der Patienten betrug 72 Jahre (Standardabweichung ±12 Jahre). Sehr zufrieden oder zufrieden mit dem Ergebnis der GrauenStarOperation waren 91,2 %. Nur fünf (2,8 %) Patienten waren mit dem Ergebnis unzufrieden. Für die verschiedenen im Fragebogen aufgeführten gebräuchlichen visuellen Tätigkeiten sei exemplarisch das Ergebnis für Schwierigkeiten beim Fernsehen dargelegt (Tab. 2). Gaben 79,8 % der Patienten an, vor der OP Schwierigkeiten beim Fernsehen gehabt zu haben, so war nach der Operation bei
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0präop. 1. postop. 2. postop. 3. postop. 4. postop. Kontrolle Kontrolle Kontrolle Kontrolle
Visu
s
Abb. 6: Visusentwicklung nach Kataraktextraktion
111Händel et al.: QM-Ergebnisdokumentation Kataraktchirurgie: VISTANET
80,6 % eine Verbesserung der visuellen Funktion beim Fernsehen eingetreten. Sechs Patienten (3,3 %) gaben eine Verschlechterung an.
Die Freundlichkeit der Mitarbeiter im AugenOP beurteilten 81 % der Patienten als sehr gut und 99 % als gut oder sehr gut. Die Frage, ob sie das OPZentrum weiter empfehlen würden, beantworteten 98,4 % der Patienten mit Ja.
DiskussionDie vorgestellte webbasierte Patientenakte erwies sich in ersten Analysen als ein
geeignetes Instrument, in der Praxis bzw. Klinikroutine anfallende Patientendaten aus den verschiedenen Sektoren strukturiert zu erfassen und für alle Beteiligten zeitnah zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus bildet diese elektronische Kommunikationsplattform die Datenbasis zur Sicherung der hohen Qualitätsansprüche des Augenärztenetzes VISTANET. Jedoch ist zu bedenken, dass einige Praxen teilweise über kein bzw. nur über ein wenig modernes EDVSystem verfügen. Für sie ist die Anschaffung eines entsprechend leistungsfähigen Computers erforderlich. Darüber hinaus bestehen bei einem Teil der beteiligten Ärzte immer noch Vorbehalte gegen eine Datenübermittlung via Internet. Sie verfügen zwar über ein PraxisEDVSystem, haben aber aus Sorge vor eventuellen Computerviren einen separaten Internetzugang. Dies bedeutet, dass die Daten doppelt erfasst werden müssen.
Eine Hauptaufgabe von VISTANET besteht daher darin, die Datenerfassung für den Behandlungsablauf so umzusetzen, dass für die beteiligten Ärzte möglichst kein oder wenig Zusatzaufwand entsteht. Da ein Leistungserbringer dieselben Informationen, die er schon in das eigene Praxis bzw. EDVSystem eingegeben hat, nicht noch ein weiteres Mal in eine webbasierte Patientenakte eingeben möchte, sind Schnittstellen zu den unterschiedlichen EDVSystemen erforderlich. Damit können die jeweiligen Informationen per Mausklick oder Tastendruck in die einrichtungsübergreifende elektronische Patientenakte exportiert werden.
Neben einer objektiven Messung von Qualitätsindikatoren spielt die subjektive Ergebnisqualität bzw. das individuelle Empfinden (Lebensqualität) nach einer medizinischen Intervention eine zunehmend wichtige Rolle. Dies zeigt sich an der Rücklaufquote von über 80 % von versandten Fragebogen an Patienten, die sich an der Universitätsaugenklinik Erlangen einer Operation des Grauen Stars unterzogen
„Inwiefern hat sich das Fernsehschauen nach der Operation verändert?“
Häufigkeit Prozent
besser geworden 145 80,6
gleich geblieben 29 16,1
schlechter geworden 6 3,3
Tab. 2: Beurteilung des individuellen Befindens nach dem Eingriff
112 Qm – erGebnIsdoKumentatIon KataraKtchIrurGIe
hatten. Es ist daher geplant, auch dieses Messinstrument bei allen an VISTANET beteiligten OPZentren bzw. Augenarztpraxen einzusetzen.
SchlussfolgerungZusammenfassend kann konstatiert werden, dass die Ergebnisqualität der Kata
raktchirurgie aufgrund der klaren Parameter bzw. Qualitätsindikatoren gut dokumentierbar und somit auch gut darstellbar ist. Das aufgeführte Modell des Augenärztenetzes VISTANET hat sich bewährt und ist in der Routine fest etabliert. Neben einer objektiven Messung von Qualitätsindikatoren spielt die subjektive Ergebnisqualität bzw. das individuelle Empfinden (Lebensqualität) nach einer medizinischen Intervention eine zunehmend wichtige Rolle.
Die hier vorgestellten Qualitätssicherungsmodule des Augenärztenetzes VISTANET und die darin implementierte sektorenübergreifende elektronische Patientenakte sind aufgrund der einfachen Handhabung und der zeitnahen Datenverfügbarkeit essenzielle Bausteine im Rahmen vernetzter Strukturen.
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Innovative IOLs
117
Globale klinische Ergebnisse zur phaken kammer-winkelgestützten AcrySof-Intraokularlinse
T. Kohnen
EinleitungDer Goldstandard der refraktivchirurgischen Verfahren zur Ametropiekorrektur
ist heute die Laser in situ Keratomileusis (LASIK). Allerdings stoßen die kornealen Verfahren bei der Korrektur hoher Ametropien auf ihre Grenzen, da hier, auch in Abhängigkeit vom mesopischen Pupillendurchmesser, zu große Gewebeabträge nötig werden. Dieser wiederum führt zu einem erhöhten Risiko der iatrogenen Keratektasie. Die Kommission Refraktive Chirurgie gibt daher für die keratorefraktiven Verfahren einen Indikationsbereich bis 8,00 dpt bzw. einen Grenzbereich bis 10,00 dpt an (Abb. 1, [1]). Phake Intraokularlinsen bieten die Möglichkeit, auch höhere Myopien, ab etwa 6,00 dpt, zu korrigieren.
Phake IOLs zeichnen sich durch eine sehr gute Langzeitstabilität und eine gute Vorhersagbarkeit des refraktiven Ergebnisses aus. Unterschieden werden im Wesentlichen drei Typen, sulkusgestützte Hinterkammerimplantate oder irisfixierte und kammerwinkelgestützte Vorderkammerlinsen. Je nach Implantationsort kommt es hier zu verschiedenen Problematiken oder speziellen Risiken, wie der Kataraktbildung bei phaken Hinterkammerimplantaten oder Endothelzellverlusten bei phaken Vorderkammerlinsen. Besonders die kammerwinkelgestützten Vorderkammerlinsen führten immer wieder auch zu Pupillenovalisierungen, weshalb sich keines der bisherigen Implantate durchsetzen konnte.
–30 –20 –10 0 +10 +20
ideal
ideal
ideal ideal phake IOL
PRK, LASEK, Epi-LASIK
LASIK
RLA
Achsensymmetrische Refraktion (dpt)
Abb. 1: Indikationsrichtlinien der Kommission Refraktive Chirurgie (KRC) [1]
118 InnoVatIVe Iols
Aktuelle StudieIm Rahmen einer aktuellen multizentrischen Fünfjahrestudie wurden Einjahres
ergebnisse zu Sicherheit, Effektivität, Stabilität, Vorhersagbarkeit, Endothelzellverlust und Nebenwirkungen einer neuen phaken faltbaren kammerwinkelgestützten IOL AcrySof Cachet (Alcon, Fort Worth, Texas, USA) untersucht. Die phaken IOLs wurden jeweils monokular implantiert [2].
ImplantatDie AcrySof Cachet IOL ist eine phake, faltbare, einstückige Acryllinse, die in die
Vorderkammer implantiert wird (Abb. 2). In der Studie wurden Modelle in den Größen 12,5 mm, 13,0 mm und 13,5 mm implantiert. Alle Modelle haben eine 6,0 mm meniskusförmige Optik und sind erhältlich zwischen 6,00 und 16,50 dpt.
ErgebnisseVon den 161 in der Studie untersuchten Augen hatten 57,8 % einen unkorrigierten
Visus ≥1,0, 99,4 % ≥0,5. Alle Augen erreichten einen bestkorrigierten Visus ≥0,8, und kein Auge hatte mehr als eine Zeile des bestkorrigierten Visus verloren. Das mittlere sphärische Äquivalent lag bei –0,23 ± 0,50 dpt, 95,7 % der Patienten lagen
Abb. 2: Phake AcrySof Cachet IOL, 5 Jahre nach Implantation. Die konjunktivalen Injektionen rühren von einer
zuvor durchgeführten Gonioskopie her.
119Kohnen: Globale klinische Ergebnisse zur phaken kammerwinkelgestützten AcrySof-Intraokularlinse
innerhalb ±1,00 dpt des angestrebten Wertes, 72,7 % innerhalb von ±0,50 dpt. Der mittlere Endothelzellverlust lag bei –4,77 ± 8,04 %. Unerwünschte Nebeneffekte wie Pupillenverziehungen, Netzhautablösungen oder Pupillarblock traten nicht auf. Im Hinblick auf die Langzeitstabilität zeigte sich bei einer internen Datenanalyse der Augenklinik der Goethe Universität auch nach drei Jahren keine klinisch relevante Lageveränderung der Linsen. Die maximale mittlere Lageveränderung betrug 0,09 mm in die anteriore Richtung [3].
FazitDie ersten Ergebnisse mit der phaken AcrySof pIOL sind durchaus vielverspre
chend. Durch ihre sehr guten visuellen Ergebnisse, kombiniert mit dem an Nebenwirkungen armen Eingriff und der schnellen Rehabilitation, kann dieses Implantat bei mittelgradigen Myopien (6,00 bis 8,00 dpt) eine Alternative zu den meist angewandten kornealen Verfahren darstellen. Bei höheren Myopien (>8,00 dpt) ist eine phake Linse ohnehin den corneosulcusalen Verfahren vorzuziehen. Nachteilig ist die schlechte Rotationsstabilität zu sehen, die die Implantation von torischen Implantaten im Moment noch unmöglich macht.
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Eingriffe durch die DOG und den BVA. Ophthalmologe 2007 Aug;104:719–7262. Kohnen T, Knorz MC, Cochener B et al.: AcrySof phakic anglesupported intraocular lens for
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121
Dynamische Stimulationsaberrometrie zur objektiven Evaluierung der Akkommodationsfähigkeit bei Patienten mit phaken IOL
Y. Heggemann, I. J. Limberger, A. Mannsfeld, A. Ehmer, M. P. Holzer, G. U. Auffarth
ZusammenfassungFragestellung: Die binokulare, dynamische Akkommodationsmessung bietet eine breit
gefasste Analysemöglichkeit des Akkommodationsverhaltens im Vergleich phaker Augen mit Augen nach Implantation einer phaken Vorderkammerlinse.
Methodik: In einer prospektiven Studie wurden 58 gesunde, phake Augen und 21 Augen mit implantierter phaker Vorderkammerlinse (pIOL, Verisyse, AMO Inc.) mit dem „DynamicStimulationAberrometryGeräteaufsatz“ – DSA – (Firma Optana GmbH, Großostheim) vermessen. Diese Ergänzung des WavefrontScienceAberrometers ermöglicht die Messung der Akkommodation über die Änderung der Aberrationen des Auges während der dynamischen Stimulation durch Fern und Nahtargets. Der Akkommodationsstimulus (Nahtarget) betrug 3 bis 7 dpt und wurde für vier Sekunden präsentiert.
Ergebnisse: Das mittlere Alter der phaken Probanden betrug 34,69 ± 9,78 Jahre. Für die pIOLGruppe betrug der Altersdurchschnitt 35,43 ± 7,80 Jahre. Die Ergebnisse zeigen für die pIOLGruppe eine mittlere Akkommodation von 2,83 ± 1,41 dpt, die der phaken Kontrollgruppe liegt bei 3,00 ± 1,69 dpt. Im TTest zeigen die Ergebnisse keine signifikanten Unterschiede (p = 0,68).
Schlussfolgerung: Das Akkommodationsverhalten wird durch die Versorgung hochmyoper Augen mit phaken Vorderkammerlinsen nicht maßgeblich beeinflusst.
SummaryPurpose: Binocular, dynamic accommodation measurement was used to analyze ac
commodation behaviour of phakic eyes compared to eyes implanted with phakic anterior chamber lenses.
Methods: 58 healthy, phakic eyes and 21 eyes implanted with phakic anterior chamber lenses (pIOL, Verisyse, AMO Inc.) were enrolled in this prospective study. Data was collected by using “Dynamic Stimulation Aberrometry”. The DSA device (Optana GmbH, Grossostheim) as an attachment to the wavefront sciences aberrometer is able to measure accommodation amplitudes by detecting changes in aberrations through dynamic stimulation using far and near targets. The stimulus of accommodation (near target) in this study was between 3 to 7 D presented for 4 seconds.
Results: The mean age of the phakic volunteers was 34.69 ± 9.78 years, the average age of the pIOLgroup was 35.43 ± 7.80 years. The results showed a mean accommodation amplitude of 2.83 ± 1.41 D for the subjects with pIOL and a mean accommodation amplitude of 3.00 ± 1.69 D for the control group. The TTest showed no significant differences (p = 0.68).
Conclusion: High myopia correction by implantation of phakic anterior chamber lenses does not affect accommodation behaviour.
122 InnoVatIVe Iols
EinleitungAls führende chirurgische Option zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten haben sich
in den letzten Jahren keratorefraktive Verfahren, wie die Laser in situ Keratomileusis (LASIK), durchgesetzt. Aufgrund der Grenzen des behandelbaren Bereichs der refraktiven Hornhautchirurgie und der Tatsache, dass diese Behandlung eine potenzielle Verschlechterung der optischen Qualität durch Induktion von Aberrationen bedingt, gewinnt die intraokulare Korrektur von Fehlsichtigkeiten zunehmend an Bedeutung. Die additive Chirurgie, das heißt die Implantation einer Intraokularlinse ohne Extraktion der natürlichen Linse (phake Intraokularlinse, pIOL), erweitert die chirurgischen Optionen besonders im Bereich der höheren Fehlsichtigkeiten bei Myopie über –10 dpt oder Hyperopie ab +6 dpt über die ExcimerAblation (LASIK) hinaus und erhält die natürliche Funktionsweise der Augenlinse [1–5].
Ziel dieser Studie war es zu prüfen, ob phake Intraokularlinsen die natürliche Akkommodation der kristallinen Augenlinse tatsächlich nicht beeinträchtigen.
MethodikIm Rahmen dieser prospektiven Studie wurden 58 gesunde phake Augen von
58 Probanden und 21 Augen von 21 Patienten mit phaker irisfixierter Vorderkammerlinse (pIOL, Verisyse, AMO Inc.) mit dem „DynamicStimulationAberrometrySystem“ (DSA) vermessen. Der DSAGeräteaufsatz in Kombination mit einem COASAberrometer (Fa. Wavefront Sciences, USA) ermöglicht die dynamische Stimulation der Akkommodation mithilfe eines statischen Fern und eines beweglichen Nahtargets. Die Targets können mittels binokularer Stimulation über ein Periskopoptiksystem bestehend aus zwei Spiegeln in den Beobachtungsstrahlengang des Probanden gebracht werden, wobei unkorrigiert gemessen wurde. Das Ferntarget wurde in 3 m dargeboten, während das Nahtarget unter Darbietung variabler Stimuli von 3 (0,33 m) bis 7 dpt (0,14 m) präsentiert wurde. Die einzelne Messung beanspruchte etwa zwölf Sekunden, wobei in einem FernNahFernModus die Targets für jeweils vier Sekunden dargeboten wurden. Die dynamische Datenerfassung des Aberrometers liefert je 100 Messwerte pro Messintervall, sodass nach Abschluss einer Messung 300 Messwerte – lediglich um fehlende Sequenzen aufgrund von Blinzlern und Blickbewegungen reduziert – zur Verfügung stehen, die den Akkommodationsvorgang im zeitlichen Verlauf wiedergeben.
ErgebnisseDie Altersspanne des vorliegenden Probandenkollektives lag zwischen 20 und
50 Jahren, wobei das mittlere Alter der phaken Kontrollgruppe bei 34,69 ± 9,78 Jahren, das der pIOLPatienten bei 35,43 ± 7,80 Jahren lag. Die Verteilung der sphärischen Äquivalente der Fehlsichtigkeiten war für beide Gruppen vergleichbar (TTest, p = 0,15) (Tab. 1 und 2) Der dargebotene maximale Akkommodations stimulus lag für die pIOLPatienten im Mittel bei 4,96 ± 0,93 dpt und für die phake Kontrollgruppe bei 5,01 ± 1,16 dpt. Es bestand kein signifikanter Unterschied in der
123Heggemann et al.: Dynamische Stimulationsaberrometrie zur objektiven Evaluierung …
Höhe der dargebotenen Stimuli für die beiden Gruppen (TTest, p = 0,83). Für die Präakkommodationsphase (Phase 1) wurden für die pIOLPatienten im Mittel 88,51 ± 0,73 Messwerte pro Patient und für die phake Kontrollgruppe 88,48 ± 0,99 Werte in die Auswertung einbezogen. Für die Akkommodationsphase (Phase 2) wurden im Mittel 87,14 ± 1,58 für die pIOLPatienten und für die Kontrollgruppe 87,63 ± 1,19 Werte analysiert. Es bestand kein signifikanter Unterschied in der verwendeten Messwertanzahl zwischen beiden Gruppen. Die Ergebnisse der Akkommodationsmessungen zeigen für die Patienten mit pIOL im Median einen Akkommodationserfolg von 2,97 dpt, die phake Kontrollgruppe lag im Median bei 3,59 dpt (Abb. 1). Im
Refraktion/dpt —x präop Spannweite/dpt —x postop Spannweite/dpt
Sph –9,75 ± 3,03 –15,00 bis –3,50 0,30 ± 0,58 –1,00 bis 1,50
Cyl –1,30 ± 0,77 ≤–3,00 –1,04 ± 0,67 ≤–2,50
SÄ –10,37 ± 2,97 –15,88 bis –5,00 –0,20 ± 0,63 –1,25 bis 0,88
Tab. 1: Refraktionswerte der pIOL-Patienten, n = 21 Augen
Refraktion/dpt —x Spannweite/dpt
Sph –0,25 ± 1,08 –3,00 bis 2,00
Cyl –0,61 ± 0,56 ≤–2,50
SÄ –0,49 ± 1,11 –3,00 bis 1,88
Tab. 2: Refraktionswerte der phaken Kontrollgruppe, n = 58 Augen
Abb. 1: Darstellung der Mediane sowie der Minima und Maxima der Akkommodationserfolge für die pIOL-
Patienten und die phake Kontrollgruppe
7
6
5
4
3
2
1
0
Kontrollgruppe pIOL
Akko
mm
odat
ions
erfo
lg in
dpt
124 InnoVatIVe Iols
TTest (Normalverteilung) zeigen die Ergebnisse keine signifikanten Unterschiede im Akkommodationsverhalten für die beiden Gruppen (p = 0,68). Die Ergebnisse zeigen einen linearen Verlauf für beide Gruppen mit einer sichtbaren Abnahme des Akkommodationserfolges mit dem Alter (Abb. 2).
SchlussfolgerungenPhake irisfixierte Vorderkammerlinsen bieten für hochmyope Patienten eine gute
Korrekturmöglichkeit, ohne die Akkommodationsvorgänge zu beeinflussen. Die häufig zugrunde liegende Längenametropie scheint keinen Einfluss auf den Akkommodationserfolg zu haben. Die postoperativ resultierenden Restrefraktionsfehler gleichen im sphärischen Äquivalent den Fehlsichtigkeiten der phaken Kontrollgruppe aus, sodass vergleichbare Untersuchungsvoraussetzungen zugrunde gelegt werden konnten.
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lern, Teil 1: Phake Vorderkammerlinsen. Ophthalmologe 2005;102:1003–1018
Abb. 2: Vergleich der ermittelten Akkommodationserfolge für die pIOL-Patienten und die phake Kontrollgruppe
7
6
5
4
3
2
1
0
20 30 40 50 60
Akko
mm
odat
ions
erfo
lg in
dpt
Alter in Jahren
phake Kontrollgruppe
pIOL-Patienten
125
Rotation von torischen IOLs bei Kapselsack-schrumpfung – Simulation
E. Roth
EinleitungWie an anderer Stelle bereits näher beschrieben, entwickelten wir eine Simulati
onsvorrichtung, die es erlaubt, das Verhalten des Gesamtsystems aus Haptiken und Linse bei Kompression zu verfolgen [3, 4], sowie ein computergestütztes Bildauswerteverfahren zur quantitativen Auswertung.
Als Kapselsackmodell wird ein einseitig geschlossener Latexschlauch verwendet, der dicht in ein evakuierbares Glasrohr eingebracht wird (Abb. 1 und 2). Beim Erzeugen eines Unterdrucks im Glasrohr dehnt sich der Schlauch aus. Beim Entlasten des Un terdrucks zieht er sich zusammen, was dem Schrumpfen des Kapselsacks entspricht.
Abb. 2: Positionierung der IOL (Prinzipskizze)
Abb. 1: Unterdruckkammer (Prinzipskizze)
126 InnoVatIVe Iols
VersuchsaufbauDie Kammer wird ausgedehnt und mit BSS gefüllt, damit die Linsen nicht eigen
ständige Verformungen zeigen. Die Linsenhaptiken werden auf die Halterungsnoppen im Innern der Kammer gelegt. Die Kammer wird mit einem Deckglas abgedeckt, um die optischen Eigenschaften der Flüssigkeitsoberfläche zu kompensieren. Während der Schrumpfung tritt die überschüssige BSSLösung zwischen Kammerrand und Deckglas aus. Der Versuchsaufbau ist in der Abbildung 3 zu erkennen. Mit einer Videokamera wird das Verhalten der Linse bei Schrumpfung im PC aufgezeichnet.
Auswertung der aufgenommenen Videos Die Videoaufzeichnung wird in Einzelbilder zerlegt. Die Bilder werden mithilfe
des Auswerteprogramms vermessen. Abbildung 4 zeigt ein typisches Vermessungsergebnis einer Momentaufnahme an einer torischen IOL.
Das Auswerteprogramm erzeugt jeweils dynamisch aufziehbare Kreise mit einer Durchmesserlinie und einem Kreismittelpunkt. Die Kreise können in ihrer Größe, Lage und Drehorientierung dynamisch beliebig verändert und so zur Vermessung und relativen Lagebestimmung bestimmter Bildobjekte herangezogen werden. Bis zu vier solcher Kreiskonfigurationen mit verschiedenen Farben können erzeugt werden.
Abb. 3: Versuchsaufbau
127Roth: Rotation von torischen IOLs bei Kapselsackschrumpfung – Simulation
Das Programm liefert simultan die Länge der jeweiligen Kreisdurchmesser und die Winkel zur Horizontalen. Ein Kreis wird als Referenzkreis festgelegt, in unserem Fall immer der weiße Kreis. Sein Durchmesser dient zur Eichung der Längenangaben. Zusätzlich werden die Kreismittelpunkte erzeugt und die jeweiligen Dezentrierungen bezogen auf den Mittelpunkt des Referenzkreises ausgegeben. Neben dem Referenzkreis verwenden wir zur Erfassung der Lageveränderung bei bestimmten Kompressionszuständen der Kammer den schwarzen Messkreis.
Das Programm liefert als Ausgabegrößen:1: Die Winkeldifferenz zwischen Referenzkreis (weiß) und Messkreis (schwarz) 2: Die Dezentrierung und den Winkel (Richtung) der Dezentrierung.
Abb. 4: Vermessung
Abb. 5: Ausgabegrößen
128 InnoVatIVe Iols
Vermessungsschritte am Beispiel einer IOL mit T-förmigen Haptiken – IOL BBei IOL B handelt es sich um eine torische IOL, die Tförmige Haptiken mit einer
Knickstelle am außen liegenden Querbalken besitzt (Abb. 6). Bei Schrumpfung des Kapselsacks entsteht eine orthogonal zum Radius wirkende Kraftkomponente, wodurch die Optik gedreht wird.
Abb. 6: Vermessung einer torischen IOL Schritt 1: Der weiße Referenzkreis wird mit der Peripherie der Optik zur
Deckung gebracht. Die Durchmesserlinie des Referenzkreises wird mit den Markierungen auf der Optik der IOL
zur Deckung gebracht (1).
Abb. 7: Vermessung einer torischen IOL Schritt 2: Die schwarze Kreisumfangslinie wird auf die Berührungspunkte
der Haptik mit der Kammer gelegt und liefert das Maß für die Kompression des Kapselsackmodells. Die Durch-
messerlinie des schwarzen Kreises wird mit den Auflagenoppen in der Kammer zur Deckung gebracht (1).
129Roth: Rotation von torischen IOLs bei Kapselsackschrumpfung – Simulation
Vermessung einer IOL mit L-förmigen, abknickbaren Haptiken – IOL ABei IOL A handelt es sich um eine torische IOL, deren Haptiken radial an der
Optik befestigt sind (Abb. 9). Der längere, federnde Haptikteil ist in einem Abstand von ca. 1 mm von der Optik abgeknickt. Bei einer Kammerschrumpfung berühren die Knickstellen die Kammer und fixieren so die Optik gegen Verdrehen.
Abb. 8: Vermessung einer torischen IOL Schritt 3: Pfeil 1 zeigt die Dezentrierungen, deren Größe und Richtung
in den Ausgabezeilen rechts unten in der Abbildung abgelesen werden können.
Abb. 9: Die Vermessungsschritte am Referenzkreis – folgende Schritte werden am Referenzkreisobjekt vorgenommen:
1: Das Referenzkreisobjekt (weiß) für die Eichung des Referenzmaßstabs auswählen, hier der der optischen Linse.
2: Den tatsächlichen Durchmesser der IOL-Optik einstellen.
3: Durchmesser und Winkel des Referenzkreises zur Horizontalen des Referenzobjekts werden ausgegeben.
130 InnoVatIVe Iols
Vergleich der Ergebnisse von IOL A und IOL BAuf diese Weise wurden die Lageparameter für die verschiedenen Kompressions
phasen ermittelt und die Ergebnisse für die torischen Linsen aus unserem Beispiel in Abbildung 11 aufgetragen.
Abb. 11: Vergleich der Ergebnisse der untersuchten torischen IOLs
Abb. 10: Die Ausgabe für den Messkreis: 1: Durchmesser und Winkel zur Horizontalen des schwarzen Mess-
kreises werden ausgegeben.
131Roth: Rotation von torischen IOLs bei Kapselsackschrumpfung – Simulation
In dem Diagramm (Abb. 11) sind die Drehwinkel für die beiden torischen IOLs in Abhängigkeit vom Kapseldurchmesser aufgetragen. Die graue Kurve enthält die Werte für die IOL A. Unter Berücksichtigung der Messgenauigkeit kann im Durchmesserbereich von 10 bis 8 mm keine Verdrehung festgestellt werden. Dagegen zeigt sich bei der IOL B eine deutliche Drehung um ca. 10° bei einer Durchmesseränderung von 9 bis 8 mm.
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ZusammenfassungBeschrieben wird die 3PunktSklerafixation von dislozierten torischen Intraokular
linsen (IOL) (Rayner 571 T) bei nicht vorhandener Kapselsackunterstützung durch drei Parazentesen (0,89 mm) zur achsengerechten Positionierung. Dabei werden die Achse des Torus und die Achse der Sklerafixation der Haptik markiert. Je ein 100ProleneSchlingenfaden mit gebogener Nadel wird an drei Haptikstellen in InoutTechnik skleral fixiert. Die Technik repräsentiert eine wirkungsvolle Möglichkeit, eine dislozierte oder dezentrierte torische IOL mit dieser spezifischen Haptikkonfiguration zu repositionieren. Des Weiteren erlaubt sie die Implantation von torischen IOLs bei nicht vorhandenem Kapselsack.
SummaryWe describe a technique for three point scleral fixation of a dislocated toric intraocular
lens (IOL) (Rayner 571 T) in the absence of capsular support that facilitates scleral fixation and accurate alignment of the IOL torus using three paracentesis. The axis of the torus and the axis of the scleral fixation of the haptic should be marked before fixation. A looped 100 polypropylene suture with a curved needle is guided through three 20 gauge (0.89 mm) paracentesis, placed through the haptic openings and fixated in an inout technique to the sclera. This technique is an effective way to reposition a dislocated or decentered toric IOL with this specific haptic configuration. Furthermore, it allows implantation of this toric IOL design in the absence of capsular support.
EinleitungFür die Reposition von dezentrierten Intraokularlinsen (IOL) gibt es eine Vielzahl
von unterschiedlichen Techniken. So können IOLs im Sulcus ciliaris, in ParsplanaRegion mit Sklerafixation oder irisfixiert positioniert werden. Bei nicht vorhandenem Kapselsack hat sich die Nahtfixation von Hinterkammerlinsen als akzeptierte Methode der Wahl etabliert [1–2]. Die Herausforderung bei dislozierten oder dezentrierten torischen IOLs liegt darin, die korrekte Achse der IOLFixation zu bestimmen und darüber hinaus diese entsprechend der korrekten torischen Achse zu fixieren. Neben der korrekten Achslage hat die verkippungsfreie Positionierung der IOL eine wichtige Bedeutung für die Ergebnisse; besonders nach torischer IOLFixation. Wir beschreiben eine Technik, die es erlaubt, torische IOL in vorausberechneter Achslage rotations und neigungsstabil zu fixieren.
3-Punkt-Sklerafixation torischer Intraokularlinsen
M. Müller, T. Kohnen
134 InnoVatIVe Iols
Chirurgische TechnikZur Implantation wird eine faltbare torische einstückige custommade AcrylIOL
(Rayner 571 T, die auf dem Design der Rayner Centerflex 570H basiert) mit einem Optikdurchmesser von 5,75 mm und einem Haptikdurchmesser von 12,0 mm verwendet. Der Zylinder befindet sich auf der Rückseite der IOL, und die Markierungen geben die Achse der geringsten intraokularen Brechung an. Bei diesem Modell mit spezifischem Sförmigen Haptikdesign wurde der stabilste Punkt zur Sklerafixation der Haptik im Uhrzeigersinn 29° von der torischen Achse ermittelt. Eine torsionsfreie Fixation bietet ein zusätzlicher Faden an einer Haptik als dritter Fixationsfaden in 7° im Gegenuhrzeigersinn von der torischen Achse (Abb. 1).
Nach Markierung der horizontalen Achse in sitzender Position mit dem HorizontalAchsenmarker (Geuder, Heidelberg, G33763) wird die IOLImplantation bzw. Reposition in Allgemeinanästhesie durchgeführt. Mit der 0°Achse als Orientierung wird die Achse des Torus und die Achse der Sklerafixation mittels Messring für torische IOLs (Geuder, Heidelberg, G33762) auf der peripheren Kornea als feine superfizielle Inzision markiert. Die Bindehaut wird eröffnet und drei dreieckförmige Skleradeckel werden in halber Skleratiefe 1 mm vom Limbus in der Achse der Sklera
Abb. 1a: Schematische Darstellung der torischen IOL (Rayner 571 T), intendierte Position der Fixationsfäden:
Fixationsachse in einem Winkel von 29° im Uhrzeigersinn von der torischen Achse
zusätzliche anti-torsionale Fixationsnaht im Winkel von 7° von der torischen Achse im Gegenuhrzeigersinn
b: Schematische Darstellung am Auge: Fixationsachse in Relation zur torischen Achse 29° im Uhrzeigersinn von
der torischen Achse
7°29°
Torische Achse
Fixationsachsen
3
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a b
135Müller, Kohnen: 3-Punkt-Sklerafixation torischer Intraokularlinsen
fixation präpariert. Drei 20GaugeClearCorneaParazentesen werden in 2, 6 und 10UhrPosition für eine in 78°/258° intendierte Sklerafixation angelegt (torische Achse bei 107°). Die Vorderkammer wird mit Sodium Hyaluronat 1,0 % (Healon, AMO, CA, USA) stabilisiert und die dislozierte IOL auf die Irisoberfläche platziert. Die vorhandenen Kapselreste werden entfernt, und ein eventuell vortretender Glaskörper wird mittels Cutter via 20GaugeParazentese entfernt. Eine gebogene 100Poly propylenschlingennadel (CTC6L, Ethicon, Norderstedt) wird in 6UhrPosition eingeführt und unterhalb des äußeren Haptikrandes und durch die Haptiköffnung durchgeführt und über die zentrale Haptiköffnung zur Parazentese bei 2 Uhr ausgeführt, wobei die Schlaufe außerhalb des Auges verbleibt. Mithilfe eines Führungsröhrchens nach Engels (Geuder, Heidelberg, G32009) wird die Nadel dort nach außen geführt und nach Richtungswechsel der Nadel durch denselben Tunnel wieder ins Auge gebracht (Abb. 2a). Diesmal verläuft der Faden intrakameral oberhalb der äußeren Haptiköffnung und wird aus der 6UhrÖffnung herausgeleitet. Die Nadel wird außerhalb des Auges durch die Schlinge geführt, zugezogen und mittels Positionshäkchen nach Sinskey (Geuder, Heidelberg, G16167) an die optimale Haptikposition gebracht (Abb. 2b). Dieser Vorgang wird mit einem zweiten Faden wiederholt, sodass sich ein Fixationsfaden an der Vertiefung der sförmigen Windung der Haptik und der zweite Faden am äußeren Teil der Haptiköffnung befindet (vgl. Abb. 1a). Mit dem Positionshäkchen wird die Haptik unter die Irisebene in den Sulcus ciliaris verlagert. Der zweite Teil besteht in der Fixierung der Haptik an der Sklera. Hierzu wird die Nadel wieder durch die 6UhrÖffnung eingeführt und durch die 2UhrÖffnung herausgeführt. Nach Richtungswechsel wird die Nadel wieder in 2UhrPosition eingeführt. Unterhalb der Iris im Sulcus ciliaris verlaufend wird die Nadel 1,5 mm hinter dem chirurgischen Limbus, in der Mitte des vorpräparierten Skleradeckels, in den exakten Fixationsachsen herausgeführt (Abb. 2c). Der Abstand der beiden Fixationsachsen beträgt 36°.
Gleiches Vorgehen erfolgt für die Positionierung der oberen Haptik. Hierfür werden 2Uhr und 10UhrÖffnungen als Zugänge genutzt. Der einzige Unterschied besteht in der Führung der Nadel durch die 6UhrÖffnung für den letzten Schritt der exakten superioren Sklerafixation. Die Achsen werden kontrolliert, wobei beide zuvor markierte Achsen, das heißt die Sklerafixationsachse und die torische Achse, den Hornhautmarkierungen entsprechen sollen. Die Fäden werden an der Basis des Skleradeckels fixiert, und der Knoten wird unter dem Skleradeckel verborgen. Die Parazentesen werden hydratisiert und sind selbst dichtend.
DiskussionMit einem angenommenen Anteil von 15 bis 25 % der Kataraktpatienten mit
einem kornealen oder refraktiven Astigmatismus von mehr als 1,5 dpt [3–4] wird eine zunehmende Anzahl von torischen IOLImplantaten und der Bedarf der korrekten Fixation bei kompliziertem Verlauf erwartet. Torische IOLs verhalten sich anders als sphärische IOLs, da das Maximum einer akzeptierten Dezentrierung bei 1,0 mm und weniger liegt [5]. Shimizu et al. [6] fanden eine negative Korrelation
136 InnoVatIVe Iols
Abb. 2: Synopsis der chirurgischen Technik (aus 12-Uhr-Positionssicht). Methode der Positionierung der Haptik-
fäden. a: 3 Parazentesen in 6-, 2- und 10-Uhr-Position und Platzieren der IOL auf Irisebene. Gebogene Nadel
mit 10-0-Polypropylene-Schlingenfaden wird via Parazentese unter dem äußeren Haptikrand und durch die
Haptiköffnung geführt und mittels Führungsröhrchen durch die gegenüberliegende Parazentese. Nadelführung
entsprechend der angezeigten Zahlen. b: Nach Zurückführen der Nadel über den äußeren Haptikrand durch die
6-Uhr-Parazentese „Lassoknoten“ außerhalb des Auges und Platzieren an die Haptikposition. c: Nach Zurück-
führen der Nadel Inside-out-Passage der Nadel durch die Sklera im Sulcus ciliaris in der angezeigten Achse.
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137Müller, Kohnen: 3-Punkt-Sklerafixation torischer Intraokularlinsen
zwischen dem Grad der Achsenrotation und dem Effekt der torischen IOLs. Deshalb sind chirurgische Techniken einschließlich IOLRepositionierung mit Schwierigkeiten behaftet. Ohne Kapselsackunterstützung sind die Möglichkeiten limitiert. Eine neue Alternative bietet die irisfixierte torische IOL (Artisan/Verisyse, Ophtec, Groningen, Niederlande), die in Zylinderstärken bis zu +7,0 dpt hergestellt wird [7]. Befindet sich schon eine torische IOL im Auge, würde ein solches Vorgehen jedoch zusätzliche Kosten verursachen und eine zeitliche Verzögerung der chirurgischen Versorgung beinhalten.
Eine andere Alternative stellt die Entfernung der dislozierten IOL mit Implantation einer sphärischen IOL in Vorder oder Hinterkammerposition dar, kombiniert mit hornhautbrechenden Schnitten (Limbal relaxing incision) oder photoablativer Chirurgie zur Astigmatismusreduktion. Jedoch sind bei höheren Astigmatismen diese Verfahren insuffizient und werden nicht favorisiert [8–10]. Somit stellt die Repositionierung der IOL mittels Sklerafixation eine mögliche Alternative dar. Vorteilhaft ist die Verwendung der dislozierten IOL, weil somit die IOL mit den gewünschten Eigenschaften und der Refraktion im Auge verbleiben kann. Auch die Notwendigkeit zu größeren Schnittöffnungen, die Auswirkungen auf den Astigmatismus haben könnten, wird hiermit vermieden.
Da eine Technik mit Externalisierung der Haptiken und Verknoten des Fadens an der Haptik außerhalb des Auges [11–13] einen größeren Schnitt erfordert und das Risiko eines induzierten Astigmatismus beinhaltet, präferieren wir die Technik der internen Haptikfixation. Die bekannte Technik für die Reposition von sphärischen IOLs bietet viele verschiedene Manöver [1, 14], die grundsätzlich in zwei verschiedene Kategorien unterteilt werden kann: 1. InsideoutFixation, bei der die Sklera ab interno durchstochen wird [15, 16] und 2. OutsideinFixation, bei der der Faden die Sklera von außen nach innen penetriert [11, 17, 18]. Unsere Technik, die Haptik der IOL zu umschlingen, ist vergleichbar mit dem „Lassoknoten“ von Hanemoto et al. [19] in der Weise, dass der Knoten außerhalb des Auges gelegt wird. Allerdings wird kein PushpullHaken und statt einer Nadel ein Führungsröhrchen verwendet. Des Weiteren sieht die Technik von Hanemoto et al. keine axiale Orientierung, wie dies für torische Linsen erforderlich ist, vor und wird über zwei Parazentesen durchgeführt. Da unsere Technik einen Achsenbezug verlangt, erlauben drei Inzisionen ein flexibles Management auch von schrägen Achslagen. Der Lassoknoten mit seiner breiteren Basis an den Haptiken bietet ein besseres Haftvermögen der IOL, als es eine einzelne Knüpfnaht vermag [20], was besonders wichtig ist in der Vermeidung von TiltPhänomenen. Zusätzlich bietet der doppelläufige Faden gegebenenfalls langfristig eine günstigere Verstärkung des vulnerablen 100ProleneFadens. Da Degradationen Jahre nach Implantation berichtet werden, wird deshalb die Verwendung eines 90ProleneFadens angeraten [21].
Bei jeder 2PunktFixation stellt die Verkippung ein potenzielles Problem dar. Unter der Betrachtung, dass die Verkippung einer sphärischen IOL von 20,0 dpt (konvexplan) bereits einen Effekt von 0,1 dpt Sphäre, entsprechend 0,3 dpt Zylinder verursacht [22], ist diese Problematik bei torischen IOLs verstärkt. Zur Vermeidung dieses Phänomens wurde ein dritter Fixationsfaden verwendet, der bevorzugt an
138 InnoVatIVe Iols
der inferioren Haptik wegen der besseren Zugänglichkeit angebracht wird. Hierzu bietet sich die am weitesten peripher gelegene Haptiköffnung an, die sich im Gegenuhrzeigersinn 7° von der torischen Achse befindet und einen zusätzlichen antitorsionalen Effekt darstellt. Diese 3PunktFixation ermöglicht eine präzise und torsionsfreie Fixation und stellt eine sichere Möglichkeit dar, eine torische IOL achsengerecht zu positionieren.
Die beschriebene Technik mit feststehendem Winkel der Positionierung der Sklerafäden ist nur auf die verwendete IOL Rayner 571 T anwendbar. Auf andere torische IOLs mit abweichendem Haptikdesign sind die Winkelangaben nicht übertragbar und müssen neu evaluiert werden. Die Nachfolgemodelle der verwendeten IOLs sind die Rayner 573 T und 623 T, die identische Haptikkonfigurationen besitzen. Obwohl die Tunnelinzisionen potenziell an diversen Stellen angebracht werden könnten, empfiehlt sich eine dreieckförmige Verteilung der Zugänge mit einer Öffnung in Haptikrichtung. So kann jeder Punkt der erforderlichen Sklerafixation erreicht werden, und die Nadel kann in Übereinstimmung mit einer mühelosen Haltung des Chirurgen günstig geführt werden.
Falls während einer regulären Implantation einer torischen IOL eine Kapselruptur auftritt, erlaubt unsere Technik die Fortsetzung der Operation. Die torischen Achsen sind bereits markiert, sodass lediglich die skleralen Fixationsachsen ergänzt und weitere Lokalanästhesie, wie SubtenonInjektion, hinzugefügt werden kann.
Unsere Technik erlaubt eine sichere Fadenpositionierung der Haptiken durch drei Tunnelinzisionen. Dennoch gibt es eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten, die dem einzelnen Chirurgen günstiger erscheinen. Die Technik der Achsenmarkierung für die torische Achse und die Sklerafixationsachse erlaubt die präzise Ausrichtung und Stabilität einer dezentrierten torischen IOL in einem geschlossenen System. Die wesentlichen Erfordernisse einer torischen IOL, Rotationsstabilität und Zentrierung, können auf diese Art erfüllt werden. Auch bei komplizierteren Fällen repräsentiert unsere Technik eine effektive Möglichkeit im Komplikationsmanagement von torischen IOLs.
Die Autoren haben kein finanzielles Interesse an den genannten Produkten. (Dieser Beitrag wurde bereits im Rahmen des DGIIKongresses 2008 gehalten.)
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Refraktive Hornhautchirurgie
143
Das Konzept „Optische Qualität“ – ein neues Paradigma in der Augenheilkunde
J. Bühren, T. Kohnen
ZusammenfassungBei der Bewertung von refraktivchirurgischen Verfahren erwies sich der Hochkon
trastvisus als alleiniger Parameter häufig als unzureichend, da er den für die Patientenzufriedenheit so wichtigen subjektiven Seheindruck oft nur unzureichend widerspiegeln vermochte. So ergab sich mit dem Konzept der „Optischen Qualität“ ein neues Paradigma in der Augenheilkunde. Ein bei der Evaluation der optischen Qualität auftretendes Problem ist die Tatsache, dass sich „optische Qualität“ nicht direkt messen lässt. Es ist daher eine Definition über messbare Surrogatparameter (Operationalisierung) notwendig.
Die optische Qualität wird von Faktoren auf mehreren Ebenen beeinflusst: Die Ebene „Anatomie“ stellt die Eingangsebene dar. Sie beeinflusst direkt die optischen Eigenschaften des Auges, die sich wiederum auf die Funktion des Auges auswirken. Auf der letzten Ebene steht der subjektive Seheindruck des Patienten. Jeder der einzelnen Ebenen wird durch messbare Parameter repräsentiert (Anatomie: z. B. Hornhauttopografie, Hornhautreflexion; Optik: z. B. Wellenfrontfehler; Funktion: z. B. Visus, Kontrast und Blendempfindlichkeit; Wahrnehmung: z. B. Fragebogenwerte für Symptomintensität und Zufriedenheit). Wir stellen nachfolgend die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Ebenen und ihre Bedeutung für die refraktivchirurgische Praxis dar.
EinleitungErfahrungen aus der refraktiven Chirurgie haben gezeigt, dass die im klinischen
Gebrauch übliche Bestimmung der Hochkontrastsehschärfe (Visus) nicht immer zur umfassenden Bewertung des Ergebnisses eines refraktivchirurgischen Eingriffes ausreichend ist. Diese Erkenntnis hat im klinischen Bereich zu einer näheren Auseinandersetzung mit den Prinzipen der Physiologischen Optik geführt. Genauso wie bei der Vorbereitung und Durchführung eines Eingriffes bedarf es auch zur Bewertung der Ergebnisse im klinischen Alltag und für wissenschaftliche Zwecke eines Instrumentariums. Nur so ist in der eigenen Praxis eine Qualitätskontrolle und im Rahmen der Entwicklung die Einführung neuer und die Verbesserung bestehender Techniken möglich. Zur Beschreibung der unterschiedlichen Teilaspekte der visuellen Funktion hat sich die Bezeichnung „Optische Qualität“ eingebürgert. Dies trägt dem im Bereich der refraktiven Chirurgie wichtigen subjektiven Aspekten Rechnung.
Ein bei der Evaluation der optischen Qualität auftretendes Problem ist die Tatsache, dass sich optische Qualität nicht direkt messen lässt. Es ist von daher eine Operationalisierung, also die Definition über messbare Surrogatparameter, notwendig. Am Anfang stehen die anatomischen Eigenschaften des Auges, die die optischen Eigenschaften (retinale Bildqualität) bedingen (Abb. 1). Die retinale Bildqualität be
144 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
einflusst ihrerseits die Funktion, also zum Beispiel das Auflösungsvermögen und die Erkennung von Kontrastunterschieden. Am Ende steht die subjektive Wahrnehmung und Bewertung eines Seheindruckes. Auf jeder der einzelnen Ebenen kann man indirekt die Größe optische Qualität bestimmen [1].
AnatomieBesondere Bedeutung kommt der Ebene „Anatomie“ als Eingangsebene zu. Die
Form des Auges bestimmt in entscheidendem Maße seine Funktion. Alle Veränderungen durch chirurgische Eingriffe finden auf der anatomischen Ebene statt; daher kann eine Verbesserung der optischen Qualität auch nur über die Modifikation von Operationstechniken stattfinden.
Die Hornhautkurvatur und Achslänge bestimmen den Brechwert des Auges und etwaige weitere Abbildungsfehler (Aberrationen höherer Ordnung). Neben der Hornhautkrümmung können auch Tränenfilmaufrisse beim trockenen Auge und Epithelunregelmäßigkeiten (z. B. nach PRK) zu spezifischen Abbildungsfehlern führen [2]. Die jugendliche Linse besitzt einen Astigmatismus und eine negative sphärische Aberration, die den Astigmatismus und die positive sphärische Aberration der Hornhaut kompensieren. Veränderungen im Gradienten des Brechungsindex der Linse können bei sehr frühen Kataraktformen ohne klinisch signifikante Trübung zu störenden Abbildungsfehlern führen [3]. Die Pupille regelt als Aperturblende nicht nur die Lichtmenge, sondern bestimmt auch die Güte der retinalen Abbildung. Vorhandene Aberrationen wirken sich stärker bei größeren Pupillendurchmessern aus. Die Aberrationswirkung wird allerdings gemindert, da Licht, das durch die Pupillenmitte ins Auge eintritt, eine größere Reizwirksamkeit als durch die periphere Pupille eintretendes Licht besitzt (StilesCrawfordEffekt). Der Stiles
Anatomie Wahrnehmungoptische
EigenschaftenFunktion
Stimulus (Objekt)
Bild
Auflösung (Visus)
Kontrastempfindlichkeit
oder
oder
Abb. 1: Hypothetische Sequenz zur operationalen Definition von optischer Qualität (nach [1])
145Bühren, Kohnen: Das Konzept „Optische Qualität“ – ein neues Paradigma in der Augenheilkunde
CrawfordEffekt ist allerdings nur beim Sehen mit den Zapfen wirksam. Bei sehr kleinen Pupillendurchmessern von < 2 mm gewinnt die Beugung (Lichtablenkung an Blenden) an Bedeutung.
Die Lichtstreuung ist das dritte für die Abbildungsqualität des Auges bedeutsame optische Phänomen. Hierunter versteht man die Ablenkung von gerichtetem Licht an kleinen Teilchen oder Inhomogenitäten im optischen Medium. Im Auge werden Streueigenschaften durch die Transparenz der Hornhautbestandteile (Epithelzellen, Keratozyten und Proteine der extrazellulären Matrix), der Linse und des Glaskörpers bestimmt. Trübungen der Hornhaut (z. B. Epithelstippungen oder Stromanarben) und der Linse können die physiologische, im Alter zunehmende Lichtstreuung erheblich überschreiten. Für die Einschätzung der Streueigenschaften der optischen Medien sei darauf hingewiesen, dass morphologische Untersuchungsverfahren wie Spaltlampenmikroskopie, Konfokalmikroskopie und optische Kohärenztomografie (OCT) zwar Hinweise auf Art und Ausdehnung von Medientrübungen geben können, allerdings nur das rückwärtige Streulicht, das vom Auge weg zum Betrachter gerichtet ist, erfassen.
Optische EigenschaftenUm die Auswirkungen der Anatomie (Form) auf die Funktion genau beschreiben
zu können, ist es notwendig, die unmittelbaren Abbildungseigenschaften des Auges zu analysieren. Hierbei spielt die Wellenfrontanalyse eine herausragende Rolle. Sie erlaubt die objektive Vermessung der optischen Eigenschaften des Auges inklusive der Quantifizierung des „irregulären Astigmatismus“ [4]; das Auge wird quasi als optisches Instrument angesehen. Unter der Wellenfront wird die Fläche, die Lichtwellen in einem Punkt gleicher Phase verbindet, verstanden. Da sie senkrecht zum jeweiligen Lichtstrahl steht, bildet ihre Form die gesamten Brechungseigenschaften eines optischen Systems ab. Eine stark vom beugungslimitierten Ideal abweichende Optik spiegelt sich in einer stark deformierten (aberrierten) Wellenfront wider.
Die Hornhautkurvatur und Achslänge bestimmen den Brechwert (Refraktion). Zur Beschreibung der Abbildungsfehler (Aberrationen) dienen meistens die von Zernike formulierten Kreispolynome. Diese Funktionen ermöglichen die Rekonstruktion und Beschreibung eines Wellenfrontfehlers durch mathematische Annäherung an die gemessenen Rohdaten und die Zerlegung in einzelne (Form)Bestandteile (ZernikeDekomposition). Wie alle Polynome bauen die einzelnen Funktionen aufeinander auf. Da es unendlich viele ZernikePolynome gibt, kann, ähnlich wie bei der FournierAnalyse, ein Wellenfrontfehler umso genauer angenähert bzw. beschrieben werden, je höher die Zahl der verwendeten Polynome ist. Aus den einzelnen Polynomen wird eine Summenfunktion gebildet, wobei jedes Polynom in der Funktion durch einen Koeffizienten vertreten ist. Je höher dieser Koeffizient ist, umso stärker ist der Formanteil des repräsentierten Polynoms. Einige ZernikePolynome entsprechen der Wellenfrontdeformation bekannter Abbildungsfehler wie prismatischer Fehler (Tip, Tilt), sphärische Fehlsichtigkeit (Defokus), Astigmatismus, Coma und sphärische Aberration. Andere ZernikePolynome wie Trefoil, Tetrafoil, Pentafoil,
146 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
mfoil leiten sich vom Astigmatismus ab und beschreiben das drei, vier, fünf oder mschenklige Äquivalent des bekannten zweischenkligen Astigmatismus.
Die Aberrationen der 1. und 2. ZernikeOrdnung sind mit Brillengläsern korrigierbar und werden in der Praxis häufig als Aberrationen niederer Ordnung (lowerorder aberrations, LOA) bezeichnet. Analog werden Abbildungsfehler wie Coma und sphärische Aberration, die durch ZernikePolynome der 3. und höherer Ordnungen repräsentiert werden, Aberrationen höherer Ordnung (higherorder aberrations, HOA) genannt.
Die Wellenfrontanalyse ermöglicht sowohl eine reproduzierbare Quantifikation als auch einen qualitativen Vergleich der Abbildungsqualität verschiedener Augen. Bei der Evaluation der optischen Qualität in der refraktiven Chirurgie hat die Wellenfrontanalyse einen wichtigen Platz eingenommen. In zahlreichen Studien werden der Wellenfrontfehler oder abgeleitete Kennzahlen (z. B. StrehlVerhältnis, VSOTF [5]) als Gütekriterium herangezogen, da sich hierdurch eine objektive, auf die optischen Eigenschaften des Auges beschränkte Vergleichsmöglichkeit bietet. Insbesondere erlaubt die Wellenfrontanalyse die bislang nur schwierig greifbare Objektivierung störender subjektiver optischer Symptome wie Halos oder Geisterbilder nach refraktiver Chirurgie [6].
FunktionZur Funktionsprüfung stehen verschiedene psychophysische Testverfahren (Prü
fung von Visus, Kontrastempfindlichkeit, Streuung, Farbempfindung und Gesichtsfeld) zur Verfügung. Im Vergleich zu aberrometrischen Messungen unterliegen die Ergebnisse von Funktionsprüfungen deutlich komplexeren Einflüssen. Von pathologischen Prozessen der Netzhaut und des Sehnerven einmal abgesehen, werden die Ergebnisse von Funktionsprüfungen durch die Reizverarbeitung auf retinaler und kortikaler Ebene und durch interindividuell unterschiedliche Fähigkeiten wie Mustererkennung, intellektuelle Fähigkeiten, Konzentration, Ermüdung sowie zahlreiche andere Variablen beeinflusst.
Der gebräuchlichste ophthalmologische Funktionstest ist die Visusprüfung. Unter Visus (Sehschärfe) wird das örtliche Auflösungsvermögen (mimum separabile), also die Fähigkeit, zwei Punkte als getrennt voneinander wahrzunehmen, verstanden. Im deutschen Sprachraum ist dies der Kehrwert des Winkels in Bogenminuten. In wissenschaftlichen Publikationen und im Rahmen internationaler Harmonisierung beginnt sich die Angabe von Visuswerten als dekadischer Logarithmus des kleinsten wahrgenommenen Winkels (logMAR, logarithm of the minimum angle of resolution) durchzusetzen. Einer der Vorteile dieser Skala ist eine logarithmische Stufung, das heißt, ein dezimaler Schritt auf der LogMARSkala zeigt immer gleiche Größenverhältnisse der Sehzeichen an. Dies ist bei der klinisch üblichen Dezimalskala nicht der Fall. Die Sehschärfe wird einerseits von den im vorangegangenen Abschnitt genannten Faktoren Aberrationen, Streuung und Beugung beeinflusst, unterliegt aber auch den Mechanismen der neuralen Bildverarbeitung. Die theoretisch maximal mögliche Sehschärfe ist durch die Abstände des Fotorezeptorenmosaiks limitiert und liegt zwi
147Bühren, Kohnen: Das Konzept „Optische Qualität“ – ein neues Paradigma in der Augenheilkunde
schen 2,0 und 2,5. Im klinischen Gebrauch wird unter Visus meistens der unter photopischen Bedingungen mit in der Ferne dargebotenen Sehzeichen hohen Kontrastes ermittelte Schwellenwert verstanden. Der so ermittelte Schwellenwert repräsentiert allerdings nur einen kleinen Ausschnitt aus der Gesamtheit der Sehaufgaben.
Im Alltag herrschen oft andere Bedingungen wie niedrigere Leuchtdichte, niedriger Kontrast, Gegenlicht oder eine andere Objektentfernung. Es nimmt daher nicht wunder, wenn der Visuswert nicht als alleiniger Parameter zur Bewertung der visuellen Funktion oder der optischen Qualität geeignet ist. Für spezielle Fragestellungen sind daher Visusprüfungen mit Optotypen niedrigen Kontrastes (z. B. mit 25 % oder 10 %) oder mit variabler Leuchtdichte zur Prüfung unter mesopischen Bedingungen notwendig.
Eine eigene Gruppe stellen die Nahvisustests dar. Da im Alltag das Lesen die häufigste Nahtätigkeit ist, sind viele dieser Tests als Lesetafeln ausgeführt. Dies hat zur Folge, dass die durch diese Tests gestellte Aufgabe eine komplexere ist als die bei Fernvisustests übliche einfache Zeichenerkennung. In Abhängigkeit von der verwendeten Prüftafel variiert auch die gemessene Größe. Diese kann zum Beispiel als Sehschärfe, als Lesegeschwindigkeit und als kritische Schriftgröße angegeben werden [7].
Neben dem Visus als örtliches Auflösungsvermögen des visuellen Systems spielt die Kontrastempfindlichkeit für die Sehfunktion eine wichtige Rolle. Die Kontrastempfindlichkeit ist die Fähigkeit des visuellen Systems, Leuchtdichteunterschiede wahrzunehmen [8]. Während bei der Visusprüfung Sehzeichen unterschiedlicher Größe, aber desselben Kontrastes zum Einsatz kommen, werden bei der Ermittlung der Kontrastempfindlichkeit Sehzeichen gleicher Größe, aber unterschiedlichen Kontrastes verwendet. Der Kontrast wird für kleine Objekte vor einfarbigem Hintergrund im Allgemeinen nach der WeberFormel (1) definiert, wobei Li die Leuchtdichte des Optotypen und Lu die Umgebungsleuchtdichte bezeichnet.
(1)
Die Kontrastempfindlichkeit wird als Kehrwert des gerade noch wahrgenommenen Kontrastes (Kontrastschwelle) angegeben. Wird ein Kontrast von 1 % noch erkannt, beträgt die Kontrastempfindlichkeit 100 oder in logarithmierter Form 2 logCS (entsprechend 10²). Trägt man die Kontrastempfindlichkeit als Funktion der Objekt größe auf, erhält man eine glockenförmige Kurve, die Kontrastempfindlichkeitsfunktion (conrast sensitivity function, CSF; Abb. 2). Der Punkt, an dem die Kontrastempfindlichkeitsfunktion die Abszisse schneidet, entspricht dem Visus (kleinstes noch erkanntes Objekt bei maximalem Kontrast). Der individuelle Verlauf der Kontrastempfindlichkeitsfunktion ist eine Resultierende aus der Modulationsübertragungsfunktion (optische Komponente) und der neuralen Kontrastempfindlichkeitsfunktion (nCSF). Letztere gibt die Kontrastempfindlichkeit des neuralen bildverarbeitenden Systems an [9]. Neben den individuellen optischen Eigenschaften des Auges und der individuellen nCSF ist die Kontrastempfindlichkeit von der retinalen Beleuch
148 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
tungsstärke abhängig. Unter photopischen Bedingungen bewirken sowohl eine enge Pupille als auch eine hohe neurale Kontrastempfindlichkeit ein Maximum an optischer Qualität. Bei mittleren Beleuchtungsstärken kommt besonders der Einfluss von Aberrationen zum Tragen, während unter niedrigmesopischen Bedingungen die neurale Kontrastempfindlichkeit den limitierenden Faktor darstellt [10]. Es sei an dieser Stelle auch angemerkt, dass Aberrationen höherer Ordnung vorwiegend den Niedrigkontrastvisus beeinträchtigen [11, 12]. Hieraus ergibt sich für die Praxis die Notwendigkeit einer Testung sowohl im Hoch als auch im Niedrigkontrastbereich.
Das psychophysische Korrelat der intraokularen Lichtstreuung ist die Blendempfindlichkeit. Hierunter versteht man die Verminderung der Kontrastempfindlichkeit in Gegenwart einer Blendlichtquelle. Eine weitere – grundlegendere – Methode zur psychophysischen Bestimmung des intraokularen Streulichtes stellt die Kompensationsmethode nach van den Berg dar [13]. Die Maßzahl hierzu wird als Streulichtparameter (s) bezeichnet.
Subjektive WahrnehmungEin wesentliches Kriterium für den Erfolg refraktivchirurgischen Eingriffe ist die
Zufriedenheit der Patienten. Diese ist von multiplen Faktoren wie der Erwartungshaltung, der Lebensweise und den individuellen Sehanforderungen des Patienten, der Funktion, dem Auftreten von Symptomen, kurz von der individuellen Wahrnehmung abhängig. Das Objektbild auf der Netzhaut wird auf vielfältige Art und Weise gefiltert und verarbeitet. Dies führt bei derselben Optik bei unterschiedlichen Personen zu unterschiedlichen Wahrnehmungen. In einem eindrucksvollen Experiment konnten
Ortsfrequenz (Perioden/°)
0.1 1 10 100
Kont
rast
empfi
ndlic
hkei
t (lo
gCS)
3.0
2.4
1.8
1.2
0.6
0
2
1
3
Abb. 2: Zusammenhang zwischen Kontrastempfindlichkeitsfunktion (CSF) und verschiedenen Funktionsprü-
fungen. (1) Hochkontrastvisus, (2) Niedrigkontrastvisus, (3) Kontrastempfindlichkeitsprüfung
149Bühren, Kohnen: Das Konzept „Optische Qualität“ – ein neues Paradigma in der Augenheilkunde
Artal und Mitarbeiter zeigen, dass das menschliche visuelle System einer Adaptation an vorhandene Aberrationen unterliegt [14]. Mittels eines AdaptiveOptikSimulators wurde ein Seheindruck simuliert, bei dem die aktuellen Wellenfrontaberrationen des Probanden rotiert wurden. Obwohl bei Rotation die retinale Bildqualität unverändert war, gaben die Probanden einen verschwommeneren Seheindruck im Vergleich zur gewohnten Wellenfront an. In der Praxis ist die Adaptation an leichte residuale Myopie nach refraktiver Chirurgie beschrieben [15]. Diese Adaptation findet über einen Zeitraum von mehreren Monaten statt. Daher sollte eine endgültige Aussage über die subjektive optische Qualität erst nach diesem Zeitraum getroffen werden. In den letzten Jahren richtet sich das Augenmerk weiterer Untersuchungen auf die Bedeutung von Persönlichkeitsmerkmalen auf die Patientenzufriedenheit nach refraktivchirurgischen Eingriffen. So konnte eine depressive Stimmungslage mit einer geringeren Zufriedenheit in Verbindung gebracht werden [16].
In Zukunft werden weitere Studien notwendig sein, um Zusammenhänge zwischen den einzelnen Ebenen herzustellen und auf diese Weise die Effizienz neuer OPVerfahren bewerten zu können.
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150 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
12. Pesudovs K, Marsack JD, Donnelly WJI et al.: Measureing visual acuitymesopic or photopic conditions, and high or low contrast letters? J Refract Surg 2004;20:S508–514
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14. Artal P, Chen L, Fernandez EJ et al.: Adaptive optics for vision: the eye‘s adaptation to point spread function. J Refract Surg 2003;19:S585–587
15. Pesudovs K: Involvement of neural adaptation in the recovery of vision after laser refractive surgery. J Refract Surg 2005;21:144–147
16. Morse JS, Schallhorn SC, Hettinger K, Tanzer D: Role of depressive symptoms in patient satisfaction with visual quality after laser in situ keratomileusis. J Cataract Refract Surg 2009; 35:341–346
151
Das optimale Alter für die LASIK
St. Schmickler, A. Haselhoff
ZusammenfassungZufriedene refraktive Patienten erzielt man am ehesten, wenn sie über Jahre brillenfrei
bleiben und somit stabile Refraktionen aufweisen. Anhand des eigenen Patientenkollektivs mit einer Datenbank aus 225.000 Patienten wurden Refraktionsdaten über zehn Jahre in Hinblick auf die Stabilität ihrer Refraktion bei Myopie untersucht. Es zeigt sich, dass es auch nach dem 20. Lebensjahr noch zu einer deutlichen Zunahme der Myopie kommen kann. Ab dem 30. Lebensjahr kommt es zu keiner nennenswerten Veränderung mehr.
SummaryHappy patients in refractive surgery can be found if they stay without glasses over years
and if their refraction stays stable. We wanted to find out which age is the best for LASIK. Therefore we looked in our database which consists of 225.000 patients and examined retrospectively the shift in myopia over a period of 10 years. While myopia increases in the twenties, refraction becomes to be stable with the thirties.
EinleitungDas oberste Ziel in der refraktiven Chirurgie ist es, neben guten Resultaten vor
allem zufriedene Patienten zu erhalten. Nicht selten ist man erstaunt, dass es Patienten gibt, die einen Rohvisus von nur 70 % nach einem refraktiven Eingriff erzielen, aber überaus zufrieden sind. Dem gegenüber stehen Patienten mit einem Rohvisus von 120 %, die immer noch etwas zu bemängeln haben.
Sicherlich gehören zu den Zielen, zufriedene Patienten zu erhalten, – die Brillenfreiheit, – möglichst keine „Lichtsensationen“ wie Halos oder Doppelbildkonturen zu er
zielen und vor allen Dingen – eine langfristig stabile Refraktion.
MethodikWir haben für diese Fragestellung unsere eigene Datenbank untersucht. Zum Zeit
punkt der Untersuchung haben wir in der Datenbank unserer „Augenärzte Gemeinschaftspraxis“ 225.000 Patienten überblicken können. Wir haben diese Patienten in Cluster – bestehend aus zehn Altersgruppen – eingeteilt (Tab. 1). Es wurden nur Augen ausgewählt, die wir über zehn Jahre überblicken konnten und die keinerlei operative Eingriffe – sei es auch nur die Laserkoagulation einer Netzhautdegeneration oder die Operation eines Chalazions – erfahren hatten.
152 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
Die zehn Altersgruppen oder Cluster setzten sich wie folgt zusammen:■ 18 – 22 Jahre■ 23 – 25 Jahre■ 26 – 30 Jahre■ 31 – 35 Jahre■ 36 – 40 Jahre■ 41 – 45 Jahre■ 46 – 50 Jahre■ 51 – 55 Jahre■ 56 – 60 Jahre■ 61 – 65 Jahre
In jeder dieser Altersgruppe haben wir Patientendaten über zehn Jahre vorliegen. Die Cluster haben eine Größe zwischen 397 und 843 Patienten (Tab. 1). Wir haben die Abweichung von der Ausgangsrefraktion sowohl in die Hyperopie als auch in die Myopie betrachtet. Im weiteren Verlauf wird aber nur auf die Zunahme der Myopie eingegangen (Tab. 2).
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
18 – 22 23 –25 26 –30 31 –35 36 –40 41 – 45 46 – 50 51 – 55 56 – 60 61 – 65
536 397 801 886 859 832 963 870 1.004 843
Tab. 1: Patientendaten über 10 Jahre
Klassen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Werte-bereich
18 – 22 23 –25 26 –30 31 –35 36 –40 41 – 45 46 – 50 51 – 55 56 – 60 61 – 65
–4,00 3 % 3 % 2 % 1 % 2 % 1 % 0 % 0 % 0 % 0 %
–2,00 16 % 8 % 5 % 3 % 2 % 2 % 1 % 1 % 1 % 2 %
–1,75 4 % 3 % 2 % 1 % 1 % 1 % 0 % 0 % 0 % 1 %
–1,50 5 % 4 % 2 % 1 % 2 % 1 % 0 % 0 % 0 % 0 %
–1,25 7 % 5 % 3 % 3 % 2 % 1 % 1 % 0 % 1 % 1 %
–1,00 9 % 4 % 4 % 4 % 3 % 3 % 1 % 1 % 1 % 2 %
–0,75 8 % 10 % 6 % 6 % 7 % 3 % 2 % 1 % 1 % 2 %
–0,50 12 % 11 % 9 % 9 % 9 % 7 % 5 % 3 % 2 % 3 %
–0,25 11 % 12 % 14 % 16 % 13 % 10 % 6 % 5 % 4 % 6 %
–0,00 9 % 17 % 20 % 19 % 20 % 15 % 10 % 10 % 11 % 12 %
Tab. 2: Zunahme der Myopie in den einzelnen Altersklassen
153Schmickler, Haselhoff: Das optimale Alter für die LASIK
ErgebnisseIm Alter von 18 bis 22 Jahren bleiben nur 20 % der Patienten stabil, das heißt, sie
verändern ihre Refraktion gar nicht oder nur um –0,25 dpt. Dagegen nehmen 9 % der 18 bis 22jährigen Patienten noch um 1,0 dpt Myopie und 16 % um 2,0 dpt Myopie in den folgenden zehn Jahren zu.
Bei den 23 bis 25jährigen Patienten nehmen 10 % der Patienten noch um 0,75 dpt Myopie im Laufe der folgenden zehn Jahre zu und 8 % um 2,0 dpt.
Im Alter von 26 bis 30 Jahren sind es nur noch 6 %, die um 0,75 dpt Myopie zunehmen. Die Zunahme der Myopie in diesem geringen Ausmaß verläuft noch bis zum 40. Lebensjahr.
Wir folgern daraus, dass sich ein Patient im Alter bis zu 22 Jahren noch keinem laserchirurgischen Eingriff unterziehen sollte, da die Wahrscheinlichkeit doch sehr hoch ist, noch deutlich an Myopie zuzunehmen.
Auch im Alter von 23 bis 25 Jahren muss der Patient auf diesen Umstand der Zunahme der Myopie deutlich hingewiesen werden. Sollte er über eine ausreichende stromale Restdicke verfügen, so besteht später immerhin die Möglichkeit eines Retreatments.
SchlussfolgerungenPatienten mit einem Alter von 26 Jahren und älter dürfen durchaus bis über
das 30. Lebensjahr noch leicht überkorrigiert werden, da auch sie noch in 6 bis 7 % eine Zunahme der Myopie um 0,75 dpt zu verzeichnen haben. Dies muss aber sehr individuell mit dem Patienten besprochen werden. Seine berufliche Tätigkeit und seine Hobbys sollten bei der Wahl der Zielrefraktion mit in Betracht gezogen werden. Wir haben aus unserer eigenen Datenbank den Schluss gezogen, dass eine LASIKOperation bei Kurzsichtigkeit im Alter von 18 bis 22 Jahren aufgrund der zu erwartenden Zunahme der Myopie eher nicht zu empfehlen ist. Bis zum Alter von 35 Jahren kann bei einer LASIKOperation in Absprache mit dem Patienten eher überkorrigiert werden.
155
Ablehnungsgründe für refraktive Excimerlaser- Behandlungen
A. Ehmer, A. F. M. Borkenstein, M. P. Holzer, G. U. Auffarth
ZusammenfassungFragestellung: Ziel der Analyse war es herauszufinden, welche Gründe vorlagen, um
Patienten von einer refraktiven ExcimerlaserBehandlung abzuraten.Methodik: Retrospektiv wurden 260 Patientendaten aus der refraktiven Sprechstunde
analysiert. Das mittlere Alter der Patienten betrug 42,31 ± 13,0 Jahre. Neben dem Ablehnungsparameter jedes Patienten wurden zusätzlich Angebot und Durchführung von refraktiven Alternativbehandlungen der einzelnen Patienten untersucht.
Ergebnisse: Der häufigste Ablehnungsgrund (34,4 %) für eine refraktive Laserchirurgie war hohe Ametropie (Myopie, Hyperopie, Astigmatismus), die außerhalb des empfohlenen Bereiches von der Kommission für Refraktive Chirurgie (KRC) zur Laserbehandlung lag. Der zweithäufigste Grund war Presbyopie und das Tragen von Nahbrillen (19,3 %). Andere häufig auftretende Gründe waren eine zu geringe Pachymetrie (9,7 %), Patienten mit einer vorherigen Laserbehandlung (6,56 %) und Auffälligkeiten in der Hornhauttopografie (3,86 %). Bei 6,95 % der untersuchten Patienten wurde eine Katarakt festgestellt. Patienten, die für eine korneale Laserbehandlung ungeeignet waren, wurde eine refraktive Linsenbehandlung (Clear lens exchange 27,8 %, phake Vorderkammerlinsen 15,4 %) angeboten.
Schlussfolgerungen: Der häufigste Grund für die Ablehnung von Patienten für refraktive Laserchirurgie stellte eine hohe Ametropie gefolgt von Presbyopie und zu geringe Pachymetrie dar. Pupillengröße, vorangegangene Laserbehandlungen oder Katarakt waren in weniger als 5 % der Fälle ein Ablehnungsgrund für eine Behandlung der Hornhaut mit dem Excimerlaser.
SummaryPurpose: Analysis of ophthalmological findings that lead to the rejection of patients
potentially interested in excimer laser refractive surgery.Patients and methods: In a retrospective data analysis charts of patients that presented for
refractive laser treatment were analyzed. In 260 consecutive patients aged 42.31 ± 13.0 years parameters that resulted in the rejection from laser treatment were investigated. Furthermore we analyzed which alternative treatments were offered and performed.
Results: The most frequent reason for rejection of patients was high ametropia (myopia, hyperopia, astigmatism) out of the range of excimer laser treatment set by the Commission for refractive surgery 34.4 %). The second most reason was presbyopia and the need for near glasses (19.3 %). Other frequent reasons were low pachymetry (9.7 %), patients with previous laser treatment (6.56 %), followed by abnormalities in corneal topography (3.86 %). Cataract formation was seen in 2.8 % of patients. In patients that were not suitable for corneal laser treatment a lens refractive procedure (Clear lens exchange 27.8 %; anterior chamber phakic IOLs 15.4 %) was offered.
156 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
Conclusion: The main reason for rejection of refractive excimer laser surgery procedures was high ametropia followed by presbyopia issues and low pachymetry. Pupil size, previous laser treatments or cataract were in less than 5 % of cases responsible for the rejection of laser surgery.
EinleitungDie refraktive Chirurgie bietet viele Möglichkeiten, um viele Patienten mit Laser
oder Linsenchirurgie zu versorgen, damit eine Unabhängigkeit von Brille oder Kontaktlinse ermöglicht und damit die persönliche Lebensqualität erhöht werden kann. Dennoch gibt es aber auch eine große Anzahl von Interessenten, denen kein refraktivchirurgisches Verfahren zur optimalen Korrektur ihrer Fehlsichtigkeit angeboten werden kann. Hierzu zählen zum Beispiel stark hyperope Patienten, Patienten mit beginnender Presbyopie oder Patienten, die zu starken Refraktionsschwankungen oder Hornhauttopografieunregelmäßigkeiten unterliegen [1–5]
Ziel dieser Datenanalyse ist es, den Grund für eine Ablehnung zu erörtern und weiterhin zu erfahren, ob ein Alternativangebot angeboten werden konnte, und ob dieses von den Patienten angenommen und entsprechend umgesetzt wurde.
MethodikIn dieser retrospektiven Datenanalyse wurden 260 Interessenten im Alter zwi
schen 15 und 72 Jahren aus der refraktiven Sprechstunde untersucht, bei denen ein refraktiver Lasereingriff abgelehnt wurde. Die Interessenten zeigten eine sphärische Refraktion von –28,0 bis +15,0 dpt und einen Astigmatismus bis zu 8,5 dpt. Es wurde eine mittlere Pachymetrie der dünnsten Stelle von 537 ± 42 µm und eine mittlere mesopische Pupillengröße von 5,0 ± 1,25 mm bei einer Beleuchtung von 0,4 lx gemessen.
Als Analyseparameter wurden Alter, Refraktion, Pachymetrie, Pupillengröße, sowohl skotopisch (0,04 lx) als auch mesopisch low (0,4 lx), und pathologische Veränderungen zur Bewertung herangezogen. Grundlage für die Durchführbarkeit einer Laserbehandlung stellten die Richtlinien der Kommission für Refraktive Chirurgie (KRC) dar (Tab. 1).
Anwendungsbereich [dpt] Grenzbereich [dpt]
LASEK, Epi-LASEK, PRK Myopie –6,0 –8,0
Astigmatismus 5,0 6,0
Hyperopie 4,0
LASIK, Femto-LASIK Myopie –8,0 –10,0
Astigmatismus 5,0 6,0
Hyperopie 3,0 4,0
Tab. 1: Richtlinien der Kommission für Refraktive Chirurgie (KRC), Stand 01/2009. Quelle: Homepage der KRC
157Ehmer et al.: Ablehnungsgründe für refraktive Excimerlaser-Behandlungen
ErgebnisseBetrachtet man die gesamte Gruppe aus 260 Interessenten, so war der häufigste
Ablehnungsgrund (34,4 %) für eine refraktive Laserchirurgie hohe Ametropie (Myopie, Hyperopie, Astigmatismus), die außerhalb des empfohlenen Bereiches (KRC) der Laserbehandlung lag. Der zweithäufigste Grund war Presbyopie und das Tragen von Nahbrillen (19,3 %). Andere häufig auftretende Gründe waren eine zu geringe Pachymetrie (9,7 %) und Auffälligkeiten in der Topografie (3,9 %), Patienten mit einer vorherigen Laserbehandlung (6,6 %) und Amblyopie (6,6 %). Bei 7,0 % der untersuchten Patienten wurde eine Katarakt festgestellt.
Untersucht man die Gruppen nach Alter, so zeigt die junge Gruppe (bis 42 Jahre) zu hohe Refraktionen, gefolgt von zu dünner Hornhaut und Amblyopien (Abb. 1). Im Bereich der Refraktionen liegt der höchste Anteil bei hoher Myopie (>8 dpt) gefolgt von latenten Hyperopien und manifesten Hyperopien (>4 dpt). Etwa 50 % der Interessenten konnte zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Alternative angeboten werden. Der anderen Hälfte wurden sowohl phake Linsen als auch Kontaktlinsenanpassung oder ein refraktiver Linsenaustausch angeboten. Der refraktive Linsenaustausch in dieser jungen Gruppe wurde jedoch nur unter Vorbehalt und erneuter Vorstellung bei ausgeprägter Presbyopie angeboten.
In der Gruppe der älteren Interessenten ab 42 Jahren zeigt sich der häufigste Ablehnungsgrund in der Presbyopie gefolgt von zu hohen Refraktionen und Katarakt (Abb. 2). Als Alternative wurde ca. 42,7 % dieser Gruppe ein refraktiver Linsenaus
Abb. 1: Ablehnungsgründe für die Gruppe der jungen Interessenten unter 42 Jahren
Anza
hl d
er P
atie
nten
in %
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Refraktio
n
Pupillengröße
Pachym
etrie
Amblyopie
Z. n. re
frakti
ver La
serbea
ndlung
Topographisc
he Veränderunge
n
Katarakt
Presbyo
pie
Minderjährig
keit
andere okuläre PathologienSicc
aTensio
Strabism
us
158 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
tausch angeboten. Bei weiteren 38,4 % bestand zu dieser Zeit keine Alternativbehandlung. 11,8 % konnte eine Kataraktoperation und jeweils 3,6 % eine Kontaktlinsenanpassung oder die Implantation von phaken Linsen angeboten werden.
Zu bemerken ist, dass sowohl in der jungen als auch der älteren Gruppe die Zahl an Patienten mit topografischen Hornhautveränderungen bzw. Keratokonus (Gruppe < 42 Jahre 4,1 %; Gruppe >42 Jahre 3,6 %) sehr gering ausfällt. Diese Patientengruppe wird häufig direkt in entsprechende Spezialsprechstunden wie Kontaktlinsenversorgung oder Hornhautambulanz eingeteilt und nicht für die refraktivchirurgische Sprechstunde rekrutiert.
SchlussfolgerungenDer häufigste Grund für die Ablehnung für refraktive Laserchirurgie bei jungen
Patienten stellte eine hohe Ametropie gefolgt von Presbyopie und zu geringer Pachymetrie dar. In der älteren Patientengruppe waren die Hauptablehnungsgründe eine bestehende Presbyopie, zu hohe Ametropien und bestehende Katarakt.
Alternativen für diese Interessenten sind sowohl phake Intraokularlinsen, refraktiver Linsenaustausch und Kataraktoperationen. Bei allen Patienten, die sich mit der Frage nach refraktiver Chirurgie in ihrem individuellen Fall vorstellen, ist die genaue Analyse der Daten sowie der Diagnosen und psychosozialen Faktoren unumgänglich, um die Qualität der Ergebnisse hoch halten zu können.
Anza
hl d
er P
atie
nten
in %
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Presbyo
pie
Z. n. re
frakti
ver La
serbeh
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Refraktio
n
Katarakt
Amblyopie
andere okuläre Pathologien
Topographisc
he Verä
nderunge
n
Pachym
etrie
Aberratio
nenGlare
Psoria
sis
Strabism
us
Abb. 2: Ablehnungsgründe für die Gruppe der älteren Interessenten über 42 Jahren
159Ehmer et al.: Ablehnungsgründe für refraktive Excimerlaser-Behandlungen
Literatur1. Farid M, Steinert RF: Patient selection for monovision laser refractive surgery. Curr Opin
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many Over a 3year Period. J Refract Surg 2009 (zur Publikation angenommen)
161
Erste klinische Ergebnisse nach INTRACOR zur Presbyopiekorrektur
M. P. Holzer, A. Mannsfeld, A. Ehmer, G. U. Auffarth
ZusammenfassungHintergrund: Die intrastromale Behandlung mittels Femtosekundenlaser stellt eine
neue Möglichkeit der Refraktionskorrektur dar. Die vorliegende Studie untersucht erste Ergebnisse nach der INTRACORBehandlung.
Material und Methode: In einer prospektiven klinischen Studie wurden die operativen und funktionellen Ergebnisse nach INTRACORFemtosekundenlaserPresbyopiebehandlung (Femtec, Technolas Perfect Vision GmbH, München) bei 25 Patienten untersucht. Fern und Nahvisus mit verschiedenen Testmethoden wie auch Hornhauttopografie, Aberrometrie und weitere Messungen wurden durchgeführt.
Ergebnisse: Alle Lasereingriffe verliefen komplikationslos und dauerten im Schnitt ca. 20 Sekunden. Drei Monate postoperative verbesserte sich der mittlere unkorrigierte Nahvisus von 0,7 ± 0,16 logMAR auf 0,26 ± 0,21 logMAR. Der mittlere unkorrigierte Fernvisus betrug 0,11 ± 0,12 logMAR präoperativ und 0,05 ± 0,10 logMAR drei Monate postoperativ.
Schlussfolgerung: Die neue Femtosekundenlaserbasierte INTRACORBehandlung ist eine schnelle, sichere und vielversprechende Methode zur Presbyopiekorrektur. Aufgrund der komplett intrastromal durchgeführten Behandlung sind Infektionen im Vergleich zu vielen anderen refraktivchirurgischen Verfahren deutlich vermindert.
SummaryBackground: To investigate functional outcomes of intrastromal femtosecond laser cor
rection of presbyopia.Materials and methods: In a prospective clinical study surgical and functional out
comes of the INTRACOR intrastromal application of femtosecond laser pulses (Femtec, Technolas Perfect Vision GmbH, Munich, Germany) for treatment of presbyopia were evaluated in 25 patients. Distance and near visual acuity, corneal topography and wavefront aberration measurements were performed.
Results: All patients evaluated were presbyopic emmetropes. All surgeries were uneventful with a mean treatment time of 20 seconds. Three months postoperatively the mean uncorrected near visual acuity improved from 0.7 ± 0.16 logMAR to 0.26 ± 0.21 logMAR. Mean uncorrected distance visual acuity was at 0.11 ± 0.12 logMAR preoperatively and at 0.05 ± 0.10 logMAR three months postoperatively.
Conclusions: The new femtosecond laser based INTRACOR treatment of presbyopia is a fast procedure that shows very promising results in near visual acuity gain for the correction of presbyopia. Due to the total intrastromal ablation pattern, complications like infections as seen with other surgical presbyopia procedures can be avoided.
162 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
HintergrundAufgrund der zunehmenden Anzahl von Personen im presbyopen Alter sowie den
gesteigerten Anforderungen an ein gutes Nahsehvermögen nimmt die Korrektur der Presbyopie einen immer höheren Stellenwert in der refraktiven Chirurgie ein [1, 2].
Mit Einführung des Femtosekundenlasers in die Augenheilkunde eröffneten sich neue präzise Behandlungsmethoden. Aufgrund der präzisen Applikation der Laserenergie und der Tatsache, dass der Laserstrahl in jeglicher Tiefe der Hornhaut fokussiert werden kann, gab es schon seit längerer Zeit das Bestreben, den Femtosekundenlaser zur Korrektur von Refraktionsfehlern einzusetzen und diese Behandlungen rein intrakorneal ohne Eröffnen der Hornhaut durchzuführen [3–6]. Nachdem in experimentellen Studien die Machbarkeit solcher Refraktionskorrekturen gezeigt werden konnte, erfolgten im Herbst 2007 die ersten Behandlungen zur Presbyopiekorrektur mittels des FemtecFemtosekundenlasers (Abb. 1) durch Dr. Luis Ruiz in Bogota, Kolumbien [7]. Diese als INTRACOR bezeichnete Methode wird nun seit Juli 2008 erstmals auch in Europa im Rahmen einer multizentrischen, prospektiven Studie eingesetzt und detailliert untersucht. An der UniversitätsAugenklinik Heidelberg fanden die ersten Behandlungen Anfang Juli 2008 statt [8].
Abb. 1: Femtec-Femtosekundenlaser (Technolas Perfect Vision GmbH, München)
163Holzer et al.: Erste klinische Ergebnisse nach INTRACOR zur Presbyopiekorrektur
Patienten und MethodeEs wurden insgesamt 25 Augen (jeweils das nicht dominante Auge) von 25 Pa
tienten behandelt, die neben der ausgeprägten Presbyopie minimal hyperop waren. Nach gründlicher Voruntersuchung wurden die Refraktionswerte durch die Software des FemtecLasers zu einem Behandlungsalgorithmus berechnet, und die Patientenaugen rein intrastromal mit dem Laser behandelt. Die Augen wurden oberflächlich durch die Applikation von Lokalanästhetika betäubt und anschließend unter dem Laser zentriert und fixiert. Während der ca. 20 Sekunden dauernden Behandlung wurden extrem feine Ringmuster in einem vorbestimmten Abstand zueinander in das Hornhautstroma eingearbeitet. Direkt postoperativ befanden sich in diesen Ringmustern noch Gasbläschen, die bei der Einwirkung des Lasers auf das Stromagewebe entstehen (Abb. 2). Typischerweise entweicht dieses Gas aus der Hornhaut innerhalb der ersten Stunden, und gleichzeitig kommt es zu einer Erholung des Fernvisus für die Patienten. Postoperativ wurden die Patienten nach einem Tag, nach einer Woche sowie nach einem und drei Monaten untersucht. Neben verschiedenen Visustests wurden zusätzlich Hornhauttopografien sowie Wellenfrontmessungen durchgeführt.
ErgebnisseDas mittlere Alter der behandelten Patienten betrug 56,2 ± 5,79 Jahre (Spanne 47
bis 67 Jahre). Alle 25 durchgeführten Behandlungen verliefen intraoperativ wie auch postoperativ komplikationslos. Die Dreimonatsergebnisse für den unkorrigierten Nahvisus, getestet mit ETDRSTafeln in 40 cm Abstand, zeigten einen mittleren Nahvisusgewinn von 4,4 Zeilen (0,7 ± 0,16 logMAR auf 0,26 ± 0,21 logMAR). Der mittlere unkorrigierte Fernvisus betrug 0,11 ± 0,12 logMAR präoperativ und 0,05 ± 0,10 logMAR drei Monate postoperativ. Die Hornhauttopografieuntersuchungen zeigten in vielen Fällen eine zentrale Aufsteilung der Kornea, wenn auch die Topografieergebnisse nicht immer mit den erzielten Visusergebnissen korrelierten. Weiterhin zeigte sich eine etwas höhere negative korneale Asphärizität nach der INTRACORBehandlung.
Abb. 2: Intrastromale Presbyopiebehandlung (INTRACOR) eine Stunde (a) sowie ein Tag (b) postoperativ mit
typischer Ringstruktur. Die anfangs noch vorhandenen Gasbläschen entweichen innerhalb weniger Stunden
aus der Kornea.
a b
164 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
ZusammenfassungDie INTRACORBehandlung mit dem FemtecFemtosekundenlaser stellt ein viel
versprechendes neues Operationsverfahren in der refraktiven Chirurgie mit sehr geringer Infektions und Entzündungsgefahr für die behandelten Augen dar. Insbesondere für die große Gruppe von Presbyopen bietet das neue Verfahren eine gute operative Korrekturmöglichkeit der Alterssichtigkeit unter Beibehaltung der Integrität der Hornhautoberfläche.
Literatur1. Schmack I, Auffarth GU, Epstein D, Holzer MP: Current Trends and Practice Style Changes
of Refractive Surgery in Germany over a 3years Period. J Refract Surg 2010;262. Holzer MP, Rabsilber TM, Auffarth GU: Presbyopiekorrektur mittels Intraokularlinsen.
Ophthalmologe 2006;103:661–6663. Sletten KR, Yen KG, Sayegh S et al.: An in vivo model of femtosecond laser intrastromal
refractive surgery. Ophthalmic Surg Lasers 1999;30:742–7494. Lubatschowski H, Maatz G, Heisterkamp A et al.: Application of ultrashort laser pulses for
intrastromal refractive surgery. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2000;238:33–395. Heisterkamp A, Mamom T, Kermani O et al.: Intrastromal refractive surgery with ultrashort
laser pulses: in vivo study on the rabbit eye. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2003;241:511–517
6. Meltendorf C, Schroeter J, Bug R et al.: Corneal trephination with the femtosecond laser. Cornea 2006;25:1090–1092
7. Ruiz LA, Cepeda LM, Fuentes VC: Intrastromal correction of presbyopia using a femtosecond laser system. J Refract Surg 2009;25:847–854
8. Holzer MP, Mannsfeld A, Ehmer A, Auffarth GU: Early outcomes of INTRACOR femtosecond laser treatment for presbyopia. J Refract Surg 2009;25:855–861
165
Lesevermögen und Patientenzufriedenheit nach der INTRACOR-Presbyopiebehandlung
A. Mannsfeld, M. P. Holzer, A. Ehmer, G. U. Auffarth
ZusammenfassungFragestellung: Eine neuartige Methode zur Presbyopiebehandlung ist die intrastromale
Behandlung mit dem Femtosekundenlaser. In der vorliegenden Studie sollten prä und postoperativ Nahvisus und Lesegeschwindigkeit verglichen werden. Weiterhin wurde die Zufriedenheit der Patienten vor und nach der Behandlung untersucht.
Methodik: An 25 Patienten mit einem mittleren Alter von 56,16 ± 5,79 Jahren wurde die intrastromale Laserbehandlung zur Presbyopiekorrektur durchgeführt. Die Patienten wurden präoperativ und postoperativ bis zu einem Zeitraum von drei Monaten untersucht. Der Nahvisus wurde mit SloanETDRSCharts sowie mit RadnerCharts getestet. Die Patientenzufriedenheit wurde mit einem Fragebogen ermittelt.
Ergebnisse: Präoperativ wurde ein unkorrigierter Nahvisus von 0,70 ± 0,16 logMAR ermittelt. Der LogRADWert betrug 0,51 ± 0,13 und die Lesegeschwindigkeit 78,25 ± 29,97 Wörter/Minute. Drei Monate postoperativ konnte ein verbesserter unkorrigierter Nahvisus von 0,28 ± 0,23 logMAR und ein LogRADWert von 0,28 ± 0,16 gemessen werden. Die subjektive Patientenzufriedenheit korrelierte gut mit den objektiven Messergebnissen.
Schlussfolgerungen: Die intrastromale FemtosekundenlaserBehandlung ist sicher und zuverlässig. Es konnte eine Verbesserung des Nahvisus sowie eine gute Lesegeschwindigkeit erzielt werden. Die hohe Patientenzufriedenheit bestätigt diese objektiven Ergebnisse.
SummaryPurpose: The purpose of this study was to evaluate the visual outcomes after intrastro
mal femtosecond laser treatment to correct presbyopia. The main interest was to investigate the patients’ near visual acuity and the reading speed as well as patient satisfaction.
Methods: 25 eyes from 25 patients with a mean age of 56.16 ± 5.79 years underwent intrastromal femtosecond laser treatment to correct presbyopia. The patients were examined preoperatively and up to three months postoperatively. Near visual acuity was tested with SloanETDRSCharts and with Radner Charts to determine the logRADscore and the reading speed. Patient satisfaction was assessed using a modified quality of life questionnaire.
Results: Preoperative UCNVA was 0.70 ± 0.16 logMAR. Preoperative LogRAD score was 0.51 ± 0.13 with a reading speed of 78.25 ± 29.97 words/minute. After three months the UCNVA was 0.28± 0.23 logMAR and LogRAD score increased to 0.28 ± 0.16. The subjective patient satisfaction correlated well with the objective measurements.
Conclusion: The intrastromal femtosecond laser treatment is safe and reliable and provides good uncorrected near visual acuity and reading speed. The high patient satisfaction confirms the objective results.
166 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
EinleitungDie operative Refraktionskorrektur für Menschen mit Presbyopie ist ein bedeu
tender Forschungspunkt in dem Bereich der refraktiven Chirurgie. Außer in den intraokularen Ansätzen liegt ein Schwerpunkt auf der Behandlung der Kornea unter Verwendung von Excimer oder Femtosekundenlasern. Mit Einführung des Femto sekundenlasers ergaben sich neue Ansatzpunkte. Ursprünglich speziell für das Schneiden von LASIKFlaps entwickelt, findet dieser inzwischen in der refraktiven Chirurgie vielfach Verwendung [1]. Die präzise Schnittführung sowie die Möglichkeit, Schnitte individuell anzupassen, prädestinieren den Femtosekundenlaser zudem für den Einsatz in der kurativen Hornhautchirurgie, zum Beispiel bei der Keratoplastik [2].
Eine weitere Einsatzmöglichkeit in der refraktiven Chirurgie mittels Femtosekundenlaser ist die INTRACORBehandlung. Hierbei werden mit dem TechnolasFemtosekundenlaser fünf konzentrische Ringe unter Beibehaltung der Oberflächenintegrität in das Hornhautstroma geschnitten. Die Behandlung ist minimal invasiv und dauert nur ca. 20 Sekunden.
Diese Behandlung wurde 2007 zuerst von Luis Ruiz in Kolumbien durchgeführt. Die guten Ergebnisse seinerseits lieferten die Basis für weitere Studien in Deutschland [3]. In der vorliegenden Studie sollten der Nahvisus, das Lesevermögen und die Lesegeschwindigkeit sowie die Patientenzufriedenheit prä und postoperativ nach der INTRACORBehandlung verglichen werden [4].
Material und MethodeAn 25 Patienten mit einem mittleren Alter von 56,16 ± 5,79 Jahren wurde die
INTRACORBehandlung durchgeführt. Sieben Patienten waren weiblich und 18 männlich. Die Patienten waren präoperativ leicht hyperop, zwischen +0,5 dpt und +1,25 dpt mit einem Zylinder bis maximal –0,5 dpt. Die minimale Nahaddition betrug 2,0 dpt. Die Ermittlung des Nahvisus erfolgte mit SloanETDRSCharts, die einen definierten Leseabstand von 40 cm haben. Das Lesevermögen wurde mit RadnerLesetafeln ermittelt, deren Texte vergleichbar gestaltet sind bezüglich des lexikalischen Niveaus, der Syntax sowie der Satz und Wortlänge. Der Test fand mit Fernkorrektur statt. Während der Untersuchung wurde die Fehleranzahl ermittelt und die Zeit gestoppt, um die Lesegeschwindigkeit (Wörter/Minute) der noch lesbaren Textgröße zu ermitteln. Somit wird mit den RadnerCharts ein definierter Score für den Lesevisus errechnet, der das Ausmaß von Lesefehlern berücksichtigt. Die Bestimmung der Patientenzufriedenheit erfolgte mit einem festgelegten Fragebogen. Die Patienten beantworteten zum einen Fragen mit „Ja“ oder „Nein“ bzw. auch auf einer Skala die Ausprägung ihrer Beschwerden. Dabei bedeutete „0“, dass die Patienten keine Probleme haben bzw. „10“, dass die Probleme sehr stark sind.
167Mannsfeld et al.: Lesevermögen und Patientenzufriedenheit nach der INTRACOR-Presbyopiebehandlung
ErgebnissePräoperativ wurde ein unkorrigierter Nahvisus von 0,70 ± 0,16 logMAR (Visus 0,2
dezimal) ermittelt. Einen Monat postoperativ konnte ein verbesserter unkorrigierter Nahvisus von 0,37 ± 0,19 logMAR gemessen werden und nach drei Monaten stieg der Visus auf 0,26 ± 0,09 logMAR (Visus 0,55 dezimal) an. Dieser Unterschied ist mit P = 2,8E10 (FriedmanTest) statistisch signifikant. Auch der fernkorrigierte Nahvisus verbesserte sich von einem präoperativen Wert von 0,59 ± 0,13 logMAR auf einen Visus von 0,33 ± 0,18 logMAR nach einem Monat sowie auf 0,23 ± 0,19 logMAR (Visus 0,59 dezimal) nach drei Monaten (Abb. 1). Auch dies war mit P = 2,65E8 (FriedmanTest) statistisch signifikant. Der bestkorrigierte Nahvisus blieb stabil von
PatientenNähe sc (logMAR)
Nähe dc (logMAR)
Nähe cc (logMAR)
präoperativ 25 0,7 ± 0,07 0,59 ± 0,05 –0,04 ± 0,04
1 Tag 25 0,39 ± 0,11 n. a. n. a.
1 Woche 25 0,39 ± 0,09 n. a. n. a.
1 Monat 25 0,36 ± 0,07 0,33 ± 0,07 0,01 ± 0,04
3 Monate 24 0,26 ± 0,09 0,23 ± 0,08 –0,03 ± 0,03
P 2,8E-10 2,64E-08 0,235
Tab. 1: Übersicht der unkorrigierten, fernkorrigierten und bestkorrigierten Nahvisusergebnisse prä- und post-
operativ in logMAR (Friedman-Test)
Mitt
elw
ert V
isus
(log
MAR
)
0,00
0,10
0,20
0,30
0,40
0,50
0,60
0,70
0,80N dc logMAR präoperativ
N dc logMAR 1 Monat
N dc logMAR 3 Monate
± Standardabweichung
Abb. 1: Verlauf des fernkorrigierten Nahvisus präoperativ, 1 Monat und 3 Monate postoperativ in logMAR
168 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
präoperativen –0,04 ± 0,04 logMAR zu 0,01 ± 0,04 logMAR (ein Monat) und –0,03 ± 0,03 logMAR (drei Monate). Einen Unterschied hingegen zeigt die Nahaddition. Diese änderte sich von einem präoperativen Wert von 2,4 ± 0,09 dpt (Spanne 2,0 bis 2,75 dpt) auf einen Nahzusatz von 1,32 ± 0,30 dpt (Spanne 0,0 bis 2,5 dpt) nach drei Monaten. Damit wurde postoperativ ein bestkorrigierter Nahvisus mit geringerer Addition erreicht, was mit P = 2,06E05 (FriedmanTest) statistisch signifikant ist (Tab. 1).
Der LogRADWert betrug präoperativ 0,51 ± 0,13 und die Lesegeschwindigkeit 78,25 ± 29,97 Wörter/Minute (Abb. 2). Drei Monate postoperativ konnte ein verbesserter LogRADWert von 0,27 ± 0,15 mit einer stabilen Lesegeschwindigkeit von 72,61 ± 31,84 Wörtern/Minute gemessen werden. Der Unterschied zwischen den LogRADErgebnissen ist mit P = 3,09E5 (Wilcoxon) statistisch signifikant, während die Lesegeschwindigkeit keine Signifikanz aufweist (P = 0,41; Wilcoxon). Somit lasen die Patienten postoperativ kleinere Texte mit einer gleichbleibenden Lesegeschwindigkeit.
Im Fragebogen gaben 16 Patienten an, ohne Brille lesen zu können. Insgesamt fühlten sich 20 Patienten wohl mit dem OPErgebnis und 19 davon würden die Behandlung wiederholen lassen. Allerdings wurde eine leichte Zunahme der Blendempfindlichkeit und des Auftretens von Halos ermittelt. Weiter gaben die meisten Patienten an, bei schlechter Beleuchtung in der Nähe beim Lesen Schwierigkeiten zu haben bzw. dass gutes Sehen stark von den Lichtverhältnissen abhängt.
Mitt
elw
ert l
ogRA
D-Sc
ore
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7präoperativ 3 Monate postoperativ
± Standardabweichung
Abb. 2: Vergleich des logRAD-Scores präoperativ und 3 Monate postoperativ. Es zeigte sich ein statistisch signi-
fikanter Unterschied prä- und 3 Monate postoperativ (Wilcoxon-Test).
169Mannsfeld et al.: Lesevermögen und Patientenzufriedenheit nach der INTRACOR-Presbyopiebehandlung
SchlussfolgerungenDie INTRACORMethode ist eine gute und sichere Methode, um auch die große
Patientengruppe der Presbyopen zu behandeln. Es konnte eine signifikante Verbesserung des Nahvisus erzielt werden. Mit definierten Lesetafeln wird eine deutliche Verbesserung des LogRADScores erreicht, sodass eine kleinere Schriftgröße bei gleichbleibender Lesegeschwindigkeit erkannt wird. Insgesamt bestätigt die hohe Patientenzufriedenheit diese objektiven Ergebnisse.
Literatur1. Mrochen M, Donges A, Korn A: Femtosekundenlaser für die refraktive Hornhautchirurgie –
Grundlagen, Wirkungsweise und klinische Anwendungen. Ophthalmologe 2006;12:1005–10132. Meltendorf C, Schroeter J, Bug R et al.: Corneal Trephination With the Femtosecond Laser.
Cornea 2006;25(9):1090–10923. Ruiz LA: Preliminary clinical results with 12months followup of intrastromal correction of
presbyopia using the FEMTEC® femtosecond laser system and intraCOR™ procedure. http://www.2010pv.com/dasat/images/1/100441intracorwhitepaper.PDF
4. Holzer MP, Mannsfeld A, Ehmer A, Auffarth GU: Early Outcomes of INTRACOR Femtosecond Laser Treatment for Presbyopia. J Refract Surg 2009 25(10):855–861
171
LASIK-Behandlung bei steilen und flachen Hornhäuten mit dem Intralase FS 60
A. S. Bauch, M. Taaffe, T. Kohnen
ProblemstellungLASIK gilt als ein sicheres Verfahren zur Korrektur von Kurzsichtigkeit, Weitsich
tigkeit und Astigmatismus. Bei entsprechend ausgewählten Patienten, die keine Kontraindikationen für die Behandlung aufwiesen, ist es jedoch vorgekommen, dass prä oder intraoperativ die Prozedur abgebrochen werden musste, da die Ansaugung primär nicht gelang oder beim Schneiden des Flaps Komplikationen auftraten, die ein Fortsetzen des Eingriffes mit Einsatz der ExcimerAblation verhinderten.
Seit der Einführung des Femtosekundenlasers IntraLase FS 60 (IntraLase, AMO, Irvine, CA, USA) in der Universitätsaugenklinik Frankfurt im Oktober 2006 wurde nur noch eine LASIKBehandlung mit dem Mikrokeratom durchgeführt. In keiner der durchgeführten Prozeduren zwischen Oktober 2006 und September 2008 traten Schnittkomplikationen auf. Außerdem konnte von extern zugewiesenen Patienten, bei denen aufgrund extremer Hornhautbrechkräfte die Behandlung nicht durchgeführt werden konnte, nun die gewünschte Behandlung zur Korrektur ihres Refraktionsfehlers angeboten werden.
In verschiedenen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass der Femtosekundenlaser im Bereich der refraktivchirurgischen Hornhauteingriffe dem Mikrokeratom in Genauigkeit und Vorhersagbarkeit der Flapdicke sowie der Sicherheit bezüglich Schnittkomplikationen überlegen ist [1]. Für diese Arbeit wurden die Ergebnisse der LASIKBehandlungen in unserer Klinik bezüglich Sicherheit und visuellem Ergebnis in Patienten mit sehr steilen und sehr flachen Hornhautradien retrospektiv ausgewertet.
Bei den Herstellern von häufig genutzten Mikrokeratomen (Hansatome, Bausch & Lomb; Zyoptix XP, Bausch & Lomb; Amadeus, AMO; Moria) richten sich die zur Behandlung empfohlenen Bereiche nach den allgemeinen Empfehlungen der refraktivchirurgischen Praxis. In Studien zu Flapkomplikationen fällt auf, dass ein Großteil der von sogenannten Buttonholes betroffenen Patienten sehr steile Hornhäute hat [2]. Bei Patienten mit sehr flachen Hornhäuten wurde der Eingriff noch vor dem Schneiden des Flaps abgebrochen, da das Mikrokeratom nicht angesaugt werden konnte.
ErgebnisseWir werteten bei allen LASIKBehandlungen, die von Oktober 2006 bis Septem
ber 2008 in der Universitätsaugenklinik Frankfurt durch denselben Operateur (TK) durchgeführt wurden, retrospektiv die Daten derjenigen Patienten aus, deren Hornhäute einen KWert unter 42 (n = 41; Gruppe 1) oder über 46 dpt (n = 31; Gruppe 2) aufwiesen.
172 refraKtIVe hornhautchIrurGIe
Hauptzielgrößen hierbei waren die Rate der Schnittkomplikationen und der postoperative unkorrigierte Visus. Schnittkomplikationen wie unkompletter Flap oder Bildung eines Buttonholes traten bei keinem der behandelten Patienten auf.
Der mittlere bestkorrigierte Visus (logMAR) präoperativ betrug –0.012 (SD ± 0.05) in Gruppe 1 und 0.019 (SD ± 0.077) in Gruppe 2, der mittlere unkorrigierte postoperative Visus (ein Monat postoperativ) in Gruppe 1 betrug 0.113 (SD ± 0.121) und in Gruppe 2 0.085 (SD ± 0.182).
Es lässt sich sagen, dass der Femtosekundenlaser nicht nur zur „Standardbehandlung“ bei LASIK, sondern eben auch insbesondere zur Behandlung bei Patienten mit Hornhautradien außerhalb der Norm geeignet ist. Bezüglich Vorhersagbarkeit der Flapdicke und Sicherheit zeigte sich der Femtosekundenlaser in mehreren Studien überlegen. Auch die Induktion postoperativer Aberrationen fiel beim Femtosekundenlaser geringer aus als bei LASIKBehandlungen mittels Mikrokeratom [3, 4].
Literatur1. Kezirian GM, Stonecipher KG: Comparison of the IntraLase femtosecond laser and mechani
cal keratomes for laser in situ keratomileusis. J Cataract Refract Surg 2004;30(4):804–8112. Harissi-Dagher M, Todani A, Melki SA: Laser in situ keratomileusis buttonhole: classification
and management algorithm. J Cataract Refract Surg 2008;34(11):1892–18993. Montes-Mico R, Rodriguez-Galietero A, Alio JL: Femtosecond laser versus mechanical
keratome LASIK for myopia. Ophthalmology 2007;114(1):62–684. Chan A, Ou J, Manche EE: Comparison of the femtosecond laser and mechanical keratome for
laser in situ keratomileusis. Arch Ophthalmol 2008;126(11):1484–1490
Biometrie/Varia
175
IOL-Berechnung bei hoher Myopie
W. Haigis
ZusammenfassungEs wurde eine analytische Beziehung für den Zusammenhang zwischen Linsengeo
metrie – beschrieben durch die Lagen der Hauptebenen – und der effektiven IOLPosition sowie den damit verbundenen Linsenkonstanten abgeleitet. Da sich die Linsengeometrie beim Übergang zu negativen Brechwerten signifikant ändert, ist eine entsprechende Änderung in den IOLKonstanten notwendig. Plus und Minuslinsen müssen daher zwingend durch unterschiedliche IOLKonstanten charakterisiert werden, anderenfalls werden hyperope Refraktionsfehler erzeugt, die mit zunehmender Achslänge größer werden.
SummaryAn analytical relation was derived for the dependence between IOL geometry as given
by the principal planes’ positions and the effective lens position as well as the IOL constants connected to the latter. Since IOL geometry changes significantly at the transition to negative refractive powers it is necessary for lens constants to change accordingly. Plus and minus lenses, therefore, necessarily have to be characterized by different IOL constants, otherwise hyperopic refractive errors will be generated growing larger with increasing axial lengths.
EinleitungHohe Myopien sind in aller Regel mit langen Augen verbunden. Achslängen über
30 mm sind zwar vergleichsweise selten (1,2 % aller Augen, unveröffentlichte Daten), stellen aber besondere Anforderungen an Biometrie und die Berechnung intraokularer Linsen (IOL): So erschweren Staphylome und myope Fundusveränderungen die Ultraschallmessung der Augenlänge und können ein sicheres Messergebnis ganz verhindern [1]. Die optische Biometrie ist hier definitiv im Vorteil, mit zunehmender Achslänge jedoch durch ein schlechter werdendes SignalRauschVerhältnis beeinträchtigt.
In der Literatur finden sich übereinstimmend Berichte über postoperative hyperope Refraktionsabweichungen bei solchen Augen [2–4]. Tatsächlich wird die Berechnung der IOLStärke durch unterschiedliche Achsenlängenabhängigkeiten der verwendeten Formeln beeinflusst. Insbesondere aber ändert der notwendige IOLBrechwert bei Augenlängen von 31 bis 32 mm sein Vorzeichen und wird negativ. Die Berechnung der dafür nötigen Minuslinsen ist mit zusätzlichen spezifischen Problemen verbunden, die zu einer Erklärung der klinisch beobachteten hyperopen Abweichungen beitragen können. Hierauf wird im Folgenden eingegangen.
176 bIometrIe/VarIa
Material und MethodenBeim Übergang von einem positiven zu einem negativen Brechwert ändert eine Lin
se auf essenzielle Weise ihre Geometrie und damit ihre optische Wirkung. Die Form (bzw. der Formfaktor) hängen mit den Linsenkrümmungen zusammen, die auch die Lage der Hauptebenen bestimmen. Diese wiederum sind für die Berechnung eines scharfen Bildes und damit für die effektive IOLPosition von Bedeutung. Die effektive Linsenposition wird andererseits durch formeltypische IOLKonstanten beeinflusst. Somit besteht für eine gegebene Intraokularlinse ein Zusammenhang zwischen der Geometrie der Linse (über die Hauptebenenlage) und den Linsenkonstanten.
In einem ersten Schritt wurde dieser Zusammenhang durch Vergleich der IOLBerechnung in der Dicke und DünneLinsenNäherung analytisch hergeleitet. Anhand von Baudaten (freundlicherweise zur Verfügung gestellt durch Alcon Pharma GmbH, Freiburg) für die Alcon MA60MALinse wurde dieser Zusammenhang dann zur Konstruktion von unterschiedlich langen Modellaugen genutzt, für welche die Linsen des Lieferbereichs der MA60MAIOL (+5 bis –5 dpt) zu Emmetropie führten. Dabei wurde neben eigenen Computerprogrammen eine kommerzielle RaytracingSoftware (WinLens Plus, Version 1.1.5, Linos Photonics, Göttingen) eingesetzt. Die Modellaugen wiesen alle denselben typischen Vorderabschnitt eines langen Auges auf [5] (Hornhautradius 7,83 mm, Vorderkammertiefe [Hornhaut bis Linsenvorderfläche] 3,50 mm, Haptikposition 5,25 mm hinter der Hornhautvorderfläche) und unterschieden sich nur in der Achslänge (bzw. Glaskörperstrecke).
Für die HaigisFormel [6] wurde sodann berechnet, welche Konstante a0 (mit konstanten Werten für a1 = 0.4 und a2 = 0.1) bei den einzelnen Modellaugen zur korrekten EmmetropieIOL führte.
Schließlich wurden, für Plus wie für Minuslinsen, mittlere Konstanten a0 so bestimmt, dass damit die mittleren Abweichungen der berechneten Refraktionen von der Zielrefraktion (= Emmetropie) verschwanden.
ErgebnisseTheoretische Ergebnisse
Betrachtet man ein emmetropes pseudophakes Auge, bei dem die Hornhaut immer als dünne und die IOL einmal als dicke und einmal als dünne Linse betrachtet werden, so kann man folgenden Zusammenhang zeigen (Gleichung (4) in [7]):
(1)
Dabei bedeuten (vgl. Abb. 1): l: Achslänge, d: effektive Linsenposition, n: Brechungsindex von Kammerwasser und Glaskörper (1.336), DC: Hornhautbrechkraft, dCL: Abstand Hornhaut – Linsenvorderkante, SH: Abstand Linsenvorderkante – gegenstandseitige Hauptebene (H), SH’: Abstand Linsenvorderkante – bildseitige Hauptebene (H’).
177Haigis: IOL-Berechnung bei hoher Myopie
Vereinfachen der Gleichung (1) und Auflösen nach d ergibt eine quadratische Gleichung und damit den gesuchten Zusammenhang zwischen der effektiven Linsenposition d und den Hauptebenenlagen SH bzw. SH’.
Die effektive Linsenposition d ist andererseits mit den formelspezifischen IOLKonstanten verknüpft, zum Beispiel für die HaigisFormel [6] mit den Konstanten a0, a1, a2 gemäß
d = a0 + a1 · AC + a2 · AL (2)
(AC: präoperative Vorderkammertiefe, AL: präoperative Achslänge).Über die Gleichungen (1) und (2) hängen somit die Hauptebenenlagen mit den
IOLKonstanten zusammen.
d
n
DC DL
l
n
DC DL
dL
nLn nS H H‘
d
n
DC DL
l
n
DC DL
dL
nLn nS H H‘
l
dCL
Abb. 1: Dünne- und Dicke-Linsen-Darstellung eines emmetropen pseudophaken Auges zur Bestimmung des
Zusammenhangs zwischen effektiver Linsenposition d und Geometrie der Intraokularlinse, gegeben durch die
Hauptebenenabstände SH und SH’.
178 bIometrIe/VarIa
Setzt man die linke Seite von Gleichung (1) = 0, so erhält man sofort
(3)
für den Zusammenhang zwischen Achslänge l und Hornhautbrechkraft DC bei verschwindender IOLBrechkraft.
Je nach verwendeter IOLFormel (bzw. der darin verwendeten Definitionen von l und DC [8]) ergeben sich so verschiedene Kombinationen von Hornhautbrechwert und Achslänge, für welche die EmmetropieIOLBrechkraft = 0 ist. Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse für den bei den Modellaugen angenommenen Hornhautradius von 7.83 mm. Man erkennt, dass der Übergang von Plus zu Minuslinsen je nach IOLFormel bei Achslängen zwischen 31.0 und 31.6 mm erfolgt.
Ergebnisse für die Alcon MA60MAMithilfe der individuellen Baudaten wurden für die Linse Alcon MA60MA die
Positionen der Hauptebenen für Brechkräfte von +5, 0 und –5 dpt berechnet. Abbildung 2 zeigt dies in schematischer Darstellung.
Für alle Brechwerte des Lieferbereichs (+5 bis –5 dpt) sind in Abbildung 3 die effektiven Linsenpositionen d (vgl. Gleichung (1) und Abb. 1) mit den Hauptebenenlagen dCL + SH bzw. dCL + SH’ – bezogen auf die Hornhautvorderfläche – verglichen.
Für die gleichen Linsen gibt Abbildung 4 den Verlauf der Konstanten a0 der HaigisFormel wieder, die (bei jeweils konstanten Werten a1 = 0.4 und a2 = 0.1) bei den Modellaugen zu den korrekten Emmetropielinsenstärken führen.
Aus dem Vergleich der Abbildung 3 und 4 ist direkt ersichtlich, wie effektive Linsenposition, Hauptebenenlage und Linsenkonstante a0 demselben Verlauf folgen.
In der Praxis wird ein IOLTyp nicht durch individuelle Konstanten für jede IOLStärke charakterisiert, sondern durch einen mittleren oder optimierten Wert. Im Falle der Alcon MA60MA weicht der Mittelwert für die Pluslinsen ersichtlich von dem für die Minuslinsen ab (Abb. 4). Tatsächlich zeigt sich, dass für die verwendeten Modellaugen ein Wert von a0 = 2.77 für die Pluslinsen und a0 = –1.73 für die Minuslinsen jeweils zu einem Verschwinden des mittleren Vorhersagefehlers führt.
IOL-Formel Haigis HofferQ Holladay-1 SRK/T SRK II
AL [mm] 31.56 31.00 31.18 31.39 31.48
Tab. 1: Achsenlängen [mm], für die bei einem Hornhautradius von 7.83 mm nach verschiedenen IOL-Formeln
die Implantation einer planen Linse zu Emmetropie führt. Für SRK II wurde eine A-Konstante von 118.0 ange-
nommen.
179Haigis: IOL-Berechnung bei hoher Myopie
Abb. 2: Lage der Hauptebenen H und H’ für Intraokularlinsen vom Typ Alcon MA60MA bei Linsenstärken von +5,
0 und –5 dpt (aus Baudaten)
Abb. 3: Effektive Linsenposition d und Lage der Hauptebenen H und H’ für Modellaugen mit Intraokularlinsen
vom Typ Alcon MA60MA bei Emmetropielinsenstärken von +5 bis –5 dpt , bezogen auf den Hornhautscheitel
IOL-Brechwert [dpt]
−6 −4 −2 0 2 4 6
Abst
and
[mm
]
12
10
8
6
4
2
0
−2
−4
d dCL + SH dCL + SH’
180 bIometrIe/VarIa
Nun sind zwei Szenarien denkbar:1. Die optimierte Konstante der Pluslinsen (a0 = 2.77) wird generell, also für die
IOLBerechnung von Plus wie auch von Minuslinsen, eingesetzt.2. Pluslinsen und Minuslinsen werden jeweils mit den zutreffenden individuellen
Konstanten berechnet.Abbildung 5 zeigt das berechnete refraktive Ergebnis für verschiedene Achslän
gen bzw. IOLStärken für die beiden Fälle: Wird die Berechnung mit getrennten Konstanten vorgenommen, so bleibt die Abweichung von der Zielrefraktion (Emmetropie) bei allen Linsenstärken innerhalb von ca. ± 0,3 dpt. Verwendet man stattdessen die Konstante der Pluslinsen auch für die Minuslinsen (d. h. auch bei Achslängen >31.5 mm), so wird ein myoperes Ergebnis vorhergesagt als tatsächlich erreicht wird, was in der Praxis zu dem in der Literatur berichteten hyperopen Fehler führt [2–4].
Abb. 4: Konstanten a0 der Haigis-Formel (mit jeweils a1 = 0.4 und a2 = 0.1), die bei Modellaugen mit Intra-
okularlinsen vom Typ Alcon MA60MA die korrekten Emmetropielinsenstärken ergeben.
IOL-Brechwert [dpt]
−6 −4 −2 0 2 4 6
a0 [m
m]
8
6
4
2
0
−2
−4
−6
−8
181Haigis: IOL-Berechnung bei hoher Myopie
Literatur1. Curtin BJ, Karlin DB: Axial length measurements and fundus changes of the myopic eye. Am
J Ophth 1971;71(1):42–532. MacLaren RE, Sagoo MS, Restori M, Allan BD: Biometry accuracy using zero and negative
powered intraocular lenses. J Cataract Refract Surg 2005;31(2):280–903. Zaldivar R, Shultz MC, Davidorf JM, Holladay JT: Intraocular lens power calculations in
patients with extreme myopia. J Cataract Refract Surg 2000;26(5):668–6744. Tsang CS, Chong GS, Yiu EP, Ho CK: Intraocular lens power calculation formulas in Chinese
eyes with high axial myopia. J Cataract Refract Surg 2003;29(7):1358–13645. Haigis W: Einfluß der Optikform auf die individuelle Anpassung von Linsenkonstanten zur
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6. Haigis W, Lege B, Miller N, Schneider B: Comparison of immersion ultrasound biometry and partial coherence interferometry for intraocular lens calculation according to Haigis. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2000;238:765–773
7. Haigis W: Biometrie. In: Kampik A (Hrsg.): Jahrbuch der Augenheilkunde 1995: Optik und Refraktion. Zülpich: Biermann Verlag 1995;123–140
8. Haigis W: Matrixoptical representation of currently used intraocular lens power formulas. J Refract Surg 2009;25:229–234
Abb. 5: Refraktion Rx vs Achslänge AL für Modellaugen mit der Alcon MA60MA-Linse unter 2 verschiedenen
Bedingungen: 1: separate a0-Konstanten für Plus- und Minuslinsen verwendet; 2: a0-Konstante von Pluslinsen
für alle Linsen verwendet. Bei Achslängen <31.5 mm werden Pluslinsen benötigt, sonst Minuslinsen.
AL [mm]
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
−0.2
−0.4
−0.6
−0.8
−1.0
Rx [d
pt]
29 30 31 32 33 34 35
a0 einheitlich für ± IOLs a0 getrennt für ± IOLs
183
Power-Vektor-Analyse bei phaken und pseudophaken Patienten
A. Mannsfeld, A. Ehmer, M. P. Holzer, G. U. Auffarth
ZusammenfassungFragestellung: Subjektive und objektive Refraktionen weisen häufig Unterschiede auf.
Mit der PowerVektorAnalyse sollen phake und pseudophake Augen mit verschiedenen Intraokularlinsen und optischen Prinzipien bezüglich der Unterschiede zwischen der Autorefraktometermessung und der subjektiven Refraktion verglichen werden.
Methodik: Die Patienten dieser prospektiven nicht randomisierten klinischen Studie wurden in verschiedene Gruppen eingeteilt: G1: 47 phake Augen, G2: 47 pseudophake Augen mit monofokalen IOLs (AR40e, ZA9003 [AMO], Easycare 600 [t.MED], 570C [Rayner], SN60WF [Alcon]) und G3: pseudophake Augen mit multifokalen IOLs (39 Augen refraktive MIOL [ReZoom]; 36 Augen diffraktive MIOL [Tecnis ZM900, AMO]). Es wurden subjektive Refraktion und objektive Refraktion mittels Autorefraktometer (Nidek) mindestens zwei Monate postoperativ durchgeführt. Die Daten wurden mittels PowerVektorAnalyse verglichen.
Ergebnisse: Beim Vergleich der beiden Refraktionstypen zeigte sich in Augen mit monofokalen IOLs ein signifikanter Unterschied im sphärischen Äquivalent (SÄ) und im Jones Vektor J45 (p < 0,05, Wilcoxon). In der Gruppe der multifokalen Implantate zeigten sich gute Übereinstimmungen in der diffraktiven Linsengruppe, jedoch variierten die Daten für die refraktiven Multifokallinsen (SÄ, J0; p < 0,05; Wilcoxon).
Schlussfolgerungen: Phake Augen und Augen mit diffraktiven Multifokallinsen zeigten eine gute Übereinstimmung zwischen subjektiver und objektiver Refraktion. In der Gruppe der monofokalen Linsen sowie der refraktiven Linsen wurden höhere negative sphärische Werte mit einer objektiven Refraktion gemessen.
SummaryPurpose: Subjective and objective refractions often show variations. With PowerVector
Analysis phakic and pseudophakic eyes with different intraocular lenses and different optical principles can be compared.
Methods: The patients in this prospective nonrandomized study were divided into four different groups: group 1: 47 phakic eyes, group 2: 47 pseudophakic eyes with monofocal IOLs (AR40e, ZA9003 [AMO], Easycare 600 [t.MED], 570C [Rayner], SN60WF [Alcon]), group 3: pseudophakic eyes with refractive multifocal IOLs (39 eyes, ReZoom [AMO] and group 4: 36 eyes with diffractive MIOL [Tecnis ZM900, AMO]). Tested was subjective refraction and objective refraction with autorefractor (Nidek, CP 690 DIN/ISO [Oculus Optikgeräte GmbH]) minimum two months postoperatively. The dataset was evaluated by PowerVectorAnalysis.
Results: In comparison of both types of refraction there was a statistically significant difference in eyes with monofocal IOLs concerning the spherical equivalent and the Jones
184 bIometrIe/VarIa
Vector J45 (p <0.05; Wilcoxon). In group 1 (phakic eyes) and group 4 (diffractive MIOL) there were good agreements between both refractions. In eyes with refractive multifocal lenses (group 3) there was also a significantly difference (SE, J0; p <0.05; Wilcoxon).
Conclusion: Phakic eyes and eyes with diffractive multifocal IOLs were comparable regarding and objective refraction. In eyes with monofocal and refractive multifocal lenses higher spherical values were measured with objective refraction.
EinleitungEiner der wichtigsten Befunde im Klinikalltag sind der Visus und die Refraktion
eines Patienten. Diese werden oft durch Autorefraktometer bestimmt. Jedoch nimmt die Genauigkeit der Autorefraktometer in bestimmten Situationen ab, zum Beispiel bei Intraokularlinsen oder bei trüben Medien. So gibt es oft Unterschiede zwischen der subjektiven und der objektiven Refraktion. In vorliegender Studie wurden mithilfe der PowerVektorAnalyse phake und pseudophake Augen mit verschiedenen Intraokularlinsenmodellen bezüglich der subjektiven und objektiven Refraktionsergebnisse verglichen.
Material und Methode Es wurden insgesamt 169 Augen untersucht. Die Patienten wurden dabei in
folgende Gruppen unterteilt:
Gruppe 1: 47 phake AugenGruppe 2: 47 Augen mit monofokalen IOLs: AR40e, ZA9003 (AMO), Easycare 600
(T.MED), 570C (Rayner), SN60WF (Alcon)Gruppe 3: 39 Augen mit refraktiven multifokalen IOLs: ReZoom (AMO)Gruppe 4: 36 Augen mit diffraktiven multifokalen IOLs: Tecnis ZM 900 (AMO)
Die objektive Refraktion erfolgte mit dem Autorefraktometer Nidek AR660A, das nach dem Scheinerverfahren aufgebaut ist [1]. Bei pseudophaken Patienten wurde die Funktion „Intraokularlinsen“ eingeschaltet, dadurch werden störende Reflexe der IOL minimiert. Die subjektive Refraktion erfolgte mit Refraktionsgläsern und dem ChartProjektor Nidek CP 690 DIN/ISO (Oculus Optikgeräte GmbH).
Die Auswertung der Daten erfolgte mit der PowerVektorAnalyse. Üblicherweise wird eine Ametropie durch den sphärischen und zylindrischen Brechwert und der Achslage beschrieben. Die PowerVektorAnalyse ermöglicht eine andere Art der Beschreibung, dabei werden das sphärische Äquivalent und zwei Vektoren, die JonesVektoren, verwendet. Die JonesVektoren dienen zur Beschreibung des Astigmatismus und werden statt des Minuszylinders und der Achse verwendet. Der gemessene Zylinderwert wird in eine Komponente mit horizontalvertikaler Achslage J0 (0°/90°) und eine Komponente mit schräger Achslage J45 (45°/135°) zerlegt. Die übliche Kennzeichnung der Fehlsichtigkeit durch Sphäre, Zylinder und Achse ist äquivalent zu den PowerVektorKomponenten. Beide Darstellungen können in
185Mannsfeld et al.: Power-Vektor-Analyse bei phaken und pseudophaken Patienten
einander umgerechnet werden [2, 3]. Insgesamt wird der Refraktionsfehler durch den PowerVektor mit den drei Komponenten (SÄ, J0, J45) vollständig beschrieben (Tab. 1). Der Vorteil dieser Schreibweise ist, dass jeder der drei PowerVektorKomponenten unabhängig von den anderen ist [4].
Aus dem sphärischen Äquivalent und den Zylinderkomponenten lässt sich Vektor B berechnen. Dessen Länge ist ein Maß für die gesamte Unschärfe eines sphärozylindrischen Fehlers. Je größer der Betrag des Vektors desto größer die Unschärfe.
ErgebnisseBeim Vergleich der beiden Refraktionstypen zeigte sich in den Augen mit mo
nofokalen IOLs und mit refraktiven Multifokallinsen ein signifikanter Unterschied im sphärischen Äquivalent (Pmonofokale IOLs = 0,04; Prefraktive MIOL = 1,99E0,7; Wilcoxon). Bei phaken Augen und Augen mit diffraktiven Linsen war kein Unterschied im sphärischen Äquivalent zwischen subjektiver und objektiver Refraktion festzustellen (Tab. 2).
Phake Augen Monofokale IOLssubjektiv objektiv subjektiv objektiv
SÄ –1,82 ± 3,6 –1,93 ± 3,52 –0,24 ± 0,86 –0,44 ± 0,95
J0 –0,09 ± 0,43 –0,12 ± 0,55 –0,11 ± 0,52 –0,07 ± 0,69
J45 0,02 ± 0,45 –0,06 ± 0,49 0,07 ± 0,47 –0,04 ± 0,65
B 3,55 ± 1,96 0,63 ± 1,99 0,93 ± 0,65 1,25 ± 0,63
Refraktive MIOL Diffraktive MIOLsubjektiv objektiv subjektiv objektiv
SÄ –0,01 ± 0,49 –1,09 ± 0,83 0,51 ± 0,52 0,32 ± 0,83
J0 –0,17 ± 0,31 –0,34 ± 0,51 –0,05 ± 0,23 –0,13 ± 0,46
J45 –0,16 ± 0,24 –0,30 ± 0,53 –0,01 ± 0,22 –0,03 ± 0,36
B 0,55 ± 0,37 1,47 ± 0,66 0,70 ± 0,36 0,88 ± 0,58
Tab. 1: Darstellung der Power-Vektor-Ergebnisse, sphärisches Äquivalent, J0-Vektor, J45-Vektor und B-Vektor, in
den vier Patientengruppen
186 bIometrIe/VarIa
Betrachtet man die Zylinderdifferenzen, lag bei den phaken Augen der Unterschied zwischen den Zylinderwerten im Bereich von ± 0,5 dpt. Es gab einen statistisch signifikanten Unterschied bei J45 (P = 0,007; Wilcoxon), jedoch keinen Unterschied bei J0 (P = 0,680; Wilcoxon). Die Zylinderwerte der monofokalen IOLs zeigten keinen statistisch signifikanten Unterschied (J45 P = 0,664; J0 P = 0,276; Wilcoxon). Bei den refraktiven Multifokallinsen streuten die Zylinderwerte. J0 zeigte einen statistisch signifikanten Unterschied (P = 0,026; Wilcoxon), während es bei J45 keinen Unterschied gab (P = 0,061; Wilcoxon). Auch bei diffraktiven Linsen gab es bei J0
einen statistisch signifikanten Unterschied (P = 0,008; Wilcoxon) und keinen Unterschied bei J45 (P = 0,591; Wilcoxon).
Betrachtet man den BVektor, zeigte sich kein signifikanter Unterschied bei phaken Patienten und bei Patienten mit diffraktiver MIOL, das heißt, Autorefraktometermessung und subjektive Refraktion stimmten bei diesen beiden Patientengruppen gut überein. Bei monofokalen Intraokularlinsen gab es zwischen subjektivem und objektivem BVektor einen Unterschied von 0,32 dpt, was statistisch signifikant war (P = 1,968E05; Wilcoxon) (Abb. 1). Auch bei der ReZoom Multifokallinse gab es einen Unterschied zwischen subjektiver und objektiver Refraktion. Die Autorefraktometerwerte waren 0,92 dpt mehr negativ als vom Patienten subjektiv angenommen, was mit P = 4,580E07 (Wilcoxon) statistisch signifikant war (Abb. 2).
Sphärisches Äquivalent (dpt) P (Wilcoxon)
Phake Augen (subjektiv) –1,82 ± 3,6 0,422
Phake Augen (objektiv) –1,93 ± 3,52
Monofokale IOLs (subjektiv) –0,24 ± 0,86 0,040
Monofokale IOLs (objektiv) –0,44 ± 0,95
Refraktive MIOL (subjektiv) –0,01 ± 0,17 1,99E-07
Refraktive MIOL (objektiv) –1,09 ± 0,28
Diffraktive MIOL (subjektiv) 0,51 ± 0,17 0,12
Diffraktive MIOL (objektiv) 0,32 ± 0,27
Tab. 2: Vergleich des subjektiv und objektiv ermittelten sphärischen Äquivalentes in den vier Patientengrup-
pen. Es zeigte sich ein statistisch signifikanter Unterschied in der Gruppe der monofokalen Intraokularlinsen
sowie in der Gruppe der refraktiven Multifokallinsen.
187Mannsfeld et al.: Power-Vektor-Analyse bei phaken und pseudophaken Patienten
SchlussfolgerungInsgesamt lässt sich feststellen, dass phake Augen und Augen mit der Tecnis
ZM900 Multifokallinse eine gute Übereinstimmung zwischen subjektiver und objektiver Refraktion zeigten. Die geringen Abweichungen der Zylinder beeinflussten die Refraktion kaum, und die BVektoren stimmten gut überein. Insgesamt war die Autorefraktometermessung bei diesen Patientengruppen vertrauenswürdig.
Mitt
elw
ert B
-Vek
tor (
dpt)
2
1,5
1
0,5
0objektiv B monofokal subjektiv B monofokal
± Standardabweichung
Abb. 1: Unterschied des B-Vektors in der Gruppe der monofokalen Intraokularlinsen
± Standardabweichung
Mitt
elw
ert B
-Vek
tor (
dpt)
2,5
2
1,5
1
0,5
0
objektiv B ReZoom subjektiv B ReZoom
Abb. 2: Unterschied des B-Vektors in der Gruppe der refraktiven Multifokallinsen (ReZoom)
188 bIometrIe/VarIa
Bei monofokalen IOLs und refraktiven Multifokallinsen (ReZoom) gab es Unterschiede zwischen subjektiver und objektiver Refraktion. Die Messfehler des Autorefraktometers betrafen hauptsächlich die Sphäre, welche mehr negativ war als subjektiv vom Patienten benötigt. Die Fehler der Zylinder hatten nur einen geringen Einfluss.
Insgesamt sollten bei monofokalen Intraokularlinsen und refraktiven Multifokallinsen den Autorefraktometerwerten nicht grundsätzlich vertraut werden. Auch sollten die Autorefraktometermessungen nicht als Ersatz für die subjektive Refraktionsbestimmung angesehen werden, sondern eher als Startpunkt für die subjektive Refraktion.
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189
Berechnung der Intraokularlinsenstärke mit einem neuen Biometriegerät
T. M. Rabsilber, C. Jepsen, L. Hildebrandt, G. U. Auffarth, M. P. Holzer
ZusammenfassungFragestellung: Ist die Berechnung der Intraokularlinsenstärke mit einem neuen Bio
metriegerät vergleichbar mit den Ergebnissen der IOLMasterUntersuchung (Carl Zeiss Meditec AG)?
Methodik: Es wurden 100 Augen von 100 Kataraktpatienten (Durchschnittsalter: 70,0 ± 10,6 Jahre) in diese Studie eingeschlossen. Neben einer IOLMasterUntersuchung wurde die Biometrie mit einem neuen kontaktfreien Gerät gemessen (Lenstar LS 900, Haag Streit AG/Allegro Biograph, Wavelight AG), das Achsenlänge und Vorderkammertiefe mittels OLCRTechnologie bestimmt. Die AcrySofIntraokularlinse (Alcon) für Emmetropie wurde ausgewählt und die Linsenstärke mittels vier verschiedener Formeln unter Verwendung gleicher Konstanten berechnet.
Ergebnisse: Die mittlere IOLStärke betrug 20,9 ± 3,4 dpt (SRK II), 20,9 ± 4,0 dpt (SRK/T), 20,8 ± 4,2 dpt (Holladay) und 20,8 ± 4,3 dpt (Haigis), berechnet mit dem neuen Biometer im Vergleich zu 20,9 ± 3,3 dpt (SRK II), 20,8 ± 4,0 dpt (SRK/T), 20,7 ± 4,1 dpt (Holladay I) und 20,7 ± 4,2 dpt (Haigis) mit dem IOLMaster.
Schlussfolgerung: Das neue Biometriegerät ermöglicht eine genaue und valide Berechnung der Intraokularlinsenstärke.
SummaryPurpose: To investigate intraocular lens (IOL) power calculation using a new biometry
measuring device and compare the results to measurements performed with the IOLMaster (Carl Zeiss Meditec AG).
Methods: Biometry measurements of 100 eyes of 100 cataract patients (mean patient age: 70.0 ± 10.6 years) were performed with a new noncontact optical coherence biometry measuring device (Lenstar LS 900, Haag Streit AG/Allegro Biograph, Wavelight AG) and the IOLMaster. The AcrySof IOL was chosen to compare lens power calculation using four formulas with corresponding IOL constants. Emmetropia was targeted.
Results: Mean IOL power was 20.9 ± 3.4 D (SRK II), 20.9 ± 4.0 D (SRK/T), 20.8 ± 4.2 D (Holladay) and 20.8 ± 4.3 D (Haigis) using the novel biometer compared to 20.9 ± 3.3 D (SRK II), 20.8 ± 4.0 D (SRK/T), 20.7 ± 4.1 D (Holladay I) and 20.7 ± 4.2 D (Haigis) using IOLMaster.
Conclusion: The new biometry measuring device revealed precise and valid data when compared to the IOLMaster and can be used for patient work up of cataract as well as refractive surgery patients.
190 bIometrIe/VarIa
EinleitungDie Berechung der Intraokularlinse (IOL) ist ein wichtiger Bestandteil der prä
operativen Vorbereitung von Kataraktpatienten bzw. vor einem refraktiven Linsenaustausch. Generell wurden verschiedene Methoden und Berechungsformeln hierfür entwickelt [1–9]. Für die Kalkulation müssen zunächst bestimmte Parameter evaluiert werden. Neben der Augenlänge (AL) und den Hornhautradien (R1 + R2) wird die Vorderkammertiefe (VKT) zusammen mit Konstanten, durch die die postoperativ zu erwartende IOLPosition berücksichtigt wird, für bestimmte Formeln benötigt.
Nachdem die Biometrie vor 1999 überwiegend mit Ultraschall durchgeführt wurde, steht seit etwa zehn Jahren mit dem IOLMaster (Carl Zeiss Meditec AG, Jena, Deutschland) ein Gerät zur Verfügung, das die Achsenlänge mittels Laserinterferenz misst, wodurch der Vorgang nicht nur für den Patienten, sondern auch für den Untersucher deutlich vereinfacht wurde. Das Gerät gilt als Goldstandard für die Biometrie [7, 10, 11].
Im Jahr 2008 wurde nun ein weiteres Gerät vorgestellt, das mittels der OpticallowcoherencereflectometryTechnologie (OLCR) neben der Achsenlänge auch Vorderkammertiefe, Hornhaut, Linsen und Netzhautdicke evaluiert. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Hornhautradien, Hornhautdurchmesser (WhitetoWhite) sowie die Pupillengröße zu bestimmen. Das Gerät wird von zwei Firmen angeboten: Lenstar LS 900 (Haag Streit AG, Koeniz, Schweiz) bzw. Allegro Biograph (Wavelight AG, Erlangen, Deutschland) [12, 13].
Ziel der klinischen Untersuchung ist es, die Berechnung der Intraokularlinsenstärke mit diesem neuen Biometriegerät mit den Ergebnissen der IOLMasterUntersuchung zu vergleichen.
Patienten und MethodenDie Studie wurde am International Vision Correction Research Centre (IVCRC)
der UniversitätsAugenklinik Heidelberg durchgeführt, nachdem ein positives Votum der Ethikkommission vorlag. Es wurden 100 Augen von 100 Kataraktpatienten (Durchschnittsalter: 70,0 ± 10,6 Jahre) in diese Studie eingeschlossen. Nach einer IOLMasterUntersuchung wurde die Biometrie mit dem neuen kontaktfreien Gerät analysiert. Die Anzahl der Messungen wurde nach Herstellerempfehlung durchgeführt: Fünf AL und VKTMessungen sowie drei Keratometriebestimmungen mit dem IOLMaster wurden mit fünf Messungen des LenstarGerätes verglichen, das alle Parameter in einem Schritt ermittelt. Die AcrySof MA60AC IOL (Alcon Laboratories, Inc., Fort Worth, Texas, USA) für Emmetropie wurde ausgewählt und die Linsenstärke mittels vier verschiedener Formeln unter Verwendung gleicher Konstanten berechnet: SRK II, SRK/T, Holladay I und Haigis.
Des Weiteren berechneten wir Korrelationskoeffizienten sowie BlandAltmanPlots, um die Vergleichbarkeit der Geräte weiter zu analysieren. Die statistische Auswertung erfolgte mit dem WilcoxonTest, und ein pWert kleiner als 0,01 wurde als signifikant angesehen.
191Rabsilber et al.: Berechnung der Intraokularlinsenstärke mit einem neuen Biometriegerät
ErgebnissePräoperativ lag die mittlere Sphäre bei 0,16 ± 2,94 dpt (Bereich –9,75 bis +5,50 dpt)
und der Zylinder bei –0,85 ± 0,73 dpt (Bereich –3,75 bis 0 dpt) im Durchschnitt.Tabelle 1 zeigt Mittelwerte, Standardabweichung sowie den Bereich der einzelnen
Biometrieparameter. Folgende mittlere Differenzen zwischen den beiden Geräten wurde berechnet: 0,00 ± 0,08 mm (AL), 0,01 ± 0,04 mm (R1), 0,02 ± 0,05 mm (R2) und 0,05 ± 0,11 mm (VKT). Die Unterschiede bezüglich R2 und VKT waren statistisch signifikant (p <0,01, WilcoxonTest).
Die mittlere IOLStärke betrug 20,9 ± 3,4 dpt (SRK II), 20,9 ± 4,0 dpt (SRK/T), 20,8 ± 4,2 dpt (Holladay I) und 20,8 ± 4,3 dpt (Haigis) berechnet mit dem neuen Biometer im Vergleich zu 20,9 ± 3,3 dpt (SRK II), 20,8 ± 4,0 dpt (SRK/T), 20,7 ± 4,1 dpt (Holladay I) und 20,7 ± 4,2 dpt (Haigis) mit dem IOLMaster.
Daraus ergibt sich eine mittlere Differenz zwischen den beiden Geräten von 0,05 ± 0,30 dpt (SRK II; von –1,58 bis 1,13 dpt), 0,05 ± 0,37 dpt (SRK/T; von –2,14 bis 1,31 dpt), 0,07 ± 0,40 dpt (Holladay I; von –2,27 bis 1,43 dpt) sowie 0,08 ± 0,44 dpt (Haigis; von –2,41 bis 1,68 dpt). Diese Unterschiede waren für keine der Formeln statistisch signifikant (p >0,01; WilcoxonTest).
Die Korrelationskoeffizienten belegen die sehr gute Vergleichbarkeit der Geräte: AL = 0.998, R1 = 0.990 und R2 = 0.984. Der Wert für die VKTMessungen war ebenfalls sehr gut, aber etwas geringer als für die AL und die Hornhautradien: VKT = 0.962. Die BlandAltmanPlots (Abb. 1 bis 4) zeigen für die vier Formeln nur eine geringe Anzahl von Ausreißern und bestätigen die gute Vergleichbarkeit der Geräte.
Lenstar/Biograph IOLMaster Differenz
AL [mm] 23,55 ± 1,38(21,48 bis 28,52)
23,54 ± 1,37(21,48 bis 28,53)
0,00 ± 0,08(–0,08 bis 0,64)
R1 [mm] 7,77 ± 0,30(6,99 bis 8,75)
7,76 ± 0,30(7,00 bis 8,68)
0,01 ± 0,04(–0,10 bis 0,20)
R2 [mm] 7,61 ± 0,31*(6,88 bis 8,71)
7,59 ± 0,30*(6,86 bis 8,66)
0,02 ± 0,05(–0,12 bis 0,32)
VKT [mm] 3,09 ± 0,40*(2,19 bis 4,00)
3,04 ± 0,40*(2,20 bis 3,89)
0,05 ± 0,11(–0,23 bis 0,31)
Tab. 1: Vergleich der Parameter: Lenstar/Biograph vs. IOLMaster [Mittelwert ± Standardabweichung (Bereich)].
* statistisch signifikanter Unterschied (p < 0,01, Wilcoxon-Test)
192 bIometrIe/VarIa
Abb. 2: Bland-Altman-Plot: SRK/T-Formel
1,5
1,0
0,5
0,0
−0,5
−1,0
−1,5
−2,0
−2,5
SRK_
T-IO
LMas
ter_
SRK_
T
5 10 15 20 25 30 35
AVERAGE of SRK_T and IOLMaster_SRK_T
+1.96 SD
0,77
Mean
0,05
–1.96 SD
–0,67
Abb. 1: Bland-Altman-Plot: SRK-II-Formel
5 10 15 20 25 30
AVERAGE of SRKII and IOLMaster_SRKII
SRKI
I-IO
LMas
ter_
SRKI
I1,5
1,0
0,5
0,0
−0,5
−1,0
−1,5
−2,0
+1.96 SD
0,63
Mean
0,05
–1.96 SD
–0,53
193Rabsilber et al.: Berechnung der Intraokularlinsenstärke mit einem neuen Biometriegerät
Abb. 3: Bland-Altman-Plot: Holladay-I-Formel
5 10 15 20 25 30 35
AVERAGE of Holladay and IOLMaster_Holladay
Holla
day-
IOLM
aste
r_Ho
llada
y
1,5
1,0
0,5
0,0
−0,5
−1,0
−1,5
−2,0
−2,5
+1.96 SD
0,84
Mean
0,07
–1.96 SD
–0,71
Abb. 4: Bland-Altman-Plot: Haigis-Formel
5 10 15 20 25 30 35
AVERAGE of Haigis and IOLMaster_Haigis
Haig
is-IO
LMas
ter_
Haig
is
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
−0,5
−1,0
−1,5
−2,0
−2,5
+1.96 SD
0,93
Mean
0,08
–1.96 SD
–0,78
194 bIometrIe/VarIa
SchlussfolgerungBisher gibt es nur wenige Veröffentlichungen über das neue Biometriegerät Lenstar/
Biograph. Holzer et al. verglichen die Ergebnisse von 200 phaken gesunden Augen ohne Linsentrübung, die mit dem IOLMaster und dem Lenstar gemessen wurden [12]. Auch sie fanden eine gute Korrelation der beiden Systeme bezogen auf Achsenlänge (R = 0.9992) und Keratometrie (K1: R = 0.9957; K2: R = 0.9929). Die Vorderkammertiefenmessungen zeigten jedoch auch in dieser Studie eine etwas größere Streuung (R = 0.9297). Eine mögliche Erklärung hierfür könnte die unterschiedliche Messmethode der beiden Geräte sein: Der IOLMaster ermittelt die VKT durch eine seitliche Spaltbeleuchtung, wohingegen der Lenstar diesen Wert mit OLCRTechnologie analysiert.
Eine weitere Publikation von Buckhurst und Koautoren unterstützt diese Ergebnisse [13]. Die Autoren untersuchten 112 Kataraktpatienten mit dem Lenstar/Biograph und dem IOLMaster. Der Hornhautdurchmesser sowie die radien zeigten vergleichbare Werte. Auch wenn die AL und die VKTWerte signifikant größer waren, betonen die Autoren, dass dieser Unterschied klinisch jedoch nicht signifikant sei. Interessanterweise haben beide Geräte in 9 bis 10 % der Patienten bei getrübten Medien Schwierigkeiten, die Achsenlänge zu messen.
Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass das neue Biometriegerät eine genaue und valide Berechnung der Intraokularlinsenstärke mit einer mittleren Differenz zwischen 0,05 und 0,08 dpt im Vergleich zum IOLMaster ermöglicht.
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197
Hornhautbrechwertbestimmung nach LASIK mit der Pentacam
W. Haigis, B. M. Lege
ZusammenfassungRadienmessungen mit der Pentacam vor und nach LASIK für Myopie ergaben keine
signifikanten Änderungen des kornealen Hinterradius. Die gemessenen Rückradien waren steiler, als sie dem GullstrandAuge entsprechen, was den Unterschied zwischen der klassisch aus dem Vorderradius berechneten Hornhautbrechkraft und dem aus Messdaten in Gauss’scher Optik berechneten Wert erklärt. Ungeklärt ist der signifikante Unterschied von ca. 0.25 dpt in der Hornhautbrechkraft nach LASIK zwischen dem PentacamMesswert und dem aus der Refraktionsmethode abgeleiteten Wert.
SummaryMeasurements of the corneal radii with the Oculus Pentacam showed no significant
changes in the posterior corneal radius before and after LASIK for myopia. The measured posterior radii were steeper than expected from the Gullstrand eye which explains the difference between the corneal power classically derived from the anterior radius and the value calculated in Gaussian optics from the measured data. The origin of a ≈0.25 dpt difference between the corneal power from Pentacam measurements and the value obtained from the refractive history method is not yet clear.
EinleitungDie Oculus Pentacam benutzt eine rotierende ScheimpflugKamera zur kontakt
losen Erfassung biometrischer Daten des okulären Vorderabschnitts. Sie erlaubt neben der Pachymetrie unter anderem auch die Messung des vorderen und hinteren kornealen Krümmungsradius. Damit ist es prinzipiell möglich, die Hornhautbrechkraft direkt aus Messwerten abzuleiten. Dies ist von besonderem Interesse bei der Bestimmung des nach einem refraktiven Eingriff wirksamen Hornhautbrechwerts.
Im Folgenden werden die mit einer Pentacam erhaltenen Resultate an Augen vor und nach refraktiver Laserchirurgie mit Ergebnissen der als Goldstandard geltenden Refraktionsmethode [1, 2] verglichen.
Material und MethodenAn 92 Augen von 46 Patienten zur LASIK bei Myopie wurden vor und drei Monate
nach dem refraktiven Eingriff Messungen mit der Pentacam sowie eine subjektive Refraktionsbestimmung durchgeführt. Die 18 männlichen und 28 weiblichen Patienten waren zwischen 21,1 und 55,0 Jahren alt (Median: 37,6 Jahre).
198 bIometrIe/VarIa
Die PentacamMessungen umfassten die Bestimmung der zentralen Hornhautdicke und der steilen und flachen anterioren und posterioren kornealen Krümmungsradien. Daraus wurde in einem ersten Schritt der mittlere anteriore (Ra) und der mittlere posteriore (Rp) Hornhautradius berechnet. Im weiteren Verlauf wurde aus den Messdaten der korneale Gesamtbrechwert vor und nach LASIK klassisch sowie in Gauss’scher Optik hergeleitet und mit dem Resultat aus der Refraktionsmethode verglichen.
Klassische Brechwertbestimmung aus dem VorderradiusDie klassische Bestimmung des Gesamtbrechwerts der Hornhaut DC aus dem Vor
derradius Ra erfolgt gemäß (vgl. z. B. [3])
(1).
Brechwertberechnung mit Pentacam-DatenMit der kornealen Mittendicke d, dem mittleren Vorderradius Ra und dem
mittleren Hinterradius Rp ergibt sich der Gesamtbrechwert der Hornhaut DC12 in Gauss’scher Optik zu
, (2)
wobei die Brechungsindices für Luft (1.000), Hornhaut (1.376) und Kammerwasser/Glaskörper (1.336) verwendet wurden.
Brechwertbestimmung nach der RefraktionsmethodeBei der Refraktionsmethode wird die durch den refraktiven Eingriff erreichte Re
fraktionsänderung auf die Hornhautebene zurückgerechnet (Vertexkorrektur) und von der vor dem Eingriff bestehenden Hornhautbrechkraft Kpr abgezogen. Die aktuell wirksame Hornhautbrechkraft DCrhist ergibt sich somit aus der Refraktion Rxpr vor und der stabilen Refraktion Rxpo nach dem refraktiven Eingriff zu
, (3)
wobei ein Hornhautscheitelabstand von 12 mm angenommen wurde. Die präoperative Hornhautbrechkraft Kpr kann auf verschiedene Weise berechnet werden (z. B. nach Gleichung (1) oder Gleichung (2)).
199Haigis, Lege: Hornhautbrechwertbestimmung nach LASIK mit der Pentacam
ErgebnisseHornhautradien vor und nach LASIK
Der mittlere korneale Vorderradius betrug 7.84 ± 0.26 mm vor und 8.50 ± 0.41 mm nach dem refraktiven Eingriff. Die Werte für den Hinterradius waren 6.48 ± 0.28 mm (prä) und 6.46 ± 0.29 mm (post) und zeigten keinen signifikanten Unterschied (p = 0.079). Das Verhältnis von Hinter zu Vorderradius Rp /Ra verkleinerte sich durch den Eingriff von 0.827 ± 0.020 auf 0.761 ± 0.034. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Abbildung 1 zeigt den Zusammenhang zwischen Hinter und Vorderradius der Hornhaut. Mit eingezeichnet ist der Verlauf, wie er sich ergeben würde, wenn die vermessenen Augen dem Radienverhältnis (0.883) des GullstrandAuges [4] genügen würden. Dies ist ersichtlich nicht der Fall: das gemessene Radienverhältnis ist kleiner (0.827 ± 0.020). Ähnliche Ergebnisse (0.81 ± 0.02) erhielten in jüngerer Zeit Dubbelman et al. [5] aus korrigierten ScheimpflugFotografien.
vor LASIK nach LASIK
mittl. ant. HH-Radius Ra [mm] 7.84 ± 0.26 8.50 ± 0.41
mittl. post. HH-Radius Rp [mm] 6.48 ± 0.28 6.46 ± 0.29
Rp/Ra 0.827 ± 0.020 0.761 ± 0.034
Tab. 1: Mittlere vordere (Ra) und hintere (Rp) Hornhautradien mit der Pentacam vor und nach LASIK
Abb. 1: Zusammenhang zwischen kornealem Hinter- (Rp pr) und Vorderradius (Ra pr) vor LASIK. Gestrichelte
Linie: Verlauf mit Radienverhältnis (0.883) wie beim Gullstrand-Auge.
Rp p
r [m
m] P
enta
cam
8.0
7.5
7.0
6.5
6.0
5.5
5.0 7.0 7.5 8.0 8.5
Ra pr [mm] Pentacam
y = 0.894x – 0.530R2 = 0.702
200 bIometrIe/VarIa
In Abbildung 2 ist der Zusammenhang zwischen dem hinteren Hornhautradius vor und nach LASIK dargestellt. Mit einem Korrelationskoeffizient von R = 0.96 ist die Korrelation sehr gut; Die Mittelwerte der posterioren Hornhautradien vor und nach dem refraktiven Eingriff unterschieden sich um 0.02 ± 0.08 mm (p = 0.079) bei einem Median von 0.01 mm. Die refraktive Laserchirurgie hat die hintere Hornhautkrümmung offensichtlich nicht verändert. Dies entspricht der allgemeinen Wahrnehmung [6], obwohl in der Literatur auch gegensätzliche Befunde [7] zu finden sind.
Hornhautbrechwerte vor und nach LASIKDie Ergebnisse für die nach den verschiedenen Methoden vor und nach LASIK
berechneten Hornhautbrechwerte sind in Tabelle 2 zusammengestellt und in Abbildung 3 als Boxplots dargestellt.
vor LASIK nach LASIK
HH-Brechw. DC aus Ra [dpt] 42.35 ± 1.410.38 ± 0.14
39.08 ± 1.90 –
HH-Brechw. DC12 aus Gauss-Optik [dpt] 41.97 ± 1.39 38.22 ± 2.030.24 ± 0.48HH-Brechw. DChist aus Refr.meth. [dpt] 1) – – 37.91 ± 2.11
Tab. 2: Vergleich der nach verschiedenen Methoden berechneten Hornhautbrechwerte vor und nach LASIK.
Berechnung von DC nach Gleichung (1), DC12 nach Gleichung (2), DCrhist nach Gleichung (3), wobei Kpr = DC12pr . 1) alle n = 92, nur bei DCrhist n = 89. Alle Hornhautbrechwerte sind signifikant voneinander verschieden.
Abb. 2: Zusammenhang zwischen kornealem Hinterradius vor (Rp pr) und nach (Rp po) LASIK
y = 0.991x + 0.045R2 = 0.918
Rp p
o [m
m] P
enta
cam
7.67.47.27.06.86.66.46.26.05.85.6
5.6 5.8 6.0 6.2 6.4 6.6 6.8 7.0 7.2 7.4 7.6
Rp pr [mm] Pentacam
201Haigis, Lege: Hornhautbrechwertbestimmung nach LASIK mit der Pentacam
Die präoperative Gesamtbrechkraft DC12 (41.97 ± 1.39 dpt) aus den PentacamMessdaten unterschied sich im Mittel um 0.38 ± 0.14 dpt signifikant (p <0.001) von dem klassisch aus dem Vorderradius bestimmten Wert DC (42.35 ± 1.41 dpt). Ebenfalls bestand zwischen der Gesamtbrechkraft DC12 (38.22 ± 2.03 dpt) aus den postoperativen PentacamDaten und dem Wert DCrhist aus der Refraktionsmethode (37.91 ± 2.11 dpt) ein signifikanter Unterschied (p <0.001) von durchschnittlich 0.24 ± 0.48 dpt. Schließlich unterschied sich der klassisch aus dem postoperativen Vorderradius bestimmte Hornhautbrechwert DC (39.08 ± 1.90 dpt) ebenfalls signifikant von den anderen Werten.
Dass die klassisch allein aus dem Vorderradius bestimmte Hornhautbrechkraft DC mit postoperativen Radien falsche Werte liefert, liegt an dem durch den Eingriff veränderten Radienverhältnis und ist als Keratometerindexfehler [8] in der IOLBerechnung nach refraktiver Chirurgie bekannt. Der Unterschied zwischen dem entsprechend bestimmten Hornhautbrechwert DC aus dem präoperativen Radius und dem PentacamWert DC12 in Gauss’scher Optik erklärt sich daraus, dass die Messungen ein vom GullstrandAuge abweichendes Radienverhältnis ergeben hatten. Das Vorliegen eines GullstrandVerhältnis ist aber Voraussetzung dafür, dass
Abb. 3: Nach verschiedenen Methoden berechnete Hornhautbrechwerte vor (pr) und nach (po) LASIK.
DC = DC nach Gleichung (1); DC12 = DC12 nach Gleichung (2), DCrhist = DCrhist nach Gleichung (3). Alle Hornhaut-
brechwerte sind signifikant voneinander verschieden.
prDC12 prDC poDC DC12 DCrhist
Horn
haut
brec
hwer
t [dp
t]
46
45
44
43
42
41
40
39
38
37
36
35
34
33
202 bIometrIe/VarIa
DC = DC12, das heißt, dass eine Berechnung nach Gleichung (1) näherungsweise die Hornhautgesamtbrechkraft nach Gleichung (2) liefert (vgl. [3]).
Die Pentacambasierte Berechnung DC12 mit postoperativen Messwerten kommt dem Referenzergebnis DCrhist aus der Refraktionsmethode am nächsten, allerdings mit einer signifikanten Abweichung von 0.24 ± 0.48 dpt. Ein Grund hierfür ist momentan nicht bekannt. Eine Diskrepanz von ≈0.25 dpt ist zwar klinisch nicht von (sehr) großer Bedeutung, bedarf aber weiterer Klärung.
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203
Zusammenfassung3.046 Datensätze mit Refraktions, Biometrie und Linsendaten nach KataraktOP wur
den aufgearbeitet. Alle Biometrien wurden mit dem Zeiss IOLMaster durchgeführt. Die Differenz zwischen vorhergesagter Refraktion (Haigis) und tatsächlich erreichter wurde als Vorhersagefehler untersucht. Die Resultate werden mit denen der zwei gängigsten „Dünne LinsenFormeln“ (Holladay und SRK/T) sowie dem RaytracingProgramm Okulix verglichen.
Die vier meistimplantierten Linsenmodelle waren AMO Clariflex (n = 394) und Sensar (n = 464), Alcon SA60AT (n = 987) und Dr. Schmidt MS612 (n = 964). Die Vorhersagepräzision nach IOLMasterBiometrie und Berechnung nach Haigis zeigte sich mit einem mittleren absoluten Vorhersagefehler von 0,41 dpt als sehr gut, vorausgesetzt, alle drei Konstanten wurden anhand einer großen Fallzahl optimiert. Dies ist dank der ULIB Datenbank für viele gängige Linsen gegeben. Durch Hinzunahme weiterer Parameter in die Regressionsgleichung für die postoperative Linsenposition kann das Ergebnis für einige Linsentypen leicht verbessert werden. RaytracingSoftware liefert ebenfalls sehr gute Ergebnisse ohne vorherige Anpassung.
Summary3046 data sets with refraction, biometry and intraocular lens data post cataract surgery
were reviewed. All biometries were carried out with the Zeiss IOLMaster. The difference between predicted and achieved refraction was examined. The results were compared with the two most popular “thinlensformulas” (Holladay and SRK/T) as well as the ray tracing software Okulix.
The four most frequently used IOL models were AMO Clariflex (n = 394) and Sensar (n = 464), Alcon SA60AT (n = 987) and Dr. Schmidt MS612 (n = 964). The refractive predictability with IOLMaster biometry and calculation according to Haigis proved to be excellent with a mean absolute prediction error of 0.41 D, given that all three constants have been optimized using a large collective. This is possible for many IOL models thanks to the ULIB database. By using additional parameters for the regression equation for postoperative lens position, results can be improved slightly further for some IOL models. Raytracing software also gives very good results without prior adaption of constants.
Ergebnisse und Optimierung der IOL-Berechnung bei 3.046 Augen
P. C. Hoffmann
204 bIometrIe/VarIa
EinleitungDie postoperative Refraktion nach KataraktOP ist heute ein entscheidendes Krite
rium für die Qualität der Operation, die Zufriedenheit des Patienten und die Reputation des Operateurs. Durch die Einführung eines kommerziell erhältlichen Gerätes zur optischen Messung der Achsenlänge [1, 2] konnten die Ergebnisse signifikant verbessert werden. In vielen Operationszentren gehört die Biometrie mit dem Zeiss IOLMaster heute zum Routineprogramm. Durch die für alle Benutzer vergleichbare Messumgebung können für verschiedene populäre IOLBerechnungsformeln die notwendigen „Konstanten“, die linsenspezifische Eigenschaften beschreiben sollen, einer im Internet veröffentlichten Datenbank [3] entnommen werden. Da wir bereits seit Anfang 2000 mit dem Gerät arbeiten, haben wir kontinuierlich bei einem Teil unserer Patienten die postoperativen Refraktionsergebnisse erfasst und diese sowohl der ULIB [3] zur Verfügung gestellt als auch selbst unseren hauseigenen Formelparametern angepasst.
In dieser Arbeit beschreiben wir die Aufarbeitung von 3.046 Refraktionsergebnissen, Biometrie und Linsendaten nach KataraktOP zur Ergebnisoptimierung.
Patienten und MethodenPatienten und Messumgebung
Präoperativ wurde mit dem Zeiss IOLMaster (Software V3) Achsenlänge, Hornhautbrechkraft, Vorderkammertiefe und horizontaler Hornhautdurchmesser optisch vermessen. Zur Bestimmung der Linsenbrechkraft wurde routinemäßig die Berechnungsformel nach Haigis [4] benutzt. Dabei wurden die zum Messzeitpunkt in der ULIBDatenbank veröffentlichten Konstanten a0, a1, a2 verwendet, zu deren Optimierung wir auch selbst kontinuierlich Daten eingesandt haben. Die Biometrien fanden in den Jahren 2004 bis 2006 statt. Die Patienten waren zum Zeitpunkt der Biometrie im Median 74 Jahre alt.
ChirurgieAlle Operationen wurden von zwei verschiedenen Chirurgen mittels Phako
emulsifikation mit Schnittbreiten von 3,0 mm als posteriorlimbale, vorgeritzte Stichinzision (Standard) und zum Teil auch als koaxiale Mikrophako mit 2,5 oder 2,2 mm Schnittbreite oder in einigen Fällen mit korneoskleraler Inzision von 3,75 mm Breite — für Pinzettenimplantation — durchgeführt. Es wurde darauf geachtet, den Schnitt nicht in den flachen Hornhautmeridian zu legen, wenngleich wir aus früheren Untersuchungen zu torischen Linsen wissen, dass der Einfluss dieser Inzisionen auf die Hornhautbrechkraft sehr gering ist. In allen Fällen kam eine Geuder Megatron S3 zum Einsatz mit 15°Megatip (Standard) bzw. MiniMegatip mit 0,9 und 0,8 mm Durchmesser für die Mikroinzisionen.
Berechnungen und StatistikZwei bis drei Monate postoperativ wurde die subjektive Refraktion bestimmt und
zusammen mit den Linsendaten in einer Datenbank festgehalten. Die Refraktionen wurden von sechs verschiedenen Untersuchern in drei verschiedenen Praxen er
205Hoffmann: Ergebnisse und Optimierung der IOL-Berechnung bei 3.046 Augen
hoben. Patienten mit einem Visus <0,5 wurden ausgeschlossen. 15 verschiedene IOLTypen kamen insgesamt zum Einsatz. Aus Gründen der Vereinfachung betrachten wir im Folgenden nur diejenigen Typen, die in großen Stückzahlen implantiert wurden. Dies sind die Typen AR40e (n = 464) und Clariflex (n = 394) der Firma AMO, die Dr. Schmidt MS612 bzw. MS612Y (n = 924) sowie die Alcon SA60AT bzw. SN60AT (n = 987).
In einer Rechentabelle (Excel) wurde für jeden Datensatz berechnet, welche Brillenrefraktion (HSA = 14 mm) bei den gegebenen Biometriedaten und der implantierten Linse laut verwendeter IOLFormel — aufgelöst nach der Refraktion — hätte herauskommen müssen. Die Differenz zwischen theoretisch vorhergesagter Refraktion und tatsächlich erreichter wurde als Vorhersagefehler bezeichnet. Untersucht wurde die von uns routinemäßig verwendete Berechnung nach Haigis [4] sowie die besonders populären Berechnungen SRK/T [5] und Holladay [6]. Die seit mindestens 1990 obsoleten [5] reinen Regressionsformeln SRK und SRK II haben wir nicht berücksichtigt. Zusätzlich bezogen wir die Ergebnisse des RaytracingProgramms Okulix [7] mit ein, dessen Autor freundlicherweise unsere Datensätze damit durchrechnete und uns die Ergebnisse zur Verfügung stellte.
ErgebnisseBiometrie
Die Achsenlänge der operierten Augen betrug 23,32 ± 1,18 (min. 19,71 max. 29,94) mm. Der mittlere Hornhautradius war 7,68 ± 0,27 mm. Die Vorderkammertiefe wurde mit 3,07 ± 0,43 mm gemessen, der Hornhautdurchmesser (WZW) mit 11,82 ± 0,40 mm. Die mittlere implantierte IOLBrechkraft war 21,83 ± 3,26 (min. 7,5 max. 33,0) dpt. Abbildung 1 zeigt die Häufigkeitsverteilung.
Vorhersagefehler nach LinsentypDer mittlere absolute Vorhersagefehler für alle Linsen mit der von uns routine
mäßig verwendeten Berechnung (HaigisFormel, angepasste Parameter) betrug 0,41 dpt. Der Berechnungsfehler war bei 70 % aller Augen <0,5, bei 93 % <1 dpt. Die Verteilung als Punktwolke zeigt Abbildung 2.
In Tabelle 1 sind die absoluten Vorhersagefehler für die vier häufigsten Linsentypen dargestellt. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Berechnungsmodi sind gering und klinisch nicht relevant. Betrachtet man nur die Linsenbrechkräfte von +20 bis +25 dpt, um Selektionseinflüsse auszuschließen, zeigt die MS612 tendenziell die beste Vorhersagbarkeit; wird die Berechnung nach Haigis oder mit Okulix durchgeführt, ist dies auch statistisch signifikant (tTest, P < 0,05).
Vorhersagefehler nach ParametrierungIn der modifizierten Form der HaigisFormel wurde die Regressionsgleichung für
die postoperative Vorderkammertiefe dahingehend abgeändert, dass außer der Achsenlänge und der präoperativen Vorderkammertiefe auch der Hornhautradius und der horizontale Hornhautdurchmesser mit einbezogen wurden (a3: Hornhautradius,
206 bIometrIe/VarIa
Achsenlänge [mm]
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0
–0,5
–1,0
–1,5
–2,0
–2,5
–3,0 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30
Vorh
ersa
gefe
hler
[dpt
]
Abb. 2: Vorhersagefehler in Abhängigkeit von der Achsenlänge. Alle IOL-Typen, Berechnung mit der Haigis-
Formel mit angepassten Parametern (ULIB). Die Steigung der Regressionsgeraden (schwarze Linie) ist nahezu
null.
nominelle IOL-Brechkraft
250
200
150
100
50
0
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
Häuf
igke
it
Abb. 1: Häufigkeitsverteilung der implantierten Linsenstärken. +22,0 ist der häufigste Wert; 90 % aller Brech-
kräfte liegen zwischen +16,5 und +27,0 dpt. Die Verteilung ist etwas linksschief (Schiefe = –0,357).
207Hoffmann: Ergebnisse und Optimierung der IOL-Berechnung bei 3.046 Augen
a4: WZW). Leider standen uns in unserer Messumgebung keine Informationen über die Linsendicke zur Verfügung, sonst hätten wir auch diesen Wert einbezogen. Abbildung 3 zeigt exemplarisch für die Linse Alcon SA60AT, wie die Verteilungen des Vorhersagefehlers mit verschiedenen Parametern aussehen. Die Differenzen der Standardabweichung und des mittleren absoluten Fehlers sind nur gering. Allerdings ergibt sich ein systematischer Fehler, wenn die auf der Packung angegebene AKonstante direkt in a0, a1, a2 umgeformt wird. Die in der ULIBTabelle angegebenen Parameter, die auf einer Fallzahl von 1.043 Augen beruhen, sind also für diese Linse bei unseren Patienten praktisch nicht mehr verbesserbar. In dieser Gruppe lagen unter Verwendung der ULIBWerte 50 % aller Vorhersagefehler zwischen –0,29 und +0,33 dpt.
Bei Linsen, deren Parameter nicht auf so großen Fallzahlen beruhen, sind Korrekturen aber durchaus sinnvoll. Bei der AMO Clariflex, die wir relativ häufig implantiert haben, verwenden wir seit Längerem eigene Parameter, und zwar: a0 = 0,062 a1 = 0,145 a2 = 0,181. Sowohl die aus der Packungsangabe umgeformten als auch die bei ULIB (n = 142 für diese Linse) angegebenen Werte führten in unserem Kollektiv zu einem systematischen Fehler und einer geringfügig höheren Streuung.
Mit der erweiterten Regressionsgleichung sind die Streuungen der untersuchten Linsen etwas geringer (Tab. 1), der mittlere absolute Fehler sinkt zum Beispiel für die SA60AT von 0,418 auf 0,395. Statistische Signifikanz lässt sich allerdings nicht nachweisen. Wird die auf jeder Linsenpackung angegebene AKonstante zusammen mit der dazugehörigen Formel (SRK/T) benutzt, so ergibt sich bei allen untersuchten Linsen ein systematischer Fehler in Richtung Hyperopie, das heißt, die AKonstante ist fast immer zu klein angegeben.
AR40en = 462
(n = 305)
Clariflexn = 394
(n = 281)
MS612n = 920
(n = 613)
SA60ATn = 985
(n = 671)
allen = 3.046
(n = 2.047)
Haigis 0,406(0,410)
0,438(0,422)
0,395(0,371)
0,418(0,411)
0,413(0,414)
SRK/T 0,393(0,386)
0,419(0,412)
0,439(0,398)
0,415(0,396)
0,422(0,402)
Holladay 0,383(0,385)
0,419(0,411)
0,412(0,388)
0,409(0,395)
0,411(0,398)
Okulix 0,404(0,411)
0,435(0,424)
0,405(0,391)
0,434(0,425)
0,420(0,413)
Haigis mod. 0,388(0,360)
0,395(0,382)
Tab. 1: Absoluter Vorhersagefehler [dpt] für die am häufigsten verwendeten Linsen und die in der Praxis gän-
gigsten Berechnungsformeln sowie das Raytracing-Programm Okulix. Der mittlere Vorhersagefehler ist null.
In Klammern: absoluter Vorhersagefehler im Brechkraftintervall 20,0 bis 25,0 dpt, um Selektionseinflüsse für
verschiedene Linsenformen auszuschließen.
208 bIometrIe/VarIa
RaytracingRaytracing mit der Software „Okulix“ [7–9] ist eine Alternative zu den allgegen
wärtigen „DünneLinsenBerechnungen“ in genäherter Gaußscher Optik. Allerdings ist auch hier die axiale Linsenposition nicht bekannt, und bestimmte Eingangsdaten (insbesondere Hornhautradien vorne/hinten, Exzentrizität, Pupillenweite) wurden nicht gemessen, sondern nur angenommen. Als Standardwerte wurde ein Verhältnis von Hornhautradien vorne : hinten = 1 : 0,93, e = 0,50 und Pupillenweite = 2,50 mm angenommen.
Die axiale Linsenposition wird nahezu linear ausschließlich aus der Achsenlänge vorhergesagt [10, 11]. Abbildung 4 zeigt, dass unter den genannten Umständen in dieser Gruppe von 985 Augen praktisch kein Vor oder Nachteil zur Berechnung nach Haigis besteht.
Kurze und lange AugenDie kurzen (implantierte IOL >25 dpt) und langen (implantierte IOL < 20 dpt)
Augen wurden zusätzlich noch getrennt untersucht (Tab. 2). Es ist zu erkennen, dass nur geringe systematische Abweichungen vorliegen. Bei kurzen Achsenlängen/ hohen Brechkräften streuen die Ergebnisse naturgemäß etwas mehr. Haigis (Konstanten wie oben) und Okulix zeigen keinen systematischen Fehler.
Parametersatz
1,5
1,0
0,5
0,0
–0,5
–1,0
–1,5
5 7 15 25
Vorh
ersa
gefe
hler
[dpt
]
Abb. 3: Vorhersagefehler für die Alcon SA60AT in Abhängigkeit von den Parametern a0, a1, a2 der Haigis-
Formel. Von links nach rechts:
Box 5 „hauseigene“ a0 = –0,547 a1 = 0,287 a2 = 0,193
Box 7 erweiterte Parameter a0 = 0,204 a1 = 0,170 a2 = 0,240 a3 = –0,618 a4 = 0,272
Box 15 aus Packungsangaben errechnet a0 = 1,527 a1 = 0,4 a2 = 0,1
Box 25 ULIB-Angaben a0 = –0,091 a1 = 0,231 a2 = 0,179.
209Hoffmann: Ergebnisse und Optimierung der IOL-Berechnung bei 3.046 Augen
LinsentypenWerden die Linsentypen untereinander verglichen, so zeigen sich ebenfalls nur
sehr geringe Differenzen (Abb. 5 sowie Tab. 1). Tendenziell schnitt die Dr. Schmidt MS612 hier am besten ab, die Unterschiede sind allerdings statistisch nicht signifikant. Bei allen Linsen sind gewisse Selektionseinflüsse vorhanden, zum Beispiel wurde die MS612 nicht unter 15 dpt implantiert, aber bevorzugt bei stark hyperopen Augen — was die Biometrie insgesamt erschwert —, während die AR40e beispielsweise bevorzugt bei „normalen“ Achsenlängen eingesetzt wurde und die SA60AT über das breiteste Spektrum von +6,0 bis +34,0 dpt.
Formel
1,5
1,0
0,5
0,0
–0,5
–1,0
–1,5
1 4
Vorh
ersa
gefe
hler
Abb. 4: Vorhersagefehler unserer Standardberechnung (Haigis mit angepassten Parametern, links) für die Alcon
SA60AT und Berechnung mit Okulix (rechts). Die Eingangsdaten sind vom IOLMaster. Es besteht kein relevanter
Unterschied.
alle Linsen IOL >25 dptn = 365
20 dpt ≥ IOL ≤ 25 dptn = 2.047
IOL < 20 dptn = 634
Haigis –0,08 ± 0,72 dpt –0,05 ± 0,55 dpt +0,08 ± 0,54 dpt
SRK/T +0,30 ± 0,68 dpt 0,00 ± 0,54 dpt –0,11 ± 0,56 dpt
Holladay +0,14 ± 0,68 dpt –0,01 ± 0,53 dpt –0,02 ± 0,55 dpt
Okulix –0,09 ± 0,68 dpt –0,02 ± 0,55 dpt +0,07 ± 0,54 dpt
Tab. 2: Vorhersagefehler [dpt] als Mittelwert ± Standardabweichung für kurze, normale und lange Augen. Haigis
und Okulix zeigen keinen systematischen Fehler. Bei hyperopen Augen ist die Vorhersagepräzision schlechter
als bei normalen und myopen Augen.
210 bIometrIe/VarIa
Werden Selektionseinflüsse ausgeschaltet, indem nur die Brechkräfte von +20,0 bis +25,0 dpt berücksichtigt werden, zeigt die MS612 den kleinsten mittleren absoluten Fehler (0,37 dpt). Dies ist gegenüber den anderen Linsen statistisch signifikant (tTest, P < 0,05), allerdings nur bei Verwendung der HaigisFormel oder des Raytracing.
DiskussionVorhersagefehler
Der mittlere absolute Fehler liegt über allen Linsentypen bei etwa 0,41 dpt (Median 0,32 dpt), 70 % aller Vorhersagefehler sind < 0,5 dpt, 93 % <1,0 dpt. Für einzelne Linsentypen wie die MS612 mit optimal angepassten Parametern sind die Resultate sogar noch besser. Dies ist im Vergleich zu anderen Ergebnissen [11–14] relativ gut und im Vergleich zu Ultraschallmessungen in Immersionstechnik mit JavalKeratometrie [15] sogar erheblich besser. Bei Verwendung der vom IOLMaster ausgewiesenen biometrischen Werte liefern alle im Gerät implementierten Formeln nahezu gleich gute Ergebnisse mit gewissen Ausnahmen bei extremen Achsenlängen.
Axiale IOL-PositionDie in den IOLMaster integrierten Formeln gehen letztlich alle auf eine elementare
„DünneLinsenFormel“ zurück [16] und unterscheiden sich im Grundsatz eigentlich
Linse
1,5
1,0
0,5
0,0
–0,5
–1,0
–1,5
1 2 4 5
Vorh
ersa
gefe
hler
[Hai
gis]
Abb. 5: Vorhersagefehler der Linsenberechnung für verschiedene Linsentypen. Von links nach rechts: AMO
AR40e, AMO Clariflex, Dr. Schmidt MS612, Alcon SA60AT. Berechnet wurde nach HAIGIS mit angepassten Kon-
stanten. Die ersten beiden Linsen sind durch Selektion etwas im Vorteil, da sie nicht bei extremer Myopie und
Hyperopie implantiert wurden. Die Unterschiede sind insgesamt gering und klinisch nicht relevant.
211Hoffmann: Ergebnisse und Optimierung der IOL-Berechnung bei 3.046 Augen
nur durch das Vorhersagemodell für die postoperative Position der IOL. Wichtig ist die Anpassung der Formelparameter vor allem, um systematische Fehler zu vermeiden. Die entsprechende „Konstante“, mag sie nun A, ACD constant, surgeon factor oder pACD genannt werden, bestimmt letztlich die axiale Position der implantierten Linse. Dieser Wert ist kein realer Abstand zwischen Hornhaut und IOL, sondern der Abstand zwischen zwei unendlich dünnen Linsen, die Hornhaut und IOL repräsentieren sollen (gilt nicht für Raytracing). Er ist heute als größter Einzelfehler anzusehen, nachdem die Bestimmung der Achsenlänge durch optische Verfahren diesen Fehler gegenüber der Ultraschallmessung stark verkleinert hat. Bei unserem statistischen Durchschnittsauge ergäbe eine Änderung der axialen Linsenposition von 0,5 mm eine Refraktionsänderung von immerhin 0,7 dpt. Bei dem kürzesten bisher von uns operierten Auge (implantierte IOL Acritec ExtremeD +49,0 dpt) wären es sogar 2,0 dpt gewesen. Bei myopen Augen ist der Effekt dagegen sehr gering, weshalb sich bei diesen Augen die beste Vorhersagegenauigkeit ergeben sollte [17].
Haigis arbeitet hier im Unterschied zu anderen mit einer multiplen Regression, in die Achsenlänge und Vorderkammertiefe eingehen [4]. Ein ähnliches Vorgehen mit diversen Parametern wurde von Olsen [13] und Holladay [18] angegeben. Um diese Werte optimal anzupassen, wird ein wesentlich größeres Kollektiv benötigt, als wenn nur der „Offset“ mit einer einzigen Konstante genullt werden soll. Dafür bietet sich allerdings die Möglichkeit, auch die Streuung etwas zu verringern. Preußner schlägt eine Vorhersage allein aus der Achsenlänge [10], Norrby aus präoperativer Vorderkammertiefe und Linsendicke vor [19].
Wird die postoperative Linsenposition nur anhand der Achsenlänge abgeschätzt, werden sich bei bestimmten Augen immer Ausreißer einstellen. Das Vordersegment ändert sich nicht notwendigerweise proportional mit der Achsenlänge. Sehr kurze Augen mit relativ normalen Maßen des Vordersegmentes, die gar nicht so selten sind, würden beispielsweise zu einer Unterschätzung der postoperativen Vorderkammertiefe und damit zu einer Hyperopisierung führen. Die oben beschriebene erweiterte Regression für die HaigisFormel brachte hier eine leichte, aber statistisch nicht signifikante Verbesserung. Mit Vorsicht zu genießen ist die Einbeziehung der Hornhautradien in die Regression, weil diese bei chirurgisch oder traumatisch veränderter Kornea falsche Einflüsse beitragen kann.
Um den „Heimvorteil“ auszuschließen, wenn Parameter an dem gleichen Datensatz überprüft werden, aus dem sie generiert wurden, wiederholten wir die multiple Regression bei einer per Zufallsgenerator ausgewählten Subgruppe der SA60AT (n = 486) und überprüften sie an einer anderen Subgruppe (n = 408), ohne dass sich an dem Ergebnis etwas Wesentliches änderte (mittlerer absoluter Fehler 0,398, vgl. mit Tab. 1). Eine Einbeziehung der optisch gemessenen Linsendicke würde sicherlich die Vorhersage weiter verbessern.
Allen „DünneLinsenFormeln“ ist gemein, dass in den oder die Parameter zur Vorhersage der postoperativen Vorderkammertiefe andere Variablen mit eingehen, die nichts mit der geometrischen Position der Linse zu tun haben. Dies sind zum Beispiel falsche Brechungsindices [20], Asphärizität von Hornhaut und IOL, Apertur, inkonstantes Verhältnis von Vorder und Rückflächenradien der Hornhaut und der
212 bIometrIe/VarIa
IOL, Dezentrierung und Verkippung der IOL — ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Besonders deutlich wird dies, wenn man sich klarmacht, dass beispielsweise eine Pharmacia (jetzt: AMO) Tecnis Z9000 gegenüber der baugleichen Mutterlinse CeeOn 911A per „Pfuschfaktor“ einfach um 0,3 mm nach hinten versetzt wird, anstatt die negative Asphärizität der Linse zu berücksichtigen.
Klarer erscheint daher ein Ansatz mit numerischem Raytracing, der die Probleme der paraxialen Gaußschen Optik mit „Pfuschfaktoren“ prinzipiell vermeidet [8, 9]. Leider bestehen auch hier Probleme: die axiale Linsenposition kann nur abgeschätzt werden (muss allerdings nicht mit anderen Variablen vermengt werden), die exakte Linsengeometrie sowie die Materialeigenschaften müssen bekannt und in die Software eingearbeitet sein, und die Messung der relevanten Parameter zur möglichst genauen Modellierung des Auges ist sehr aufwendig. In der Folge sind die Ergebnisse mit diesem Ansatz denen der im IOLMaster implementierten DünneLinsenFormeln nicht überlegen, solange „nur“ die mit dem IOLMaster gemessenen Werte zur Verfügung stehen. Bei detaillierteren Hornhautdaten und einer verbesserten Prädiktion der Linsenposition sind hier sicherlich deutliche Verbesserungen möglich.
Weitere FehlerquellenNoch andere allgemein weniger diskutierte Variablen tragen zum Grundrauschen
des Vorhersagefehlers bei. Dabei wäre zunächst die subjektive Refraktion zu nennen, bei der gleich zwei Subjekte interagieren: Untersuchter und Untersucher. Es sind systematische und unsystematische Fehler von bis zu 0,5 dpt möglich. Pupillenweite und Länge der Refraktionsstrecke spielen eine erhebliche Rolle. Weiterhin ist entgegen landläufiger Meinung auch bei pseudophaken Augen insbesondere bei jüngeren Patienten und/oder IOL mit hoher Brechkraft sowohl echte Akkomodation als auch Pseudoakkommodation mit Akkommodationsbreiten bis zu 0,75 dpt zu beobachten. Dies muss durch korrekte Refraktionstechnik berücksichtigt werden. Eine nicht unerhebliche Rolle dürften auch die Toleranzen der Linsenfertigung spielen [11]. Nach ISO 11979 darf die Brechkraft einer IOL zwischen 15 und 25 dpt um 0,4 dpt abweichen, von 25 bis 30 dpt um 0,5 dpt und über 30 dpt sogar um 1,0 dpt. Die meisten Hersteller nehmen für sich in Anspruch, mit geringeren Toleranzen zu fertigen. Genauere Informationen sind leider schwer erhältlich. Vor diesem Hintergrund ist die brechkraftgenaue Etikettierung eine mögliche Verbesserung.
Eine selten diskutierte Fehlerquelle sind Dezentrierung und Verkippung der IOL. Hierdurch werden nicht nur Abbildungsfehler höherer Ordnung induziert, sondern auch leichte sphärozylindrische Refraktionsänderungen. Eine perfekte Zentrierung der IOL zur Gesichtslinie ist aktiv nicht möglich. Die Pupillenweite kann die Refraktion gerade beim pseudophaken Auge ebenfalls spürbar beeinflussen, da in den meisten Fällen die IOL eine positive sphärische Aberration aufweist (die Randstrahlen werden stärker gebrochen als die paraxialen), welche die positive sphärische Aberration der Hornhaut noch verstärkt. Bei weiter Pupille wird sich die Refraktion also in Richtung Myopie verschieben. Schon beim statistischen Durchschnittsauge, in das eine handelsübliche sphärische Linse mit +22,0 dpt implantiert wurde, ergibt sich laut OkulixBerechnung bei Änderung der Pupillen
213Hoffmann: Ergebnisse und Optimierung der IOL-Berechnung bei 3.046 Augen
weite von 2,0 mm auf 4,0 mm (Irisebene) theoretisch eine Myopisierung um 0,3 bis 0,6 dpt je nach Linsentyp. Bei Linsen mit starker negativer sphärischer Aberration (z. B. AMO Tecnis) kann dieser Effekt gleich null sein oder sogar ins Gegenteil umschlagen, bei asphärischen Linsen mit weniger oder gar keiner negativen Aberration ist er deutlich abgeschwächt. Eigene Messungen ergaben bei Patienten in diagnostischer Mydriasis mit handelsüblichen sphärischen IOL eine Myopisierung von etwa 0,25 dpt.
FazitDie Nachuntersuchung der refraktiven Ergebnisse nach Kataraktchirurgie hilft
bei der Anpassung und Optimierung von Formelparametern. Verwendet man die im IOLMaster implementierte Berechnung nach Haigis, kann man bei den Linsentypen, die in der ULIBDatenbank mit großer Fallzahl vertreten sind, auf jeden Fall ein sehr gutes Ergebnis erwarten (Abb. 3: Box ganz rechts). Die Angaben auf den Linsenverpackungen sind teilweise mit Vorsicht zu genießen und durch eigene Werte zu ersetzen. Die Ergebnisse der IOLBerechnung durch Raytracing ohne „Pfuschfaktoren“ können vergleichend dargestellt werden; diese sind bei gleichen Eingangsparametern den im IOLMaster integrierten DünneLinsenFormeln vergleichbar. Weiterhin kann die refraktive Vorhersagegenauigkeit als ein entscheidendes Kriterium der Ergebnisqualität belegt und quantifiziert werden.
Verbesserungen versprechen wir uns für die Zukunft durch verbesserte Messtechnik (optische Vermessung der Linse sowie hochgenaue Topografie) in Verbindung mit „DickerLinsenOptik“.
(Dieser Beitrag wurde bereits im Rahmen des DGIIKongresses 2008 gehalten.)
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partial coherence interferometry. J Cataract Refract Surg 1998;24:1087–10932. Haigis W: Optical coherence biometry. Dev Ophthalmol 2002;34:119–1303. Haigis W: European User Group for Laser Interference Biometry. Available at: http://www.
augenklinik.uniwuerzburg.de/eulib/index.htm4. Haigis W: IOLBerechnung nach Haigis. Available at: http://www.augenklinik.uniwuerzburg.
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214 bIometrIe/VarIa
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12. Haigis W, Lege B, Miller N, Schneider B: Comparison of immersion ultrasound biometry and partial coherence interferometry for intraocular lens calculation according to Haigis. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2000;238:765–773
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14. Rajan MS, Keilhorn I, Bell JA: Partial coherence laser interferometry vs conventional ultrasound biometry in intraocular lens power calculations. Eye 2002;16:552–556
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20. Norrby NE: Pentacam keratometry and IOL power calculation. J Cataract Refract Surg 2008; 34:3
215
ZusammenfassungMit dem Zeiss IOLMaster wurden Achsenlänge, Hornhautkrümmungsradien, Vorder
kammertiefe und horizontaler Hornhautdurchmesser (WZW) optisch vermessen. Wir haben die Daten von 23.239 Augen bei 15.448 Patienten, die zwischen 2000 und 2006 gemessen wurden, statistisch ausgewertet. Die Achsenlänge betrug im Median 23,23 (16,47 bis 39,77) mm, die Hornhautbrechkraft (Index 1,332) 43,13 (35,2 bis 53,7) dpt, die Vorderkammertiefe 3,10 (1,74 bis 4,97) mm und der Hornhautdurchmesser 11,82 (10,14 bis 13,79) mm. Die Vorderkammertiefe ist mit dem Lebensalter negativ korreliert (r = –0,283). Besonderes Augenmerk gilt dem kornealen Astigmatismus. 2,6 % aller Augen haben einen kornealen Astigmatismus ≥3 dpt. 46,8 % haben einen „Astigmatismus mit der Regel“, 34,4 % „gegen die Regel“, 18,9 % schräg.
SummaryWe measured axial length, corneal radii, anterior chamber depth and horizontal cor
neal diameter (WTW) with the Zeiss IOLMaster. We analyzed the data sets of 23239 eyes of 15488 patients that were measured between 2000 and 2006. Median axial length was 23.23 (16.47–39.77) mm, corneal power (index 1.332) 43.13 (35.2–53.7) D, anterior chamber depth 3.10 (1.74–4.97) mm and WTW 11.82 (10.14–13.79). Anterior chamber depth has a negative correlation with patient age (r = –0.283). Corneal astigmatism was looked at closely. 2.6 % of all eyes have a corneal astigmatism of ≥3 D. 46.8 % have astigmatism “with the rule”, 34.4 % “against the rule”, 18.9 % oblique.
EinleitungWir haben unsere im Zeitraum von 2000 bis 2006 mit dem Zeiss IOLMaster durch
geführten Biometrien ausgewertet, um statistische Aussagen über die gemessenen Parameter und deren Zusammenhänge treffen zu können.
Patienten und MethodenWir untersuchten 23.239 Augen von 15.448 Patienten. Alle Messungen erfolgten
mit dem IOLMaster, bei 15.812 Augen mit der Software V3 inklusive Messung des horizontalen Hornhautdurchmessers. Die Patienten waren zum Messzeitpunkt 72,8 ± 10,0 (Median 74) Jahre alt.
Biometrieergebnisse von 23.239 Augen
P. C. Hoffmann
216 bIometrIe/VarIa
ErgebnisseDaten
Die optische gemessene Achsenlänge betrug 23,43 ± 1,51 (Median 23,23) mm (Abb. 1). Der Hornhautdurchmesser (WeißzuWeiß) wurde mit 11,82 ± 0,40 mm gemessen (Abb. 2). Der mittlere Hornhautradius war 7,69 ± 0,28 mm, die Hornhautbrechkraft (Index 1,332) 43,14 ± 1,50 dpt (Abb. 3). Es besteht eine hochsignifikante negative Korrelation mit dem Lebensalter (r = –0,104, P < 0,001). Die Vorderkammertiefe wie vom IOLMaster angegeben (Hornhautepithel – Linse) lag im Mittel bei 3,11 ± 0,43 mm (Abb. 4).
Die emmetropisierende IOL wurde der einfachheitshalber nach SRK/T [1] (A = 119,2) mit +21,3 ± 4,4 dpt (Median 21,8) berechnet (Abb. 5). Der übliche Lieferbereich der IOLFabrikate ist +10 bis +30 dpt, in diesem Intervall befinden sich 97 % aller emmetropisierenden IOLs. 0,9 % sind über 30 dpt, 2,4 % unter 10 dpt. Die Häufigkeitsverteilung des Hornhautastigmatismus zeigt die Tabelle 5. Etwa 2/3 aller Augen haben einen kornealen Astigmatismus <1 dpt, immerhin ca. 8 % ≥2 dpt, ca. 2 % ≥3 dpt.
Für die Kataraktchirurgie interessant ist noch die Verteilung der Achslagen. 46,8 % aller Augen haben einen Astigmatismus „mit der Regel“ (Astigmatismus rectus, Achse des korrigierenden Minuszylinders in 180° ± 30°), 34,3 % „gegen die Regel“ (Astigmatismus inversus, Achse des korrigierenden Minuszylinders in 90° ± 30°), 18,9 % schräg. Deutlich anders wird die Verteilung, wenn nur die höheren Zylinderwerte (≥2 dpt) betrachtet werden. Hier sind 64,7 % „mit der Regel“, 24,4 % „gegen die Regel“ und 10,8 % schräg.
Freq
uenc
y
Abb. 1: Häufigkeitsverteilung der optisch gemessenen Achsenlänge. Die Verteilung ist deutlich rechtsschief.
AL
4500
4000
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39
Frequency distribution of AL
217Hoffmann: Biometrieergebnisse von 23.239 Augen
AL
14,5
14,0
13,5
13,0
12,5
12,0
11,5
11,0
10,5
10,0 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40
WZW
Abb. 2: Horizontaler Hornhautdurchmesser (WZW) als Anhalt für die Dimensionen des Vordersegmentes über
der Achsenlänge bei 15.812 Augen. Die schwarze Linie ist die Regressionsgerade für alle Augen, die gestrichel-
te graue nur für die mittleren Achslängen. Es ist gut zu erkennen, dass bei sehr kurzen und sehr langen Augen
keinerlei Zusammenhang mit der Achslänge mehr vorhanden ist.
AL
545352515049484746454443424140393837363534
16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40
K
Abb. 3: Hornhautbrechkraft über der Achsenlänge. Die schwarze Linie ist die Regressionsgerade für alle Augen,
die gestrichelte graue nur für die mittleren Achslängen. Ähnlich wie beim Hornhautdurchmesser ist bei extrem
langen und extrem kurzen Augen keinerlei Zusammenhang mit der Achslänge mehr vorhanden.
218 bIometrIe/VarIa
Abb. 4: Präoperative Vorderkammertiefe (wie vom IOLMaster ausgewiesen, d. h. Hornhautepithel bis Linse)
über der Achsenlänge. Die schwarze Linie ist die Regressionsgerade für alle Augen, die gestrichelte graue nur
für die mittleren Achslängen. Ähnlich wie beim WZW und bei HH-Radien ist bei extrem langen und extrem
kurzen Augen keinerlei Zusammenhang mit der Achslänge mehr vorhanden.
AL
5,0
4,5
4,0
3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40
VKT
Emmetropizing IOL power
Freq
uenc
y
Abb. 5: Theoretisch emmetropisierende IOL, berechnet nach SRK/T mit A = 119,2. Die Werte zwischen +21,0
und +23,0 sind am häufigsten. Wegen der großen Variabilität der pathologischen Myopie ist die Verteilung
deutlich linksschief.
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
0 –10 –8 –6 –4 –2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50
219Hoffmann: Biometrieergebnisse von 23.239 Augen
ZusammenhängeAchsenlänge, Hornhautbrechkraft, Vorderkammertiefe und Hornhautdurchmes
ser sind alle untereinander hochsignifikant (P < 0,001) korreliert. Die Vorderkammertiefe korreliert hochsignifikant negativ mit dem Lebensalter (r = –0,283). Die Korrelationsmatrix findet sich in Tabelle 1. Generell kann man sagen, dass mit größerer Achsenlänge die Vorderkammertiefe und der Hornhautdurchmesser zu und die Hornhautbrechkraft abnehmen. Bei sehr kurzen (5. Perzentile der Achslänge) und sehr langen Augen (95. Perzentile der Achslänge) gilt dies aber nicht. Es sind entweder gar keine Zusammenhänge mehr vorhanden oder zuvor positive Korrelationen wurden schwach negativ. Die Tabellen 2 und 3 zeigen die entsprechenden Werte für die Gruppe der kurzen und der langen Augen.
Bei den „normalen“ Augen sind die Korrelationen noch deutlich stärker (Tab. 4). Der Betrag des Hornhautastigmatismus zeigt keine Altersabhängigkeit, dessen Achslage allerdings eine sehr deutliche. Die Häufigkeit des Astigmatismus inversus steigt mit dem Alter (tTest, P < 0,001). Sin(Achse) ist bei rechten Augen mit r = 0,239 und bei linken Augen mit r = 0,232 (jeweils P < 0,001) mit dem Lebensalter korreliert. Der Astigmatismusbetrag ist bei kurzen Augen negativ, bei langen Augen positiv mit der Hornhautbrechkraft korreliert (Tab. 2 und 3).
alle Augen n = 15.812
AL
VKT
WZW
K
∆ K
AL 0,324*** 0,294*** –0,325*** 0,024***
VKT 0,324*** 0,292*** –0,035*** –0,034***
WZW 0,294*** 0,292*** –0,471*** –0,050***
K –0,325*** –0,035*** –0,471*** 0,083***
∆ K 0,024*** –0,034*** –0,050*** 0,083***
Tab. 1: Pearson-Korrelationsmatrix der einzelnen Messwerte. * P* P < 0,05, ** P < 0,01, *** P < 0,001
AL ≤ 21,63 mm n = 1.107
AL
VKT
WZW
K
∆ K
AL –0,038 0,000 0,037 –0,034
VKT –0,038 0,201*** –0,231 0,025
WZW 0,000 0,201*** –0,439*** 0,041
K 0,037 –0,023 –0,439*** –0,160***
∆ K –0,034 0,025 0,041 –0,160***
Tab. 2: Pearson-Korrelationsmatrix der einzelnen Messwerte bei kurzen Augen. *P* P < 0,05, ** P < 0,01, *** P < 0,001
220 bIometrIe/VarIa
AL ≥ 25,84 mm n = 1.152
AL
VKT
WZW
K
∆ K
AL –0,093** –0,145*** 0,072* 0,023
VKT –0,093** 0,226*** 0,003 –0,021
WZW –0,145*** 0,226*** –0,483*** –0,056
K 0,072* 0,003 –0,482*** 0,185***
∆ K 0,023 –0,021 –0,056 0,185***
Tab. 3: Pearson-Korrelationsmatrix der einzelnen Messwerte bei langen Augen. * P* P < 0,05, ** P < 0,01,
*** P < 0,001
21,63 < AL < 25,84 mm n = 20.980 AL
VKT
WZW
K
∆ K
AL 0,345*** 0,355*** –0,429*** 0,005
VKT 0,345*** 0,262*** 0,012 –0,036***
WZW 0,355*** 0,262*** –0,447*** –0,054***
K –0,429*** 0,012 –0,447*** 0,083***
∆ K 0,005 –0,036*** –0,054 0,083***
Tab. 4: Pearson-Korrelationsmatrix der einzelnen Messwerte bei „normalen“ Augen. * P* P < 0,05, ** P < 0,01,
*** P < 0,001
Astigmatismusbetrag < 1,0 ≥ 1,0 < 2,0
≥ 2,0 < 3,0
≥ 3,0 < 4,0
≥ 4,0 < 5,0
≥ 5,0 < 6,0
≥ 6,0
Korneal 63,96 % 27,95 % 5,44 % 1,66 % 0,56 % 0,25 % 0,18 %
Refraktometrisch 67,97 % 22,55 % 6,09 % 2,18 % 0,80 % 0,28 % 0,13 %
Tab. 5: Kornealer Astigmatismus (n = 23.239) und Gesamtastigmatismus (n = 78.205)
221Hoffmann: Biometrieergebnisse von 23.239 Augen
Abb. 6: Alle Hornhautastigmatismen bei rechten Augen ab 0,75 dpt (n = 6.927) als „Gebirge“ nach Betrag und
Achslage. Es ist gut zu sehen, dass bei kleinen Beträgen bis ca. 1 dpt „mit der Regel“ und „gegen die Regel“
annähernd gleich häufig sind, während bei höheren Beträgen (das „Vorgebirge“) die Achslagen um 0° („mit der
Regel“) stark überwiegen.
Häufi
gkei
t
120
100
80
60
40
20
0
Abb. 7: Alle Hornhautastigmatismen bei linken Augen ab 0,75 dpt (n = 7.352) als „Gebirge“ nach Betrag und
Achslage. Es zeigt sich grundsätzlich ein ähnliches Bild wie bei den rechten Augen.
145
155
165
175 5 15 25 35 45 55 65 75 85 95 10
511
512
513
5
Achse
0,752,00
3,254,50Betrag
Häufi
gkei
t120
100
80
60
40
20
0
145
155
165
175 5 15 25 35 45 55 65 75 85 95 10
511
512
513
50,752,00
3,254,50Betrag
Achse
222 bIometrIe/VarIa
Diskussion Biometriedaten in diesem Umfang sind nach unserem Wissen bisher nicht ver
öffentlicht. Eine wirklich umfassende Statistik lieferte zuletzt Hoffer im Jahre 1980 [2], weswegen eine modernere Referenz notwendig erscheint. Unsere Daten sind durchgängig mit dem Zeiss IOLMaster gemessen. Unsere Augen sind im Mittel und Median kürzer als solche USamerikanischer Autoren [2], insbesondere, wenn man bedenkt, dass die oftmals mit Kontaktultraschall gemessenen Werte kürzer ausfallen als unsere optisch gemessenen. Es ist dabei auch noch zu berücksichtigen, dass die optisch gemessene Wegstrecke im IOLMaster intern umgeformt wird, um eine Vergleichbarkeit mit dem ReferenzImmersionsultraschall (Grieshaber Biometric System) herzustellen [3]. Bei kurzen Augen ist die angegebene Achslänge etwas kürzer, bei langen Augen etwas länger als gemessen. Auch im Vergleich zu den Referenzdaten aus Würzburg [3] sind unsere Augen etwas kürzer und die Vorderkammern etwas flacher. Dies hat sicherlich regionale Ursachen, denn die Kalibrierung der Geräte untereinander ist sehr gut [4]. Die mittleren Hornhautradien sind mit den Würzburger Daten deckungsgleich, ebenso mit denen von Hoffer [2].
Anhand unserer Daten ist ersichtlich, dass die statistischen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Messwerten bei extremen Achslängen aufgelöst oder sogar umgekehrt werden. Dies ist von großer Wichtigkeit beispielsweise für die IOLBerechnung, da oft bestimmte Parameter wie der mittlere Hornhautradius als Parameter für die Prädiktion der postoperativen Vorderkammertiefe herangezogen wird. Regressionsmodelle, die aus „normalen“ Augen gewonnen wurden, müssen keineswegs für besonders kurze oder lange Augen zutreffend sein. Vielmehr kann die Anatomie des Vordersegmentes völlig disparat von der des Hinter segmentes sein.
Umfassende Daten zum kornealen Astigmatismus sind in der Literatur schwer zu finden; fast alle Studien beziehen sich auf Refraktionswerte. Für die Kataraktchirurgie ist es interessant zu wissen, wie die Prävalenz des kornealen Astigmatismus in der typischen Bevölkerungsgruppe überhaupt ist. Die etwa 8 % aller Kataraktaugen mit Hornhautastigmatismus ≥2 dpt sind potenzielle Kandidaten für eine torische IOL. Hohe Astigmatismen sind in unserer Bevölkerung relativ selten, doch haben immerhin 2,2 % aller Augen Keratometerwerte ≥3 dpt. Nach Lieferdaten von Gleitsichtgläsern (n = 113.067) sind bei Brillenverschreibungen Astigmatismen ≥2 dpt in 9,5 % aller Augen präsent, ≥3 dpt in 3,4 %.
Dieselben Untersuchungen haben ergeben, dass der Astigmatismus „mit der Regel“ bei presbyopen Patienten heute eher die Ausnahme ist. Bei Refraktionswerten dieser Patienten zeigt sich ein Astigmatismus „mit der Regel“ nach oben genannter Definition in 40,6 % der Fälle, ein Astigmatismus „gegen die Regel“ in 44,9 % (Rest: schräge Achsen). Dies haben auch andere Arbeiten gezeigt [5]. Unter Berücksichtigung der JavalRegel stimmt dies gut mit den IOLMaster Daten überein. Die allgemein beliebten temporalen Inzisionen liegen nach unseren Daten in 47 % der Fälle in der Nähe des flachsten Meridians, wirken also potenziell astigmatismusverstärkend, und nur in 34 % aller Augen günstig in der Nähe des steilsten Meridians.
223Hoffmann: Biometrieergebnisse von 23.239 Augen
Die natürliche Linse, die oft einen leichten Astigmatismus – im Mittel 0,6 dpt – mit Minuszylinderachse in etwa 90° zeigt, welcher den Hornhautastigmatismus in Achse 180° abschwächt oder neutralisiert (JavalRegel), verstärkt ihren Astigmatismus häufig mit steigendem Lebensalter; in der Folge wird der Astigmatismus inversus mit zunehmendem Alter häufiger [6–9]. Zusätzlich wird auch durch Veränderungen in der Kornea selbst die Zylinderachse mit zunehmendem Alter tendenziell in Richtung 90° drehen [10]. Dies konnten wir durch unsere Untersuchung bestätigen, es besteht ein hochsignifikanter Zusammenhang der Achslage des Hornhautastigmatismus mit dem Alter. Bei langen Augen ist der höhere Astigmatismus hochsignifikant mit steileren Hornhäuten assoziiert, bei kurzen Augen dagegen mit flacheren Hornhäuten. Dieser Zusammenhang ist unseres Wissens bisher nicht beschrieben worden.
Ist die natürliche Linse operativ entfernt, wird der Gesamtastigmatismus fast nur noch durch die Hornhaut bestimmt, ebenso bei fast allen Gesamtastigmatismen ≥3 dpt. Höhere natürliche Astigmatismen sind ganz überwiegend in Achslagen um 180° („mit der Regel“) zu finden. In unseren Refraktionsdaten findet sich bei Gesamtastigmatismus ≥2 dpt der Astigmatismus rectus nach oben genannter Definition in 61,9 % und der Astigmatismus inversus in 28,8 % (Rest: schräge Achsen). Dies ist fast völlig deckungsgleich mit den IOLMasterDaten.
FazitEs wird ein Überblick über aktuelle Biometrieergebnisse eines viel operierenden
Zentrums gegeben. Die letzte umfassende veröffentlichte Statistik zu diesem Thema ist datiert aus dem Jahr 1980 [2], weswegen eine modernere Referenz notwendig erscheint. Unsere Daten sind durchgängig mit dem Zeiss IOLMaster gemessen und mit n = 23.239 umfangreich und aussagekräftig. Die Zusammenhänge der einzel nen gemessenen Parameter sind wichtig für die Berechnung von IOL und die Überprüfung gewisser Modellannahmen zur Bestimmung der postoperativen Vorderkammertiefe. Die Daten zum kornealen Astigmatismus sind von Bedeutung für Hersteller und Anwender torischer Linsen und in diesem Umfang bisher ebenfalls nicht publiziert.
(Dieser Beitrag wurde bereits im Rahmen des DGIIKongresses 2008 gehalten.)
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224 bIometrIe/VarIa
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Phakotechniken
227
Rotation: eine neue Emulsifikations-OP-Technik
E. Fabian
ZusammenfassungEine fortwährende Entwicklung der Technologie von Phakomaschinen erfolgte im Be
reich des Ultraschallmanagements sowie der Pumpen und Vakuumsteuerung und der Druckmesstechnologie (2 ms. Regeltechnik) für das „Fluidics“Management. Die direkte „ChopOPTechnik“ wird mit seitlich gestellter Tipöffnung durchgeführt. Dabei rotieren die ganzen, halben oder viertel Kernfragmente im Kapselsack um und in den Phakotip hinein. Die sich sonst gegenläufig verhaltenden Kriterien von Sicherheit und Effizienz lassen sich mit den neuen Möglichkeiten des computergesteuerten Maschinenmanagements gleichsinnig deutlich verbessern.
SummeryContinuous development of phaco technology has optimized ultrasound management,
pump and vacuum control and pressure sensing intraocular. Direct chop technique is performed with laterally rotated tip opening. Aspirating and emulsifying the nucleus thus nucleus partical will autorotate. Aspects of safety and efficiency, normally in contrast can with help of these machine technologies and optechniques optimized.
EinleitungDie Linsenchirurgie ist viele Jahrzehnte lang eine Operation zum Therapieren
eines Transparenzverlustes gewesen. Vor vielen Jahren hat sich die Linsenchirurgie zu einer OPMethode entwickelt, um mit einer hohen Zielgenauigkeit Emmetropie herzustellen. So wurde die Kataraktchirurgie selbst schon zu einem refraktiven Eingriff. Seit über zehn Jahren versucht die Linsenchirurgie die dritte Funktion der kristallinen Linse, die Akkommodation, wiederherzustellen bzw. zu ermöglichen. Technologien der Biometrie, des IOLDesigns und der U/SPhakomaschinen haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Eine fortwährende Entwicklung der Technologie von Phakomaschinen erfolgte im Bereich des Ultraschallmanagements sowie der Pumpen und Vakuumsteuerung und der Druckmesstechnologie für das „Fluidics“ Management. Die Auswirkungen auf Sicherheit und Effektivität während der Linsenoperation (Abb. 1) sollen dargestellt werden.
228 PhaKotechnIKen
UltraschallenergiemanagementModernes U/SEnergiemanagement ist der erste wichtige Aspekt für eine sichere
und effektive Phakoemulsifikation. Dieses Powermanagement begann mit der DiplomaxMaschine (AMO). Der „Occlusion Mode“ ermöglichte ein zusätzliches Setting der Maschine nach dem Erreichen der Okklusion an der Phakotipspitze [1]. Dieser automatische „Schalter“ ändert die Voreinstellungen für die U/SLeistung und für die FluidicsParameter. Entweder auf ein vorsichtigeres oder auf ein effektiveres Arbeiten konnte umgestellt werden. Hyperpulse mit WhiteStarTechnologie (AMO) kontrollierte über einen anderen Mechanismus die U/SEnergieabgabe [5]. Hyperpulse Energiemodulation änderte den Rhythmus der Pulsabgabe. Mit deutlich höherer Pulsfrequenz bei kürzerer Pulsdauer und längeren Pausen kann der „duty cycle“ individuell verändert werden. Hitzeentwicklung an der Hornhaut und Abgabe der Gesamtenergie werden minimiert, die „holdability“ von Partikeln am Phakotip wurde optimiert.
Fluidics-ManagementDas FluidicsManagement ist der zweite wichtige Aspekt für eine sichere und
effektive Phakochirurgie. Das Hauptproblem der möglichen Kapselruptur ist bisher nicht ideal gelöst. Verschiedene mechanische Ansätze wie eine Widerstandserhöhung in den Schlauchsystemen (cruise controll, Bausch & Lomb) oder ein Bypass im Phakotip (ABSTip, Alcon) sollen nach dem Abbruch der Okklusion einen erhöh
Abb. 1: Abhängigkeit von Sicherheit und Effektivität, auch mit den unterschiedlichen Pumpentechnologien wird
dies beeinflusst.
Peristaltik-PumpeFlow kontrolliert Vakuum bei Okklusion Flow w konstant bis V
Venturi-PumpeVakuum kontrolliert Vakuum am Tip Flow v Vac abhängig
Kontrolle
Antizipation
Irrigation AspirationVorderkammer
„inflow – outflow“ dynamische Balance
Strategie der Sicherheit
Sicherheit Effektivität
+
– +
–
(0.5 cm³ – 700 mmHg !)
(600-mal aspiriert !)
229Fabian: Rotation: eine neue Emulsifikations-OP-Technik
ten Ansaugdruck (surge) vermindern. Diese Eingriffe wirken permanent, also auch dann, wenn sie nicht benötigt werden. Sie steigern dann zwar die Sicherheit, aber gleichzeitig reduzieren sie die Effektivität. Eine SoftwareTechnologie (CASE, AMO) schaltet sich automatisch nach einer voreingestellten Dauer der Okklusion ein und reduziert den maximalen Vakuumdruck [2]. Diese Technologie wirkt genau dort, wo das Problem entsteht, am absteigenden Schenkel der Druckkurve (Abb. 2).
Dank eines modernen Managements von U/SEnergie und von „Fluidics“ werden die Grenzen der Gegenpole Sicherheit und Effektivität im doppelten Sinn positiv beeinflusst. Mit den richtigen Einstellungen der Maschine kann die Effektivität deutlich erhöht werden, ohne dass die Sicherheit darunter leiden müsste.
Rotation für die KernemulsifikationViele verschiedene Kernteilungstechniken wurden eingesetzt. Prinzipiell haben
sich die „Divide & Conquer“ und die „ChopTechnik“ durchgesetzt (Abb. 3). Kernteilungen mit einem „PreChopperInstrument“ vor der Phakoemulsifikation oder mit dem Chopper begleitend zur Phakoemulsifikation erlauben ein sehr effektives Arbeiten und reduzieren deutlich die benötigte U/SEnergieabgabe. Zusammen mit hohen Vakuumwerten kann eine U/Sassistierte Aspiration erfolgen.
Abb. 2: Kurvenverlauf der Vakuumdruckwerte im Auge, an unterschiedlichen Stellen kann die Einstellung und
damit das Verhalten der Maschine beeinflusst werden.
Sicherheit Effektivität
+
– +
–
Vakuum
Aspirations „rise time“
Okklusions Mode
CASE Vakuum
Vakuum-Kurven
Okklusion Abbruch
230 PhaKotechnIKen
Bei sehr weichen Kernen kann allein mit der Aspiration das Linsenmaterial abgesaugt werden. Erfolgt eine ausführliche Hydrodelineation, kann mit einem 30°Tip, dessen Öffnung seitlich gerichtet ist, die Linse vom Äquator her aspiriert werden. Durch eine schnelle Okklusion im weicheren peripheren Linsenmaterial wird ein schneller Vakuumanstieg erzielt und gehalten. Dies versetzt das Linsenmaterial in eine kontinuierliche Karussell bzw. Rotationsbewegung [4].
Sind Kerne härter und müssen sie zuvor mit einem ChopInstrument geteilt werden, kann anschließend genauso wie bei den weichen Kernen vorgegangen werden. Der geteilte halbe oder viertel Kern wird mit der seitlich gestellten Tipöffnung im peripheren weichen Anteil aspiriert, etwas nach zentral gezogen und hier weiter mit Unterstützung von U/SEnergie emulsifiziert und aspiriert. Dabei erfährt der Linsenanteil ebenfalls eine fortwährende Rotationsbewegung und kann – ohne weiter geteilt zu werden – aufgearbeitet werden.
ErgebnisseSehr deutlich ließen sich mit den Settings der Maschine (Flow: 40 ml, Vac Max:
420 mmHg, PhakoPower 30/40 %) niedrige effektive Phakozeiten (0,9 bis 0,33 Sek.), geringe TipZeiten (56 Sek.) und kürzere OPGesamtzeiten registrieren. Bei guter Hydrodissektion werden in 80 % der Operationen mit dem PhakoTip bereits Linsenkern und kortex aus dem Kapselsack entfernt (Tab. 1).
Abb. 3: Modifizierung der Chop-Kernteilungstechnik für eine Eigenrotation von Kernteilen
sculpting
grooving
in situ fracture
divide and conquer
split and lift
crack and flip
chip and flip
chop
direkte Rotation
chop 1/2
chop 1/4
231Fabian: Rotation: eine neue Emulsifikations-OP-Technik
DiskussionAuch die U/SEmulsifikationsoperationstechniken haben sich fortentwickelt. Aus
vielen verschiedenen OPVorgehensweisen haben sich die Techniken des „Divide & Conquer“ und des „PhacoChop“ weit durchgesetzt. Über eine weitere Modifikation der „PhacoChopTechnik“, der Karussell bzw. der Rotationstechnik wird berichtet.
Die Linsenchirurgie bewegt sich schon immer zwischen den beiden Polen Sicherheit und Effektivität. Wird während der Operation das eine gesteigert, geht es zumeist zulasten des anderen (Abb. 1). Bestimmte Maschinentechnologien und Operationstechniken erlauben gelegentlich, diese Grenzen zugunsten von beidem, von Sicherheit und Effektivität, zu verschieben. Typische Beispiele dafür waren die WhiteStarTechnologie und die ChopTechnik. Über eine Rotations oder Karusselltechnik wurde oft diskutiert. Wir führen diese Technik seit vielen Jahren durch und haben erstmals 2007 auf der ESCRS darüber berichtet [3]. Güell hat diese Technik für weiche Linsenkerne beschrieben [6].
Mit der Rotationstechnik können weiche, mittelharte und auch harte Linsenkerne operiert werden. Entscheidend bei dieser Technik ist, dass zunächst durch die Aspiration von weicherem Material in der Linsenperipherie eine schnelle Okklusion mit Vakuumanstieg erfolgt. Das nach zentral gezogene Material wird dann unterstützt durch U/SEnergie zu einer Autorotation gebracht. Durch die Dynamik des Vorganges kommt es kaum zu einer Vollokklusion bei hohem Vakuumanstieg. In einer sogenannten Präokklusionsphase wird nach dem Aspirieren von Linsenmaterial ständig weiteres Linsenmaterial sofort aspiriert. Ein Verfolgen von freien Linsenpartikeln ist kaum notwendig. Die Tipspitze bleibt ständig zentral und in oder unter der Irisebene. Diese Rotationstechnik ist sehr effektiv. Dadurch, dass sich fortwährend Linsenmaterial vor der Tipöffnung befindet, dient sie zusätzlich der Sicherheit. Diese OPTechnik zeichnet sich durch eine sehr geringe Bewegung des Phakotips in der Vorderkammer aus.
2002 WS
2005 vWS 6.0
2006 ICE
2008 Rotation
N Alter
20 71
20 72
22 75
20 68
Pupille (mm) Kern (Härte)
7,122,70
7,202,90
7,003,50
6,52,76
EPT (sec) FPT (sec) TT (sec) OT (min)
0,90 2:62
102,00 8,00
0,69 2:41
85,50 7,20
0,71 2:13 73,0 6,45
0,33 1:25
56,45 6,42
Tab. 1: Im Vergleich der Daten zeigt sich eine deutliche Steigerung der Effektivität (WS = WhiteStar, vWS =
variable WS, ICE = increased controll and efficency, EPT = effektive Phakozeit, FPT = foot pedal Zeit, TT = Phako-
tip Zeit im Auge, OP = Gesamt-OP-Zeit; * tip time in the eye).
232 PhaKotechnIKen
Die sich sonst gegenläufig verhaltenden Kriterien von Sicherheit und Effizienz lassen sich mit den neuen Möglichkeiten des computergesteuerten Maschinenmanagements gleichsinnig deutlich verbessern.
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escrs.org/EVENTS/06LONDON/sessiondetails.asp?id=305&category=Free&sessiondate=11/ 09/2006
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233
Die Kombination von MICS mit der 23-Gauge- Vitrektomie
C. Werschnik, F. Wilhelm
EinleitungIn den letzten Jahrzehnten hat sich die Kleinschnitttechnik in allen chirurgischen
Fachdisziplinen etabliert. Da konnte es nicht ausbleiben, dass auch bei der Kataraktoperation, dem häufigsten operativen Eingriff überhaupt, danach getrachtet wurde, den Zugang immer kleiner zu gestalten, wobei hier nahtfreies und astigmatismusneutrales Operieren im Vordergrund stand. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die Entwicklung von Faltlinsen und den Übergang zum „ClearcorneaSchnitt“.
Nachdem sich das bimanuelle Absaugen der Rindenanteile über die Parazentesen durch die Trennung von Irrigation und Aspiration [3] durchgesetzt hatte, war es nur eine Frage der Zeit, wann dies auch für die Entfernung des Linsenkerns möglich sein würde. Die ersten klinischen Erfahrungen wurden hier mit der Laserphako gesammelt [9], da die Ultraschallphakotips noch nicht für den Einsatz über die Parazentesen adaptiert waren. Trotz dieser Vorreiterrolle konnte sich die Laserphako nicht durchsetzen. Erhöhter Geräteaufwand und begrenzte Einsetzbarkeit bei härteren Kernen verhinderten eine weite Verbreitung des Verfahrens.
Auch die bimanuelle Ultraschallphako – international auch als MICS (Microincision Cataract Surgery) etabliert – hatte zu Beginn mehr Kritiker als Fürsprecher. Zu groß war die erwartete Gefahr des „burnings“ im Parazentesenbereich beim Arbeiten mit einem Phakotip ohne Sleeve. Außerdem war die Notwendigkeit des kleineren Schnittes nicht einzusehen, da es lange Zeit keine Linsen gab, die durch eine Öffnung unter 2,0 mm Schnittweite implantiert werden konnten. Über die Einführung der MICS in die klinische Routine hatten die Autoren bereits im Jahre 2004 auf der Jahrestagung der DGII vorgetragen [18] und in der OphthalmoChirurgie berichtet [19].
Erste Erfahrungen wurden zu dieser Zeit auch mit der MICSTechnik im Rahmen kombinierter Katarakt/ParsplanaVitrektomieOperation gesammelt [20]. Auch hier war der Einsatz aufgrund fehlender Erfahrungen hinsichtlich der Stabilität des Sitzes der über die Parazentese implantierbaren Linse limitiert. Vergleiche des Endothels von Schweineaugen nach Einsatz verschiedener Phakotechniken anhand rasterelektronenmikroskopischer Untersuchungen haben gezeigt, dass die Schädigung dieser empfindlichen Zellschicht nicht größer ist als bei der konventionellen Phako [21].
In den letzten Jahren hat sich die Koaxiale Mikroinzisionskataraktchirurgie als sichere Technik etabliert. Bei vergleichbaren Ergebnissen werden für die kleineren Schnitte noch verlängerte Operationszeiten veranschlagt [2 ,6]. Beim Vergleich der bimanuellen mit der koaxialen MICS benötigten Cavallini et al. signifikant weniger Spülflüssigkeit beim Einsatz der bimanuellen Technik [4].
234 PhaKotechnIKen
Auch in der NetzhautGlaskörperchirurgie geht die Tendenz zu immer kleineren Zugängen bei der Bulbuseröffnung. Von der etablierten 20GaugeVitrektomie wird zunehmend zur 23GaugeChirurgie als sichere Operationsmethode übergegangen [7, 10] und dabei über deutlich verkürzte Operationszeiten berichtet [11]. Ähnlich wie bei der Einführung der nahtfreien „ClearcorneaKataraktoperation“ wurde hier anfangs eine erhöhte Endophthalmitisrate befürchtet, was sich nicht bestätigte [8]. Im Gegenteil, die 23GaugeVitrektomie wird sogar für die operative Behandlung postoperativer Endophthalmitiden empfohlen [17] und außerdem auch bei der Endotamponade mit Silikonöl als sicheres Verfahren eingeschätzt [13, 16].
Da sowohl die MICS als auch die 23GaugeVitrektomie als operative Verfahren etabliert sind, liegt bei gleichzeitigem Vorliegen von Katarakt und operationswürdiger Netzhautpathologie die Durchführung eines kombinierten Eingriffes nahe.
Methodik und PatientenIm Beobachtungszeitraum wurden als erste Patienten mit dieser kombinierten
Methode konsekutiv 17 Patienten im Alter von 41 bis 80 Jahren mit einem Visus von 0,05 bis 0,5 operiert. Die Indikationen teilten sich dabei wie folgt auf:
– zwei Patienten mit Macular pucker nach Venenastverschluss (einmal mit Ödem),– vier Patienten mit Macular pucker,– zehn Patienten mit Makulaforamen (sieben mit Stadium III nach Gass, drei mit
Stadium IV nach Gass),– ein Patient mit visuslimitierender asteroider Hyalose.
In allen Fällen erfolgte eine bimanuelle Phako und HKLImplantation (MICS), 23GppV, epiretinales Membranpeeling, Rhexis der MLI. Die Endotamponade erfolgte durch die Eingabe von LuftSF6Gas (14mal), LuftC3F8Gas (einmal) oder ausschließlich mit Luft (einmal) bzw. BSS plus Triamcinolon (einmal).
ErgebnisseIntraoperative Probleme
In zwölf Fällen verliefen die Eingriffe ohne jegliche Besonderheiten. Einmal trat eine Hypotonie beim Instrumentenwechsel auf. In einem Fall wurde die Naht einer Sklerotomie und dreimal die Laserkoagulation eines präformierten Netzhautforamens notwendig. Bei keiner der 17 Operationen trat eine Vorderkammerabflachung bei der Bulbusindentation auf. Besonders kritisch wurden die Tensionswerte nach dem kombinierten Eingriff erwartet. Lediglich in vier Fällen trat eine Hypotonie (<10 mmHg) am ersten postoperativen Tag auf. Einmal wurde ein IODAnstieg verzeichnet. Am zweiten postoperativen Tag wiesen alle 17 operierten Augen Normotonie auf. Bei einem Patienten mit Diabetes mellitus wurde eine leichte postoperative Fibrinreaktion beobachtet.
Der Entlassungsvisus betrug in den 15 Fällen mit Gasendotamponade Erkennen von Handbewegungen. Ein Patient mit Luftfüllung erreichte bereits einen Visus von
235Werschnik, Wilhelm: Die Kombination von MICS mit der 23-Gauge-Vitrektomie
0,2 und der Patient mit BSSAuffüllung des Glaskörperraumes sogar 0,7. Folgende Visusergebnisse wurden acht Wochen postoperativ erzielt:
– 0,1 bis 0,4 (sieben Fälle),– 0,5 bis 1,0 (neun Fälle).
Bei einem Patienten konnte kein Visus erhoben werden, da er den Wohnort gewechselt hatte und nicht zur Kontrolluntersuchung erschien. In den 16 nachkontrollierten Fällen lagen die Tensionswerte im Mittel bei 16 mmHg (13 bis 20 mmHg). Neun der zehn Makulaforamina konnten durch die Operation verschlossen werden, eines persistierte. In 15 Fällen war die Makula postoperativ trocken, einmal bestand noch ein Restödem.
Besonders auffällig und von den Patienten positiv registriert war die schnelle Rehabilitation und Beschwerdefreiheit, was auch mit den biomikroskopisch und ophthalmoskopisch erhobenen Befunden (Abb. 1 und 2) korreliert, die schon auch aufgrund der fehlenden Nähte kurze Zeit nach der OP kein Operationstrauma mehr erkennen ließen.
Abb. 1a–c: Patient D. G., Befunde 8 Wochen nach kombinierter MICS und 23-Gauge-Vitrektomie bei Katarakt,
Macular pucker, VAV und artielle Plaques, Visusbesserung von 0,2 auf 0,6
a b c
Abb. 2a–c: Patientin S. A., Befunde 8 Wochen nach kombinierter MICS und 23-Gauge-Vitrektomie bei Katarakt
und Makulaforamen, Visusbesserung von 0,05 auf 0,6
a b c
236 PhaKotechnIKen
DiskussionJede neue Technik hat ihre Reize und Vorteile – aber auch von vornherein den
Nachteil, dass sie neu ist. Das bedeutet eine Umstellung – für den Operateur und auch für die OPSchwester. Allerdings wird der Erfolg des schonenderen Operierens für den Stress bei der Einarbeitung in die neue Technik entschädigen! Besonders zu Anfang ist mit deutlich verlängerten Phakozeiten zu rechnen. Deshalb sollten für die ersten Operationen relativ weiche Kerne ausgewählt werden und dann nach und nach gesteigert werden. Die Verlängerung der reinen Phakozeit kann man – zumindest teilweise – durch den Einsatz des PulseModes abfangen.
Die in den kollegialen Diskussionen im Umfeld von Tagungen aufgegriffenen Für und Wider der kombinierten Mikroinzisionstechnik sind nachfolgend aufgelistet:
Vorteile– schnellere postoperative Rehabilitation und erhöhter Patientenkomfort – keine
Nähte– kleinerer Schnitt, keine Gefahr der Tunneleröffnung bei Indentation während ppV– einfacher Umstieg auf bimanuelle Phako oder auf 23GaugeVitrektomie, – flexibles Arbeiten möglich– Kombination von zwei schonenden Verfahren– kaum Astigmatismusinduktion
Nachteile– „burning“ im Parazentesenbereich?– abhängig von der Verfügbarkeit geeigneter IOLs?– kein Astigmatismusausgleich– erhöhte ppVKosten (Einmalmaterialien)?– Refluxgefahr bei Silikonöleinfüllung?– erhöhtes Hypotonie und Endophthalmitisrisiko?– gering verlängerte Phako und Vitrektomiezeiten?
Das Angebot geeigneter Intraokularlinsen ist in den letzten Jahren umfangreicher geworden. So stehen sowohl dreiteilige als auch einteilige Blaulichtfilterlinsen für die MICS zur Verfügung, wobei auch diese in absehbarer Zeit preloaded im Shooter geliefert werden sollen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sich bei der Kombination beider OPTechniken um ein effektives und sicheres Verfahren der Kleinschnitttechnik für variable vitreoretinale Indikationen handelt, das weniger traumatisch und komplikationsarm ist. Es ist von einer schnelleren postoperativen Rehabilitation auszugehen [14]. Während einzelne Autoren die kombinierte Operation gerade für komplizierte Ausgangssituationen favorisieren [12], geben andere dem zweizeitigen Vorgehen den Vorzug, da die postoperativen Entzündungsreaktionen geringer sind [4]. Auch eine vermehrte frühzeitige Fibrosierung der Hinterkapsel bei der kombinierten Operation wurde beobachtet [15]. Andere Studien beschäftigen sich bereits mit der Kombination von MICS mit der 25GaugeVitrektomie [1].
237Werschnik, Wilhelm: Die Kombination von MICS mit der 23-Gauge-Vitrektomie
ZusammenfassungNach diesen ersten hier vorgestellten Resultaten sind größere und randomisier
te Vergleichsstudien zwischen konventioneller Phako und MICS sowie 20 und 23GaugeVitrektomien erforderlich. Die vorliegenden Ergebnisse ermutigen dazu, die Indikation für diese Kombination von zwei mikroinvasiven Operationsmethoden weiter zu fassen. Daraus ergibt sich langfristig die Frage, ob zukünftig die Kombinationsoperation von bimanueller Phako und 23GaugeVitrektomie der neue Standard wird.
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239
Vergleich zweier Intraokularlinsen nach koaxialer mikroinzisionaler Kataraktchirurgie
N. Müller, M. Möglich, H. Häberle, D. T. Pham, C. Wirbelauer
ZusammenfassungHintergrund: Im Rahmen der koaxialen mikroinzisionalen Kataraktchirurgie (CMICS)
wurde eine asphärische MICSIOL mit einer konventionellen asphärischen IOL verglichen.
Methoden: In einer prospektiven klinischen Studie wurden 80 Patienten mit einer CMICS (Stellaris) operiert. Über einen 1,8 bzw. 2,2 mm breiten Schnitt wurde entweder eine MICSIOL aus hydrophilem Acrylat (Akreos MI60, Bausch & Lomb) oder eine Kontrolllinse aus hydrophobem Acrylat (Tecnis ZCB00, AMO) implantiert. Die postoperative Kontrolle erfolgte durchschnittlich zwei Monate nach der Operation. Erhoben wurde der bestkorrigierte Visus, der IOLBefund, die okulären Aberrationen (HartmannShackSensor) und die Kontrastempfindlichkeit unter mesopischen Bedingungen bei 3 cd/m² (FACT).
Ergebnisse: Der postoperative unkorrigierte Visus lag bei der Akreos MI 60 bei 0,72 und bei der Tecnis ZCB00 bei 0,85 (p = 0,02). Der korrigierte Visus lag nach MI60Implantation bei 0,96 und nach ZCB00Implantation bei 1,05 (p >0,05). Im IOLBefund zeigten sich weder Dezentrierung noch axiale Verlagerung noch Verkippung (p >0,05). Kapselveränderungen zeigten sich etwas ausgeprägter bei der Tecnis ZCB00 (p = 0,046). Die Gesamtaberrationen höherer Ordnung (p = 0,001) und der sphärische Fehler (ZernikePolynom 4.0, p <0,001) waren bei der Tecnis ZCB00 signifikant niedriger. Durch einen myopen Shift der MI60 kam es auch bei den Gesamtaberrationen und beim sphärischen Fehler (ZernikePolynom 2.0) zu einem besseren Abschneiden der ZCB00 (p <0,001). Die Kontrastempfindlichkeit zeigte keinen signifikanten Unterschied (p >0,05).
Schlussfolgerung: Die untersuchte MICSIOL hatte gute und vergleichbare postoperative Ergebnisse wie eine konventionelle faltbare asphärische IOL. Die postoperative myope Abweichung bei der MI60IOL wurde durch eine optimierte AKonstante behoben. Signifikante Unterschiede zeigten sich in der Wellenfrontanalyse und im unkorrigierten postoperativen Visus.
SummaryBackground: In coaxial microincisional cataract surgery (CMICS) an aspheric MICS
IOL was compared to a conventional aspheric IOL.Methods: In a prospective clinical study 80 patients were operated with CMICS (Stel
laris). A MICSIOL of hydrophilic acrylate (Akreos MI60, Bausch & Lomb) or a control IOL of hydrophobic acrylate (Tecnis ZCB00, AMO) were implanted through a 1.8 respectively 2.2 mm corneal incision. The postoperative followup was on average two months after surgery. The uncorrected and bestcorrected visual acuity (BCVA), the IOLresults, the ocular aberrations (HartmannShackSensor) and the contrast sensitivity under mesopic conditions (FACT) at 3 cd/m² were examined.
240 PhaKotechnIKen
Results: The postoperative uncorrected visual acuity was in the Akreos MI60 at 0.72 and in the Tecnis ZCB00 at 0.85 (p = 0.02). The BCVA after MI60implantation was at 0.96 and after ZCB00implantation at 1.05 (p >0.05). The IOL results show no decentration, axial movement, or lens tilt (p >0.05). After implantation of the TecnisIOL more intense changes of capsule were observed (p = 0.046). The total higherorder aberrations (p = 0.001) and the spherical error (Zernike polynom 4.0, p <0.001) were significantly lower after TecnisIOL implantation. Contrast sensitivity did not reveal significant differences (p >0.05).
Conclusion: The studied MICSIOL had good and comparable postoperative results as a conventional aspheric IOL. However, significant differences in the wavefront analysis and in the uncorrected postoperative visual acuity were observed. To correct for a postoperative myopic shift of the MI60 the biometric parameters were modified.
HintergrundDie mikroinzisionale Kataraktchirurgie (MICS) stellt eine der wichtigen Innova
tionen auf dem Gebiet der Kataraktchirurgie dar. Durch die Verringerung der Inzisionsbreite ist in den letzten Jahren eine erhebliche Verbesserung der Kataraktoperation erreicht worden [1, 2, 11, 12, 16]. Die Vorteile einer kleineren Schnittbreite sind eine verbesserte Vorderkammerstabilität, eine Verringerung des operativen Traumas, ein geringerer induzierter Astigmatismus und ein vermindertes Risiko einer Endophthalmitis [16]. In dieser prospektiven Studie wurden im Rahmen der MICS zwei Kunstlinsen, eine spezielle Intraokularlinse (MICSIOL) und eine konventionelle faltbare IOL, miteinander verglichen.
MethodenBei je 40 Patienten mit unkomplizierter seniler Katarakt wurde entweder die Akreos
MI60 (B&L), eine MICSIOL, die über einen 1,8mmSchnitt implantiert werden kann, oder als Kontrolle die Tecnis ZCB00, für die eine Inzisionsbreite von 2,2 mm gewählt wurde, eingesetzt. Erstere besteht aus hydrophilem Acrylat und hat vier Haptiken mit Absorptionszone, die eine dauerhafte Zentrierung auch bei Kapselveränderungen garantieren sollen. Die einstückige Tecnis ZCB00 (AMO) besteht aus hydrophobem Acrylat, und eine spezielle TriFix3PunktFixation ermöglicht eine gute Stabilisierung im Kapselsack. Eine 360° scharfe Kante sorgt bei beiden Linsen für eine Minimierung der Nachstarbildung. Hinsichtlich der optischen Eigenschaften ist die MI60 asphärisch neutral, während die ZCB00 eine negative Asphärizität aufweist.
Patienten mit Augenerkrankungen oder Veränderungen des Augenhintergrundes wurden nicht in die Studie eingeschlossen. Das durchschnittliche Alter der sowohl männlichen als auch weiblichen Patienten lag in der MI60Gruppe bei 74,6 Jahren und in der ZCB00Gruppe bei 73,8 Jahren. Bei der MI60Gruppe wurden Linsen zwischen 18 und 24,5 dpt implantiert (Mittelwert 22,02 dpt), bei der ZCB00Gruppe zwischen 20 und 23 dpt (Mittelwert 21,3 dpt).
Die postoperativen Untersuchungen wurden nach durchschnittlich 10,4 Wochen durchgeführt. Unter standardisierten Bedingungen wurde der unkorrigierte und
241Müller et al.: Vergleich zweier Intraokularlinsen nach koaxialer mikroinzisionaler Kataraktchirurgie
korrigierte (subjektive Refraktion) Visus erhoben. Der IOLBefund wurde an der Spaltlampe in maximaler medikamentöser Mydriasis beurteilt und an einer Vorderabschnittskamera fotodokumentiert (Visupac, Zeiss). Die Beurteilung erfolgte hinsichtlich Zentrierung, axialer Verlagerung, Verkippung, Überlagerung von Haptik und Optik, Eintrübung der Intraokularlinse, Fibrosierung bzw. Auftreten von Stressfalten in der Kapsel und anderer Auffälligkeiten.
Die Wellenfrontanalyse wurde mit dem HartmannShackSensor bei einer optischen Zone von 5 mm durchgeführt (ORK WavefrontAnalyzer, Schwind). Neben den Gesamtaberrationen und allen Aberrationen höherer Ordnung wurden die einzelnen ZernikePolynome bis zur 4. Ordnung erfasst. Dazu zählen Astigmatismus Z(2,–2) und Z(2,2); sphärischer Fehler Z(2,0); dreistrahliger Astigmatismus Z(3,–3) und Z(3,3); vertikales Koma Z(3,–1) und horizontales Koma Z(3,1); vierstrahliger Astigmatismus Z(4,–4) und Z(4,4); Astigmatismus 2. Ordnung Z(4,–2) und Z(4,2) sowie sphärische Aberration Z(4,0).
Die Prüfung des Kontrastsehens erfolgte bei neutraler Pupille mit der GinsburgBox. Alle Patienten wurden mittels Functional Acuity Contrast Test (F.A.C.T.) untersucht, wobei die Kontrastsensitivität bei allen Raumfrequenzen (1,5, 3, 6, 12 und 18 cpd) unter einer Lichtstärke von 3 Candela getestet worden ist. Da 3 cd/m² die unterste Grenze des mesopischen Sehens repräsentiert, stellt diese Lichtstärke hohe Anforderungen an den Patienten, erlaubt jedoch eine gute Abgrenzung des Kontrast und Dämmerungssehens für unterschiedliche IOLs [15].
Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS über Mittelwerte, Standardabweichung und Messbereich. Unterschiede im Verlauf wurden über den WilcoxonTest für verbundene Stichproben ermittelt. Der nicht parametrische MannWhitneyUTest für unverbundene Stichproben wurde zur Prüfung der Unterschiede zwischen der MI60 und der TecnisGruppe angewandt. Unterschiede mit p <0,05 wurden als statistisch signifikant gewertet.
ErgebnisseDer durchschnittliche präoperative Visus lag in beiden Gruppen bei 0,52 ± 0,2
(p = 0,815). Der postoperative unkorrigierte Visus der Patienten mit MI60 lag im Mittel bei 0,72 ± 0,23 (0,3 bis 1,25), während die TecnisGruppe bei 0,85 ± 0,23 (0,5 bis 1,25) lag (p = 0,02). Dies war vor allem mit dem myopen Shift der MI60 zu erklären, denn das durchschnittliche sphärische Äquivalent betrug bei der MI60 –0,67 ± 0,55 dpt (–1,88 bis +0,63 dpt), bei der ZCB00 hingegen +0,18 ± 0,39 dpt (–0,5 bis +1,0 dpt). Der bestkorrigierte Visus nach Operation zeigte keinen signifikanten Unterschied (MI60 0,96 ± 0,19/ZCB00 1,05 ± 0,22, p >0,05) (Abb. 1). Der an der Spaltlampe erhobene IOLBefund (Abb. 2) zeigte bei beiden Linsen weder Dezentrierung noch axiale Verlagerung noch Verkippung oder Überlagerung von Haptik und Optik (p >0,05). Bei der TecnisIOL zeigten sich häufiger diskrete Veränderungen im Kapselbefund (p = 0,046) und in zwei Fällen eine ausgeprägte Vorderkapselphimose, wobei Letzteres wahrscheinlich auf einen zu geringen Durchmesser der Kapsulorhexis zurückzuführen war, der in beiden Fällen bei 4 mm lag.
242 PhaKotechnIKen
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
V cc prä V sc post Vcc post
P = 0,815 P = 0,02 P = 0,081
0,520,52
0,72
0,850,96
1,05
In der Wellenfrontanalyse (Abb. 3) bei 5 mm optischer Zone zeigte sich bei den Aberrationen höherer Ordnung ein statistisch signifikanter Unterschied (p = 0,001). Auch im Bereich der sphärischen Aberration (dem ZernikePolynom 4.0) schnitt die Tecnis ZCB00 aufgrund der asphärischen Korrektur besser ab (p < 0,001), wobei auch die Akreos MI60 gute Ergebnisse aufwies, da alle RMSWerte < 0,2 µm waren. Unterschiede in den Gesamtaberrationen und beim sphärischen Fehler (dem ZernikePolynom 2.0) konnten auf die postoperative myope Abweichung der Akreos MI60 zurückgeführt werden (p < 0,001). Die Prüfung des Kontrast und Dämmerungssehens (Abb. 4) zeigte im Vergleich keinen statistisch signifikanten Unterschied (p >0,05).
Abb. 2: a) Akreos MI60 und b) Tecnis ZCB00
a b
MI60
ZCB00
Abb. 1: Bestkorrigierter Visus nach OP
243Müller et al.: Vergleich zweier Intraokularlinsen nach koaxialer mikroinzisionaler Kataraktchirurgie
DiskussionDie Akreos MI60 ist eine MICSIOL mit einem Durchmesser von 10,5 bis 11 mm,
die über einen 1,8 mm breiten Schnitt implantiert werden kann. Der Durchmesser der IOL wird bei zunehmender Hyperopie kleiner. Im Gegensatz dazu hat die Tecnis ZCB00 einen Durchmesser von 13 mm und wird über einen mindestens 2,2 mm großen Schnitt implantiert. Neben den optischen Eigenschaften einer Intraokularlinse spielt die Schnittbreite hinsichtlich okulärer Aberrationen eine große Rolle.
total high 2,0 3,–3 3,–1 3,1 3,3 4,–4 4,–2 4,0 4,2 4,4
3
2
1
0
–1
µm
MI60
ZCB00
Abb. 3: Wellenfrontanalyse
Abb. 4: Prüfung des Kontrast- und Dämmerungssehens
70
60
50
40
30
20
10
0 1,5 3 6 12 18
Ortsfrequenz (cpd)
MI60
ZCB00
P = 0,934 P = 0,927
P = 0,173
P = 0,128
P = 0,115
3 cd/m²
244 PhaKotechnIKen
So konnte nachgewiesen werden, dass die optische Güte nach Implantation einer Akreos MI60 über einen 1,7mmSchnitt besser war als nach Implantation der gleichen Linse über einen 2,8 mm breiten Schnitt. Die Aberrationen höherer Ordnung waren bei einer kleineren Schnittbreite signifikant niedriger [9].
Beide untersuchten IOLs hatten geringe und klinisch nicht relevante Aberrationswerte von unter 0,2 µm. Die Tecnis ZCB00 schnitt in der Wellenfrontanalyse besser ab als die Akreos MI60. Im Vergleich scheint hier trotz größerer Schnittbreite in der TecnisGruppe das asphärische Design eine etwas bessere optische Qualität zu ermöglichen. Die ZCB00 weist eine negative Asphärizität auf und imitiert damit die natürliche Situation eines jugendlichen Auges, in dem korneale positive sphärische Aberrationen von den negativen sphärischen Aberrationen der natürlichen Linse nahezu ausgeglichen werden [6, 7, 8, 14]. Bei der MI60 handelt es sich um eine aberrationsfreie IOL, das heißt, Vorder und Rückfläche sind asphärisch und die Linse ist frei von positiven und negativen sphärischen Aberrationen. Nach Implantation einer MI60 bleiben also korneale positive sphärische Aberrationen bestehen. Einige Autoren postulieren eine bessere Tiefenschärfe bei kornealen positiven sphärischen Aberrationen, andere vertreten den Standpunkt, dass eine negative Asphärizität auch keine verminderte Tiefenschärfe zur Folge hat. Applegate und McLellan stellten außerdem fest, dass ein geringer Anteil sphärischer Aberrationen größer als 0 einen durchaus günstigen Einfluss auf Koma sowie chromatische und andere Aberrationen hatte und dadurch die visuelle Klarheit und das Nahsehen verbesserte [3, 10].
Im Kontrastsehen zeigte sich in beiden Patientengruppen kein signifikanter Unterschied, wenngleich die TecnisGruppe bei niedrigen Auflösungen eine leicht bessere Tendenz aufwies. Die ZCB00 besteht aus hydrophobem Acrylat, und neben einem geringeren Risiko der Kalzifizierung und Glisteningbildung wird diesem Material auch eine bessere Durchlässigkeit für blaues Licht zugeschrieben, was ein besseres Nachtsehen ermöglicht.
Die bisherigen – auch statistisch nachweisbaren – Vorzüge der Tecnis ZCB00 liegen in der noch geringeren Ausprägung der Aberrationen höherer Ordnung, die der Akreos MI60 im stabileren Kapselbefund. Beide Linsen zeigten keine Dezentrierung. Eine gute Stabilität und Zentrierung ist ausschlaggebend für einen dauerhaften Vorteil vom asphärischen IOLDesign, da die Vorzüge der Asphärizität bereits bei einer Dezentrierung ab 0,5 mm verloren gehen können [4, 5, 9]. Die beobachteten Fälle mit Vorderkapselphimose müssen in größeren Patientenkollektiven weiter überprüft werden.
Zusammenfassend zeigten sowohl die Akreos als auch die TecnisGruppe sehr gute postoperative Ergebnisse. Aufgrund des myopen Shifts der MI60 und dem dadurch aufgetretenen myoperen sphärischen Äquivalents erfolgte eine Anpassung der AKonstante. Insgesamt ergab die Akreos MI60 im Rahmen der MICS gleichwertige funktionelle Ergebnisse, wobei die Nachstarentwicklung im weiteren Verlauf noch überprüft werden sollte.
245Müller et al.: Vergleich zweier Intraokularlinsen nach koaxialer mikroinzisionaler Kataraktchirurgie
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M-IOL
249
Klinische 5-Jahresergebnisse der ersten Generation von akkommodativen Dualoptik-Intraokularlinsen
I. J. Limberger, Y. Heggemann, G. U. Auffarth
ZusammenfassungHintergrund: Wir haben die Dualoptik der akkommodativen Intraokularlinse (IOL),
Synchrony (Visiogen), fünf Jahre beobachtet.Patienten und Methoden: Sechs Patienten (im Alter von 66 ± 8 Jahren) wurden nach
der unkomplizierten Linsenentfernung in einem Auge die DualoptikIOL (Synchrony) und in dem anderen Auge unterschiedliche IOLs (1CU oder Acrysof) implantiert. Die Nachbeobachtungszeit betrug fünf Jahre. Postoperativ wurden die UCDVA, BCDVA, UCNVA, BCNVA, die Linsenzentrierung und der Nachstar untersucht. Die objektive Akkommodationsmessung wurde mit einem neuen Akkommodationsmessgerät DSA (Dynamic Stimulation Aberrometry) von Oculus durchgeführt.
Ergebnisse: Die Entwicklung der UCDVA in logMAR waren: 0,31± 0,27 (ein Monat postoperativ), 0,27 ± 0,32 (ein Jahr), 0,48 ± 0,45 (drei Jahre), 0,14 ± 0,15 (fünf Jahre).
Die Entwicklung der BCDVA in logMAR waren: 0,04 ± 0,15 (ein Monat postoperativ), 0,06 ± 0,15 (ein Jahr), 0,20 ± 0,30 (drei Jahre), 0,05 ± 0,06 (fünf Jahre).
Die Entwicklung der UCNVA in logMAR waren: 0,26± 0,82 (ein Monat postoperativ), 0,54 ± 0,20 (ein Jahr), 0,41 ± 0,16 (drei Jahre), 0,53 ± 0,09 (fünf Jahre);
Die Entwicklung der BCNVA in logMAR waren: 0,05 ± 0,18 (ein Monat postoperativ), 0,17 ± 0,13 (ein Jahr), 0,34 ± 0,38 (drei Jahre), 0,15 ± 0,13 (fünf Jahre).
Es wurde keine eindeutige Dezentration beobachtet. Drei von sechs Augen zeigten keinen bis nur geringen Nachstar. Die mittlere objektive Akkommodationsamplitude war 0,18 dpt.
Schlussfolgerungen: Die erste Generation der Dualoptik akkommodative Intraokularlinse zeigt sehr gute Ergebnisse fünf Jahre nach den Implantationen.
SummaryPurpose: To evaluate the long term clinical results of a first generation dualoptic ac
commodating intraocular lens (IOL), Synchrony (Visiogen). Patients and methods: Six patients were enrolled in interventional case review. One
eye of the patient was implanted with dualoptic accommodating IOL, the fellow eye was implanted with different IOLs (1CU or Acrysof). All IOLs were implanted in the capsular bag through clear corneal incision. A five years follow up was performed. Postoperative investigations including: uncorrected, best corrected visual acuities; centration; posterior capsular opacification, interlenticular opacification. Objective accommodative amplitude was measured by a novel instrument (DSA, Dynamic Stimulation Aberrometry).
Results: (1) Development of UCDVA in LogMAR: 0.31± 0.27 (one month postop), 0.27 ± 0.32 (one year), 0.48 ± 0.45 (three years), 0.14 ± 0.15 (five years); BCDVA in logMAR: 0.04 ± 0.15 (one month postop), 0.06 ± 0.15 (one year), 0.20 ± 0.30 (three years), 0.05 ± 0.06 (five years); UCNVA in logMAR: 0.26± 0.82 (one month postop), 0.54 ± 0.20 (one year),
250 m-Iol
0.41 ± 0.16 (three years), 0.53 ± 0.09 (five years); BCNVA in logMAR: 0.05 ± 0.18 (one month postop), 0.17 ± 0.13 (one year), 0.34 ± 0.38 (three years), 0.15 ± 0.13 (five years).
(2) No obvious decentration was observed; (3) no obvious posterior capsular opacification and interlenticular opacification were observed (three eyes from six eyes); (4) mean objective accommodative amplitude was 0.18 D. No statistical difference of was accommodative amplitude found comparing to the fellow eye.
Conclusions: The first generation of dualoptic accommodating intraocular lens showed no ovious malposition, posterior capsular opacification or interlenticular opacification after 5 years of implantation.
EinleitungPresbyopie ist heute eine der großen ungelösten Herausforderungen in der
Augenheilkunde. Seit von Helmholtz analysierten viele Forscher die Mechanismen der Presbyopie und deren mögliche Lösungen. Eine mögliche Lösung ist die Implantation von akkommodativen Intraokularlinsen wie die Synchrony der Firma Visiogen Inc. Die Synchrony ist eine aus Silikon hergestellte DualoptikIOL, die aus zwei Bestandteilen besteht, eine vordere – hochbrechende (+) – und eine hintere – negativbrechende (–) – Optik. Der Vorteil dieses dualen Optiksystems gegenüber Einzeloptiklinsen liegt darin, dass schon Bewegungen der Linsen von unter 0,8 mm zu Akkommodationswerten von 2 dpt führen können.
Patienten und MethodenSechs Patienten (im Alter von 66 ± 8 Jahren, Spanne 59 bis 73 Jahre) erhielten
nach der Kataraktoperation in ein Auge eine DualoptikIOL (Synchrony) und in das andere Auge eine andere IOL (1CU, Fa. Human Optics; oder Acrysof, Fa. Alcon) implantiert. Die Nachbeobachtungszeit betrug fünf Jahre. Postoperativ wurden UCDVA, BCDVA, UCNVA, BCNVA, Linsenzentrierung und das Auftreten von Nachstar untersucht. Weiterhin wurde eine objektive Akkommodationsmessung mit einem neuen Akkommodationsmessgerät DSA (Dynamic Stimulation Aberrometry) von Optana durchgeführt. Das DSA ist eine Kombination aus dem COASAberrometer (Fa. Wavefront Sciences) und dem DSAAufsatz der Firma Optana. Es dient der dynamischen binokularen Stimulation der Akkommodation. Der Vorteil dieser Messmethode ist die binokulare Projektion der Teststimulation mit einem Fern (3,0 oder 6 m) und Nahtarget (0,3 bis 0,11 m), der Akkommodationsstimulus beträgt 3,0 bis 9,0 dpt [1].
ErgebnisseDas sphärische Äquivalent betrug einen Monat postoperativ –0,58 ± 1,05 dpt und
nach fünf Jahren –0,05 ± 0,41 dpt. Der unkorrigierten Fernvisus (UCDVA) war nach einem Monat postoperativ 0,31 ± 0,27 logMAR, nach fünf Jahren 0,14 ± 0,15 logMAR. Der bestkorrigierte Fernvisus (BCDVA) betrug ein Monat postoperativ 0,04 ± 0,15 logMAR und nach fünf Jahren 0,05 ± 0,06 logMAR.
251Limberger et al.: Klinische 5-Jahresergebnisse der ersten Generation …
Der unkorrigierte Nahvisus (UCNVA) war einen Monat postoperativ 0,26 ± 0,82 logMAR und nach fünf Jahren 0,53 ± 0,09 logMAR. Der bestkorrigierte Nahvisus (BCNVA) war nahezu identisch, er betrug einen Monat postoperativ 0,05 ± 0,18 logMAR und nach fünf Jahren 0,15 ± 0,13 logMAR.
Es wurde keine Dezentrierung beobachtet, und drei von sechs Augen zeigten keinen bis wenig Nachstar. Die mittlere objektive Akkommodationsamplitude betrug 0,18 dpt.
Eine Darstellung des Akkommodationsmessgerätes DSA (Dynamic Stimulation Aberrometry) und dessen Bestandteile sind in der Abbildung 1 dargestellt. Abbildung 2 zeigt den Verlauf der Akkommodation einer Probandin im Alter von 27 Jahren mit phaken Augen. Dabei betrug der Akkommodationsstimulus 4,0 dpt, und es wurden mit der DSA bis zu 4,25 dpt Akkommodation gemessen. Abbildung 3 zeigt den Akkommodationsverlauf einer SynchronyPatientin im Alter von 62 Jahren fünf Jahre nach der Kataraktoperation. Es lassen sich 1 dpt objektiver Akkommodation nachweisen.
Abb. 1: Konfiguration der Dynamic Stimulation Aberrometry (DAS)
252 m-Iol
Abb. 2: Beispiel eines 27-jährigen phaken Patienten. Der Akkommodationsstimulus betrug 4 dpt, 4,25 dpt
werden auch gemessen.
Abb. 3: Beispiel einer Synchrony-Patientin fünf Jahre nach IOL-Implantation. Es lassen sich immerhin 1 dpt
objektiver Akkommodation nachweisen.
253Limberger et al.: Klinische 5-Jahresergebnisse der ersten Generation …
DiskussionEine Akkommodation ist eine dynamische Anpassung der Brechkraft des Auges.
Sie führt dazu, dass ein Objekt, das sich in einer beliebigen Entfernung zwischen dem individuell unterschiedlichen optischen Nah und Fernpunkt befindet, scharf auf der Netzhautebene abgebildet wird. Als Presbyopie bezeichnet man den fortschreitenden, altersbedingten Verlust der Nahanpassungsfähigkeit des Auges mittels Akkommodation. Ein scharfes Sehen in der Nähe ist deshalb ohne geeignete Korrektur nicht mehr möglich.
Eine akkommodative Linse soll die Bewegung des Zilliarmuskels beim Akkommodationsvorgang in eine dynamische Änderung der Brechkraft des Auges übertragen. Durch ein Scharnier oder einen ähnlichen Mechanismus in der Haptik soll die Brechkraft des Auges erhöht werden. Eine Verschiebung der IOLOptik um 1 mm kann etwa 2,5 bis 3,0 dpt Akkommodation in einer Doppeloptiklinse hervorrufen. Der Betrag des Akkommodationseffekts hängt von mehreren Faktoren ab, einschließlich Hornhautkrümmung, Achsenlänge, Brechkraft der Optik und deren Position im Kapselsack.
Die SynchronyIOL besteht aus einer konvexen vorderen Optik und einer konkaven hinteren Optik, die durch einen Federmechanismus verbunden sind. Die vordere Optik soll sich im Kapselsack bewegen und den Fokus des Netzhautbildes verändern, während die hintere an Ort und Stelle bleibt und als Ausgleich für die Stärke der vorderen Optik das Bild in den Fokusbereich entsprechend der Länge des Auges bringt. Dieses optische Design soll zu einer annährend gleichbleibend hohen Akkommodationsbreite bei unterschiedlicher IOLStärke führen.
SchlussfolgerungDie Patienten mit einer SynchronyDualOptikIntraokularlinse erreichten fünf
Jahre nach der Implantation sehr gute funktionelle Ergebnisse (binokulare Sehschärfe und gute Leseperformance), und die Patientenzufriedenheit ist hoch. Die Messungen mit der DSA zeigen noch objektiv nachweisbare Akkommodation bis zu 1,0 dpt.
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254 m-Iol
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IOL
257
Sulkusimplantation einer zweiten Hinterkammerlinse zur Ametropiekorrektur – Langzeitergebnisse
P. C. Hoffmann, K. C. Schulze, C. R. Lindemann
ZusammenfassungDie sekundäre Implantation einer „Huckepacklinse“ ist eine sinnvolle Methode zur re
fraktiven Korrektur eines ametropen Patienten nach KataraktOP. Wir stellen unsere Erfahrungen mit bisher 25 Fällen (2000 bis 2006) vor.
Von 25 Augen hatten 13 einen myopen und zwölf einen hyperopen Brechungsfehler. Allen Patienten wurde eine zweite HKL in den Sulcus ciliaris implantiert. Die längste Nachbeobachtungszeit beträgt sieben Jahre. Es kamen BiLinsen aus PMMA, Acryl oder Silikon sowie in den letzten Jahren sphärische und torische Meniskuslinsen aus Silikon, die speziell für die Huckepackimplantation entwickelt wurden, zum Einsatz. Bei allen Ametropien war eine stabile, sichere und vorhersagbare Korrektur möglich.
Der Refraktionsfehler änderte sich von –5,33 auf –0,43 dpt in der myopen Gruppe, von +3,52 auf –0,13 dpt in der hyperopen Gruppe. Kein Auge verlor mehr als eine Visuszeile. 95 % der Augen lagen bei ±1 dpt, 76 % bei ±0,5 dpt.
Die beschriebene Methode der sekundären Huckepackimplantation stellt eine sichere, effektive und wirtschaftliche Methode zur Korrektur höhergradiger Ametropie nach KataraktOP dar.
SummarySecondary implantation of a “piggyback lens” is a feasible way of treating ametropia
after cataract surgery. We report our experience with 25 cases (2000 to 2006). Of 25 eyes, 13 had a myopic and twelf a hyperopic error. All patients had a second PCIOL implanted into the ciliary sulcus. The longest followup was seven years. We used biconvex/biconcave IOLs made from PMMA, acrylate or silicone and during the last years meniscusshaped silicone lenses that were developed specifically for piggyback implantation.
With all types of ametropia, a stable, safe and predictable correction was possible. Refractive error improved from –5.33 to –0.43 D in the myopic group and from +3.52 to –0.13 D in the hyperopic group. No eye lost more than one line of BSCVA. 95 % of all eyes were within 1.0 D of attempted refraction, 76 % within 0.5 D.
Piggyback implantation of a second PCIOL into the ciliary sulcus is a safe, effective and economic way to correct major ametropia in pseudophacic patients.
258 Iol
EinleitungDie sekundäre Implantation einer „Huckepacklinse“ ist eine Methode zur re
fraktiven Korrektur bei vorhandener Pseudophakie. Unseres Wissens wurde dies erstmals 1999 beschrieben, und zwar zur refraktiven Korrektur nach perforierender Keratoplastik [1] bzw. zur Nachkorrektur hochmyoper pseudophaker Patienten [2], als in den USA Minuslinsen erstmals verfügbar wurden.
Durch Biometrie oder Berechnungsfehler, Verwechslungen oder andere Ursachen können unter Umständen große Ametropien auftreten. Nicht immer werden diese unmittelbar durch einen IOLAustausch korrigiert. In vielen Fällen wurde auch absichtlich eine Ametropie bei der Erstoperation herbeigeführt, zum Beispiel zur Vermeidung einer Aniseikonie bei einseitiger Katarakt. Soll jetzt das zweite Auge im Rahmen einer Kataraktoperation emmetropisiert werden, muss am ersten Auge eine refraktive Korrektur erfolgen.
Wir haben 2001 über fünf eigene Fälle berichtet [3] und stellen jetzt die Langzeitergebnisse mit bis zu sieben Jahren Nachbeobachtungszeit vor.
Patienten und MethodenWir behandelten 25 Augen von 24 Patienten, 14 Frauen und zehn Männer im Alter
28 bis 86 Jahren (Median 67). Es waren 13 rechte und zwölf linke Augen darunter. Insgesamt hatten 13 Augen einen myopen und zwölf einen hyperopen Brechungsfehler. Der Ersteingriff lag zwischen drei Monaten und zehn Jahren (Median zwei Jahre) zurück. Allen Patienten wurde eine zweite HKL in den Sulcus ciliaris implantiert. Die längste Nachbeobachtungszeit beträgt sieben Jahre. Es kamen bikonvexe bzw. bikonkave Linsen aus PMMA, Acryl oder Silikon sowie in den letzten Jahren sphärische und torische Meniskuslinsen aus Silikon, die speziell für die Huckepackimplantation entwickelt wurden, zum Einsatz. Einen Überblick gibt Tabelle 1.
Bei fünf weiteren Augen wurde eine primäre torische Huckepacklinse während einer KataraktOP zusätzlich zur Kapselsacklinse in den Sulkus implantiert. Die Huckepackimplantation wurde aus verschiedenen Gründen durchgeführt. Ein Biometrie und/oder Berechnungsfehler war die häufigste Ursache (11), geplante Ametropie am ersten Auge (5), hoher Astigmatismus nach ECCE (1), Hyperopisierung nach PTK (1), unklar (7). Die überwiegende Mehrheit der Patienten war auswärts voroperiert worden. Die Linse wurde bei allen Patienten nach einer allgemeingültigen Formel berechnet [4].
Für eine überschlägige Abschätzung ohne Computer kann man bei myopen Patienten Brillenrefraktion *1,1, bei hyperopen Brillenrefraktion *1,33 als zu implantierende Linsenstärke ansetzen. Da in den benötigten Brechkraftstärken nur 1,0dptAbstufungen verfügbar sind, wurde in der Regel eine Linse ausgewählt, die theoretisch eine leichte Myopisierung zur Folge haben sollte.
Die Implantation der Linse erfolgte mit verschiedenen Techniken. Die PMMAModelle wurden durch einen der Optikgröße entsprechenden sklerokornealen Tunnelschnitt unter Healon in den Sulcus gesetzt. Die faltbaren Linsen wurden in einem Fall mit der Pinzette eingesetzt, was problematisch ist, da der vertikale Raum für
259Hoffmann et al.: Sulkusimplantation einer zweiten Hinterkammerlinse zur Ametropiekorrektur
eine kontrollierte Entfaltung ohne Endothel oder Zonulatraumatisierung meist nicht ausreicht. In den anderen Fällen benutzten wir einen Injektor (AMO Emerald oder Alcon Monarch) für die Acryllinsen und eine modifizierte Technik für die Silikonlinsen: Durch eine Schnittbreite von 4,0 bis 4,5 mm wurde die Silikonlinse ungefaltet mit einer DodenPinzette gefasst, die erste Haptik durch den Schnitt bugsiert und dann die Linse in einer Ebene mit sanften Druck so durchgeschoben, dass sich die Ränder der IOL in der Inzision von selbst einrollten. Dies wurde durch die geringe Stärke der Linsen erleichtert. Mit dieser Technik liegt unseres Erachtens die geringste Traumatisierung angesichts der beengten Platzverhältnisse mit einer großen Linse vor. Eine Iridektomie wurde bei keinem Auge angelegt. Intra oder postoperative Komplikationen traten in keinem Fall auf.
ErgebnisBei allen Ametropien war eine stabile, sichere und vorhersagbare Korrektur mög
lich. Der Refraktionsfehler änderte sich von –5,33 auf –0,43 dpt in der myopen Gruppe, von +3,52 auf –0,13 dpt in der hyperopen Gruppe (Abb. 1 und 2). Die Ergebnisse blieben auch langfristig stabil. 95 % der Augen lagen bei ±1 dpt, 76 % bei ±0,5 (ein Jahr postoperativ) (Abb. 3).
Kein Auge verlor mehr als eine Zeile bestkorrigierten Visus, nur ein Auge eine Zeile ein Jahr postoperativ (Abb. 4). Beispielhaft sei ein Patient mit hoher Hyperopie (frühere Brillenrefraktion ca. +10 dpt) genannt, der 1993 kataraktoperiert wurde und aufgrund falscher Berechnung (SRK) eine +30,0dptLinse implantiert bekommen hatte. Die Refraktion betrug +8,75 bis 0,75/100°. Im Jahre 2000 wurde eine AMO AR40 +12,0 dpt in den Sulkus gesetzt, die postoperative Refraktion kam auf –1,0 und blieb bis heute stabil. Bei einem Auge mit einer scharfkantigen Acryllinse kam
PMMAdiverse
AlconMA50BMMA60MA
AMOSensarAR40
Dr. SchmidtMS 614
Dr. SchmidtMS 614 PBMS 714 PB
Dr. SchmidtMS 614TPB
Material PMMA Acrylathydrophob
Acrylathydrophob
Silikon Silikon Silikon
Optik 6,5 mm 6,5 mm6,0 mm
6,0 mm 6,0 mm 6,0 mm 7,0 mm
6,0 mm
Kanten rund scharf rund rund rund rund
Haptik 13,5 mm 13,0 mm 13,0 mm 14,0 mm 14,0 mm 14,0 mm
Anwinkelung 10° 10° 5° 0° 0° 0°
Anzahlimplantiert
10 4 1 2 7 1
Tab. 1: Übersicht über die von uns zur Huckepackimplantation verwendeten Linsen von 1999 bis 2006
260 Iol
es zu sichtbarer Abschabung von Irispigment, in einem anderen Fall zu einer milden Pupillenovalisierung. Andere Komplikationen traten nicht auf.
Abbildung 5 zeigt ein ScheimpflugFoto einer Huckepacksituation mit einer speziellen konvexkonkaven „PiggybackLinse“ (Dr. Schmidt MS 614 PB). Es ist gut zu erkennen, dass sich die Linsen zentral nicht berühren.
Abb. 1: Zeitlicher Verlauf (Monate postoperativ) der Refraktion bei den myopen Patienten. Es sind nur Augen mit
intendierter Vollkorrektur aufgeführt.
Abb. 2: Zeitlicher Verlauf (Monate postoperativ) der Refraktion bei den hyperopen Patienten
261Hoffmann et al.: Sulkusimplantation einer zweiten Hinterkammerlinse zur Ametropiekorrektur
DiskussionDie beschriebene Methode der sekundären Huckepackimplantation stellt eine
sichere, effektive und wirtschaftliche Methode zur Korrektur höhergradiger Ametropie nach KataraktOP dar. Zunächst erscheint ein Austausch der vorhandenen IOL nahe liegender, jedoch muss bedacht werden, dass bei länger zurückliegender Erstoperation dieser Austausch traumatischer sein wird — insbesondere bei bereits YAGbehandelter Hinterkapsel — als die Implantation einer Sulkuslinse. Weiterhin
100 %
90 %
80 %
70 %
60 %
50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
0 %
Augen innerhalb angestrebter Korrektur (%)
±0,25 ±0,5 ±1,0 ± 2,0
35
55
38
20
70
7771
80
9195 95
100 100 100 100 100
1 m (23)
3 m (22)
1 y (21)
5 y (10)
Abb. 3: Vorhersagegenauigkeit — Fehler >1 dpt traten praktisch nicht auf.
100 %
90 %
80 %
70 %
60 %
50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
0 %
2. SICHERHEIT: CC-Visusveränderung (%)
lost >2 lost 2 lost 1 unchanged gained 1 gained2 gained >2
34
138
60
67
58
67
8 84 4
84
1 (25)
3 (24)
12 (24)
60 (12)
Abb. 4: Sicherheit — nur bei einem Auge ging eine Zeile bestkorrigierter Visus verloren.
17
25 25
262 Iol
ist es durchaus wahrscheinlich, dass man die ursprüngliche Linse zwar problemlos explantieren kann, jedoch eine erneute Kapselsackfixierung nicht möglich ist, weil die peripheren Verklebungen der Kapselblätter nicht gelöst werden können und die Linse nicht korrekt zentrieren kann. Zu guter Letzt wird auch das refraktive Ergebnis weniger gut vorhersehbar sein, da keine regulären anatomischen Verhältnisse herrschen (Kapselsackschrumpfung) und in manchen Fällen auch nicht klar ist, welche Brechkraft die ursprüngliche Linse wirklich hat.
Es ist möglich, für die Huckepackprozedur statt einer regulären Hinterkammerlinse eine ICL oder eine iris oder kammerwinkelgestützte Vorderkammerlinse zu benutzen, jedoch ist dies unwirtschaftlich und bietet dem Patienten keinerlei Vorteil. Eine Korrektur mit dem Excimerlaser ist ebenfalls eine Alternative zumindest bei mäßiger Myopie oder sehr milder Hyperopie, allerdings entstehen auch hier deutlich höhere Kosten.
Wird eine zweite Linse implantiert, gleichgültig ob primär oder sekundär, sollte diese nicht in den Kapselsack gesetzt werden, da in diesem Fall Komplikationen zu erwarten sind, insbesondere interlentikuläre Trübungen und refraktive Probleme durch Deformation der optischen Flächen [5–9]. Wird die zweite Linse in den Sulcus ciliaris gesetzt, können diese Probleme vermieden werden. Selbstverständlich sollte die Linse eine für den Sulkus geeignete Haptik sowie eine ausreichend große Optik besitzen. Seit einiger Zeit stehen Linsen speziell für diese Indikation zur Verfügung, die über eine konkave Rückfläche verfügen. Dadurch wird Kontakt mit der im Kapselsack befindlichen, üblicherweise bikonvexen Linse vermieden. Die Dr. Schmidt MS 714 PB vereint unseres Erachtens alle benötigten Eigenschaften: große Optik, große und breitflächig aufliegende Haptik, Meniskusform der Optik, faltbares Material [10].
In der Literatur sind Pigmentdispersionsglaukome beschrieben [11, 12], weswegen scharfkantige Linsen für diesen Zweck vermieden werden sollten. Ergebnisse und
Abb. 5: Scheimpflug-Aufnahme (Pentacam Hires) einer Huckepacksituation. Im Kapselsack befindet sich eine
bikonvexe Acryl-Linse, im Sulcus eine konvex-konkave Silikonlinse.
263Hoffmann et al.: Sulkusimplantation einer zweiten Hinterkammerlinse zur Ametropiekorrektur
Sicherheit sind insgesamt sehr zufriedenstellend, dieses deckt sich mit einer ähnlichen Arbeit [13].
Eine primäre Huckepackprozedur (Sulkusimplantation in der gleichen Sitzung wie die KataraktOP mit Kapselsackimplantation) kann bei sehr ungewöhnlichen Ausgangssituationen eine Lösung sein, zum Beispiel, wenn bei extremer Achslänge keine einzelne emmetropisierende Linse zur Verfügung steht und oder eine torische Linse in der gewünschten Kombination nicht erhältlich ist. Wir haben dies bisher bei fünf Augen mit torischen Linsen praktiziert, es liegen aber noch keine Langzeitergebnisse vor.
(Dieser Beitrag wurde bereits im Rahmen des DGIIKongresses 2008 gehalten.)
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terkammerlinse eine sinnvolle Methode zur Korrektur postoperativer Ametropien nach KataraktOperation? In: Demeler U, Völcker HE, Auffarth GU (Hrsg.): 15. Kongress der DGII. Köln:Köln: Biermann Verlag 2001;111–115
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10. Dr. Schmidt Intraokularlinsen. MS 714 PB (piggyback, sulcus fixation). Available at: http://www.drschmidtiol.de/fileadmin/daten/dokumente/datenblaetter/MS_714_PB.pdf.
11. Chang WH, Werner L, Fry LL et al.: Pigmentary dispersion syndrome with a secondary piggyback 3piece hydrophobic acrylic lens. Case report with clinicopathological correlation. J Cataract Refract Surg 2007;33:1106–1109
12. Chang SH, Lim G: Secondary pigmentary glaucoma associated with piggyback intraocular lens implantation. J Cataract Refract Surg 2004;30:2219–2222J Cataract Refract Surg 2004;30:2219–2222
13. Moustafa B, Häberle H, Wirbelauer C, Pham DT: Refraktive Langzeitergebnisse nach Huckepackimplantation. Ophthalmologe 2007;104:790–794–7944
265
Evaluierung der funktionellen Ergebnisse der torischen IOL LU 303 T
A. Ehmer, A. F. M. Borkenstein, H. Jin, T. M. Rabsilber, G. U. Auffarth
ZusammenfassungZiel: Ziel ist die Untersuchung der torischen LU 303 T Intraokularlinse (IOL) (Oculentis
GmbH, Berlin) hinsichtlich der klinischen Ergebnisse und Rotationsstabilität.Methodik: Für diese prospektive Studie wurden 14 Augen von acht Patienten rekrutiert.
Das mittlere Alter der Patienten betrug 69,0 ± 14,4 Jahre. Im Rahmen einer standardisierten Kataraktoperation wurden 14 torische IOLs mit Plattenhaptik implantiert. Postoperativ wurden Nachkontrollen mit subjektiver und objektiver Refraktion, Spaltlampenuntersuchung und Rotationsstabilität der IOL durchgeführt.
Ergebnisse: Der mittlere präoperative korneale Astigmatismus der Patienten betrug 2,35 ± 0,8 dpt. Es wurden torische IOLs mit einem mittleren Zylinder von 3,35 ± 1,89 dpt und einem sphärischen Äquivalent von +15,96 ± 6,58 dpt implantiert. Mit einer mittleren postoperativen zylindrischen Korrektur von –0,42 ± 0,62 dpt konnte neun bis zwölf Monate postoperativ eine korrigierte Sehleistung von 0,22 ± 0,35 logMAR erreicht werden.
Schlussfolgerung: Alle Operationen wurden komplikationslos durchgeführt. Die Oculen tis Toric zeigt zuverlässige Ergebnisse hinsichtlich Visus und Rotationsstabilität.
SummaryPurpose: Evaluation of a new toric IOL (Oculentis GmbH, Berlin) regarding functional
results and rotational stability.Method: 14 eyes of eight patients with a mean age of 69.0 ± 14.4 years were enrolled
in this prospective study. 14 toric IOLs with plate haptics were implanted during standard cataract surgery. Postoperatively subjective and objective refraction as well as slit lamp exams were performed. Additionally the rotational stability of the LU 303 T was evaluated.
Results: All surgeries were performed without any complications. The mean corneal astigmatism of the patients was 2.35 ± 0.8 D preoperatively. The mean cylinder of the IOLs implanted was 3.35 ± 1.89 D, the mean spherical equivalent was 15.96 ± 6.58 D. With a mean postoperative cylinder correction of –0.42 ± 0.62 D a postoperative best corrected distance corrected visual acuity of 0.22 ± 0.35 logMAR was achieved 9 to 12 months postoperatively.
Conclusion: The implantations of the new toric IOL were performed very safely. Good functional result as well as high rotational stability was found in all eyes evaluated.
EinleitungDie Korrektur von Astigmatismen durch torische Intraokularlinsen (IOLs) nimmt
eine wichtige Stellung in der Versorgung von Kataraktpatienten ein [1, 2]. Dabei spielt die Genauigkeit der Zielrefraktion als auch die Rotationsstabilität der IOL im Kapselsack eine wichtige Rolle [3–5].
266 Iol
MethodikFür diese prospektive Studie wurden 14 Augen von acht Patienten rekrutiert. Das
mittlere Alter der Patienten betrug 69,0 ± 14,4 Jahre. Im Rahmen einer standardisierten Kataraktoperation wurden 14 torische IOLs implantiert. Bei der LU 303 T handelt es sich um eine einstückige hydrophobe AcrylatIOL mit Plattenhaptik und einer 360° scharfen Kante. Der Lieferbereich liegt im sphärischen Anteil bei 0 bis +35,0 dpt und im zylindrischen Anteil bei +1,0 bis 12,0 dpt. Besonders hervorzuheben ist bei diesem Linsenmodell, dass die Genauigkeit des Fertigungsbereiches bei 0,01 dpt liegt im Vergleich zu sonst erhältlichen IOLs mit einer Genauigkeit von 0,5 dpt.
Präoperativ wurde ein mittlerer subjektiver Astigmatismus von –2,35 ± 1,57 dpt gemessen, der IOLMaster ermittelte einen mittleren Astigmatismus von –2,38 ± 0,8 dpt. Es wurden torische IOLs mit einem mittleren Zylinder von 3,35 ± 1,89 dpt und einem sphärischen Äquivalent von +15,96 ± 6,85 dpt implantiert. Der Bereich des IOLTorus lag dabei zwischen 0,81 bis 7,86 dpt. Postoperativ wurden subjektive und objektive Refraktion bestimmt. Weiterhin wurden Vorder und Hinterabschnitt des Auges, Rotationsstabilität und Nachstarentwicklung der IOL untersucht.
ErgebnisseDer mittlere präoperative bestkorrigierte Visus betrug 0,4 ± 0,3 logMAR. Am
ersten Tag postoperativ betrug der mittlere unkorrigierte Visus 0,33 ± 0,12 logMAR. Mit einer mittleren postoperativen zylindrischen Korrektur von –0,5 ± 0,51 dpt konnte eine korrigierte Sehleistung von 0,32 ± 0,11 logMAR erreicht werden. Zum Zeitpunkt der letzten Kontrolle (9,6 ± 0,9 Monate postoperativ) konnte ein bestkorrigierter Visus von 0,22 ± 0,35 logMAR mit einer mittleren zylindrischen Korrektur von –0,42 ± 0,62 dpt gemessen werden. Vergleicht man den Median des subjektiv korrigierten Astigmatismus präoperativ mit den Werten nach neun Monaten, so fanden wir eine Reduzierung um –1,5 dpt (Abb. 1). Betrachtet man die Differenz aus präoperativ gezieltem und postoperativ erreichtem Zylinder (neun Monate postoperativ), so liegen 66,67 % der Patienten in einem Bereich von ± 0,25 dpt und 75,0 % in ± 0,5 dpt (Abb. 2). Postoperativ wurden eine hintere Glaskörperabhebung (fünf Tage postoperativ), eine Netzhautblutung (sechs Wochen postoperativ) und ein beidseits stabiler Keratokonus diagnostiziert. Dies kann den Einfluss auf die reduzierten Visuswerte erklären.
Unter Anwendung der PowerVectorAnalyse für alle Augen konnte sowohl im sphärischen Äquivalent (SÄ), als auch in den geraden Achsen (J0) und den schrägen Achsen (J45) eine Reduzierung aller drei Vektorkomponenten (SÄ; J0; J45) ermittelt werden: präoperativ –1,49 ± 2,35 dpt; –0,17 ± 1,11 dpt; 0,29 ± 0,81 dpt und neun bis zwölf Monate postoperativ: 0,11 ± 0,62 dpt; 0,10 ± 0,25 dpt; 0,12 ± 0,21 dpt.
Für die Auswertung der Rotationsstabilität wurden alle Augen postoperativ in Mydriasis fotografiert. Im Anschluss wurden die Fotografien auf einer TABOSchemaVorlage zentriert ausgerichtet und über die Markierungen der IOLs die entspre
267Ehmer et al.: Evaluierung der funktionellen Ergebnisse der torischen IOL LU 303 T
chende Achsposition notiert. Zur Überprüfung der Rotationsstabilität wurde die Differenz aus der postoperativen Achse mit der präoperativ errechneten Achslage gebildet. Es wurde eine mittlere Rotation von 0,25 ± 9,15° ermittelt. Die absolute Rotation für alle Augen liegt bei 6,25 ± 6,41°. Betrachtet man jedes Auge individuell, so liegen 64,3 % der Achsen innerhalb von einer 5°Rotation und 78,6 % innerhalb von 10° (Abb. 3). Durchschnittlich neun Monate postoperativ wurde bei keiner IOL eine YAGKapsulotomie durchgeführt.
Abb. 1: Darstellung des gezielten Zylinders im Vergleich zum postoperativ ermittelten Zylinder: 1 Tag (postop. 1);
4–6 Wochen (postop. 2); 9–12 Monate (postop 3)
Target cyl präop cyl postop 1 cyl postop 2 cyl postop 3 cyl3
2
1
0
–1
–2
–3
–4
–5
–6
Zylin
der i
n dp
t
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0
–0,5
–1,0
–1,5
–2,0
–2,5
Diffe
renz
Ast
igm
atis
mus
pr
äop-
post
op 3
[dpt
]
±0,25-dpt-Bereich ±0,5-dpt-Bereich
±0,25-dpt-Bereich
Abb. 2: Darstellung der Differenz aus prä- und postoperativem Astigmatismus (postop 3 = 9–12 Monate)
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
268 Iol
SchlussfolgerungDie Implantation von torischen IOLs im Rahmen von Kataraktoperationen zeigt
eine erhöhte Zufriedenheit bei Patienten mit kornealem Astigmatismus. In der Regel sind diese Patienten postoperativ nicht auf eine Brille zur Korrektur der Hornhautverkrümmung angewiesen [2]. Die Implantation der LU 303 T ist sicher und erfolgte ohne Komplikationen. Es konnten gute funktionelle und klinische Ergebnisse gezeigt werden. Postoperativ konnte eine gute Rotationsstabilität demonstriert werden, mit Ausnahme zweier Augen mit Keratokonus und einem weiteren Auge, welches trotz 15°Rotation einen unkorrigierten Visus von 0,01 logMAR zeigte. Eine Korrektur dieser verdrehten IOL wurde aufgrund der guten Sehleistung nicht durchgeführt.
Das Modell LU 303 T wurde als LU 313 T mit einer Genauigkeit von 1/10 dpt im Markt eingeführt und kann die guten Ergebnisse bestätigen.
Literatur1. Amesbury EC, Miller KM: Correction of astigmatism at the time of cataract surgery. Curr Opin
Ophthalmol 2009;20:19–242. Auffarth GU, Rabsilber TM: Toric IOLs after cataract surgery and refractive lens exchange.
Ophthalmologe 2007;104:1024–313. Becker KA, Auffarth GU, Völcker HE: Messmethode zur Bestimmung der Rotation und De
zentrierung von Intraokularlinsen. Ophthalmologe 2004;101:600–6034. Langenbucher A, Viestenz A, Szentmáry N et al.: Calculation of pseudophakic and phakic
toric lenses for correction of corneal astigmatism – theory and clinical aspects. Klin Monatsbl Augenheilkd 2008;225:541–547
5. Chang DF: Comparative rotational stability of singlepiece openloop and platehaptic silicone toric intraocular lenses. J Cataract Refract Surg 2008;34:1842–1847
20
15
10
5
0
–5
–10
–15
–20
Diffe
renz
Ast
igm
atis
mus
pr
äop-
post
op 3
[dpt
]
5°-Markierung 10°-Markierung
5°-Markierung, 10°-Markierung
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Abb. 3: Darstellung der Differenz aus prä- und postoperativem Astigmatismus (postop 3 = 9–12 Monate )
269
EinleitungAktuelle diffraktive, multifokale Intraokularlinsen erlauben bei der Großzahl der
Patienten eine Brillenfreiheit für die Ferne und Nähe [1–4]. Trotzdem ist die Frage einer solchen Korrektur für Patienten mit hohem kornealen Astigmatismus, die primär eine torische IOL benötigen, oder für bereits pseudophake Patienten mit eventueller Restammetropie weiterhin schwierig zu beantworten. Insbesondere wenn ein Linsentausch durch Kapselsackveränderungen oder bereits erfolgte Nachstarbehandlungen kontraindiziert ist.
Sulkusgestützte Linsen sind seit Längerem bei Aphakie oder als zusätzliche torische Korrektur zur monofokalen HKL etabliert [5]. Ziel dieser prospektiven Studie war die Evaluierung einer diffraktiven Sulkuslinse (add on) zur Verbesserung des Nahvisus.
Patienten und MethodenIm Rahmen dieser Studie erfolgte eine einzeitige Implantation einer monofokalen
HKL und einer diffraktiven AddonLinse in 58 Augen von 30 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 65 ± 12 Jahren. Die Studie war von der Ethikkommission genehmigt und folgte der Erklärung von Helsinki. Ausgeschlossen von der Studie wurden Patienten, die neben der Katarakt weitere Erkrankungen hatten, die eine multifokale oder sulkusgestützte Linse ausschließen wie AMD, Uveitis oder Glaukom. Als monofokale Linse wurden in zwölf Augen Acryllinsen (Dr. Schmidt MC 6125 ASY, St. Augustin) und in 46 Augen Silikonlinsen (Dr. Schmidt MS 612 ASPY, St. Augustin) jeweils mit asphärischer Optik und Blaufilter in einem Dioptrienbereich von +4 bis +27 dpt eingesetzt. Als diffraktive AddonLinse wurde eine Silikonlinse (Dr. Schmidt MS 714 PB diff, St. Augustin) mit einer Nahaddition von +3,5 dpt eingesetzt.
Die speziell für den Sulkus entwickelte Linse besitzt einen Optikdurchmesser von 7 mm und angulierte Haptiken mit einem Durchmesser von 14 mm (Abb. 1).
Die Berechnung der monofokalen Kapselsacklinse erfolgte mittels HaigisFormel [6] basierend auf Messungen mit dem IOLMaster (Carl Zeiss, Jena). Postoperativ erfolgten Kontrollen nach einem Tag, einer Woche, einem Monat und drei Monaten. Bei der Dreimonatskontrolle wurde der Visus unkorrigiert sowie bestkorrigiert für Ferne, Nähe und den Intermediärbereich unter normierten Beleuchtungsbedingungen (100 bzw. 500 Lux) mit EDTRSTafeln bestimmt. Darüber hinaus erfolgten ScheimpflugAufnahmen (Pentacam, Oculus, Wetzlar) zur Bestimmung intraokularer Distanzen und die Beantwortung eines Fragebogens zur (subjektiven) Lebensqualität.
Diffraktive Add-on-HKL – erste Ergebnisse
G. Gerten, O. Kermani, E. Farvili, K. Schmiedt, A. Foerster, U. Oberheide
270 Iol
ErgebnisseDrei Monate postoperativ betrug der Median des binokularen unkorrigierten
Fernvisus 1,0 (logMAR 0,1 ± 0,11), des Nahvisus 0,8 (logMAR 0,16 ± 0,13) und des Intermediärvisus 0,63 (logMAR 0,20 ± 0,15).
Bestkorrigiert betrug der binokulare Visus für die Ferne im Median 1,0 (logMAR –0,02 ± 0,05), in der Nähe 0,8 (logMAR 0,05 ± 0,08) und im Intermediärbereich 0,8 (logMAR 0,09 ± 0,09) Alle Patienten hatten einen unkorrigierten Nahvisus von 0,5 oder besser. Dies entspricht dem Lesevermögen von Zeitungsschrift (Abb. 2). Die Refraktion nach drei Monaten betrug 0,01 ± 0,51 dpt im sphärischen Äquivalent. Die Maximalabweichung der intendierten Refraktion nach IOLBerechnungen zur tatsächlich erzielten Refraktion betrug 0,75 dpt im sphärischen Äquivalent. Auf die Fernkorrektur der Sphäre durch die monofokale Linse im Kapselsack hatte das Zusatzimplantat keinen Einfluss.
In der ScheimpflugKamera konnte der Abstand zwischen den Linsen zu im Mittel 400 µm bestimmt werden, wobei er die für monofokale Linsen höhere Brechkraft (+27 dpt) entsprechend kleiner Ausfälle von 250µm aber nie unterschritt (Abb. 3). Die Vorderkammer wies im Mittel eine Tiefe von 3,4 mm aus. In keinem Fall kam es zu einem Glaukomanfall oder Iriscapture bzw. Irispigmentverlust. Die AddonLinse war bei allen Patienten perfekt zentriert (Abb. 4), lediglich in drei Augen zeigte sich eine leichte Pupillenentrundung.
Im Fragebogen gaben 90 % der Patienten an, nie eine Brille zu tragen, 7 % für spezielle Tätigkeiten (vor allem bei PCArbeit) und ein Patient mit unzureichender Fernkorrektur gab an, immer eine Brille zu tragen. Die Patientenzufriedenheit mit dem Visus für Ferne und Nähe lag entsprechend bei 97 % bzw. 90 %.
Abb. 1: Sulkusgestützte diffraktive Intraokularlinse (add on) Dr. Schmidt MS714PB diff
271Gerten et al.: Diffraktive Add-on-HKL – Erste Ergebnisse
Abb. 2: Binokularer Visus nach 3 Monaten unkorrigiert und bestkorrigiert für verschiedene Entfernungen:
Ferne 1 m (intermediär) und 40 cm (nah). Der unkorrigierte Nahvisus für alle Patienten war mindestens 0,5,
dies entspricht der Lesefähigkeit von Zeitungsschrift.
Abb. 3: Scheimpflug-Aufnahme des Vorderabschnitts 3 Monate postoperativ. Man erkennt die Add-on-Linse
und die Hinterkammerlinse mit Blaufilter. Der Abstand zwischen den Linsen beträgt in diesem Fall 460 µm.
1,4
1,2
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0 Fern sc Fern cc Intermediär sc Intermediär cc Nah sc Nah cc
Visu
s
272 Iol
SchlussfolgerungDie Implantation einer zusätzlichen diffraktiven Sulkuslinse (add on) zur Verbes
serung des Nahvisus ist nach den vorliegenden drei Monatsdaten ein sicheres und effizientes Verfahren, mit der in über 90 % eine Brillenfreiheit erreicht werden konnte [7]. Wie bei multifokalen Kapselsacklinsen sind die Patienten in Bezug auf Streu zentren besonders sensitiv, sodass die Nachstarbehandlungsrate deutlich höher liegt als für Vergleichsgruppen mit der entsprechenden monofokalen IOL.
Literatur1. Cillino S, Casuccio A, Di Pace F et al.: Oneyear outcomes with newgeneration multifocal
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a diffractive multifocal intraocular lens with asymmetrical light distribution. J Cataract Refract Surg 2008 Jun;34:942–948
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5. Sauder G: Sekundäre torische Intraokularlinsenimplantation in pseudophake Augen. Das „Addon“IOLSystem. Ophthalmologe 2007 Dec;104(12):1041–1045
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Abb. 4: Diffraktives Zusatzimplantat im Sulkus, das Implantat ist sehr gut zentriert.
273
ZusammenfassungHintergrund: Vergleich der asphärischen Zeiss XL Stabi ZO Intraokularlinse (IOL) mit
der sphärischen Zeiss XL Stabi Sky IOL im Hinblick auf die Sehleistung, evaluiert mittels MTF (Z(4,0)) sowie HOA am WASCAAnalyzer, auf die Refraktion, das Kontrastsehen und den Lesevisus.
Studienort: Universitätsaugenklinik für Augenheilkunde und Optometrie SalzburgPatienten und Methoden: Prospektive, monozentrische, randomisierte, kontrollierte,
untersucher und patientenverblindete klinische Studie. 40 Kataraktpatienten erhielten monolateral entweder eine XL Stabi ZO (n = 20) oder eine XL Stabi Sky (n = 20) implantiert. Bei den Einmonatskontrollen wurden folgende Untersuchungen durchgeführt: MTFAnalyse mittels WASCA, Visus und Refraktion, Kontrastsensitivität (Optec 6500 Vision Tester) und Lesevisus (Salzburg Reading Desk).
Resultate: Die Analyse der MTF zeigte, dass mit der asphärischen XL Stabi ZO im Vergleich zur XL Stabi Sky eine Tendenz zur besseren optischen Qualität besteht, wenn Z(4,0) alleinig geprüft wird (p = zwischen 0,069 und 0,089). Bezüglich HOAs zeigten beide Gruppen identische MTFKurven. Der bestkorrigierte Fernvisus betrug einen Monat postoperativ in der XL Stabi ZO Gruppe im Mittel –0,07 ± 0,10 logMAR bzw. –0,05 ± 0,13 logMAR in der XL Stabi Sky Gruppe. Der Lesevisus wurde für die XL Stabi ZO mit +0,25 ± 0,20 logRAD sowie mit +0,25 ± 0,22 logRAD für die XL Stabi Sky gemessen; es zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Blendung und Halos hatten in beiden Gruppen eine erwartungsgemäß niedrige Inzidenz.
Schlussfolgerung: Beide Linsen zeigen einen Monat nach erfolgter Implantation sehr gute klinische Ergebnisse. Die neue asphärische XL Stabi ZO scheint im Hinblick auf die Sehleistung zu einer besseren optischen Qualität zu führen, da trotz der relativ geringen Gruppengröße ein Ergebnis nahe der statistischen Signifikanz erzielt werden konnte.
SummaryPurpose: Comparison of the aspheric XL Stabi ZO IOL (Zeiss) with the spheric XL Stabi
Sky IOL (Zeiss) regarding visual performance, as measured with the MTF for Z(4,0) and HOA, using the WASCA analyzer, refraction, visual acuity, contrast sensitivity and reading acuity.
Setting: University Eye Clinic Salzburg, Paracelsus Medical UniversityPatients and methods: Prospective, monocentric, randomized, controlled, investiga
tor and patient blinded clinical trial. 40 cataractpatients randomly received in one eye either a XL Stabi ZO (n = 20) or a XL Stabi Sky (n = 20). At the onemonthfollowup several investigations where performed: WASCA aberrometry, visual acuity, objective and subjective refraction, contrast sensitivity (Optec 6500 vision tester) and reading acuity (Salzburg Reading Desk).
Vergleich der asphärischen Zeiss XL Stabi ZO mit der sphärischen Zeiss XL Stabi Sky Intraokularlinse
M. Rasp, G. Nix, W. Riha, O. Seyeddain, M. Hohensinn, A. Dexl, G. Grabner
274 Iol
Results: Analysis of the MTF showed a definite trend to statistical significance regarding visual quality for the aspheric XL Stabi ZO if Z(4,0) is considered as a single parameter (p = between 0.069 and 0.089). For HOA’s both groups showed identical MTFcurves. Best corrected far visual acuity one month postoperatively for the Zeiss XL Stabi ZO group was –0.07 ± 0.10 logMAR, and –0.05 ± 0.13 logMAR in the XL Stabi Sky group. Reading acuity for the XL Stabi ZO was +0.25 ± 0.20 logRAD and +0.25 ± 0.22 logRAD for the XL Stabi Sky; there was no statistical significant difference between both groups. Blurring and halos showed a low incidence as expected.
Conclusions: Both lenses show excellent clinical results one month after implantation. The new aspheric XL Stabi ZO seems to offer a better visual quality regarding reduction of spherical aberration as a result close to statistical significance was observed despite a relatively small sample size.
EinleitungDie Vorteile asphärischer Intraokularlinsen sind heutzutage weitgehend – ver
glichen mit rein sphärischen Linsen – bekannt und akzeptiert. Aufgrund des verbesserten Kontrastsehens und des besseren funktionellen Visus werden asphärische Intraokularlinsen von vielen Chirurgen bevorzugt. Zudem gehen die Erwartungen der oft auch jüngeren Patienten heute zunehmend über die Wiederherstellung eines Visus von ≤ 0,0 logMAR hinaus. Eine der zuletzt auf dem Markt platzierten asphärischen IOLs ist die Zeiss „XL Stabi ZO“ (Carl Zeiss Meditec) mit speziellem Design.
Material und MethodeAn der Universitätsaugenklinik Salzburg wurde eine PhaseIVPilotstudie durch
geführt, um die asphärische Zeiss XL Stabi ZO IOL mit dem sphärischen Vorgängermodell – der Zeiss XL Stabi Sky – zu vergleichen. Die Zeiss XL Stabi ZO wurde anhand des Augenmodells von Liou und Brennan entwickelt. Es zieht die anatomischen Gegebenheiten des jugendlichen Auges für die Berechnungen heran [1]. Die geplante sphärische Aberration der XL Stabi ZO beträgt –0,12 µm. Nach Implantation der IOL in den Kapselsack beträgt dann die restliche sphärische Aberration des gesamten Auges +0,15 µm, es wird demnach eine physiologische positive sphärische Aberration dem Durchschnittsauge belassen.
Der Hauptzielparameter der Studie war die objektive Evaluation der Sehqualität mithilfe der MTF, ermittelt mit dem Carl Zeiss WASCA Analyzer. Weitere Nebenzielparameter waren Kontrastsensitivität (Optec 5000 Vision Tester), Tiefenschärfe, Leseschärfe, Lesegeschwindigkeit und Leseabstand (jeweils erhoben mit dem SalzburgReadingDesk). Ebenso wurde der unkorrigierte und bestkorrigierte Fernvisus bestimmt sowie die relevanten Sicherheitsparameter (Nachstarentwicklung, Linsenzentrierung, Endothelzelldichte) evaluiert.
40 Patienten (Alter: ≥ 55 Jahre) wurden eingeschlossen, wobei jeweils 20 Patienten eine Zeiss XL Stabi ZO erhielten sowie 20 Patienten eine Zeiss XL Stabi Sky.
275Rasp et al.: Vergleich der asphärischen Zeiss XL Stabi ZO mit der sphärischen Zeiss XL Stabi Sky Intraokularlinse
Die IOLs wurden jeweils monolateral implantiert. Es handelt sich hierbei um CEzertifizierte hydrophile Acryllinsen. Ein wichtiges Einschlusskriterium war eine mesopische Pupillenweite von ≥ 4,5 mm (ohne pharmakologische Pupillendilatation) sowie eine Achsenlänge von 22 bis 25 mm (IOLMaster) (Abb. 1). Patienten mit einer präoperativen Myopie > –6,0 dpt bzw. mit einer Hyperopie > +4,0 dpt wurden nicht eingeschlossen. Die Biometrie wurde mit dem IOLMaster von Zeiss vorgenommen; hierbei kam die Holladay1Formel zur Anwendung, die vor Beginn der Studie für beide Linsen optimiert wurde [2]. Im Rahmen der Einmonatskontrollen wurden 18 Patienten der aspärischen XL Stabi ZO Gruppe (MTFDatensätze von zwei Patienten waren nicht auswertbar) sowie 20 Patienten der XL Stabi Sky Gruppe in die statistische Auswertung einbezogen, die Sicherheitsparameter wurden an allen 40 Patienten erhoben.
Ergebnisse und SchlussfolgerungAlle Operationen konnten ohne Komplikationen durchgeführt werden, auch der
postoperative Verlauf war bei allen Patienten unauffällig (Abb. 2).Es zeigte sich, dass mit der asphärischen XL Stabi ZO im Vergleich zur XL Stabi
Sky eine Tendenz zur besseren optischen Qualität besteht, wenn Z(4,0) alleinig geprüft wird. Der pWert lag hierbei zwischen 0,069 und 0,089 und demnach nahe der statistischen Signifikanz. Hinsichtlich der Aberrationen höherer Ordnung zeigten beide Gruppen identische MTFKurven.
Abb. 1: MTF für Z(4,0) bei 4,5 mm Pupillenweite: Die Werte liegen nahe der statistischen Signifikanz (p liegt
zwischen 0,069 und 0,089) und zeigen die bessere Performance der asphärischen Zeiss XL Stabi Sky.
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0 0 20 40 60 80 100
MTF
(mea
n ±
SD)
cycles per degree
XL Stabi ZO XL Stabi Sky
MTF für Z (4,0) 4,5 mm Pupillendurchmesser
276 Iol
Der bestkorrigierte Fernvisus (kein signifikanter Unterschied) betrug einen Monat postoperativ in der XL Stabi ZO Gruppe im Mittel –0,07 ± 0,0 logMAR, bzw. –0,05 ± 0,13 logMAR in der XL Stabi Sky Gruppe (Tab. 1). Der Lesevisus zeigte ebenfalls keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen; Blendung und Halos hatten in beiden Gruppen eine erwartungsgemäß niedrige Inzidenz. Weiterhin zeigte sich bei den IOLs keine Dezentrierung oder Verkippung, auch trat in dieser frühen Phase kein Nachstar auf.
Diese Studie bestätigt demnach die bereits erzielten sehr guten Ergebnisse der vorherigen Studie von Rozenbaum, bei der von 76 implantierten Augen die MTF bzgl. Z(4,0) untersucht wurde [3]. Rozenbaum verglich hierbei die MTFKurve der XL Stabi ZO mit einer Kontrollgruppe von jungen, phaken Patienten und fand annähernd gleiche Ergebnisse. Die bisherigen sehr guten Ergebnisse der Salzburger Pilotstudie sollten mit weiteren, größeren Patientengruppen im Rahmen einer prospektiven, randomisierten Multicenterstudie bestätigt werden.
Abb. 2: Fern- und Nahvisus einen Monat postoperativ für die asphärische Zeiss XL Stabi ZO und die Zeiss XL
Stabi Sky, keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0
–0,2 Pre-op 1M Follow-up
Mea
n VA
(log
MAR
) ± S
D
UCVA – Distance vision
0,70,60,50,40,30,20,1
0–0,1–0,2–0,3
Pre-op 1M Follow-up
Mea
n VA
(log
MAR
) ± S
D
BSCVA – Distance vision
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
–0,3
0,2
0,1
0 Pre-op 1M Follow-up
Mea
n VA
(log
MAR
) ± S
D
UCVA – Near vision
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
–0,1
–0,2
–0,3 Pre-op 1M Follow-up
Mea
n VA
(log
MAR
) ± S
D
BSCVA – Near vision
XL Stabi SkyXL Stabi ZO
277Rasp et al.: Vergleich der asphärischen Zeiss XL Stabi ZO mit der sphärischen Zeiss XL Stabi Sky Intraokularlinse
Literatur1. Liou HL, Brennan NA: Anatomically accurate, finite model eye for optical modeling. J Opt Soc
Am A Opt Image Sci Vis 1997 Aug;14(8):1684–16952. Holladay JT, Prager TC, Chandler TY et al.: A threepart system for refining intraocular lens
power calculations. J Cataract Refract Surg 1988 Jan;14(1):17–243. Rozenbaum JP: New aspheric implant delivers promising early results. Paper presented at the
ESCRS 2007 and published in the ESCRS – Eurotimes2007;12(7)
XL Stabi ZO(n = 18)
XL Stabi Sky (n = 20)
Statist. Test (Wilcoxon)
unkorrigierter Fernvisus: 0,06 ± 0,18 logMAR 0,08 ± 0,20 logMAR NS
unkorrigierter Nahvisus 0,54 ± 0,19 logMAR 0,49 ± 0,24 logMAR NS
bestkorrigierter Fernvisus: –0,07 ± 0,10 logMAR –0,05 ± 0,13 logMAR NS
bestkorrigierter Nahvisus –0,01 ± 0,14 logMAR –0,03 ± 0,14 logMAR NS
subjektives SE 0,24 ± 0,48 dpt 0,16 ± 0,63 dpt NS
objektives SE 0,32 ± 0,52 dpt –0,08 ± 0,72 dpt NS
Keratometrie 43,14 ± 1,32 dpt 43,48 ± 1,20 dpt NS
Tab. 1: Visus und sphärisches Äquivalent ein Monat postoperativ: Es zeigen sich keine statistisch signifikanten
Unterschiede zwischen beiden Gruppen bei sehr guten korrigierten und unkorrigierten Visuswerten.
279
Einfluss einer Kohlenstoffbeschichtung auf die Eigen-schaften einer IOL
A. C. Schröder, C. Lingenfelder, B. Seitz
ZusammenfassungZielsetzung: Um den Einfluss einer Oberflächenbeschichtung mit nanostrukturiertem
Kohlenstoff auf die Oberflächeneigenschaften einer Kunstlinse zu bestimmen, wurden Kontaktwinkelmessungen und Untersuchungen der Adhäsion von Bakterien und von Silikon öl durchgeführt.
Methodik: Eine hydrophobe Acrylatlinse wurde sowohl im Originalzustand als auch nach Kohlenstoffbeschichtung untersucht. Die Oberflächenhydrophobizität wurde durch Bestimmung des Kontaktwinkels anhand der „Sessile Drop“Methode mit Wasser durchgeführt. Die bakterielle Adhäsionsrate wurde unter der Verwendung von (³H)markierten S. epidermidis durch Szintillationszählung bestimmt. Schließlich wurde die Silikonöladhäsion mithilfe des EPCOSystems ermittelt. Alle Untersuchungen wurden in zweifacher Weise durchgeführt, nämlich mit oder ohne Adsorption von Fibronektin (FN), um die Situation der Linse vor und nach Implantation in das Auge zu simulieren.
Ergebnisse: Die Kohlenstoffbeschichtung minderte den Kontaktwinkel signifikant von 90,6° auf 52,8° (P < 0,001), reduzierte die bakterielle Adhäsionsrate von 0,92 % auf 0,04 % (P < 0,001) und verringerte die Silikonöladhäsion von 73,0 % auf 0,4 % (P < 0,001). Nach FNAdsorption ergaben sich analoge Werte.
Schlussfolgerungen: Die Reduktion der Adhäsion von Bakterien und Silikonöl durch die untersuchte Kohlenstoffbeschichtung zeigte eine vielversprechende Verbesserung von Kunstlinsen. InvivoUntersuchungen sollten folgen, um die uveale und kapsuläre Biokompatibilität im Auge zu untersuchen.
HintergrundZiel jeder Kataraktoperation ist die Rehabilitation der optischen Achse des Auges
durch die Entfernung der getrübten Linse. Um die Transparenz der Medien postoperativ zu erhalten, wäre ein Implantat wünschenswert, das so gut wie keine Reaktion im umgebenden Gewebe auslöst.
Spezielle OPSituationen mögen die optische Integrität des Auges angreifen, so beispielsweise die Nutzung von Silikonöl als intravitreale Tamponade zur Behandlung komplizierter vitreoretinaler Erkrankungen [1–4]. Gerade Silikonöl kann an sich an die Oberfläche einer Kunstlinse anlagern, um dort visköse Tropfen zu bilden, die sich weder mechanisch noch durch den Einsatz von Viskoelastika entfernen lassen [5]. Neu entwickelte Lösungsmittel, die Silikonöl in dieser Situation entfernen sollen, haben den Sprung in die tägliche klinische Anwendung bisher nicht geschafft [6–9]. Die klinische Erfahrung lehrt, dass die Häufigkeit des beschriebenen Effekts stark vom verwendeten Linsenmaterial abhängt. Silikonlinsen neigen deutlich stärker
280 Iol
zur Anlagerung von Silikonöl als Acrylate [10–17], weshalb ihre Implantation bei Patienten mit vitreoretinalen Auffälligkeiten nach Möglichkeit vermieden wird. Acrylate wurden bei diesen Patienten allgemein empfohlen, da ein möglicher Eingriff, der die Anwendung von Silikonöl erfordert, wesentlich komplikationsärmer einzustufen sein würde [18]. Eine Linsenoberfläche, die keine Anlagerung von Silikonöl erlaubt, wäre ein großer Gewinn für den VitreoChirurgen und für den Patient.
Postoperativ kann die funktionelle Integrität des Auges durch eine Endophthalmitis bedroht werden. Trotz durchgreifender Verbesserungen des verwendeten Materials, wie auch der Operationstechniken, liegt ihre Häufigkeit je nach Literatur immer noch zwischen 0,05 % und 0,5 % [19, 20]. Auch wenn diese Zahlen niedrig erscheinen, sind die Folgen für die Betroffenen sehr hart. Nach der „Endophthalmitis Vitrectomy Study“ kommen 47 % der Patienten auch neun bis zwölf Monate nach der Operation nicht über einen Visus von 0,5 [19].
Aber auch ohne schwere Infektion ist jede Implantation einer Kunstlinse von einer milden Reaktion des Gewebes begleitet [21–23]. Wie in FremdkörperInfektionsModellen gezeigt werden konnte, löst die Anwesenheit des Biomaterials einen lokalen Immundefekt aus, in den die Dysfunktion der neutrophilen Granulozyten, eine Reduktion des Zytokinspiegels und ein Defekt im Komplementsystem, in den ersten vier Stunden nach OP hineinspielen [24], was die Kunstlinse zu einem leichten Ziel einer Infektion werden lässt.
Direkt nach der Implantation ändern sich die Oberflächeneigenschaften durch die Adsorption einer Proteinschicht [25] in der sich Vitronektin, Fibronektin, Laminin und Kollagen Typ IV finden, was auf explantierten Kunstlinsen nachgewiesen werden konnte [22, 23]. Fibronektin (FN) konnte eine Schlüsselrolle bei der bakteriellen Adhäsion an Biomaterialien in vitro [26] und in vivo [24, 27–31] zugeschrieben werden. FN ist ein Protein der extrazellulären Matrix, das sich in löslicher Form in den meisten Körperflüssigkeiten findet. Dieses multifunktionale Molekül bietet Bindungsstellen für Fibrin, Kollagen, Integrine, Heparin und andere zelluläre und extrazelluläre Moleküle. Nach der Adsorption auf Fremdkörpern vermittelt FN die Adhäsion von Bakterien [26, 28, 32], auch die Wechselwirkungen zum oben genannten Silikonöl wurden bereits von den Autoren beschrieben.
Kohlenstoff bietet einige Vorzüge für die Implantation. Er ist biologisch und chemisch inert. Durch eine neu eingeführte Technik ist es möglich, Kohlenstoffschichten im Nanometerbereich zu applizieren. In dieser Dicke ist Kohlenstoff transparent, filtert aber UVLicht; sein Absorptionsspektrum ähnelt dem einer 25jährigen menschlichen Linse [33].
Um mögliche Vorteile dieser Technik zu überprüfen, wurden Experimente an einer Acrylatlinse (Sensar OptiEdge AR40e, AMO, Santa Ana, CA, USA) durchgeführt, die weltweit große Anwendung findet. Kontaktwinkelmessungen und Untersuchungen der Adhäsion von Bakterien und von Silikonöl wurden durchgeführt. Alle Untersuchungen wurden in zweifacher Weise durchgeführt, nämlich mit oder ohne Adsorption von Fibronektin (FN), um die Situation der Linse vor und nach Implantation in das Auge zu simulieren.
281Schröder et al.: Einfluss einer Kohlenstoffbeschichtung auf die Eigenschaften einer IOL
Material und MethodeKunstlinse
Vom Hersteller wurde ein Linsentyp aus hydrophobem Acrylat bereitgestellt (Tab. 1). Aufgrund der trockenen Lagerung eignet sich diese Kunstlinse besonders gut für die Beschichtung mit nanostrukturiertem Kohlenstoff.
KohlenstoffbeschichtungIn einem RFaktivierten Plasmareaktor (CCRWeiler, Rheinbreitbach) wurde
transparenter, nanostrukturierter Kohlenstoff von nur wenigen Nanometern Dicke bei einer Temperatur unter 80 °C appliziert. Die Kohlenstoffatome wurden mit einer Spannung von 1.000 eV direkt unter die Linsenoberfläche gebracht.
Fibronektin-AdsorptionJede Linse eines FNAnsatzes wurde für eine Stunde bei 37 °C in eine Lösung mit
2 µg/ml Phosphatpuffer (PBS) gegeben. Diese Konzentration entspricht einem natürlichen Kammerwassergehalt während der Kataraktoperationen [34] und konnte in früheren Experimenten bereits getestet werden [26]. Danach wurden die Linsen in PBS gespült und maximal für zwei Stunden bei 4 °C gelagert.
Bestimmung des KontaktwinkelsUm die Oberflächenspannung der Linsen zu bestimmen, wurden Kontaktwinkel
messungen nach der „Sessile Drop“Methode von OwensWendtRabel und Kaelble durchgeführt: 4 µl Wasser wurden auf die Linsenoberfläche appliziert, von diesem ein Makrofoto mit einem Goniometer (Contact Angle System OCA 15 plus, Dataphysics, Filderstadt) aufgenommen. Dieses wurde per Computer halb automatisch ausgewertet. Konturlinien der Linse und des Tropfens wurden in das Foto eingezeichnet, wonach das Analyseprogramm den Kontaktwinkel automatisch bestimmen konnte (Abb. 1). Kontaktwinkel über 90 C° wurden als hydrophob angesehen, Kontaktwinkel unter 90 ° als hydrophil.
Hersteller AMO (Santa Ana, CA, USA)
IOL-Name Sensar OptiEdge AR 40e
IOL-Design 3-stückig
∅ Optik/∅ Haptik 6,0 mm/13,0 mm
Material hydrophobes Acrylat
Elastomere Polyethylacrylat (EA)Polyethylmethacrylat (EMA)Polytrifluorethylmethacrylat (TFEMA)
Wassergehalt/Kontaktwinkel* < 1 %/90,6°
Tab. 1: Originalkunstlinse, die in dieser Studie getestet wurde. * gemessen durch die Autoren (Bestimmung des
Kontaktwinkels, S. 281)
282 Iol
Bestimmung der bakteriellen AdhäsionBakterienstamm: Aus klinischer Erfahrung und aus der Literatur geht hervor, dass
ca. 50 % der Endophthalmitiden nach KataraktOP von S. epidermidis verursacht werden [19, 20, 35, 36]. Wichtig für die Pathogenese ist die Eigenschaft des Keims, einen starken Biofilm bilden zu können. Aus diesem Grund wurde der Laborstamm S. epidermidis RP 62a verwendet, der sich durch starke Adhäsion an Biomaterialien und eine kräftige Biofilmbildung auszeichnet.
40 µl einer frischen Übernachtkultursuspension wurden mit 50 µl (³H)Thymidin in 1 ml MüllerHintonBouillon für drei Stunden bei 37° im Schüttelwasserbad inkubiert. Colony forming units wurden vor jedem Experiment auf MüllerHintonPlatten ausgezählt, um eine gleichbleibende Größe des Inoculums zu gewährleisten.
In-vitro-Adhäsions-Assay von S. epidermidis an Kunstlinsen: Die bakterielle Adhäsion wurde nach einem leicht modifizierten Protokoll bestimmt, das Vaudaux bereits 1984 eingeführt hat [29]. Um die zwei möglichen Szenarien der Linsenkontamination innerhalb und außerhalb des Auges zu simulieren, wurden zwei Ansätze eingerichtet: Ansatz I, in dem die Linse aus der Originalverpackung bzw. nach Kohlenstoffbeschichtung mit den radioaktiv markierten Bakterien inkubiert wurden; und Ansatz II, in dem die Linsen vor der Inkubation mit FN adsorbiert wurden. In diesem zweiten Ansatz wurde dem Inkubationsmedium (Phosphatpuffer – PBS) außerdem 0,5 % Albumin zugegeben, um die Adhäsion im Kammerwasser zu simulieren.
Acht Linsen jedes Linsentyps wurden in dieser Studie parallel untersucht. Jede Linse wurde in 960 µl PBS mit 40 µl Bakteriensuspension gegeben. Anschließend wurden die Linsen eine Stunde in einem Schüttelwasserbad bei 37° inkubiert. Danach wurde der Überstand abgesaugt, die Linsen zweimal in PBS gewaschen. Schließlich wurden die Linsen in Szintillationsröhrchen gegeben, um die adhärente Radioaktivität zu bestimmen. Die bakterielle Adhäsionsrate wurde folgendermaßen berechnet:
Adhärente cpm (counts per minute)/inokulierte cpm x 100.
Silikonöl-Adhäsions-AssayJeweils vier Linsen jeden Typs wurden für drei Monate in 5.000 centistoke
Silikonöl (*Acri.SilOl 5000, *Acri.Tec, Henningsdorf) gegeben. Nach fünfminütiger
Abb. 1: Kontaktwinkelmessung
IOL
Kontaktwinkel4 µl H2O
283Schröder et al.: Einfluss einer Kohlenstoffbeschichtung auf die Eigenschaften einer IOL
Spülung in balanced salt solution (BSS) wurden Makrofotos (Nikon Coolpix 990TM) der Linse aufgenommen, während diese bei Raumtemperatur auf einer BSSOberfläche schwamm. Zur Auswertung der Fotos wurden die Kontrastlevels mithilfe des Adobe Photoshop CS erhöht. Die Silikonöladhäsion wurde halb automatisch durch das EPCO2000Bildanalysesystem bestimmt (Abb. 2). Die Fläche einer einseitigen Silikonölanheftung wurde als PCOGrad I gewertet und in Prozent der Optikoberfläche gerechnet, während Flächen mit beidseitiger Silikonölanheftung der PCOGrad II zugeschrieben wurde, was einer doppelten Wertung entspricht. Die Aufaddierung aller Anheftungsflächen ergab die gesamte Silikonöladhäsionsrate in Prozent der Optikoberfläche.
Statistische AnalyseDaten werden als Mittelwerte mit standard error of the mean (SEM) dargestellt.
PWerte von 0,05 oder weniger werden als statistisch signifikant angesehen. Um die Signifikanz der Ergebnisse zu ermitteln, wurden zunächst Varianzanalysen (ANOVA) durchgeführt. Wenn diese zu signifikanten Ergebnissen führten, wurden anschließend tTests durchgeführt, um den Effekt der FNAdsorption oder der Kohlenstoffbeschichtung zu beschreiben.
ErgebnisseWie in Tabelle 2 und Abbildung 3 zu sehen ist, senkt Fibronektin die Oberflä
chenhydrophobizität der Acrylatlinse signifikant von 90,6° auf 81,9° (P = 0,002). Die Kohlenstoffbeschichtung hydrophilisiert die Linse signifikant von 90,6° auf 52,8° (P < 0,001). Zusätzlich vermindert Fibronektin die Hydrophobizität des kohlenstoffbeschichteten Materials signifikant von 52,8° auf 23,4° (P < 0,001).
Abb. 2: Beispiel einer Evaluation der Silikonöladhäsion
1. Makrofoto, 2. Auswertung mittels EPCO-System: hellgrau = PCO I; dunkelgrau = PCO II
284 Iol
Die bakterielle Adhäsion von S. epidermidis wurde durch Fibronektin signifikant von 0,92 % auf 1,98 % (P = 0,004) verstärkt, durch die Kohlenstoffbeschichtung jedoch signifikant auf 0,04 % (P < 0,001) gesenkt. Fibronektin hat keinen signifikanten Einfluss auf die kohlenstoffbeschichteten Linsen (P = 0,18), wie in Tabelle 2 und Abbildung 4 dargestellt ist.
Am getesteten Acrylat wurde die Silikonöladhäsion durch FN signifikant von 73,0 % auf 2,0 % (P < 0,001) gesenkt und durch die Kohlenstoffbeschichtung beeindruckenderweise sogar auf 0,4% (P < 0.001) verringert. Wie in Tabelle 2 und in Abbildung 5 zu sehen ist, hatte FN auch hier keinen signifikanten Einfluss mehr (P = 0,92).
Versuch Kontaktwinkel Bakterielle Adhäsionsrate Silikonöladhäsionsrate
Originallinse 90,6° 0,92 % 73,0 %
FN 81,9° 1,98 % 2,0 %
C 52,8° 0,04 % 0,4 %
C-FN 23,4° 0,02 % 0,5 %
Tab. 2: Ergebnisse aller Versuche dieser Studie (FN = Linse nach Fibronektin-Adsorption, C = Kohlenstoffbe-
schichtung, C-FN = Linse kohlenstoffbeschichtet und nach Fibronektin-Adsorption)
***Co
ntac
t Ang
le
100°
80°
60°
40°
20°
0°Original FN C C-FN
*** ***
***
Abb. 3: Kontaktwinkelmessungen der Acrylatkunstlinse AMO AR40e (Original = Originallinse, FN = Linse nach
Fibronektin-Adsorption, C = Kohlenstoffbeschichtung, C-FN = Linse kohlenstoffbeschichtet und nach Fibronek-
tin-Adsorption), *** = P < 0,005
Original FN
C-FNC
285Schröder et al.: Einfluss einer Kohlenstoffbeschichtung auf die Eigenschaften einer IOL
DiskussionDurch die Untersuchung der oberflächlichen Hydrophobizität, der bakteriellen
und der Silikonöladhäsion, konnte gezeigt werden, dass die Beschichtung einer Kunstlinse mit nanostrukturiertem Kohlenstoff eine vielversprechende Verbesserung der Kataraktchirurgie darstellen kann. Neben einer signifikanten Hydrophilisierung der Oberfläche konnte eine beeindruckende Verbesserung der Adhäsionseigenschaften für Bakterien und für Silikonöl dargestellt werden.
Bei der Entwicklung neuer Kunstlinsen spielt die Gestaltung der Oberfläche eine Schlüsselrolle. Nachdem deren Politur bereits früh als vorteilhaft beschrieben wurde
Bact
. Adh
esio
n Ra
te
2,50 %
2,00 %
1,50 %
1,00 %
0,50 %
0,00 %Original FN C C-FN
***
***
*** n. s.
Abb. 4: Bakterielle Adhäsion von S. epidermidis (Original = Originallinse, FN = Linse nach Fibronektin-
Adsorption, C = Kohlenstoffbeschichtung, C-FN = Linse kohlenstoffbeschichtet und nach Fibronektin-Adsorption),
*** = P < 0,005, n. s. = nicht signifikant
Si-O
il Ad
hesi
on R
ate
80 %
70 %
60 %
50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
0 %Original FN C C-FN
***
n. s.
***
***
Abb. 5: Silikonöladhäsion (Original = Originallinse, FN = Linse nach Fibronektin-Adsorption, C = Kohlen-
stoffbeschichtung, C-FN = Linse kohlenstoffbeschichtet und nach Fibronektin-Adsorption), *** = P < 0,005,
n. s. = nicht signifikant
Original FN
C-FNC
286 Iol
[37, 38], ging dieses Verfahren rasch in den Standard der Produktion ein. Dass die Hydrophobizität der Linsenoberfläche Auswirkung auf die Biokompatibilität haben könnte, wurde ebenfalls bald postuliert, was zu Bemühungen der Hersteller führte, hydrophile Oberflächen zu entwickeln.
Die Beschichtung mit Fluoralkylsilan kam über einen Laborstatus leider kaum hinaus [39]. Für die Polysaccharidbeschichtung von Silikonlinsen konnte eine effektive Reduktion der bakteriellen Adhäsion nachgewiesen werden [26]. Diese ist inzwischen auch kommerziell erhältlich. Allerdings führt diese Linse ein Nischendasein und kommt nur in besonderen Situationen, zum Beispiel bei Patienten mit chronischer Iritis, zum Einsatz.
Kommerziell ebenfalls erhältlich und weitverbreitet ist die Beschichtung von Kunstlinsen mit Heparin (HSM = heparin surface modification). Hierbei konnte die Reduktion der Silikonöladhäsion mehrfach nachgewiesen werden [40, 41]. Leider stellte sich die Heparinbeschichtung bei der bakteriellen Adhäsion weiniger effektiv dar als erwartet, nachdem durch FibronektinAdsorption in vitro intraokulare Verhältnisse simuliert wurden [26]. Klinisch stellte WintherNielson 1998 Nachteile dieser Beschichtung heraus, der bei HSMPMMALinsen eine stärkere Nachstarbildung beschrieb als bei einfachen PMMALinsen [42].
Kohlenstoffbeschichtungen wurden bisher zur Verbesserung mikrochirurgischer Instrumente genutzt, denen auf diese Weise diamantähnliche Eigenschaften verliehen werden konnte. Die Schnittkanten von Skalpellen und Trepanen blieben nach Gebrauch länger scharf, und die Korrosion durch die Reinigung konnte reduziert werden, was zu einer deutlichen Verlängerung der Lebensdauer dieser empfindlichen Geräte führte [43, 44]. Zur Verbesserung der Biokompatibilität wurde Kohlenstoff bereits auf venösen Kathetern genutzt, wodurch die Aktivierung von Thrombozyten reduziert werden konnte [45].
Hosotani [33] untersuchte eine Beschichtung auf Kunstlinsen aus Polymethylmethacrylat (PMMA) mit diamantähnlichen 50 nm dickem Kohlenstoff, der eine Hydrophobisierung der Oberfläche induzierte. Die Lichttransmission ähnelte der einer 25jährigen menschlichen Linse, einschließlich der UVFilterung. Zusätzlich fand er eine höhere Widerstandskraft gegenüber Schädigungen durch YAGLaserbeschuss, wie er bei der Behandlung des Nachstars auftreten kann.
Yuan [46] beschrieb kohlenstoff und titanbeschichtete Kunstlinsen ebenfalls hydrophober als das Originalmaterial und demonstrierte eine gute Biokompatibilität auch ein Jahr nach der Implantation in ein Kaninchenauge.
Die Hydrophobizität könnte über die Biokompatibilität des Implantats entscheiden. Anders als die früher beschriebenen 50 nm dicken Beschichtungen hydrophilisierte unsere sehr dünne Beschichtung die Oberfläche der verwendeten Linsen. Wie bereits oft beschrieben wurde, verursachen hydrophobe Implantate bei guter kapsulärer Biokompatibilität eine stärkere uveale Reaktion, während dies bei hydrophoben Implantaten umgekehrt ausgelöst wird [47–49].
Aufgrund unserer hydrophilen Oberfläche müsste die uveale Biokompatibilität also sehr gut sein. Kapsuläre Reaktionen könnten nach dieser Theorie verbesserungswürdig sein. Allerdings dürfte die fast inerte Kohlenstoffbeschichtung keinen starken Reiz für Kapselschrumpfung und Nachstargenese setzen. InvivoExperimente werden folgen, um diese Theorien zu überprüfen.
287Schröder et al.: Einfluss einer Kohlenstoffbeschichtung auf die Eigenschaften einer IOL
SchlussfolgerungenNach unserem Kenntnisstand wurde hier erstmals eine nur wenige Nanometer
dicke Kohlenstoffbeschichtung auf Kunstlinsen aufgebracht und untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass diese hinsichtlich der Adhäsionseigenschaften für Bakterien und Silikonöl eine Verbesserung der Oberfläche bewirken kann. Diese wurde nicht durch Faktoren der frühen Fremdkörperreaktion des Auges beeinflusst, wie die Versuche nach FibronektinAdsorption in vitro beweisen. Weitere Versuche sollen folgen, um die Biokompatibilität dieses theoretisch biologisch inerten Implantats in vivo zu untersuchen.
Keiner der Autoren hat finanzielles Interesse an einem der in dieser Studie genannten Produkte.
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291
EinleitungDie Schrumpfung des Kapselsacks nach einer IOLImplantation kann zu einer
Verschiebung und Rotation der IOL durch Druck auf die Haptiken führen und so die optischen Eigenschaften des Gesamtsystems verändern. Bisher gibt es nur wenige Versuche, IOLs so zu konstruieren, dass die Kompressionsauswirkung durch Kapselschrumpfung kompensiert wird, bzw. gibt es wenige Verfahren, die es erlauben, den Einfluss der konstruktiven Merkmale der Haptiken diesbezüglich zu untersuchen [1, 2].
Material und MethodeDaher entwickelten wir eine Simulationsvorrichtung, die es erlaubt, das Verhal
ten des Gesamtsystems aus Haptiken und Linse bei Kompression zu verfolgen [3]. Als Kapselsackmodell wird ein einseitig geschlossener Latexschlauch verwendet, der dicht in ein evakuierbares Glasrohr eingebracht wird (Abb. 1 und 2). Beim Erzeugen eines Unterdrucks in der Vakuumkammer dehnt sich der Schlauch zunächst aus. Beim Entlasten des Unterdrucks zieht er sich zusammen, was dem Schrumpfen des Kapselsacks entspricht.
Der Latexschlauch wird im Tauchverfahren mit einer speziell konstruierten Edelstahlform hergestellt. Nach dem Eintauchen wird die Form bis zur Trocknung um zwei Achsen gedreht, was eine gleichmäßige Verteilung der Flüssigkeit gewährleisten soll (Abb. 3). Bei der schichtweisen Auftragung des Latex müssen die Wandstärken in den verschiedenen Zonen sorgfältig eingehalten werden.
Kapselsacksimulation für die dynamische Aufzeichnung der IOL-Bewegung
E. Roth, C. Hoffmann, H. Ludwig
Abb. 1: Unterdruckkammer (Grafik)
292 Iol
VersuchsaufbauAls Basis für den Versuchsaufbau dient ein optischer Tisch. Die Unterdruck
kammer ist auf einem Stativ unter der Videokamera montiert. Eine ringförmige Glasfaserbeleuchtung direkt am Objektiv der Kamera gewährleistet eine gleichmäßige Ausleuchtung. Der Kontrollmonitor erlaubt die Optimierung der Bildeinstellung. Die Bildaufzeichnung erfolgt über eine VideograbberKarte im Computer (Abb. 4).
Vorbereitung der MessungIn den Abbildungen 5 und 6 werden nochmals das Messprinzip und der Zusam
menbau der Vakuumkammerkomponenten und das Einbringen der Linse verdeutlicht. Vier Noppen im Inneren der Latexhülle dienen zur sicheren Auflage der Linse.
Abb. 2: Unterdruckkammer (Foto)
Abb. 3: Drehapparat zur Herstellung des Latexschlauchs
293Roth et al.: Kapselsacksimulation für die dynamische Aufzeichnung der IOL-Bewegung
Nach dem Einbringen der Linse wird das Schrumpfen der Latexhülle durch Verringerung des Unterdrucks in der Kammer ausgelöst und die Verformung der Linsenhaptiken aufgezeichnet.
Abb. 5: Vakuumkammer, Seitenansicht
Abb. 4: Versuchsaufbau
294 Iol
Ergebnisse
Beobachtung der Verformung von LinsenhaptikenIm Folgenden werden einige Beispiele von konkreten Verformungsabläufen ver
schieden konstruierter Haptiken und deren Einfluss auf das Lageverhalten der Linsenoptiken demonstriert.
Die speziell konstruierten Haptiken aus dem ersten Beispiel führen bei der simulierten Kammerschrumpfung zu einer Verschiebung der Linse längs der optischen Achse nach oben (Abb. 7). Um die dynamische Verformung auch quantitativ verfolgen zu können, wurde ein spezielles Auswerteverfahren entwickelt, das erlaubt, Einzelbilder in verschiedenen Bewegungsphasen zu vermessen.
Abb. 6: Vakuumkammer, Aufsicht
Abb. 7: Einteilige Acrylatlinse
295Roth et al.: Kapselsacksimulation für die dynamische Aufzeichnung der IOL-Bewegung
Vermessung der VerformungAls Messgrößen werden Durchmesser, Winkel und Dezentrierungen erfasst. Damit
können die Einflüsse des Kapseldurchmessers auf das Verhalten des Gesamtsystems LinseHaptik quantitativ analysiert werden und so die Auswirkung der konstruktiven Merkmale der verschiedenen Linsentypen verglichen werden. In den nächsten Beispielen wird besonderes Augenmerk auf das Rotationsverhalten torischer IOLs bei Kapselsackschrumpfung gerichtet.
IOL A Zunächst zeigen wir eine Versuchsdurchführung mit einer torischen IOL, deren
Haptiken radial an der Optik befestigt sind (Abb. 8). Der federnde Haptikteil ist in einem Abstand von ca. 1 mm von der Optik abgeknickt. Bei einer Kammerschrumpfung auf ca. 9 mm berühren die Knickstellen die Kammer und fixieren die Optik gegen Verdrehen.
IOL BDie nächste torische IOL besitzt Haptiken mit Tförmigem Design mit einer Knick
stelle am außen liegenden Querbalken (Abb. 9). Bei Schrumpfung des Kapselsacks unter 9 mm entsteht eine orthogonal zum Radius wirkende Kraftkomponente, wodurch die Optik gedreht wird.
In dem Diagramm (Abb. 10) sind die Drehwinkel für die beiden torischen IOLs in Abhängigkeit vom Kapseldurchmesser aufgetragen. Die hellblaue Kurve enthält die Werte für die IOL A. Unter Berücksichtigung der Messgenauigkeit kann im Durchmesserbereich von 10 bis 8 mm keine Verdrehung festgestellt werden. Dagegen zeigt sich bei der IOL B eine deutliche Drehung um ca. 10° bei einer Durchmesseränderung von 9 bis 8 mm.
Abb. 8: Torische IOL A
296 Iol
Abb. 9: Torische IOL B
Abb. 10: Vergleich zweier torischer IOLs
297Roth et al.: Kapselsacksimulation für die dynamische Aufzeichnung der IOL-Bewegung
SchlussfolgerungMit der hier vorgestellten Apparatur und dem Messverfahren ist es möglich, das
Verformungsverhalten von Intraokularlinsen bei simulierter Kapselsackschrumpfung detailliert zu verfolgen und quantitativ zu vergleichen. Damit wurden die unterschiedlichen radialen und translatorischen Bewegungen bei verschieden designten Haptiken an nicht torischen und torischen Linsen nachgewiesen und gemessen.
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Eigenschaften und Prüfverfahren (ISO 119793:2006). Berlin: Beuth Verlag 2. Beck R, Pfeiffer K, Stave J, Guthoff R: Ein 3DKapselsackmodell zur Beschreibung der bio
mechanischen Eigenschaften neuer Kunstlinsentypen. Ophthalmologe 2000(Aug);97(8)3. Roth E, Hoffmann C, Ludwig H: Verhalten von IOLHaptiken bei Kompression durch
Schrumpfung der Linsenkapsel. Videobeitrag DOG 2008 Berlin