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Bayerischer Landtag 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 1Q/46

04.04.84

46.Sitzung am Mittwoch, dem 4. Aprll 1984, 9.00 Uhr,

In München

Geschäftliches . . . . . 2482, 2484, 2507, 2549, 2558

Mündliche Anfragen gem. § 76 GeschO

1. Errichtung einer öffentlichen Berufsfach­schule für Krankengymnasten im sog. Bä­derdreieck in Bad Füssing

Kobler ......... . Staatsminister Dr. Maier

... 2482 2482,2483

2. Aufhebung des Antragsstopps im Sport­stättenbau in dringenden Notfällen

Messerer (SPD) . . . . 2483 Staatsminister Dr. Maier . . . . . 2483

3. Gesamtplanung der Würzburger Universi-tätskliniken im Doppelhaushalt 1985/86

Franz (SPD) . . . . 2483 Dr. Maier . 2483, 2484 Loew (SPD) . 2483, 2484

4. Führung des Namens .Pestalozzi-Schule" durch die Landkreisschule für Lernbehin-derte in Hösbach, Landkreis Aschaffenburg

Neuburger (SPD) . . . . 2484 Staatsminister Dr. Maier . . . . . . . . . 2484

5. Ausbau der Mikroelek1ronik; hier Heraus­nahme des ingenieurwissenschaftlichen Teils aus dem Gesamtkonzept

Frau Haas (SPD) . . . . 2484 Staatsminister Dr. Maier . . . 2484

6. Zweite Lehramtsprüfung für ein Lehramt an Grund-, Haupt- und Sonderschulen, Real­schulen, Gymnasien und beruflichen Schu­len; Teilnehmerzahl und Anstellungsaus­sichten

Kurz (SPD) ...... . Staatsminister Dr. Maier

2484,2485 ... 2485

7. Äußerung des Strafrechtlers Prof. Dr. F. C. Schroeder, Universität Regensburg, zur Behandlung ausländischer Straftäter

Frau Meier (SPD) . . Staatsminister Lang . . . . . . .

2485,2486 2485,2486

8. Aufnahme der Ermittlungen gegen Beteilig­te der Lkw-Blockaden

Köster (SPD) .... Geys Helmut (SPD) . Staatsminister Lang Langenberger (SPD)

. .. 2486 2486,2487 2486,2487 ... 2487

9. Sicherung der Arbeitsplätze bei der Firma Trak1orenwerke Eicher in Landau

Lechner Ewald (CSU) . Staatsminister Jaumann Huber Erwin (CSU) . . .

2487,2488 2487,2488 . .. 2488

10. Angebliche Zusicherung von Straffreiheit an die Beteiligten der Lkw-Blockade

Langenberger (SPD) .. Staatsminister Jaumann Loew (SPD) ...... .

2488,2489 2488,2489 2488,2489

11. Verfahren bei der Abstimmung der Betten­kapazitäten der Krankenhäuse~ im universi­tären und außeruniversitären Btreich

Gürteler (CSU) . . . . . . !. 2489, 2490 Staatsminister Dr. Pirkl . . . '. . . 2489, 2490

12. Beschleunigung des Ermittlun gegen Landrat Ludwig Mayer

Gausmann (SPD) . . . . . Staatssekretär Neubauer Böhm (CSU) .... Dr. Kempfler (CSU) . . . .

sverfahrens

2490,2491 2490,2491 2490,2491 ... 2490

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2480 Bayar11cherlandtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

13. Kennzeichnung ohne Tierversuche entwik­kelter Kosmetika

Frau Dr. Biebl (CSU) ... Staatssekretär Neubauer

2491 2491

14. Aufteilung der Bundesmittel für den sozia­len Wohnungsbau auf Eigentumsmaßnah­men und Mietwohnungsbau

Koch (SPD) ....... . Staatssekretär Neubauer Frau Burkei (SPD) ..... .

2491,2492 2491, 2492 . .. 2492

15. Prüfung der sog. Tunneltrasse im Zusam­menhang mit der Ortsumgehung von Bad Aibling

Falter (SPD) ....... . Staatssekretär Neubauer

2492,2493 2492,2493

16. Anforderung von Angaben über in Kommu­nalparlamente gewählte Bedienstete durch die Regierung von Unterfranken

Dr. Kaiser (SPD) . . . . . Staatssekretär Neubauer . .

2493,2494 2493,2494

17. Schädigung der Vegetation durch radio­aktive Emissionen

Geis Norbert (CSU) Staatsminister Dick . Kolo (SPD) .. Heinrich (SPD) ...

... 2494 2494,2495 2494,2495 . .. 2495

18. Zuweisung staatlicher Mittel an die Stadt Straubing und Gemeinden des Landkreises Straubing/Bogen

Geisperger (SPD) . Staatsminister Dick .

2495,2496 2495,2496

19. Förderung von Investitionen zur Rauchgas­entschwefelung kommunaler Kohlekraft­werke

Loew (SPD) . Staatsminster Dick Franz (SPD) . . . . Langenberger (SPD)

20. Maßnahmen gegen das Abholzen Waldrand- und Heckenstreifen

Franz (SPD) . . . . . . . Staatsminister Dick . . . Frhr. v. Truchseß (SPD)

2497,2498 2497,2498

2498 ... 2498

von

. .. 2499 2499,2500

2500

21. Kiesausbeute im Auwaldbereich der Donau von Offingen, Landkreis Günzburg

Engelhardt Karl-Theodor (SPD) Staatsminister Dick . . . . . . . .

2500,2501 2500,2501

22. Hilfen zur Erhaltung der bäuerlichen Land­wirtschaft im Sinne des Bayerischen We­ges aufgrund der Entwicklung in der EG

Huber [Landshut] (CSU) . . . . . . 2501 Staatsminister Dr. Eisenmann 2501, 2502 Geisperger (SPD) 2501, 2502 Heiter (CSU) . . . . . . . . . . . . 2501

23. Erhaltung des Staatlichen Forstamtes Aschaffenburg als selbständige Dienst­stelle

Schmitt Hilmar (SPD) ..... Staatsminister Dr. Eisenmann

24. Beschleunigung der Verfahren der Dorfflur­bereinigung in Niederbayern

Huber Erwin (CSU) ..... . Staatsminister Dr. Eisenmann Geisperger (SPD) . . Lechner Ewald (CSU) ....

25. Veräußerung von für Zwecke des Natur­schutzes ausgewiesenen Grundstücken von Teilnehmergemeinschaften der Flurbe­reinigung

2502 2502

2502 2502 2503 2503

Sommerkorn (SPD) ..... Staatsminister Dr. Eisenmann

. .. 2503 2503,2504

26. Auflage eines Weinbauprogramms durch die Bayerische Staatsregierung

Zeißner (CSU) . . . . . . . . . Staatsminister Dr. Eisenmann . Geisperger (SPD) ... Frhr. v. TruchseB (SPD) . . . .

27. Verstärkung des Unterbaus sog. Flurberei­nigungsstraßen in klimatisch exponierten Lagen

2504 2504 2504 2504

Kobler (CSU) ......... . Staatsminister Dr. Eisenmann .

2504,2505 2504,2505

28. Wasserentnahme und Trockel)legung als Mitursachen des Waldsterbens .

Breitrainer (CSU) ...... ; . Staatsminister Dr. Eisenmanri .

29. Staatlicher Zuschuß für die der Privaten Frauenklinik Kemp

1

enovierung n

2505 2505

Frau Jungfer (SPD) .. Staatssekretär Meyer Diethei (CSU) .....

2505 2505,2506 ... 2505

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2481

30. Entwicklung der gemeindlichen Investitio­nen nach den Kürzungsmaßnahmen von Bund und Ländern

Jungfer (SPD) ..... Staatssekretär Meyer Koch (SPD) ..... . Langenberger (SPD) .

Interpellation der Abg. Tandler, Werkstetter, Oswald u. a. betr. Sicherheit des Straßenver­kehrs (Drs. 10/3183)

und

Interpellation der Abg. Dr. Rothemund, Geis­perger u. Frakt. betr.·Hllfen für die bayerischen Landwirte, die durch die EG-Beschlüsse In Ih­rer Existenz gefährdet werden (Drs 10/3378)

2506 2506 2506 2506

Staatsminister Dr. Eisenmann . . . . . . . . 2507

Antrag der Abg. Meier Christa, Kurz, Engel­hardt Karl-Theodor u. a. betr. verslcherungs­mäBlge Anrechnung der zweiten Ausblldungs­phase In der Lehrerbildung (Drs. 10/2116)

Beschlußempfehlungen des Kulturpolitischen, des Dienstrechts-, des Sozialpolitischen und des Haushaltsausschusses (Drs. 10/2438, 10/2565, 10/2942, 10/3193)

Messerer (SPD), Berichterstatter . . . . . Engelhardt Walter (SPD), Berichterstatter Kaiser Willi (SPD), Berichterstatter Koch (SPD), Berichterstatter .

Beschluß ............... .

Antrag der Abg. Zeller u. a. betr. Bllanzrlchtll­nlengesetz (Drs. 10/2121)

Beschlußempfehlungen des Wirtschafts- und des Bundesangelegenheitenausschusses (Drs. 10/2934, 10/3208)

2507 2507 2507 2508

2508

Dr. Lautenschläger (CSU), Berichterstatter . 2508 Kluger (CSU), Berichterstatter . 2508

Beschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2508

Antrag der Abg. Meier Christa, Kurz u. a. betr. Anrechnungsstunden für besondere Aufgaben Im Schulberelch (Drs. 10/2162)

Beschlußempfehlungen des Dienstrechts-, des Kulturpolitischen und des Haushaltsausschus­ses (Drs. 10/2398, 10/2907, 10/3194)

Sommerkorn (SPD), Berichterstatter Messerer (SPD), Berichterstatter Koch (SPD), Berichterstatter .

2508 2508 2508

Kurz (SPD) .... Dr. Goppel (CSU)

2508,2512 2511

Beschlußempfehlungen des L.andesentwick­lungs-, des Wirtschafts- und des Bundesangele­genheitenausschusses (Drs. 10/2746, 10/3018, 10/3216)

Schuhmann (SPD), Berichterstatter ... . Schlosser (SPD), Berichterstatter .... . Dr. Götz (SPD), Berichterstatter ..... . Schuhmann (SPD), zur Geschäftsordnung

2513 2513 2514 2514

Beschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2514

Antrag der Abg. Müller Karl Heinz, Burkei u. a. betr. Hinzuziehung einer Hebamme zur Geburt (Drs. 10/2288)

Beschlußempfehlungen des Sozialpolitischen und des Bundesangelegenheitenausschusses (Drs. 10/2636, 10/3220)

Dorsch (SPD), Berichterstatter . . . . 2514 Frau Jungfer (SPD), Berichterstatterin 2514

Beschluß ................. .

Antrag der Abg. Müller Karl Heinz, Burkei u. a. betr. gesetzllche Festlegung von Tätigkeiten der Hebammen und Entblndungshelfer (Drs. 10/2289)

Beschlußempfehlungen des Sozialpolitischen und des Bundesangelegenheitenausschusses (Dr. 10/3075, 10/3221)

Dorsch (SPD), Berichterstatter .... Frau Jungfer (SPD). Berichterstatterin

Beschluß ................. .

Antrag der Abg. Meier Christa, Messerer u. a. betr. Modellversuch zur Integration Behinder­ter In Mittelfranken (Drs. 10/2375)

Beschlußempfehlungen des Kulturpolitischen, des Sozialpolitischen und des Haushaltsaus­schusses (Drs. 10/2770, 10/2939, 10/3186)

Messerer (SPD). Berichterstatter Weber (SPD), Berichterstatter .. Dr. Kaiser (SPD), Berichterstatter Messerer 1SPO) . . Frau Stamm (CSU)

Beschluß ...... .

Antrag des Abg. Schnell betr. Gefihrdung der Bevölkerung durch unkontrolliert~ Schießen der US-Streitkräfte auf dem Haln~gelände (Drs. 10/2477) ·

Beschlußempfehlung des Bunderangelegen­heitenausschusses (Drs. 10/3217) 1

1

2514

2514 2514

2515

2515 2515 2516 2516 2516

2517

Frau Jungfer (SPD). Berichtersta erin 2517

Beschluß ..... . . . . 2513 Beschluß ............. . 2517

Antrag der Abg. Dr. Ritzer u. a. betr. Ent­schwefelung des schweren Heizöls ( Drs. 10/2201)

Antrag der Abg. Regensburger u. tlefungen der Donau Im Bereich golstadt und Kelhelm (Drs. 10/2

. betr. Ein­sehen In­

)

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2482 Bayerlocherlandtag . 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs- und des Landwirtschafts­ausschusses (Drs. 10/3026, 10/3201, 10/3285)

Lechner Ewald (CSU), Berichterstatter . Frhr. v. Redwitz (CSU), Berichterstatter . Gruber (CSU), Berichterstatter

Beschluß .................. .

Antrag des Abg. Dr. Schosser betr. Entwick­lungspark (Drs. 10/2736)

Beschlußempfehlungen des Kulturpolitischen und des Wirtschaftsausschusses (Drs. 10/3164, 10/3334)

Eykmann (CSU), Berichterstatter . Dr. Richter (CSU), Berichterstatter

Beschluß ............... .

Antrag der Abg. Dr. Kempfler, Lechner Ewald, Huber Erwin u. a. betr. vorübergehende Stllle­gung von Kraftfahrzeugen (Drs. 10/2663)

Beschlußempfehlungen des Wirtschafts- und des Verfassungsausschusses (Drs. 10/3022, 10/3154)

2518 2518 2518

2518

2518 2518

2519

Dr. Lautenschläger (CSU), Berichterstatter . 2519 Loibl (CSU), Berichterstatter . 2519

Beschluß ..

Antrag des Abg. Neumann betr. lnvestltlonszu­schüsse an die Bundesbahn (Drs. 10/2696)

Beschlußempfehlungen des Wirtschafts- und des Bundesangelegenheitenausschusses (Drs. 10/2933, 10/3207)

Fröhlich (SPD), Berichterstatter

Beschluß ....

(Unterbrechung)

Schlußbericht des Untersuchungsausschus­ses zur Prüfung des Vorgehens von Behörden und Einzelpersonen Im Zusammenhang mit mögllchen unzulässigen Baupreisabsprachen (Drs. 10/1557, 10/3240)

2519

2519

2519

Dr. Merkl (CSU), Berichterstatter . . . . . . 2520 Warnecke (SPD), Berichterstatter . . . . . . 2524 Dr. Markl (CSU) . 2529, 2544, 2547, 2555 Warnecke (SPD) . . . . . 2532, 2543, 2545 Neuburger (SPD) . . . . . . . 2534 Staatsminister Jatimann 2536, 2556 Brosch (CSU) . . . . . . . 2540 Tandler (CSU) . . . . 2546, 2557, 2558 Staatsminister Lang . . . . . . . 2546 Münch (SPD) . . . . 2546, 2549 Kling (CSU) . . . . . 2548, 2553, 2554 Langenberger (SPD) . . . . . . 2550 Dr. Rothemund (SPD) . 2553, 2557, 2558

Schluß der Sitzung . . . . ...... 2558

Beginn der Sitzung: 9 Uhr 01 Minuten

Zweiter Vizepräsident Lechner: Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 46. Vollsitzung des Bayeri­schen Landtags.

Hörfunk und Fernsehen des Bayerischen Landtags sowie das ZDF haben um Aufnahmegenehmigung ge­beten. Sie wurde, Ihre Zustimmung vorausgesetzt, er­teilt.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 11:

Mündllche Anfragen

Ich bitte zur Beantwortung der ersten Anfragen zu­nächst den Herrn Staatsminister für Unterricht und Kultus.

Ich bitte Herrn Kollegen Kobler um seine Frage.

Kobler (CSU), Frage sie 11 er:

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kollegin­nen und Kollegen 1 Wie beurtellt die Bayerische Staatsregierung die Mögllchkelt, Im sog. Bäder­dreleck In Bad Füsslng In nächster Zelt eine öl­lentllche Berufsfachschule für Krankengymna­sien zur Entlastung der beiden Berufslachschu­len In Bad Abbach und Deggendorf zu errichten?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Präsident, Herr Kolle­ge Kobler! Für die bedeutenden Kureinrichtungen im sog. Bäderdreieck ist die Versorgung mit Kranken­gymnasten wichtig. Auch im Interesse der jungen Mädchen mit mittlerem Schulabschluß, die für diesen Beruf besonders in Frage kommen, stehe ich der Schaffung von Ausbildungsmöglichkeiten für Kran­kengymnasten in diesem Raum grundsätzlich positiv gegenüber. Voraussetzung für die Schaffung einer solchen Schule ist allerdings ein geeigneter Träger, der in der Lage ist, nicht nur geeignetes Lehrperso­nal, sondern auch alle für die Ausbildung nötigen kli­nischen Praktika sicherzustellen.

Der Landkreis Rottal-Inn ist mit einem entsprechen­den Antrag an die zuständige Regierung von Nieder­bayern herangetreten. Die Regierung hat die erfor­derlichen schulaulsichtlichen und rnedizinalaulsichtli­chen Überprüfungen vorzunehmen. Außerdem hat sie zu prüfen, ob das Vorhaben den Grundsätzen der Raumordnung und Landesplanung entspricht. Diese Überprüfungen sind noch nicht abgeschlossen. Da­her kann man Abschließendes zur Gründung dieser Schule noch nicht sagen.

Zur Beschleunigung des Verfahren~ wäre es am be­sten, ich habe dies wiederholt ange119gt, wenn alle an der Gründung der Schule lnteress~rten alsbald ein gemeinsames Gespräch mit der R ierung von Nie­derbayern führten.

i

zweiter Vizepräsident Lechner: Z~ einer Zusatzfra-ge, der Fragesteller! 1

Kobler (CSU): Herr Staatsminister.lteilen Sie meine Meinung, daß eine solche Berufsfactschule in diesen

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag · lO. Wahlperiode 248~

(Kobler [CSU])

Raum gehört, weil dort auch der größte Andrang von Bewerberinnen und auch der größte Bedarf an ent­sprechend qualifiziert ausgebildeten Krankengymna­sten vorhanden ist?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege Kobler, ich kann mich auf einen Standort noch nicht festlegen, aber ich sagte schon, daß dieser ganze Raum des Bäderdreiecks dringend eine solche Ausbildungsstät­te braucht. Es muß jetzt geprüft werden, welche Orte in der Lage sind, die entsprechenden Schulen und medizinischen Fachrichtungen tatsächlich anzubie­ten.

(Abg. Kobler: Danke!)

Erster Vizepräsident Lechner: Die nächste Frage des Kollegen Hollwich ist zurückgezogen.

Herr Kollege Messerer stellt die Frage des Kollegen Stenglein. Bitteschön!

Messerar (SPD), Frage ste 11 er:

Herr Staatsminister, Ist die Staatsregierung be­reit, dafür zu sorgen, daB bei eindeutigen Notfäl­len, z. B. Kündigung des bisherigen Sportgelän­des, der Antragsstopp Im Sportstättenbau auf­gehoben wird?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege Messerer, wie Sie wissen, ist die staatliche Förderung des Sport­stättenbaues der Sportvereine in Bayern delegiert. Die Verteilung der zugewiesenen Staatsmittel obliegt in diesem Fall dem Bayerischen Landessportverband in Eigenverantwortung. Daher wurde auch die Ent­scheidung über den seit März 1983 geltenden Antragsstopp vom Bayerischen Landessportverband getroffen. Ebenso liegt es in seiner Zuständigkeit, über Ausnahmen vom Antragsstopp zu entscheiden.

Ich darf noch einen Satz hinzufügen: Sollte es sich um einen konkreten Fall handeln, was ich jetzt nicht weiß, bin ich auch gerne bereit, eine Anregung an den Landessportverband heranzutragen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Die nächste Frage des Kollegen Loew stellt Herr Kollege Franz.

Franz (SPD), Frage ste 11 er:

Herr Staatsminister, wird die Bayerische Staats­regierung In den Entwurf des Doppelhaushalts für die Jahre 1985/86 die notwendigen Haus­haltsmittel In Höhe von Jeweils 300 000 DM für die Erarbeitung einer umfassenden Gesamtpla­nung zur Entwicklung der Würzburger Unlversl­tätskllnlken einstellen, welche neben einer Be­standsbewertung sowie einer Bedarfs- und Funk-

tlonsplanung auch ein Raumprogramm für die notwendigen Umbauten enthält?

Staatsminister Dr. Maler: Ich darf darauf antworten, daß nicht beabsichtigt ist, Haushaltsmittel für die .Er­arbeitung einer umfassenden Gesamtplanung zur Entwicklung der Würzburger Universitätskliniken·, um Ihre Fragestellung zu zitieren, zum nächsten Haushalt anzumelden.

Eine solche Planung wäre nämlich überflüssig für Be­reiche, für die Neubauten bereits errichtet wurden oder derzeit durchgeführt oder geplant werden, wie die Kopfkliniken (Hals, Nasen, Ohren, Augen, Neuro­logie, Neurochirurgie), die Nervenklinik, die Medizini­sche Klinik, die Strahlenabteilung der Frauenklinik, die Umbauten im Bereich der Verwaltung und Apo­theke, die Klinik für Strahlentherapie und Computer­tomographie, die Nuklearmedizinische Abteilung, die Erweiterung des Heizkraftwerks und die Zahnklinik, das Feuermeldesystem im Luitpoldkrankenhaus und den Brandschutz in den Kopfkliniken, die Neuroradio­logischen Computertomographen, das Schwestern­wohnheim Nr. 4, die Nierensteinzertrümmerungsanla­ge - der Bauantrag ist bereits am 18. Januar 1984 genehmigt worden - und die Operationseinheit für die Urologische Klinik; dieser Bauantrag ist von der Baukommission im Februar 1984 gebilligt worden. Das sind insgesamt Maßnahmen in Höhe von rund 280 Millionen DM.

Abgesehen von dem bereits gebilligten Bauantrag für zwei Operationssäle für die Urologische Klinik gilt es, in den nächsten Jahren die Unterbringung der opera­tiven Fächer, sofern sie nicht zu den Kopffächern zu rechnen sind, zu verbessern. Im Vordergrund steht die Frage, ob der Operationstrakt der Chirurgischen Klink im Gelände des Luitpoldkrankenhauses saniert und erweitert werden kann, oder ob eine Lösung auf dem Gelände am Straubmühlweg vorgezogen werden soll. Zu diesem Zweck wird das Ministerium folgen­den Titel beantragen: • Verbesserung der Unterbrin­gung der operativen Fächer - Planung•, und es wird Haushaltsmittel in Höhe von jeweils 100 000 DM für die Jahre 1985/86 zum Haushalt anmelden.

Ein solches Vorgehen gewährleistet, daß schnell und gezielt Baumaßnahmen dort eingeleitet werden, wo sie erkennbar vonnöten sind.

zweiter Vizepräsident Lechner: Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Loew!

Loew (SPD): Herr Staatsminister, al:jgesehen von der Feststellung, daß man auf die gest lte Frage eigent­lich keine Antwort erwartet, die all Neubauten der Universität Würzburg der letzten Ja re aufzählt: Sind Sie bereit, nach wie vor zu überp ·· en, ob gerade beim Erweiterungsgelände für die erativen Fächer im Bereich Straubmühlweg die Dirn sion der Gebäu­lichkeiten wie auch die infrastruktur llen Investitions­leistungen entsprechend sind und b dann auch für die Verwendung der dadurch freiwe enden Gebäude im Bereich des alten Klinikums noc eine abgestimm­te Bedarfs- und Funktionsplanung n twendig ist?

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Staatsminister Dr. Maler: Natürlich wird hinsichtlich des Straubmühlweges eine Überprüfung erfolgen. wie ich bereits betont habe. Ich meine aber, daß die Vorlage einer völlig neuen Gesamtplanung nicht nötig ist, weil für Würzburg seit Jahren ein Gesamtplan be­steht und es wirklich nur darum geht, vorhandene Lücken zu schließen.

zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Loew!

Loew (SPD): Ohne eine solche Gesamtplanung, die natürlich nicht den gesamten Bereich des Klinikums der Universität Würzburg umfassen kann und soll - -

Zweiter Vizepräsident Lechner: Ich bitte Sie, eine Frage zu stellen, Herr Kollege Loew!

Loew (SPD): Ich war gerade dabei, eine Frage zu for­mulieren, Herr Präsident. Ich bitte um Nachsicht.

Fachleute befürchten, daß ohne Gesamtplanung, ins­besondere bei den freiwerdenden Gebäuden im Be­reich des alten Klinikums, nicht die beste und funk­tionsgerechteste Raumnutzung durch die übrigen Fä­cher besteht und wie bislang in manchen Bereichen des Klinikums ohne strikte Gesamtplanung manches unkoordiniert nebeneinander wächst, das dann spä­ter nur mit großen Mühen und hohen Kosten wieder auf moderne Bedürfnisse zugeschnitten werden kann.

Staatsminister Dr. Maler: Das war keine Frage.

Zweitar Vizepräsident Lechnar: Das war keine Fra­ge, sondern ein Diskussionsbeitrag. Aber bitte, Herr Staatsminister!

(Unruhe - Abg. Möslein: Das kann man im Protokoll nachlesen!)

Staatsminister Dr. Maler: Sie wollten mich sicher fra­gen, Herr Kollege Loew, ob ich diese Meinung teile. Ich teile sie nicht. Wir sind mit der Universität Würz­burg laufend im Gespräch, und damit ist garantiert, daß alle Planungen koordiniert werden.

ZWalter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler ist Herr Kollege Neuburger.

Neuburgar (SPD), Fragest e 11 er:

Herrn Staatsminister! Wie beurteilt die Staatsre­gierung die Verfügung der Regierung von Unter­franken vom Januar 1984, wonach die Landkreis­schule für lernbehinderte In H6sbech, Landkreis Aschaffenburg, den bereits 1969 vom Elternbei­rat festgelegten und nach dem Neubau Im Jahre 1971 auch mit großen Bronzelettem angebrach­ten Namen .Pestalozzl-Schule" nicht führen darf, da er Ihr nicht rechtstörmllch verliehen wurde?

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege Neuburger! Die Schule für Lernbehinderte und für Geistigbehin­derte in Hösbach bei Aschaffenburg ist eine staatli­che Schule, deren Sachaufwand der Landkreis trägt. Bei staatlichen Volks- und Sondervolksschulen wird der Name der Schule in der Errichtungsverordnung der Regierung festgelegt. Diese Festlegung ist im Fall der Schule in Hösbach bisher in der Tat unterblieben. Die Regierung von Unterfranken sieht aber keine Schwierigkeiten, ich habe zurückgefragt, auf entspre­chenden Antrag die Errichtungsverordnung zu ergän­zen. Es dürfte keine Gefahr bestehen, daß die Schule mit gleichnamigen Schulen in der näheren Umgebung verwechselt wird. Ein Antrag liegt bisher aber nicht vor. Der Beschluß des Elternbeirates allein genügt nicht. Die Schule muß einen Antrag stellen, der sicher genehmigt werden wird.

zweiter Vizepräsident Lachnar: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Neuburgar (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie es nicht für überzogenen Bürokratismus, wenn über Jahrzehnte hinweg eine Schule diesen Namen führt, wenn nun, um einer Verwaltungsanordnung Rech­nung zu tragen, noch einmal Antrag gestellt werden muß? Dies wurde im übrigen auch in der Heimatpres­se sehr kritisch kommentiert.

Staatsminister Dr. Maler: Herr Kollege Neuburger, es genügt, daß die Schule mit einem Satz beantragt, den Namen offiziell führen zu dürfen. Das kann ich nicht als Bürokratismus auslegen. Dann wird der An­trag von der Regierung ohne weiteres genehmigt. Wenn alles so schnell abliefe, wären wir froh und bräuchten keine Entbürokratisierungskommission.

(Beifall bei der CSU)

ZWelter Vlzepriisldent Lechner: Nächste Fragestelle­rin, Frau Kollegin Haas!

Frau Haes (SPD), F r a g e s t e II e r i n:

Herr Staatsminister, Ist die Bayerische Staatsre­gierung bereit, den lngenlaurwluenschattllchen Tell des Ausbaus dar Mlkroelek1ronlk aus der Ar­beit an einem bayerischen Ga•mtkonzept her­auszunehmen und vorzuziehen, da er mH ande­ren T,tlen des Geaamtkonzepts nicht kolldlert?

Staatsminister Dr. Maler: Frau Kollegin Haas, ich ha­be eine ausführliche Antwort mit einigen Wann und Aber vorbereitet. Nach den gestri.en Beschlüssen des Ministerrats kann ich Ihre Frage jedoch mit einem schlichten Ja beantworten.

(Abg. Frau Haas: Sehr erfrjautich !)

' Zweiter Vizepräsident Lechner: N~hster Fragestel-ler, Herr Kollege Kurz! i

;

Herr Staatsminister! Wie viele Lehramtsbewer­ber warden Im Frilhjahr 1984 lh 2. Lehremtsprü-

Kurz (SPD), Fragest e 11 er: ~ ·

1

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2485

(Kurz [SPD])

fung für ein Lehramt an Grund-, Haupt-, und Son­derachulen, an Realschulen, Gymnasien und be­ruflichen Schulen ablegen, und wlevtele von Ih­nen können Im September 1984 nach dem ge­genwärtigen Erkenntnisstand In etwa mit einer Anstellung als Probebeamte oder als Zeltange­stellte rechnen?

Staatsminister Dr. Meier: Herr Kollege Kurz, man muß hierbei die einzelnen Schularten unterscheiden.

Bei den R e a 1 s c h u 1 e n, G y m n a s i e n u n d kauf m ä n n i s c h e n Sc h u 1 e n werden im Früh­jahr 1984 keine Zweiten Lehramtsprüfungen mehr ab­gelegt; sie sind bereits früher abgelegt worden. Wie­viel Lehramtsbewerber, die nach abgeschlossener Zweiter Staatsprüfung im Februar nicht sofort in den staatlichen Schuldienst übernommen werden konn­ten, als Wartelistenbewerber ihre Bereitschaftserklä­rung für eine Übernahme im September 1984 abge­ben werden, ist derzeit noch nicht absehbar, weil die Bereitschaftserklärungen erst bis zum 30. April 1984 abgegeben werden müssen. Erst wenn die Zahl der Bereitschaftserklärungen aller Wartelistenbewerber bekannt ist und wenn die fächerspezifischen Bedarfs­meldungen der einzelnen Schulen vorliegen, zeichnet sich ab, wieviel Bewerber unter Berücksichtigung der Mitbewerber aus den früheren Wartelistenjahrgängen zu Beginn des Schuljahres 1984/85 voraussichtlich übernommen werden können. Exakte Zahlen über die Anstellungsmöglichkeiten kann ich im Augenblick noch nicht nennen.

Für die Lehrämter an G r u n d - u n d H au p t -s c h u 1 e n werden im Frühjahr/Sommer 1984 ca. 1245 Lehramtsanwärter die Zweite Staatsprüfung ab­legen, für das Lehramt an So n d e r s c h u 1 e n ca. 96 Lehramtsanwärter, für das Lehramt an b e ruf 1 i -c h e n S c h u 1 e n ca. 183 Lehramtsanwärter.

zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Kurz (SPD): Herr Staatsminister, da ich keine exakten Zahlenangaben wünschte und aufgrund des Nach­tragshaushalts bekannt sein sollte, welche Einstel­lungsmöglichkeiten im September bestehen, frage ich Sie, wie es möglich war, daß Sie vor wenigen Wo­chen genaue Einstellungszahlen für den Termin Fe­bruar 1985 nennen konnten, dagegen für September 1984 keine Zahlen benennen können?

Staatsminister Dr. Meier: Das hat verschiedene Gründe. Der Hauptgrund liegt darin, daß die exakte Verteilung der zu sperrenden und einzuziehenden Stellen im gesamten Kultusbereich noch nicht exakt festliegt. Hinzu kommt, daß auch die Zahl der Warteli­stenbewerber noch nicht feststeht und daB stets eine gewisse Unsicherheitsquote durch Frühpensionierun­gen eine Rolle spielt. Das läßt sich nicht exakt abse­hen. Ich kann Ihnen aber, wenn ich die wichtigste Un­bekannte Ende April geklärt habe, nämlich, wie viele

Bereitschaftserklärungen vorliegen, sicher bis Mitte Mai genauere Zahlen nennen. Ich bitte Sie, mir bis da­hin zu erlassen, Ihnen exakte Zahlen zu nennen, die hinterher vielleicht korrigiert werden müssen.

zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Kurz!

Kurz (SPD): Herr Staatsminister, meinen Sie nicht, daB es bei der bekannten Zahl von insgesamt rund 5000 Wartelistenbewerbern möglich sein müßte, den Lehramtsbewerbern, die jetzt ihre Prüfungen able­gen, wenigstens anzudeuten, welche Chancen für sie bestehen? Meinen Sie nicht, daß die völlig ungeklärte Situation sehr zur Beunruhigung der Bewerber bei­trägt?

Staatsminister Dr. Maler: Zur Beunruhigung, Herr Kollege Kurz, würde es auch beitragen, wenn ich jetzt Zahlen sagte, die ich später in nennenswertem Um­fang revidieren müßte. Ich glaube, ich kann Mitte Mai Ihre Frage befriedigend, wenn auch nicht bis auf Punkt und Komma beantworten. Ich bitte bis dahin noch um etwas Geduld.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Die nächsten Fragen richten sich an den Herrn Staatsminister der Justiz.

Die erste Frage stellt Frau Kollegin Meier.

Frau Meier (SPD). F r a g e s t e 11 e r i n:

Wie beurteilt die Staatsregierung Äußerungen des Stralrechtlera Prof. Dr. F. C. Schroeder von der UnlverSltät Regensburg zu angeblich .gerin­gerer Strafempflndllchkelt" von Ausländern und seinen Vorachlag, als .optimale Lösung• Auslän­der zu Ihrer Aburteilung Ins Helmetland abzu­schieben?

Staatsminister Lang: Herr Präsident, meine Damen und Herren, Frau Kollegin! Ich nehme an, daß die An­frage sich auf den Aufsatz bezieht, den Prof. Dr. Schroeder, Universität Regensburg, in der FAZ vom 13. Oktober 1983 veröffentlicht hat. Aus Anlaß eines nach unserer Vorstellung überaus harten sowjeti­schen Strafurteils gegen einen deutschen Busfahrer hat Prof. Schroeder sich darin mit Fragen der Strafzu­messung bei Ausländern befaBt. Nach § 46 des Straf­gesetzbuches ist die Schuld des Täters Grundlage der Strafzumessung; bei jedem VeriJrteilten ist indivi­duell zu berücksichtigen, welche Wirkungen auf ihn von der Strafe zu erwarten sind. Ei~m Wissenschaft­ler muß es freistehen, zu erörtern, eiche Probleme sich bei der Anwendung dieser Gru dsätze im Einzel­fall ergeben können. Es ist im übri en nicht Aufgabe der Staatsregierung, derartige ü rlegungen eines Hochschullehrers zu kommentieren

Derzeit werden Straftaten, das ist as Entscheiden­de, die ein Ausländer bei uns beg ht, grundsätzlich von deutschen Gerichten nach deu schem Strafrecht abgeurteilt. Ob künftig die Übertra ung der Strafver­folgung auf den Heimatstaat eine g öBere Rolle spie­len wird, hängt vom Fortschritt der i ternationelen Zu-

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2486 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

(Staatsminister Lang)

sammenarbeit, von der Harmonisierung der Rechts­ordnungen sowie davon ab, daß unsere rechtsstaatli­chen Grundsätze und kriminalpolitischen Interessen gewahrt bleiben.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, die Fra­gestellerin!

Frau Meier (SPD): Herr Minister, halten Sie solche Äußerungen vereinbar mit Artikel 3 des Grundgeset­zes, Gleichheit vor dem Gesetz, und dem Grund­rechtssatz, daß niemand wegen seiner Herkunft, Ras­se usw. benachteiligt oder bevorzugt werden darf?

Staatsminister Lang: Frau Kollegin Meier, ich habe ganz deutlich gesagt, daß bei uns ein Ausländer nach deutschem Recht abgeurteilt wird und genauso ab­geurteilt wird wie ein Deutscher. Sie müssen den Arti­kel des Professors Schroeder genau durchlesen. Er hat sich nur Gedanken darüber gemacht, daß ein Deutscher wegen eines Deliktes, wie es dieser Bus­fahrer begangen hat, möglicherweise nur zu Gefäng­nis zwischen einem und zwei Jahren verurteilt worden wäre, während in Moskau der gleiche Mann zu 7 Jah­ren Sibirien verurteilt wird. Umgekehrt beschäftigt sich ein Hochschullehrer für Strafrecht mit der Frage, wie dies denn wirkt. Die Justiz läßt sich aber bei der Strafzumessung nicht von den Überlegungen eines Hochschullehrers leiten. Das ist die Ausgangslage.

Zweiter Vlzapräsldent Lechner: Zusatzfrage, Frau Kollegin Meier!

Frau Meier (SPD): Halten Sie diese Äußerungen für vereinbar damit, daß Professor Schroeder künftige Juristen ausbildet, zumal er solche Auffassungen nicht nur einmal vertreten hat?

(Abg. Möslein: Wenn jeder Lehrer für jede Äußerung zur Rechenschaft gezogen würde,

wo kämen wir da hin?)

Staatsminister Lang: Ich habe mir den Artikel geben lassen und ihn durchgelesen. Es ist eine abgewogene Überlegung eines Hochschullehrers für Strafrecht. Wenn wir Zeit hätten, so daß ich den Artikel vorlesen könnte, würden Sie zur Auffassung gelangen, daß man den Überlegungen, wie sie dort vermerkt sind, sehr wohl zustimmen kann.

zweiter Vizepräsident Lechner: Nochmals eine Zu­satzfrage, Frau Kollegin!

Frau Meier (SPD): Halten Sie also diese Auffassung für vereinbar mit dem Beamteneid, den dieser Profes­sor auf das Grundgesetz und die Bayerische Verfas­sung geleistet hat?

Staatsminister Lang: Frau Kollegin, Sie unterstellen etwas, was in dem Artikel überhaupt nicht steht. Der Hochschullehrer kommt zu dem Ergebnis, daß der deutsche Busfahrer nach russischem Recht ange-

messen verurteilt wurde, und stellt umgekehrt Über­legungen zur Strafverträglichkeit eines Ausländers in der Bundesrepublik an, beispielsweise beim Rausch­gifthandel. Bei uns bekommt der Täter dafür ein hal­bes Jahr, in der Türkei 10 Jahre. Damit hat er sich auseinandergesetzt.

(Abg. Loew: Bei uns bekommt keiner ein halbes Jahr, unter 6 Jahren ist da

nichts drin!)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nochmals eine Zu­satzfrage!

Frau Meier (SPD): Wären Sie genauso nachsichtig mit Studenten, die radikale Auffassungen vertreten, oder würde da der Verfassungsschutz andere Maß­stäbe anlegen?

Staatsministar Lang: Frau Kollegin, das deckt die Frage nicht. Sie beschäftigen sich mit einem Artikel von Professor Schroeder. Bei uns wird jeder nach deutschem Recht und in der Strafzumessung gleich behandelt.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler, Herr Kollege Köster!

Köster (SPD), Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister, stimmt es, daß Ermittlungen gegen Betelllgte der Lkw-Blockaden seitens der Staatsanwaltschaft und der Polizei erst aufge­nommen worden sind, nachdem von Privatperso­nen Anzeigen erstattet worden waren?

Zweiter Vizepräsident Lechner: Herr Minister, wären Sie damit einverstanden, daß ich zunächst auch noch die Frage des Kollegen Geys verlesen lasse? Sie be­trifft eigentlich den gleichen Sachverhalt.

Gays Helmut (SPD), Fragest e 11 er:

Herr Minister, trifft es zu, daß der Generalstaats­anwalt In München die Polizei wlhrend der Lkw­Blockaden angewiesen hat, nur im Sicherheits­bereich tätig zu werden, aber keine Ermittlungen gegen die Blockierer aufzunehmen?

Staatsminister Lang: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf die Frage des Kollegen Köster ant­worte ich mit einem Nein. Die Strafv olgungsbehör­den haben sich von Anfang an in die orgänge einge­schaltet. Die zuständigen Staatsan altschaften bei den Landgerichten Traunstein und empten haben Ermittlungsverfahren wegen des Ve achts der Nöti· gung durch Blockieren der Grenzü ergänge mittels quergestellter Fahrzeuge eingeleite . Anzeigen von Privatpersonen sind erst einige Ta später einge­gangen.

Die Frage des Herrn Kollegen Gey beantworte ich auch mit einem einfachen und schllc en Nein.

(Abg. Loew: Und keine Begr" dung?)

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag . 10. Wahlperiode 2487

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Langenberger!

Langenberger (SPD): Herr Staatsminister, wie erklä­ren Sie sich Presseberichte und Rundfunkmeldun­gen, in denen es geheißen hat, die Staatsanwaltschaft ermittle gegen Unbekannt, obgleich die Lkw doch greifbar und sichtbar mit Nummern und Fahrern be­reitstanden, so daß man sie hätte aufschreiben kön­nen?

Staatsminister Lang: Herr Kollege Langenberger, ich habe schon im Rechts- und Verfassungsausschuß am 21. März 1984 eine ähnliche Frage beantwortet. Der Akt, ein Bündel von Ermittlungsverfahren, wird nur gegen Unbekannt geführt. Im einzelnen sind na­türlich die Namen bekannt. Ich habe Ihnen damals ge­sagt, daß es mir nicht zusteht, Einzelheiten der Er­mittlungsverfahren bekanntzugeben. Ich habe aber versprochen, nach Abschluß der Ermittlungen im Rechts- und Verfassungsausschuß einen Bericht zu geben.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Geys !

Geys Helmut (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß, wer eine Straße vorsätzlich blockiert, Störer im polizeirechtlichen Sinne ist, ge­gen den von Amts wegen zu ermitteln ist?

Staatsminister Lang: Herr Kollege Geys, deshalb wa­ren Staatsanwaltschaft und Polizei tätig, deshalb wur­de das Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Langenberger!

Langenberger (SPD): Herr Staatsminister, weshalb ziehen sich die Ermittlungen bei dem relativ einfachen Sachverhalt so lange hin?

Staatsminister Lang: Es gibt mehrere Vorgänge. Es gibt den Vorgang in Kiefersleiden; es gibt den Vor­gang in Oberaudorf; es gibt den Vorgang in Kempten und noch weitere Vorgänge. Ich bitte auch zu sehen, daß Lkw aus 10 verschiedenen Nationen beteiligt wa­ren. Damit muß sich zuerst die Polizei und dann die Staatsanwaltschaft auseinandersetzen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Langenberger!

Langenberger (SPD): Herr Staatsminister, wann rechnen Sie mit dem Abschluß der Ermittlungen?

Staatsminister Lang: Ich kann nichts versprechen. Wir bemühen uns, die Ermittlungsverfahren möglichst rasch zum Abschluß zu bringen. Ich möchte keinen Zeitpunkt nennen, um nicht möglicherweise einen un­richtigen zu sagen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nochmals, Herr Kol­lege Langenberger!

Langenberger (SPD): Herr Staatsminister, ab wel­chem Zeitpunkt haben die Polizeibeamten als Hilfsor­gane der Staatsanwaltschaft tatsächlich Ermittlungen aufgenommen?

Staatsminister Lang: Herr Kollege Langenberger, nach meinen Erkundigungen wurden unmittelbar nach Bekanntwerden der Blockaden Polizei und Staatsanwaltschaft tätig. Der erste Fall war ein Fall der Staatsanwaltschaft Traunstein. Es hat sich auch der Generalstaatsanwalt vor Ort begeben.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nochmals, Herr Kol­lege Langenberger!

Langenberger (SPD): Herr Minister, hat der Herr Ge­neralstaatsanwalt, der sich, wie Sie sagen, vor Ort be­geben hat, zu diesem oder zu einem anderen Zeit­punkt die Polizei angewiesen, nur im Sicherheitsbe­reich tätig zu werden?

Staatsminister Lang: Nein. Staatsanwaltschaft und Polizei waren zu diesem Zeitpunkt bereits tätig. Es war keine Weisung erforderlich, es war auch keine Einschränkung erforderlich, sondern es war eine um­fassende Ermittlung eingeleitet.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Ich darf den Herrn Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr zur Beant­wortung bitten.

Nächster Fragesteller ist Kollege Ewald Lechner.

Lechner Ewald (CSU) Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister, welche M6gllchkeiten sieht die Staatsregierung zur Sicherung der Arbeits­plätze bei der Firma Traktorenwerke Eicher In Landau, und Ist sie bereit, nach der Vorlage eines tragfähigen Untemehmenskonzeptes öf­lentllche Flnanzlerungshllfen zur Verfügung zu stellen?

Staatsminister Jaumann: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordne­ten Ewald Lechner kann ich wie fol~ beantworten:

Die Bayerische Staatsregierung ka n die Konsolidie­rungsbemühungen eines Unterne mens dLJrch den Einsatz öffentlicher Finanzierungs lfen unterstützen. Voraussetzung hierfür ist die Vorl ge eines realisti­schen Fortführungskonzeptes, da von allen an der Konsolidierung BeteMigten mitgetr gen wird. In Ge­sprächen mit der Unternehmens! tung und Arbeit· nehmervertretern habe ich mehrfa die Bereitschaft meines Hauses erklärt bzw. erklä n lassen, zur Si­cherung der bei der Firma Eicher estehenden Dau­erarbeitsplätze alles in unserer M cht Stehende zu tun. Die derzeit laufenden Bemühu en um die Erhal-

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2488 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Staatsminister Jaumann)

tung der Arbeitsplätze werden mit unverminderter In­tensität fortgesetzt. Nähere Einzelheiten kann ich al­lerdings ohne . das Einverständnis der Beteiligten nicht mitteilen. Dafür bitte ich um Verständnis.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ewald Lechner!

Lechner Ewald (CSU): Herr Staatsminister, sind ne­ben Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern auch Verhandlungen mit der Gewerkschaft, insbeson­dere der IG Metall, geführt worden oder sind solche bisher unterblieben?

Staatsminister Jaumann: Nein. Wir haben Gesprä­che mit allen Beteiligten geführt, sowohl mit dem Be­triebsrat als auch mit Vertretern der IG Metall. Es kann also ausgeschlossen werden, daß die IG Metall nicht über die Einzelheiten informiert ist.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ewald Lechner!

Lechner Ewald (CSU): Herr Staatsminister, Sie haben von einem tragfähigen Unternehmenskonzept ge­sprochen, das natürlich eine gewisse Finanzierung voraussetzt. Ist Ihnen bekannt, ob auch mit der ge­werkschaftseigenen Bank für Gemeinwirtschaft Ver­handlungen geführt worden sind?

Staatsminister Jaumann: Das kann ich nicht sagen. Ich will es zwar nicht ausschließen, kann die Frage aber nicht konkret bejahen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Erwin Huber!

Huber Erwin (CSU): Herr Staatsminister, wären Sie bereit, im Rahmen einer Gesamtkonsolidierung des Betriebes auch auf die Hausbank, eine bayerische Bank, entsprechend einzuwirken, daß Entgegenkom­men gezeigt wird?

Staatsminister Jaumann: Natürlich bin ich dazu be­reit. Die Bank trägt aber auch eine Verantwortung im eigenen Bereich. Da bestehen zweifellos noch Schwierigkeiten.

zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ewald Lechner!

Lechner Ewald (CSU): Herr Staatsminister, sehen Sie eine Möglichkeit, über die Bayerische Landesbank Gespräche Ihres Hauses mit der Bank für Gemein­wirtschaft zu führen, damit ein möglichst starker Ver­bund von Geldinstituten zustandekommt?

Staatsminister Jaumann: Zunächst muß eine Haus­bank vorhanden sein, die zur D1.1rchleitung des Kre­dits bereit ist. Diese Hausbank hat sich bisher im we­sentlichen noch nicht gefunden.

zweiter Vizepräsident Lechner: Letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Erwin Huber!

Huber Erwin (CSU): Herr Staatsminister, sehen Sie eine Möglichkeit, über eine Konsolidierungshilfe hin­aus für neue Investitionen, die zur Modernisierung des Betriebs notwendig sind, entsprechende Hilfen für den Bereich Landau zu gewähren?

Staatsminister Jaumann: Alles, was wir tun, setzt voraus, daß ein bankmäßig organisiertes Institut die Durchleitung des Betrages ermöglicht. Wir haben kei­ne direkte Beziehung zum Betrieb, sondern müssen die Zuschüsse über ein Bankinstitut leiten. Dazu brauchen wir wie gesagt ein Bankinstitut.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler, Herr Abgeordneter Langenberger!

Langenberger (SPD) Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister, treffen Pressemeldungen zu, daß Sie den Betelllgten an der Lkw-Blockade Straffreiheit zugesichert heben?

Staatsminister Jaumann: Herr Präsident, Hohes Haus! Ich hatte noch am Nachmittag des 22. Februar 1984, also unmittelbar nach Beginn der Protestaktio­nen in Kiefersfelden, ein Gespräch mit den Sprechern der Lkw-Fahrer geführt. Ich habe den Fahrern für ihre Aktionen nach diesem Gespräch keine Straffreiheit zugesichert, sondern nur versprochen, mich für sie beim Staatsminister der Justiz einzusetzen.

zweiter Vlzepräsldant Lechner: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Langenberger!

Langenberger (SPD): Herr Staatsminister! Sind dann Pressemeldungen, die solches besagt haben, schlichtweg falsch?

Staatsminister Jaumann: Sollte es solche Presse­meldungen geben, so treffen sie so nicht zu.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Loew!

Loew (SPD): Herr Staatsminister, haben Ihre Bemü­hungen um Straffreiheit für die Lkw-Fahrer beim Ju­stizminister Ergebnisse gezeigt?

Staatsminister Jaumann: Ich habe gehalten, was ich versprochen habe.

zweiter Vizepräsident Lechner: ztisatzfrage, Herr Abgeordneter Langenberger! ;

Langenberger (SPD): Herr Staatsi"nister, sind Sie bereit, sich auch bei andersartigen emonstrationen beim Herrn Justizminister für Stra eiheit einzuset­zen, auch wenn die Aktionen nicht ach Recht und Gesetz ablaufen?

'

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Beyert1cher Landtag · 10. Wahlperiode 2489

Staatsminister Jaumann: Sie müssen den besonde­ren Akzent dieser Demonstrationsveranstaltung be­rücksichtigen. Angesichts der langen Abfertigungs­zeiten war ganz klar, daß sich die Demonstranten in einem ungewöhnlich starken psychologischen Um­feld bewegen. Ferner mache ich darauf aufmerksam, daß die Lkw-Fahrer für einen Rechtszustand demon­striert haben, der eigentlich auf europäischer Ebene gilt. Es macht doch einen Unterschied, ob für die Ein­haltung der Gesetze oder gegen gesetzliche Bestim­mungen demonstriert wird.

(Unruhe und Zurufe bei der SPD)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Loew!

Loew (SPD): Herr Staatsminister, darf ich aus Ihrer Antwort auf meine vorherige Frage schließen, daß Ihr Einsatz für Straffreiheit in diesem Zusammenhang beim Justizminister ergebnislos war?

Staatsminister Jaumann: Nein, das können Sie dar­aus nicht schließen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Langenberger!

Langenberger (SPD): Herr Staatsminister, glauben Sie, daß sich nicht auch Friedensdemonstranten oder Kernkraflwerksgegner bei Protestveranstaltungen in einem besonderen psychologischen Zustand befin­den?

Staatsminister Jaumann: Das will ich damit nicht ge­sagt haben.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Ich darf den Herrn Staatsminister für Arbeit und Sozialordnung zur Be­antwortung der nächsten Fragen bitten.

Nächster Fragesteller, Herr Abgeordneter Gürteler!

Gürteler (CSU) Fragest e II er:

Herr Staatsminister! Teilt das Staatsinlnlstertum für Unterricht und Kultus die Veränderung der Bettenkapazltiten der Krankenhäuser Im univer­sitären Bereich dem Staatsmlnlstertum für Arbeit und Sozialordnung nur mit oder werden die Bet­tenkapazitäten Im unlvel91täran und außarunlver­sltären Bereich aufeinander abgestimmt, und hält die Staatsregierung das dabei eingehaltene Verfahren für einen tatsächlichen Interessenaus­gleich für ausreichend?

Staatsminister Dr. Plrkl: Es handelt sich dabei um einen mehrschichtigen Zusammenhang, weshalb ich nicht nur in ein oder zwei Sätzen antworten kann.

Bekanntlich werden sowohl in Universitätskliniken als auch in allgemeinen Krankenhäusern außerhalb des Hochschulbereichs Akutbetten für stationär zu be­handelnde Patienten vorgehalten.

Die Planung für beide Klinikbereiche folgt notwendi­gerweise unterschiedlichen Zielsetzungen:

Die meinem Hause übertragene Krankenhausbedarfs­planung hat die sozial- und gesundheitspolitische Aufgabe zu erfüllen, eine landesweit ausgewogene und bedarfsgerechte stationäre Versorgung der Be­völkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern si­cherzustellen. Die Vorhaltung von Hochschulkliniken dagegen dient in erster Linie der bildungspolitischen Aufgabe der medizinischen Lehre und Forschung.

Diese gesundheitspolitischen und bildungspoliti­schen Zielsetzungen sind in der Praxis nicht immer voll zur Deckung zu bringen, weil sie auf unterschied­liche Kriterien abstellen, nämlich auf Bedarfsgerecht­heit und Bürgernähe einerseits und auf die Gewährlei­stung von Lehre und Forschung andererseits. Ein ge­nereller Vorrang der gesundheitspolitischen vor der bildungspolitischen Aufgabe oder umgekehrt wäre wegen der hohen Bedeutung beider Zielsetzungen nicht sachgerecht. Es müssen daher im Rahmen der Planung auf beiden Gebieten jeweils im konkreten Falle Abstimmungen erfolgen und nötigenfalls auch Prioritäten zugunsten der einen oder anderen Seite gesetzt werden. ·

Dementsprechend sind gemäß § 6 Absatz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes die Hochschulkli­niken nicht unmittelbar Gegenstand der Kranken­hausbedarfsplanung. Sie sind vielmehr nur insoweit in den Krankenhausbedarfsplan einzubeziehen. als sie der allgemeinen Versorgung der Bevölkerung dienen können, wobei die Aufgaben der Forschung und Leh­re dann zu berücksichtigen sind. In Bayern wird des­halb so verfahren, daß das für die Hochschulkliniken zuständige Kultusministerium meinem Hause Verän­derungen in den Bettenkapazitäten nicht nur mitteilt, sondern daß sich beide Ministerien bemühen, kon­krete Hochschulklinikprojekte jeweils rechtzeitig mit­einander zu erörtern, um nötigenfaUs einen sachge­rechten Ausgleich zwischen den bildungspolitischen und gesundheitspolitischen Zielsetzungen zu finden, was natürlich immer wieder Kompromisse erfordert.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Gürteler (CSU): Herr Minister, könnte man bei diesen Verhandlungen nicht auch den drallßen auf dem fla­chen lande in den umliegenden Laiidkreisen entste­henden Bedarf so berücksichtigen, ~aß auch in Kreis­krankenhäusern wie beispielsweise ~bersberg in be­grenzter Zahl Belegarztbetten ein erichtet werden können, so daß dort ansässige Bele ärzte der Ortho­pädie wenigstens kleinere Operati en durchführen können? Hiermit wäre bessere Bü ernähe gewähr­leistet.

Staatsminister Dr. Plrkl: Bürgernä ganz wesentliche Komponente alle darfsplanung. Wir versuchen auch i chen, die Bürgernähe durch die Belegbetten zu realisieren. Dies läßt

ist für uns eine Krankenhausbe­Großraum Mün­erkennung von ich nicht in allen

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2490 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

(Staatsminister Dr. Pirkl)

Bereichen so tun, wie das örtliche Träger von Kran­kenhäusern wünschen. Es wird also auch bei Verwirk­lichung des Zielpunktes Bürgernähe immer wieder Kompromisse geben müssen.

zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Gürteler!

Gürteler (CSU): Herr Minister, kann ich Ihren Ausfüh­rungen dann entnehmen, daß dem langjährigen Wunsch des Landkreises Ebersberg nach Belegbet­ten am Kreiskrankenhaus Ebersberg eigentlich doch nachgekommen werden kann?

Staatsminister Dr. Plrkl: Über diese Frage wird bera­ten in der Sitzung des Krankenhausplanungsaus­schusses Anfang Juni. Ein entsprechender Antrag des Landkreises Ebersberg liegt für diese Sitzung vor. Er war schon früher einmal gestellt worden und mußte damals abgelehnt werden. Ich kann den Bera­tungen des Gremiums nicht vorgreifen.

(Abg. Gürteler: Danke!)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Ich darf den Herrn Staatssekretär im Innenministerium zur Beantwor­tung bitten.

Nächster Fragesteller, Herr Kollege Gausmann !

Gausmann (SPD), Fragest e 11 er:

Herr Staatssekretärl Warum erstrecken sich die Ermittlungen Im Disziplinarverfahren gegen Landrat Ludwig Mayer über alnen so langen Zeit­raum, und was gedenkt die Staatsregierung zu tun, um das Verfahren zu beschleunigen, damit mit einer baldmöglichsten Entscheidung gerech­net werden kann?

Staatssekretär Neubauer: Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Die Ermittlungen im Disziplinarver­fahren gegen Landrat Ludwig Mayer haben sich aus folgenden Gründen verzögert:

1. Es handelt sich um einen sehr komplexen Vorgang.

2. Im Laufe der Ermittlungen mußten zahlreiche neue Anschuldigungspunkte in das Verfahren einbezo­gen werden.

3. Ende 1981 nahm die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Landshut gegen Landrat Ludwig May­er Ermittlungen wegen des Verdachts einer Straftat auf. Nach Erhebung der öffentlichen Anklage muß­te die Regierung von Niederbayern nach Artikel 17 der Disziplinarordnung das Verfahren insoweit aus­setzen.

4. Mit Verfügung vom 7. Januar 1983 enthob die Re­gierung von Niederbayern Landrat Ludwig Mayer nach Artikel 80 der Disziplinarordnung vorläufig sei­nes Dienstes und kürzte seine Bezüge um 30 %. Hiergegen stellte Herr Mayer Antrag auf gerichtli­che Überprüfung an das Verwaltungsgericht Re­gensburg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Entscheidung vom 20. Juli 1983 abgelehnt.

Landrat Mayer nahm die von ihm dagegen erhobe­ne Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungs­gerichtshof mit Schreiben vom 21. Januar 1984 zu­rück. Seit 23. März 1984 stehen die von den Ge­richten beigezogenen Akten dem Untersuchungs­führer erst wieder zur Verfügung.

Das Staatsministerium des Innern ist bemüht, daß das Verfahren möglichst beschleunigt wird. Die Er­mittlungen im Disziplinarverfahren liegen allerdings in der Hand eines Untersuchungsführers, der mit rich­terlicher Unabhängigkeit ausgestattet ist und Weisun­gen nicht unterliegt. Das Staatsministerium des In­nern hat die Bitte um Beschleunigung des Verfahrens bereits an die Landesanwaltschaft herangetragen.

zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Geusmann (SPD): Herr Staatssekretär! Sie haben soeben bestätigt, daß das Rechtsmittel beim Verwal­tungsgericht Regensburg bereits im Januar zurück­gezogen wurde. Warum dauerte es dann fast zwei Monate, bis die Ermittlungsakten von Regensburg zur weiteren Bearbeitung zur Landesanwaltschaft in München gelangten?

Staatssekretär Neubauer: Ich meine, daß dies kein ungewöhnlicher Vorgang ist, sondern daß die Akten nach Abschluß des Verfahrens in angemessener Zeit übersandt worden sind. Aber ich habe eben gesag1: Wir haben gebeten, das Verfahren jetz1 so schnell wie möglich abzuschließen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Böhm!

Böhm (CSU): Herr Staatssekretär, nachdem bekannt­lich die Untersuchungsführer in Disziplinarverfahren sehr überlastet sind, frage ich Sie: Ist dafür Sorge ge­tragen, daß der Umstand der Belastung nicht zu Ver­zögerungen im konkreten Falle führt?

Staatssekretär Neubauer: Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Die Untersuchungsführer in Diszi­plinarverfahren haben richterliche Unabhängigkeit. Diese bezieht sich nicht nur auf dia Sache, sondern auch den zeitlichen Ablauf. Wir hab•n aber gebeten, den Vorgang beschleunigt zu beh~deln. Der Unter­suchungsführer hat uns mitgeteilt, ~ er dem höch­ste Priorität beimißt.

Zweiter Vizepräsident Lechner: He(r Kollege Kempf-ler, Sie haben die nächste Frage. !

Dr. Kempller (CSU): Herr Staatss Sorge getragen, daß nach Abschluß gen bei der Landesanwaltschaft Verlauf des Verfahrens beim Verw rechnet werden kann?

kretär, ist dafür er Vorennittlun­einem zügigen

ungsgerlcht ge-

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2491

Staatssekretär Neubauer: Die Verwaltungsgerichte sind unabhängig; diese Unabhängigkeit bezieht sich sowohl auf die Sache als auch den Verfahrensablauf. Aber ich meine, daß die personelle Ausstattung der Verwaltungsgerichte auch bei den Disziplinarkam­mern so ist, daß mit einer beschleunigten Durchfüh­rung gerechnet werden kann.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Gausmann !

Gausmann (SPD): Herr Staatssekretär! Können Sie bestätigen, daß der Termin der Kommunalwahl im März nicht zu einer Verzögerung des Verfahrens ge­führt hat?

Staatssekretär Neubauer: Ich bin der Meinung, daß der Termin der Kommunalwahl nicht zu einer Verzö­gerung des Verfahrens geführt hat.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Letzte Zusatzfrage, Kollege Böhm!

Böhm (CSU): Herr Staatssekretär, bis wann ist aus Ihrer Sicht mit dem Abschluß der Untersuchungen zu rechnen?

Staatssekretär Neubauer: Nach der Ankündigung des Untersuchungsführers ist damit zu rechnen, daß die Untersuchungen bis zum Sommer abgeschlossen sein können.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Frau Kollegin Biebl, Sie haben.die nächste Frage.

FrauDr.Blebl (CSU), Fragestellerin:

Herr Staatssekretär! Sieht die Staatsregierung einen Weg, für Kosmetika, die ohne Tierversuche entwickelt wurden, eine Kennzeichnung einzu­führen, um dem Verbraucher die Mögllchkelt zu geben, durch bewußten Einkauf gegen Tierversu­che In diesem Bereich zu votieren?

Staatssekretär Neubauer: Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Nach geltender Rechtslage ist es schon jetzt möglich, kosmetische Mittel, die ohne Tierversuche entwickelt worden sind, entsprechend zu kennzeichnen. Von dieser Möglichkeit wird auch Gebrauch gemacht. Angesichts der fortschreitenden Entwicklung des Tierschutzgedankens kann davon ausgegangen werden, daß kosmetische Mittel in zu­nehmendem Maße entsprechend gekennzeichnet werden, so daß eine staatliche Reglementierung nicht zwingend erforderlich ist.

Nach Auffassung der Staatsregierung ist es im übri­gen besser und wirkungsvoller für den nerschutz -Ihre Frage steht nicht im Gegensatz dazu, Frau Kolle­gin Dr. Biebl; Sie werden dies teilen -, das Problem nicht nur über Kennzeichnungsvorschriften, sondern auch durch eine weitestgehende Beschränkung der Tierversuche insgesamt und damit auch bei der Ent­wicklung kosmetischer Mittel anzugehen. Die Staats­regierung wird sich bei der anstehenden Novellierung

des Tierschutzgesetzes für eine weitere Einschrän­kung der Tierversuche einsetzen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler, Herr Kollege Koch!

Koch (SPD): Fragesteller:

Herr Staatsekretär! Wie beurteilt die Staatsre­gierung die Antwort des Staatssekretärs Im Bun­desministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, von Loewenlch, auf die von dem SPD-Abgeordneten Dr. Rudolf Schöfbergar Im Deutschen Bundestag am 8. Februar 1984 einge­brachte Mündllche Anfrage, wonach der Bundes­minister für Raumordnung, Bauwesen und Städ­tebau In enger Abstimmung mit den betelllgten Ländern anstrebe, deß die für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehenden Mittel des Bundes - nach der mlttelfrlstlgen Flnenzpla­nung jährlich noch 1,07 Mllllarden DM - grund­sätzllch nur noch für die Förderung von Eigen­tumsmaßnahmen eingesetzt werden sollen und die Länder mit Ihren komplementären Mitteln lür den sozlelen Wohnungsbeu -lterhln Sozlalmlet­wohnungen dort In dem Umfang fördern sollen, wo dies aufgrund der Wohnungsmarktlage gebo­ten Ist?

Staatssekretär Neubauer: Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Nach dem derzeitigen Stand der Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern über die Verwaltungsvereinbarung für das Förderjahr 1985 kann davon ausgegangen werden, daß der Bund von der Auflage, mindestens in Höhe der Bundesmit­tel müßten die Länder Eigentumsmaßnahmen fördern, Abstand nehmen wird. Für das Förderjahr 1986 ist die Meinungsbildung des Bundes zwar noch im Fluß. Aber auch hier zeichnet sich ab, daß der Bund nicht verlangen wird, mindestens in· Höhe der Bundesmittel müßten ausschließlich Eigentumsmaßnahmen geför­dert werden.

Im übrigen wäre die vom Bund zunächst in Erwägung gezogene Regelung in Bayern praktisch ohne Auswir­kung, denn Bayern fördert schon bisher im Ersten Förderungsweg Eigentumsmaßnahmen mit mehr Mit­teln, als der Bund zur Verfügung stellt. Dabei verblei­ben noch Mittel in angemessenem Umfang zur Förde­rung von Miet- und Genossenscha.swohnungen an den Orten, an denen auch noch kü~ftig ein dringen­der Bedarf daran besteht.

Zweiter Vizepräsident Lechner: ~usatzfrage, der Fragesteller!

Koch (SPD): Herr Staatssekretär, h be ich richtig in Erinnerung, daß der sozial-liberalen undesregierung seinerzeit, als CSU und CDU noch i der Opposition waren, heftige Vorwürfe gemacht rden, daß sie den Mietwohnungsbau im Rahm des sozialen Wohnungsbaus nicht ausreichend r· dere?

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2492 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

Staatssekretär Neubauer: Herr Kollege Koch, ich bin mir nicht im klaren darüber, was Sie selbst in Erinne­rung haben. Tatsache ist jedenfalls,

(Abg. Koch: Das habe ich Ihnen gerade gesagt!)

daß wir auch der neuen Bundesregierung gegenüber mit Nachdruck dafür eintreten, daß auch für den Miet­wohnungsbau, soweit er erforderlich ist, Mittel zur Verfügung stehen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Herr Kollege Koch!

Koch (SPD): Herr Staatssekretär, ist es Ihrer Auf­merksamkeit entgangen, daß ich Sie nicht gefragt ha­be, ob Sie wissen, was ich in Erinnerung habe, son­dern daß ich Sie danach gefragt habe, ob das, was ich in Erinnerung habe, ich habe dies ausgeführt, nach Ihrer Meinung auch objektiv richtig ist?

Staatssekretär Neubauer: Ihre Frage ist nicht meiner Aufmerksamkeit entgangen. Aber, Herr Kollege Koch, ich werde doch darauf hinweisen dürfen, daß wir für den Bau von Mietwohnungen im angemessenen Um­fang eintreten.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Herr Kollege Koch!

Koch (SPD): Herr Staatssekretär, da ich nicht gefragt habe, was Sie jetzt tun, sondern danach gefragt ha­be, ob das, was die Bundesregierung tut, nicht im Gegensatz zu dem steht, was CDU und CSU aus der Opposition heraus von der damaligen sozial-liberalen Regierung gefordert haben, darf ich Sie um Beant­wortung dieser Frage bitten.

Staatssekretär Neubauer: Aber, Herr Kollege Koch, die Frage ist doch theoretisch, wenn ich Ihnen sage, daß aufgrund der Gespräche, die geführt worden sind, und auf der Grundlage des gegenwärtigen Stan­des der Verhandlungen damit zu rechnen ist, daß eine ursprüngliche Überlegung, die in diese Richtung ge­gangen sein kann, nicht zum Tragen kommt. Sowohl der Oberbürgermeister Kiesl als auch der Fraktions­vorsitzende der CSU im Bayerischen Landtag

(Abg. Kurz: Der noch amtierende Oberbür-germeister!)

- der noch amtierende, selbstverständlich: Sie wer­den ja nicht bestreiten können, daß er das noch ist -haben sich mit Nachdruck dafür eingesetzt, daß auch für den Mietwohnungsbau in Zukunft Mittel zur Verfü­gung stehen. So, wie die Dinge aussehen, können wir davon ausgehen. infolgedessen sehe ich keinen Wi­derspruch, Herr Kollege Koch.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, Frau Kollegin Burkei!

Frau Burkel (SPD): Herr Staatssekretär, nachdem Sie jetzt zweimal betont haben, daß noch Mittel .in ange­messenem Umfang" für den sozialen Mietwohnungs­bau verbleiben, darf ich Sie im Hinblick auf die ekla-

tante Not an preisgünstigen sozialen Mietwohnungen fragen, was Sie unter .angemessenem Umfang· ver­stehen.

Staatssekretär Neubauer: Das kann ich Ihnen gerne sagen. Wir haben die Mittel im Ersten Förderungsweg in den zurückliegenden Jahren etwa so verteilt, daß 60 % auf Mietwohnungen und 40 % auf Eigentums­maßnahmen entfallen sind. Wenn ich davon ausgehe, daß im Jahr 1984 im Ersten Förderungsweg Bundes­und Landesmittel in Höhe von knapp 570 Millionen DM zur Verfügung stehen, und wenn ich unterstelle, man kann es im Augenblick noch nicht ganz überblik­ken, daß die Verteilung etwa im gleichen Verhältnis wie in den letzten Jahren erfolgt, dann bedeutet dies, daß etwa 300 bis 350 Millionen DM im Ersten Förde­rungsweg für den Bau von Mietwohnungen zur Verfü­gung stehen. Ich möchte meinen, daß damit die Aus­sage, daß dies ein angemessener Betrag ist, gerecht­fertigt ist.

zweiter Vizepräsident Lechner: Letzte Zusatzfrage, Herr Kollege Koch!

Koch (SPD): Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob, was mit diesen Mitteln an Mietwohnungen im so­zialen Wohnungsbau geschaffen werden kann, mehr oder wesentlich mehr ist als das, was zuletzt die so­zial-liberale Bundesregierung getan hat?

Staatssekretär Neubauer: Ich meine, daß die sozial­liberale Bundesregierung, soweit ich die Zahlen in Er­innerung habe, ihre Mittel für den Wohnungsbau in den letzten Jahren gekürzt hat.

(Lachen des Abg. Koch)

- Die Mittel für den Wohnungsbau in den letzten Jah­ren gegenüber früher gekürzt hat. Ich sage das jetzt unter Vorbehalt, weil ich es aus dem Stegreif sage. Diesen Vorbehalt sollten Sie mir zugestehen. Aber das sollten wir uns noch einmal vergegenwärtigen, Herr Koch.

(Abg. Koch: Ich habe keine Möglichkeit mehr zu fragen, aber es ist wohl die Fest­

stellung erlaubt - -)

zweiter Vizepräsident Lechner: Nächster Fragestel­ler, Herr Kollege Falter!

Falter (SPD): Frage ste 11 er:

Herr Staatssekretär, Ist die St tsreglerung an-gesichts der vielen Einsprüche 1 der gaplanten Ortsumfahrung der Staatsstra 2078 von Bad Aibling bereit, die von der ölkerung favori-sierte sogenannte Tunneltrasse echnlscll und II· nanzlell genau zu prüfen, um 1 der Diskussion um diese beiden Trassen einen hten Vergleich zu haben?

Staatssekretär Neublluer: Herr Pr" men und Herren! Für die Ortsumge ling im Zuge der Staatsstraße 2078 stellungsbeschlu8 vom 22. Februar

ident, meine Da­ng von Bad Aib­

iegt ein Planfest­ieses Jahres vor.

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2493

(Staatssekretär Neubauer)

Im Planfeststellungsverfahren ist auch die Tunneltras­se in technischer und finanzieller Hinsicht sorgfältig geprüft worden.

Nach Abwägung aller öffentlichen und privaten Belan­ge wurde im Beschluß festgestellt, daB die Planfest­stellungstrasse die zweckmäßigste Lösung darstellt. Eine nochmalige Überprüfung der Tunneltrasse ist daher nicht erforderlich.

In Anbetracht der verkehrlichen Nachteile und der ho­hen Kosten für Bau und Betrieb ist hier ein Tunnel wegen der knappen StaatsstraBenmittel und der Viel­zahl anderer dringlicher Maßnahmen leider nicht fi-nanzierbar. ·

Zweiter Vizepräsident Lechner: Zusatzfrage, der Fragesteller!

Falter (SPD): Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß bei der Tunneltrasse innerhalb von Bad Aibling vom Straßenbauamt zwei Ein- und Ausschleifungen in der skizzierten Trasse eingezeichnet sind, was mei­nes Erachtens eine viel zu große und überdimensio­nale Planung bedeutet?

Staatssekretär' Neubauer: Herr Kollege Falter, das Problem der Umgehung Aibling ist uns beiden aus dem Landkreis gemeinsam bekannt und war auch einmal Gegenstand einer .Jetzt-red-i"-Sendung. Ich kann Ihnen nur sagen, daß die Tunnellösung von Fachleuten sehr sorgfältig geprüft worden ist. Ihre Meinung, daß hier eine nicht sachgerechte Planung vorliegt, vermag ich nicht zu teilen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Weitere Zusatzfrage des Fragestellers!

Falter (SPD): Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin gesagt, daß eine neue technische und finanzielle Prü­fung erfolgt sei. Wie erklären Sie sich dann, daß im­mer noch - erst gestern wieder in einem Artikel des Oberbayerischen Volksblattes - von 40 bis 60 Millio­nen DM gesprochen wird? Teilen Sie meine Auffas­sung, daß .40 bis 60 Millionen DM" keinesfalls eine genaue finanzielle Darstellung der Kosten ist?

Staatssekretär. Neubauer: Herr Kollege Falter, die Auffassung, daß .40 bis 60 Millionen DM" keine präzi­se Darstellung sind, teile ich. Nur ist die Auffassung der Obersten Baubehörde nach sehr sorgfältiger Prü­fung die, daß die Tunnellösung mindestens 50 Millio­nen DM kostet. Wer die Entwicklung im Tunnelbau kennt, weiB, daB man hier vor Überraschungen nie si­cher ist, so daB diese Lösung selbstverständlich teu­rer kommen kann. Aber 50 Millionen DM sind nach den Ermittlungen der unterste Betrag.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nochmals eine Fra­ge des Kollegen Falter!

Falter (SPD): Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin erwähnt, daß wir die Angelegenheit aus dem Land-

kreis persönlich kennen. Wir kennen auch die Pla­nung der Umgehungsstraße, also der sogenannten Südumgehung. Sind Sie mit mir der Auffassung, daß die Planung, bei der es um bis zu 8 Meter hohe Bö­schungen geht, zu gigantisch ist und daß man die ganze Angelegenheit auch wesentlich billiger machen könnte?

Staatssekretär Neubauer: Herr Kollege Falter, diese Meinung teile ich nicht. Man muB Planungen nach den vorhandenen Gegebenheiten richten und sie auf diese abstellen. Wenn im Westen der Stadt Aibling die Bahnlinie Rosenheim-Holzkirchen überquert wer­den muß, so ist das eine Vorgabe, die übrigens auch bei einer Tunnellösung berücksichtigt werden müßte.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Weitere Zusatzfrage des Kollegen Falter!

Falter (SPD): Herr Staatssekretär, könnte man bei der jetzigen Planung nicht dort, wo man überführt, auch untertunneln?

Staatssekretär Neubauer: Herr Kollege Falter, diese Lösung ist geprüft und als technisch nicht sinnvoll er­kannt worden.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Die nächste Frage stellt der Herr Kollege Dr. Kaiser.

Dr. Kaiser (SPD), Fragesteller:

Herr Staatssekretär, zu welchem Zweck hat die Regierung von Unterfranken von den Amtsvor­stehern aller staatlichen Behörden genaue Anga­ben über alle am 18. März 1984 In Kommunalpar­lamente gewählten Bediensteten angefordert?

Staatssekretär Neubauer: Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Die Staatsregierung begrüßt das ehrenamtliche Engagement staatlicher Bediensteter in kommunalen Vertretungsorganen. Die Ermittlung der Staatsbediensteten, die bei den Kommunalwah­len 1984 in ein kommunales Ehrenamt gewählt wur­den, dient dazu, deren Wahl bei dienstlichen Maßnah­men zu berücksichtigen.

Auf diese Weise wird rechtzeitig ein Überblick ge­wonnen, ob und in welchem Umfang voraussichtlich beispielsweise Urlaub für kommurele Tätigkeiten zu gewähren sein wird. Vor alten Dingen kann bei etwai­gen Versetzungen oder Abordnun,en Rücksicht ge­nommen werden.

SchlieBlich kann der dienstliche nsatz im Hinblick auf Artikel 31 Absatz 4 Nummer 4 er Gemeindeord­nung überprüft werden. Nach die r Vorschrift kön­nen ehrenamtliche Bürgermeister oder Gemeinde­ratsmitglieder nicht gleichzeitig B amte oder Ange­stellte der Rechtsaufsichtsbehörde ein, wenn sie un­mittelbar mit Fragen der Rechtsa sieht belsBt sind; im Falt einer Wahl müßten sie mit nderen Aufgaben betraut oder jedenfalls von Aufsieh saufgaben für die betreffenden Kommunen entbunde werden.

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2494 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

Präsident Dr. Heubl: Zusatzfrage, Kollege Dr. Kaiser!

Dr. Kaiser (SPD): Herr Staatssekretär, teilen Sie mei­ne Auffassung, daß es Zeit gewesen wäre, diese An­gaben von den Amtsvorstehern anzufordern, nach­dem die Kommunalparlamente zusammengetreten sind, um dann einen Überblick über den Einsatz zu haben, der von den Bediensteten in den Kommunal­parlamenten verlangt wird, und teilen Sie die Auffas­sung, daß durch eine solche Aktion dem von Ihnen geschilderten Eindruck widersprochen wird, daß die Staatsregierung das Engagement begrüßt, sofern es nicht der CSU zugute kommt?

Staatssakratiir Neubauer: Diese Auffassung, Herr Kollege Dr. Kaiser, teile ich keineswegs, sondern ich bin der Meinung, daß es letztlich im Interesse der ge­wählten Kommunalpolitiker liegt, daß die Dienstbe­hörden die Übersicht haben, um eine entsprechende Personalwirtschaft betreiben zu können.

Präsident Dr. Heubl: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Geis. Seine Frage richtet sich an den Herrn Staatsminister Dick.

Gels Norbert (CSU), Frage s te 11 er:

Herr Staatsminister! liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wonach durch radioaktive Emissionen Schiidlgungen der Vegetation be­wirkt werden?

Staatsminister Dick: Herr Präsident, verehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Es liegen Erkenntnisse vor, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Emissio­nen radioaktiver Stoffe aus kerntechnischen Anlagen und Schädigungen der V11getation zuverlässig ausge­schlossen werden kann. Pflanzen sind wegen ihres andersartigen Stoffwechsels gegenüber Einwirkun­gen ionisierender Strahlung generell wesentlich un, empfindlicher als der Mensch. Die Vegetation ist aber ebenso wie der Mensch der natürlichen Strahlenbela­stung ausgesetzt, die sich z. B. für Bäume wie für den Menschen zu ca. 100 Millirem pro Jahr berechnen läßt. Die zusätzliche von kerntechnischen Anlagen herrührende Strahlenexposition beträgt örtlich höch­stens ein Prozent dieser natürlichen Strahlendosis und ist als Beitrag zur Strahlenbelastung der Vegeta­tion ohne Bedeutung.

Die aus Kernkraftwerken in geringen Mengen emit­tierten radioaktiven Stoffe Tritium und Kohlenstoff 14, C14, werden auch in der Lufthülle der Erde laufend durch kosmische St.rahlung erzeugt. Diese Stoffe können wegen ihrer chemischen Eigenschaften über­all anstelle von Wasserstoff und Kohlenstoff in die or­ganische Substanz eingebaut werden. Die daraus re­sultierende Strahlenbelastung ist aber verschwindend gering. Ein Vergleich mit der für Bäume schädlichen Dosis zeigt, daß die aus der anthropogenen Tritium­und Kohlenstoff-14-Emission resultierende Dosisbe­lastung um viele Größenordnungen unter den Werten liegt, bei denen Schäden an Nadel- und Laubbäumen zu erwarten sind.

Radioaktive Edelgase kommen für eine radiologische Schädigung von Pflanzen durch Einbau in die Zellsub­stanz nicht in Betracht, da Edelgase praktisch keine chemischen Verbindungen eingehen. Eine radiologi­sche Einwirkung von Edelgasen auf Pflanzen ist nur durch Direktstrahlung von außen möglich. Die sich daraus ergebende Zusatzbelastung der Vegetation liegt im Mittel bei weniger als 0, 1 Prozent der natürli­chen Strahlenbelastung. Dies· bedeutet, daß beob­achtbare Schäden an Bäumen selbst bei einer hun­dertjährigen Exposition erst bei einer millionenfach höheren Dosisbelastung auftreten könnten.

Fragt man nach den möglichen chemischen Wirkun­gen der radioaktiven Emissionen, so ist festzustellen, daß die aus einem 1300-MW-Kernkraftwerk emittier­ten radioaktiven Stoffe mengenmäßig höchstens ei­nige Milligramm pro Jahr, bei Kohlenstoff 14 und Krypton 85 einige Gramm pro Jahr betragen. Daraus wird deutlich, daß für chemische Reaktionen der Emissionen aus Kernkraftwerken nur außerordentlich geringe Substanzmengen zur Verfügung stehen. Die­se sind um viele Zehnerpotenzen geringer als die durch natürliche Vorgänge oder durch anthropogene chemische Prozesse in die Atmosphäre und Hydro­sphäre freigesetzten Substanzmengen.

Präsident Dr. Heubl: Zusatzfrage, Kollege Geis!

Gels Norbert (CSU): Herr Staatsminister. können Sie also versichern, daB durch die kerntechnischen Anla­gen am bayerischen und hessischen Untermain keine Schädigungen der Vegetation und Menschen möglich sind?

Staatsminister Dick: Nach Auskunft der Fachleute ist dies eindeutig mit Ja zu beantworten.

Präsident Dr. Heubl: Herr Kollege Kolo!

Kolo (SPD): Herr Staatsminister, wollen Sie wirklich behaupten, es sei wissenschaftlich gesichert, daß kleine Dosen für die Menschen und die Vegetation völlig unschädlich sind?

Staatsminister Dick: Das behaupte nicht ich, son­dern das stellen Fachleute plausibel dar. Die kosmi­sche Strahlung z. B. liegt weit höher. Die Dosisbela­stung von 0, 1 % der natürlichen Strahlung ist zu ver­nachlässigen.

Präsident Dr. Heubl: Herr Koto!

Kolo (SPD): Können Sie uns mitteil" n, ob es nicht auch andere Wissenschaftler gibt, e der Meinung sind. daß selbst kleine Dosen nich ohne Wirkung bleiben, und daß es Wissenschaftler "bt, die behaup­ten. daß die Mengen, die bei einer iederaufberei­tungsanlage wie in Schwandorf emitt rt werden, we­sentlich höher liegen als die von lhne genannten?

Staatsminister Dick: Auch dort sin daß sie keine sign~ikanten Wirkung türiich gibt es Wissenschaftler, z. B.

die Dosen so, auslösen. Na­

ofessor Günter

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Plenarprotokoll 10/46v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2495

(Staatsminister Dick)

Reichelt, die schlicht und einfach behaupten, daß in der Umgebung von Kernkraftwerken in Südwest­deutschland und Frankreich verstärkt Waldschäden feststellbar wären. Dies stimmt nach der Überprüfung unseres Hauses nicht, weil Waldschäden auch in Be­reichen auftreten, z. B. im Bayerischen Wald, wo weit und breit keine kerntechnischen Anlagen vorhanden sind.

Die Thesen von Professor Reichelt sind vom Kernfor­schungszentrum in Karlsruhe in einer ersten Stellung­nahme zurückgewiesen worden. Auch das baden­württembergische Umweltministerium hat verlauten lassen, daß es von den Thesen Reichelts so gut wie nichts halte.

Die seriöse Wissenschaft wird von unserem Haus im­mer wieder zur Stellungnahme herangezogen. Nega­tive Stellungnahmen werden mit verglichen. Ich kann nur wiederholend daran erinnern, was ich vorher ge­sagt habe.

Präsident Dr. Heubl: Zusatzfrage, Herr Kollege Hein­rich!

Heinrich (SPD): Herr Staatsminister, nachdem Sie so eindeutig verneinen, daß durch radioaktive Stoffe wie z.B. Edelgas oder C14 aus Kernkraftwerken die menschliche Gesundheit beeinträchtigt wird, frage ich Sie, ob sich Ihre Aussage auf epidemiologische Untersuchungen stützt und an welchen Kernkraftwer­ken von wem solche Untersuchungen durchgeführt worden sind?

Staatsminister Dick: Auf diese Frage kann ich im Moment keine Auskunft erteilen.

Präsident Dr. Heubl: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kolo!

Kolo (SPD): Herr Staatsminister, müssen Sie nicht angesichts Ihrer Antwort auf die Frage vom Abgeord­neten Heinrich einräumen, daß Sie sich sehr stark im Bereich des Glaubens und nicht des Wissens bewe­gen?

(Widerspruch bei der CSU)

Staatsminister Dick: Glauben heißt, etwas für wahr halten, das man nicht beweisen kann. Sie werden doch nicht unterstellen wollen, daß staatliche Behör­den in dieser unverantwortlichen Weise handeln. Un­sere Bescheide beruhen auf jahrelangen, gründlichen Prüfungen. Sie sehen am Beispiel KKI 2, daß Vorwür­fe, das Ministerium habe oberflächlich und schlampig gehandelt, einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten. Mit dem Hinweis auf die gründliche bayerische Arbeit bei Genehmigungsverfahren muß ich Ihre Unterstellung zurückweisen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Dr. Heubl: Nächster Fragesteller, Abgeord­neter Geisperger!

Gelsperger (SPD), Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister, wie sind Meldungen Im Straubinger Tagblatt zu verstahen, die darüber berichten, daß Staatsminister Dick staatliche Mittel In die Stadt Straubing und In Gemeinden des Landkreises Straubing und Bogen gebracht habe?

Staatsminister Dick: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist eine wirklich weltbewegende Fra­ge von historischer Bedeutung. Ich bin aber natürlich gern bereit, darauf zu antworten.

Ich habe mir das Straubinger Tagblatt herausgesucht, hier steht tatsächlich eine Überschrift "Dick gibt Zu­schuß für Freibad". Dann sind Zuschüsse in einem Bericht aufgezählt.

Im Straubinger Tagblatt ist am 30./31. März 1984 in zwei Artikeln berichtet worden, daß der Stadt Bogen eine Zuweisung in Höhe von 210 000 DM zur Sanie­rung des Freibads bewilligt wurde und daß ich auf­grund meiner Bemühungen vom Staatsministerium der Finanzen die Nachricht erhalten hätte, daß die Stadt Straubing sowie verschiedene Gemeinden im Landkreis Straubing/Bogen Zuschüsse zu mehreren Einzelmaßnahmen erhalten. Hierzu ist folgendes zu bemerken:

Die Zuweisung an die Stadt Bogen wurde aus dem Programm "Freizeit und Erholung" gewährt. Dieses Programm liegt in der Zuständigkeit des Staatsmini­steriums für Landesentwicklung und Umweltfragen; ich habe nach den einschlägigen Vorschriften die Be­willigung erteilt. Das kann jeder nachprüfen.

Im übrigen waren heute schon wieder drei Kollegen bei mir an der Tür, auch einer aus Ihrer Fraktion, die mich gebeten haben, ihnen in ähnlichen Fällen behilf­lich zu sein und wohlwollend zu überprüfen. Es ist doch das tägliche Brot der Abgeordneten, Mittler zwi­schen Staatsregierung und anderen zu sein. Niemand kann von mir verlangen, im eigenen Stimmkreis Zu­schüsse nicht zu bewilligen, nur weil es zufälNg der ei­gene Stimmkreis ist. Das Verfahren ist nachprüfbar; dauernd kontrolliert der Oberste Rechnungshof. Die Überschrift der entsprechenden Meldung, "Dick gibt Zuschuß für Freibad", ist ohne Mitwirkung von mir oder des Ministeriums verfaßt worden. Man sollte nicht krampfhaft nach dem Haar in der Suppe su­chen. Das ist korrekt gelaufen. Ich bitte wirklich um Verständnis!

Die Berichte über die Bewilligung · n Zuschüssen für vereinzelte Maßnahmen in Straubi g und in Gemein­den des Landkreises Straubing/ gen beruhen auf einer Benachrichtigung des Staa ministerfums der Finanzen über die Bewilligung vo Fördervorhaben. Diese Benachrichtigung ist deswe en ergangen, weil ich mich für zahlreiche Maßnah en in Stadt und Landkreis eingesetzt habe. So dü e auch Ihnen als Fragesteller bekannt sein, daß ich ich zum Beispiel intensiv für die im Artikel erwähnte örderung des Jo­hannes-Turmair-Gymnasiums der lad! Straubing -Umbaumaßnahmen, Ablösung s Rückübereig-

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(Staatsminister Dick)

nungsanspruchs - verwendet habe; hierzu liegt wie auch in anderen Fällen ein umfangreicher Schrift­wechsel vor. Ebenso habe ich mich für die Förderung von Vorhaben im Landkreis eingesetzt, so zum Bei­spiel in Aiterhofen, Feldkirchen, Konzell, Neukirchen oder in Steinach. Hier sind nicht nur Bürgermeister der CSU aufgelistet, ich habe es mir herausschreiben lassen. Zu all diesen Projekten liegt jeweils ein Schriftwechsel vor, aus dem ich zitieren könnte. Im Fall der Gemeinde Konzell beispielsweise wurde an Professor Maier und an Finanzminister Streibl ge­schrieben; beide waren beteiligt. Es dürfte das selbstverständliche Recht eines Stimmkreisabgeord­neten sein, sich einzuschalten und über den Erfolg seiner Bemühungen auch die Betroffenen zu unter­richten.

Präsident Dr. Heubl: Herr Kollege Geisperger!

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie der Meinung, daß die FAG-Zuschüsse, über die hier be­richtet wurde, nicht gewährt worden wären, wenn Sie sich nicht in Einzelfällen, wie Sie jetzt begründet ha­ben, dafür verwendet hätten?

(Abg. Huber [Landshut]: Das ist doch bloß eine Hypothese!)

Steatsmlnlster Dick: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist sicherlich so, daß jeder Abgeord­nete, der sich für etwas verwendet, Verfahrensgänge nicht in der Weise beeinflussen kann, daß gegen Recht bewilligt würde.

Herr Kollege Geisperger, das ist interessant. Ich habe heute zufällig ein Schreiben der Arbeiterwohlfahrt der Stadt Straubing auf dem Tisch. Ich hoffe, daß sie sich auch bei Ihnen gerührt haben. Sie bedanken sich da­für, daß ich mich für ein bestimmtes Projekt einge­setzt habe. Ich möchte das nicht ausführlicher zitie­ren; Sie können den ganzen Vorgang haben.

Ich sage es noch einmal: Es ist die natürlichste Selbstverständlichkeit, daß. sich draußen Gemeinden und andere Einrichtungen um Beratung und Vermitt­lung von Gesprächen an Abgeordnete wenden. Sie wissen aus dem Stadtrat selbst, daß ich nicht zu de­nen gehöre, die immer mit der Glocke in der Gegend herumlaufen, aber in meiner 23jährigen Tätigkeit im Parlament immer Möglichkeiten für den Stimmkreis genutzt habe, wie Sie auch, wie ich hoffe, und wie je­der von uns.

Hier daran eine Anfrage zu knüpfen, finde ich eigenar­tig; sie ist sicher nieht von historischer Bedeutung, wie ich vorhin spaßig gemeint habe, sondern für mich eigentlich unverständlich.

(Beifall bei der CSU)

Prisldent Dr. Heubl: Herr Kollege Geisperger!

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie mit mir die bayerischen Beamten für so korrekt, daß sie aufgrund von Gesetzen, Verordnungen und Sachver-

halten entscheiden, nicht aufgrund von persönlichen Beziehungen und persönlichen Aktivitäten von Mini­stern und Mandatsträgern, und wenn dem so ist, mit welchem Recht brüsten sich Mandatsträger ihrer Lei­stungen, die sie in den meisten Fällen gar nicht er­bracht haben?

(Abg. Huber [Landshut]: Die kommen unterstützend hinzu!)

Staatsminister Dick: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich halte nicht nur mit Ihnen, sondern mit allen im Hohen Hause die bayerische Beamtenschaft für korrekt und jeden Abgeordneten für zuständig, sich vermittelnd einzuschalten.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Dr. Heubl: Herr Kollege Geisperger!

Geisperger (SPD): Herr Staatsminister, können Sie mir erklären, warum sich der Staatsminister der Fi­nanzen nicht direkt an die Zeitung und an die Bürger­meister wendet, sondern daß er Sie dazu braucht?

Staatsminister Dick: Aus einem einfachen Grund, weil nämlich weder Sie noch die Zeitung sich in den schriftlichen Vorgängen, die ich Ihnen auf den Tisch lege, an den Finanzminister gewandt haben. Er wird naturgemäß dem eine Antwort geben, der sich auch schriftlich an ihn gewandt hat.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Dr. Heubl: Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Geisperger!

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Gemeinden, die zufällig kei­nen Minister oder Mandatsträger zur Hand haben, von der Bayerischen Staatsregierung bei Zuschüssen schlechter behandelt werden?

(Abg. Möslein: Solche Gemeinden gibt es bei uns nicht!)

Staatsminister Dick: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt in ganz Bayern keine Gemeinde, die nicht einen zuständigen Abgeordneten hätte.

(Beifall bei der CSU - Abg. Möslein: Und zwar von der CSU!)

Ich finde es peinlich, Herr Kollege Cileisperger, was geschieht; ich könnte Ihnen eine lange Liste mit Na­men von Kollegen auch aus der SPQ-Fraktion vorle­gen, die ebenfalls gekommen sind, urji sich zu erkun­digen. Das ist doch selbstverständlidi, daß man sol­che Gespräche führt. Ich habe noch nie jemanden abgewiesen. Ich möchte aber davon '*'sehen, Namen auf den Tisch zu legen. Sie können! sie aber gerne persönlich haben.

Ich möchte meinen, die Dinge lieg n klar auf der Hand, sind nachprüfbar und völlig ko ekt gelaufen.

Präsident Dr. Heubl: Nächster Fra esteller ist der Kollege Loew.

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2497

Loew (SPD), Fragest e 11 er:

Ist es nach Ansicht der Bayerischen Staatsregie­rung notwendig, auch größere kommunale Koh­lekraftwerke zu entschwefeln, und Ist sie bereit, die Kommunen - etwa die Stadt Würzburg - bei den notwendigen lnvestltlonen für eine Rauch­gasentschwefelungsanlage llnanzlell zu unter­stützen?

Staatsminister Dick: Herr Präsident, verehrte Kolle­ginnen und Kollegen!

Die Anforderungen an fossilbefeuerte Kraftwerke be­messen sich nach den einschlägigen Festlegungen in der Verordnung über Großfeuerungsanlagen. Danach müssen Anlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von 300 MW und mehr sowie unbeschränkter Rest­nutzung bis 1. Juli 1988 mit Abgasentschwefelungs­anlagen ausgerüstet werden, die die Einhaltung eines Emissionsgrenzwertes von 400 mg/m' und einen Emissionsgrad von 15 Prozent gewährleisten.

Die Förderung der nachträglichen Ausrüstung mit einer Abgasentschwefelungsanlage aus öffentlichen Mitteln ist gemäß Artikel 23 der Bayerischen Haus­haltsordnung nicht möglich, da eine gesetzliche Ver­pflichtung für diese Maßnahme durch die am 1. Juli 1983 in Kratt getretene Verordnung über Großfeue­rungsanlagen besteht.

Beträgt die Feuerungswärmeleistung weniger als 300 MW, ist ein Emissionsgrenzwert von 2500 mg/m3

einzuhalten; ab 1. April 1993 gelten die Anforderun­gen für Neuanlagen, in diesem Falle ein Emissions­grenzwert von 2000 mg/m' und ein Emissionsgrad von 40 Prozent. Ab diesem Zeitpunkt kann danach auch bei kleineren Heizkraftwerken mit einer Feue­rungsleistung zwischen 100 und 300 MW zumindest eine Teilabgasentschwefelung erforderlich werden.

In begründeten Fällen, wie z. B. bei Auftreten einer hohen Immissionsbelastung oder ungünstiger oro­graphischer Verhältnisse, können auch weitergehen­de Anforderungen gestellt werden.

In derartigen Fällen, also bei über die Anforderungen des § 20 der Verordnung über Großfeuerungsanlagen hinausgehenden Maßnahmen, ist eine Förderung grundsätzlich möglich. Angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte sind allerdings an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strenge Maß­stäbe anzulegen, d. h., der Aufwand für weitergehen­de Maßnahmen .muß in einem vernünftigen Verhältnis zur erreichbaren Emissionsminderung stehen.

Da in Ihrer Anfrage die Stadt Würzburg angespro­chen ist, will ich die Haltung der Bayerischen Staats­regierung an diesem Beispiel verdeutlichen:

Die Stadtwerke Würzburg betreiben in ihrem Heiz­kraftwerk an der Friedensbrücke neben einem gasbe­feuerten Dampfkessel mit einer Feuerungswärmelei­stung von 112 MW zwei kohlebefeuerte Dampfkessel mit einer Feuerungswärmeleistung von insgesamt 180 MW. Obwohl ohnehin schwefelarme Steinkohle eingesetzt und damit der zulässige Schwefeldioxid-,

gehalt der Kesselabgase deutlich unterschritten wird, haben sich die Stadtwerke angesichts der örtlichen Situation bereit erklärt, und ich begrüße dies, weiter­gehende Maßnahmen durchzuführen. Bei den dort eingesetzten Wanderrostkesseln bietet sich als ko­stengünstige und dennoch wirksame Maßnahme der Einsatz des Trockenadditiwerf<1-hrens an. Bei diesem Verfahren kann durch Einblasen von Kalk in den Kes­sel eine Einbindung von Schwefeldioxid mit einem Wirkungsgrad von 50 Prozent und mehr erreicht wer­den. Wird ein Wirkungsgrad von 60 Prozent oder, mit anderen Worten, ein Emissionsgrad - Verhältnis von emittierter Schwefelmenge zur eingebrachten Schwe­felmenge - von 40 Prozent erreicht, so werden sogar die Anforderungen eingehalten, wie sie gemäß der Verordnung über Großfeuerungsanlagen erst ab 1. April 1993 gelten.

Die Stadtwerke werden dieses Verfahren gemäß einer Vereinbarung mit dem Staatsministerium für Landes­entwicklung und Umweltfragen ab 1986 einsetzen. Das Verfahren soll dabei nicht nur im neuen Kessel 3, sondern auch im Kessel 2 eingesetzt werden, der be­reits seit 1980 in Betrieb ist. Die Kosten dieses Ver­fahrens können für beide Kessel zu insgesamt 5 Mil­lionen DM abgeschätzt werden und betragen damit nur einen Bruchteil der Kosten, wie sie für eine naßar­beitende Entschwefelungsanlage mit rd. 35 Millionen DM anfallen würden.

Zur Finanzierung des Vorhabens werden die Stadt­werke beim Umweltbundesamt einen Antrag auf För­derung stellen, da dieser Maßnahme eine P!lotfunk­tion für_ die kostengünstige und dennoch wirksame Entschwefelung von kleineren, kohlebefeuerten Dampfkesselanlagen mit Wanderrostfeuerung zu­kommt.

Sollte eine Förderung durch das Umweltbundesamt wider Erwarten nicht möglich sein, könnte eine För­derung durch das StMLU nach Maßgabe der verfüg­baren Haushaltsmittel erfolgen. Das habe ich schon seinerzeit gesagt.

Unter Anlegung der eingangs genannten Kriterien und wegen der Notwendigkeit, rasch zu einer deutli­chen Verminderung des Schwefeldioxidauswurfs zu kommen, ist somit beim Würzburger Heizkrattwerk dem Trockenadditiwerfahren trott des gegenüber einer naßarbeitenden Entschwefel\mgsanlage gerin­geren Wirkungsgrades der Vorran · einzuräl.Mlen, da den enormen Mehrkosten von rd. Millionen DM nur eine relativ geringe Verbesserung er Emissionssitu­ation durch den höheren Wirkungs rad einer Naßent­schwefelung gegenübersteht. Das eißt, das Verhält­nis von Trockenadditiwerfahren z Naßentschwefe­lung ist hier zu berücksichtigen:

Präsident Dr. Heubl: Herr Kollege

Loew (SPD); Herr Staatsminister, den Fall, daß eine L.andestörderu zusichern, daß eine Investition d zur Rauchgasentschwefelung und Entstickung in gleicher Weise gefö

ew!

önnen Sie mir für notwendig wird, Stadt Würzburg

ventuell auch zur ert wird, wie dies

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2498 Bayerischer Landtag · 10.Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

(Loew [SPD))

jetzt für Nürnberg zugesagt worden ist, und in wel­cher Höhe eine Förderung erfolgen würde?

Staatsminister Dick: Ich kann, weil der Fall noch nicht überprüft ist, jetzt die Förderquote nicht ver­bindlich angeben. Aber es ist selbstverständlich, daß wir uns, wenn eine Simultananlage sinnvoll ist, Ent­stickung und Entschwefelung, die dann als Pilotanla­ge läuft, wohl an die Maßstäbe von Nürnberg-Sand­reuth zu halten haben werden. Aber das kann ich heute noch nicht verbindlich sagen, nachdem die Un­terlagen bei uns im Hause noch gar nicht überprüft sein können, weil erst das Bundesamt für Umwelt­schutz angegangen wurde.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, der Frage­steller!

Loew (SPD): Herr Staatsminister, Sie haben Nürn­berg am 16. März einen bestimmten Prozentsatz der förderungsfähigen Kosten als Zuschüsse und Darle­hen zugesagt. Sind Sie bereit, Förderung in dieser Höhe Würzburg in der gleichen Weise zu garantie­ren?

Staatsminister Dick: Herr Kollege, ich kann mit offe­nen Karten spielen. Derzeit ist vorgesehen, die Maß­nahme Nürnberg-Sandreuth mit etwa einem Drittel der förderfähigen Kosten zu bezuschussen. Das kann man aber erst verbindlich sagen, wenn die genaue Förderquote bekannt ist. Deshalb habe ich, weil ich die Unterlagen betreffend Würzburg, die noch geprüft werden müssen, noch gar nicht auf dem Tisch habe, formuliert, man werde sich an den Vorgaben von Nürnberg-Sandreuth orientieren müssen. Ich kann wirklich keine verbindliche Zusage geben, konkrete Zahlen betreffend, weil wir erst das Projekt auf dem Tisch haben müssen.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kolle­ge Franz!

Franz (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie eine Ent­schwefelung auf nur 2000 mg/m' Abluft noch für zeit­gemäß, nachdem der Stand der Technik schon Werte zwischen 100 und 250 ermöglicht?

Staatsminister Dick: Ich habe gesagt, wenn wir jetzt von Würzburg sprechen, daß die Frage Trockenaddi­tiwerfahren bzw. NaBentschwefelung vom Kostenfak­tor und Wirkungsgrad her zu prüfen ist. Und da war man aus fachlicher Sicht der Meinung, daß Würzburg das Trockenadditiw~rfahren wählen sollte, weil der noch erzielbare Wirkungsgrad bei der Naßentschwe­felung wegen der Größe des Kraftwerks in keinem Verhältnis zu den Kosten stünde. Für den Schwan­dorfer Raum haben wir im Gegensatz dazu sehr ein­deutig, durch Kabinettsbeschluß abgesichert, der Naßentschwefelung den Vorzug gegeben. Was der­zeit im Trockenadditiwerfahren dort läuft, ist ein Ver­such, dessen Ergebnis abzuwarten ist; dann wird zu entscheiden sein, ob so oder so. Es hängt immer von der Größenordnung und auch von der Möglichkeit ab,

Trockenadditiwerfahren und NaBentschwefelung in Vergleich zu setzen. Für Würzburg habe ich vorhin sehr deutlich angegeben, wie wir darüber denken.

Erster Vizepräsident Kamm: Eine weitere Zusatzfra­ge, der Fragesteller!

Loew (SPD): Herr Staatsminister, auf welcher Rechtsgrundlage werden Investitionen für Entstik­kungs- und Entschwefelungsanlagen bei kommuna­len Heizkraftwerken gefördert?

Staatsminister Dick: Auf keiner Rechtsgrundlage. Sie haben ja gehört, daß durch die Großfeuerungsan­lagen-Verordnung die Betreiber zur Entschwefelung verpflichtet sind, ob so oder so. Das heißt, wir könn­ten vom Staat her nach der Haushaltsordnung gar nicht fördern, selbst wenn wir wollten. Deswegen sind wir in den beiden Bereichen Nürnberg-Sand­reuth und Würzburg, wenn Sie so wollen, auf die Pi­lotanlage ausgewichen. Dann kann begründet geför­dert werden, weil die Erkenntnisse auch für den Be­trieb kleinerer und anderer Anlagen von Bedeutung sind. Um dies zu erproben, ist es berechtigt, trotz der Großfeuerungsanlagen-Verordnung, Mittel des Frei­staates bei Pilotanlagen zu geben.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kolle­ge Langenberger!

Langenberger (SPD): Herr Staatsminister, kann man nicht sagen, nachdem vom Freistaat in diesem Fall das Gesamtprojekt gefördert wird, daß nun nach der neuen Rechtslage die Rauchgasentschwefelung Be­standteil des Gesamtprojekts ebenso ist wie jeder Schornstein oder Backstein, so daß eine Förderung doch wohl möglich wäre, wenn man nur wollte?

Staatsminister Dick: Verehrter Herr Kollege, diesen zwingenden SchluS-können Sie nicht ableiten; das ist auch nicht plausibel. Wir geben eine freiwillige Lei­stung, und ich glaube, wir haben damit einen Weg ge­funden, der bei beiden Standorten durchaus vernünf­tig ist. Ich bitte auch einmal zu sehen, wie Sie an meiner Stelle handeln würden, närnlk:h kein Komma anders. Es ist wirklich nicht nur der versuch, sondern die praktische Lösung, obwohl wir rei:htlich nicht för­dern könnten, weil die Betreiber ~rpflichtet sind. Aber weil im Bereich der Stickoxidel noch keine Er­kenntnisse auf dem Tisch liegen, d. hli solche Anlagen noch nicht Stand der Technik sind,

i (Abg. Loew: Erkenntnisse hon!)

ist es vernünftig und korrekt, die einer Pilotanlage zu untersuchen un se zu geben.

öglichkelten in dazu Zuschüs-

Erster Vizepräsident Kamm: Näch er Fragesteller Herr Kollege Franz. Bitte, Herr Kolleg !

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2499

Franz (SPD). Fragest e II er:

Herr Staatsminister! Welche Maßnahmen hält die Staatsregierung zur Berücksichtigung der Inter­essen des Naturschutzes beim Abholzen von Waldrand- und Heckenstreifen, insbesondere wegen der Schutzfunktion von Klelntleren und Vogelarten, sowie der Landschaftsästhetik für geboten, um Eingriffe wie kürzlich Im Privatforst der Gemarkung Rottendorf im Landkreis Würz­burg zu verhindern?

Staatsminister Dick: Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Waldbrand- und Hecken­streifen gehören zu den artenreichsten und damit be­deutsamsten naturnahen Lebensräumen. Durch den stufigen Aufbau von Kraut-, Strauch- und Baumzone finden dort Pflanzen- und Tierarten der offenen Land­schaft, der Gebüschzone und des Waldbereiches ide­ale Lebensmöglichkeiten, z.B. zur Nahrungssuche, Überwinterung, Brut und Deckung. Solche Streifen dienen auch der biologischen Schädlingsbekämp­fung, weil sich dort ein Großteil der .natürlichen Räu­ber" (etwa Käfer, Spinnen, Vögel, Mäuse etc.) aufhält. Sie tragen ferner zur Verhinderung der Bodenerosion und zur Verbesserung des örtlichen Kleinklimas bei.

Dieser Bedeutung wird in den bestehenden Rechts­vorschriften ausreichend Rechnung getragen. So ist es nach Artikel 2 des Naturschutz-Ergänzungsgeset­zes verboten, Hecken, Feldgehölze oder Feldgebü­sche zu roden, abzuschneiden, abzubrennen oder auf sonstige Weise zu beseitigen. Davon ist die ord­nungsmäßige Nutzung ausgenommen, jedoch nur so­weit sie den Bestand erhält. Speziell an Feldgehölzen ist die Holznutzung nur plenterweise - Entfernung einzelner Stämme unter Erhaltung des Gehölzes -gestattet.

Nach dem Bayerischen Waldgesetz dürfen Waldrän­der nur im Rahmen einer sachgemäßen Waldbewirt­schaftung genutzt werden. Dies beinhaltet die Ver­pflichtung, solche für den Naturhaushalt besonders bedeutsame Bereiche in ihrer Funktion auf Dauer zu erhalten. Auch hier sind Nutzungs- und Pflegemaß­nahmen möglich, wenn sie der Erhaltung von Struktur und Funktion dienen.

Die Staatsregierung ist bemüht, im Rahmen ihrer In­formationsarbeit immer wieder auf die Bedeutung von Waldrändern, Hecken und Feldgehölzen für den Na­turhaushalt hinzuweisen. Ich erwähne etwa das von der Naturschutz- und der Landwirtschaftsverwaltung gemeinsam verfaßte Merkblatt über Hecken, Feldge­hölze und Feldraine in der landwirtschaftlichen Flur vom Oktober 1982.

Darüber hinausgehende Maßnahmen hält die Staats­regierung nicht für geboten.

Zu dem in der Anfrage genannten Einzelfall - Eigen­tümer eines Privatwaldes haben beim Holzeinschlag eine am Wegrand befindliche Hecke beseitigt - ist mir derzeit eine abschließende Äußerung nicht mög­lich. Das Landratsamt überprüft derzeit dieses Vorge-

hen sowohl aus naturschutzrechtlicher als auch aus waldrechtlicher Sicht. Etwaiges ordnungswidriges Verhalten wird geahndet werden.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, der Frage­steller!

Franz (SPD): Herr Staatsminister, wie beurteilen Sie dann die Aussage der Forstbehörde der Regierung von Unterfranken, daß gegen das Abholzen dieses 100 m langen und bis zu 10 m breiten Heckenstrei­fens nichts unternommen werden könne, weil ein­schlägige Rechtsvorschriften fehlen, obwohl in Arti­kel 18 Absatz 1 des Waldgesetzes von Belangen des Naturschutzes die Rede ist?

Staatsminister Dick: Dazu kann, wie ich vorhin er­wähnt habe, abschließend deshalb nicht Stellung ge­nommen werden, weil das Landratsamt die Ennittlun­gen noch nicht abgeschlossen hat. Es ist durchaus möglich, daß verschiedene Stellungnahmen einge­hen, und dann muß abgewogen werden, ob alles, was naturschutzrechtlich möglich ist, berücksichtigt ist; ob das Waldgesetz einschlägig ist. Es muß auch die Nachhaltigkeit des Bestandes geprüft werden.

Wie gesagt, die Prüfung ist noch nicht abgeschlos­sen, und ich bin kein Prophet, um hier Voraussagen machen zu können. Wir haben veranlaßt, daß das Er­gebnis in Kürze vorliegt. Ich habe bereits gesagt, daß unter Umständen dieses Verhalten als ordnungswid­rig geahndet werden muß.

Erster Vizepräsident Kamm: Weitere Zusatzfrage, bitte Herr Kollege!

Franz (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie aufgrund dieses Vorgangs und ähnlicher Vorkommnisse eine weitergehende Verschärfung oder Ergänzung des Waldgesetzes oder auch des Naturschutzgesetzes für geboten?

Staatsminister Dick: Beide Ministerien sind der Mei­nung, daß die derzeitigen Regelungen ausreichend sind, wenn sie in der Praxis so zur Anwendung kom­men, wie sie gemeint sind. Wir werden nicht nur, wie vorhin erwähnt, in Merkblättern, sondern auch in den Dienstbesprechungen immer wieder darauf hinwei­sen, damit sie auch im Sinne des Gesetzgebers ver­standen werden.

Erster Vizepräsident K41mm: Weijere Zusatzfrage, der Fragesteller!

Franz (SPD): Herr Staatsminister, g uben Sie, daß es tatsächlich notwendig ist, jetzt wo enlang ermitteln zu lassen, obwohl der Sachverhalt eil dem 13. März eindeutig und auch durch Presse röffentlichungen für jeden klar erkennbar ist, auch anz schnell fest­stellbar ist, wer dort was getan hat?

Staatsminister Dick: Herr Kollege ich möchte nie­mandem zu nahe treten, aber Pres everöffentlichun­gen sind natürlich noch kein Bew ·s dafür, ob. ent-

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2500 Bayerischer Landtag · 10.Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Staatsminister Dick)

sprechend den einschlägigen Gesetzen oder Verord­nungen gehandelt wurde. Ich bin der Meinung, daß jeder ein Recht auf genaue Überprüfung hat, und es wird in Ihrem Sinne überprüft werden. Es besteht ja Auskunftspflicht, und wenn Sie wollen, werden Sie von uns dazu noch Bescheid bekommen. Ich möchte Ihnen das zusichern.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege von Truchseß !

Freiherr Truchseß von und zu Wetzhausen (SPD) : Herr Staatsminister, nachdem in den letzten Wochen verstärkt zu beobachten war, daß in einer Vielzahl von Fällen Hecken und Feldgehölze nicht nur abgeholzt, sondern insbesondere auch abgebrannt wurden, darf ich Sie fragen, was seitens der Staatsregierung unter­nommen wird, um solche strafbaren Handlungen zu verhindern bzw. aufzuklären, wenn sie geschehen sind, und insbesondere was getan wird, um beispiels­weise Naturschutzwachen einzurichten und personell so auszustatten, daß sie auch in der Lage sind, derar­tige Vorgänge zu überwachen und zur Anzeige zu bringen?

Erster Vizepräsident Kamm: Das waren praktisch zwei Zusatzfragen in einer. Bitte, Herr Staatsminister!

Staatsminister Dick: Sie wissen, daß die Staatsregie­rung gar nicht in der Lage ist, im örtlichen Bereich und auf Kreisebene alles zu überprüfen. Hier ist klar geregelt, wer zuständig ist.

Die Naturschutzwachen sind im Naturschutzgesetz eindeutig geregelt. Wir sind abhängig von der Bereit­willigkeit der Landkreise, Naturschutzwachen zu er­richten. Wir haben immer wieder angeregt, dies zu tun. Es ist zuzugeben, daß es sich teils zögerlich voll­zieht. Es hängt aber auch davon ab, wer zur Verfü­gung steht; denn es muß auch eine Vertrauensbasis geschaffen werden. In der Naturschutzwacht soll ja nicht eine Art Polizei gesehen werden.

Ich möchte Ihre Anregung gerne aufgreifen und diese Bitte erneut an die Landkreise herantragen. Aber grundsätzlich sind wir davon abhängig, was auf Kreis­ebene geschieht.

Erster Vizepräsident Kamm: Letzte Zusatzfrage, Herr Kollege von Truchseß !

FNlherr Truchseß von und zu Wetzhausen (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie bereit, insbesondere auch im Zusammenwirken mit dem Herrn Innenmini­ster, bei den Polizeidienststellen darauf hinzuwirken, daß man überall dort, wo solche Brände in der Natur bekannt werden, den Übeltätern verstärkt nachgeht und sie zur Anzeige und zur Bestrafung bringt?

Staatsminister Dick: Ihre Anregung wird gerne über­prüft werden.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller Herr Kollege Karl-Theodor Engelhardt. Bitte, Herr Kol­lege!

Engelhardt Karl-Theodor (SPD), Fragest e 11 er:

Herr Minister, was unternimmt die StaatsNgle­rung bzw. Ihr Ministerium, um die beantragte Klesausbeute Im Auwaldberelch der Donau von Ofllngen, Landkreis Günzburg, zu verhindern?

Staatsminister Dick: Herr Präsident, verehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Nach den Projektunterlagen für das obengenannte Vorhaben ist beabsichtigt, in einem Auwaldbereich südlich der Donau bei Offingen auf einer Fläche von circa 30 ha Kies abzubauen. Nach der Kiesentnahme sollen circa 25 ha wieder ver­füllt und standortgemäß aufgeforstet werden. Zur Auffüllung beabsichtigt der Projektträger, Aushubma­terial aus Baumaßnahmen der Deutschen Bundes­bahn zu verwenden.

Grundsätzlich ist es Aufgabe der staatlichen Behör­den, nicht, wie in der Mündlichen Anfrage ausgeführt, ein Vorhaben von vornherein zu verhindern, sondern in den gegebenenfalls erforderlichen Verfahren auf seine Zulässigkeit zu überprüfen. Sofern es sich da­bei um ein überörtlich raumbedeutsames Vorhaben handelt, ist vor den im einzelnen erforderlichen Fach­verfahren die Durchführung eines Raumordnungsver­fahrens oder die landesplanerische Abstimmung .auf sonstige Weise", wie es heißt, erforderlich.

Im konkreten Fall hat die zuständige Regierung von Schwaben als die höhere Landesplanungsbehörde am 31. Januar 1984 ein Raumordnungsverfahren ein­geleitet. Dabei konnte sie die Einleitung des Raum­ordnungsverfahrens nicht schon deshalb verweigern, weil von dem Vorhaben ein Auwaldbereich betroffen wird. Vielmehr hatte sie dem Antrag des Projektträ­gers auf Durchführung eines Raumordnungsverfah­rens stattzugeben, da von ihr die überörtliche Raum­bedeutsamkeit des Vorhabens bejaht wurde. Derzeit läuft noch das Anhörungsverfahren. So liegt bisher erst ein Teil der Stellungnahmen der Verfahrensbetei­ligten vor, die ich kenne. Ich bitte um Verständnis, daß ich sie nicht schrittweise bekanntgeben kann, weil ja das Verfahren noch läuft. Die höhere Landes­planungsbehörde beabsichtigt ferner, in den nächst­en Tagen erwartete Unterlagen der Deutschen Bun­desbahn über das zur Verfüllung vorgesehene Mate­rial, nach Menge und Zusammenset21Jng, den Verfah­rensbeteiligten mit der Bitte um: gegebenenfalls ergänzende Stellungnahme zuzuleitefi.

i

Das Ergebnis des Raumordnungsve ahrens ist nach Auskunft der höheren Landesplanu sbehörde noch völlig offen. Ich bitte daher um Ver tändnis, daß ich dem Ergebnis des Verfahrens nicht vorgreifen kann. Von der abschließenden landesplan rischen Beurtei­ling wird es maßgeblich abhängen, b und gegebe­nenfalls welche Schritte von den z tändigen Behö­ren im Zusammenhang mit dem ob genannten Vor­haben zu unternehmen sind.

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2501

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, der Frage­steller!

Engelhardt Karl-Theodor (SPD): Herr Minister, wer ist Projektträger, und steht Ihre vorsichtige Antwort nicht in einem gewissen Widerspruch zu den Planun­gen der Region Donau-lller, die eine Kiesausbeute im Auwaldbereich grundsätzlich verhindern und den Au­wald unter besonderen Schutz stellen, ja ihn als Bannwald ausgewiesen haben möchte?

Staatsminister Dick: Was die Frage nach dem Pro­jektträger betrifft, so ist der Antragsteller für das Raumordnungsverfahren die Freiherr von Freyberg­sche Forstverwaltung in Haldenwang.

Was von seilen der Region erklärt wird, kann von mir nur bestätigt werden. Ich war ja wiederholt dort und kenne die allgemeine Stellungnahme der Region. Es ist nicht zu erwarten, daß diese jetzt plötzlich alles umkehrt und eine andere Stellungnahme abgibt, als bisher allgemein bekannt war.

Allerdings sind die Ermittlungen noch im Gange, das Anhörungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Das ist der Grund, daß ich nicht im vorhinein Meinun­gen äußern kann, die persönlich begründet sind. Das Verfahren wird aber in Kürze abgeschlossen und das Ergebnis dann auch bekanntgegeben werden.

Erster Vizepräsident Kamm: Zu einer Zusatzfrage, der Fragesteller!

Engelhardt Karl-Theodor (SPD): Herr Minister, sind Sie nicht auch mit mir der Auffassung, daß man alles tun sollte, um den Absichten der Regionalplanung zum Durchbruch zu verhelfen, also dort im Auwaldbe­reich Kiesausbeute nicht zuzulassen?

Staatsminister Dick: Ich möchte die Frage allgemein beantworten. Es gilt für alle Regionen in Bayern, daß Absichten, vor allen Dingen, wenn sie in verbindlichen Zielen festgelegt werden, auch Wirkung zeigen wer­den.

(Abg. Karl-Theodor Engelhardt: Danke schön!)

Erster Vizepräsident Kamm: Ihr Part ist erledigt, Herr Minister.

Ich darf nunmehr den Herrn "Staatsminister für Land­wirtschaft und Forsten bitten.

Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Herbert Huber. Bitte, Herr Kollege!

Huber [Landshut] (CSU), Fragest e 11 er:

Herr Minister, sieht die Bayerische Staatsregie­rang Mögllchkelten, Im Hlnbllck auf die erhebli­chen Einkommenseinbußen bzw. die negative Entwicklung der Kosten/Nutzungsverglelche In der Landwirtschaft sowie der nicht mehr gege­benen Flnanzlerbarkelt der Währangsausglelchs­systeme und der sonstigen elnschläglgen Pro­bleme Im EG-Bereich Insbesondere der für Bay­ern typischen bäuerlichen mittelständischen Landwirtschaft zusätzliche Hiifen aus dem Sun-

des- und Landeshaushalt ln einer Welse zu ge­währen, die den Bestand der Landwirtschaft Im Sinne des Bayerischen Weges, d. h. die Gllede­Nng ln Zu-, Neben- und Vollerwerbslandwlrt­schaft, auch In Zukunft sicherstellt?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr Präsident, mei­ne Damen und Herren! Die Bayerische Staatsregie­rung, Herr Kollege Huber, ist der Auffassung, daß der Ausgleich von Einkommensminderungen als Folge der Beschlüsse der Europäischen Gemeinschaft grundsätzlich Aufgabe des Bundes ist, wenn die Eu­ropäische Gemeinschaft nicht selber in der Lage ist, einen derartigen Ausgleich zu geben.

Die Staatsregierung wird bei ihren Verhandlungen mit dem Bund auf geeignete Maßnahmen drängen, um unzumutbare Belastungen für die bayerische Land­wirtschaft zu verhindern. Mehr kann ich im Moment dazu nicht sagen.

Erster Vizepräsident Kamm: Zu einer Zusatzfrage, der Fragesteller!

Huber [Landshut] (CSU): Herr Staatsminister, was halten Sie von Überlegungen, die Bezuschussung von landwirtschaftlichen Unternehmen künftig an Obergrenzen zu binden oder zu orientieren? Oder anders ausgedrückt: Betrieben ab einer bestimmten Betriebsgröße, die ich jetzt nicht genau definieren kann, Zuschüsse in der bisherigen Art und Weise zu geben?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Das geschieht teil­weise, Herr Kollege Huber, und entspricht völlig mei­ner Auffassung.

Erster Vizepräsident Kamm: Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Geisperger!

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister, meinen Sie nicht, daß bei zurückgehendem Einkommen vor allem auch eine Kostensenkung außerordentlich wichtig ist, und daß man gerade auf dem Gebiet der überbetrieb­lichen Zusammenarbeit in Bayern sehr viel für die ge­fährdeten Betriebe tun könnte?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Das ist nicht nur rich­tig, das tun wir auch. Das ist aber keine Frage des Einkommensausgleichs durch Maßnahmen im EG­Bereich. Es ist selbstverständlich, daß sich die Land­wirtschaft am besten damit helfen kann, daß sie alles tut, die eigenen Kosten zu senken.

Erster Vizepräsident Kamm: Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Heiler!

i

Heller. (CSU): Herr Staatsminister,~as halten Sie von Pressemeldungen, daß nach den grarpreisverhand­lungen in Brüssel jetzt Preissen ungen bei Butter eintreten werden, und glauben Si , daß diese Preis­senkung auch an den Verbrauc er weitergegeben werden kann?

(Fra~ Abg. Harrer: Sehr g· i, das wär' malwas!) 1

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2502 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

Staatsminister Dr. Eisenmann: Preissenkungen bei Butter treten ein, d. h. Erzeugerpreissenkungen bei Milch treten sicherlich ein. Ob die Preissenkung auf die Butter durchschlagen wird, wird sich erst heraus­stellen. Das ist überhaupt eine generelle Frage. Ich bezweifle, ob von Änderungen der Erzeugerpreise der Landwirtschaft auch der Verbraucher etwas hat.

Erster Vizepräsident Kamm: Zu einer Zusatzfrage, Kollege Geisperget!

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister, nachdem durch Einkommensrückgang die Kapitalbasis gerade der kleineren und mittleren Vollerwerbsbetriebe noch schlechter wird, halten Sie es da nicht für notwendig, daß dieser Betriebsgruppe über den Bayerischen Agrarkredit besondere Vergünstigungen eingeräumt werden?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Das war ja die Ursa­che, daß wir in Bayern den Agrarkredit überhaupt ein­geführt haben, um nämlich den kleinen Unternehmen einen Ausgleich dafür zu geben, daß sie durch die Förderschwelle vom Einzelbetrieblichen Förderungs­programm des Bundes ausgeschlossen worden sind.

Erster Vizepräsident Kamm: Zu einer letzten Zusatz­frage, Kollege Geisperger!

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß es nicht genügt, die kleinen und mittleren Haupterwerbsbetriebe nicht nur nicht aus­zuschließen, sondern daß es auch notwendig ist, für diese beiden Gruppen Zusätzliches und Besonderes zu tun,

(Abg. Herbert Hofmann: Das tun wir ja!)

wenn man sie trotz der allgemeinen und schwierigen Situation, die durch die EG-Beschlüsse gegeben ist, erhalten möchte?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Ich bin für jeden ver­nünftigen Vorschlag zu haben, wenn mir das bayeri­sche Parlament dafür die Mittel zur Verfügung stellt. Ich bitte, mir dann aber auch zu sagen, wo ich die Ab­grenzung vornehmen seil!, Herr Kollege Geisperger.

(Zuruf von der CSU: Sehr richtig!)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller ist Herr Hilmar Schmitt. Bitte, Herr Kollege!

Schmitt Hilmar (SPD),. Fragest e 11 er:

Herr Minister, bestehen konkrete Absichten oder längerfristige Überlegungen, das Steetllche Forstamt In Aschaffenburg als selbständige Dienststelle aufzulösen, oder kann der Bestand dieses Amtes garantiert werden?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Ich kann den ersten Teil der Frage mit Nein beantworten. Es bestehen kei­ne Überlegungen, das Forstamt aufzulösen.

Erster Vizepräsident Kamm: Zu einer Zusatzfrage, der Fragesteller!

Schmitt Hilmar (SPD): Ist es richtig, daß die Tatsa­che, daß dieses Forstamt keine staatlichen Wälder verwaltet, keinen Einfluß auf die Selbständigkeit die­ses Amtes hat?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Ja.

(Abg. Hilmar Schmitt: Danke sehr!)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Erwin Huber.

Huber Erwin (CSU), Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister, trifft es zu, daß für Nieder­bayern ein Nachholbedarf bei der Dorfflurberelnl­gung besteht, und Ist die Staatsregierung bereit, durch entsprechende Mittelzuweisungen mehr Verfahren zur Durchführung zu bringen?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr Kollege Huber, ein Nachholbedarf an Dorferneuerungsmaßnahmen ist in ganz Bayern in einem großen Umfang vorhan­den. Ich darf Ihnen einige Zahlen nennen. Zur Zeit werden in 1153 Dörfern solche Maßnahmen der Dorf­erneuerung durchgeführt, davon 152 in Niederbayern. In Planung befinden sich in ganz Bayern 200 Vorha­ben, davon entfallen 21 auf Niederbayern. Von den weiteren vorliegenden 310 Anträgen stammen 12 aus Niederbayern.

Es ist also sicherlich ein Nachholbedarf da. Die Dring­lichkeit wird entschieden nach der Arbeitskapazität, nach der Notwendigkeit und nach den vorhandenen Mitteln.

Erster Vizepräsident Kamm: Zu einer Zusatzfrage, der Fragesteller!

Huber Erwin (CSU): Herr Staatsminister, können Sie mir bestätigen, daß es aus niederbayerischer Sicht nicht sehr erfreulich ist, daß beispielsweise die Flur­bereinigungsdirektion Ansbach in den Jahren 1980 bis 1983 für die Dorfflurbereinigung 45 Millionen DM an Mitteln bekommen hat, während nach Nieder­bayern im gleichen Zeitraum nur 17 Millionen DM ge­flossen sind? Halten Sie nicht eine µmgruppierung und Umlenkung der Mittel zugunsteni Niederbayerns für erforderlich? ·

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr ich habe schon gesagt, die Mittelv sich danach, wie Anträge aus den R ken kommen.

Wenn wir ehrlich sind, ich komme s bayern, dann müssen wir zugeben, sehen Dörfer mit ihren engen Lagen größeren Bedarf haben als die südba

ollege Huber, eilung richtet

gierungsbezir-

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Plenarprotokoll 10/46v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2503

(Staatsminister Dr. Eisenmann)

(Zustimmung des Abg. Dobmeier)

Ausgenommen sind natürlich die ostbayerischen Ge­biete. Das heißt, im Bayerischen Wald sind echte Pro­blemdörfer vorhanden.

Erster Vizepräsident Kamm: Zu einer Zusatzfrage, Kollege Geisperger!

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie es angesichts eines wirklich großen Nachholbedarfs für richtig, daß im bayerischen Haushalt die Mittel für die bewährte Dorferneuerung beträchtlich gekürzt wur­den?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr Kollege Geis­perger, wenn Sie sagen, die Mittel seien beträchtlich gekürzt worden, danri müssen Sie auch dazu sagen, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum. Ich kann Ihnen sagen, daß es mit Ausnahme von Bayern . und Baden-Württemberg kein Landesprogramm für die Dorferneuerung gibt; die übrigen Bundesländer haben seit dem Ende des sog. Zukunftsinvestitions­programmes keine Mittel mehr für eigene Maßnah­men der Dorferneuerung vorgesehen. Wenn der bayerische Agrarhaushalt im letzten Jahr von Spar­maßnahmen betroffen worden ist, so wissen Sie auch, wodurch dies gekommen ist.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächste Zusatzfrage, Herr Kollege Lechner!

Lechner Ewald (CSU): Herr Minister, haben Sie die Mittel für die Flurbereinigung auf Maßnahmen z.B. der allgemeinen Flurbereinigung, Dorfflurbereinigung usw. begrenzt, oder ist es möglich, daß Umschichtun­gen vorgenommen werden, wenn besonders viele Anträge beispielsweise aus Niederbayern auf Dorf­flurbereinigung gestellt werden?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Oie Verteilung der Mittel für die Dorferneuerung richtet sich nach den vorhandenen Anträgen.

Lechner Ewald (CSU): Sind Umschichtungen mög­lich?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Natürlich.

Erster Vizepräsident Kamm: Herr Kollege, Sie kön­nen sich nicht eigene Zusatzfragen erlauben.

Zusatzfrage, Herr Kollege Erwin Huber!

Huber Erwin (CSU): Herr Staatsminister, wir bedan­ken uns, daß Sie für Niederbayern, vor allem für das Grenzland, einen Nachholbedarf festgestellt haben. Darf ich daraus schließen, daß Sie die besondere Dringlichkeit anerkennen und bei der Verteilung der Mittel für 1985 Niederbayern schwerpunktmäßig be­dacht wird?

(Unruhe)

- Ich bin halt für Niederbayern zuständig.

Staatsminister Dr. Eisenmann: Lieber Herr Kollege Huber, ich kann nicht mehr sagen, als ich schon fest­gestellt habe. Wir müssen bei der Verteilung der Mit­tel die Problemfälle in ganz Bayern berücksichtigen. Danach richtet sich die Verteilung. Ich versichere Ihnen, daß Niederbayern nicht zu kurz kommen wird.

Erster Vizepräsident Kamm: Letzte Zusatzfrage, Herr Kollege Geisperger!

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister! Wie erklären Sie sich angesichts des großen Mittelbedarfs für die Dorferneuerung, daß im Jahre 1983 26 Millionen DM zusätzliche Bundesmittel im Rahmen der Gemein­schaftsaufgabe an anderen Stellen gestrichen und trotz des großen Mittelbedarfs nicht zusätzlich für die Landwirtschaft eingesetzt wurden?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr Kollege Geis­perger, aus der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur, die mit Bundes- und Landesmitteln finanziert wird, können erstmals im Jahre 1984 Mittel für die Dorferneuerung zur Verfügung gestellt wer­den. 1983 waren Mittel für diese Maßnahmen nicht vorhanden.

Geisperger (SPD): Das ist keine Antwort auf meine Frage.

Staatsminister Dr. Eisenmann: Ich habe Ihre Frage nicht anders verstanden.

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Sommerkorn.

Sommerkom (SPD), Frage s te 11 er:

Herr Staatsmlnlsterl Aus welchen Gründen sol­len Grundstücke von TetlnehnlergemelMchaften der Flurbereinigung, die für Zwecke des Natur­schutzes ausgewiesen wurdll!fl, nicht mehr an prlvatrechtllche Vereinigungen veräußert wer­den?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr Kollege, in der Praxis hat sich gezeigt, daß schüti!:enswerte Biotope langfristig nur von der öffentlichen' Hand sachgerecht gepflegt und unterhalten werden önnen. Bei privat­rechtlichen Vereinigungen beste die Gefahr, daß Engagement und Einsatz zu sehr m jeweilgen Vor­sitzenden und von den Mitgliede der Verbände ab­hängen, die, wie Sie wissen, wech In können.

Erster Vizepräsident Kamm: Zus zfrage, der Frage­steller!

Sommerkom (SPD): Herr Staats Ihrer Antwort nicht ein tiefes Mi privatrechtlichen Vereinigungen Bund Naturschutz?

nister, spricht aus trauen gegenüber

etwa gegen den

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2504 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

Staatsminister Dr. Eisenmann: Nein, nur die Erfah­rung.

(Heiterkeit)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Zeißner. Bitte, Herr Kollege!

Zelßner (CSU), Fragest e 11 er:

Herr Staatsmlnlsterl Trifft es zu, daß die Bayeri­sche Staatsregierung entgegen bisheriger Ver­lautbarung jetzt doch ein Weinbauprogramm auf­legt?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr Kollege Zeißner, nachdem sich entsprechend der Empfehlung der Staatsregierung die Erzeugergemeinschaften für Wein nunmehr zu einer Vereinigung nach dem Markt­strukturgesetz zusammengeschlossen haben, liegen die notwendigen Voraussetzungen für die Genehmi­gung des Programms durch den Ministerrat der EG vor. Daher ist unser Haus derzeit dabei, ein Weinbau­programm für Franken zu erstellen.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, der Frage­steller!

Zelßner (CSU): Herr Staatsminister! Wie sehen die Förderkonditionen bei Inanspruchnahme dieses Pro­gramms aus, und ab wann stehen Mittel für Kapazi­tätserweiterung des Lagerraums zur Verfügung?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Hier sind zwei Dinge zu unterscheiden. Einmal die Förderung nach dem Marktstrukturgesetz nur aus der Gemeinschaftsauf­gabe. Danach können wir Lagerraum bis zu 25 Pro­zent fördern. Zum andern ist es unter der Vorausset­zung, daß für die übrigen Maßnahmen nationale Mittel bis zu 10 Prozent bereitgestellt werden, möglich, so­fern das Programm genehmigt wird, aus dem Brüsse­ler Fond 25 Prozent der Mittel zu bekommen.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege Geisperger !

Gelsperger (SPD): Herr Staatsminister, in welcher Höhe planen Sie bayerische Mittel für das Weinbau­programm ein?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Auch das kann ich heute nicht verbindlich sagen, weil zunächst die Ge­nehmigung durch Brüssel erforderlich ist. Unter der Voraussetzung, daß das Programm genehmigt wird, sind, ich bin selber über das Ausmaß überrascht, In­vestitionen in den Jahren 1984 bis 1988 in Höhe von rund 130 Millionen DM vorgesehen.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kol­lege ZeiBner!

Zelßner (CSU): Herr Staatsminister, gilt Ihre positive Aussage nicht nur für die Förderung genossenschaft-

licher Zusammenschlüsse, sondern auch sog. Selbst­markter?

Staatsminister Dr. Elsenmenn: Ich halte dies für möglich, weil die Selbstmarkter jetzt bereit sind, eine eigene Erzeugergemeinschaft zu gründen. Unter die­ser Voraussetzung wäre eine Förderung möglich.

Erster Vizepräsident Kamm: Zusatzfrage, Herr Kolle­ge von Truchseß !

(Abg. Spitzner: Um Gottes Willen!)

Freiherr Truchseß von und zu Wetzhausen (SPD): Herr Staatsminister, ist Ihnen bewußt, daß die Verwei­gerung eines entsprechenden Programms für die fränkische Weinwirtschaft in den vergangenen Jahren dazu geführt hat, daß viel zu wenig Lagerraum vor­handen ist,

(Abg. Spitzner: Gott sei Dank, dann wird er billiger!)

so daß die beiden Ernten 1982 und 1983, die quanti­tativ und qualitativ hervorragend waren, unter Preis verschleudert werden müssen, zwar zur Freude des Verbrauchers, aber sehr zum Nachteil für den Erzeu­ger?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr Kollege von Truchseß, ist Ihnen nicht bekannt, daß der fränkische Weinbau bis vor kurzem nicht bereit war, die Voraus­setzungen zu erfüllen, die uns jetzt die Möglichkeit geben, ein Weinbauprogramm zu erstellen?

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller, Herr Kollege Kobler!

Kobler (CSU), Frage ste 11 er:

Herr Staatsminister! Ist die Staatsregierung be­reit zu veranlassen, daß für sog. Flurberelnl­gungsstraßen In klimatisch exponierten Lagen, z. B. In den Höhenlagen des Bayetlschen Waldes, künftig ein stärke- Unterbau als Im Flachland vorgesehen wird, um Frostschiden möglichst vorzubeugen, und besteht die Mötllchkalt, In be­reits abgeschlossenen Flurberelnlgungswrfah­ren die Sanierung der nach derzeit gültiger Norm zu schwach ausgebauten und teilweise schwer geschädigten Wege zu bezuschu•en?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr j<ollege Kobler! Nach den Richtlinien für den lan'*'irtschaftlichen Wegebau kann auch den besondere Verhältnissen in den von Ihnen genannten exponi en Lagen des Bayerischen Waldes Rechnung ge agen werden. Das heißt, ein frostsicherer und dam teurerer Aus­bau kann bezuschuBt werden.

Ein nachträglicher Ausbau früher ni t ausreichend befestigter Wege könnte grundsät ich nach den Richtlinien der Gemeinschaftsaufg e • Verbesse­rung der Agrarstruktur und des Küst schutzes· ge-

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2505

(Staatsminister Dr. Eisenmann)

fördert werden. Derzeit sind jedoch im Haushalt dafür nur Mittel für den verstärkten Ausbau von Wegen im Grenzgebiet veranschlagt, also nicht generell in den Gebieten mit ungünstigen Bodenverhältnissen.

Erster Vizepräsident Kemm: Zusatzfrage, der Frage­steller!

Kobler (CSU): Herr Staatsminister, sehen Sie die Möglichkeit, in diesen Höhenlagen den etwas teure­ren Granitschotter einzubauen, der sich mit dem dor­tigen Boden besser verträgt, um damit gleichzeitig die Beschäftigungslage im Steinbruchbereich zu ver­bessern?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Ich bin überfordert, diese Frage aus dem Handgelenk zu beantworten. Hier wäre eher der Innenminister zuständig, weil es sich um die VOB handelt.

(Abg. Kobler: Danke!)

Erster Vizepräsident Kamm: Nächster Fragesteller, Herr Kollege Breitrainer!

Breltralner (CSU), Fragest e 11 er:

Herr Staatsminister! Da In der Trockenheit eine Tellursacha des Waldsterbens gesehen wird, fra­ge Ich die Staatsregierung: Gibt es Untersuchun­gen, die feststellen, Inwieweit neben der klimati­schen Trockenheit auch Wasserentnahmen und sonstige Trockenlegungen eine Mitursache bil­den könnten?

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr Kollege Breitrai­ner! Fragen der Forsthydrologie werden seit Jahren vom Lehrstuhl für Bodenkunde an der Universität München in Zusammenarbeit mit der Forstlichen Ver­suchsanstalt und der Bayerischen Staatsforstverwal­tung untersucht. Bisher ergaben sich keine Anhalts­punkte, daß Trockenperioden die primäre Ursache der landesweit auftretenden bekannten Waldschäden wären.

Wassermangel kann allerdings zu Wuchsstörungen, Ertragseinbußen und im Extremfall zum Absterben der Bäume führen.

lmmissionsgeschädigte Wälder reagieren auf extreme Witterungsverhältnisse wesentlich empfindlicher als gesunde. Die bekannten Waldschäden treten aber auf allen Standorten, also auch in Gebieten mit sehr ho­hen Niederschlägen auf. Daraus kann also nicht der Schluß gezogen werden, daß die Ursachen dieser Waldschäden allein die Trockenheit wäre.

Präsident Dr. Heubl: Nächster Fragesteller ist der Kollege Wirth. - Die Frau Kollegin Jungfer übernimmt die Frage. Sie richtet sich an das Staatsministerium der Finanzen.

Frau Jungfer (SPD), Fragest e 11 er in:

Bezugnehmend auf die Meldung der Allgäuer Zeitung vom 31. März 1984, daß die private Krebskllnlk In Kempten erst vor einem Jahr mit Hilfe eines Zuschusses des Freistaates Bayern renoviert wurde, frege Ich die Staatsregierung: Wie hoch war dieser Zuschuß gegebenenfalls und wie hat sich der Freistaat Bayern dagegen abgesichert, daß dieser Zuschuß seinen Zweck verlehlt, well die Klinik bereits ein Jahr nach sei­ner Gewährung geschlossen wird?

Staatssekretär Meyer: Herr Präsident, Hohes Haus! Nach den neuesten mir vorliegenden Informationen ist aufgrund einer rechtlichen Auseinandersetzung der Gesellschafter gegenwärtig noch offen, ob die Private Frauenklinik Kempten geschlossen werden wird. Damit steht derzeit auch noch nicht fest, ob die Rückforderung der öffentlichen Förderungsmittel er­folgen muß.

Grundsätzlich ist jedoch zu Ihrer Frage zu bemerken, daß die Klinik mit 53 Betten der Fachrichtung Gynä­kologie und Geburtshilfe in den staatlichen Kranken­hausbedarfsplan aufgenommen worden ist. Zur Ver­besserung des Sanitärstandards und der Hygienever­hältnisse sowie zur Modernisierung der Krankenzim­mer waren im Jahre 1978 verschiedene Investitions­maßnahmen fachlich gebilligt worden. Für diese Maß­nahmen, die in den Jahren 1979 bis 1981 durchge­führt wurden, erteilte die Regierung von Schwaben am 20. Mai 1982 den endgültigen Bewilligungsbe­scheid über förder!ähige Gesamtkosten von 1936016 DM. Für den Fall einer Schließung der Klinik ist festzustellen, daß die staatlichen Förderleistungen nach § 15 Absatz 2 des Krankenhausgesetzes abzu­rechnen wären. Soweit diese Förderleistungen noch nicht abgeschrieben sind, wären sie vom Kranken­hausträger zurückzufordern. Der Rückforderungsan­spruch ist nach den einschlägigen Verwaltungsvor­schriften durch Grundschulden zugunsten des Frei­staates Bayern auf dem Krankenhausgrundstück ge­sichert.

Präsident Dr. Heubl: Zusatzfrage, Kollege Diethei!

Dlethel (CSU): Herr Staatssekretär, kann davon aus­gegangen werden, daß für den F8', daß die Fortfüh­rung der Klinik aufgrund eines ge~ern stattgefunde­nen Gesprächs doch noch möglichjsein wird, ein neu­er Träger, sofern der gleiche Verwendungszweck der Krankenanstalt gewährleistet ist, i diese Förderung übertragen erhält? i

Staatssekretär Meyer: Ja, das ist rundsätzlch mög­lich, wenn nur der Träger ausgetau chi wird, aber der Verwendungszweck der gleiche bleibt. Allerdings müßte das noch im konkreten F 1 geprüft werden. Grundsätzlich ist Ihre Frage aber it Ja zu beantwor­ten.

Präsident Dr. Heubl: Herr Kollege iethei !

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2506 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

Dlethel (CSU): Herr Staatssekretär, können Sie die Pressemeldungen bestätigen, auf die auch der Kolle­ge Wirth hingewiesen hat, wonach für diese Kranken­anstalt ein anderer Verwendungszweck, beispielswei­se ein Altenheim bzw. ein Dialysezentrum für Nieren­kranke, vorgesehen sein soll, und sind Ihnen solche Nachrichten zugegangen?

Staatssekretär Meyer: Nein, davon ist mir nichts be­kannt.

Präsident Dr. Heubl: Letzte Fragestellerin ist die Frau Abgeordnete Jungfer.

Frau Jungfer (SPD), Fragest e 11 er in:

Herr Staatssekretär, wie erklärt der Staatsmini­ster der Finanzen den Widerspruch zwischen der Behauptung In der Beantwortung der jüngsten Interpellation, die Gemeinden seien durch die Kürzungsmaßnahmen von Bund und Lend nicht Im lnvestltlonsberelch betroffen, und den neu­esten Zahlen des Bayerischen Statistischen Lan­desamtes, die einen starken Einbruch bei den gemeindlichen Investitionen erkennen lassan?

Staatssekretiir Meyer: Herr Präsident, Hohes Haus! Ein Widerspruch zwischen den Aussagen in der Ant­wort der Staatsregierung vom 23. Februar 1983 auf die SPD-Interpellation und dem kürzlich gemeldeten Investitionsrückgang der bayerischen Kommunen be­steht schon deshalb nicht, weil die staatlichen Lei­stungen an die Kommunen in Bayern auch 1983 per saldo um 102 Millionen DM zugenommen haben. Die notwendig gewordenen Kürzungsmaßnahmen wur­den damit im Haushaltsvollzug durch gestiegene Ein­nahmeanteile der Kommunen im Ergebnis mehr als ausgeglichen. Wie Sie wissen, sind außerdem unsere Kommunen in ihrer Entscheidung autonom.

Die objektiven Zahlen zeigen, daß Bayerns Kämmerer bewußt und gewollt 1983 die Haushaltsdefizite abbau­ten. Bayerns Kommunen haben im vergangenen Jahr ohne Finanzierungsdefizit abgeschlossen. Sie konn­ten sogar einen kleinen FinanzierlJngsüberschuß er­zielen. Nach meiner Auffassung ist dies sehr erfreu­lich. Im Jahr zuvor mußten die Kommunen noch rund 880 Millionen DM neue Schulden aufnehmen. Niedri­ge Vorbelastungen der Haushalte durch den Schul­dendienst sind aber eine Voraussetzung zur Verbes­serung der Finanzierungsspielräume und damit für höhere Investitionen. Unsere Kommunen haben dies sehr richtig erkannt. Schon 1983 lagen Bayerns Kom­munen im bundesweiten Vergleich sehr günstig. Während im Bundesgebiet die gemeindlichen Sachin­vestitionen um 8,9 Prozent abnahmen, betrug der Rückgang in Bayern nur 3, 1 Prozent. Von einem star­ken Einbruch bei den kommunalen Investitionen kann angesichts dieser Zahlen wohl nicht mehr die Rede sein. In 1984 zeichnet sich bundesweit wieder eine höhere Investitionstätigkeit ab.

Präsident Dr. Heubl: Zusatzfrage, Herr Kollege Lan­genberger!

Langenberger (SPD): Herr Staatssekretär, halten Sie es für einen gesunden Zustand, daß, wie das Statisti­sche Landesamt aussagt, im Jahre 1983 7 Milliarden DM weniger von den Kommunen investiert worden sind und die Investitionen damit unter den Stand von 1979 zurückgesunken sind?

Staatssekretär Meyer: Ich habe Ihnen in meiner Ant­wort schon gesagt, daß die Kommunen autonom sind und wir ihnen in diese Entscheidung nicht hineinre­den können. Jedenfalls, was die staatlichen Zuwen­dungen anbetrifft, wären sie in der Lage gewesen, so zu investieren wie vorher auch.

Präsident Dr. Heubl: Zusatzfrage, Herr Kollege Koch!

Koch (SPD): Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Auffassung, daß die Tatsache, daß die Gemeinden weniger investiert haben, doch ein wenig damit zu­sammenhängt, daß ihre Möglichkeiten begrenzter sind als in der Vergangenheit, und hat dies nicht ein wenig auch mit den staatlichen Zuweisungen zu tun?

Staatssekretär Meyer: Die Motivation der Kommu­nen bei ihren Entscheidungen kann ich nicht erklären. Möglicherweise scheuen die Kommunen die Folgela­sten, die mit Investitionen verbunden sind. Die allge­meine wirtschaftliche Flaute hat sicherlich auch ihre Auswirkungen auf die kommunalen Investitionen ge­habt, aber sicherlich nicht das Verhalten der Bayeri­schen Staatsregierung.

Präsident Dr. Heubl: Zusatzfrage, Herr Kollege Lan­genberger!

Langenberger (SPD): Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch mit mir der Meinung, daß man die staatli­chen Zuweisungen nicht isoliert betrachten kann, sondern daß man auch die Kürzungen zum Beispiel im Sozialbereich hinnehmen muß, die als Belastungen der Gemeinden in Form von Sozialhilfe durchgeschla­gen haben, so daß wegen dieser Belastungen not­wendige Investitionen nicht getätigt werden konnten?

Staatssekretär Meyer: Das hat mit der zunächst ge­stellten Frage nichts zu tun. Selbstverständlich haben höhere Sozialleistungen auch höhere ~elastungen für die Kommunen zur Folge. Möglicher111eise führt das dazu, daß die eine oder andere lnvestilion nicht sofort vorgenommen werden kann.

' Präsident Dr. Heubl: Zusatzfrage, it'llege Langen-berger!

Lengenberger (SPD): Herr Staatss retär, könnten Sie sich vorstellen, daß die lnvestitio kraft der Kom­munen vielleicht dadurch gestärkt wir . daß Bund und Land in Zukunft sich partnerschaftlich und solidarisch an der immer stärker steigenden Soz lhilfebelastung der Kommunen beteiligen?

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerl1cher Landtag . 10. Wahlperiode 2507

StaatMekretär Meyer: Sofern die Haushaltsmittel dazu ausreichen. Das wäre sicherlich ein Weg, auf dem man den Kommunen helfen könnte. Ich glaube aber, daß der Freistaat Bayern, der ja nahezu ein Vier­tel seines Haushalts an die Kommunen weitergibt, an der Grenze dessen angekommen ist, was diesbezüg­lich finanziell möglich ist.

Präsident Dr. Heubl: Die Fragestunde ist zu Ende.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 12:

Interpellation der Abgeordneten Tandler, Werkstet­ter, Oswald und anderer betreffend Sicherheit des Straßenverkehrs (Drucksache 10/3183)

und

lnterpellatlon der Abgeordneten Dr. Rothemund, Gelsperger und Fraktion betreffend Hiifen für die bayerischen Landwirte, die durch die EG-Beschlüs­se In Ihrer Existenz gefährdet werden (Drucksache 10/3378)

Gemäß § 72 Absatz 2 der Geschäftsordnung frage ich die Staatsregierung, ob und wann sie die Interpel­lationen beantworten kann.

Das Wort hat der Herr Staatsminister Eisenmann.

Staatsminister Dr. Eisenmann: Herr Präsident, mei­ne Damen und Herren! Die Staatsregierung kann die Interpellation betreffend Straßenverkehrssicherheit in der Plenarwoche des Monats Juli und die Interpella­tion über die Situation der Landwirtschaft in der Ple­narwoche des Monats Juni beantworten.

Präsident Dr. Heubl: Gut. Der Ältestenrat wird sich dann damit beschäftigen. Tagesordnungspunkt 12 ist für heute e r 1 e d i g 1.

Ich rufe auf P u n kt 28 der Tagesordnung:

Antrag der Abgeordneten Christa Meier, Kurz, Karl­Theodor Engelhardt und anderer betreffend versl­cherungsmäßlge Anrechnung der zweiten Ausbll­dungsphase In der Lehrerbildung (Drucksache 10/2116)

Über die Beratungen des Ausschusses für kulturpoli­tische Fragen (Drucksache 10/2438) berichtet Herr Abgeordneter Messerer.

MeMerer (SPD), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, Hohes Haus! Der Ausschuß für kulturpolitische Fragen hat sich in seiner 35. Sitzung am 7. Dezember 1983 mit dem aufgerufenen Antrag befaßt. Berichter­statter war ich, Mitberichterst.atter Kollege Dr. Glück.

Als Berichte rsta tte r legte ich das Antragsbe­gehren dar und wies darauf hin, daß der Antrag mitt­lerweile ein trauriges Jubiläum leiere. Das Kultusmini­sterium habe nämlich bereits 1976 angekündigt, die Möglichkeiten einer sozialen Sicherung zu überprü­fen.

Des weiteren erinnerte ich an die Behandlung eines CSU-Antrags im Ausschuß für Fragen des öffentli­chen Dienstes am 23. Januar 1979, wobei der seiner-

zeitige Berichterstatter Baumann die Notwendigkeit betont habe, Beamte auf Widerruf im Vorbereitungs­dienst so abzusichern, daß sie nach Beendigung des Vorbereitungsdienstes bei Nichtanstellung nicht auf Arbeitslosenhilfe bzw. Sozialhilfe angewiesen seien.

Mitberichterstatter D r. G 1 ü c k betonte, daß die CSU die Zielsetzung dieses Antrages teile, und ver­wies darauf, daß aufgrund eines Landtagsbeschlus­ses vom 15. Juli 1979 die Staatsregierung im Bundes­rat einen Gesetzentwurf eingebracht habe, wonach Beamtenanwärter, die keine berufliche Anstellung ge­funden hätten, nach Abschluß ihrer Ausbildung für längstens 12 Monate Übergangsbezüge erhalten soll­ten.

(Fortgesetzte Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Kosten für diese Maßnahmen hätten sich damals auf 40 Millionen DM belaufen. Ferner wies er darauf hin, daß der Gesetzentwurf in der Zwischenzeit abge­lehnt worden sei und die Kosten mittlerweile weitaus höher seien. Selbst bei einem entsprechenden Willen wäre diese Lösung also nicht mehr möglich. Kollege Dr. Glück sprach sich für eine praktikable, finanzier­bare Lösung aus und schlug deshalb eine Umfonmu­lierung vor, damit nicht nur die versicherungstechni­sche Lösung, sondern darüber hinaus generelle Lö­sungsmöglichkeiten geprüft würden.

Dieser Umformulierung stimmte der Ausschuß für kulturpolitische Fragen einstimmig zu.

Präsident Dr. Heubl: Über die Beratungen des Aus­schusses für Fragen des öffentlichen Dienstes (Drucksache 10/2565) berichtet der Herr Abgeordne­te Walter Engelhardt.

Engelhardt Walter (SPD), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Aus­schuß für Fragen des öffentlichen Dienstes beriet in seiner 23. Sitzung am 17. Januar 1984 den aufgerufe­nen Antrag. Mitberichterstatter war Kollege Humbs. Der Antrag wurde in der Fassung der Drucksache 10/2438 einstimmig gebilligt. Ich bitte ebenfalls um Zustimmung.

Präsident Dr. Heubl: Über die Beratungen des Aus­schusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpoli­tik (Drucksache 10/2942) berichtet der Herr Abgeord­nete Willi Kaiser.

Kaiser Willi (SPD), Be r i c h t e r statte r: Herr Prä­sident, meine Damen und Herren! 1Der Ausschuß für Sozial-, Gesundheits- und Familie politik hat sich in seiner Sitzung am 9. Februar 1984 it dem aufgerufe­nen Antrag beschäftigt. Er stim e einstimmig der Beschlußemplehlung des Ausschu ses für kulturpoli­tische Fragen auf Drucksache 10/ 438 zu. Ich emp­fehle, in gleicher Weise zu verfahre

Präsident Dr. Heubl: Über die Be schusses für Staatshaushalt (Drucksache 10/3193) berichtet de te Koch.

tungen des Aus­d Finanztragen Herr Abgeordne-

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2508 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode PlenarprotokoH 10/46 v. 04. 04. 84

Koch (SPD), Be richte r statte r: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Staats­haushalt und Finanzfragen beschäftigte sich mit dem aufgerufenen Antrag in seiner 61. Sitzung am 28. Fe­bruar 1984. Berichterstatter war ich, Mitberichterstat­ter Kollege Maurer.

Es erfolgte einstimmige Zustimmung zur Beschluß­empfehlung des Ausschusses für kulturpolitische Fragen, wobei lediglich eine Änderung hinsichtlich des Berichtstermins vorgenommen wurde. Entgegen der ursprünglichen Antragsfassung hat der Kultur­ausschuß als Berichtstermin den 1. April 1984 vorge­schlagen. Der Haushaltsausschuß schlägt hingegen als Berichtstermin den 1. Juni 1984 vor. Ich bitte das Hohe Haus um Entscheidung.

Präsident Dr. Heubl: Danke. Wortmeldungen liegen keine vor. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuß für kulturpolitische Fragen empfiehlt die Neufassung des Antrages, wie wir gehört haben. Dem stimmen die übrigen Ausschüsse zu, der Aus­schuß für Staatshaushalt und Finanzfragen allerdings mit der Maßgabe, daß das Berichtsdatum 1. April 1984 durch 1. Juni 19ß4 ersetzt wird. Wer der Neufas­sung auf Drucksache 10/243ß mit dem Berichtsdatum 1. Juni 1984 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Bitte die Gegenprobe! - Stimment­haltungen? - Einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf Punkt 29 der Tagesordnung:

Antrag der Abgeordneten Zeller und anderer betref­fend Bllanzrlchtllnlengesetz (Drucksache 10/2121)

Über die Beratungen des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr (Drucksache 10/2934) berichtet der Herr Abgeordnete Dr. Lautenschläger.

Dr. Lautenschläger (CSU), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Aus­schuß für Wirtschaft und Verkehr befaßte sich mit dem aufgerufenen Antrag in seiner 37. Sitzung am 9. Februar dieses Jahres. Mitberichterstatter war Kol­lege Wo~. Es wurde folgender einstimmiger B'eschluß gefaßt: Zustimmung zur Drucksache 10/2121 mit der Maßgabe, daß in Zeile 4 nach dem Wort .Bundesrat" das Wort .weiterhin" eingefügt wird. Ich bitte, ebenso zu verfahren.

Prisldant Dr. Heubl: Über die Beratungen des Aus­schusses für Information über Bundesangelegenhei­ten und Europafragen (Drucksache 10/3208) berich­tet der Herr Abgeordnete Kluger.

Kluger (CSU), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuß für Information über Bundesangelegenhei­ten und Europafragen hat sich in seiner 15. Sitzung am 1. März 1984 mit dem aufgerufenen Antrag befaßt. Nach eingehender Diskussion trat der Ausschuß dem Beschluß des Wirtschaftsausschusses mit der Maß-

gabe bei, daß die Eingangsformulierung wie folgt lau­ten soll:

Die Staatsregierung wird ersucht, beim Bund wei­terhin darauf hinzuwirken „.

Ich bi1te das Hohe Haus, diesem Beschluß zuzustim­men.

Präsident Dr. Heubl: Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Der Aus­schuß für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt Zustim­mung mit der Maßgabe, daß in Zeile 4 nach dem Wort .Bundesrat" das Wort .weiterhin" eingefügt wird. Dem stimmt der Ausschuß füc Information über Bun­desangelegenheiten und Europafragen mit der weite­ren Maßgabe zu, daß in Zeile 4 die Worte .im Bundes­rat" durch die Worte .beim Bund" ersetzt werden. Wer dem Antrag mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich wiederum um sein Handzeichen. -Bitte die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? -E i n s t i m m i g so beschlossen.

Ich rufe auf Punkt 30 der Tagesordnung:

Antrag der Abgeordneten Christa Meier, Kurz und anderer betreffend Anrechnungsstunden für beson­dere Aufgaben Im Schulberelch (Drucksache 10/2162)

Über die Beratungen des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes (Drucksache 10/2398) be­richtet der Herr Abgeordnete Sommerkorn.

Sommerkorn (SPD), Berichte rsta lt er: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuß für Fragen des öffentlichen Dienstes hat sich in seiner 21. Sitzung am 6. Dezember 1983 mit dem vorliegenden Antrag beschäftigt. Berichter­statter war Kollege Walter Engelhardt, Mitberichter­statter Kollege Freller.

Der Bericht e·r statte r erinnerte an Anträge der CSU und SPD in der vergangenen Legislaturperiode, die sich mit dem gleichen Anliegen befaßt hätten. An­tragsbegehren sei es, Anrechnungsstunden für die Lehrer aller Schularten einheitlich zu regeln und die freiwerdenden Stunden durch die Einstellung von Junglehrern abzudecken. Er räumte ein, daß ein sol­cher Beschluß natürlich haushaltsmäßige Konsequen­zen habe.

Der M i t b e r i c h t e r statte r bezeichnete die Forderung nach Einstellung von Junglehrern im beab­sichtigten Ausmaß angesichts der Haushaltssituation für unmöglich und blauäugig. Er sprat>h von 350 Plan­stellen. Eine Diskussion darüber wite nach Auffas­sung des Mitberich1erstatters ver bliche Liebes­müh.

Der Be r i c h t e r s tat t e r ergänzt , daß es für den Bereich der Gymnasiallehrer Anre hnungsstunden für Schulleiter, Oberstufenlehrer, Fachbetreuer, Sammlungsleiter, Semlnarlehrer, für den Einsatz an mehreren Schulen, für Ministerialbea ragte usw. ge­be. Laut Berichterstatter könne auf auer nicht hin­genommen werden, daß eine Lehre ruppe für alles

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Plenarprotokoll 10/46v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2509

(Sommerkorn [SPD])

und jedes Anrechnungsstunden erhalte, die andere Lehrergruppe aber nicht einmal ein Minimum.

Laut M i t b e r i c h t e r s t a t t e r könne im Falle einer Verbesserung der Haushaltslage noch einmal auf dieses Anliegen zurückgekommen werden.

Der Antrag wurde schließlich mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD abgelehnt.

Präsident Dr. Heubl: Über die Beratungen des Aus­schusses für kulturpolitische Fragen (Drucksache 10/2907) berichtet der Herr Abgeordnete Messerer.

Messerer (SPD), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, Hohes Haus! Der Kulturpolitische Ausschuß hat sich in seiner 42. Sitzung am 8. Februar dieses Jahres mit dem aufgerufenen Antrag befaßt. Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter Herr Kollege Dr. Goppel.

Als Berichterstatter wies ich darauf hin, daß es darum gehe, einheitliche Regelungen für Stunden­ermäßigungen bei besonderen Aufgaben im Schulbe­reich zu schaffen. Ein positiver Nebeneffekt der Gleichstellung aller Schularten bei Anrechnungsstun­den sei in der möglichen Anstellungsnotwendigkeit einiger arbeitsloser Lehrer zu sehen. ·

Mitberichterstatter D r. G o p p e 1 bezeichnete den Antrag sowohl hinsichtlich des Zeitpunktes und des Adressaten als problematisch. Die Problematik müßte in der Kultusministerkonferenz und letztlich in der Fi­nanzministerkonferenz zur Sprache gebracht werden. Im übrigen gebe es in den verschiedenen Schularten unterschiedliche Aufgabenstellungen. Eine Gleich­stellung, wie sie der Antrag vorsehe, sei schwer mög­lich, da die Belastungen in den einzelnen Schularten· sehr unterschiedlich seien. Schließlich sei die Schaf­fung weiterer Planstellen, wie dies die Antragsteller im Auge hätten, angesichts der rückläufigen Entwick­lung der Schülerzahlen nicht zu vertreten.

An der Diskussion beteiligten sich des weiteren die Kollegen Kurz und noch einmal Dr. Goppel. Schließ­lich kam es zu folgendem Beschluß: Der Antrag wird mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD abgelehnt.

Präsident Dr. Heubl: Über die Beratungen im Aus­schuß für Staatshaushalt und Finanzfragen (Drucksa­che 10/3194) berichtet der Herr Kollege Koch.

Koch (SPD), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß befaßte sich mit dem aufgerufenen Antrag in seiner 61. Sitzung am 28. Februar 1984. Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter der Kollege Maurer.

1 c h vertrat die Auffassung, daß die Regelung für die Anrechnungsstunden am Gymnasium am großzügig­sten sei. Da eine Kürzung der Anrechnungsstunden am Gymnasium politisch wohl nicht durchsetzbar sein werde, sollten die anderen Schularten bei An­rechnungsstunden dem Gymnasium gleichgestellt werden.

Der Kollege M au r e r als Mitberichterstatter war der Auffassung, die Zahl der Anrechnungsstunden sei am Gymnasium ungerechtfertigt großzügig hoch und es sollten eigentlich die Anrechnungsstunden beim Gymnasium abgebaut werden. Eine Zustimmung zum Antrag käme einer indirekten Arbeitszeitverkürzung gleich; dies würde finanzielle Probleme verursachen. Der Antrag müsse deshalb abgelehnt werden.

Die Abstimmung ergab Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der CSU gegen 5 Stimmen der SPD bei 2 Enthaltungen aus den Reihen der SPD. Ich bitte das Hohe Haus um seine Entscheidung.

Präsident Dr. Heubl: Zu Wort hat sich gemeldet der Herr Abgeordnete Kurz.

Kurz (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Her­ren! Die SPD will mit diesem Antrag einmal eine wirk­liche Umsetzung der Celler Beschlüsse der Minister­präsidenten, die ja erst in Teilen erfolgt ist, und sie will mit dem Antrag, daß Anrechnungsstunden für be­sondere Aufgaben im Schuldienst für die Schularten in gleicher oder wenigstens vergleichbarer Weise ge­währt werden. Die freiwerdenden Stellen, das steht auch ausdrücklich in unserem Antrag, sollen durch die Einstellung von Junglehrern besetzt werden.

Angesichts einer letzte Woche bekanntgewordenen Zahl von 5152 Bewerbern, die derzeit auf bayerischen Wartelisten stehen, und der Tatsache, daß dies alles Bewerber mit besseren Prüfungsergebnissen als 3,5 sind, und weiter der Tatsache, daß der Herr Kultusmi­nister heute in der Fragestunde auch noch nicht eine verbindliche Anstellungszahl für den September 1984 nennen konnte, meine ich, ist es nicht unbillig, wenn man überlegt, wie wir dies ja schon in anderen Anträ­gen getan haben, die Sie mitgetragen haben, eine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt zu bewerkstelligen. Dies ginge zum Beispiel auch mit Hilfe dieses Antra­ges. Es wurde ja schon gesagt, es könnten bis zu 350 Stellen sein.

Ich will an diesem Beispiel aufzeigen, wie die CSU in den Ausschüssen geradezu geistige Verrenkungen machen muß, um einen solchen eigentlich als normal und vernünftig anzusehenden Antrag abzulehnen.

Es ist so von unserer Seite gesagt worden, daß doch eigentlich nicht einzusehen ist, daß das Betreuen einer Physiksammlung am Gymnabium Anrechnungs­stunden ergibt, daß aber die gleictle Arbeit, wenn sie an einer Realschule, einer Beru schule oder einer Hauptschule geleistet werden uß, keine Entla­stungsstunden bringt. Wo ist de n der Unterschied bei der Betreuung einer solchen ammlung oder bei bestimmten Projekten oder für d Sicherheitsbeauf­tragen, der die Lehrpläne für die Verkehrserziehung umzusetzen hat? Wo ist denn d an den einzelnen Schularten ein Unterschied?

Ich darf Ihnen ein paar Beispiele sagen, wo einfach nicht begründete Unterschiede i den Anrechnungs­stunden bestehen. Ein Seminarle rer am Gymnasium kriegt für die Betreuung von ein is zwei Referenda-

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(Kurz [SPD])

ren vier Wochenstunden Entlastung, bei drei bis fünf Referendaren sechs und ab sechs Referendaren acht. Der an der Realschule bekommt für ein bis fünf Referendare drei Stunden und ab sechs Referenda­ren vier. An den Volksschulen sieht es so aus, daß die Praktikumslehrer nach neuer Prüfungsordnung zwei bekommen, nach der alten eine, und die Betreuungs­lehrer eine. Ja, meinen Sie denn wirklich, daß es so erhebliche Unterschiede macht, einen Anwärter im gymnasialen, im Realschul- oder im Volksschuldienst zu betreuen? Das ist doch wohl nicht aufrechtzuer­halten!

Von den Schulleitern will ich gar nicht reden; auch da klaffen die Unterschiede z. B. bei einer Schülerzahl bis zu 300 zwischen den Schularten um vier Entla­stungsstunden.

Nun wurde uns von der CSU unterstellt, und es wur­de auch schon von den Verbänden aufgegriffen, wir wollten den Gymnasiallehrern die verdienten Stunden für so besondere Funktionsstellen wieder wegneh­men. Deswegen muß ich hier klar sagen, auch für das Protokoll des Plenums: Es war der Herr Kollege Mau­rer von der CSU, der - ich darf zitieren - der Auffas­sung war, daß man im Gymnasium zu großzügig ver­fahre und es sinnvoller wäre, die Anrechnungsstun­den an den Gymnasien abzubauen. Dies also ist die Meinung der CSU gewesen, nicht die der SPD!

Der Kollege Freller, der ja schon durch ganz pfiffige Anträge hier aufgefallen ist, indem er nämlich eine in­tegrierte Lehrerreserve an den Realschulen schaffen wollte, was heißt pro 25 Lehrer einen mehr, und dies haushaltsneutral erreichen wollte - das meine ich mit der Pfiffigkeit - , hat gesagt, es wäre verlorene Lie­besmüh', über weitere 350 Planstellen zu diskutieren, und er meinte weiter, daß es im Augenblick und für die nächste Zeit nicht gehe. Wenn sich die Haushalts­lage dereinst einmal bessere, dann könne man ja dar­auf zurückkommen.

Den Gipfel an Verrenkungen und Gehirnzellenakroba­tik muß ich nun wohl allerdings dem Kollegen Goppel bescheinigen. Am 8. Februar meinte er im Ausschuß für kulturpolitische Fragen, der Antrag sei hinsichtlich des Zeitpunktes und des Adressaten problematisch. An den verschiedenen bayerischen Schularten gebe es unterschiedliche Aufgabenstellungen. Eine Gleich­stellung, wie sie der Antrag vorsehe, sei schwer mög­lich. Die Belastungen in den einzelnen Schularten seien sehr unterschiecjlich. Wie recht hat er doch an­hand der gerade von mir genannten Beispiele! Das war bis jetzt also jedenfalls schlüssig.

Aber jetzt geht's weiter: Die Schaffung weiterer Plan­stellen, wie dies der Antragsteller im Auge habe, sei angesichts der rückläufigen Entwicklung der Schüler­zahlen nicht zu vertreten. Jetzt, Kollege Goppel, muß ich schon fragen: Wie hängen nun rückgängige Schülerzahlen mit einer versuchten sozusagen teil­weisen Arbeitszeitverkürzung bei den beschäftigten

Lehrern zusammen? Wie können Sie dieses Argu­ment an dieser Stelle einführen? Was soll das bei dem Antrag, der ein paar freiwerdende Stunden durch andere Kollegen, durch Junglehrer, zu erset­zen versucht? Da komme ich nicht mit! Während also der Herr Freller von der vergeblichen Liebesmüh' sprach, meinte der Kollege Goppel in einer neuen Lesart, die Argumentation, neue Planstel­len zu schaffen, sei _nicht seriös". Auch das möchte ich hier festgehalten wissen. Sie nennen die Forde­rung nach einer ausreichenden Unterrichtsversor­gung an unseren Schulen heute nicht mehr seriös.

Dann hat der Kollege Goppel auch noch schlafende Hunde geweckt, indem er darauf hinwies, man brau­che nicht lange darauf zu warten, bis Haushaltspoliti­ker - er kennt seine wohl - auf die Idee kämen, Stun­denermäßigungen am Gymnasium wieder zu strei­chen. Ich meine jetzt natürlich die Redensart .schla­fende Hunde" und in keiner Weise die Kollegen des Haushaltsausschusses; das ist ja klar. Also: Um die Bedingungen für alle Schularten gleich gut gestalten zu können, fehle leider das Geld. So Kollege Goppel. Das hätte ja nun eigentlich genügt. Aber dann hat Kollege Goppel, weil er gerne noch eins draufsetzt, noch eine logistische Fleißaufgabe sozusagen als Zu­gabe erledigt, und gesagt, und das muß ich auch aus dem Protokoll des Ausschusses wörtlich zitieren:

Man solle auch bedenken, daß man durch Stundenermäßigungen den Kontakt des Lehrers mit seinen Schülern verringere und dem pädagogi­schen Bezug schade.

Herr Dr. Goppel, das hätte ich Ihnen nicht zugetraut, daß Sie tatsächlich noch glauben, daß Stundenermä­ßigungen für Lehrer zu weniger Unterrichtsstunden bei den Schülern führen. War denn das ernst ge­meint? Ich glaube nicht. Aber es geht noch weiter:

Außerdem sei es unvernünftig, den im Dienst be­findlichen Lehrern weitere Stundenermäßigungen zuzugestehen, während andere keine Stelle bekä-men.

Jetzt schließt sich also der Kreis: Genau das, was der Antrag eigentlich bewirken will, nämlich durch Frei­machen einiger Stunden anderen eine Anstellung zu sichern, verkehrt die CSU hier in einer wirklich totalen Verrenkung oder Akrobatik ins Gegenteil. Ich meine, Herr Kollege Dr. Goppel, das sollten ~ie schon noch einmal klären; denn was Sie hier geleietet haben, um ein Anliegen, das Sie sonst gegenüber den Verbän­den ständig im Munde führen, sozusa.en im eigenen Munde wieder umzudrehen, ist vielleiqht Gebrauchs­logik, so kann man das bezeichnen, h aber mit einer vernünftigen Argumentation doch woh nichts zu tun.

Ich meine also, liebe Kolleginnen un der CSU: Lassen Sie bittschön anges tion, die wir an den Schulen haben, di brauchs- oder Bedarfslogik weg! Da träge ablehnen, die auch nur in dem könnten, jemals haushaltswirksam z Sie fragen: Gibt es denn vielleicht ein Verbot in Ihrer Fraktion oder von

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Plenarprotokoll 10/46v. 04.04.84 a...- Landtag. 10.Wahlperiode 2511

(Kurz [SPD])

nanzministers, daß hier überhaupt nichts mehr gehen kann? Verzichten Sie wirklich auf politisches Gestal­ten in diesem Bereich, indem Sie an den Finanzmini­ster überhaupt keine Forderungen mehr stellen, ob­wohl Sie genau wissen, wieviel zigtausend Unter­richtsstunden auch heute noch angesichts des Leh­rermanges ausfallen, ganz zu schweigen von den Stunden, die wegen Erkrankung oder aus anderen Gründen ausfallen? Besteht also in Ihrer Fraktion in­zwischen ein Verbot, überhaupt noch darüber nach­denken zu dürfen, wie man die Unterrichtssituation an unseren Schulen verbessern könnte? Die Antwort auf diese Frage kann ich Ihnen nicht ersparen.

Wenn Sie wieder hergehen und sagen werden, ange­sichts der rückgängigen Schülerzahlen sehen wir überhaupt keine Möglichkeit, hier noch Haushaltsmit­tel bereitzustellen, dann geben Sie das bitte offen zu! Aber treiben Sie keinen Etikettenschwindel nach au­ßen, wenn Sie die Schulsituation tatsächlich auch nicht mehr im geringsten verbessern wollen! Mit sol­chen Versuchen bitte ich Sie aufzuhören. Das scha­det wirklich auch der Ernsthaftigkeit des Hohen Hau­ses.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Dr. H!llllbl: Das Wort hat der Herr Abgeord­nete Dr. Goppel.

Dr. Goppel (CSU): Herr Präsident, verehrte Kollegin­nen und Kollegen! Der Herr Kollege Kurz hat ver­sucht, in Formulierungen aus den Reihen der CSU, die in den verschiedenen Ausschüssen vorgebracht worden sind, etwas hineinzuinterpretieren, was weder einer gesagt noch gedacht hat.

(Widerspruch bei der SPD)

- Ich darf mir ertauben, dies darzulegen. Sie gestat­ten doch, daB man erst die Grundprämisse formuliert und anschließend begründet. Mir wird vielleicht noch zugestanden und ertaubt sein, vorweg kurz Ztl sagen, was ich will. Wenn Sie das auch nicht mehr erlauben, dann brauchen wir nicht mehr zu diskutieren. Der Herr Kollege Kurz hat dazu aufgefordert.

(Abg. Dr. Kaiser: So nicht!)

Meine verehrten Kollegen von der SPD!

(Abg. Schuhmann: Das ist wirklich ein Oberlehrer!)

Der Antrag, der von der SPD gestellt worden ist, ist kein Antrag zur Verbesserung der Unterrichtssitua­tion, sondern ein Antrag, der mehr Planstellen schaf­fen soll. Ich halte es für wesentlich, daß wir uns dar­auf vorher einigen, Herr Kollege Kurz; denn Sie haben jetzt wiederholt behauptet, es gehe darum, die Unter­richtssituation an unseren Schulen zu verbessern. Dieser Antrag verbessert die Unterrichtssituation nicht in einem Punkt; er beschäftigt am Ende mehr Lehrer. Er sorgt nicht dafür, daß sich am Unterricht etwas ändert. Wenn wir uns darauf geeinigt haben, können wir weiter diskutieren.

Wenn Sie jeden Lehrer, der eine besondere Funktion hat, unabhängig von seiner Schulart zwei oder drei Stunden weniger in den Unterricht schicken und an seiner Stelle einige Lehrer mehr in die Schule schik­ken, ändert sich an der Situation des Unterrichts für die Kinder überhaupt nichts. Es ändert sich nur, daB sie in ihrer Klasse einen Lehrer mehr bekommen.

Ich komme sofort darauf zurück: Wenn einer z. B. in einer Klasse, gerade in der Hauptschule, vier Stunden Mathematik oder sechs, sieben Stunden Mathematik und Physik zu unterrichten hat, und Sie nehmen ihn zwei Stunden heraus, dann bedeutet das, daß die Klasse einen weiteren Lehrer bekommt und daß unter der Voraussetzung, einen Lehrer mehr zu haben, die pädagogische Bezugssituation Schüler/Lehrer erneut leidet.

(Abg. Schuhmann: So ein Unsinn!)

Präsident Dr. Heubl: Herr Kollege Schuhmann, das Wort .Unsinn" weise ich zurück.

Dr. Goppel (CSU): Der Herr Kollege Schuhmann hat schon lange keine Schule mehr besucht, und als er drin war, hat er sichtlich nicht genügend aufgepaßt.

(Heiterkeit bei der CSU)

Oder er war nicht in Bayern in der Schule, das ist ja bei manchen Kollegen durchaus möglich. Die wesent­liche Situation des Schulbesuchs ist bei uns jeden­falls durch eine möglichst geringe Lehrerzahl in einer Klasse gekennzeichnet, um den Schülern möglichst wenig Bezugspersonen zuzumuten und die persönli­che gegenseitige Kenntnis - die Tatsache, daß man miteinander über die Verhältnisse im Schulraum spre­chen kann, daß man einen Lehrer befragen kann - si­cherzustellen, weil ein Schüler von weniger Lehrern angesprochen wird.

(Abg. Kurz: Macht Ihnen das nicht Kopfschmerzen?)

- Nein, das macht mir keine Kopfschmerzen, Herr Kollege Kurz.

(Abg. Kurz: Das tut weh!)

Sie haben mit einer völlig anderen Argumentation ver­sucht, uns etwas zu unterstellen, worum es uns über­haupt nicht geht. Sie haben sich 1>ersönlich vielleicht auch einmal versprochen; ich we' es nicht. Aber Sie haben vorhin zunächst gesagt, ef gehe um Berück­sichtigung der rückgängigen Sc~ülerzahlen, obwohl es doch in Wirklichkeit um eine A'l>eltszeitverkürzung geht.

l Aha, kann ich nur sagen. Sie wol n also nicht entla­sten, sondern Sie wollen die A eitszeit verkürzen. Dann sagen Sie das doch bitte d utlich und klar! Sie behaupten hier in Ihrer Diskussi im wesentlichen, es gehe darum, mehr Lehrer an stellen. Ja, worum geht es denn, darum, die Arbei eil zu verkürzen und als Folge mehr Lehrer anzus llen oder allein um die Anstellung von mehr Lehre ? Denn wenn Sie für das Verwalten der Physiksa miung eine Entla­stung wollen, dann entlasten Sie a den Lehrer nicht von Arbeitszeit, sondern Sie haupten an sich,

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2512 Bayerischer Landtag . 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Dr. Goppel [CSU])

daß er zuviel Arbeit hat und jetzt eine Überlast abzu­bauen sei. Er muß zwei Stunden länger in die Schule gehen, statt 42 44, weil er die Physiksammlung ver­waltet.

Sie behaupten auch, es gebe keine Möglichkeit der differenzierten Betrachtung zwischen den Schularten. Dem widerspreche ich noch einmal. Wenn Sie an einer Hauptschule mit 300 oder 400 Schülern eine Physiksammlung verwalten, dann ist das etwas ande­res, als wenn Sie es an einem Gymnasium mit 1200 und 1400 Schülern tun müssen. Wenn Sie an einer Hauptschule mit 300 Schülern Beratungslehrer sind, dann ist das etwas anderes, als wenn Sie es am Gym­nasium mit 1200 Schülern sind. Die Zahl der Schüler war der ausschlaggebende Faktor dafür, daß die Kul­tusminister gesagt haben: In den großen Mittel­punktsschulen, den weiterführenden Schulen, müs­sen wir Zugeständnisse machen und dafür sorgen, daß die Lehrer entsprechend entlastet werden; in den kleineren ist das nicht notwendig.

(Abg. Kurz: Beziehen Sie sich doch auf das Thema!)

- Sie können die Beispiele natürlich auch umgekehrt wählen und können sagen, das Faktum der Tätigkeit sei entscheidend.

Die Zahl der Schüler ist entscheidend für die Größen­ordnung des zu Verwaltenden. Die Aufgabe selbst kann nicht allein darüber entscheiden, ob ein Lehrer eine Stundenermäßigung bekommt oder nicht. Die Verwaltung einer Schülerbibliothek mit 100 Büchern kostet einen Zeitaufwand x, bei 2000 Büchern 20mal x.

(Zuruf des Abg. Kurz)

Sie lassen einfach den Multiplikationsfaktor weg, Das ist aber nicht möglich, es sei denn, Sie wollen eine Arbeitszeitverkürzung oder mehr Planstellen. Dann müssen Sie Ihren Antrag anders formulieren. Sie müssen dann schreiben: .Die Staatsregierung wird ersucht, 350 neue Planstellen auszuweisen und dafür den anderen Lehrern eine Entlastung zu gewähren." Sie aber argumentieren umgekehrt: Sie gehen davon aus, daß Ihre Forderung am Ende mehr Planstellen ergibt. Sie wollen in Wirklichkeit nicht eine Entla­stung, das sagen Sie in jeder Ihrer Bemerkungen, sondern Sie wollen mehr Lehrer beschäftigen.

(Zuruf des Abg. Kurz)

Wenn Sie das nicht offen und ehrlich sagen, dürfen Sie sich nachher nicht wundem, wenn wir Ihre Über­legungen aufzeigen und den Antrag ablehnen. Wir lehnen den Antrag nicht deswegen ab, weil wir ihn nicht für sinnvoll halten, sondern weil er den Effekt von 350 zusätzlichen Planstellen hätte, die wir im Au­genblick nicht finanzieren können.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Herr Kollege, gestat­ten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kurz? -

Kurz (SPD): Herr Kollege Dr. Goppel, würden Sie bit­te zur Kenntnis nehmen, daß es kein Hintergedanke

ist, sondern ganz offen im Antrag steht, daß wir mehr Lehrer einstellen wollen?

(Zustimmung bei der SPD)

Dr. Goppel (CSU): Das habe ich auch nie behauptet.

(Abg. Kurz: Doch, weil Sie von Hinter-gedanken reden!)

Ich wiederhole: Sie müssen in der Summe die Argu­mentation sauber, offen und ehrlich führen und dür­fen nicht behaupten, daß es im wesentlichen um die Entlastung geht. Angeblich werden Lehrer unter­schiedlich zur ideellen Leistungskasse gebeten.

(Abg. Kurz: So ist es!)

Sie gehen von diesen Argumenten aus, um nachher einen Schluß zu ziehen, dessen Intention in Wirklich­keit im Vordergrund steht.

Sie haben zu Beginn Ihrer Ausführungen gesagt, daß wir miteinander die Anträge untertützt haben bezüg­lich der Entlastung von Teilzeitlehrern. Das ist richtig. Diese Anträge waren alle miteinander kostenneutral.

Die Einstellung zusätzlicher Lehrer heute bedeutet je­doch, daß wir in einigen Jahren mehr Stellen einspa­ren müssen und die Einstellungschancen für spätere Generationen um so stärker beschnitten werden. Wenn wir jetzt 350 zusätzliche Lehrer einstellen wür­den, so schön das wäre, und so sehr das jeder Kul­turpolitiker will,

(Abg. Kurz: Sie nicht!)

keine Frage, so sehr muß uns klar sein, daß in etwa fünf Jahren nicht einmal mehr der Beste eine Einstellungschance hat. Wir können uns doch aus­rechnen, daß wir in fünf Jahren nicht einmal mehr einen anstellen können, ganz egal, wer dann die Ver­antwortung trägt. Sie sollten uns eigentlich dafür dankbar sein, auch unter dem Gesichtspunkt des Machtwechsels, den wir natürlich nicht wünschen, daß wir heute nicht das Geld der Kassen von über­morgen ausgeben. Es ist doch unsinnig, den jungen Leuten heute zu sagen: Wir stellen noch 350 ein, aber in zehn Jahren müßt ihr alle nur noch Schulden finan­zieren, so daß überhaupt niemand mehr eingestellt werden kann.

(Abg. Freiherr von Truchseß: Piano, piano!)

- Herr von Truchseß, wenn ich daran denke, wie Sie gelegentlich in unserem Ausschuß verfahren, dann bin ich jetzt ausgesprochen pianissimo.

(Beifall bei der CSU)

Lassen Sie mich unter der hier genan 'en Vorausset­zung zu Ihren konkreten Beispielen üb rgehen:

Herr Kollege Kurz, natürlich gibt es au h vergleichba­re Aufgabenstellungen in den Schule ; die Referen­darbetreuung wird sicher an jeder Sc lart gleich viel Zeit kosten. Ich wäre sofort bereit, m· Ihnen zusam­men eine solche Entwicklung nachz ollziehen; sie muß aber unter den heutigen Verlläl lssen stattfin­den unter der Zielsetzung, daß die A tellungschan­cen von 1987 nicht verspielt werden. e wollen heute Planstellen vergeben, die wir morgen ringend brau-

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Plenarprotokoll 10/46v. 04.04.84 Bayerischer Landtag . 10. Wahlperiode 2513

(Dr. Goppel [CSU])

chen. Sie müssen unter diesem Gesichtspunkt unse­re Ablehnung verstehen.

Wir würden die Argumentation nicht auch in einzel­nen Punkten so differenziert führen, wenn Sie nicht jede Gelegenheit im gegenseitigen Schlagabtausch zur Unterstellung nutzten, wir wollten an einer be­stimmten Stelle jemanden an etwas Bestimmtem hin­dern. Wir haben Ihnen zuerst entgegengehalten, daß das nicht geht, weil es nicht kostenneutral ist. Sie sa­gen dann, daß wir die Einzelfälle berücksichtigen müssen. Dann kommen wir natürlich zur Feststellung, daß die Einzelfälle auch nicht alle miteinder vergleich­bar sind. Sie behaupten dann im Plenum, wir hätten argumentiert, die Einzefälle seien nicht vergleichbar, weswegen man dem Antrag nicht zustimmen könne. Das ist doch ganz einfach nicht wahr!

Die Kollegen haben Ihrer nachgeschobenen Argu­mentation eine differenzierte Antwort entgegenge­setzt, die anders lautete als die Antwort auf die Grundsatzfrage des Antrags. In Ihrem Antrag geht es um mehr Planstellen, die nicht möglich sind, weil wir für die nachwachsenden Mitbürger, die später Lehrer werden wollen, Verantwortung tragen.

Wer wie in Nordrhein-Westfalen und Hessen jahre­lang alle Studienabsolventen angestellt hat und in die­sem Jahr Lehrer entläßt, anstatt welche anzustellen, der hat allen Grund, sich vorhalten zu lassen, daß er für die jungen Leute nicht sorgt. Diesen Vorwurf wol­len wir uns für immer ersparen. Wir wollen sicherstel­len, daß junge Leute bei uns auch in Zukunft eine Chance haben.

(Beifall bei der CSU)

Ihr Antrag wirkt dem entgegen; deswegen lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei der CSU)

zweiter Vlzepriillldent Lechner: Wir kommen zur A b s t i m m u n g. Die Ausschüsse empfehlen die Ab­lehnung des Antrags. Wer entgegen dieser Empfeh­lung für die Annahme ist, den bitte ich um das Hand­zeichen. - Das sind die Stimmen der SPD-Fraktion. Bitte die Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? -Damit ist der Antrag mit Mehrheit ab g e 1 e h n t.

Ich rufe auf Punkt 31 der Tagesordnung:

Antrag des Abgeordneten Dr. Rltzer und anderer betreffend Entschwefelung des schweren Heizöls (Drucksache 10/2201)

Über die Beratun.gen im Ausschuß für Landesent­wicklung und Umweltfragen (Drucksache 10/2746) berichtet der Kolfege Schuhmann.

Schuhmenn (SPD), B er i c h t e r statte r: Herr Präsident, meine Damen und Herren! In seiner 35. Sit­zung hat der Ausschuß für Landesentwicklung und Umweltfragen am 26. Januar 1984 den Antrag des Abgeordneten Dr. Ritzer und anderer auf Drucksache 10/2201 behandelt. Berichterstatter war ich, Mitbe­richterstatter der Kollege Loscher-Frühwald.

1 c h habe ausgeführt, daß zur Zeit in der Bundesre­publik jährlich 18 Millionen Tonnen schweres Heizöl verbraucht werden, und zwar überwiegend von der Industrie und in den Kraftwerken. Dieses schwere Heizöl habe heute noch einen Schwefelgehalt von 1,8 bis 2 Prozent. Bei der Verbrennung werde eine große Menge Schwefeldioxid freigesetzt. Wenn man der nochmaligen Senkung des Schwefelanteils beim leichten Heizöl und Dieselkraftstoff zustimme, müsse man auch diesem Antrag zustimmen.

Der M i t b e r i c h t e r s tat t e r hat auf die wesent­lich höheren Kosten und das komplizierte Verfahren der Entschwefelung von schwerem Heizöl hingewie­sen.

An der umfangreichen Diskussion haben sich noch die Kollegen Dr. Ritzer, Kolo und andere beteiligt.

Am Schluß wurde dem Antrag mit den Stimmen der CSU gegen die Stimme des Abgeordneten Heinrich bei Stimmenthaltung der SPD in folgender Fassung zugestimmt:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, beim Bund darauf hinzuwirken, daß der Schwefelgehalt des schweren Heizöls entscheidend abgesenkt wird und schweres Heizöl mit mehr als einem Ge­wichtsprozent Schwefel überwiegend in Anlagen verfeuert wird, die mit emissionsmindemden Ein­richtungen versehen sind.

Ich bitte das Hohe Haus um sein Votum.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Über die Beratun­gen im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr (Druck­sache 10/3018) berichtet der Kollege Schlosser.

Schlosser (SPD), Berichterstatter: Herr Prä­sident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der aufgerufene Antrag wurde am 16. Februar im Aus-schuß für Wirtschaft und Verkehr behandelt. ·

Mitberichterstatter D u man n stellte einen Ände­rungsantrag, weil er meinte, die Fassung des Umwelt­ausschusses komme letztlich einem Verwendungs­verbot von schwerem Heizöl gleich. 1 c h wider­sprach dieser Auffassung; von einem Verwendungs­verbot könne keine Rede sein, weil erstens die direk­te Entschwefelung möglich sei, und es zweitens eine Frage des Preises sei.

Bei leichtem Heizöl, für das der Verbraucher bezahlen müsse, würden höhere Preise dLrchaus akzeptiert, während man bei schwerem Heiz~!. das überwiegend von der Industrie bezahlt werden: müsse, dazu nicht bereit sei. 1

Ich stellte den Antrag, den urspr· Abstimmung zu stellen. Dem st Änderungsantrag. Er wurde sehr der CSU gegen die Stimmen der gen aus den Reihen der SPD an um Ihr Votum.

glichen Antrag zur d gegenüber der

Blich mit Mehrheit D bei 2 Enthaltun­nommen. Ich bitte

ZW81ter Vizepräsident Lechner: Über die Beratun­gen im Ausschuß für Information er Bundesangele-

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2514 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10146 v. 04. 04. 84

(Zweiter Vizepräsident Lechner)

genheiten und Europafragen (Drucksache 10/3216) berichtet Herr Kollege Dr. Götz.

Dr. Götz (SPD). Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für In­formation über Bundesangelegenheiten und Europa­fragen beschäftigte sich am 1. März 1984 in seiner 15. Sitzung mit dem aufgerufenen Antrag. Berichter­statter war ich, Mitberichterstatter Herr Kollege Zeiß­ner.

1 c h wies darauf hin, daß die Ergebnisse der vorbera­tenden Ausschüsse das Anliegen verfremdeten, und beantragte eine Abstimmung über die ursprüngliche Fassung. Sie wurde abgelehnt mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD. Dann wurde dem Beschluß des Ausschusses für Wirtschaft und Ver­kehr mit den Stimmen der CSU bei Enthaltung der SPD zugestimmt. Ich bitte um Ihr Votum.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Dankeschön. Zur Geschäftsordnung, Herr Kollege Schuhmann!

Schuhmann (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stelle namens der SPD-Fraktion den Antrag, zunächst über den Antrag in der auf Drucksa­che 10/2201 ausgedruckten Fassung abzustimmen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Dankeschön. Wir kommen zur A b s t i m m u n g. Der Ausschuß für Landesentwicklung und Umweltfragen und der Aus­schuß für Wirtschaft und Verkehr empfehlen jeweils eine Neufassung des Antrags, der Ausschuß für In­formation über Bundesangelegenheiten und Europa­fragen stimmt der vom Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr vorgeschlagenen Neufassung zu. Ich lasse zunächst abstimmen über die erste Fassung auf Drucksache 10/2201, wie vom Kollegen Schuhmann beantragt. Wer dieser Fassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenstim­men bitte ich anzuzeigen. - Stimmenthaltungen? -Mit Mehrheit ab g e 1 e h n t.

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Antrag der CSU-Fraktion in der vom Ausschuß für Landesent­wicklung und Umweltfragen vorgeschlagenen Fas­sung. Wer dieser seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Stimmenthaltungen? - Bei Enthaltung der SPD-Fraktion mit Mehrheit an g e -nom me n.

Ich rufe auf Tage so ~d nun g s pu n kt 32:

Antrag der Abgeordneten Karl Heinz Müller, Burkel und enderar betreffend Hinzuziehung einer Hebam­me zur Geburt (Drucksache 10/2288)

Über die Beratungen im Ausschuß für Sozial-, Ge­sundheits- und Familienpolitik (Drucksache 10/2636) berichtet Herr Kollege Dorsch.

Dorsch (SPD), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der genannte Aus-

schuß stimmte in seiner 25. Sitzung am 19. Januar 1984 dem aufgerufenen Antrag unter Mitberichter­stattung von Frau Kollegin von Traitteur bei 1 Stimm­enthaltung zu.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Über die Beratun­gen im Ausschuß für Information über Bundesangele­genheiten und Europafragen (Drucksache 10/3220) berichtet Frau Kollegin Jungfer.

Frau Jungfer (SPD), Berichterstalter in: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Ausschuß für Information über Bundesangelegenheiten und Eu­ropafragen waren die Berichterstatter Herr Kollege Widmann und ich. Der Ausschuß hat dem Antrag ein­stimmig zugestimmt..

Zweiter Vizepräsident Lechner: Darf ich bitten, die Gespräche einzustellen? - Wortmeldungen? - Kei­ne.

Wir kommen zur A b s t i m m u n g. Die Ausschüsse empfehlen die unveränderte Annahme des Antrags. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Stimmenthaltungen? - Einstimmig so be­schlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 33:

Antrag der Abgeordneten Karl Heinz Müller, Burkel und anderer betreffend gesetzllche Festlegung von Tätigkeiten der Hebammen und Entbindungshelfer (Drucksache 10/2289)

Über die Beratungen im Ausschuß für Sozial-, Ge­sundheits- und Familienpolitik (Drucksache 10/3075) berichtet Herr Kollege Dorsch.

Dorsch (SPD), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der genannte Aus­schuß behandelte in der 29. Sitzung am 16. Februar 1984 den aufgerufenen Antrag, der in der 27. Sitzung zurückgestellt worden war. abschließend und stimm­te ihm auf Vorschlag der Mitberichterstatterin Frau von Traitteur einstimmig in der aus Drucksache 10/3075 ersichtlichen Fassung zu.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Über die Beratun­gen im Ausschuß für Information über Bundesangele­genheiten und Europafragen (Drucksia.che 10/3221) berichtet wiederum Frau Kollegin Jun~r.

Frau Jungfer (SPD), Berichtersitatterin: In diesem Ausschuß waren die Berichte !alter Kollege Widmann und ich. Wir nahmen eine mformulierung vor und stimmten in folgender Fass ng einstimmig zu:

Die Staatsregierung wird ersucht, im Bund dar­auf hinzuwirken bzw. landesrechtli h dafür Sorge zu tragen, daß die bisherige Rec tsstellung der Hebammen im Rahmen der Neure elung des He­bammenrechts im wesentlichen erh lten bleibt.

Ich bitte hier ebenfalls zuzustimmen.

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2515

Zweiter Vizepräsident Lechner: Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuß für Sozial-, Gesund­heits- und Familienpolitik empfiehlt die Neufassung des Antrags. Der Ausschuß für Information über Bun­desangelegenheiten und Europafragen stimmt dem zu, allerdings mit der Maßgabe, daß die Worte .über den Bundesrat" durch die Worte .beim Bund" und das Wort .bundesrechtlich" durch das Wort .landes­rechtlich" ersetzt werden.

Wer der Neufassung mit diesen Änderungen seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Stimmenthaltungen? - Einstimmig so be­schlossen.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 34:

Antrag der Abgeordneten Christa Meier, Messerer und anderer betreffend Modellversuch zur Integra­tion Behinderter In Mittelfranken (Drucksache 10/2375) .

Über die Beratungen im Ausschuß für kulturpolitische Fragen (Drucksache 10/2770) berichtet Herr Kollege Messerer.

Messerer (SPD), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, Hohes Haus! Der Ausschuß für kulturpolitische Fragen hat sich in seiner 41. Sitzung am 26. Januar dieses Jahres mit dem aufgerufenen Antrag befaßt. Berichterstatter war ich, Mitberichterstatterin Frau Kollegin Stamm.

Als Berichterstatter führte i c h aus, daß es nicht dar­um gehe, die Sonderschule abzuschaffen, wie dies zum Beispiel im christdemokratischen Italien bereits 1973 geschehen sei, sondern vielmehr darum, durch Modellversuche Denkanstöße zu geben. Ich verwies darauf, daß die Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates bereits 1973 angeregt habe, behinder­te und nichtbehinderte Kinder möglichst lange ge­meinsam zu beschulen. Leider werde aber bisher in der Bundesrepublik dieser Empfehlung nur sehr zö­gernd Folge geleistet. Als Beispiel führte ich unter an­derem den Modellversuch an der Montessori-Schule in München an, der sich seit 1971 im Versuchssta­dium befinde, obwohl er sich eigentlich längst be­währt habe.

Die Kollegin S t am m als Mitberichterstatterin äu­ßerte ihre Überzeugung, daß die Integration behinder­ter Kinder ein Anliegen aller sei, daß sie aber glaube, daß man den Behinderten durch Integration in die Re­gelschule keinen Dienst erweise. Die verschiedenen Modellversuche hätten gezeigt, daß sich die Beschu­lung in einer Sonderschule auf die Betroffenen weni­ger nachteilig ausgewirkt habe als die Herausnahme aus dem Klassenverband der Regelschule zur paralle­len zusätzlichen Förderung. Sie sehe die Notwendig­keit eines weiteren Modellversuchs nicht.

Der Vertreter des Ministeriums verwies darauf, daß alle Schulversuche zur Integration behin­derter Kinder durch sehr hohen Personalaufwand ge-

kennzeichnet seien, das Ganze aber nicht finanzier­bar sei. Dies wäre der eigentliche Grund, warum man nie über das Versuchsstadium hinausgekommen sei.

An der sich anschließenden Diskussion beteiligten sich die beiden Berichterstatter sowie die Vorsitzen­de, Frau Meier. Schließlich kam es zu folgendem Be­schluß: Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD bei einer Enthal­tung aus den Reihen der CSU.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Über die Beratun­gen im Ausschuß für Sozial-, Gesundheits- und Fami­lienpolitik (Drucksache 10/2939) berichtet der Kolle­ge Weber.

Weber (SPD), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der Sozialpolitische Ausschuß befaßte sich in seiner 28. Sitzung am 9. Fe­bruar 1984 mit dem genannten Antrag. Mitberichter­statterin war die Kollegin Dr. Biebl.

Als Berichterstatter wies ich darauf hin, daß wir mehr Möglichkeiten schaffen sollten, behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam in der Schule zu unterrichten, weil es auch den großen Vorteil hät­te, daß nicht nur die behinderten Kinder mehr Selbst­vertrauen bekommen, sondern auch die Nichtbehin­derten mehr den Umgang mit Behinderten lernen. Da­zu habe ich auf diesen weiteren Modellversuch im fränkischen Bereich hingewiesen.

Die Mitberichterstatterin Frau Dr. Bi e b 1 vertrat die Meinung, ein weiterer Modellversuch dürfte nichts mehr bringen, weil in letzter Zeit immer mehr behin­derte Kinder in Regelklassen aufgenommen würden. Sie sah in diesem Modellversuch keinen weiteren Sinn, weil von der CSU-Fraktion gemeint werde, es seien sowieso schon Fortschritte erzielt worden.

Auch der Vertreter des" Kultusministe­r i u ms führte aus, daß mehr und mehr behinderte Kinder Regelschulen besuchen sollten. Er verwies auch auf die Kosten.

An der Diskussion beteiligte sich auch der Ausschuß­vorsitzende, der Kollege Bö h m, der im Grundsatz den Antrag befürwortete, aber doch auch davon aus­ging, daß bereits Versuche lauten und ein weiterer Versuch nicht mehr notwendig sei.

Der Antrag wurde dann mit den Stinmen der CSU ge­gen die Stimmen der SPD abgeletint. Ich bitte um Ihr Votum.

Zweiter Vizepräsident Lechner: eine Damen unct Herren! Ich soll bekanntgeben, aß im Augenblick der Ausschuß für Verfassungs-, R chts- und Kommu­nalfragen zu einer kurzen Sitzung agt; seine Mitglie­der möchten sich bitte in den Sall 1 begeben.

Über die Beratung im Ausschuß ür Staatshaushalt und Finanztragen (Drucksache 10 186) berichtet der Kollege Dr. Heinz Kaiser.

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2516 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

Dr. Kaiser (SPD), Berichters ta tt er: Herr Präsi­dent. meine Damen und Herren! Der Haushaltsaus­schuß beschäftigte sich in seiner 61. Sitzung am 28. Februar 1984 mit dem aufgerufenen Antrag. Mit­berichterstatter war der Kollege Maurer, Berichter­statter war ich.

Die kurze Diskussion verlief in den gleichen Bahnen wie im Ausschuß für Kulturpolitik und im Sozialpoliti­schen Ausschuß. Das Abstimmungsergebnis war ebenfalls das gleiche: Ablehnung mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Wortmeldungen. Herr Kollege Messerer!

Messerer (SPD): Herr Präsident. meine Damen und Herren! Die Begründungen für die Ablehnung dieses Antrags, die von den Kolleginnen und Kollegen der CSU in den Ausschüssen geliefert wurden, differieren in ganz auffallender Weise.

Kollegin Stamm war der Meinung, daß Behinderte besser in Sonderschulen aufgehoben seien, weil sie dort besser als in der Regelschule betreut werden könnten. Kollegin Dr. Biebl war der Meinung, daß ein solcher Versuch nichts Neues bringen könnte und ein Bedarf folglich nicht mehr vorhanden sei. Kollege Böhm hingegen meinte, es wäre bloß zeitlich zu spät; Versuche, die schon vor Jahren stattgefunden hätten, seien .sehr, sehr berechtigt" gewesen, aber zwi­schenzeitlich habe sich alles so eingependelt, wie es richtig sei: Nur wer wirklich der Sonderschule bedür­fe, der komme auch dorthin. Ich glaube, die eigentlich stichhaltige Begründung für die Ablehnung des An­trags lieferte der Vertreter des Ministeriums mit dem Hinweis, daß das Ganze an den Kosten scheitere.

Worum geht es eigentlich bei dem Antrag? Ich habe das Gefühl, viele derjenigen, die diskutiert haben, ha­ben in Wahrheit gar nicht ganz kapiert, daß hier nicht daran gedacht ist, etwa alle lernbehinderten einzu­gliedern, wie es beim Modellversuch .differenzierte Grundschule" der Fall war. Hier ist doch nur daran gedacht, Behinderte verschiedener Behinderungsfor­men in die Regelschule einzugliedern. Mich .wundert schon, daß in Bayern betont wird, es bestehe kein Bedarf, aber in anderen Bundesländern nicht nur be­stehende Versuche fortgeführt, sondern sogar noch ausgeweitet werden. Dabei brauche ich gar nicht in sozialdemokratisch geführte Bundesländer zu schau­en. In Berlin beispielsweise läuft bereits seit 1976 ein solcher Modellversuch an der Fläming-Grundschule. 1981 begrüßte Schulsenator Rasch ausdrücklich die soziale Eingliederung behinder:ter Kinder in die Grundschule und nannte als weitergehendes Ziel der Senatsschulverwaltung in Berlin, im folgenden Schul­jahr den Versuch sogar auf die Klassen 5 und 6 aus­zudehnen, daß also schließlich nur noch Schüler mit schweren Behinderungen in Sonderschulen gehen sollten.

Damit Sie einmal eine Vorstellung haben, wie eine sol­che Integrationsklasse aussieht, möchte ich Ihnen ein Beispiel aus Berlin vorführen. In der Klasse 3 d der

Fläming-Grundschule gibt es 15 Kinder; davon sind 5 behindert: ein Mädchen mit Glasknochen im Roll­stuhl, ein Mädchen mongoloid und sprachbehindert, ein Junge mit Anfallsleiden, verhaltensauffällig und lernbehindert, ein Bluter und schließlich ein Mädchen, körperbehindert und entwicklungsverzögert. Diese 15 Kinder werden von einer Sonderschullehrerin und einer Erzieherin betreut. Die Folge dieser gemeinsa­men Unterrichtung ist ein ganz bemerkenswertes So­zialverhalten in der Klasse. Plötzlich zeigen nichtbe­hinderte Kinder ein weitaus besseres Verständnis für die behinderten, und umgekehrt hat das behinderte Kind nun nicht mehr das Gefühl, ausgegrenzt und ausgegliedert zu werden. Parallel dazu zeigt sich auf­grund dieser Förderungsmaßnahmen ein überdurch­schnittlicher Leistungsstand aller Kinder in dieser Klasse. Das heißt, es profitieren sowohl die nichtbe­hinderten als auch die behinderten Kinder von der ge­meinsamen Unterrichtung.

Deswegen kann ich einfach nicht verstehen, daß in den Ausschüssen gesagt wurde, es bestehe kein Be­darf. Wenn Sie sich einmal in der Montessori-Schule in München erkundigen, werden Sie feststellen, daß das ganze Jahr eine unglaubliche Zahl von Besuchern aus dem In- und Ausland sich dort über die erreich­ten Erfolge informieren. Ich bin der festen Überzeu­gung, daß der Besuch einer solchen Modelleinrich­tung Lehrern an Grundschulen wie an Sonderschulen hervorragende Möglichkeiten bietet, sich über eine solche integrative Erziehung zu informieren. Es be­dürfte nicht nur eines zweiten solchen Versuches in Nordbayern, sondern wir bräuchten weitaus mehr. In Berlin beabsichtigt die Schulverwaltung in jedem Be­zirk ein beispielgebendes Modell einzurichten.

Bei uns wird letzten Endes e i n zusätzliches Modell mit dem Kostenargument abgelehnt. Das ist für mich eigentlich das Bedauerlichste überhaupt. Sie sind nicht einmal bereit, ein zweites Modell in Angriff zu nehmen; Sie meinen; es wäre zu teuer. Alle anderen Argumente nehme ich Ihnen nicht ab. Es geht Ihnen letzten Endes nur um die Kosten. Deswegen kann ich die Ablehnung dieses Antrags nur entschieden be­dauern.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Frau Kollegin Stamm, Sie haben das Wort.

Frau Stamm (CSU): Herr Kollege Messerer, ich muß Sie leider enttäuschen. Uns Kulturpojitikern ging es bei der Ablehnung des Antrages, das ~önnen Sie uns wirklich abnehmen, nicht um die Ko en. In der Sa­che, Herr Kollege Messerer, sind ja überhaupt nicht auseinander. Wir sind mit Ihnen er Auffassung, daß dort, wo die Integration von Behi erlen möglich ist, diese auch geschehen soll. Da in Zukunft da noch mehr geschehen muß, darüb sind wir uns auch völlig einig. Nicht einig sind wir u s in der Frage, Herr Kollege Messerer, ob dies dur h ein weiteres Modell geschehen muß, oder ob es nicht sehr viel wichtiger ist, draußen an unseren Sch len den Boden zu bereiten.

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2517

(Frau Stamm [CSU])

Herr Kollege, Sie wissen genauso wie ich, daß es in Bayern Schulen gibt, die auch behinderte Kinder in ih­ren Reihen haben. Ich denke da vor allem an die Kin­der, die sehbehindert oder leicht hörgeschädigt sind, die in Regelschulen integriert worden sind. Sie wis­sen ferner, daß bei Neubauten von Schulen darauf geachtet wird, daß sie auch für Kinder im Rollstuhl geeignet sind, damit auch solche Kinder integriert werden können. Das wird bereits getan, Herr Kollege Messerer, und wir müssen noch mehr tun. Aber bitte nicht durch ein Modell an einer bestimmten Schule!

Wir wissen aus Erfahrung, daß es möglich ist, behin­derte Kinder in bestimmten Bereichen zu integrieren. Aber machen wir uns nichts vor, Herr Kollege Messe­rer, es gibt so schwere Arten von Behinderungen, daß eine Integration nicht möglich ist. Wie wollen Sie denn ein taubes Kind in eine normale Klasse integrie­ren, Herr Kollege? Ein solches Kind wird eben in einer für dieses Kind spezifischen Sondereinrichtung besser gefördert und auf das Leben vorbereitet. Oder denken Sie an die vielen Mehrfachbehinderten. Wir können doch solche mehrfachbehinderten Kinder nicht in Regelschulen beschulen. Wir tun damit den Kindern doch keinen Gefallen.

Für uns gilt der Grundsatz: Integration von behinder­ten Kindern in Regelschulen dort, wo es möglich ist; dafür muß der Boden noch entsprechend bereitet werden. Aber dort, wo eine Integration nicht möglich ist, und sie ist in vielen Fällen nicht möglich, brauchen wir weiterhin Sondereinrichtungen, in denen diese Kinder eine größere Hilfe bekommen.

Ich muß noch etwas zu den lernbehinderten sagen. Es liegen Untersuchungen vor, in denen ganz klar zum Ausdruck gebracht wird, daß lernbehinderte Kin­der, die in der Grundschule bleiben und zur spezifi­schen Förderung jeweils aus dem Klassenverband herausgenommen werden und Sonderunterricht er­halten, einen größeren seelischen Schaden erleiden, als wenn sie von vornherein eine Schule für lernbe­hinderte besuchen und dort die entsprechende För­derung bekommen.

Über die anderen Punkte, die Sie genannt haben, Herr Kollege Messerer, etwa durch den Rückgang von Lernbehindertenschulen, kann man durchaus re­den.

Ich möchte Sie bitten, Herr Kollege Messerer, uns aus unserem Verhalten zu diesem überigens sehr all­gemein formulierten Antrag nicht zu unterstellen, daß wir gegen die Integration von Behinderten wären; daß wir diese Integration nur deswegen nicht wollten, weil es in dem einen oder anderen Fall mehr Geld kosten würde. Wir mußten uns im Ausschuß den Äußerungen des Vertreters des Kultusministeriums anschließen, der sagte, daß es z. B. wichtiger wäre, sich mit den Ursachen der Lernbehinderung zu beschäftigen. Erst wenn man sich über die Ursachen klar sei, könne auch das Umfeld der Kinder entsprechend berück­sichtigt werden.

Deswegen können wir nur unterstreichen, daß man neuerdings versucht, sich mit den Ursachen der Lernbehinderung zu befassen und diese zu bekämp­fen.

Ich darf abschließend noch einmal sagen, Grund für unsere Ablehnung ist nicht, daß wir das im Antrag an­gesprochene Anliegen nicht erkennen. Wir sind viel­mehr der Auffassung, daß alle diese Fragen nicht durch einen erneuten Modellversuch gelöst werden können. Vielen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Wir kommen zur A b s t i m m u n g. Die Ausschüsse empfehlen die Ab­lehnung des Antrags. Wer entgegen dieser Empfeh­lung für die Annahme ist, den bitte ich um das Hand­zeichen. - Das sind die Stimmen der SPD-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Stimment­haltungen? - Damit ist der Antrag mit Mehrheit ab -gelehnt.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 35:

Antrag des Abgeordneten Schnell betreffend Ge­fährdung der Bevölkerung durch unkontrolliertes Schießen der US-Streitkräfte auf dem Helnbergge­lände (Drucksache 10/2477)

Über die Beratungen im Ausschuß für Information über Bundesangelegenheiten und Europafragen (Drucksache 10/3217) berichtet Frau Kollegin Jungfer für Kollegen Kamm.

Frau Jungfar (SPD), Berichter statte r in: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Bundesangelegenheiten behandelte den Antrag am 1. März 1984. Die Berichterstatter waren der Kol­lege Kamm und der Kollege Stein.

Berichterstatter Kam m trug das Antragsbegehren vor und führte zur Begründung aus, daß es wegen der immer wieder vorkommenden Zwischenfälle bei der dortigen Bevölkerung große Besorgnis gebe. Die örtliche CSU unterstütze sogar alle Bestrebungen, die Schießübungen auf dem Hainberg einzustellen. Mitberichtertatter St e i n signalisierte Zustimmung.

Der Ausschuß votierte sodann einstimmig für den An­trag.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Keine Wortmeldun­gen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Aus­schuß empfiehlt die unverände~' Annahme des An-trags. Wer zustimmen möchte, n bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenstirn n bitte ich anzuzei-gen. - Stimmenthaltungen? - E1i n s t i m m u n g so beschlossen.

Ich rufe auf Tagesordnung p unkt 36:

Antrag der Abgeordneten Reg rer betreffend Elntlefungen de zwischen Ingolstadt und Ke 10/2555)

sburger und enda­Donau Im Bereich

Im (Drucksache

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2518 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Zweiter Vizepräsident Lechner)

Über die Beratungen im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr (Drucksache 10/3026) berichtet der Kollege Ewald Lechner.

Lechner Ewald (CSU), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Der Aus­schuß für Wirtschaft und Verkehr hat sich in der 38. Sitzung am 16. Februar 1984 mit dem aufgerufenen Antrag beschäftigt. Die Berichterstattung lag bei mir, Mitberichterstatter war der Kollege Dr. Schlittmeier.

1 c h stellte fest, daß das Problem sehr dringend und aktuell sei, weil ähnliche Problemme an sehr vielen Flüssen in Bayern anstünden. Deshalb müsse die Sa­che geregelt werden.

Mitberichterstatter D r. S c h 1 i t t m e i e r unter­stützte den Antrag, der in folgender Fassung einstim­mig verabschiedet wurde:

Die Staatsregierung wird ersucht, die Notwendig­keit einer Sohlesicherung in der Donau, zwischen Ingolstadt und Kelheim, zu prüfen, alle denkbaren Möglichkeiten einer Flußsanierung zu untersu­chen, zu werten und die zweckmäßigste Lösung aufzuzeigen.

Ich bitte, in gleicher Weise zu votieren.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Über die Beratun­gen im Ausschuß für L.andesenwicklung und Umwelt­fragen (Drucksache 10/3201) berichtet Herr Kollege von Redwitz.

Freiherr von Redwltz (CSU). Berichters t a l­t er: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Landesentwicklung und Umweltfragen hat in seiner 39. Sitzung vom 1. März 1984 den vorlie­genden Antrag behandelt.

Auf Anregung des Mitberichterstatters, Herrn G a u s m an n, wurden wir uns einig, daß die Notwen­digkeit einer Sohlesicherung eigentlich nicht mehr überprüft werden müsse. Dazu liege bereits eine schriftliche Auskunft der Staatsregierung vor. Wir ha­ben deshalb den Antrag geringfügig geändert, der nun wie folgt lauten soll:

Die Staatsregierung wird ersucht, zur Sohlesiche­rung der Donau zwischen Ingolstadt und Kelheim, alle denkbaren Möglichkeiten einer Flußsanierung zu untersuchen, zu werten und die zweckmäßigste Lösung aufzuzeigen.

Der Beschluß erfolgte einstimmig. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Über die Beratun­gen im Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft (Drucksache 10/3285) berichtet Herr Kollege Gruber.

Gruber (CSU). Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Er­nährung und Landwirtschaft hat den aufgerufenen

Antrag in der Sitzung vom 20. März 1984 beraten. Oie Mitberichterstattung oblag Herrn Kollegen Geisper­ger, die Berichterstattung mir.

Der Ausschuß beschloß einstimmig, dem Beschluß des Ausschusses für Landesentwicklung und Um­weltfragen zuzustimmen. Ich bitte um Ihr Votum.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Danke. Keine Wort­meldungen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr und der Aus­schuß für Landesentwicklung und Umweltfragen empfehlen jeweils eine Neufassung des Antrags. Der Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft stimmt der Neufassung des Ausschusses für Landesent­wicklung und Umweltfragen zu. Über sie lasse ich nunmehr abstimmen. Wer der Neufassung des Aus­schusses für Landesentwicklung und Umweltfragen seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzei­gen. - Stimmenthaltungen? - Es ist e i n s t i m m i g so beschlossen.

Ich rufe auf Tage so rd nun g s p unkt 37:

Antrag des Abgeordneten Dr. Schosser betreffend Entwlcklungspark (Druckseche 10/2736)

Über die Beratungen im Ausschuß für kulturpolitische Fragen (Drucksache 10/3164) berichtet der Kollege Eykmann.

Eykmann (CSU), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der aufgerufene An­trag wurde in der 45. Sitzung des Ausschusses für kulturpolitische Fragen am 29. Februar 1984 behan­delt. Mitberichterstatterin war die Frau Kollegin Meier, Berichterstatter war ich selbst.

Nach kurzer übereinstimmender Diskussion wurde der Antrag einstimmig angenommen. Lediglich aus dem Begriff .Entwicklungspark" wurde der Begriff .Forschungs- und Entwicklungspark". Ich bitte Sie um Ihr Votum.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Danke schön. Herr Kollege Richter berichtet über die Beratungen im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr (Drucksache 10/3334).

Dr. Richter (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr hat den aufgerufenen Antrag in seiner 4.1. Sitzung am 22. März 1984 behandelt. Er wurde ein.timmig ange­nommen, und zwar in der Neufassung! der Drucksa-che 10/3334: 1

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird gebeten u prüfen, ob die Errichtung von Forschungs- und ntwicklungs­zentren in Garching bei München u d an anderen geeigneten Standorten in Bayern sinnvoll und möglich ist, damit zwischen Forschu gseinrichtun­gen und niedergelassenen Unterne en eine we­sentlich wirksamere Wissensvermi lung möglich wird.

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2519

(Dr. Richter [CSU])

Ich bitte das Plenum, in dieser Form zu beschließen.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Danke. Wortmeldun­gen keine. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuß für kulturpolitische Fragen empfiehlt Zu­stimmung mit der Maßgabe, daß das Wort .Entwick­lungspark" in der Überschrift und im Satz 1 durch .Forschungs- und Entwicklungspark" ersetzt wird. Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt die Neufassung des Antrags. Wer der Neufassung, ausgedruckt auf Drucksache 10/3334, seine Zustim­mung geben möchte, den bitte ich um das Handzei­chen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. -Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so be­schlossen.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 38:

Antrag der Abgeordneten Dr. Kempfler, Ewald Lech­ner, Erwin Huber und anderer betreffend vorüberge­hende Stillegung von Kraftfahrzeugen (Drucksache 10/2663).

Über die Beratungen im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr (Drucksache 10/3022) berichtet Kollege Lau­tenschläger.

Dr. Lautenschläger (CSU): Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der aufge­rufene Antrag wurde vom Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr in seiner 38. Sitzung am 16. Februar 1984 in unveränderter Fassung einstimmig angenom­men. Ich empfehle, ebenso zu verfahren.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Über die Beratun­gen im Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen (Drucksache 10/3154) berichtet Herr Kollege Loibl.

Lolbl (CSU), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Verfas­sungs-, Rechts- und Kommunalfragen behandelte in seiner 48. Sitzung am 29. Februar 1984 den aufgeru­fenen Antrag. Mitberichterstatterin war die Frau Kol­legin König, die Berichterstattung oblag mir.

1 c h verwies darauf, daß in verschiedenen Landkrei­sen kreisangehörige Gemeinden und Verwaltungsge­meinschaften schon seit Jahren selbständige Tätig­keiten im Rahmen der vorübergehenden Stillegung und der endgültigen Außerbetriebsetzung zulas­sungspflichtiger Fahrzeuge ausüben. Ursächlich für diese Verwaltungspraxis, so führte ich weiter aus, seien insbesondere die durch die Gebietsreform ent­standenen längeren Wege zu den Kreisverwaltungs­behörden. Die Zulassungsstellen beim Landratsamt hätten dadurch spürbar entlastet und längere Warte­zeiten vermieden werden können. Die bei den Ge­meinden seit einigen Jahren praktizierte Übung habe sich bewährt.

(Huber [Landshut]: Einstimmig!)

Daher erscheine es gerechtfertigt, die Zuständigkeit zur Ausübung selbständiger Tätigkeiten im Rahmen

der vorübergehenden Stillegung und endgültigen Au­ßerbetriebsetzung zulassungspflichtiger Fahrzeuge auf kreisangehörige Gemeinden und Verwaltungsge­meinschaften zu delegieren. Die Kompetenz zur Aus­übung solcher selbständigen Tätigkeiten solle aber nur den Gemeinden eingeräumt werden, die solche Aufgaben erfüllen wollen und auch können. Eine ge­nerelle Kompetenzverlagerung auf kreisangehörige Gemeinden wäre insofern unzweckmäßig, als manche Gemeinden solche Aufgaben gar nicht erfüllen wol­len. Die M i t b e r i c h t e r statt e r i n schloß sich diesen Ausführungen an.

Daraufhin wurde der Antrag einstimmig beschlossen. Ich ersuche das Hohe Haus ebenfalls um Zustim­mung.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Danke. Keine Wort­meldungen. Wir kommen zur A b s t i m m u n g. Die Ausschüsse empfehlen die unveränderte Annahme des Antrags. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen bitte ich an­zuzeigen. - Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf Tag es o r d n u n g s p u n kt 39:

Antrag des Abgeordneten Neumann betreffend In­vestitionszuschüsse an die Bundesbahn (Drucksa­che 10/2696).

Über die Beratungen im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr (Drucksache 10/2933) berichtet der Kollege Schosser. - Darf ich fragen, ob jemand die Berichter­stattung für den Kollegen Schosser übernehmen kann?

(Abg. Wolf: Einstimmig! Da können wir verzichten!)

Sind Sie damit einverstanden, daß wir auf die Bericht­erstattung verzichten? - Dem ist so.

Über die Beratungen im Ausschuß für, Information über Bundesangelegenheiten und Europafragen (Drucksache 10/3207) berichtet der Kollege Fröhlich.

Fröhlich (SPD), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, Hohes Haus! Der Ausschuß für Information über Bundesangelegenheiten und Europafragen be­schäftigte sich in seiner 15. Sitz4'1g am 1. März 1984 mit dem aufgerufenen Antrag. N' chdem wir gemein­sam zwei redaktionelle Änderun n beschlossen hat­ten, die da lauten: ,Die Staatsre erung wird ersucht, beim Bund darauf hinzuwirken . ." bzw. ,ferner er­sucht, beim Bund darauf hinzu "rken .. ." haben wir im übrigen einstimmig . dem eschluß des Wirt­schaftsausschusses zugestimmt Ich bitte auch um Ihre Zustimmung.

Zweiter Vizepräsident Lechner: Wortmeldungen. Wir kommen z Der Ausschuß für Wirtschaft u die Neufassung des Antrags. D schuß für Information über Bu und Europafragen zu, allerding

anke schön. Keine Ab st 1 mm u n g .. Verkehr empfiehlt

m stimmt der Aus­esangelegenheiten mit der Maßgabe,

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2520 Bayerf•cher Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

(Zweiter Vizepräsident Lechner)

daß in den Absätzen 1 und 2 jeweils die Worte .bei der Bundesregierung• durch die Worte .beim Bund" ersetzt werden. Wer der Neufassung, ausgedruckt auf Drucksache 10/2933, mit dieser Änderung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Hand­zeichen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. -Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlos­sen.

Wir treten in die Mittagspause ein und setzen die Sit­zung um 14 Uhr fort.

(Unterbrechung der Sitzung 12 Uhr 28 Minuten)

Wiederaufnahme der Sitzung: 14 Uhr 01 Minuten

Erster Vizepräsident Kamm: Die Sitzung wird wieder aufgenommen.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 13:

Schlußbericht des Untersuchungsausschusses zur Prüfung des Vorgehens von Behörden und Einzel­personen Im Zusammenhang mit möglichen unzu­lässigen Baupreisabsprachen (Drucksache 1011557, 10/3240)

Ich erteile das Wort dem Vorsitzenden des Untersu­chungsausschusses, Herrn Kollegen Dr. Merkl. Bitte, Herr Kollege!

Dr. Merk! (CSU), Berichter statt.er: Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der Schlußbericht des Untersuchungsausschusses liegt als Drucksache 10/3240 vor, so daß ich mich auf die Teile beschrän­ken kann, die für die Wertung in der nachfolgenden Aussprache. notwendig sind. Ich meine. daß ich für diesen Bericht etwa 15 Minuten beanspruchen wer­de.

Meine Damen und Herren! Der Untersuchungsaus­schuß sollte klären, ob durch schleppende Weiterga­be der vom Zeugen Hoffmann erhaltenen lnformatio- · nen bzw. einer verzögerlichen Sachbehandlung durch die Landeskartellbehörde und/oder der Staatsan­waltschaft beim Landgericht Augsburg die Ahndung von Baupreisabsprachen verjährt ist.

Das Bundeskartellamt hat in einen am 29. September 1983 erlassenen Bußgeldbescheid gegen die im Un­tersuchungsausschuß genannte Allgäuer Baufirma 50 Baupreisabsprachen, die alle in den Unterlagen des Zeugen Hoffmann enthalten waren, aufgenom­men und insoweit eine Verjährung verneint. Dieser Bußgeldbescheid ist noch nicht rechtskräftig.

Der Sachverhalt gliedert sich in zwei Abschnitte. Der eine betrifft den Weg der Akten von Hoffmann zur Staatsanwaltschaft, der andere die Sachbehandlung durch die Landeskartellbehörde und die Staatsan­waltschaft beim Landgericht Augsburg.

Der Zeuge Egon Hoffmann war bis März 1978 bei der Baufirma Kunz, Niederlassung Kempten, in der K_alku­lationsabteilung tätig. Er hat dort Kenntnis über Bau-

preisabsprachen erhalten und selbst an solchen mit­gewirkt, indem 1;1r unter anderem die von den Kalkula­toren erstellten Angebotslisten, die sog. Basis- oder Null-Listen, nach genauer Weisung veränderte. Ziel der Veränderung war, die Angebotssumme zu errei­chen, die zuvor bei der Absprache festgelegt worden war. Diese Manipulation führte dazu, daß die Firma Kunz die billigste war oder nicht, je nachdem, was zwischen den an der Ausschreibung beteiligten Fir­men vorher ausgehandelt worden war. Etwa ab 1967 bis zu seinem Ausscheiden im März 1978 hat Egon Hoffmann über Absprachen Aufzeichnungen ge­macht und Kopien von Null-Listen und anderen Schriftstücken gefertigt, die er in insgesamt 12 Leitz­ordnern abheftete. Ein Teil davon gelangte über fol­gende Stationen zur Staatsanwaltschaft beim Land­gericht Augsburg:

Am 27. Mai 1979, rund ein Jahr nach seinem Aus­scheiden bei der Firma Kunz, schrieb Hoffmann an den Abgeordneten Paul Diethei folgenden Brief:

Sehr geehrter Herr Diethei! Am Montag, dem 14. 5. 1979, unterrichtete ich Sie in einem persönli­chen Gespräch über meine Tätigkeit (1966 bis 1978) in der Firma Alfred Kunz GmbH & Co., Kempten.

Ich informierte Sie über vorgenommene Preisab­sprachen, die nicht nur die Firma Alfred Kunz GmbH & Co., sondern Firmen aus ganz Bayern be­treffen.

Hiermit bestätige ich Ihnen dieses vertrauliche Ge­spräch und teile Ihnen mit, daß fast sämtliche schriftlichen Null-Listen der beteiligten Firmen so­wie die Meldelisten des Bauindustrieverbandes in meinem Besitz sind. Diese Unterlagen stelle ich der Kartellbehörde als Beweismittel zur Verfü­gung.

Ich bitte Sie nochmals, im Interesse unserer per­sönlichen Sicherheit alles so zu führen, daß mein Name geheim bleibt. Ich habe mich in dieser An­gelegenheit an Sie gewendet, da ich jahrelang er­lebte, daß vertrauliche Gespräche, die Herr OB Dr. Höß im Rathaus führte, nach kurzer Zeit unse­rer Geschäftsleitung oder anderen Bauunterneh­men bekannt waren. Den Namen dieser Kontakt­person kenne ich nicht.

Mit der Bitte, dieses Schreiben an Herrn OB Dr. Höß weiterzuleiten, zeichne ich mit freundli­chen Grüßen, Hoffmann.

Diesen Brief ließ Hoffmann am Montag, 28. Mai 1979, dem Abgeordneten Diethei überbringeri. Dieser nahm ihn anderentags mit nach München u~ übergab ihn während der Sitzung der CSU-Landta fraktion dem Staatsminister für Wirtschaft und Verk r, Anton Jau­mann. Beide sprachen über den Inhalt. aumann sag-te zu, der Sache nachzugehen. ·

Anderntags hatte Minister Jaumann i Plenum die Haushaltsdebatte zu bestreiten und at einen Tag später eine rund eineinhalbwöchige C ina-Reisa an. Nach seiner Rückkehr am 13. Juni ga Minister Jau­mann seiner Sekretärin den Brief mit d m Bemerken, Ministerialrat Dr. Kramm, der Leiter de Kartellbehör-

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(Dr. Merkl [CSU])

de, solle mit ihm in dieser Sache Rücksprache neh­men. Die Rücksprache zwischen Minister Jaumann und Ministerialrat Dr. Kramm fand am 27. Juli 1979 statt. Den Zeitraum von rund sieben Wochen zwi­schen der Aufforderung zur Rücksprache und dersel­ben führte der Zeuge Dr. Kramm auf Terminschwie­rigkeiten des Ministers zurück. Minister Jaumann wies bei diesem Gespräch Dr. Kramm an, die Angele­genheit zu verfolgen und mit Hoffmann Kontakt auf­zunehmen. Diese Aufgabe übertrug Dr. Kramm sei­nem Mitarbeiter Oberamtsrat Gauggel, der zwischen dem 1. und 3. August 1979 versuchte, Hoffmann fern­mündlich zu erreichen. Nachdem dies nicht gelang, schrieb Dr. Kramm am 6. August an Hoffmann einen Brief mit der Bitte um Kontaktaufnahme. Am 15. No­vember fuhr Gauggel nach Kempten und holte dort die von Hoffmann gesammelten Unterlagen ab 1975; die früheren ließ Gauggel mit dem Hinweis auf die ein­getretene Verjährung bei Hoffmann zurück.

Es konnte nicht geklärt werden, ob außer dem Fern­gespräch Anfang November, bei dem der Besuchs­termin 15. November vereinbart wurde, weitere Tele­fonate zwischen Gauggel und Hoffmann stattgefun­den haben. Während Hoffmann behauptete, wenige Tage nach Erhalt des Briefes vom 6. August Gauggel im Ministerium angerufen zu haben, bestritt Gauggel ein diesbezügliches Gespräch und behauptete sei­nerseits, mehrmals vergeblich versucht zu haben, Hoffmann telefonisch zu erreichen. Dies sei erst Ende Oktober, Anfang November gelungen.

Gauggel sichtete das Material und ging die Aktenord­ner im einzelnen auf ihren Inhalt hin durch. Die Landeskartellbehörde kam so zu dem Ergebnis, daß die Unterlagen in einer Reihe von Fällen Anhaltspunk­te für betrügerische Handlungen enthielten. Aufgrund eines am 31. Januar 1980 mit Oberstaatsanwalt von zur Mühlen, Staatsanwaltschaft beim Landgericht München 1, über die Zuständigkeit geführten Gesprä­ches sandte die Kartellbehörde am 7. Februar 1980 die Akten nebst zusammenfassender Vormerkung und offiziellem Abgabeschreiben an die Staatsan­waltschaft beim Landgericht Augsburg. Das Abgabe­schreiben enthielt die Bitte, die Akten an das Staats­ministerium für Wirtschaft und Verkehr als Kartellbe­hörde zurückzugeben, falls keine Strafverfahren ein­geleitet werden sollten.

Nach der Abgabe der Akten an die Staatsanwalt­schaft beim Landgericht Augsburg gab es weiterhin eine Reihe von Kontakten zwischen den beiden Be­hörden. Es erscheint daher zweckmäßig, die im Un­tersuchungsauftrag gestellten Fragen zusammenhän­gend und in zeitlicher Reihenfolge zu beantworten.

Die Akten gelangten am 14. Februar 1980 zur Staats­anwaltschaft. Nach einer ersten Überprüfung führte der damalige Sachbearbeiter des Referats, Erster Staatsanwalt Moritz, am 7. März 1980 unter Mitwir­kung des Dipl.-Finanzwirts Meffert eine Besprechung mit den Kriminalbeamten Schneeberger und Pankratz von der Kriminalinspektion Augsburg durch. Dabei wurde festgelegt, daß vordringlich geklärt werden

sollte, ob die Preisabsprachen Nachweise für den Tatbestand des Betrugs erbringen oder ob es bei Ordnungswidrigkeiten nach dem Kartellrecht bleiben würde. Schneeberger, der die Unterlagen neu zusam­menstellte, vernahm am 28. Mai 1980 der\ Zeugen Hoffmann. Wegen anderer unaufschiebbarer Ermitt­lungen wurden die Arbeiten am gegenständlichen Verfahren unterbrochen. Der polizeiliche Zwischen­bericht konnte deshalb erst am 6. August 1980 an die Staatsanwaltschaft erfolgen. Ende Juni war Erster Staatsanwalt Moritz aus dem Referat 35 ausgeschie­den, von Juli bis Ende Oktober wurde es vertretungs­weise von verschiedenen Staatsanwälten betreut. Am 2. November wurde es mit Staatsanwalt Reichenzeller als Gruppenleiter wieder ordnungsgemäß besetzt. Das Verfahren wurde in den Monaten August bis Ok­tober nicht weiter betrieben, offensichtlich, wie sich aus einem Vermerk vom 29. Oktober 1980 der damali­gen Vertreterin des Referats ergibt, wegen des Um­fangs des Verfahrens und weil man dem neuen Refe­ratsleiter nicht vorgreifen wollte.

Staatsanwalt Reichenzeller fand bei seinem Referats­antritt am 2. November 1980 eine Reihe von größeren Verfahren vor, begann aber vordringlich das Verfah­ren .Baupreisabsprachen· zu bearbeiten. Ende No­vember gelangte er zu der Ansicht, daß Betrug nicht nachzuweisen sei, und teilte dies auch Oberamtsrat Gauggel am 28. November 1980 auf dessen telefoni­sche Anfrage mit. Nachdem Gauggel in einem weite­ren Telefonat am 4. Dezember 1980 gebeten hatte, auch versuchten Betrug zu prüfen, schrieb die Staatsanwaltschaft unter dem 9. Dezember 1980 an die Kartellbehörde, daß Einstellung des Verfahrens beabsichtigt sei, und bat um Mitteilung, ob damit Ein­verständnis bestehe und das Verfahren wieder aufge­nommen werde. Unter dem 16. Januar 1981 wies die Kartellbehörde in ihrem Antwortschreiben darauf hin, daß ihrer Ansicht nach in einigen Fällen zumindest ein Versuch nachweisbar sei, und bat, weitere Erhebun­gen vorzunehmen. Die Staatsanwaltschaft überprüfte die genannten Fälle, kam aber zu keinem anderen Er­gebnis und wiederholte mit Schreiben vom 6. Februar 1981 die Absicht der Einstellung und die Bitte zur Übernahme.

Mit Schreiben vom 19. Februar 1981 an die Staatsan­waltschaft regte die Kartellbehörde an, ein gemeinsa­mes Gespräch über die unterschiedlichen Auffassun­gen zu führen. Dieses Gespräch .zwischen Ministerial­rat Dr. Kramm und Oberamtsrat Gauggal einerseits und Oberstaatsanwalt Beck so · ie Staatsanwalt Rei­chenzeller andererseits fand a 22. April 1981 statt. Es wurde dabei vereinbart, weit re Ermittlungen auf­zunehmen, insbesondere durc Nachfrage bei den Auftraggebern zu erkunden, o über die Aussage Hoffmanns hinaus weitere An ltspunkte für über­höhte Preise vorliegen, und im inzelfall das Schick­sal der Submission zu klären.

Am 30. April 1981 versandte Sta tsanwalt Reichenzel­ler derartige Anfragen an bes mmte Auftraggeber, zum Beispiel das Straßenbau t Kempten, erhielt aber aus der Sicht der Staatsa altschaft, wie diese am 24. September 1981 an die K rtellbehörde schrieb,

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(Dr. Merk! [CSU])

keine wesentlich neuen Erkenntnisse. Lediglich in einem Fall sei versuchter Betrug nachzuweisen; inso­weit sei aber bereits Verfolgungsverjährung eingetre­ten. In diesem Schreiben, in dem abschließend wie­der die Einstellungsabsicht erklärt und um Übernah­me des Verfahrens zur Verfolgung der möglicherwei­se vorliegenden noch nicht verjährten Ordnungswid­rigkeiten, so die Staatsanwaltschaft, gebeten wurde, taucht erstmals schriftlich der Begriff Verjährung auf.

In dienstlichen Erklärungen vom 2. Dezember 1982 bzw. 24. März 1983 bekundeten Oberamtsrat Gaug­gel, er habe bereits in einem der Telefonate im No­vember oder Dezember 1980 mit Staatsanwalt Rei­chenzeller die Verjährungsfrage angeschnitten, und Ministerialrat Dr. Kramm, er habe dies am Schluß des Gesprächs vom 22. April 1981 getan.

Staatsanwalt Reichenzeller stellte in Abrede, daß über Verjährung gesprochen wurde, und begründete dies damit, daß von fortgesetzten Taten, wenn über­haupt Betrug nachweisbar wäre, auszugehen gewe­sen sei, und so habe sich die Verjährungsfrage nicht gestellt. Wäre über Verjährung gesprochen worden, zum Beispiel am 22. April 1981, hätte man aus heuti­ger Sicht festgestellt, daß bereits zum damaligen Zeitpunkt der Großteil der Bauabsprachen verjährt gewesen sei. Oberstaatsanwalt Beck hingegen konn­te sich nicht erinnern, ob die Verjährungsfrage ange­sprochen worden ist. Aus der Tatsache, daß sich die Staatsanwaltschaft in der Folgezeit keine Gedanken über den Verjährungsablauf gemacht hat, schloß er, daß über dieses Thema wohl nicht gesprochen wur­de.

Zugleich mit dem Schreiben vom 24. September 1981 übersandte die Staatsanwaltschaft Augsburg ihre Er­mittlungsakten an das Wirtschaftsministerium. Dieses reichte mit Schreiben vom 27. Oktober 1981 die Er­mittlungsakten zurück und wies darauf hin, daß auch eine Verfolgung wegen Kartellordnungswidrigkeiten infolge zwischenzeitlich eingetretener Verjährung nicht mehr in Frage komme. Mit Verfügung vom 26. November 1981 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein.

Unter dem 16. Dezember 1981 teilte der oben er­wähnte Kriminalbeamte Schneeberger dem Bundes­kartellamt mit, daß bei der Staatsanwaltschaft Augs­burg ein interessantes Verfahren wegen Baupreisab­sprachen anhängig sei. Nach einer telefonischen Kontaktaufnahme des Bundeskartellamtes am 18. De­zember 1981 mit der Staatsanwaltschaft Augsburg sandte diese die Ermittlungsakten an das Bundeskar­tellamt. .Dieses bat am 13. Juli 1982 um Abgabe des Verfahrens, die am 9. August 1982 offiziell erfolgte. Das Bundeskartellamt leitete ein Verfahren ein, das dann zu dem eingangs erwähnten Bußgeldbescheid führte.

Aus diesem Sachverhalt hat die Ausschußmehrheit folgende Wertungen gezogen:

1. Zur Frage der Verjährung von Baupreisabspra­chen:

Baupreisabsprachen verjähren, sofern es sich um Ordnungswidrigkeiten handelt, nach 3 Jahren, so­fern der Tatbestand des Betrugs erfüllt ist, nach 5 Jahren. Während der Verjährungsbeginn beim Betrugstatbestand unstreitig ist, bei versuchtem Betrug mit Abgabe des Angebots, bei vollendetem Betrug mit Zahlung der Rechnung, ist der Verjäh­rungsbeginn bei Ordnungswidrigkeiten umstritten. Nach bisheriger überwiegender Meinung beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt der Submis­sion; das Bundeskartellamt legt diesen Zeitpunkt aber nunmehr mit der Schlußrechnung zusammen. Dieser Verjährungsbeginn wurde auch dem Buß­geldbescheid gegen die Firma Kunz zugrundege­legt. Die Firma Kunz hat gegen den Bußgeldbe­scheid Einspruch eingelegt, so daß in Kürze, sofern der Einspruch aufrechterhalten bleibt, auch diese Frage gerichtlich geklärt wird. Aus diesem Grunde kann derzeit nicht festgestellt werden, ob bei ord­nungsgemäßer Sachbehandlung weitere Baupreis­absprachen hätten geahndet werden können.

2. Der Abgeordnete Diethei hat bereits einen Tag, nachdem er von Egon Hoffmann den Brief vom 27. Mai 1979 erhalten hatte, diesen an Staatsmini­ster Jaumann persönlich weitergegeben. Eine schnellere Beförderung war nicht möglich.

3. Staatsminister Jaumann hat, bedingt durch die Haushaltsdebatte und die anschließende China­Reise, den Brief zirka eineinhalb Wochen später seiner Sekretärin gegeben mit der Weisung, Mini­sterialrat Dr. Kramm möge mit ihm Rücksprache nehmen. Weder in diesem Zeitraum noch in dem zwischen Weisung und tatsächlich erfolgter Rück­sprache kann ein schuldhaftes Zögern gesehen werden, zumal auch der Sachbearbeiter der Kartell­behörde zu Recht darauf hingewiesen hat, daß der Inhalt des Briefes zunächst mehr nach einer Sei­fenblase als nach tatsächlich stichhaltigen Informa­tionen ausgesehen hat. In den weiteren Verlauf des Verfahrens hat sich Minister Jaumann nach seinen Bekundungen deshalb nicht mehr eingeschaltet, weil er in der Kartellbehörde eine Art Staatsan­waltschaft sehe und daher jeder Hinweis von ihm als unangebrachte Einflußnahme hätte gesehen werden können.

Ministerialrat Dr. Kramm und Oberamtsrat Gauggel haben die Weisung des Ministers, die Angelegen­heit zu verfolgen und mit Hoffmann l<pntakt aufzu­nehmen, umgehend in die Tat ums~tzen wolen. Das Gespräch zwischen Minister umann und Ministerialrat Dr. Kramm war am . Juli 1979. Dr. Kramm beauftragte dann seine Mitarbeiter Gauggel, die Kontaktaufnahme herzu eilen. Dieser versuchte, zwischen dem 1. und d 3. August 1979 mehrmals, Hoffmann telefonisch u erreichen, verfaßte am 6. August einen Brief an ffmann, der am 7. August auslief. Nach Überzeug ng des Aus­schusses ist die Aussage des Zeuge Gauggel, er habe in der Folgezeit noch mehrm ls versucht, Hoffmann telefonisch zu erreichen, ubhaft. Da­für spricht zum einen, daß er die Weis ng des Mini­sters befolgen wollte, zum anderen, ß Hoffmann

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(Dr. Merkl [CSU])

auch für die polizeiliche Vernehmung, wie sich aus einem Vermerk des Kriminalbeamten Pankratz vom 20. Mai 1980 ergibt, telefonisch kaum erreichbar war.

Die Behauptung des Zeugen Hoffmann, er habe bereits am 7. oder 8. August 1979 Gauggel in Mün­chen angerufen, dieser habe aber wegen Zeitman­gel eine sofortige persönliche Kontaktaufnahme abgelehnt, ist in Zweifel zu ziehen. Hoffmann hat sich bei seiner kommissarischen Vernehmung in Kempten zu diesem Punkt klar widersprochen. Er _hat nach seinen Bekundungen vor dem Ausschuß aHe damaligen Ereignisse sofort jeweils in einen Terminkalender eingetragen, zum Beispiel: Anruf Gauggel am 8. November 1979 um 9.30 Uhr, von dem Gespräch vom 7. oder 8. August hat er aller­dings keinen Eintrag vorgenommen. Darüber hin­aus hat Hoffmann bei seiner Vernehmung sehr un­fair versucht, Oberamtsrat Gauggel als unqualifi­zierten Beamten hinzustellen. Bei der anschließen­den Gegenüberstellung mußte sich Hoffmann in mehreren Punkten korrigieren.

Die weitere Sachbehandlung zwischen dem 15. No­vember 1979 und der Zuleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft ist nach Ansicht der Ausschuß­mehrheit ebenfalls nicht zu beanstanden.

Da die erste Prüfung der übergebenen Unterlagen nach Ansicht der Landeskartellbehörde erhebliche Anhaltspunkte für das Vorliegen nicht nur von Kar­tellordnungswidrigkeiten, sondern von Straftaten, daher versuchtem oder vollendetem Betrug, ergab, sah sich die Landeskartellbehörde zur Abgabe des Verfahrens an die zuständige Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Augsburg nach 41 Absatz 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes gesetzlich ver­pflichtet.

Obwohl mit der Abgabe an die Staatsanwaltschaft die Angelegenheit für die Kartellbehörde zumindest bis zur eventuellen Rückleitung erledigt war, eine rechtliche Verpflichtung für die Landeskartellbehör­de daher nicht bestand, erkundigte sich Oberamts­rat Gauggel am 16. Oktober und 28. November 1980 telefonisch bei der Staatsanwaltschaft nach dem Stand des Verfahrens.

Es ist grundsätzlich auch nicht zu beanstanden, daß die Kartellbehörde auch bei den folgenden Ver­handlungen mit der Staatsanwaltschaft bei ihrer Rechtsmeinung blieb. Trotz einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. November 1961, auf die sich die Staatsanwaltschaft stützt, gibt es in der Literatur eine Rechtsmeinung, die den Tatbe­stand des Betrugs, d. h. in diesem Fall speziell den Vermögensschadensbegriff, dahingehend auslegt, daß die geschilderten Fälle subsumiert werden können.

Der Landeskartellbehörde kann auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie vor Abgabe an die Staatsanwaltschaft keine verjährungsunter­brechenden Maßnahmen getroffen hat. Nach Sich-

tung der Unterlagen durch Oberamtsrat Gauggel und der Überzeugung, da8 Betrug nachzuweisen sei, erfolgte sofort die Abgabe an die Staatsan­waltschaft. Die wichtigsten Unterbrechungshand­lungen der Staatsanwaltschaft hätten nach § 33 Absatz 4 des Ordnungswidrigkeitengesetzes auch die Verjährung der Ordnungswidrigkeiten unterbro­chen, so daß nach Rückgabe des Verfahrens von der Staatsanwaltschaft an die Landeskartellbehör­de diese die Ordnungswidrigkeiten hätte weiterver­folgen können.

Ein nicht zu unterschätzender Umstand, der sich auch auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen auswirkt, war offensichtlich die wiederholte Bitte Hoffmanns um strikte Vertraulichkeit, weil er an­sonsten um seine persönliche Sicherheit fürchten müsse, so im Brief vom 27. Mai 1979 und im per­sönlichen Gespräch mit Oberamtsrat Gauggel. Deshalb hat die Landeskartellbehörde bei der Ab­gabe an die Staatsanwaltschaft sowohl in dem in­ternen Vermerk vom 7. Februar 1980 wie auch im Abgabeschreiben an die Staatsanwaltschaft aus­drücklich auf diese Vertraulichkeit hingewiesen. Nach Abgabe des Verfahrens hätte die Kartellbe­hörde der Staatsanwaltschaft allenfalls Anregun­gen geben können, verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu ergreifen. Nach den allerdings von Staatsanwalt Reichenzeller in Abrede gestellten Bekundungen der Zeugen Dr. Kramm und Ober­amtsrat Gauggel haben diese auf die Verjährungs­problematik hingewiesen.

Die Sachbehandlung bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Augsburg wurde zunächst da­durch erschwert, daß der erste Sachbearbeiter, Er­ster Staatsanwalt Moritz, schon kurz nach der er­sten Besprechung mit der Kriminalpolizei aus dem Referat schied und - ich ergänze, was ich nachher erfahren habe - zum Richter am Landgericht er­nannt wurde. Dann war das Referat bis November 1980 offensichtlich wegen der angespannten Haus­haltslage und durch die im Haushaltsgesetz festge­legte Stellensperre nur vertretungsweise betreut; die Kriminalpolizei war wegen anderer dringender Aufgaben zwischen Auftragserteilung am 17. März 1980 und dem Zwischenbesciheid vom 5. August 1980 fast fünf Monate damit l:)eschäftigt, den Zwi­schenbescheid zu erstelleri. Schließlich fand Staatsanwalt Reichenzeller bej seinem Amtsantritt im Referat 35 am 2. Novem r 1980 eine Reihe großer Verfahren vor. Denno nahm sich Staats­anwalt Reichenzeller das Ve ahren .Baupreisab­sprachen" als vordringlich vor was sich daraus er­gibt, daß er bereits vier Woch n später Oberamts­rat Gauggel telefonisch einen ersten Zwischenbe­richt geben konnte und a 9. Dezember 1980 schriftlich mitteilte, daß nach einung der Staats­anwaltschaft Betrug nicht na hzuweisen sei. Die­ses Schreiben enthielt eine a führliche juristische Begründung insbesondere zu Begriff des Vermö­gensschadens, wie er in de oben zitierten Ent­scheidung des Bundesgerich hofes niedergelegt und wohl nach wie vor herrs hende Meinung ist.

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2524 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46v. 04.04.84

(Dr. Markl [CSU])

Aufgrund der wiederholten Gegenvorstellungen der Kartellbehörde hat die Staatsanwaltschaft mehrmals Nachermittlungen getätigt, blieb aber bei ihrer Rechtsmeinung. Staatsanwalt Reichenzeller hat - ohne allerdings die Frage der Verjährung zu kennen - von sich aus auf Beschleunigung des Verfahrens gedrängt, wie sich aus einem Schreiben vom 7. Juli 1981 an den Vorsteher des Straßenbau­amtes Kempten ergibt, in dem er, Reichenzeller, wegen Eilbedürftigkeit um vordringliche Beantwor­tung bittet. Seine Anfrage an die dortige Behörde datierte bereits vom 30. April 1981.

Auch maßen sowohl Staatsanwalt Reichenzeller wie auch Oberstaatsanwalt Beck dem Verfahren entsprechende Bedeutung bei. Die Anregung der Kartellbehörde, das Verfahren gemeinsam zu erör­tern, griff Oberstaatsanwalt Beck sofort auf und legte in einem Vermerk für Staatsanwalt Reichen­zeller vom 4. März 1981 fest, daß an diesem Ge­spräch beide teilnehmen sollten; er sei aber in der Zeit vom 24. März bis 10. oder 14. April in Urlaub.

Dennoch ist der Staatsanwaltschaft vorzuhalten, daß sie keine vorsorglichen verjährungsunter­brechenden Maßnahmen hinsichtlich der Kartell­ordnungswidrigkeiten getroffen und die allgemein bestehende Pflicht zur Berichterstattung über be­sondere Verfahren an die vorgesetzten Behörden - also Generalstaatsanwalt, Justizministerium -nicht beachtet hat. Letzteres wäre insbesondere deshalb angebracht gewesen, um wegen der zwi­schen der Staatsanwaltschaft und der Landeskar­tellbehörde bestehenden Meinungsverschieden­heit über Straftat einerseits und Ordnungswidrig­keit andererseits eine Entscheidung des Staatsmi­nisteriums der Justiz herbeizuführen.

Die Staatsanwaltschaft hätte auch von sich aus nach den wiederholten Versuchen, eine einver­nehmliche Übernahme des Verfahrens durch die Kartellbehörde zu erreichen, das Verfahren nach § 170 Absatz 2 der Strafprozeßordnung einstellen und nach § 43 des Ordnungswidrigkeitengesetzes an die Kartellbehörde zurückgeben können. An diese Entscheidung wäre die Kartellbehörde nach § 44 des Ordnungswidrigkeitengesetzes gebunden gewesen.

Staatsanwalt Reichenzeller wollte dies nach seinen Bekundungen vor dem Ausschuß auch tun und hat am 15. September 1981 eine Einstellungsverfügung mit der Abgabe unterschrieben. Diese wurde dann aber nicht vollzogen; vielmehr wurde auf Anwei­sung seines vorgesetzten noch einmal ein Anhö­rungsschreiben an die Landeskartellbehörde ge­sandt; nämlich das Schreiben vom 24. September 1981.

Meine Damen und Herren! Aus diesem Sachverhalt, aus diesen Ermittlungen ist die Ausschußmehrheit zu folgender Zusammenfassung gelangt:

Eine Reihe von Umständen und Zufälligkeiten füh­rte dazu, daß eine Anzahl von Baupreisabsprachen nicht geahndet werden konnte, möglicherweise

auch die übrigen durch das Bundeskartellamt nicht mehr geahndet werden können. Nach An­sicht der Mehrheit des Untersuchungsausschus­ses waren dafür folgende Umstände maßgebend:

1. Der Zeuge Hoffmann gab, aus welchen Gründen auch immer, erst etwa ein Jahr nach seinem Ausscheiden bei der Firma Kunz seine Kennt­nisse weiter.

2. Weitere rund sechs Monate vergingen, bis die Kartellbehörde die Unterlagen erhielt.

3. Die ersten Ermittlungen bei der Kriminalpolizei nahmen weitere fünf Monate in Anspruch.

4. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Augsburg gestalteten sich we­gen der Komplexität der Vorgänge und des au­ßergewöhnlichen Umfangs des zu prüfenden Tatsachenmaterials schwierig, zumal zwischen Staatsanwaltschaft und Kartellbehörde zu den einschlägigen Rechtsfragen keine Einigung er­zielt werden konnta.

5. Die Staatsanwaltschaft achtete nicht auf die all­gemein bestehende Pflicht der Berichterstat­tung über besondere Verfahren an ihre vorge­setzte Behörde.

6. Im Hinblick auf die Prüfung unter dem Gesichts­punkt des Betrugs mit fünfjähriger Verjährungs­zeit wurde die lediglich dreijährige Verjährungs­frist bei Ordnungswidrigkeiten zu spät beachtet.

Meine Damen und Herren! Zum Komplex C des Un­tersuchungsauftrages, welche Maßnahmen getroffen werden können, um Preisabsprachen künftig zu ver­meiden, zumindest jedoch zu erschweren, verweise ich auf die Drucksache 10/3240. Aus den Einzelvor­schlägen wird Kollege Kling im Rahmen der Ausspra­che einige herausgreifen und eine erste Stellungnah­me abgeben.

Wir haben in unserem Mehrheitsbeschluß folgendes festgehalten:

Es ist dem Untersuchungsausschuß verwehrt, ei­gene Anträge zu stellen. Der Ausschuß hat daher davon abgesehen, die Expertenanhörung dahinge­hend zu würdigen, ob und welche der einzelnen Vorschläge realisiert werden sollen. Die Entschei­dung darüber bleibt den Fraktionen bzw. dem Par­lament vorbehalten.

Soweit der Mehrheitsbericht des UnlerJuchungsaus­schusses.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Kamm: Das Wo hat der Herr Abgeordnete Warnecke. Bitte, Herr Kol ge!

Wamecke (SPD), Berichterstatt r: Herr Prä­sident, meine Damen und Herren Kolle en ! Die SPD­Minderheit im Untersuchungsausschu hat einen ei­genen Minderheitenbericht verfa8t, il der Mehr­heitsbericht von vornherein von der Ab icht getragen war, einen wohltätigen Mantel der N ä h s t e n 1 i e -b e über all das zu breiten, was gesc hen ist oder

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P1enarprotokoll 10/46v. 04.04.84 Bayerischer Landtag ·. 10. Wahlperiode 2525

(Warnecke [SPD])

nicht. Ferner war es von vornherein Zielsetzung der Mehrheit, den Staatsminister für Wirtschaft und Ver­kehr, Herrn Jaumann, aus der Schußlinie zu nehmen und von vornherein von jeder Verantwortlichkeit rein­zuwaschen.

Der Bericht der Untersuchungsausschußmehrheit ist nur insoweit richtig, als er sich auf die dürren Daten stützen kann, die wir aus den Akten herausgeholt ha­ben. In der W e r t u n g geht er dagegen völlig fehl.

Tatsächlich hat sich folgendes abgespielt:

Mit der Abgabe der Hoffmann-Unterlagen an die Staatsanwaltschaft in Augsburg hat das Wirtschafts­ministerium - Landeskartellbehörde - formal und in­haltlich bewußt die Verfolgung der Baupreisabspra­chen z u F a 11 g e b r a c h t. Die Landeskartellbehör­de wußte nämlich genau, daß Baupreisabsprachen nach geltendem Recht nicht als Betrug im Sinne des § 263 des Strafgesetzbuches verfolgbar sind. In der Bundesrepublik ist noch kein einziger Baupreisab­sprachefall nach § 263 als Betrug verurteilt worden. Das ist auch höchstrichterliche Rechtsprechung, seit der Bundesgerichtshof 1961 ein entsprechendes Ur­teil gefällt hat.

Kurz und bündig wird die allgemein so gesehene Situ­ation in einer Entscheidung des Amtsgerichts Berlin­Tiergarten aus dem Jahre 1974 formuliert. Ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten:

Auf diese Weise

- nämlich durch Submissionsabsprachen -

ist es möglich, künstlich ein hohes Preisniveau zu halten zum Nachteil des Verbrauchers, und selbst­verständlich ist dies im allgemeinen der Sinn von Preisabsprachen, außer Nebenaspekten wie dem ,Marktfrieden' dadurch, daß das dauernde gegen­seitige Unterbieten vermieden wird. Der Nachweis eines Vermögensschadens ist jedoch derart schwierig, daß Staatsanwaltschaften und Gerichte darauf verzichten, derartige ,Machenschaften' als Betrug zu verfolgen. Wegen der Unmöglichkeit, die Kalkulation eines und - zum Vergleich - meh­rerer Großbetriebe zu überprüfen, verzichtet der Staat bewußt darauf, die Gleichwertigkeit der Lei­stung zu untersuchen, und beschränkt sich auf die Ermittlung und Verfolgung der Preisabsprachen als solcher - nämlich als Ordnungswidrigkeiten.

Als geschütztes Rechtsgut des Wettbewerbs­rechts gilt in bewußter Beschränkung nicht das fi­nanzielle Interesse der Abnehmer und Verbrau­cher, sondern- die wettbewerbliche Handlungsfrei­heit der Unternehmen. Bei dieser Sachlage ist ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges nicht zu be­fürchten.

Soweit das Zitat aus der Entscheidung des Amtsge­richts Berlin-Tiergarten. Was hier ausgesagt worden ist, entspricht ganz allgemein herrschender Rechts­meinung in der Bundesrepublik Deutschland. Auch die juristische Kommentarliteratur vertritt einhellig diese Meinung. Wir haben das im M in de r h e i -

tenbericht auf Drucksache 10/3240 mit Fundstellen exakt nachgewiesen; jeder kann es dort nachlesen. Auch die juristische Aufsatzliteratur ver­folgt diese Meinung; in vielen langen und kurzen Auf­sätzen wird dies begründet.

Interessanterweise sind unter den wenigen juristi­schen Außenseitern, die Baupreisabsprachen auch nach geltendem Recht als Betrug für verfolgbar hal­ten, gerade diejenigen vertreten, die aus grundsätzli­chen oder politisch-interessengebundenen Erwägun­gen die Kriminalisierung von Baupreisabsprachen durch einen griffigen Tatbestand generell ablehnen und deren Ahndung lediglich als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld für ausreichend und die Kartellbehörden diesbezüglich ohnehin für kompetenter halten. Eine interessante Konstellation! Dazu gehört in erster Li­nie das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr, die Landeskartellbehörde, die im Kartell­bericht 1975 zu dem Schluß kommt, daß den Gerich­ten und Staatsanwaltschaften auf diesem Gebiet oh­nehin .der Blick für das Ganze" fehle und aus diesem · Grunde Wettbewerbsverstöße besser durch die Kar­tellbehörde als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden sollten.

Das Bayerische Staatsministerium der Justiz, zu sei­ner Ehre sei's gesagt, vertritt in einem Gutachten die Auffassung: Die ganz herrschende Meinung in der Bundesrepublik ist, daß eine Verfolgung als Betrug nach unserer Rechtsprechung nicht in Betracht kommt.

Es gibt auch entgegen der ursprünglichen Behaup­tung des Zeugen Dr. Kramm, des Leiters des Kartell­referats im Wirtschaftsministerium, keine Praxis der Kartellbehörde, Ermittlungen in Baupreisabsprachen an die Staatsanwaltschaft abzugeben.

Zunächst hatte der Zeuge Dr. Kramm in seiner ersten Vernehmung am 9. November 1983 im Untersu­chungsausschuß behauptet; ich zitiere: .Es ist so, daß wir, die bayerische Kartellbehörde, nicht zum er­stenmal einen solchen Komplex von Absprachen an die Staatsanwaltschaft gegeben haben". Ähnlich hat­te sich Ministerialrat Kramm am 14. April 1983 bereits im Wirtschaftsausschuß eingelassen. Beide Äußerun­gen entbehrten jeden Wahrheitsgehaltes.

In seiner zweiten Vernehmung am 7. Dezember 1983 mußte Dr. Kramm auf eindringliches Nachfragen ein­räumen, daß während seiner langjährigen Amtszeit als Leiter des Kartellreferates npch n i e m a 1 s ein Verfahren an die Staatsanwaltsc 'aft abgegeben wor­den war. Fazit: Oie Landeska llbehörde hat, ge­stützt auf eine völlig abseitige R chtsauffassung, der Staatsanwaltschaft Augsburg die Durchführung eines Strafverfahrens angesonnen, da notwendiger -weise in der Sackgass enden mußte. Die Behauptung im Bericht der Au schußmehrheit, die Kartellbehörde hätte wegen des erdachts einer vor­liegenden Straftat das Verfahr an die Staatsan­waltschaft abgeben müssen, ist angesichts der ein­deutigen Sach- und Rechtsla e absurd und als Schutzbehauptung abzutun.

(Zustimmung der PD)

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2526 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Warnecke [SPD])

Mit der von der Kartellbehörde behaupteten oder ver­folgten Rechtsauffassung wäre ein Referendar im 2. Staatsexamen in Bayern über einen Siebener nicht hinausgekommen.

(Abg. Dr. Rothemund: Eine schlechte Note!)

- Das ist eine .relativ schlechte" Note, schlechter geht's nicht!

Die Kartellbehörde hat auch durch ihr formales Vor­gehen d i e V e r f o 1 g u n g der Allgäuer Baupreis-. absprachen sehenden Auges v e r s c h 1 e p p t u n d, soweit bayerische Behörden beteiligt waren, z u Fall gebracht.

Dies beginnt mit der offenkundigen Unlust der Kar­tellbehörde, die im Hoffmann-Schreiben vom 27. Mai 1979 angebotenen Unterlagen überhaupt entgegen­zunehmen. Spätestens nach der Besprechung zwi­schen Staatsminister Jaumann und dem Leiter des Kartellreferats Dr. Kramm am 29. Juli 1979 hatte die Kartellbehörde Kenntnis von der Brisanz der Angele­genheit. Am 11. Januar 1983 führte Staatsminister Jaumann vor der CSU-Fraktion gemäß Manuskript fol­gendes aus; vielleicht erinnern Sie sich daran, meine Damen und Herren Kollegen von der CSU: .Nach einer eingehenden Prüfung dieses Hoffmann-Schrei­bens" - das war eine halbe Schreibmaschinenseite -.habe ich Ende Juli 1979 die Kartellbehörde beauf­tragt .. ." usw.

Erst am 15. November 1979 fühlte sich das Kartellre­ferat bemüßigt, durch den Oberamtsrat Gauggel einen Teil der Akten beim Zeugen Hoffmann in Kemp­ten abzuholen, obwohl sich dieser auf das Anschrei­ben der Kartellbehörde vom 6. August 1979 hin un­verzüglich telefonisch mit der Kartellbehörde in Kon­takt gesetzt hatte. Die Tatsache, daß dieses Telefon­gespräch zwischen Hoffmann und Gauggel etwa am 8. oder 9. August stattgefunden hat, steht zur Über­zeugung der AusschuBminderheit aus verschiedenen Gründen fest. Wir haben dies im Minderheitenbericht ausführlich dargelegt.

Ungeklärt blieb im Untersuchungsausschu8 auch, warum die Kartellbehörde nicht beispielsweise im Wege der A m t s h i 1 f e über die Polizeiinspektion Kempten die Unterlagen Monate früher nach Mün­chen kommen ließ.

Und verwundern muB schließlich die Handlungsweise des Oberamtsrats Gauggel, von den zwölf prallvollen Leitz-Ordnern der Hoffmann-Unterlagen lediglich vier oder fünf Ordner mit nach München zu nehmen, die restlichen Ordner mit· Unterlagen aus den Jahren 1967 bis 1974 aber bei Hoffmann zu belassen. Diese Unterlagen enthielten nicht nur höchst aufschlu8rei­ches Material über die Preisabsprachenpraxis im All­gäu, dessen Kenntnisnahme dem Know-how der Kar­tellbehörde höchst förderlich hätte sein können, auch wenn diese Unterlagen aus Verjährungsgründen kei­ne Verfolgung mehr ermöglicht hätten. Spätestens die Juristen in der Kartellbehörde hätten beim Hin­weis auf weitere ältere Unterlagen hellhörig werden

und die Beiziehung auch dieser Unterlagen veranlas­sen müssen, um unter dem Gesichtspunkt des Fortsetzungszusammenhangs prüfen zu können, ob nicht auch ältere Absprachen noch faßbar wären.

Im Gegensatz zur bayerischen Kartellbehörde hat das Bund es karte 11 amt, sofort nachdem es vom Sachverhalt und von den weiteren Hoffmann-Unterla­gen erfuhr, auch auf diese zugegriffen. Das Verhalten der Kartellbehörde bleibt diesbezüglich unerklärlich, wenn man nicht davon ausgeht, daB von vornherein die Kartellbehörde diesen ganzen Vorgang als einen lästigen Vorgang ansah und in eine Sackgasse ab­schieben wollte.

Dazu werde ich jetzt weitere Nachweise anführen:

Am 31. Januar 1980 ruft der Sachbearbeiter der Kar­tellbehörde in der Staatsanwaltschaft beim Landge­richt München 1 an und fragt bei dem zufällig ans Te­lefon kommenden und hierfür formal völlig unzustän­digen Oberstaatsanwalt von zur Mühlen nach, wel­cher Staatsanwaltschaft man denn die Allgäuer Bau­preisabsprache-Akten zusenden könne. Entgegen­kommenderweise empfiehlt nun dieser Staatsanwalt die Staatsanwaltschaft in Augsburg als Schwerpunkt­staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen. · Das Justizministerium wird vom Wirtschaftsministerium nicht konsultiert oder auch nur verständigt. Die Ver­folgung soll ja auf möglichst kleiner Flamme gekocht werden!

Mit Anschreiben vom 7. Februar 1980 wird der ge­samte Vorgang der Staatsanwaltschaft Augsburg un­ter dem Betreff .Betrugsverdacht" zugeleitet. Mit kei­nem Wort wird im Zuleitungsschreiben auf die oben dargestellte Schwierigkeit eingegangen, Baupreisab­sprachen als Betrug zu verfolgen. Desgleichen fehlt jeder Hinweis auf etwaige Verjährung sf r i -s t e n. In Augsburg trifft nun dieser Vorgang auf die im Mehrheitsbericht zutreffend dargestellte Situation: Der Kriminalhauptkommissar Schneeberger ermittelt zügig, aber dann bleibt der Vorgang wegen Stellen­wechsels und Stellensperre bei der Staatsanwalt­schaft in Augsburg von August bis Anfang November 1980 liegen, bis Staatsanwalt Reichenzeller im No­vember 1980 den Vorgang aufnimmt. In der gesamten Zwischenzeit hat sich die Kartellbehör!le um die Sa­che nicht mehr gekümmert. Erst am 16. Oktober 1980 fragt die Kartellbehörde in Augsburg nach und er­fährt, daB das betreffende Referat Anf g November 1980 wieder besetzt werde. Am 28. N vember 1980 bereits ist der sachbearbeitende St tsanwalt Rei­chenzeller zu dem zutreffenden Ergeb s gekommen, eine Verfolgung unter dem Gesichtspu kt des Betru­ges komme nicht in Betracht.

Und nun beginnt die Ver z ö g e ru g i e der Kartellbehörde zu greifen. In sprächen Ende November und Anf g Dezember 1980 regt die Kartellbehörde weitere objektiv be­trachtet höchst unsinnige Prüfungen nter dem Be­trugsgesichtspunkt an. Mit Schreiben m 9. Dezem­ber 1980 legt die Staatsanwaltschaft ugsburg der Kartellbehörde detailliert und sachgere ht die Hinder­nisse dar, die Sache strafrechtlich zu erfolgen, gibt

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2527

(Warnecke [SPD])

die Einstellungsabsicht bekannt und der Kartellbehör­de entsprechend der Rechtslage Gelegenheit zur Äu­ßerung. Anfang Januar 1981 beharrt die Kartellbehör­de der Staatsanwaltschaft Augsburg gegenüber auf der Betrugslinie und verfügt Wiedervorlage auf den 20. März 1981. Zu diesem Zeitpunkt war nach bisheri­ger Rechtsauffassung über den Zeitpunkt des Ein­tritts der Verjährung der Verjährungsbeginn hinsicht­lich der naheliegenden Verfolgung als Ordnungswid­rigkeit bereits eingetreten!

Nachdem die Hoffmann-Unterlagen Kartellverstöße bis längstens März 1978 enthalten konnten, mußte die Kartellbehörde aus damaliger Sicht davon ausge­hen, daß spätestens in diesem Monat jegliche Verfol­gung der Allgäuer Kartelldelikte nach dem üblicher­weise angewandten Ordnungswidrigkeitenrecht en­den würde. Ab März 1981 wäre einzig und allein die theoretische Verfolgung unter dem Betrugsgesichts­punkt wegen der fünfjährigen Verjährungsfrist ver­blieben, die jedoch nach der dargestellten herrschen­den Meinung faktisch ausgeschlossen und ange­sichts des deutlich gemachten Standpunktes der Staatsanwaltschaft auch in concreto nicht zu erwar­ten war.

Mit keinem Wort wurde dieser Umstand allerdings bei dem Gespräch zwischen den Staatsanwälten Beck und Reichenzeller aus Augsburg sowie Kramm und Gauggel vom Wirtschaftsministerium im April 1981 angesprochen, bei dem ausweislich des Aktenver­merks des Wirtschaftsministeriums weitere straf­rechtliche Ermittlungen vereinbart wurden.

Zwischen den Beteiligten besteht keine Einigkeit dar­über, ob bei diesem Gespräch über Ver jäh -r u n g s p r o b 1 e m e gesprochen wurde. Die SPD­Abgeordneten im Untersuchungsausschu8 halten die Aussage der Staatsanwälte für zutreffend, daß diese Frage nicht erörtert oder angesprochen wurde; denn ansonsten hätte nach damaliger Rechtsauffassung zu diesem Termin der Eintritt der Verfolgungsverjährung nach Ordnungswidrigkeitenrecht festgestellt uAd zu Protokoll genommen werden müssen. Dies war je­doch nicht der Fall.

Am 9. November 1983 sagte der Zeuge Dr. Kramm vor dem Untersuchungsausschuß über die Bespre­chung mit den Staatsanwälten am 22. April 1981 fol­gendes aus; ich zitiere:

Ich habe in diesem Gespräch den Eindruck ge­wonnen, daß sich beide Staatsanwälte ... intensiv um die Sache kümmern und daß sie es nicht nur als lästige Pflicht ansehen, noch einmal zu ermit­teln und unter Umständen zu einem bereits vorfor­mulierten Ergebnis zu kommen. Sie haben in dem Gespräch wie auch im Schriftwechsel vorher durchaus zu erkennen gegeben, daß sie die Sache sehr ernst nehmen, daß sie weitere Ermittlungen vornehmen wollen und daß sie unsere Annahme, Betrug könne gegeben sein, nicht von vornherein in Zweifel ziehen. zusammengefaßt kann ich sa­gen, daß die Staatsanwaltschaft durchaus nicht

den Eindruck gemacht hat, umständlich, verfehlt oder dilettantisch zu ermitteln.

Was von der Aussage des Zeugen Dr. Kramm zu hal­ten ist, inwieweit er tatsächlich vom Wahrheitsgehalt seiner Aussage überzeugt war, ergibt sich aus dem Protokoll der Sitzung der Kartellbehörden des Bun­des und der Länder vom 7./8. Mai 1981 in Berlin. In dem zusammenfassenden Protokoll dieser Sitzung ist als Äußerung von Dr. Kramm festgehalten; ich zitiere aus dem Berliner Protokoll:

In einem gravierenden Fall von Submissionsbetrug sei das Material an die Staatsanwaltschaft Augs­burg weitergeleitet worden, die jedoch mit den Er­mittlungen völlig überfordert sei.

Diese Berliner Tagung fand 14 Tage nach der Bespre­chung mit den Staatsanwälten statt. Dr. Kramm hat seinerzeit keine Protokollberichtigung verlangt. Somit ist davon auszugehen, daß das Protokoll Dr. Kramms seinerzeitige Ausführungen richtig wiedergibt. Seine Einlassung auf Vorhalt dieses Protokolls, er habe das nicht so gesagt, wird von den SPD-Mitgliedern im Un­tersuchungsausschuß als unglaubwürdige Schutzbe­hauptung gewürdigt.

Kramm wußte also. daß in Augsburg nicht zielgerich­tet verfolgt werden würde. Er hat dem Ausschuß et­was vorgetragen, was seiner damaligen Auffassung nicht entsprach. Er wußte also, daß es in Augsburg schieflaufen würde, und hat dem tatenlos zugesehen.

Erst als die Staatsanwaltschaft in Augsburg am 24. September 1981 dem Wirtschaftsministerium die Ermittlungsakten zugestellt und noch einmal Gele­genheit zur Äußerung wegen beabsichtigter Einstel­lung gibt, taucht das Wort "Verjährung" erst­mals auf. Im Antwortschreiben der Kartellbehörde vom 27. Oktober 19ß1 wird die Übernahme und Wei­terführung des Verfahrens als Ordnungswidrigkeits­verfahren mit dem Hinweis zurückgewiesen, die Ord­nungswidrigkeitenverjährung sei bereits im Frühjahr 1981 eingetreten. Ansonsten sei auch seitens der Staatsanwaltschaft die beabsichtigte Verfahrensein­stellung angezeigt.

Dies geschieht am 26. November 1981. Mit Formblatt wird am 21. Dezember 1981 im Wirtschaftsministe­rium .z. d. A. • - zu den Akten - verfügt, und der größte bekanntgewordene und bestdokumentierte Baupreisabsprachen-Komplex, der jemals in Bayern aufgedeckt worden ist, wäre somit ohne Ahndung, ohne störendes öffentliches Au'5ehen, ohne einen Hauch von Kritik an den Handelnden und Verantwort­lichen in der Registratur vergrabe~ worden."

Exakt d~s ist eingetreten, was ~r Herr Baudirektor Fehl von der Firma Kunz dem Ze gen Hoffmann pro­phezeit hatte, bevor dieser die en den Behörden zur Verfügung gestellt hat!

Dem Kriminalhauptkommissar S Augsburg ist es nun zu verdanke gener Initiative am 16. Dezemb deskartellamt von der Exi Unterlagen verständigt. Das Bu die Sache an sich und führt,

h n e e b e r g e r in , daß dieser aus ei-

1981 das B u n -enz der Hoffmann­deskartelamt zieht stützt auf neuere

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2528 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Warnecke [SPD])

Rechtsauffassungen über den Zeitpunkt des Eintritts der Verjährung, immerhin noch 52 von 558 Abspra­chen einer Ahndung durch Bußgeldbescheid zu, über den nach Einspruch der Firma Kunz zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichtes noch nicht rechts­kräftig entschieden worden ist.

Nun, meine Damen und Herren Kollegen, zur Frage der Verantwortlichkeit der beiden betroffe­nen Ministerien, des Justizministeriums und des Wirt­schaftsministeriums!

Das Justizministerium erfuhr von diesem Vorgang erstmals im Oktober 1982 aus der Presse. Im Gegen­satz zum Wirtschaftsministerium hat das Justizmini­sterium seinen Verfahrensakt in vollständiger Form, also mit sämtlichen Aktennotizen, Telefonnotizen und Manuskripten, dem Untersuchungsausschuß vorge­legt. Daraus ergibt sich, daß das Justizministerium sofort nach Kenntnisnahme des Sachverhalts fest­stellte, die Sachbehandlung sei weder beim Wirt­schaftsministerium - Kartellbehörde - noch bei der Staatsanwaltschaft Augsburg .glücklich" verlaufen. Die Verantwortung für die Verjährungen, soweit ein­getreten, wird beiden Behörden angelastet.

Eine noch im November 1982 veranlaßte dienstauf­sichtliche Überprüfung, das Verfahren bei der Staats­anwaltschaft Augsburg betreffend, ergab die folgen­den wesentlichen Beanstandungen: Die Staatsan­waltschaft hat die Berichtspflicht an das Justizmini­sterium verletZ1; sie hätte angesichts des Umfangs und der Brisanz der Angelegenheit und angesichts des Umstandes, daß fast alle Bauträger öffentliche Hände - Kommunen - waren, dem Justizministerium laufend Bericht erstatten müssen, gerade auch ange­sichts der Differenzen zur Auffassung des Wirt­schaftsministeriums, also der Kartellbehörde.

Des weiteren wurde beanstandet, die Staatsanwalt­schaft hätte verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergreifen müssen. Die Beanstandungen wurden in der gebotenen Abstufung vorgenommen, wobei die festgestellte Verantwortlichkeit für das fehlerhafte Verhalten durchaus der jeweils eingenommenen Dienststellung des leitenden Oberstaatsanwaltes, des Oberstaatsanwaltes und des Staatsanwaltes ent­sprach.

Die Opposition sieht sich nicht in der Lage, am Ver­halten des Justizministeriums Kritik zu üben. Das Ju­stizministerium hat das Verfahren in der rechtlich ge­botenen und in der unter dem Druck des Wirtschafts­ministeriums, aber auch der Staatskanzlei möglichen politischen Form aufgearbeitet.

Nun zur Verantwortlichkeit von Staat s m i n i s t e r Jaumann und des Wirtschaftsministe­riums als Kartellbehörde! Staatsminister Jaumann und das Kartellreferat des Wirtschaftsministeriums verharren bis zum heutigen Tage, wir werden dies nachher ein wiederholtes Mal hören, in der Pose der Se 1 b s t gerecht i g k e i t und U n ver an t -wo r t 1 i c h k e i t für diesen skandalösen Vorgang.

(Zustimmung von der SPD)

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1. Während das Justizministerium die Staatsanwalt­schaft wegen unterbleibender Unterrichtung förmlich rügt, bezeichnet Jaumann das Landes­kartellamt als eine staatsanwaltschaftsähnliche Behörde, bei deren Verfahrensgängen er auch nur den Hauch einer Einmischung vermeiden wolle. Aus diesem Grunde habe er sich n i e nach dem Fortgang des Verfahrens e r k u n d i g t, obwohl der Vorgang höchstpersönlich über ihn, durch seine eigenen Hände in das Kartellreferat gelang­te und obwohl er schon, so rein subjektiv betrach­tet, ein Interesse an diesem Vorgang hätte haben müssen, weil er nicht nur als Ressortminister sachlich zuständig, verantwortlich für Kartelldelik­te war, sondern weil das Allgäu schließlich auch im Bezirk Schwaben liegt, dessen CSU-Vorsitzen­der Staatsminister Jaumann bekanntermaßen seit vielen Jahren ist und aus dessen Bereich sich ja die Spenden zu Millionen auf seinem Konto häu­fen, wie wir inzwischen aus verschiedenen ande­ren Vorgängen wissen.

2. Die Kartellbehörde rechtfertigt ihre angebliche Unverantwortlichkeit für den Vorgang damit, die Staatsanwaltschaft sei ab Februar 1980 Herrin des Verfahrens gewesen. Diese formale Betrachtung verbietet sich schon angesichts der zahlreichen oben dargestellten Aktionen des Kartellreferates, auf die Staatsanwaltschaft objektiv verfahrensver­zögernd einzuwirken.

3. Das Wirtschaftsministerium hat 558 Submissions­absprachen mit 122 beteiligten Firmen an die Staatsanwaltschaft abgegeben mit einer Rechts­auffassung zu § 263 StGB, die völlig absurd ist, und obwohl kartellrechtlich gegen all die anderen 121 Firmen neben der Firma Kunz von vornherein nur wegen Ordnungswidrigkeit hätte ermittelt werden können.

4. Die Kartellbehörde kann sich auch nicht auf Über­lastung berufen. Bei der Beratung des letZ1en Kar­tellberichtes rügte Staatsminister Jaumann die Ausstattung der Kartellbehörde als die am zweit­besten besetzte Kartellbehörde der Bundesrepu­blik nach Nordrhein-Westfalen.

5. Der Kartellbehörde ist des weiteren zur Last zu le­gen, das Justizministerium vor Abgabe an die Staatsanwaltschaft weder informiert noch gehört zu haben.

6. Staatsminister Jaumann hat bish•r mit keinem einzigen Wort die skandalösen Vo 'gänge bedau­ert, sondern im Gegenteil besch · igt, in ihrem Ausmaß bagatellisiert und sogar d n Vorwurf zu­rückgewiesen, das behördliche Ve hren sei .völ­lig unsachgemäß gehandhabt word n·.

7. Staatsminister Jaumann und Minister1alrat Dr. Kramm haben durch eine ganze eihe falscher und/oder der Wahrheit nur teilweis entsprechen­der Angaben im Landtagsplenum u d bei den Be­ratungen in verschiedenen Aussc „ ssen - Wirt­schafts-, Rechts- und Untersuchu sausschuß -die Aufklärung des Sachver ts behin-

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2529

(Warnecke [SPD])

d e r t. Diesen Untersuchungsausschuß wollte das Wirtschaftsministerium ohnehin von Anfang an nicht. Aus den Akten des Wirtschaftsministe­riums, die dem Ausschuß erst zur Verfügung ge­stellt wurden, nachdem die SPD-Vertreter aus der Durchsicht des Aktes des Justizministeriums er­sahen, daß im Wirtschaftsministerium weitere, dem Untersuchungsausschuß bisher nicht vorge­legte Akten existieren müßten, ergibt sich, daß sich das Wirtschaftsministerium heftig gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wandte.

In einem Vermerk vom 11. Februar 19ß3 heißt es:

Auch bei seinem Ruf nach einem Untersuchungs­ausschuß geht es dem Abgeordneten Neuburger nicht um die Wahrheitsfindung, da alle Tatsachen bereits hinreichend aufgeklärt sind. Das Instru­ment parlamentarischer Kontrolle sollte also zu durchsichtigen Wahlkampfzwecken mißbraucht werden.

Autor dieses Vermerkes der handelnde oder nicht · handelnde Ministerialrat Dr. Kramm.

In einem weiteren Vermerk des Wirtschaftsministe­riums vom 19. April 1983 heißt es:

Sollte es zur Einsetzung eii:ies Untersuchungsaus­schusses kommen, wird die Frage eine Rolle spie­len, ob den im Ermittlungsverfahren tätig geworde­nen Beamten des Wirtschaftsministeriums und der Staatsanwaltschaft eine Au s sag e g e n e h m i -g u n g erteilt werden soll. Diese Entscheidung kann für das Wirtschaftsministerium und die Staatsanwaltschaft nur in einheitlicher Weise erge­hen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Staats­ministerium der Justiz bereits angedeutet hat, den Beamten der Staatsanwaltschaft keine Aussage­genehmigung zu erteilen.

Autor auch dieser Aktennotiz MR Dr. Kramm.

Nun ergibt sich aus den umfangreichen und vollstän­dig vorhandenen Akten des Justizministeriums kein einziger Anhaltspunkt dafür, daß im Justizministerium jemals daran gedacht worden wäre, keine Aussage­genehmigung zu erteilen. Herr Staatsminister der Ju­stiz, ich bitte Sie, hier zu erklären, ob jemals im Ju­stizministerium daran gedacht worden ist, die Aussa­gegenehmigung für die Staatsanwälte in Augsburg nicht zu erteilen. Das wäre eine interessante Informa­tion.

8. Die Kartellbehörde hat nach Einstellung des Straf­verfahrens in· Ausgsburg Verjährung der in Frage kommenden Ordnungswidrigkeiten festgestellt und .• Weglage zu den Akten· verfügt. Jegliche 1 n f o r m a t i o n der z u s t ä n d i g e n Pr e i s b e h ö r d e und der möglicherweise ge­schädigten öffentlichen Bauherren, die in zahlrei­chen Fällen Schadenersatzanspruch hätten gel­tend machen können, unterblieb. Die meisten Kommunen haben erst aus der Zeitung erfahren, daß es in ihrem Bereich Preisabsprachen gege-

ben hat, und sich dann brieflich an das Wirt­schaftsministerium gewandt und nachgefragt.

9. Das Kartellreferat und Staatsminister Jaumann ha­ben dem Bauindustrieverband noch zu einem Zeitpunkt P e r s i 1 s c h e i n e ausgestellt, als nicht einmal mehr seitens des Bauindustriever­bandes ernsthaft bestritten wurde, daß hier die zentrale Informationsstelle für das Baupreisab­sprachensystem lag.

10. Fazit: Staatsminister Jaumann hat durch seine gesamte Verhaltensweise in der Angelegenheit .Allgäuer Baupreisabsprachen· gezeigt, daß er in seiner Aufgabe als oberster Dienstvorgesetzter der Kartellbehörde ungeeignet und überfordert ist. Ansonsten hätte die P r o p h e z e i u n g des Herrn Direktors Fehl von der Firma Kunz wohl nicht so haarscharf eintreten können, daß a 1-1 es verjähren werde, wie viele Akten Hoff­mann auch immer den Behörden zur Verfügung stellen werde.

Herr Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, ihr Haus hat heftig dafür gesorgt, daß alles so gekommen ist, wie Herr Direktor Fehl prophezeit hat.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Merkl.

Dr. Merkl (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorher von mir vorgetragene Bericht der Mehrheit des Untersuchungsausschusses wäre ei­gentlich noch einmal zu wiederholen. Wer ihn vorher aufmerksam gehört oder gelesen hat, müßte aber zu der Erkenntnis gekommen sein, daß der Ausschuß wirklich bemüht war, objektiv die gestellten Fragen zu klären, und sie auch geklärt hat.

(Zustimmung bei der CSU)

Die Medien, die unsere Arbeit begleiteten, haben im­mer wieder bestätigt, daß der Ausschuß seine Sache gut mache und sich tatsächlich bemühe, Licht in das Dunkel zu bringen. Nun kommt der Minderheitenbe­richt, der uns im Ausschuß nicht mehr vorgelegt wur­de; das ist üblich, er kommt einfach nachher und wird zu den Akten genommen. Kollege Warnecke mengte heute noch dazu in den Minderheitenbericht einen Teil der Aussprache. Wir müssen deshalb zu diesem ganzen Vortrag schon noch etwas sagen.

Herr Kollege Warnecke, wahrseheinlich waren ihre Ausführungen teilweise akustiscll nicht zu verstehen, denn sonst könnte ich mir gar icht vorstellen, daß dies alles so hingenommen wir vor allem die Fest­stellung, in der Ihr Vortrag gipf lte, der Minister sei seiner Aufgabe nicht gewachse Ich frage mich, wie Sie diese Schlußfolgerung aus er Arbeit des Aus­schusses ziehen können.

(Zuruf des Abg. S

Ich frage mich, das habe ich b eits einmal in einer Presseerklärung auf Ihre Ang · in der spk gesagt, ob Sie denn gelegentlich im Aus chuß nicht da gewe-

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(Dr. Merk! [CSU])

sen sind; denn das, was Sie hier zusammenkon­struiert haben, ist völlig haltlos.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren! Der Ausschuß hat gegen­über den früheren oder jetzt noch laufenden Untersu­chungsausschüssen den Vorteil, daß der Großteil der uns gestellten Fragen anhand von Akten geklärt wer­den konnte. Deshalb waren wir in der Lage, bereits in der zweiten Sitzung ein Zwischenergebnis vorzule­gen, das bis heute nur noch sehr geringfügig geän­dert werden mußte.

Der Ausschuß hatte zwei Aufgaben: einmal zu klären, ob die Verjährung einer Reihe von Baupreisabspra­chen durch Verschulden von Einzelpersonen bzw. der Kartellbehörde oder der Staatsanwaltschaft ein­getreten ist, und zum anderen zu prüfen, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um Baupreis­absprachen in Zukunft zu verhindern oder zumindest einzudämmen.

Bei der Expertenanhörung vor dem Ausschuß wurde eine Reihe von Möglichkeiten aufgezeigt, die wir in den kommenden Monaten näher prüfen müssen. Ich hoffe, daß daraus auch konkrete Vorschläge entste­hen, die wir dem Parlament vorlegen können. Nur wenn dies gelingt, sehe ich das eigentliche Ziel des Ausschusses als erreicht an. Dazu wird Kollege Kling im Laufe dieser Aussprache Stellung nehmen.

Der Mehrheitsbericht entspricht mit Sicherheit der formellen Rechtslage. Meine Damen und Herren! Wir haben sehr große Sorgfalt darauf verwendet, damit nicht durch unbedachte Formulierungen ungerecht­fertigte Schuldzuweisungen erfolgen. Heute wird von keiner Seite mehr geleugnet, daß Baupreisabspra­chen vorgekommen sind, die hätten geahndet wer­den können und müssen, die aber nicht mehr geahn­det werden können, weil sie verjährt sind. Das hätte nicht geschehen dürfen. Weil es aber geschehen ist, muß jemand schuld sein. Die Frage ist also: Wer ist schuld?

Nach übereinstimmender Beurteilung des Ausschus­ses ist mit Sicherheit nicht Kollege D i et h e i schuld. Dies habe ich vorher gesagt; dem ist nichts hinzuzufügen. Am Montag bekam er das Schreiben und gab es am Dienstag weiter. Meine Damen und Herren! Nach dem, was daraus in der Presse alles ge­macht worden ist, nicht in der Münchner Presse,

(Abg. Fendt: Das ist an die Presse lanziert worden!)

frage ich mich, ob in Zukunft überhaupt noch jemand bereit sein wird, ein solches Schreiben weiterzuge­ben.

(Zustimmung bei der CSU)

Das schmeißt er in Zukunft in den Papierkorb.

(Beifall bei der CSU - Abg. Spitzner: Genauso ist es!)

Aber ich hoffe, daß dieses Thema auch beim Kollegen Diethei zu Hause erledigt ist und daß er eine Belobi­gung für die schnelle Erledigung bekommt.

Ich komme zu Minister J a u m an n. Dem Ausschuß­bericht, den wir gegeben haben, ist nichts hinzuzufü­gen. Wir haben dargelegt, wie die Sache abgelaufen ist. Wir kommen zu dem klaren Ergebnis, daß den Wirtschaftsminister für entstandene Verzögerungen bei der Verfolgung der Baupreisabsprachen keine persönliche Verantwortung trifft. Der Minderheitenbe­richt ist in seinen Feststellungen durch den Ablauf der Beweisaufnahme nicht gedeckt.

Meine Damen und Herren! Ich hätte zu gern jetzt auf die neun Punkte, die Herr Kollege Warnecke vorhin gegen Herrn Minister Jaumann vorgetragen hat, ge­antwortet, aber nachdem der Minister gesagt hat, dies treffe ihn persönlich und er wolle deshalb dazu persönlich sprechen, sage ich nichts dazu. Nur eines, Herr Minister: Dadurch, daß Sie selbst zu diesen Punkten des Minderheitenberichts Stellung nehmen, heben Sie diesen Minderheitenbericht, so meine ich persönlich, auf eine Stufe, die ihm nicht zukommt.

(Be~all bei der CSU)

Kommen wir zu dem dritten Punkt: Sc h u 1 d der Karte 11 b e h ö r de selbst? Meine Damen und Her­ren! Auch hierzu hat der Ausschußbericht sehr aus­führlich Stellung genommen. Aus der Sicht des Nach­her-weiß-man's-besser könnte man fragen, wie es der Minderheitenbericht getan hat: Warum habt ihr nicht vor der Abgabe an die Staatsanwaltschaft aus­gesondert? Warum habt ihr nicht gleich eine verjäh­rungsunterbrechende Maßnahme getroffen? Warum habt ihr nicht bei dem ersten Rückleitungsversuch der Staatsanwaltschaft eine Entscheidung des Mini­sters eingeholt? Warum habt ihr nicht nachgegeben? usw.

Meine Damen und Herren! Dem Ausschuß oblag nicht, was man vielleicht aus der Sicht von heute, wo alle Akten vorliegen, hätte tun können, sondern es war zu prüfen, was man damals getan hat aufgrund der Unterlagen, die man hatte, ob dies in Ordnung war. Aus der Sicht von damals war die Handhabung durch die Kartellbehörde richtig. Oberamtsrat Gaug­gel sah die große Zahl von Baupreisabsprachen; so viele, so detailliert aufgeschlüsselt, hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Er tiat das Ganze überflogen und sich gesagt: Halt, da ist Betrug drin, zumindest versuchter Betrug in einigen Fällen! Das muß zur Staatsanwaltschaft.

Er hat sich erkundigt beim Staatsanwalt von zur Müh­len und hat gesagt: Wer ist denn nun ~e zuständige Staatsanwaltschaft? Man hat ihm gesacit: Augsburg, und dann hat er schnellstens abgegei:*3n. Dann war das Verfahren bei der Staatsanwaltsc · lt, und dann war diese Herrin des Verfahrens. So i t nun einmal die formale Stellung, und so steht es uch im Ord­nungswidrigkeitengesetz. Alles andere ist Konstruk­tion aus der Sicht von heute.

Bleibt als letzte die Staats an wa 1 t c halt. Man sagt immer: Den letzten beißen die Hu e. Natürlich, meine Damen und Herren, an der Staa nwaltschaft ist jetzt einiges hängengeblieben. Ich ürde als frü­herer Staatsanwalt gern sagen, da ist auch alles in Ordnung gewesen. Aber das kann ich eshalb nicht,

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(Dr. Merkl [CSU])

weil der Staatsanwalt dort ermittelt hat; weil er sich zum Schluß, als er der Meinung war. Betrug kann ich nicht nachweisen, aus welchen Gründen auch immer, nicht getraut hat, eine endgültige Entscheidung zu treffen und zu sagen, das gebe ich wieder zurück an die Kartellbehörde; dann wäre diese ja daran gebun­den gewesen.

Staatsanwalt Reichenzeller, der Sachbearbeiter, hat vor dem Ausschuß unumwunden eingeräumt: .Ich ha­be unter dem Gesichtspunkt des Betrugs ermittelt. Da ist die Verjährungszeit fünf Jahre. Ich habe nicht daran gedacht, daß sie bei Ordnungswidrigkeiten nur drei Jahre beträgt, und deshalb ist das dann halt so passiert.• Aber, meine Damen und Herren, ohne an die Verjährung zu denken, hat er von sich aus auf Eile gedrängt. Ich habe ja im Mehrheitsbericht geschrie­ben, daß er sich an das Straßenbauamt Kempten ge­wandt hat. Er hat drei oder vier Monate auf die Ant­wort auf seinen Brief vom April gewartet, bis er im September geschrieben hat: Wegen .der Eilbedürf­tigkeit" der Angelegenheit bitte ich .um vordringliche Bearbeitung". Da war er ja ohnehin sehr gnädig, nachdem er ein paar Monate darauf gewartet hatte.

Aber dann ist eben diese Sache verjährt. Ob alle Ab­sprachen verjährt sind, ist eine andere Frage. Aber, meine Damen und Herren, das Fazit aus dieser Ge­schichte: Aus Schaden wird man klug. Künftig wer­den Kartellbehörde und Staatsanwaltschaft, ja alle Behörden, die mit der Verfolgung von Rechtsverstö­ßen befaßt sind, auch bei nur geringem Tatverdacht die Verjährungsfrage an den Anfang der Überlegun­gen stellen. Die Staatsanwaltschaften werden, mehr als dem Ministerium lieb ist, nach oben berichten; sie werden Weisungen von oben erbitten usw. Hoffen wir nur, daß wir nicht das Gegenteil von dem erreichen, was wir wollen, daß nämlich jetzt, nachdem das pas­siert ist, sich keiner, der für eine Entscheidung zu­ständig ist, mehr traut, diese Entscheidung auch zu treffen.

Meine Damen und Herren! Wir, das heißt die Aus­schußmehrheit, haben uns sehr lange und intensiv mit der Frage der Schuldzuweisung auseinanderge­setzt. Ich habe hier nochmals dargelegt, daß wir Pro­bleme hatten, eine Verquickung zwischen der Würdi­gung der Vorgänge aus der Sicht von damals und was man aus der Sicht von heute anders machen könnte, zu vermeiden.

Ganz anders der Minderheitenbericht. Wir hatten selbstverständlich erwartet, daß er den einen oder anderen Ausrutscher enthält. Wir wurden ja in den Ausschußberatungen immer von der spk beglei­tet, in der dann meistens ganz anderes stand, als wir im Ausschuß ermittelt hatten. Wir mußten uns dann wieder mit Gegenerklärungen auseinandersetzen. Wir haben gesagt: Da kommt natürlich auch im Minder­heitenbericht eine ganze Menge, dazu können wir erst Stellung nehmen, wenn wir hier im Plenum sind. Da ist es aber dann schon in der Presse und draußen. Sie haben ja auch die Presse verfolgt; man hat nicht abgewartet mit dem Minderheitenbericht, ihn nicht erst hier offen vorgelegt, sondern ihn vorher der

Presse zugespielt, indem man ihn halt in der spk ge­bracht hat. Darüber stand dann groß: .SPD bemän­gelt Fähigkeiten Jaumanns" und dergleichen mehr. Niemand konnte sich zunächst dagegen wehren.

Meine Damen und Herren! Das, was hier in dem Be­richt steht, ist meines Erachtens nur begreiflich, wenn man überlegt, wie ein Ausschußbericht ausse­hen muß, um erstens dem politischen Gegner zu schaden, um zweitens der eigenen Fraktion und der eigenen Karriere zu dienen, und drittens dem neben­beruflich ausgeübten Anwaltsberuf nicht zu schaden. Nur so ist zu verstehen, daß Herr Kollege Warnecke sich erstens ganz auf die politische Spitze des Wirt­schaftsministeriums einschießt, zweitens die Staats­anwaltschaft weitgehend außer Obligo läßt. drittens sich zur Untermauerung seiner Thesen an völlig Ne­bensächlichem festklammert.

Was soll z. B. die seitenlange Darstellung, daß Bau­preisabsprachen nicht wegen Betrugs strafbar sind, um der Kartellbehörde nachzuweisen, daß diese zu Unrecht an die Staatsanwaltschaft abgegeben hat, wenn gleichzeitig der von der SPD als Kronzeuge herangeschleppte Hoffmann doch anhand Dutzender von Fällen genau schildert, wie man diese Abspra­chen getroffen hat. und daß durch die Absprachen ein höherer Preis herausgekommen ist, als ohne die­se Absprachen herausgekommen wäre? Da frage ich mich: Ist denn da kein Schaden entstanden?

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren! Der Kollege Brosch wird anschließend noch näher auf dieses Thema eingehen. Ein paar Beispiele möchte ich aber noch aufzeigen, um darzulegen, daß sich der Minderheitenbericht an Nebensächlichkeiten festklammert, aber auch diese Nebensächlichkeiten noch einmal verfälscht. Zum Beispiel steht auf Seite 13 der Landtagsdrucksache; ich zitiere aus dem Minderheitenbericht:

Am 31. Januar 1980 ruft der Sachbearbeiter der LKB in der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München 1 an und fragt beim tierfür formal absolut unzuständigen Oberstaatsanwalt von zur Mühlen nach, welcher Staatsanwaltschaft man denn die Allgäuer Baupreisabsprache-Akten zusenden kön­ne. Entgegenkommenderwei~ empfiehlt dieser die Staatsanwaltschaft Augsburg als Schwer­punktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsa­chen.

Ja, Herr Kollege Warnecke, He Gauggal hat sich überlegt: Wohin schicke ich das . Da fragt er halt den Staatsanwalt, der ihm am n „ hsten ist, welche Staatsanwaltschaft zuständig is Was machen Sie denn, wenn Sie von einem Bittst ller nach irgend et­was gefragt werden, von dem Si noch nie etwas ge­hört haben? Dann denken Sie och zuerst einmal: Wer könnte denn da was wissen, ielleicht das Innen­oder das Wirtschaftsministeriu ? Dann fragen Sie bei der Vermittlung. Wenn ich lh n nachher den Vor­wurf machen würde, Sie hätten i der völlig unzu­ständigen Wirtschaftsbehörde a erufen, während in Wirklichkeit das lmenministeriu zuständig gewesen

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2532 Bayerlocher Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Dr. Merkl [CSU])

sei, würden Sie sagen, das habe ich eben nicht ge­wußt. Daraus konstruieren Sie jetzt aber einen Vor­wurf gegenüber Herrn Gauggel.

(Zustimmung bei der CSU)

Dann geht es im Minderheitenbericht weiter: .Das Ju­stizministerium wird vom Wirtschaftsministerium nicht konsultiert oder auch nur verständigt•. Ja, wie­so muß denn das Wirtschaftsministerium, die Kartell­behörde, wenn es eine Baupreisabsprache feststellt und meint, da ist Betrug dabei, da zuerst einmal über das Justizministerium abgeben? Das geht doch zur Staatsanwaltschaft. Hieraus einen Vorwurf zu kon­struieren, ist wieder an den Haaren herbeigezogen.

Präsident Dr. Heubl: Gestatten Sie eine Zwischenfra­ge?

Dr. Merkl (CSU): Ja, freilich.

Warnecke (SPD): Herr Kollege Dr. Markl, was sagen Sie denn dazu, daß der Vorwurf„ daß das Justizmini­sterium nicht verständigt worden sei, nicht vom Warnecke kommt, sondern vom Justizministerium selber?

Dr. Merkl (CSU): Ja, Herr Kollege Warnecke, das Ju­stizministerium hat diesen Vorschlag unterbreitet und gesagt: Warum hat man das nicht über uns gemacht? Meine Damen und Herren, natürlich sagt man aus der Sicht von heute: Warum hat man uns nicht infor­miert? Da müßte man den Ball zurückgeben und sa­gen, das hat ja das Justizministerium auch entspre­chend beanstandet. Warum haben uns denn unsere Leute nicht informiert, wozu sie doch verpflichtet wä­ren? Also jetzt können wir keinen Vorwurf daraus ab­leiten, daß das Wirtschaftsministerium das Justizmini­sterium nicht informiert hat. Das wäre vielleicht, jetzt im nachhinein, wünschenswert gewesen, aber dazu bestand überhaupt keine Veranlassung.

Herr Kollege Warnecke, noch den nächsten Satz aus Ihrem Bericht dazu: .Die Verfolgung sollte auf kleiner Flamme gekocht werden•. Das ist eine Unterstellung, die wirklich durch nichts haltbar ist. Sie haben nach der 2. Sitzung dem Fernsehen gleich erklärt, Gott sei Dank ist es damals nicht gekommen: .Ob das nun al­les Vorsatz war, kann ich heute noch nicht ausschlie­ßen".

Aber der Minderheitenbericht geht jetzt wohl mehr oder weniger davon aus, Sie haben es vorhin wieder­holt, daß da doch in gewisser Hinsicht Vorsatz dabei gewesen sei. Also da kann ich nur sagen, daß da die Immunität wieder einmal den schützt, der dies ge­schrieben hat. Ansonsten könnte sich eine Behörde meines Erachtens diesen Vorwurf nicht gefallen las­sen. Dann geht es im Bericht weiter:

Es wird in Zuleitungsschreiben an die Staatsan­waltschaft die Schwierigkeit, Baupreisabsprachen als Betrug zu verfolgen, nicht dargelegt.

Ja, meine Damen und Herren, wenn die Kartellbehör­de einen Vorgang wegen Betrugs an die zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft abgibt, die mit Wirt­schaftskriminalität befaßt ist und die die entsprechen­den Fachleute hat, dann muß doch die Wirtschaftsbe­hörde nicht auf die Problematik des Betrugstatbe­standes und die dazu vorhandenen Urteile und Ge­setzesbestimmungen hinweisen; da muß sie doch da­von ausgehen, daß die das selbst können und wis­sen. Es geht weiter:

Der Kriminalbeamte Schneeberger ermittelt zügig. Aber dann bleibt der Vorgang wegen Stellenwech­sels und Stellensperre bei der Staatsanwaltschaft Augsburg von August bis Anfang 1980 liegen.

Das ist ein Hauptpunkt, wo ich einmal darlegen möch­te, wie man hier einen Untersuchungsausschu8be­richt fälschen kann ..

(Zuruf: Fälschen?!)

- .Fälschen·, Herr Kollege, jetzt nicht im Sinne straf­rechtlicher Verantwortlichkeit. Machen Sie es nicht so dramatisch!

Am 7. März 1980 hat die Staatsanwaltschaft in Augs­burg diese Akten bekommen. Dann gab es ein Ge­spräch zwischen dem damaligen Sachbearbeiter, Staatsanwalt Moritz, und dem Polizeibeamten Schneeberger. Darüber ist in einem Aktenvermerk der Kriminalpolizei vom 17. März 1980 festgelegt:

Herr Moritz bat vordringlich zu klären, ob es sich lediglich um Preisabsprachen handle, die nach dem Kartellrecht als Ordnungswidrigkeiten sank­tioniert sind, oder ob mit Hilfe dieser Preisabspra­chen überhöhte Preise gefordert und erlangt wur­den. Nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für Betrugshandlungen gegeben seien, sei die Staats­anwaltschaft für die Ermittlungen sachlich zustän­dig.

Also eine genaue Weisung: Klärt einmal vorab diese Frage!

Dann ist vom 8. Juli 1980 ein Vermerk in den Akten, wonach die Kriminalpolizei gesagt hat, wegen anderer dringender Arbeiten dieses Verfahren nicht weiter be­treiben zu können, und erst am 5. August 1980 geht dann der Zwischenbericht an die Staatsanwaltschaft. Aber der Kollege Warnecke sagt: .Dann blieb das Verfahren drei Monate lang liegen•. Also, die Krimi­nalpolizei hat zwischen Auftrag und Zwischenbericht fünf Monate gebraucht; das war nach der Vorstelung des Minderheitenberichtes zügig. Aber die drei Mo­nate, wo es bei der Staatsanwaltschdtt war, waren Verschleppung. ·

Ich will jetzt keine Wertung abgeben, f' b die Polizei hätte schneUer arbeiten können. Nur, ich jetzt hier herzustellen und zu schreiben, die hä en zügig ge­handelt, die anderen hätten verschlepp , Herr Kolege Warnecke, ist irgendwie unseriös.

1 (Beifall bei der CSU)

Nur noch zwei Punkte; ich will Sie nich zu lange aus­dehnen, weil es letztlich bei diesem U tersuchungs­ausschu8 um ganz andere Dinge geh Auf Seite 14 linke Spalte unten steht im Minderheite bericht:

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Plenarprotokoll 10146 v. 04.04.84 Bayerlacher Landtag · 10. Wahlperiode 2533

(Dr. Merk! [CSU])

Mit Formblatt wird am 21. Dezember 1981, unter­zeichnet Dr. Kramm und Gauggel, im Wirtschafts­ministerium • Weglage des Vorgangs zu den Ak­ten" verfügt.

Herr Kollege Warnecke, wer nicht Jurist oder in Be­hördengängen nicht bewandert ist, sagt sich, da ha­ben sich der Dr. Kramm und der Gauggel einfach ge­sagt, Weglage des Vorgangs. Nun haben Sie aber doch sicher dieses Blatt gehabt, das Sie hier zitieren. Da handelt es sich um einen Vermerk für das Sachge­biet IV zur Behandlung, in Klammern § 1 GWB; das heißt, der Herr Dr. Kramm hat verfügt, diese Akten zur Vorlage bzw. statistischen Ausarbeitung für den Kartellbericht. zu nehmen; er hat nicht Weglage ver­fügt. Und wenn Sie seriös genug gewesen wären, hätten Sie gesagt, da gibt es in dem Formblatt drei Kästchen zum Ankreuzen: • Wiedervorlage", .zu den Akten" und .Weglegen", aber angekreuzt ist nur .zu den Akten". Da ist doch ganz klar, die Anweisung ge­hört eben zu den Akten, mit .Weglegen" ist über­haupt nichts drin.

(Abg. Warnecke: Ist der Akt weiter behan-delt worden?)

- Insofern, als es zu dem Material kam für den nächsten Kartellbericht. Dazwischen kam natürlich die ganze Sache auf. Ich bin ja auch dankbar, daß dies so passiert ist.

(Abb. Warnecke: Verjährung!)

- Das hat doch damit nichts zu tun. Sie sollten ein­fach richtig zitieren. Sie hängen sich an kleinen Din­gen auf, zitieren zum Teil falsch, um die Sache in ein falsches Licht zu rücken, weil Sie ganz einfach in eine ganz andere Richtung wollen.

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch eine ganze Menge. Ich wiH Sie damit nicht weiter langweilen. Wir haben uns im Untersuchungsausschuß bemüht, die Dinge entsprechend darzulegen. Die Minderheit war aber der Meinung, man sollte mehr oder minder nur das Wirtschaftsministerium in die Enge treiben. Nur so ist es verständlich, daß dieser Bericht so ausgefal­len ist. Es fehlt an dem Bestreben, einen einigerma­ßen objektiven Bericht zu geben. Man sieht keines­falls die Probleme aus der damaligen Sicht, sondern konstruiert aus der Sicht von heute, des Besserwis­sers, eine Reihe unhaltbarer Vorwürfe speziell gegen den politischen Kopf der Kartellbehörde, wejl man daraus politisches Kapital schlagen will.

Der Minderheitenbericht lenkt auch ab von dem, was wir letztlich erreichen wollten und sollten, eine Sensi­bilisierung aller am Bau Beteiligten, der Auftraggeber und der Auftragnehmer. Insofern hat es sogar etwas Gutes, daß dies so passiert ist; denn das Wirtschafts­ministerium, die Kartellbehörde, hat ja bisher schon Baupreisabsprachen festgestellt und geahndet. Im letzten Kartellbericht, der im Januar des vergangenen Jahres beraten worden ist, war, wenn ich mich richtig erinnere, von etwa 700 000 DM Bußen die Rede, wo­von etwa 500 000 DM auf Baupreisabsprachen entfie-

len. Nur, davon hat niemand gesprochen; das ist be­zahlt worden und damit unter den Tisch gefallen. Nach diesem .Mißgeschick" ist auf diesem Sektor eine allgemeine Sensibilisierung eingetreten, so daß ich glaube, daß sich da in Zukunft einiges tun wird.

Dieser Minderheitenbericht hat meines Erachtens auch den Boden vergiftet, auf dem wir aufbauen woll­ten im zweiten Teil dieses Untersuchungsausschus­ses, nämlich: Wie kann man Baupreisabsprachen, wenn schon nicht verhindern, so doch zumindest ein­dämmen? Das Expertenhearing hat dazu eine ganze Reihe von Vorschlägen erbracht, und wir haben in un­

. serer Fraktion auf Anweisung des Fraktionsvorsitzen­den eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die im wesentli­chen aus den Mitgliedern dieses Ausschusses, er­gänzt um einige andere Kollegen, besteht und die prüfen soll, was man aus dieser Expertenanhörung herausholen kann. Der Kollege Kling wird einige Vor­schläge schon heute darstellen und dann versuchen, konkrete Vorstellungen dem Parlament vorzulegen. Damit hätten wir erreicht, was in den Sitzungen, die der zweiten Ausschußsitzung folgten, noch erreicht werden sollte.

Meine Damen und Herren! Nach dem Aktenstudium war uns allen klar, was herauskommt; denn es stand schwarz auf weiß drin, wann wer welche Akten wohin geschickt hat, was der Inhalt ist, ob nun dieser Brief des Herrn Hoffmann an den Kollegen Diethei einen Eingangsstempel trägt oder nicht. All dies war uns klar. Die Fortsetzung sollte eigentlich nur zum Ziel ha­ben, herauszubekommen, was man anders machen kann, was vielleicht auch für Behörden anders laufen soll, damit es nicht zu Verjährungen kommt.

Meine Damen und Herren! In den Jahren, die ich Staatsanwalt war, es ist schon zehn Jahre her, kann ich mich nicht erinnern, daß es mir jemals am Anfang der Ermittlungen in den Sinn gekommen wäre zu prü­fen, ob die Verjährung vor der Tür steht. Beim Betrugstatbestand sind es fünf Jatire. Bis dahin habe ich eine Sache von der Polizei schon lange wieder zu­rückbekommen. Darum ist dem auch nicht diese Auf­merksamkeit geschenkt worden, weil man sich ge­sagt hat, Untersuchung auf Betrug, aber dann ist die Sache mit der Ordnungswidrigkeit passiert.

Herr Kollege Warnecke, es ist mit nichts zu rechtferti­gen, daß Sie im Minderheitenberieht sagen, dies sei absichtlich so geschehen, damit eintrete, was der Be­dienstete der Baufirma Kunz gesS19t hat, nämlich daß alles Makulatur sei und verjährt. Mit nichts ist dies zu rechtfertigen!

Meine Damen und Herren! Ich da · Ihnen zum Schluß noch einen ganz kleinen Abriß a s einer Veröffentli­chung wiedergeben, die mit meine AusfühnM'lgen zum Minderheitenbericht nicht in un ittelbarem Zusam­menhang steht. Ich habe gesagt, ines· unserer Ziele war, eine gewisse Sensibilisieru der Bevölkerung, der am Bau Betellgten zu errei hen. Wir sind der Meinung, die vielen Memorande aus der Bauwirt­schaft haben es gezeigt, daß wir dem Weg von ur-

.. -„

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(Dr. Merkl [CSU])

sprünglich striktem Ablehnen bis hin zum Eingehen auf unsere konkreten Vorschläge doch ein ganzes Stück weitergekommen sind.

Daß es immer noch Leute gibt, die glauben, daß, was da gemacht wurde und vielleicht noch gemacht wird, Rechtens sei, ergibt sich aus einem Gutachten, das eine Rechtsanwältin, Notarin a. D. Dr. Meierkord, Fachanwältin für Steuerrecht, vor kurzem verfaßt hat. Dieses Gutachten ist im .Steuerdienst für die Bau­wirtschaft", Nr. 3/1984, veröffentlicht, also ganz jun­gen Datums. Nachdem am Schluß der Hinweis steht .Nachdruck nur auszugsweise und unter Angabe der Fundstelle gestattet•, werde ich nur Auszüge brin­gen. Die Fundstelle habe ich genannt. Ich glaube, es ist sehr lehrreich, dies einmal vorzutragen. In dem Gutachten steht folgendes:

Außerhalb der Unternehmerkreise, insbesondere bei den Bundesbürgern, die die öffentliche Mei­nung beeinflussen, weiß kaum jemand, für welche Straftat die Unternehmer, insbesondere viele Bau­unternehmer, mit Kartellbußen belegt worden sind. Redakteure, Journalisten, Studienräte, Freiberuf­ler, Hausfrauen, Angestellte und Arbeiter, die wir danach gefragt haben, waren sämtlich davon über­zeugt, daß die verhängten hohen Geldbußen min­destens auf das Vorliegen von Betrug und arglisti­ger Täuschung schließen ließen. Niemand von ih­nen konnte glauben, daß die Unternehmer ledig­lich die von ihnen errechneten und in ihren Ver­tragsangeboten enthaltenen Einzel- und Gesamt­preise für ihre Bauleistungen verglichen und unter­einander abgestimmt hätten.

Dem Erstaunen, daß dies der kartellbestrafte Tat­bestand sei, folgte dann in fast allen Fällen die Feststellung, das könne doch nicht wahr sein, denn das tue doch sonst auch jeder. Und so ist es. Aber alle anderen Bundesbürger dürfen das, nur den Unternehmern, insbesondere den Bauun­ternehmern, ist es verboten. Und eben das muß unseres Erachtens von den Unternehmern beson­ders deutlich öffentlich dargestellt werden, damit das Rechtsbewußtsein der Bevölkerung sich die­serhalb nicht an völlig irrigen Vorstellungen orien­tiert.

Wenn die Arbeitnehmer aller Berufsgruppen sich regelmäßig Jahr für Jahr in ihren Gewerkschaften zusammensetzen, um die Preise für ihre Arbeits­leistungen zu besprechen, ihre erwünschte Höhe zu berechnen und ihre Lohnforderungen danach zu bestimmen, so ist das nach allgemeiner Mei­nung eine gemeinsame Festsetzung ihrer legiti­men Lohnansprüche. Denn ihre gemeinsame Ab­sprache über den Preis für ihre Arbeitsleistungen und ihre gemeinsame Forderung eines solchen übereinstimmenden Preises macht sie stark und wettbewerbsfähig.

Wenn aber nun zwei oder drei Unternehmer mit­einander besprechen, wie sie die Preise für ihre Arbeitsleistungen berechnen und bestimmen wol-

len, so ist das ein schweres, bußgeldforderndes Kartellvergehen.

So geht es mit den Beispielen weiter. Letztlich kom­men auch wir Abgeordnete und die Parteien mit dem Parteiengesetz in gleicher Weise an die Reihe. Wir setzten unsere Preise fest, und die Bauunternehmer dürften dies nicht. Deshalb kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, hier muß man eine andere Aufklä­rungsarbeit betreiben.

Meine Damen und Herren! Ich meine, wenn es darum geht, künftig innerhalb der Fraktionen konkrete Vor­schläge auszuarbeiten, sind sich beide Parteien in diesem Hohen Hause einig, daß die Vorschläge nicht in diese Richtung gehen werden, sondern die Bau­preisabsprachen als das darstellen werden, was sie sind: Unrecht, das geahndet werden muß.

Etwas ganz anderes ist, was wir tun können und tun müssen, beginnend von der Verstetigung der Bau­nachfrage bis zu Einzelmaßnahmen, um Baupreisab­sprachen einzudämmen, vielleicht überflüssig zu ma-chen. ·

Wir sollten nicht aus dem Auge verlieren, daß es zwei Aufgaben waren, die der Ausschuß erhalten hat, und nicht eine, Herr Kollege Warnecke. Schon gar nicht war unsere Aufgabe, durch solche Konstruktionen einer Behörde, die wirklich daran nicht die Schuld hat, die Sie ihr zumessen, Schuld zuzuweisen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Kollege Neu­burger.

Neuburger (SPD): Herr Präsident, Hohes Haus! Mein Kollege Warnecke hat bereits ausführlich die rechtli­che Seite des Vorgangs und auch die völlig unbefrie­digende Arbeit des Untersuchungsausschusses be­leuchtet. Ich will mich nicht wiederholen und auch nicht auf die Ausführungen des Kollegen Dr. Merkl eingehen. Sie werden abschließend noch einmal zu werten sein.

Ich glaube, ich darf aber feststellen, Herr Kollege Dr. Merkl, daß die Atmosphäre nicht dadurch vergiftet wird, daß Sie von Ausführungen der Opposition offen­sichtlich hart getroffen werden. Das darf ich vorweg zu Ihrer Aussage feststellen, daß der Minderheitenbe­richt die Atmosphäre vergiftet hätte.

Lassen Sie mich zu. drei Punkten kura Stellung neh­men.

Eine der zentralen Fragen in diesem l.tltersuchungs­ausschuß betraf die Verjährungsfrist , sowohl bei der Landeskartellbehörde als auch b der Staatsan­waltschaft Augsburg. Wenn der Leiter er Landeskar­tellbehörde, der Kollege Warnecke ha es bereits ge-sagt, im Untersuchungsausschuß idersprüchlich einmal feststellt, ich zitiere wörtlich, aß nicht zum erstenmal ein Absprachekomplex an ie zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben wurde" später jedoch einräumen muß, daß während seiner A tszeit als Re­feratsleiter noch nie ein solches Ve ahren an die

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2535

(Neuburger [SPD])

Staatsanwaltschaft abgegeben wurde, dann belegt dies zumindest die Unsicherheit, die in dieser Behör­de geherrscht haben muß.

Ich habe mir den letzten Kartellbericht für die Jahre 1980/81 vorgenommen, um festzustellen, in welcher Größenordnung sich bisher geahndete Verstöße ge­gen das Kartellrecht bewegen. Dabei komme ich zu der Zahl, die Sie genannt haben, Herr Kollege Dr. Merkl. In den beiden letzten Jahren wurden we­gen Submissionsabsprachen Geldbußen in Höhe von 701 500 DM verhängt. In allen Fällen konnte, wie ich dem Kartellbericht entnehme, der Tatbestand der Ab­sprachen und in zwei Fällen auch das Vorliegen soge­nannter Null-Listen nachgewiesen werden.

Der Landeskartellbehörde waren Problematik und Absprachepraxis also bestens bekannt. Es muß des­halb verwundern, daß also zwar _kleine Fische", es war ja eine Vielzahl von Verfahren, ins Netz gingen, daß sich dieses Netz aber als zu klein erwies, als plötzlich eine Vielzahl von Haifischen damit gefangen werden sollten.

Ich stelle diese zwei Zahlen zur Verdeutlichung ge­genüber: einmal rund 700 000 DM Bußgeld wegen Baupreisabsprachen innerhalb von zwei Jahren, und zum anderen Geldbußen in Millionenhöhe durch das Bundeskartellamt für den Rest der noch nicht verjähr­ten Absprachen in der gleichen Sache. Diese betra­fen nur noch einen ganz kleinen Teil der Betroffenen.

Vielleicht läßt sich das Verhalten der Landeskartellbe­hörde auch mit der Feststellung auf Seite 31 des an­geführten Kartellberichtes erklären. Dort heißt es; ich darf mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, zitieren:

Zur Vermeidung einer unangemessen langen Ver­fahrensdauer in derartigen Fällen sah sich deshalb die Landeskartellbehörde gezwungen, die Zahl neuer formeller Verfahren in vertretbaren Grenzen zu halten.

Könnte dies nicht auch ein Grund dafür sein, daß man die Unterlagen zwischen Staatsanwaltschaft und Lan­deskartellbehörde im Pingpong-Spiel bis zur Verjäh­rung hin- und hergeschoben hat? Sie, Herr Staatsmi­nister, müssen darauf eine Antwort geben.

Ein zweiter Punkt im Rahmen des Untersuchungs­ausschusses sollte bedenklich stimmen. Ich gestehe zu, es war nicht Untersuchungsauftrag, aber wir hat­ten ja auch über den Tellerrand hinaus Vorschläge zu machen, wie es weitergehen soll. Ich meine die Ver­antwortung des Wirtschaftsministeriums, nach Be­kanntwerden der Absprachefälle die Auftraggeber der abgesprochenen Baumaßnahmen zu verständi­gen. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um staatliche und kommunale Behörden und Dienststel­len, die ein vitales Interesse an einer solchen Mittei­lung haben mußten. Schließlich geht es auch darum, ob innerhalb der möglichen Fristen noch Regreßan­sprüche gestellt werden können oder nicht. Schließ­lich wurden, auch mit dem Geld aller Steuerzahler, Aufträge vergeben, und die dafür Verantwortlichen haben diesen Bürgern gegenüber Rechenschaft ab­zulegen.

Nach unserer Ansicht ist im Untersuchungsausschuß die Tätigkeit der Preisaufsichtsbehörde bei den Be­zirksregierungen ebenfalls zu kurz gekommen. Ich gestehe zu, es war nicht Untersuchungsauftrag, aber es war dem zweiten Teil zuzuordnen. Damit ich richtig verstanden werde: Ich kritisiere nicht die Arbeit die­ser Kreisbehörden und mache ihnen keinen Vorwurf, im Einzelfall nicht tätig geworden zu sein. Denn nach der bei allen Bezirksregierungen geübten Praxis wer­den diese nur tätig, wenn ein bestimmter Verdacht vorliegt. Man prüft später die Verwendungsnachwei­se, das ist dort Usus, und gibt bei Beanstandungen die Unterlagen wieder an die Landratsämter oder an die kreisfreien Städte zurück.

Ich bin der Meinung, daß man diese Praxis dahin än­dern sollte, daß VOB-Stellen und Preisaufsicht bereits im Vorfeld tätig werden und daß sie bei Ausschrei­bungen und Vergabe ab einer bestimmten finanziel­len Größenordnung die Ausschreibungs- und Verga­beunterlagen zu prüfen haben. Bedenkliche Vorfälle, wie sie in jüngster Zeit in meinem eigenen überschau­baren kommunalen Bereich vorgekommen sind, könnte es dann nicht mehr geben.

Lassen Sie mich auch noch einmal unsere Forderung nach der Einführung eines neuen Straftatbestandes Submissionsbetrug in § 264 a des Strafgesetzbuches erhärten. Wir sind der Meinung, daß Bußgelder be­reits in der Kalkulation enthalten sind. Wie wir alle wissen, konnten sie vorübergehend, allerdings nur für sehr kurze Zeit, sogar von der Steuer abgesetzt wer­den. Sie schrecken also nicht ab. Ein solcher Straftat­bestand würde darüber hinaus nicht den Mann im zweiten Glied treffen, auf den man erfahrungsgemäß in vielen Fällen die Dinge abschieben kann, sondern den von einem rechtswidrigen Verhalten in allererster Linie profitierenden Unternehmer.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abg. Brosch)

- Bitte, Sie können nachher ja dazu Stellung nehmen. Wir werden die· Dinge ohnehin noch abschließend werten müssen.

Nach meinem Dafürhalten ist hier die Bayerische Staatsregierung gefordert. Ich dar1 Sie, meine Damen und Herren, daran erinnern, daß aus unserem Nach­barland Hessen ein Vorstoß im Bundesrat vorliegt. In Hessen wurde die Volkswirtschaft durch Absprachen im Baubereich im Jahre 1982 um 2;7 Millarden DM ge­schädigt. Die bayerischen Zahlen· sind offensichtlich noch nicht zusammengestellt. Un erstützen Sie bitte diese Bundesratsinitiative! Sorgen wir gemeinsam da­für, nicht zuletzt auch im lnteress der im Baubereich tätigen Arbeitnehmer, sie leiden ja auch darunter, nicht nur das Ansehen der Bauwi schalt, daß wieder klare, übersichtliche, überschaub re und sowohl für den Auftraggeber als auch für den uftragnehmer be­friedigende Verhältnisse einkehre

Meine sehr verehrten Damen und erren ! Lassen Sie mich abschließend noch einmal a den heute mehr­fach zitierten Kriminalhauptkomm sar Schneeberger aus Augsburg eingehen. Dieser P lizeikollege war si-

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2536 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

(Neuburger [SPD])

cherlich einer der Kleinsten, die mit diesem Baupreis­skandal befaßt waren. Er war der einzige, der Rück­grat gezeigt hat, der in einem Bereich, in dem die meisten, auf ihre persönliche Karriere bedacht, sich angepaßt verhalten, auch einmal gegen den Stachel gelöckt hat. Als aus den bereits angeführten Gründen das Landeskartellamt versagt hatte, war er es, der schließlich, ohne Rücksprache mit vorgesetzten Stel­len und ohne Einhaltung und Einschaltung des oft hinderlichen Dienstweges, das Bundeskartellamt ver­ständigte und so die Möglichkeit schuf, und nur da­durch wurde sie geschaffen, daß wenigstens ein Teil der noch nicht verjährten Verstöße geahndet werden konnte.

(Beifall bei der SPD)

Es werden in diesem Lande zu den verschiedensten Anlässen an eine Vielzahl von Personen, an Gerechte und Ungerechte, Orden und Auszeichnungen verlie­hen. Viele sind noch dazu an hochdotierte Positionen und Stellungen geknüpft. Wenn jemals ein Orden eine Berechtigung hatte, dann im Falle des kleinen Polizei­beamten in Augsburg! Er hat, ohne in dieser Form einen Eid abgelegt zu haben, Schaden von seinem Volke abgewendet und den Nutzen dieses seines Vol­kes durch sein Verhalten gemehrt.

(Beifall bei der SPD - Abg. Möslein: Das ist seine Dienstaufgabe als Polizeibeamter!)

Ich schlage ihn deshalb vor dem Plenum des Bayeri­schen Landtags in dieser nicht alltäglichen Form für die Verleihung des Bayerischen Verdienstordens vor. Ich bitte die Staatskanzlei, die Voraussetzungen dafür zu schaffen und dem Landtag darüber zu berichten.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abg. Dr. Richter)

- Sie können mithelfen, Herr Richter.

(Abg. Dr. Richter: Haben wir hier Plenum oder Kasperltheater? - Gegenrufe

bei der SPD)

Anerkennen wir damit einen Polizeibeamten, der in einer heute leider selten gewordenen Art und Weise Zivilcourage gezeigt hat!

(Beifall bei der SPD)

Präsident Dr. Heubl: Das Wort erteile ich dem Herrn Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr.

Staatsminister Jeumann: Herr Präsident, Hohes Haus! Ich bitte um Nachsicht, ich bin sehr erkältet.

Sie behaupten, Dr. Kramm und ich hätten falsche und/oder der Wahrheit nur teilweise entsprechende Angaben in verschiedenen Gremien gemacht. Dies werte ich als einen Vorwurf der Lüge.

(Abg. Brosch: Richtig!)

Wenn Sie einen solchen Vorwurf erheben, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn ich zurückschlage. Denn es ist ungeheuerlich, meine Damen und Herren, einen

Beamten meines Hauses und mich der Lüge zu be­zichtigen. Ich habe im Ausschuß auf jede Frage Rede und Antwort gestanden und habe auch keinerlei An­stalten gemacht, mich nicht vereidigen zu lassen. Ich habe auf weitere Fragen gewartet - nichts ist gekom­men. Und nachher stellen Sie fest: falsche Angaben gemacht!

Es beginnt schon mit der Art und Weise, wie die Be­richtsverfasser mit den Beweismitteln umgehen: kein Beleg für diese verleumderische Behauptung weit und breit. Wo ist im Minderheitenbericht ein Beleg dafür, daß ich in irgendeiner Beziehung nicht die Wahrheit gesagt hätte?

(Beifall des Abg. Dr. Wilhelm)

Nichts wird belegt; es werden einfach Behauptungen aufgestellt.

(Abg. Brosch: Das ist Methode!)

Ich möchte einige Beispiele herausgreifen, die für den Minderheitenbericht charakteristisch sind.

So wird z. B. bei den Aussagen des Herrn Dr. Kramm und des Vizepräsidenten des Bundeskartellamts, Herrn Dr. Niederleithinger, unterschlagen, daß letzte­rer seine Aussage berichtigt hat.

(Abg. Brosch: Das paßt nicht ins Bild!)

Es wird einfach festgestellt, daß Dr. Kramm wahr­scheinlich die Unwahrheit gesagt habe; jedenfalls sei ein Widerspruch da.

Meine Damen und Herren! Wären Sie unvoreinge­nommen nach den Regeln der Beweisfindung und Beweiswürdigung vorgegangen, dann hätten Sie auch an manchen anderen Stellen zu anderen Ergeb­nissen kommen müssen. Warum unterschlagen Sie, um nur ein Beispiel zu nennen, die Tatsache, daß Ihr Kronzeuge Hoffmann über alle Telefongespräche mit den seiner Meinung nach maßgeblichen Stellen minu­tiös Aufzeichnungen gemacht hat, ausgerechnet aber über das von Ihnen als Beweis für Verzögerungstak­tik der Landeskartellbehörde herangezogene angebli­che Gespräch Anfang August 1979 aber nach eigener Aussage nicht? Ich erspare mir auch hier die Ausfüh­rung weiterer Details.

Den Verfassern des Minderheitenberichts erscheint es unerklärlich, drittes Beispiel, daß Oberamtsrat Gauggel seinerzeit nur die Aktenordner der letzten drei bis vier Jahre und nicht auch das restliche Mate­rial mitgenommen hat. Hier wird die Methode der Be­richtsverfasser sichtbar. Das Vorgehen Gauggels soll ins Zwielicht gerückt werden, obwohl die Untersu­chungen des Ausschusses gezeigt haben, daß die Verfahrensweise Gauggels leicht zu erklären und er­mittlungstaktisch durchaus sachgere4ht und plausi­bel war. Gauggel hat nämlich zunäc t alle Unterla­gen mitgenommen, die Belege für · denfalls noch nicht verjährte Fälle enthalten. Das re !liehe Material blieb, wie übrigens gegenüber Hoff nn ausdrück­lich betont wurde, ohnehin dem Zugr offen. Es war ja da, konnte jederzeit zugezogen w den. Aber zu­nächst ging es Gauggel darum, alle di Dinge an sich zu nehmen, die noch nicht verjährt aren. Was ist daran schizophren oder falsch?

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Ptenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2537

(Staatsminister Jaumann)

(Zuruf des Abg. Münch) Die Landeskartellbehörde stand vorerst gar nicht vor dem Problem, möglichst viele Beweisurkunden in ih­ren Besitz zu bekommen. Vielmehr galt es vorrangig, die Akten der letzten, noch offenen Taten zu überprü­fen und geeignete Schritte in die Wege zu leiten. Die Qualität des Materials ergab so gravierende Anhalts­punkte für den Verdacht auf betrügerische Handlun­gen, ich komme gleich noch einmal darauf zurück, daß die Staatsanwaltschaft so schnell wie möglich eingeschaltet werden mußte. Das hat die Landeskar­tellbehörde dann ja auch zeitnah getan. Ob Fortset­zungszusammenhang bestand oder nicht, war in die­sem Stadium noch völlig uninteressant. Als Jurist, Herr Warnecke, müßten Sie wissen, daß die Verjäh­rung bei fortgesetzten Taten mtt Beendigung bzw. Vollendung der letzten Tat überhaupt erst beginnt. Eine VerjährungsuQterbrechung bei der letzten Tat hätte automatisch davor liegende Taten mit erfaßt, ganz gleich, ob die Landeskartellbehörde oder die Staatsanwaltschaft nun im Besitz der Unterlagen ge­wesen wäre oder nicht.

Das Bundeskartellamt hat deshalb auch nicht, wie im Minderheitenbericht fälschlich festgestellt wird, so­fort auf die älteren Unterlagen zurückgegriffen, son­dern erst nachdem es detaillierte Einzelermittlungen durchgeführt hatte. Ich habe schon darauf hingewie­sen, daß das vorgefundene Material gravierende An­satzpunkte für betrügerische Handlungen enthielt.

(Zuruf von der SPD)

- Ich habe Ihnen auch zugehört. Ich will nur drei be­sonders markante Fallgruppen von Absprachen her­ausstellen, in denen der für Betrug so bedeutsame Vermögensschaden beim Bauherrn klar erkennbar war.

Das Material enthielt Null-Preislisten, also eigens für die Absprache erstellte Basisangebotsberechnun­gen, die nach Aussagen Hoffmanns gegenüber der · Kartellbehörde bereits überhöhte Preise auswiesen.

ferner wurden betriebsinterne Vorkalkulationen ge­funden bzw. von Hoffmann angegeben, die zeigten, daß bei normalem Verlauf der Ausschreibung wesent­lich niedrigere Angebote abgegeben worden wären. Hoffmann hat das vor dem Untersuchungsausschuß noch einmal bekräftigt.

Schließlich ist die Landeskartellbehörde bei Überprü­fung des Materials auf Fälle gestoßen, in denen Aus­schreibungsunterlagen, die zur Abgabe fällig und un­terschrieben waren, kurz vor dem Abgabetermin zu­rückgezogen worden waren, weil ein Absprachebetei­ligter interveniert ·und ein höheres Schutzangebot ge­fordert hatte. Ich möchte das an einem Beispiel erläu­tern: An einer Ausschreibung für Brückenbauten be­teiligten sich zwei Unternehmen. Das eine hatte, durch Zeugenaussagen belegt, zunächst selbständig und betriebsintern den Angebotspreis auf 715 000 DM kalkuliert. Die andere Firma sollte den Zuschlag erhalten. Sie wollte rund 895 000 DM. Sie hat eine Null-Preisliste mit dem handschriftlichen Quervermerk gefertigt: Unsere Preise um 6 Prozent

überbieten, alle Preise ändern! Diese Liste übermit­telte sie dann dem Absprachepartner. Der gab sein Angebot nicht, wie ursprünglich geplant, über 715 000 DM, sondern über 910 000 DM ab. Ab­sprachegemäß wurde der Zuschlag dem scheinbar günstigsten Angebot über 895 000 DM erteilt.

(Abg. Brosch: Eindeutig Betrug!) Meine Damen und Herren! Wer denkt denn hier nicht an Betrug? Die Landeskartellbehörde hatte in Fällen wie diesem den Verdacht, daß der Auftraggeber be­trogen worden sei, hier mit einem Schaden in Höhe von 180 000 DM, was etwa einem Viertel des Wertes der tatsächlichen Bauleistungen entspricht. Sind das nicht ausreichende Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung, bei deren Vorliegen im übrigen eine ge­setzliche Pflicht zur Abgabe an di.e Staatsanwalts­chaft besteht? Stellt die Unterdrückung solcher An­haltspunkte, wie dies der Minderheitenbericht der Kartellbehörde ansinnt, nicht eine Strafverettelung im Amt dar? Meine Damen und Herren! Wenn die Landeskartellbe­hörde der Meinung ist, daß Betrug vorliegt, und sie den Fall trotzdem nicht der Staatsanwaltschaft über­gibt, dann ist das Strafvereitelung im Amt, nichts an­deres. An dieser Stelle möchte ich die grundlegend falsche Ausgangsthese des Minderheitenberichts korrigie­ren.

(Zuruf des Abg. Münch) Um die Vorwürfe und Verdächtigungen überhaupt auf ein scheinbar glaubwürdiges Fundament stellen zu können, mußte die Opposition die Grundannahme, nämlich die Möglichkeit einer Bestrafung von Bau­preisabsprachen als Betrug, als völlig abseitig und ausgeschlossen hinstellen. Das ist heute wieder ge­schehen. Dieses Fundament, meine Damen und Her­ren von der SPD, kann aber nicht halten. Es ist ganz einfach nicht wahr, daß Baupreisabsprachen nach geltendem Recht nicht als Betrug verfolgbar sind. Auch in diesem Punkt argumentiert der Minderheiten­bericht unseriös und für einen Juristen beschämend.

(Beifall bei der CSU - Abg. Warnecke: Gibt es ein Urteil oder nicht?)

Ganz überwiegend wird, anders als Sie es in Ihrem Bericht glauben machen wollen, immer dann Betrug angenommen, wenn dem Bauherrn durch Baupreis­absprachen ein Schaden entstanden ist. Das ist die allgemeine Überzeugung. Und um solche Fälle geht es hier. Daß das so ist, wollen Sie offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen. Sie verwQisen lapidar auf ein Urteil, das der Bundesgerichtsho!' 1961, vor nunmehr 23 Jahren, gefällt hat, als er in ei"3m besonders gela­gerten Einzelfall zu entscheiden ~atte. Warum haben Sie die Begründung dieses Urtei'5 nicht aufmerksam gelesen?

(Zuruf des Abg. M nch) Sie hätten dann feststellen könn n, daß der Bundes­gerichtshof die Annahme eines ermögensschadens und damit eines Betruges für an rs gestaltete Sach­verhalte nicht ausgeschlossen, s ndern durchaus be­jaht hat. So führte er unter ande m aus, daß derarti-

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2538 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

(Staatsminister Jaumann)

ge Machenschaften unter dem Gesichtspunkt des Betruges in aller Regel dann Bedeutung gewinnen können, wenn es dem Handelnden darauf ankomme, den Auftraggeber zu einer Leistung zu bestimmen, hinter der die von ihm angebotene Bauleistung im Wert zurückbleibe.

Die Kommentatoren, die Sie in Ihrem Minderheitenbe­richt zitieren, können Sie für Ihre Meinung nicht in An­spruch nehmen. Die Kommentare erwähnen das Ur­teil des Bundesgerichtshofs jeweils nur im Zusam­menhang mit der Frage der Gleichwertigkeit von Lei­stung und Gegenleistung. Sie schließen aber keines­wegs aus, daß Absprachen, die wie hier zu einem Preisniveau über dem Wettbewerbspreis führen, den Tatbestand des Betrugs erfüllen können.

Ich frage weiter: Haben Sie den Kartellgesetzkom­mentar von lmmenga-Mestmäcker, den man als Pa­landt der Wettbewerbsrechtler bezeichnen kann, zu Rate gezogen? Dort hätten Sie das geltende Recht und die Meinungen der wissenschaftlichen Literatur dargestellt gefunden. Namhafte Professoren wie Arzt, Baumann, Möschel, Tiedemann, anerkannte Straf­und Wettbewerbsrechtler, bejahen übereinstimmend die Verfolgbarkeit von Baupreisabsprachen als Be­trug. Auch die Praktiker unter den Juristen sind die­ser Meinung, wie erst kürzlich eine Tagung des Ar­beitskreises Wirtschaft und Verwaltung an der Univer­sität Bamberg gezeigt hat. Dort hat eine Anzahl von Staatsanwälten unter anderem auch dieses Thema diskutiert. Differenzen, meine Damen und Herren, jetzt hören Sie genau zu, bestehen lediglich in der Frage des Schadensnachweises und hier nur bei der Wertung der Gewichtung der im Einzelfall von Be­schuldigten vorgebrachten Schutzbehauptungen. Auch den Schadensnachweis in diesem konkreten Fall glaubten wir führen zu können. Er war aufgrund der Aktenlage ersichtlich.

(Abg. Münch: Warum hat die Staats-anwaltschaft dann ... )

- Ich habe nicht über die Staatsanwaltschaft zu re­den, sondern darüber, was das Landeskartellamt zu tun hatte, und nach welchen Gesichtspunkten das Landeskartellamt vorgegangen ist.

Was ich eben vorgetragen habe, erwähnt der Minder­heitenbericht mit keinem Wort. Er stützt sich statt­dessen auf Professor Bruns, und zwar auf nichts an­deres als einen Auszug aus einem Gutachten für einen Beschuldigten im Zusammenhang mit einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, wo Bruns eine vereinzelt gebliebene Auffassung vertritt. Es handelt sich hier gewissermaßen um ein Gutach­ten für einen Beschuldigten. Bruns weist nach, daß der Nachweis des Schadens überhaupt nicht geführt werden kann.

Tatsächlich ist es so, daß in der Praxis Baupreisab­sprachen auch unter dem Gesichtspunkt des Betrugs verfolgt werden. Derzeit ermitteln die Staatsanwalt­schaften Oldenburg und Frankfurt in einschlägigen Fällen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat in einem weiteren Fall bereits Anklage erhoben. Auch unter

den Kartellbehörden war und ist es allgemeine Mei­nung, daß bei begründeten Anhaltspunkten Submis­sionsabsprachen durchaus als Betrug verfolgt wer­den müssen. Diese Informationen, meine Damen und Herren, die ich Ihnen gerade gegeben habe, hat Dr. Kramm be­reits im Untersuchungsausschuß mitgeteilt. Kein Wort davon im Minderheitenbericht, im Gegenteil, es finden sich nur Halbwahrheiten und manipulativ ver­drehte Tatsachenmitteilungen. Die Verfasser des Min­derheitenberichts entwickeln eine irreale Fiktion, die Sach- und Fachverstand vermissen läßt. Die Schilde­rung des nach ihrer Meinung optimalen Verfahrens­ablaufs - der Minderheitenbericht beschreibt ja, wie es hätte sein können; es gibt einen ganzen Passus dazu - zeigt, wie wenig sie die verwaltungsinterne Ablauforganisation kennen und wie wenig Sie die er­forderlichen Schritte aus ermittlungstaktischen Grün­den nachvollziehen können. Die Hoffmann-Unterlagen, das ist ein ganz gewichti­ges Argument, trennen in Beweise für Ordnungswid­rigkeiten und solche für Straftaten. Eine solche Tren­nung vorzunehmen ist schlichtweg Unsinn, weil man da nicht trennen kann. Man kann nicht sagen, daß das eine eine Ordnungswidrigkeit ist und das andere eine strafbare Handlung. Mit dieser Einstellung zieht man die Ermittlungen auseinander und weist sie der Staatsanwaltschaft auf der einen Seite und der Kar­tellbehörde auf der anderen Seite zu. Die Sachverhal­te sind verknüpft und rechtlich derart eng miteinan­der verbunden, daß ein Auseinanderreißen jede Er­mittlung erschwert hätte. Nicht umsonst sieht das Ordnungswidrigkeitengesetz vor, daß bei Anhalts­punkten für Straftaten und für Ordnungswidrigkeiten die Verfolgung in einer Hand konzentriert wird, und zwar in der Hand der Staatsanwaltschaft. Schließlich hat sie auch die weitergehenden, allumfassenden Er­mittlungsbefugnisse, wesentlich mehr als die Kartell­behörde. Ebenso wirklichkeitsfern wie die Fiktion der Abgren­zung einzelner Sachverhalte ist die Forderung nach Zwischenschaltung des Justizministeriums. Sie be­rücksichtigt nicht die Ausgangssituation, in der sich die Landeskartellbehörde in den Jahren 1979 und 1980 befand. Da waren Unterlagen mit gewichtigen Hinweisen für mögliche Betrügereien. Da ist das Ge­setz über Ordnungswidrigkeiten, das in solchen Fäl­len die direkte Abgabe an die Staatsanwaltschaft ver­langt. Wörtlich heißt es in § 41 des Ordnungswidrig-keitengesetzes: .

Die Verwaltungsbehörde gibt die $ache an die Staatsanwaltschaft ab, wenn Anhalt~punkte dafür vorhanden sind, daß die Tat eine Sir at ist.

So lapidar ist das. Wer kann denn nach em Sachver­halt davon ausgehen, daß kein Anhalt unkt für eine Straftat vorgelegen hat? Über die Fra e der grund­sätzlichen Strafbarkeit von Baupreisa sprachen als Betrug besteht im übrigen zwischen er Staatsan­waltschaft und der Landeskartellbeh rde keinerlei Dissens. Ich frage Sie: Was hätte die andeskartell­behörde zum Anlaß nehmen sollen, die der Staatsan­waltschaft und nicht etwa der Landes artellbehörde vorgesetzte Dienststelle einzuschalten .

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(Staatsminister Jaumann)

Ich halte als Zwischenergebnis fest: Bei einem derar­tigen Tatkomplex Betrug anzunehmen war keines­wegs abwegig, sondern es stand in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung. Es bestand ein wohl­begründeter Betrugsverdacht. Die Landeskartellbe­hörde war in diesem Fall nach dem Gesetz zur Abga­be verpflichtet. Sie tat dies auch, weil sie strafwürdi­ges Verhalten nicht unter den Teppich kehren wollte. Worauf wollen Sie also den Vorwurf der Verfahrens­verschleppung noch stützen?

Meine Damen und Herren, ich muB noch einmal wie­derholen: Der Minderheitenbericht sucht mit aller Macht nach Beweisanzeichen für seine vorgefaßte Meinung.

Nur so ist es auch erklärbar, daß bei der Frage, wie sich die Landeskartellbehörde nach Abgabe des Ver­fahrens verhalten hat, wiederum die Ergebnisse ·der Ermittlungen des Untersuchungsausschusses ver­fälscht wurden. Die Landeskartellbehörde hat weder Verzögerungsstrategie betrieben noch unsinnige Prü­fungen angeregt. Vielmehr hat sie von Anfang an die Rückgabe der Vorgänge erbeten, falls die Staatsan­waltschaft eine Strafverfolgung ausschließen würde. Sie hat sachdienliche Ermittlungshinweise gegeben und aus ihrer Kenntnis der marktwirtschaftlichen und wettbewerblichen zusammenhänge heraus zum Bei­spiel darauf hingewiesen, daß, wie jeder Fachmann weiß, es nötig und hilfreich sein kann, das Schicksal der einzelnen Submissionen zu verfolgen und nach betriebsinternen Vorkalkulationen zu forschen. Daß anläßlich dieser Kontakte auch über Verjährungsfra­gen gesprochen wurde, haben Dr. Kramm und Gaug­gel überzeugend dargelegt; das haben sie auch mir gegenüber versichert. Meine Damen und Herren, ich habe deswegen auch keinen Anlaß, irgendeinen mei­ner Beamten zu rügen. Wie käme ich denn dazu, es sei denn, ich komme zur Überzeugung, der lügt mich an. Dann hätte ich es natürlich getan. Wenn das aber nicht der Fall ist, kann ich es ja gar nicht tun.

Abgesehen davon, daß die Landeskartellbehörde auch andere Aufgaben, insbesondere im Bereich des gestaltenden Wettbewerbsschutzes und zukunftswei­sender Forderungen des Wettbewerbs zu erfüllen hat, ist es ganz einfach nicht Aufgabe der Verwal­tungsbehörde, die Staatsanwaltschaft zu überwachen und sich als deren Kontrollorgan aufzuführen. Wir ha­ben im Verlauf dieses Untersuchungsausschusses und schon vorher immer wieder darauf hingewiesen, daß nach der Gesetzeslage die Staatsanwaltschaft al­lein Herrin des Verfahrens ist. Das ist kein rein forma­ler Standpunkt, sCllndern ein verfahrensökonomischer Standpunkt, um Doppelrecherchen, Leerlauf und In­formationslücken zu vermeiden. Deswegen ist diese Regelung geschaffen worden.

Der Minderheitenbericht ignoriert im übrigen ganz bewußt, daß die Staatsanwaltschaft das Verfahren je­derzeit an die Landeskartellbehörde zurückgeben und damit gleichzeitig die Verjährung unterbrechen konnte. Die Landeskartellbehörde hätte es also gar nicht in der Hand, das Verfahren zu verzögern.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch auf zwei Punkte eingehen, die deutlich machen, daß der Minderheitenbericht, wo es irgend geht, unbestritte­ne Tatsachen unterdrückt und klare gesetzliche Re­gelungen einfach mißachtet. Er rügt, daß die Preisbe­hörden nicht verständigt worden seien, verschweigt aber, daß eine Verständigung der Preisbehörde sinn­los gewesen wäre, weil die Prüfung sogenannter Wettbewerbspreise nach Erteilung des Zuschlags un­zulässig ist. Außerdem hätte die Landeskartellbehör­de keine Unterlagen zur Verfügung gehabt, aus de­nen sie ausreichend konkrete Angaben hätte herlei­ten können. Auf diesen Gesichtspunkt hat bereits Dr. Kramm hingewiesen.

Das gleiche gilt für die geforderte Verständigung der Auftraggeber. Wenn überhaupt, hätte die Staatsan­waltschaft Namen und Anschriften der Auftraggeber sowie Anzahl und Bezeichnung der betroffenen Pro­jekte gekannt. Im übrigen, das möchte ich aber im einzelnen nicht vertiefen, müßte man überprüfen, in­wieweit die Verschwiegenheitspflicht des Amtsträ­gers und das Amtsgeheimnis dem entgegenstehen. Bekanntlich ist ja auch die Verletzung eines fremden Geheimnisses durch Amtsträger strafbar.

Meine Damen und Herren! Zum Schluß möchte ich noch etwas zu den Vorwürfen gegen meine Person sagen. Ich habe schon vor dem Untersuchungsaus­schuß erklärt, daß ich der mir unterstellten Landes­kartellbehörde möglichst freie Hand lasse. Ich versu­che damit, eine gewisse Parallelität zu der Unabhän­gigkeit herzustellen, die den weisungsfreien Be­schlußabteilungen des Bundeskartellamtes kraft Ge­setzes zusteht. Ich kann diese Freiheit auch deswe­gen geben, weil ic.h zu dem Leiter des Wettbewerbs­referats, Herrn Dr. Kramm, vollstes Vertrauen habe. Dr. Kramm ist in der Bundesrepublik bei den Landes­kartellbehörden und beim Bundeskartellamt allge­mein anerkannt. Als Fachmann für Fragen des Wett­bewerbs- und als Fachmann auf dem Gebiet des Kar­tellrechts wird er hoch geschätzt. Unter seiner Mitwir­kung hat Bayern zum Teil Leit- und Lenkfunktionen auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts übernom­men und hat hier auch Pionierarbeit geleistet. Nicht zuletzt im Kartellbericht können Sie nachlesen, daß die bayerische Landeskartellbehörde nicht nur Schrittmacher bei der Sicherung ·des Leistungswett­bewerbs und bei der MiBbrauchsaufsicht über die Versorgungswirtschaft, zum Beispiel Energiepreise, ist, sondern daß sie gerade auch wegen Baupreisab­sprachen zahlreiche Verfahren dutchgeführt hat.

Was schließlich das Ansinnen d•s Berichterstatters anbelangt, ich hätte mich gerad · deshalb näher um die Angelegenheit kümmern soll n, weil sie den Be­zirk Schwaben berührt, so frage · h Sie: Hätten nicht gerade Sie, meine Damen und H ren von der Oppo­sition, jetzt bitte ich Sie wirklich ehrlich zu sein, da besonders scharf protestiert? H tten Sie nicht erst recht Befangenheit und Klüngel i unterstellt, wenn dem so gewesen wäre, was Sie r empfehlen?

(Beifall bei der C U)

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2540 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Staatsminister Jaumann)

Ich habe, wie es nicht einmal der Minderheitenbericht zu leugnen wagt, den Bericht des Herrn Hoffmann un­verzüglich an das für die Aufgaben der Landeskartell­behörde zuständige Referat weitergegeben und strik­te Verfolgung angeordnet. Mehr, so meine ich, war nicht veranlaßt, konnte ich auch nicht tun.

Herr Kollege Warnecke, ich habe mir die Fassung Ih­rer Rede geben lassen. Dort haben Sie unter ande­rem gesagt, ich hätte ein besonderes Interesse an dem Vorgang haben müssen,

weil .das Allgäu schließlich auch im Bezirk Schwa­ben liegt, deren CSU-Vorsitzender Staatsminister Jaumann bekanntermaßen seit vielen Jahren ist und aus dessen Bereich sich ja die Spenden zu Millionen auf seinem Konto häufen, wie wir inzwi­schen aus verschiedenen anderen Vorgängen wis­sen.

Herr Warnecke, Sie wissen nur etwas von einem Vor­gang, und zwar als Strafverteidiger eines Mannes, der Unterschlagung begangen hat.

(Abg. Warnecke: Ich? Nein!)

- Dann war es der Kollege Müller. Ich habe aber fol­gendes festzustellen: Es sind keine Millionenbeträge, es war nicht mein Konto, und Sie können es auch nicht aus verschiedenen Vorgängen wissen. Wenn Sie sich da nicht entschuldigen, weiß ich nicht, was ich tun soll. Wahrscheinlich lasse ich es bleiben. Aber mir zu sagen, Millionenbeträge auf meinem Konto, und damit den Bezug herzustellen zu dem Baupreis­skandal, meine Damen und Herren, das ist schäbig bis dort hinaus.

(Anhaltender starker Beffall bei der CSU)

Meine Damen und Herren! In diesem Hohen Hause fallen manchmal ziemlich harte Worte. Ich möchte hier keine Bewertung der einzelnen Fraktionen vor­nehmen. Es geht aber jedenfalls nicht an, daß ein Mit­glied dieses Hohen Hauses mit bewußten Lügen an­gesprochen wird; ich habe auch bemerkt, daß dabei das Fernsehen noch anwesend war. Das geht nicht.

(Starker Beffall bei der CSU)

Wenn Sie Anstand haben, dann entschuldigen Sie sich, und wenn Sie keinen Anstand haben, dann las­sen Sie es bleiben.

(Beffall bei der CSU)

Ich kann es dabei bewenden lassen. Ich bitte, mir noch einmal nachzusehen, daß ich durch Grippe et­was angeschlagen bin. Ich habe auch nicht den gan­zen Vortrag wiedergegeben, sondern nur einige weni­ge Punkte herausgegriffen, aus denen ersichtlich ist, daß es im Grunde genommen kein Minderheitenbe­richt, sondern ein Machwerk war.

(Anhaltender starker Beifall bei der CSU)

Zweiter Vizepräsident Lechner: Nächste Wortmel­dung, Herr Abgeordneter Brosch!

Brosch (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! An die Adresse des Kollegen Warnecke kann ich nur sagen: .Herr, dunkel war der Rede Sinn."

Herr Kollege Warnecke, Sie haben in einer Weise Be­schuldigungen erhoben, die meines Erachtens nicht dem Niveau des UntersuchungsausschuBberichts entsprechen. Dem Bericht des Untersuchungsaus­schusses werden Sie damit nicht gerecht. Ihr Verhal­ten bestärkt letztlich die Vorurteile manchen Mit­glieds dieses Hohen Hauses gegenüber Juristen. Ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten, was Friedrich von Logau vor 300 Jahren dazu gesagt hat: .Es ist daselbst nicht gut, wo viel Juristen leben; es muß daselbst viel Zank und wenig Rechtens geben." Ihr Verhalten, Herr Kollege Warnecke, bestätigt dies.

(Zurufe und Unruhe bei der SPD)

- Ich versuche einigermaßen auch noch gerecht zu sein. Gerechtigkeit ist auch in einem Untersuchungs­ausschußbericht notwendig, Herr Kollege Warnecke, in dem nämlich nicht nur Tatsachen aufgeklärt wer­den sollten, sondern der darüber hinaus auch der Be­richt eines Enquete-Ausschusses ist, der dem Parla­ment fachliche und sachliche Vorgaben liefern soll. Im letzten Teil des Untersuchungsausschußberichts soll­ten wir dem Parlament nämlich auch Ratschläge ge­ben und dieses kompetent machen. Allen Mitgliedern dieses Hohen Hauses sollte daran gelegen sein, das Instrument des parlamentarischen Untersuchungs­ausschusses nicht abstumpfen zu lassen. Ein sol­ches Instrument wird aber nur dann nicht untauglich, wenn die Grundregeln einer fairen Untersuchung und Wertung eingehalten werden. Das gilt auch für die Opposition.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, warum die Oppo­sition die derzeitige Rechtslage so krampfhaft als un­zureichend hinzustellen versucht und nicht nur Vor­würfe gegenüber dem Ministerium erhebt. In erster Linie geht es der SPD um die rechtspolitische Forde­rung nach einem neuen Tatbestand, mit dem Verstö­ße gegen das Kartellrecht bereits in das Vorfeld des Betrugs verlegt werden sollen. Die SPD will einfach eine Strafbarkeitslücke nachweisen. Der diesem Un­tersuchungsausschuß zugrundeliegende Fall ist dazu aber nicht geeignet. Vor der Schaffung neuer Geset­ze sollten nämlich zweckmäßigerweise erst einmal die bestehenden Regelungen ausgelotet werden. Erst müssen die bestehenden Verfolgung$möglichkeiten ausgeschöpft werden, bevor nach stweiserleichte­rungen und rascher Bestrafung gerufen werden kann.

Nach Auffassung der CSU wäre in den'fraglichen Fäl­len Betrug nachweisbar gewesen. D 'r Vermögens­schaden kann nämlich in der Differenz zwischen Kar­tellpreis einerseits und Marktpreis and rerseits gese­hen werden. Sofern eine solche Differ nz nicht nach­gewiesen werden kann, liegt zumind st versuchter Betrug vor, und zwar aufgrund der §§ und 263 des Strafgesetzbuches. Der Vermögens chaden kann ferner aber auch darin gesehen wer n, daß durch die Submissionsabsprache dem Bauh n die Chance genommen wird, ein unter dem a esprochenen Preis liegendes Angebot zu erzielen. er Verlust von

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2541

(Brosch [CSU))

Wettbewerbschancen geht in diesem Falle nämlich zu Lasten des Bauherrn.

Mit dem Minderheitenbericht will die SPD die vielfälti­gen Aktivitäten ihrer Partei im gesamten Bundesge­biet stützen. Die SPD-regierten Bundesländer Hes­sen und Nordrhein-Westfalen haben jeweils über den Bundesrat versucht, den sogenannten Ausschrei­bungsbetrug als neuen Straftatbestand einzuführen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat 1983 ebenfalls An­trag im Bundestag gestellt, einen solchen Straftatbe­stand zu schaffen. Jetzt möchte offenbar die SPD­Fraktion des Bayerischen Landtags den Untersu­chungsausschuß dazu benützen, das Bestehen einer Strafrechtslücke nachzuweisen. Die näheren Umstän­de verdeutlichen das krampfhafte Bemühen der Op­position.

In Punkt B 1 Z i ff e r 1 des Minderheitenberichts wird auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1961 verwiesen, wonach mit dem durch die Abspra­che erzielten Preis kein Vermögensschaden im straf­rechtlichen Sinne nachweisbar sei. Die SPD übersieht dabei jedoch, daß es sich in dem seinerzeitigen Fall nur um eine beschränkte Ausschreibung gehandelt hat. Ferner sind dort keine Vergleichspreise aus Kon­kurrenzangeboten vorgehalten worden, obwohl ande­re hätten mitbieten können. Dem BGH hat damals al­so wie gesagt nur ein ganz kleiner Ausschnitt der gesamten Betrugsproblematik zur Entscheidung vor­gelegen. Alle Kommentatoren erwähnen dies auch bei ihrer Kommentierung der BGH-Entscheidung. Die SPD macht davon bemerkenswerterweise aber kei­nen Gebrauch. Ein BGH-Präsident hat einmal festge­stellt, daß der Bundesgerichtshof immer nur Einzelfäl­le entscheide und weder Lehrbücher schreibe noch Recht setzt, sondern nur Gesetzeslücken ausfülle.

(Abg. Warnecke: Das werden Sie in Ihrer ju-ristischen Praxis schon noch merken!)

- Ja, danke schön, daB Sie mich belehren. Trotzdem hätten Sie in Ihrem Minderheitenbericht erwähnen sollen, daß der BGH gewissermaßen nur für einen kleinen Teilbereich Recht gesprochen hat.

In Teil B 1 Ziffer 3 des Minderheitenberichts wird zahlreiche Kommentarliteratur zu § 263 des Strafge­setzbuches zitiert, wonach Preisabsprachen nicht als Betrug verfolgbar seien. Diese Kommentare nehmen die BGH-Entscheidung einfach in ihre Zitatensamm­lung auf. Es ist halt Ihr Pech, Herr Kollege Warnecke, daß Sie nur von der Notiz des Justizministeriums ab­geschrieben haben. Hätten Sie die Kommentare und die rechtswissenschaftliche Literatur einmal näher gelesen, so hätteh Sie feststellen können, was ich jetzt mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitiere. Ich rate Ihnen, die von mir genannten Fundstellen ge­wisserrnaßen als Hausaufgabe selbst nachzulesen.

(Zurufe von der SPD)

- Jawohl, das muß auch einmal gesagt werden. Sie schreiben es in den Minderheitenbericht hinein - -

(Abg. Hiersemann: Und Sie geben Hausauf­gaben auf!)

- Jawohl, das möchte ich auch.

Als erstes verweise ich auf Tiedemann, der in dem Kommentar zum Kartellgesetz von lmmenga-Mestmä­ker in § 38 Randnummer 58/59 ausführt: .Besonders strafrechtsnah wird seit langem das Submissionskar­tell verstanden." Hätten Sie da nachgelesen, hätten Sie diese Aussage schon im ersten Satz gefunden. Baumann hat schon mehrmals gesagt, daß ein Be­trugsschaden beim Submissionsbetrug möglich ist. Diese Aussage von 1973 hat Baumann 1980 bekräf­tigt. Eichler hat 1973 in der Zeitchrift .Bauwirtschaft" geschrieben, daß Submissionsabsprachen als Be­trugstatbestände über § 263 des Strafgesetzbuches nachzuweisen seien. Möschl, von dem Sie ja sowieso nichts halten, hat in der FWF-Schriftenreihe Heft 94 ausführlich dargelegt. daß Betrug nachweisbar ist und auch angeklagt werden kann.

Sie stützen sich in Ihrem Minderheitenbericht Punkt B in Z i ff e r 4 im wesentlichen auf einen Pro­fessor Bruns aus Erlangen. Dieser Professor Bruns hat ein Gutachten für eine jetzt bei der Staatsanwalt­schaft anhängige und sogar bei Gericht in Stuttgart angeklagte Strafsache verfaßt. Für dieses Verfahren hat Bruns sein Gutachten geschrieben. Bruns kommt auf Seite 6 seines Aufsatzes dazu, daß ein solcher Fall als Betrug ankla,gbar ist; damit es aber am Schluß doch nicht zur Bestrafung reicht, hat er den unver­meidbaren Verbotsirrtum konstruiert. Sie müssesn es sich so vorstellen, als wenn jemand beim Fußball einen Hattrick macht und dann sagt: Jetzt hat's doch geklappt, daß nicht Betrug herauskommt.

(Abg. Hiersemann: Sie müssen beim Fußball Strafrecht hören, der kommt immer zum

Verbotsirrtum!)

- Genau!

Meine Damen und Herren! Ich wollte Ihnen nur nach­weisen, daß dieser Minderheitenbericht in allen sei­nen Punkten krampfhaft versucht, alle möglichen Zi­tate, alle möglichen strafrechtlichen Kommentarstel­len, die irgendwo einmal sagen, Betrug ist nicht durchsetzbar, an Land zu ziehen und zur herrschen­den Meinung zu erheben. Dies halte ich nicht für fair. Zu diesem Teil des Untersuchungsauftrages sollten wir auch dem Parlament eine Meinung wiedergeben. Sie, Herr Warnecke, geben im Minderheitenbericht den Eindruck wieder, als ob es urmöglich wäre, jetzt Betrug anzuklagen.

Ebenso reißen Sie in dem betreffe!lden Teil Ihres Min­derheitenberichts unter Z i f f e r 6 ein Zitat völlig aus dem Zusammenhang; und zwar 4fieren Sie Möschl. Es handelt sich im übrigen um de~ Teil, den das Kar­tellamt zur Begutachtung an die ;Staatsanwaltschaft nach Augsburg gesandt hat. Die en Teil reißen Sie völlig aus dem Zusammenhang. s heißt zumindest bei Möschl: · t

Die grundlegende Entscheidun+ des BGH

- die er dauernd zitiert - t steht solchen Ahndungsmögli keilen nach allge­meinem Verständnis jedenfall kaum entgegen:

i

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2542 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Brosch [CSU])

Sie ist in ihren Sachverhaltsbesonderheiten nicht zureichend erkannt und in ihren allgemeinen Aus­sagen überinterpretiert worden. In der Praxis ha­ben die Strafverfolgungsorgane Submissionsab­sprachen nicht weiter aufgegriffen. Doch sollten vorhandene gesetzliche Tatbestände erst ausgelo­tet werden, bevor man neue schmiedet.

Meine Damen und Herren! Ebenso ergeht es der Frau Donnepp, der früheren Justizministerin aus Nord­rhein-Westfalen. Ihre Aussage wird von Herrn War­necke einfach aus dem Zusammenhang gerissen, in­dem er zitiert, als ob es nicht möglich wäre, Betrug nachzuweisen. Sie aber greift nur zurückliegende Fäl­le auf, die sie nicht verfolgen kann; das meint sie in ihrem Zitat, wenn ein neuer Betrugstatbestand ge­schaffen wird.

Meine Damen und Herren! Im Ergebnis verfährt der Minderheitenbericht ebenso bei Z i ff e r 9. Da wird ein Gutachten des Justizministeriums zitiert. Dieses Gutachten sagt keinesfalls aus, daß Betrug nicht strafbar ist. Im übrigen bezweifle ich, ob ein sechssei­tiger Aktenvermerk, der vom Justizministerium unter dem Datum vom 9. Dezember 1982 erstellt worden ist, als .Gutachten• von Ihnen interpretiert, ein Gut­achten ist. In diesem .Gutachten" wird nur auf die Problematik eingegangen, und es wird, Herr Kollege Warnecke, eindeutig dargestellt, daß es problema­tisch ist, Betrug nachzuweisen; aber es wird bejaht, daß es unter Schwierigkeiten auf jeden Fall möglich ist, in einem Verfahren Betrug nachzuweisen. Sie ha­ben es so dargestellt, als ob ein Dissens zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Justizministe­rium darüber bestünde, ob Betrug nachzuweisen ist. Dies stimmt nicht. Ich kann Ihnen die ganze Passage vorlesen, wie sie zu Punkt 4 in diesem Gutachten lau­tet, aber ich erspare es meinen Kollegen. Ich möchte nur generell dazu sagen, es ist nur problematisiert worden; es ist dargestellt worden, daß es schwierig ist, keinesfalls, daß es unmöglich ist.

In Ziffer 10 Ihres Minderheitenberichts sagen Sie, daß bisher kein Fall in Bayern angeklagt worden ist außer dem Fall 1961 in Hof. Meine Damen und Her­ren! Das stimmt. Es ist in Bayern seit 1961 kein sol­cher Fall mit soviel Beweisen an die Staatsanwalt­schaft herangetragen worden. Da ist natürlich klar, wenn man so einen .Fisch" hat, daß man versucht, ein Musterverfahren durchzuführen; es, das ist wich­tig, wenn man soviele Nachweise hat, einmal zu pro­bieren, Herr Kollege Warnecke. Das Bewußtsein der Kartellbehörden und der Staatsanwaltschaften hat sich seit unserem Untersuchungsausschuß schon wesentlich geändert. Jetzt ist man eher der Meinung, Betrug anzunehmen. Das beweist z. B. die Literatur, die sich in den letzten zwei Jahren dahin geändert hat. Man sagt, man könnte jetzt eher Betrug nachwei­sen. Man muß eben die verschiedenen Theorien vor den Gerichten ausloten, und das wäre nach meiner Ansicht mit diesem Verfahren möglich gewesen.

Es mehren sich jetzt auch die Anklagen. Es ist jetzt eine Ermittlung bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg

anhängig in Sachen Betrug bei Baupreisabsprachen; in Frankfurt wird von der Staatsanwaltschaft ermittelt, und in Stuttgart wird sogar Anklage wegen Betrugs aus Submissionsabsprachen erhoben. Es stimmt also gar nicht, Herr Kollege, was Sie glauben machen wol­len, daß Staatsanwaltschaften oder Gerichte Bau­preisskandale nicht aufdecken wollen. Es hat sich was geändert. Wenn wir es weiterhin bei dem Ein­druck belassen wollten, daß nichts ginge, dann wären wir Ihrer Meinung, in Ihrem Fahrwasser. Aber gerade das wollen wir vermeiden.

Meine Damen und Herren! Dem Kollegen Warnecke und auch dem Kollegen Neuburger geht es eigentlich nur darum, einen neuen § 264 a zu schaffen. Wie ge­sagt, Hessen, Nordrhein-Westfalen und die SPD-Bun­destagsfraktion versuchen es, und wir als bayeri­sches Parlament sollen ebenfalls gezwungen werden, über den Bundesrat eine solche Gesetzesinitiative anzustrengen.

(Zuruf von der SPD: Das wäre doch gut!)

- Darüber, ob es gut ist, sind wir eben anderer Mei­nung!

(Lachen bei der SPD)

Wissen Sie, was Kartellamtspräsident Kartte dazu sagt?

(Abg. Münch: Wenn es Betrug ist, gehört es ins Strafgesetzbuch hinein! Was soll der

Quatsch!)

- Mit dem Tatbestand des jetzigen § 263 können wir die Fälle verfolgen. Aber wissen Sie, was Herr Kartte gesagt hat? Er hat gesagt: Wenn man einen neuen § 264 a schafft, dann trifft's meistens den Falschen, den kleinen Kalkulator trifft's .• Das ist das ärmste Schwein in der Geschichte", hat er im Ausschuß wortwörtlich gesagt. Er hat gesagt, daß die Unterneh­men eben nach dem Täterprinzip nie so richtig .dran­kämen", wenn man das Problem in einem neuen § 264 a aufgreifen würde, sondern es wäre immer wieder der Kleine dran. Wir können ja nicht in einem neuen § 264 a das Prinzip der Sippenhaft konstituie­ren.

(Zurufe von der SPD)

- Sie können sich ja äußern, Herr Kollege, wenn Sie mich für einen Schwätzer halten! Aber wir können doch nicht in einem neuen Strafrecht "tatbestand das Prinzip der Sippenhaft einführen d rgestalt, wenn sich Unternehmen absprechen, daß • · der" im Unter­nehmen drankommt, unbeschadet ssen, ob und wie er beteiligt war. Wir glauben, daß as Prinzip der Generalprävention jetzt über die Ord ungswidrigkeit besser wirkt, daß es schneller geht, aß auch mehr publizistische Unterstützung gewährt 'rd, daß dann auch mehr Abschreckung gegen sol e Absprachen gegeben ist. Ich glaube nicht, daß sie durch die Ein­führung eines neuen Straftatbest des zwangs­läufigeineAbnahmevonBaupreisabsp chenerglbt,ich glaube vielmehr, daß dadurch nur ie, die bisher schon dran waren, noch mehr getroff n werden; und das halte ich für wenig tauglich. sind nämlich

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2543

(Brosch [CSU])

der Meinung, daß nach dem Subsidiaritätsgrundsatz die strafrechtliche Sanktion nur angemessen ist, wenn sich Ordnungswidrigkeitenrecht nicht als aus­reiched erweist. Ich glaube also, wir sollten weiterhin von dem Grundsatz ausgehen, daß Ordnungswidrig­keiten dann angebracht sind, wenn es auch mit einem Weniger geht. Hier aber geht es mit einem Weniger.

Meine Damen und Herren! Jetzt möchte ich einmal etwas an die Adresse derjenigen in der Baubranche sagen, die immer noch glauben, daß die .Erbkrank­heiten·, die sie übernehmen, nämlich daß sie sich ab­sprechen, richtig sind. Einige Leute in der Baubran­che, das muß man auch ganz offen sagen, lächeln über unsere Tätigkeit im Untersuchungsausschuß, oder sie haben darüber immer wieder gelächelt.

(Abg. Münch: Die lachen laut!)

- Sie lachen nur so lange, bis sie von dem zuständi­gen Gericht verurteilt werden.

(Abg. Münch: Warum denn?)

Hier können wir nur mit Goethe, Faust II, sagen: Wer's Recht hat und Geduld, für den kommt auch die Zeit! Damit möchte ich schließen.

(Beifall bei der CSU)

zweiter Vizepräsident Lechner: Herr Kollege War­necke, Sie haben das Wort.

Warnecke (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Ich möchte ganz kurz auf Sie, Herr Kollege Brosch, eingehen.

In juristischen Seminaren läßt sich immer gut die Mei­nung vertreten, daß der BGH keine Lehrbücher schreibt. Sollten Sie allerdings einmal Anwalt werden, empfehle ich Ihnen, eine gute Haftpflichtversicherung abzuschließen, wenn Sie sich in Ihrer Praxis eher auf Urteile des Amtsgerichts Eggenfelden anstatt auf Ur­teile des BGH stützen wollten. Das macht sich schlecht, und in jedem Haftpflichtprozeß werden Sie derjenige sein, der Ihrem Mandanten den Schaden ersetzt. In der Praxis ist es eben doch ein halbes juri­stisches Evangelium, was der BGH einmal entschie­den hat.

Ich war auch nicht unfair, Herr Kollege, wenn ich z. B. den Herrn Möschl zitiert habe. Natürlich ist jedes Zi­tat aus dem Zusammenhang gerissen; dieser Vorwurf läßt sich immer erheben. Aber ich lese Ihnen jetzt den ganzen Satz vor. Möschl schreibt: .Die grundlegende Entscheidung des BGH steht solcher Ahndungsmög­lichkeit entgegen allgemeinem Verständnis jedenfalls kaum entgegen" - e n t g e g e n a 11 g e m e i n e m Verständnis! Das ist sogar nach Möschls An­sicht herrschende Meinung. Na also!

(Abg. Brosch: Den vorhergehenden Satz noch lesen!)

Was Sie zu § 263, der angeblich greift, und zu § 264 a, der nicht kommen soll, vortragen, ist ein für

mich immer uneinsichtiger werdender E i e r t a n z. Sie sagen auf der einen Seite, wir haben hier ein Mes­ser: das ist unheimlich scharf, es schneidet. In der Praxis schneidet es aber nicht, weil es unendlich stumpf ist. Sie wollen aber schneiden, gaben Sie vor. Jetzt offerieren wir Ihnen ein scharfes Messer, und dann sagen Sie: Pfui, das wollen wir nicht, das brau­chen wir nicht! Das alte Messer tut es ja.

(Abg. Dr. Merkl: Täterprinzip!)

Dieses Beharren darauf, daß § 263 die Submissions­absprachen erfassen würde, ist eine juristische Be­schwörungsformel, aber nicht mehr. Dahinter verbirgt sich nur der absolute Unwille, tatsächlich einen grei­fenden Straftatbestand zu schaffen, mit dem man die­ser Dinge Herr werden kann.

(Zustimmung von der SPD)

Wir sehen nicht ein, daß in der ersten Novelle zum Wirtschaftsstrafgesetz zwar alle möglichen Vorfeld­delikte bei Kapitalanlagen usw. eingeführt worden sind, daß dies aber bei Submissionen nicht möglich sein soll. Ich gebe Ihnen recht, daß es nicht der kleine Mann, das Kanalschwein im Bauwesen, sein darf, das da erfaßt wird, sondern daß man den Tatbestand so formulieren muß,

(Abg. Brosch: Dann müssen Sie Sippenhaft einführen!)

daß der in Haft genommen wird, der entsprechend verdient, der Aufsichtspositionen im Unternehmen wahrnimmt. Das ist keine Sippenhaft; das ist Anpak­ken an der Verantwortung.

Ich möchte damit jetzt schließen und mich dem Staatsminister Jaumann zuwenden. Zunächst hat er mich gefragt, woher wir denn seine Spendenzuflüsse wissen. Ich kann mich an zwei Verfahren erinnern. In einem wurde vor ein, zwei Jahren der Herr Petrik be­kannt, weil ein Zivilverfahren in München lief; neulich lief ein anderes Verfahren gegen den Herrn Petrik. Da hieß es, daß allein auf ein Jaumann-Konto 550 000 DM oder so ähnlich geflossen sein sollen, was auch bei einigen CSU-Kollegen hier stummes Erschaudem er­weckte. Da gibt es ja wohl auch noch andere Konten. Ich entschuldige mich, wenn es nur 550 000 DM und keine Millionen waren. Ich kann Ihnen aber versi­chern, daß die ganze bayerische SPD in zehn Jahren keine 550 000 DM Spenden bekommt.

(Abg. Niederrnayer: Hört mitder Schelß-spenderei auf, so ein Schmarrn!)

Ich habe vorhin die Frage aufge„orfen, ob es tat­sächlich Bestrebungen im Justizm isterium gegeben haben soll, die Staatsanwälte nie mit einer Aussa­gegenehmigung zu versehen. rr Staatsminister Lang, daß Sie hierzu nicht das W rt ergriffen haben, ist für uns auch eine Antwort: das nügt.

Es ist auch bezeichnend für Ihre meine Vorhaltungen reagieren, Jaumann, daß es ein Fehler war, sterium nicht über die richtige Art

lemik, wie Sie auf rr Staatsminister

aß das Justizmini­r Verfolgung die-

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(Warnecke [SPD])

ser Delikte befragt worden ist. Da sagen Sie, das sei eine völlig abseitige und unsinnige Behauptung von mir. Sagen Sie das Ihrem Nachbarn, dem Justizmini­ster! Im Justizministerialakt heißt es wortwörtlich, daß dies dem Wirtschaftsministerium vorgehalten wird und daß es als Feh 1 er des Wirtschafts m i­n i s t e r i u m s angesehen wird, daß das Justizmini­sterium nicht verständigt worden ist; denn dann hätte man, wenn schon angeklagt werden soll, dafür ge­sorgt, daß es in einem personell gut ausgestatteten Verfahren läuft. Ich wollte also nur darauf hinweisen, daß Sie sich etwas besser überlegen sollen, wen Sie hier angretten. Wenn Sie hier mich angretten, dann gretten Sie Ihren Herrn Kollegen Lang an.

Nun haben Sie, Herr Staatsminister Jaumann, mir vor­gehalten, daß ich nicht kapiere, daß es gleichgültig sei, ob einer fünf oder zwölf Ordner mitnimmt. Herr Jaumann, Sie sind doch selber Jurist. Das juristische Konstrukt des Fortsetzung sz u sa mm e n­h an g s hat es doch schon gegeben, als Sie Ihr Examen gemacht haben.

Wenn ich Absprachen von 1970 in die Hand bekom­me und lückenlos nachweisen kann, daß die gleichen Firmen immer die gleichen Absprachen getroffen ha­ben, dann ist es doch möglich, daß sogar noch diese alten Fälle rriit hineingezogen werden könnten.

In der Antwort der hessischen Landesre­g i e r u n g auf eine Anfrage von Abgeordneten heißt es wörtlich: Bei den Ermittlungen der hessischen Be­hörden wurde erkennbar, daß Baupreisabsprachen in Organisationsformen erfolgen, die auf ständige Wie­derholung angelegt sind und einer Beschränkung der Absprachen auf einen einmaligen Ausschreibungs­vorgang entgegenstehen. Also: eine auf Dauer ange­legte Vereinigung. Da lassen sich eben auch rück­wärts noch Verfahren mit erfassen.

Im übrigen werden mir Ihre Scheuklappen immer deutlicher, wenn hier wirklich bestdokumentiertes und -sortiertes Material auf den Tisch gelegt und an­geboten wird, aber nur drei, vier aktuelle Ordner mit­genommen werden und die letzten Ordner bis heute von der bayerischen Verwaltung nicht angeschaut worden sind.

Sie halten mir dann vor, meine Auffassung zur Art der Verfolgung von Submissionsabsprachen würde den Straftatbestand der Strafvereitelung im Amt bedeu­ten. Das ist angesichts der Rechtsprechung, und auf sie kommt es mir an, ein grotesker Vorwurf. Wenn es in der Bundesrepublik von damals bis heute noch kei­ne Verurteilung gibt, dann ist es schlechthin schi­zophren, so zu tun, alll würde der § 263 hier gretten, als könnte man einfach ein paar Kilo Papier an die Staatsanwaltschaft schicken.

Wie sonderbar der Vorgang tatsächlich war, wird erst nachträglich aus dem Aktenstudium deutlich; denn der Herr Ministerialrat Kramm hat ja einmal angedeu­tet, wie es laufen sollte. Er hat in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses vom 14. April 1983 erklärt,

in den Fällen, in denen nach Kenntnis der Kartell­behörde ein Vermögensschaden überhaupt er-

kennbar gewesen oder ein begründeter Verdacht hierauf bestanden habe, sei die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden. In der Praxis habe man mit den Staatsanwaltschaften vor einer förmlichen Ab­gabe auch Kontakte aufgenommen, um zu klären, ob diese die Auffassung der Kartellbehörde teil­ten. Dies werde man auch künftig so handhaben.

Nun haben sich alle Kollegen im Wirtschaftsausschuß gedacht: Da gibt es auf dem kurzen Dienstweg eine gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Behör­den; da ist ja alles in Butter. Als wir im Untersu­chungsausschuß der Sache dann nachgegangen sind, hat Herr Kramm erst ähnliches gesagt. Als wir aber weiter nachgebohrt haben, hat sich herausge­stellt, daß überhaupt n o c h n i e e i n Fa 11 an eine Staatsanwaltschaft abgegeben worden ist und daß umgekehrt in dem Fall, um den es ging, überhaupt kein Kontakt mit der Staatsanwaltschaft aufgenom­men, sondern das Zeug einfach per Post nach Augs­burg geschickt worden war ..

Das ist schon ein sehr u n g e r e i m t e r V o r g an g, den uns der Herr Kramm beschert hat. Das schlechte Gewissen bringt ihn zur richtigen Formulierung, aber in der Praxis handelt er anders.

Herr Staatsminister Jaumann, Sie haben mir vorge­worfen, daß ich Ihnen einen etwas leichtfertigen Um­gang mit der korrekten Ausdrucksweise vorgehalten habe. Dazu will ich Ihnen einiges Material liefern.

In Ihrer Zeugeneinvernahme am 6. Oktober 1983 im Untersuchungsausschuß haben Sie gesagt:

Alles, was an Einzelmaßnahmen von mir geschieht, das habe ich mehrmals in den Abteilungsleiterbe­sprechungen gesagt, darüber gibt es Aktenno­tizen. Wenn ich also eine Weisung gebe, dann ist es durch Aktennotizen festgehalten und ich muß es auch vertreten.

In derselben Sitzung haben Sie gesagt:

Ich habe eine eindeutige Weisung gegeben, es war jedenfalls eine eindeutige Weisung, in der Sa­che nachzuforschen.

In der Fragestunde am 15. Dezember 1982 haben Sie auf eine Frage des Kollegen Moser geantwortet:

Daraufhin ist am 25. Juli 1979 nach einer nochmali­gen Besprechung bei mir im Hause beiden Herren die Weisung gegeben worden, strikteste Verfol­gung ...

Im ganzen Akt haben wir keine Akten11otiz gefunden, in der gestanden wäre: .Ich ordne st~kte Verfolgung an." Ich unterstelle sogar, daß Sie diefmeisung gege­ben haben. Das halte ich für wahr. W ist dann aber mit der Aktennotiz? Die gibt es nun ei mal nicht.

Erster Vlzepriialdent Kamm: Herr Ko~ge Warnecke, gestatten Sie eine Zwischenfrage 1 des Kolegen Dr. Markl? - I

Dr. Merkl (CSU): Herr Kollege War~cke, ist Ihnen denn nicht mehr bekannt, daß nach ! em Gespräch

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayert•cher Landtag · 10. Wahlperiode 2545

(Dr. Merkl [CSU])

zwischen Dr. Kramm und dem Minister der Vermerk angebracht wurde: .Minister hat angeordnet, mit Hoffmann Kontakt aufzunehmen."?

Das haben wir in den Unterlagen vorgefunden. Muß denn wirklich ein handschriftlicher Vermerk des Mini­sters mit dem Inhalt drin liegen: .Ich erteile Wei­sung .. .", oder reicht es nicht aus, wenn das Dr. Kramm draufschreibt?

Warnecke (SPD): Herr Kollege Dr. Merkl, ich be­streite gar nicht, daß er angeordnet hat, die Sache zu verfolgen.

(Lebhafte Zurufe von der CSU, u. a. Abg. Leeb: Das ist ein Eiertanz!)

- Ein weiteres Beispiel, zu dem Sie auch wieder .Eiertanz• sagen können; in der konkreten Situation wird durch kleine Schlenker immer ein Sachverhalt vorgespiegelt, der sich in Wirklichkeit als ganz anders herausstellt. In der gleichen Plenarsitzung am 15. De­zember 1982 führte Staatsminister Jaumann aus:

Herr Hoffmann war nicht telefonisch und nicht schriftlich erreichbar. Er hat auch auf schriftliche A n f r a g e n des Kartellamtes nicht geantwortet.

Tatsächlich, Herr Kollege Merkl, widersprechen Sie nicht, hat es e i n e i n z i g e s S c h r e i b e n, nicht etwa mehrere Schreiben gegeben.

In der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 20. Januar 1983 anläßlich der Beratung des Kartellbe­richts sagt Staatsminister Jaumann, der ermittelnde Beamte habe .die Sache in z w e i Wo c h e n durch­gedrückt" und sie sofort der Staatsanwaltschaft über­geben. Alle Kollegen im Wirtschaftsausschuß haben gedacht, daß da aber ein Zug drauf ist. Aus den Ak­ten haben wir ersehen können, da8 tatsächlich die Kartellbehörde am 15. November 1979 in den Besitz der Akten kam und sie am 7. Februar 1980 an die Staatsanwaltschaft abgab. Das sind e 1 f Wo c h e n , nicht zwei.

Ministerworte sollen informieren. Wenn wir falsch in­formiert werden, dann sagen wir eben, daß mit der Wahrheit etwas leichtfertig umgegangen wurde.

(Zustimmung bei der SPD)

Zur Aussage, da8 die Sache mit der Preisbehörden­verständigung Unfug sei, möchte ich darauf hinwei­sen, daß sowohl Ministerialrat Rusam in dem Hearing als auch Baudirektor Schelle bei einer Sitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses erklärt haben, wenn ein Verdacht auf Baupreisabsprache bestehe, gehe eine Mitteilung an die Preisbehörde und würden Schadensersatzfragen geprüft. Die Preisbehörde und auch die Geschädigten sind in diesem Fall ü b e r -hau pt nicht verständigt worden. Das be­rührt uns sehr sonderbar, und deswegen sind wir zu dem Urteil gekommen, daß auf kleinster Flamme ge­kocht werden sollte.

Sie sagen, die Kartellbehörde habe erklärt, daß sie das Verfahren jederzeit zurücknehmen würde. Ich

lese Ihnen folgendes aus der Stellungnahme des Staatsanwalts Reichenzeller vom 9. Mai 1982 vor:

Da sich die Landeskartellbehörde mit immer wie­der anderen Argumenten weigerte, das Verfahren zu übernehmen - auch die Besprechung vom 22. April 1981 hatte zu keiner Bereitschaft zur Übernahme wenigstens der Fälle geführt, in denen vom Zeugen keine Preisüberhöhung behauptet worden war -, wollte ich im September 1981 ein­stellen.

Er sagt also, die Kartellbehörde habe sich mit Händen und Füßen geweigert, dieses Verfahren wieder zu übernehmen.

Genug der Beispiele. Ich möchte die Sache mit einem Blick auf die Dimension, um die es hier geht, ab­schließen. Ich habe vorhin bereits die Antwort auf eine Große Anfrage der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag erwähnt. Die hessische Landesregierung führt aus, nach der Feststellung des Internationalen Instituts für Management und Verwaltung in Berlin kämen 95 Prozent der Aufträge der öffentlichen Hand nach Preisabsprachen zustande. Diese Zahl sei im Oktober 1983 von Wilhelm Berk, einem leitenden Kri­minaldirektor im Bundeskriminalamt, in einem Referat auf einer Arbeitstagung des Bundeskriminalamts be­stätigt worden.

Das BKA schätzt,

- heißt es dort weiter -

bezogen nur auf die Bauwirtschaft, die der öffentli­chen Hand durch die verbotenen Absprachen ent­stehenden Mehrkosten für die Bundesrepublik Deutschland auf jährlich mehrere Milliarden DM. Das bereits genannte Internationale Institut für Management und Verwaltung geht davon aus, daß diese Absprachen zu durchschnittlich um elf Pro­zent überhöhten Preisen führen, was allein im Jahr 1981 in der Bundesrepublik zu einem Schaden von rund 5,4 Milliarden DM geführt hat.

5,4 Milliarden, das sind 2000 DM Steuerbelastung pro bundesdeutscher Familie, die allein durch Oberhöhte Baupreise aufgrund von Absprachen zustande ge­kommen sind.

Darüber hiriaus ist festzustellen, daß die Bau -p r e i s e durch diese Manipulationen allgemein auf einem höheren Niveau gehalten wer­den und somit indirekt auch die kleinen privaten Bauherren betroffen werden. Auch das Bundeskri­minalamt hat in den großen liaupreisabsprachen der Verfahren Mitte der 70er J~re eine Preisüber­höhung durch Absprachen vqn etwa elf Prozent festgestellt. :

Das ist ein Problem, das gerade 1 alle diejenigen von uns, die kommunale Mandate i nehaben, zu einer ernsthaflen Überlegung führen s Ute. Wir haben kei­ne Zeit, jetzt darüber zu diskuti en, wie solche Ab­sprachen in Zukunft verhindert rden können. Man müßte eine kleine Revolution i der Bauwirtschaft veranstalten. Wenn heute praktis h jeder Preis durch eine Absprache zustande kommt kein freier Wettbe­werb herrscht und die Preise ma ipuliert werden, be­darf es - -

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2546 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Warnecke [SPD])

(Abg. Niedermayer: Das kann man doch nicht verallgemeinern, das ist eine Unterstel-

lung ungeheuerlicher Art!)

- Herr Kollege Niedermayer, das ist doch nicht meine Erkenntnis. Ich gebe nur E r k e n n t n i s s e s a c h -k u n d i g e r St e 11 e n wieder, die Ihnen viel näher stehen als mir. Regen Sie sich doch nicht zugunsten jener Leute auf, die möglicherweise auch Sie schon über den Löffel balbiert haben!

(Abg. Niedermayer: Man darf doch nicht ver-allgemeinern!)

- Dann einige ich mich mit Ihnen darauf, daß Bau­preisabsprachen ganz selten zustandekommen und wir ganz ruhig schlafen können.

Es kommt darauf an, ob die richtigen Rahmenbedin­gungen geschaffen werden. Die Baunachfrage muß stetig sein, und Baupreisabsprachen müssen ener­gisch verfolgt werden. Faire Rahmenbedingungen auf der einen Seite und ernster Verfolgungswille auf der anderen Seite gehören zusammen wie zwei Seiten einer Medaille. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, um mit diesem Untersuchungsausschuß auch für die Zukunft etwas zu bewegen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Erster Vizepräsident Kamm: Das Wort hat· der Herr Kollege Tandler. Bitte, Herr Kollege!

Tandler (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Herrn Staatsmini­ster der Justiz, der sich bereits gemeldet hatte, gebe­ten, mir für einige kurze Bemerkungen den Vortritt zu lassen.

Der Kollege Warnecke hat eben folgendes erklärt; ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten:

Aus diesem Grund habe er sich nie

- also der Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr -,­

nach dem Fortgang des Verfahrens erkundigt, ob­wohl der Vorgang höchstpersönlich über ihn durch seine eigenen Hände in das Kartellreferat gelangte und obwohl er schon rein subjektiv betrachtet ein Interesse an diesem Vorgang hätte haben müs­sen, weil er nicht nur als Ressortminister sachlich zuständig und verantwortlich für Kartelldelikte war, sondern weil das Allgäu schließlich auch im Bezirk Schwaben liegt, dessen CSU-Vorsitzender Staats­minister Jaumann bekanntermaßen seit vielen Jah­ren ist und aus dessen Bereich sich ja die Spen­den zu Miiiionen auf seinem Konto häufen, wie wir inzwischen aus verschiedenen anderen Vorgän­gen wissen.

(Abg. Dr. Glück: Das ist ungeheuerlich! -Abg. Niederrnayer: Eine Gemeinheit ist das! - Frau Abg. Stamm: So eine Unverschämt­

heit! - Weitere empörte Zurufe von der CSU)

Sie sind aufgefordert worden, Herr Kollege War­necke, sich für diese ungeheuerlichen Äußerungen zu entschuldigen. Sie haben dies nicht getan. Ich weise diese Diffamierung des Wirtschaftsministers namens unserer Fraktion mit Entschiedenheit zurück.

(Lebhafter Beifall von der CSU - Abg. Frei­herr von Truchseß: Lesen Sie doch einmal

im Protokoll nach! - Abg. Niederrnayer: Mit Dreck werfen! Das ist eine Frechheit son-

dergleichen!)

Es geht immer nach dem gleichen Strickmuster, da wird die Thematik verknüpft mit Spenden für die CSU. Sie haben vorher gemeint, im Hinblick auf Spenden zugunsten der SPD sei Ihnen nichts bekannt. Da müßten Sie sich bei der Ebert-Stiftung erkundigen, die könnten Ihnen einige Auskünfte geben.

Das alles wird dann vermischt mit dem Wirtschaftsmi­nister, mit seinem Konto, da werden Millionen wieder gebracht. Es ist immer der gleiche Brei!

(Beifall bei der CSU)

Ich sage Ihnen eines: Wer den Kollegen Jaumann kennt und weiß, welche caritative Tätigkeit er ausübt, kann solche Äußerungen nur mit Abscheu zur Kennt­nis nehmen.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Kamm: Das Wort hat der Herr Staatsminister der Justiz. Bitte, Herr Staatsminister!

Staatsminister Lang: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Warnecke hat mich zweimal gefragt, ob das Staatsministerium der Justiz einem oder den Staatsanwälten in diesem Verfahren eine Aussagegenehmigung verweigert hätte. Ich darf Ih­nen sagen, ich habe nichts zu verbergen: Nach Über­prüfung unserer Unterlagen, nach der Mitteilung, die ich von den Mitarbeitern habe, haben wir keinem Staatsanwalt, der in dieser Sache tätig wurde, die Aussagegenehmigung verweigert.

Erster Vlzepräsldant Kamm: Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Münch!

(Frau Abg. Stamm: Was ist mit der vom Kollegen Kling?)

Münch (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Her­ren! Ich möchte versuchen, die Dinge auf den Punkt zu bringen, der draußen die Leute interessieren dürf­te, weg von den formal-juristischen Hin. und Herstrei­tereien und weg von den juristischen41einlichkeiten und juristischen Belehrungen, die z. . der Kollege Brosch hier von sich gegeben hat, o chi er vorher meinte, sie kritisieren zu müssen. 1

Was interessiert die Leute draußen in menhang? Was ist die Sachlage? Tat ohne Zweifel, daß wir, wenn ich richtig in 588 Fällen, in mehr als zehn Ordner Baupreisabsprachen gehabt haben, ich mich richtig informiert habe, ich st ter diesen Vorbehalt, bei einem Auftra

esem Zusam­che ist doch elesen habe, nachweisbar, d das, wenn e die Zahl un­volumen von

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 llllyer1scher Landtag · 10. Wahlperiode 2547

(Münch [SPD])

ca. 500 Millionen DM, die in diesen 588 Fällen ge­steckt sind. Tatsache ist ferner, daß ganz ohne Zwei­fel - ich nehme den Ball, der von seilen der Regie­rungsfraktion gespielt wird, gern auf - in der von Ih­nen geführten Staatsregierung geschlampt wurde. Wenn Sie schon sagen, es hat nicht Jaumann ge­schlampt, beantworten Sie bitte die Frage: Wer dann? War es der damals zuständige Justizminister?

(Zustimmung bei der SPD)

Die Frage ist bis jetzt nicht beantwortet worden. Das, was der derzeit amtierende Justizminister von sich gegeben hat, daß es keine Versagung einer Aussage­genehmigung gegeben habe, ist nichts weiter als eine gravierende Ohrfeige gegenüber dem Wirt­schaftsminister. Damit ist doch deutlich, was der Kol­lege Warnecke vorhin klargestellt hat: daß man näm­lich versucht hat, von seilen des Wirtschaftsministe­riums in den zuständigen Bereichen zu überlegen, ob es nicht die eine oder andere Möglichkeit gebe.

Erster Vizepräsident Kamm: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Markl?

Münch (SPD): Aber gern doch!

Dr. Merl<I (CSU): Herr Kollege Münch, nachdem Sie eben die Frage gestellt haben, ob der Justizminister geschlampt hat, darf ich Ihnen vielleicht einen Satz vorlesen aus dem Minderheitenbericht, den der Herr Kollege Warnecke verfaßt hat. Dort heißt es nämlich: .Die Opposition sieht sich nicht in der Lage, am Ver­halten des Justizministers Kritik zu üben."

(Beifall bei der CSU - Abg. Brosch: Jetzt werden Sie mit den eigenen Waffen

geschlagen!)

Münch (SPD): Ich komme schon noch drauf, Herr Kollege Merkl!

(Lachen bei der CSU - Abg. Möslein: Zum erstenmal am Boden!)

- Nehmen Sie sich doch mal die Latte vor, was Sie salbt im Mehrheitsbericht aufgeführt haben, auf den Seiten 4 und 5 ! Machen Sie sich an den Seiten Stri­che und schreiben Sie die Wochen und Monate hin­zu, in denen die Einzelaktivitäten in den Ministerien, zwischen den Ministerien, zwischen den Behörden gelaufen sind! Dann kommen Sie doch zu dem Er­gebnis, daß es zweieinhalb Jahre gedauert hat, bis man das Stichwort • Verjährung• erstmalig diskutiert hat nach Ihren eigenen, niedergeschriebenen Ausfüh­rungen. Auf Seite 5 taucht erstmals schriftlich der Be­griff • Verjährung" auf. Was ist denn das? Wer ist denn das nun?

Die Antwort haben doch Sie zu geben, nicht wir. Ich vertraue dem Kollegen Warnecke und dem Kollegen Neuburgar an dieser Stelle, wenn sie sagen, sie seien aufgrund ihrer Bewertung zu dem Ergebnis gekom­men, nicht das Justizministerium, sondern das Wirt-

schaftsministerium. Aber wenn Sie sagen, nicht das Wirtschaftsministerium, geben Sie doch bitte die Ant­wort, wer dann. Hat denn nach Ihrer Meinung in die­sem Zusammenhang niemand geschlampt? Wer wird Ihnen denn wirklich die Ausführungen, die Sie heute hier gemacht haben, draußen in der Bevölkerung noch abnehmen, daß in diesem Zusammenhang bei 500 Millionen DM Auftragsvolumen bei 588 Fällen die Endkonsequenz ist: Nichts ist erreichbar, keiner wird belangt, außer das Bundeskartellamt tut das, was in Bayern nicht möglich war.

Wenn Sie sagen, wie Herr Kollege Brosch ausgeführt hat, hier ginge es um eine Enquete-Kommission, muß ich sagen: ich habe als Mitglied dieses Parlaments et­was anderes erwartet als nur eine Aussage, wie man hinterher nach dem Motto .Friede, Freude, Eier­kuchen und kein Krach mit denen im Bauindustriever­band, die uns näherstehen als die anderen· die Dinge besser machen kann. Ich habe erwartet, daß hier auch die Frage, wer in diesem Zusammenhang ge­schlampt hat, geklärt wird. Für mich gibt es über­haupt keinen Zweifel daran, daß geschlampt worden ist, wenn man das auf den Seiten 4 und 5 chronolo­gisch nachliest. Die Antwort auf diese Fragen sind Sie absolut schuldig geblieben.

Eine letzte Feststellung von jemandem, der in diesem Zusammenhang Gott sei Dank außen vor ist als Nicht­jurist, aber von einem, der in der Industrie lange ge­nug Investitionsgüter kalkuliert und verkauft hat und weiß, wie so etwas projektiert wird, offenbar in Ge­gensatz zu dem, was Sie hier angeführt haben:

Wenn ich anhöre, was Sie an formal-juristischer Strei­terei hier auf den Tisch legen, ohne den Kern der Fra­gen, die die Bevölkerung draußen interessieren, zu beantworten - da ist es ganz wurscht, welcher Mini­ster oder welches Ihrer Ausschußmitglieder -, frage ich mich wirklich ernsthaft: Sind Sie denn der Mei­nung, daß die Baupreisabsprachen eine Glättung der Kapazitäten in der Bauwirtschaft zuwege gebracht haben? Oder glauben Sie nicht auch mit uns, daß es hier darum ging, die entsprechenden konkurrenzlo­sen Preisgestaltungen auf dem Markt durchzuset­zen? Wo sind denn Ihre Hüter der Marktwirtschaft, die sonst bei jeder Gelegenheit versuchen, den So­zialdemokraten einen Verstoß gegen die Marktwirt­schaft nachzusagen?

(Zustimmung bei der SPD)

Wo sind sie denn geblieben, als !lie Bauwirtschaft in ihren diversen Memoranden gefo · ert hat: Marktwirt­schaft ja, aber nicht für uns! Wo nd Sie denn geblie­ben, wo war denn der bayerische irtschaftsminister, wann steht er denn hier an dies m Pult und drückt sich einmal klar und deutlich aus Wo sind Sie denn geblieben in der Zwischenzeit? as haben Sie denn zu diesem Thema gesagt?

Wenn ich nur ein einziges Proze t dieser 500 Millio­nen als Schadensumme anneh e, komme ich auf fünf Millionen Mark Schaden. We ist dieser Schaden zugefügt worden? Den öffentli en Auftraggebern und, auch das will ich ausdrü klich dazu sagen, sicherlich all denen, die als priv te Auftraggeber in

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2548 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84

(Münch [SPD))

diesem Zusammenhang zu nennen sind und in dem Glauben waren, daß sie tatsächlich den Bestmögli­chen wählten, ohne zu wissen, daß im Hintergrund Preise abgesprochen werden, letztendlich mit dem Ziel, das Preisniveau nach oben zu ziehen.

Das, was Sie hier aufführen, ist schlicht und einfach nichts weiter als der Versuch, einen Ringschutz um Ihre zuständigen Minister zu ziehen. Ansonsten ha­ben Sie aus meiner Sicht keine Antworten auf die ent­scheidenden Fragen gegeben. Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Erster Vlzeprisldent Kamm: Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Kling!

Kling (CSU): Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Es paßt in den Stil der Landschaft der heu­tigen Diskussion, daß sich der Herr Münch ans Po­dium begibt, der keine einzige Sitzung im Ausschuß war oder zuhörte,

(Widerspruch bei der SPD)

und hier den Dampf weitgehend über solches abläßt, was er selber weder kann noch versteht.

(Widerspruch bei der SPD - Beifall bei der CSU)

Mit Häme und Zynismus, mit ein paar hier scharf vor­getragenen Attacken werden Sie dem nicht gerecht, was zur Debatte steht.

(Erneuter Widerspruch bei der SPD und Beifall bei der CSU)

Dem Kollegen Warnecke und einigen anderen von Ihnen will ich einmal klipp und klar sagen, was Ihre Posaunentöne - -

(Abg. Schuhmann: Oberlehrer!)

- Das ist Ihre dritte Anmerkung .Oberlehrer" an den dritten Kollegen meiner Fraktion. Lassen Sie sich, Herr Schuhmann, doch endlich einmal etwas anderes und Besseres einfallen!

Diese Posaunentöne in alle Himmelsrichtungen, die Sie verbreitet haben, sind ideologisch verbrämt, ein­seitig formuliert, in weiten Teilen verdreht und mani­puliert und in den meisten Punkten so nicht zutref­fend, in jedem Fall unsachlich und im Ton vergriffen. Und nehmen Sie, Herr Kollege Warnecke, eines zur Kenntnis: Wir haben im Ausschuß einen sehr anstän­digen, partnerschaftlichen Umgang gehabt. Aber das, was Sie heute mit der Ehre eines unbescholtenen Mi­nisters und der Ehre· einer ganzen Reihe hochkaräti­ger Spitzenbeamter unseres Landes gemacht haben, kann keine Anerkennung verdienen. Das steht nicht zur Disposition. Es war würdelos, was Sie hier losge­lassen haben, und es war erschreckend, daß Sie sich dafür nicht entschuldigt haben.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben zum Schluß genau das getan. was das Ziel Ihres Untersuchungsausschusses war. nämlich eine

Branche insgesamt an den Pranger zu stellen. Wenn Sie jetzt resümieren, 95 Prozent aller Wettbewerbs­preise würden nicht durch Kalkulation und marktwirt­schaftlich, sondern durch Absprachen gemacht, wenn Sie vorrechnen, es sei ein Schaden von mehre­ren Milliarden DM volkswirtschaftlicher Verluste ein­getreten, wenn Sie hier erzählen, 11 Prozent aller Preise seien überhöht, Sie haben einen volkswirt­schaftlichen Schaden von insgesamt 5,4 Milliarden zi­tiert, dann entspricht dies jenem Ziel, das Sie von An­fang an erreichen wollten, nämlich eine gesamte Branche, in der jeder sechste in der Bundesrepublik Deutschland arbeitet, sein Geld verdient und seinen Lohn erhält, an den Pranger zu stellen.

Sie haben schon im Laut der Debatte und gelegent­lich vor der Öffentlichkeit eine ganze Reihe von Punk­ten dargetan. wo die Baupreise generell, wie Sie sich ausgedrückt haben, nicht mehr durch Wettbewerb zustandegekommen seien, sondern durch kartell­rechtswidrige Absprachen auf örtlicher und überörtli­cher Ebene. So Ihr Wort!

Sie folgern: Hätte Preisbindung auf diese Art unter Außerachtlassung des Wettbewerbes nicht stattge­funden, dann wären die Baupreise alle miteinander er­heblich nach unten gegangen. Sie haben erklärt, daß die überhöhten Baupreise zu überhöhten Gewinnen in den Taschen der Unternehmer geführt hätten und dadurch Milliardenverluste, auch das Ihr Wort, zum Schaden der öffentlichen Hände entstanden seien.

Sie haben auch von den Überkapazitäten geredet, wo Personal und Gerät richtigerweise hätte abgebaut werden sollen, und daß dies durch Absprachen ver­hindert worden wäre. Nur, meine verehrten Kollegen, in einer solch pauschalen und verallgemeinernden Art kann man hier nicht argumentieren. Sie begeben sich selbst des Vorwurfs einer totalen Einseitigkeit Ihrer Argumente und weniger Kenntnisse in der Branche. Wer über die Situation der Bauwirtschaft so abwer­tend und mit so überzogener, pauschaler Kritik spricht und so verallgemeinernd wie Sie, hat offenbar zu wenig differenzierte und vertiefte Kenntnis davon, wie die Lage der Branche in Wirklichkeit ist, die Lage der Unternehmer, der Unternehmen und ihrer Betrof­fenen.

Wer so mit der linken Hand wie Sie glauben machen will, daß da Millionen und Milliarden \19rdient worden seien und sich die Bauwirtschaft generell .goldene Nasen", Ihr Zitat. habe hinzuverdienen können, stellt im wesentlichen die Wahrheit auf den ~opf. Ich werde Ihnen das gleich beweisen. Er tut die~ übrigens nach jenem bekannten Strickmuster dies~s Kronzeugen und seines Spiegelbildes, des vielzitie en Herrn Hoff­mann. der in seinem Leben nach m iner einct'ingli­chen Befragung weder Kalkulator w • von Kalkulie­ren nichts verstand noch die VOB in all ihren Teilen kannte oder kennt. ,

(Abg. Rothemund: Aber die Ba preisab-sprachen!)

- Der vorgegeben hat, Baupreisabs achen zu ken­nen. Für mich ist dies jedenfalls ein s r zweifelhafter Zeuge; bei dieser Einschätzung bleib ich.

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2549

(Kling [CSU])

(Abg. Münch: Eine unverschämte Einschätzung!)

- Ein Mann mit angeblich soliden betriebswirtschaft­lichen Kenntnissen, der aber gleichzeitig von angeb­lichen Millionengewinnen faselte. Diese Einschätzung können auch Sie, sehr verehrter Herr Münch, mir nicht nehmen.

Erster Vlzepriisldent Kamm: Herr Kollege Kling, Sie gestatten eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Münch?

(Abg. Münch: Er gestattet, ja!)

Münch (SPD): Herr Kollege Kling, ich frage Sie, ob Sie vorhin bei den Ausführungen des Herrn Staatsmi­nisters für Wirtschaft und Verkehr nicht mitbekom­men haben, daß nach Auffassung des Wirtschaftsmi­nisteriums dieser von Ihnen zitierte zweifelhafte Zeu­ge d e r Zeuge gewesen ist, der glaubhafte Unterla­gen eingereicht hat, die den Betrugsverdacht erhärte­ten. Haben Sie das nicht mitgekriegt? Steht das nicht in einem deutlichen Widerspruch zu der Zeugenbe­wertung, die Sie jetzt hier gegeben haben?

Kling (CSU): Nein. Davon habe ich nicht geredet. Ich habe davon geredet, daß der Zeuge Hoffmann in sei­nem Leben weder Kalkulator war, das hat er mir selbst bestätigt, noch Kenntnisse der VOB hat.

(Abg. Kolo: Was hat das mit der Glaubwürdi-keit zu tun?)

Wenn Sie um Millionen und Milliarden hier diskutieren und mit mir streiten wollen, dann führe ich Sie gern zum Klinikum nach Aachen, wo die volle Wahrheit gestern bekannt geworden ist, daß bei einer ur­sprünglichen Kostenschätzung von 250 Millionen die Kosten jetzt bei 2,3 Milliarden stehen und 1,73 Milliar­den fehlen.

(Abg. Kolo: Es geht doch um Baupreis­absprachen und nicht um Kosten-

steigerungen!)

- Herr Kolo, das bringe ich deshalb, weil Ihr Kollege Ambros Neuburger vorhin einen Orden zu verleihen vorgeschlagen hat. Ich würde gerne den Herrn Kolle­gen Warnecke nach Nordrhein-Westfalen schicken; die wären für einen Kronjuristen dankbar, der da oben mit Sicherheit fündig würde, wo es um Milliar­den geht. Die Schlampereien dort sind beispiellos. Da wäre er mit Sicherheit richtig am Platz.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie über Millionen und Milliarden im Zusam­menhang mit Baupreisabsprachen sprechen, dann, jetzt In vollem Ernst, erkundigen Sie sich bitte einmal nicht bei einem CSU-Mitglied, sondern bei einem un­verdächtigen Zeugen, dem Präsidenten der Deut­schen Bundesbank, Herrn Pöhl. Ich habe von ihm hier die letzte Veröffentlichung über die Entwicklung des Eigenkapitals in der Bundesrepublik Deutschland, aufgegliedert nach Bauwirtschaft und Auszehrung

der Eigenmittel im produzierenden Ge.werbe. Diese Auszehrung von Eigenkapital ist im Vergleich zu allen anderen Branchen der Republik und unserer Wirt­schaft in der Baubranche beispiellos. Während der Durchschnitt des Eigenkapitals an der Bilanzsumme 1965 noch 14,8 Prozent betrug, betrug er 1981 noch genau 4,5 Prozent. Jede Mark, die die Bauunterneh­men investieren, ist mit 95,5 Prozent fremdfinanziert worden.

Im Vergleich dazu: Das verarbeitenden Gewerbe liegt im Vergleichszeitraum 1965-1981 zwischen 33 und 23,2 Prozent. Es gibt, meine verehrten Damen und Herren, keinen einzigen vergleichbaren Wirtschafts­zweig in der ganzen Bundesrepublik, in dem die Aus­zehrung des Eigenkapitals in den letzten zehn Jahren auch nur annähernd mit einem solchen Senkrecht­sturz geschehen ist wie im Bereich der Bauwirtschaft.

Wenn Sie von .goldenen Nasen• sprechen, die hätten hinzuverdient werden können, frage ich Sie nur, wo diese im einzelnen sind.

(Abg. Jena: Haben Sie auch mitgemacht?)

Daß die Bauwirtschaft in den letzten zehn Jahren die Hauptlast des Verlustes an Arbeitsplätzen und an ln­solvenzen zu tragen hatte, ist doch wohl unbestritten. Das müßten gerade Sie wissen. DaB das Baugewerbe bei der Zahl der Konkurse in den Jahren 1981 und 1982 mit 3500 an der Spitze liegt, können Sie doch nicht bestreiten. Daß seit Anfang der siebziger Jahre 400 000 und Mitte der 80er Jahre 200 000 Beschäftige aus der Bauwirtschaft gegangen sind, kann von je­dermann in der Zeitung nachgelesen werden.

Erster Vizepräsident Kamm: Herr Kollege Kling, Sie scheinen jetzt in eine allgemeine Diskussion um Bau­politik und Baupreise einzutreten. Das geht ein bißchen weit vom Thema weg.

Es sind einige Zwischenfragen angemeldet. Gestat­ten Sie diese?

Kling (CSU): Ich will ja den Herrn Präsidenten nicht rügen, aber es darf doch wohl gesagt werden, daß ich versuchen mu8, eine gewisse Beziehung zwischen den Milliarden- und Millionengewimen und den .gol­denen Nasen", von denen hier geredet wurde, einer­seits und der Auszehrung von Eigenkapital in dieser Branche andererseits herzustellen. Ich halte das für zwingend notwendig für das Gesamtverständnis des Parlaments im Hinblick auf solche Absprachen.

Bitte, wenn Sie jetzt Fragen haben!

Erster Vizepräsident Kamm: Herr Kollege Münch, bitte!

Münch (SPD): Herr Kollege Klin , wollten Sie mit Ihren Ausführungen eben versuch n, eine Beziehung zwischen der Notwendigkeit vo Baupreisabspra­chen und der wirtschaftlich elen n Lage der Bau­wirtschaft herzustellen?

Kling (CSU): Nein, darauf komme i

(Lachen bei der S

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2550 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

Erster Vizepräsident Kamm: Herr Kollege Langen­berger!

Langenberger (SPD): Ich wollte Sie fragen, Herr Kollege Kling, ob Sie ein Plädoyer für Baupreisab­sprachen halten wollen, weil Sie so ausführlich be­gründen.

Kllng (CSU): Nein, auch das wollte ich nicht. Ich wollte nur Ihr Verständnis für die Lage der Branche insgesamt wecken. Ich könnte Ihnen empfehlen, mit dem Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bau­steine-Erden, Herm Konrad Carl, einmal zu reden, der gestern 3,3 Prozent Tariferhöhung abgeschlos­sen, die 40-Stunden-Woche bis zum Jahr 1988 fest­geschrieben und den Vorruhestand anerkannt, aber ausdrücklich erklärt hat, dieser vergleichsweise gerin­ge Abschluß sei das Ergebnis seiner betriebswirt­schaftlichen Einschätzung der Lage in der Bauwirt­schaft.

(Zurufe von der SPD)

Ich will das Thema nicht weiter vertiefen, sondern nur noch einen Satz anmerken. Ich wünschte, daß die Herren Warnecke, Neuburger und so manche andere aus Ihren Reihen ihren Blick im Zusammenhang mit Absprachen nicht nur auf die großen Konzerne rich­ten, über die Sie ja in einer besonderen Weise Ihre Peitsche schwingen, sondern dabei auch bedenken, daß es allein in Bayern 12 000 kleine, mittelständische Handwerksbetriebe gibt, die hart um ihre Existenz im Konkurrenzkampf ringen.

(Beifall bei der CSU)

Ich wollte außerdem ein wenig relativieren, daß bei den vielen öffentlichen Attacken und Tiraden, die aus Ihrem Munde im Zusammenhang mit Baupreisabspra­chen gekommen sind, sie alle, ohne Unterschied, ob groß oder klein, gemeinsam am Pranger stehen.

Sie wollten wissen, wie wir zu Baupreisabsprachen stehen. Das kann ich Ihnen sagen. Erstens gibt es in unserer Fraktion für kartellrechtswidrige Baupreis­absprachen keine Entschuldigung und keine Mohren­wäsche.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD)

Zweitens werden wir bei Baupreisabsprachen weder Kosmetik noch Schönfärberei betreiben.

(Abg. Werner: Was tun Sie denn die ganze Zeit?)

Recht muß im Rechtsstaat Recht bleiben. Auch die Bauwirtschaft muß sich in einer sozialen marktwirt­schaftlichen Ordnung oftmals sehr widrigen Wettbe­werbs- und Rahmenbedingungen stellen. Sie kann keine Sonderbedingungen erfahren. Wenn es nach uns geht, wird es für die Bauwirtschaft ebenso wie für andere Branchen keinen Denkmalschutz geben. Das gilt jetzt und für die Zukunft.

Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist wohl der, daß wir eine solche Diskussion mit der gebote-

nen Wertung aller Argumente, mit Objektivität und in Relativierung solcher Vorgänge führen. Wir sehen die Besonderheiten von Markt und Branche und bauen diese in unsere politische Wertung und in unser politi­sches Handeln ein. Das bedeutet noch lange nicht, daß wir verzeihen oder vertuschen oder ent­schuldigen.

(Zuruf von der SPD: Zur Sache!)

- Ich bin bei der Sache. Sie werden doch nicht be­streiten können, daß es insgesamt unser Parlament und den Ausschuß ziert, daß wir erstmals in der Bun­desrepublik Deutschland in einer derart offenen, un­verblümten Weise über Baupreisabsprachen disku­tiert haben. Es gibt in Ihren sozialdemokratisch ge­führten Ländem keinen solchen Ausschuß, kein Vor­bild. Wir sind stolz darauf, daß das gerade in Bayern in dieser Weise öffentlich geschehen konnte.

(Abg. Dr. Rothemund: Das haben doch wir erzwungen, lieber Herr Kollege! Sie wollten

den Ausschuß doch nicht!)

Das Ausschußziel, Herr Dr. Rothemund, war ja letztlich nicht das .Formulieren von Polemik oder per­sönlichen Angriffen, sondern das Auffinden von Ursa­chen und von Möglichkeiten, wie Baupreisabspra­chen künftig erschwert und vermieden werden kön­nen.

Im übrigen hat es am Bau im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen immer schon traditionelle Nach­teile gegeben.

(Abg. Jena: Absprachen hat es seit Jahren gegeben!)

Davor konnten auch Absprachen die Branche nicht retten. Sie kennen die erschwerten Bedingungen in der Bauwirtschaft. Es wird zulässig sein, sie einmal in ein paar Stichworten zu sagen: kapitalintensive Lohn­arbeit, extreme Einzelfertigung, keine Produktion auf Lager möglich, ständiger Zwang zum Anschlußauf­trag, starke Abhängigkeit von einer gelegentlich fast hundertprozentigen öffentlichen Nachfragemacht,

(Abg. Münch: Das gibt es in tausend ande-ren Bereichen auch!)

hohe Kalkulationsrisiken, Schwarzarbeit und vieles andere mehr. Oder denken Sie an den Baustopp durch Gerichte, ausnahmslos auf dem Rücken der Bauwirtschaft ausgetragen! Das haben Sie doch un­längst selbst erlebt.

Ich will es nicht weiter ausfeilen, S<fldern dazu nur noch einen Satz sagen: Fragen Sie doch den Kolle­gen Fichtner aus Ihrer Fraktion, dtf tagtäglich als Praktiker selbst mit den Problemen ~mzugehen hat, die ich versuchte hier darzustellen. 1

Enlter Vizepräsident Kamm: Herr K liege Kling, ge­statten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Langenberger?

Lengenberger (SPD): Herr Kollege welche finanziellen Schwierigkeite

ing, wissen Sie, beispielsweise

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Plenarprotokoll 10/46v. 04.04.84 Bayerlacher Landtag · 10. Wahlpertode 2551

(Langenberger [SPD]

ein Arbeitsloser hat, ohne daß er kriminell werden darf?

(Beifall bei der SPD)

Kllng (CSU): Das Problem der Arbeitslosigkeit kenne ich so gut wie Sie.

(Frau Abg. Harrer: Bestimmt nicht!)

Ich weiß, daß ein Arbeitsloser unter erschwerten Be­dingungen mit seiner Familie zu leben hat, ohne Rechtsbrecher zu werden. Ich stelle hier den glei­chen Bezug her wie Sie und möchte mich in diesem Punkt nicht von Ihnen unterscheiden.

Nun möchte ich noch eine Bemerkung dazu machen, daß wir die Rahmenbedingungen insgesamt verän­dern müssen. Es führt kein Weg daran vorbei, den Gründen der Absprachen nachzugehen. Das Landes­kartellamt und das Bundeskartellamt haben die tra­genden Ursachen für die Baupreisabsprachen be­nannt. Die Firmen versuchen erstens, eine gleichmä­ßige Kapazitätsauslastung zu erzielen, und zweitens trachten sie danach, kostendeckende Preise zu erzie­len. Die dritte Kategorie muß im besonderen rechtli­chen Schußfeld liegen: die Erzielung von höheren Ge­winnen, als dies bei einem Wettbewerb ohne Abspra­che möglich wäre.

Im letzteren Fall wird ein Überbieten des Wettbe­werbspreises abgesprochen, um einen größeren Ge­winn zu erreichen. Dies ist, wie das heute mehrfach dargetan worden ist, weder neu noch eine bayerische Spezialität. Das gibt es seit über 200 Jahren. Schon bei den Festungsbaumeistern der französischen Kö­nige hat man sich über Baupreisabsprachen erregt. Das geltende Strafrecht erweist sich nach unserer Auffassung aber durchaus als tauglich,

(Abg. Münch: Das hat man gesehen!)

alte jene Fälle zu erfassen, in denen durch die Ab­sprachen ein Vermögensschaden aus der Differenz zwischen dem abgesprochenen Preis und dem Wett­bewerbspreis ohne Absprache entstanden ist.

Wo aber ein solcher Vermögensschaden nicht einge­treten ist, sehe ich rechtspotitisch eigentlich kein Strafbedürfnis, weit die kartellrechtliche Bußgeldak­tion ausreicht. Darin kann ein echter Unterschied in der Auffassung und Wertung zwischen Ihnen und uns liegen.

Übrigens macht sich der Bundesjustizminister dar­über gegenwärtig auch Gedanken. Seine Aussage ist, daß der erweiterte Einsatz des Strafrechts nur dort erwogen werden soll, so sozialschädliches Verhalten erkannt und nicht anders ausreichend bekämpft wer­den kann oder wo sich etwa zeigt, daß sich das gel­tende Recht nicht oder nicht ausreichend bewährt.

Richtig ist, meine Kolleginnen und Kollegen: Die öf­fentliche Meinung lehnt jede Absprache strikt ab. Der Steuerzahler fühlt sich durch sie geschädigt, und dies übrigens ganz gleich, ob dabei ein Gewinn erzielt worden ist oder nicht. Die Bauwirtschaft hat in der öf­fentlichen und in der veröffentlichten Meinung der

Medien einer extremen Voreingenommenheit zu be­gegnen. Daß dagegen andere Wirtschaftsbereiche -ich erinnere nur an die Banken, die Versicherungen, die Energiewirtschaft - durchaus und völlig legal Ab­sprachen treffen können, von den Tarifparteien und den freien Berufen, denen ich selbst angehöre, ein­mal abgesehen, wird in der Öffentlichkeit weitgehend als völlig normal empfunden. Für jeden ist es die selbstverständlichste Sache der Welt, daß die Berufs­gruppen jedes Jahr über die Gewerkschaften die Festsetzung des Preises ihrer Arbeitsleistung bera­ten. Keiner kommt auf die Idee, dies Absprachen zu nennen. Aber bei Unternehmen der Bauwirtschaft, in Handwerk, Handel und Gewerbe ist es nach unserem marktwirtschaftlichen Ordnungsverständnis ein schweres kartellrechtswidriges Unrecht. Ich stelle dies rein sachlich fest, ohne dabei und damit Abspra­chen entschuldigen zu wollen.

Was kann nun nach unserer Auffassung geschehen, um künftige Absprachen zu erschweren und aus der Ausschußarbeit Konsequenzen in geeigneter Form zu ziehen?

E r s t e n s: Wir müssen die allgemeinen Rahmenbe­dingungen verbessern.

Z w e i t e n s: Es müssen die Ausschreibungs- und Vergabebedingungen präzisiert und verfeinert werden.

Drittens: Es muß damit eine strikte Verfolgung von VOB-Verstößen einhergehen.

Die Arbeitsgruppe unserer Fraktion hat dazu 17 V o r s c h 1 ä g e im einzelnen erarbeitet. Sie werden in Bälde in die parlamentarische Diskussion einge­hen. Mit Ihrer Zustimmung möchte ich sie zu Proto­koll geben, damit sie nachgelesen werden können:

- Strikte Einhaltung der VOB in allen TeUen - Zulassungsregelung zur Angebotsabgabe - Verbesserung der Ausschreibungs- und Vertragsbedin-

gungen. insbesondere der allgemeinen und besonderBn Vorbemerkungen, die eindeutig, objektiv und unmißver­ständlich abgefaßt sein müssen

- landeseinheitliche, EDV-gerechte Ausschreibungs- und Vergabebedingungen, um hohen WJlkswirtschaftlichen Mehraufwand insbesondere bei Ausschreibungen der öf­fentlichen Hände zu begrenzen

- Ausbau der VOB-Stellen als wirksames Instrumentarium, um VOB-widrige Ausschreibungs- und Vertragsbedingun­gen umgehend aufgreffen zu können

- Ergänzung der VOB-Stellen des Landes um neutrale Sachverständige aus freien Berufen ·und der Wirtschaft mit hoher Fach- und Sachkompetenz!, in paritäti5eher Be­setzung

- fortlaufender Erfahrungsaustausch u lichkeitsarbeit der VOB-Stellen mit VerstöBen, nach Umfang und Fachbe

- Fortbildungs- und Schu/ungslehrgän staatliche Planungsträger, freiberufli und Ingenieure und kommunale A (lt Landkreise, 7 Bezirke, 100 staatt Gemeinden und rund 100 Zweckve und Ingenieure

verstärkte Öffent­ssung K>n VOB­

ichen gegliedert im VOB-Recht für tätige Architekten chreibungsstellen

he Beuämter, 2052 - e), Architekten

- Überprüfung der Einrichtung eines VOB-Landesbeauf­tragten als Schiedsstelle in engem J<.. takt zum (?bersten Rechnungshof

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2552 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Kling [CSU])

- Ein- und Zwischenschaltung freiberuflicher Planungsbü­ros nach dem Vorschlag von Prof. Kartte zur Beurtei­lung des annehmbarsten Preises nach § 25 a VOB vor allem bei größeren Projekten und Sondervorschlägen und im Hinblick auf die Verwendung moderner Techno­logien

- verstärkte Anwendung des beschränkt öffentlichen Teil­nahmewettbewerbes mit dem Ziel, qualifizierten Firmen den Wettbewerb zu eröffnen unter Beachtung einer überörtlichen Firmenauswahl

- stärkere Gewichtung des sog. annehmbarsten Angebo­tes, das nicht immer identisch mit dem Billigstangebot sein muß, mit versuchsweiser Abweichung von der VOB, den Submissionseröffnungstermin ohne Beisein der Bieter zu vollziehen

- Überlegungen der legalen Bildung von Bieter- und Ar­beitsgemeinschaften zur verbesserten Kapazitätsausla­stung

- Verstetigung des öffentlichen Angebotspotentials mit Beseitigung der belastenden Sinusschwingungen

- Vermittlung von VOB-Kenntnissen an Universitäten und Fachhochschulen

Zusätzlich haben wir im Ausschuß gewichtige Vor­schläge hinsichtlich Ahndung von Verstößen unter­breitet, die wir ebenfalls weiterverfolgen werden. Da­zu zählen:

- Verbesserung des Rechtsbewußtseins;

- Stärkung der Erkenntnis, daß die Bauwirtschaft auf Dauer nicht mit Sonderbedingungen und Au­ßerkraftsetzung marktwirtschaftlicher Ordnungs­prinzipien leben kann,

- Einbindung der Staats- und Direktionsebene in die Verantwortung für Absprachen,

- Verstärkung der personellen Besetzung des Lan­deskartellamtes,

- Überprüfung der Meldesysteme bei den jeweili-gen Verbänden.

Diese werden besonders von Ihnen so hart kri1isiert; sie können nach unserer Auffassung nur dann legal sein, wenn sie der Marktinformation und -transparenz dienen, nicht aber abspracheb.egünstigend wirken.

Es ist ausdrücklich zu begründen, daß die Bauwirt­schaft auf Drängen des Landes- oder des Bundeskar­tellamtes gegenwärtig einen Musterprozeß über die zulässigen Informationssysteme führt, die mit dem Kartellrecht konform sind. Von Gewicht scheint mir dabei zu sein, daß eine strikte Anwendung der VOB das Gleichbehandlungsgebot für alle sicherstellt und nicht verletzt. Alles, was wir uns zur Fortschreibung der VOB erdenken, darf nicht dem Zufall überlassen bleiben. Dies würde· die VOB in ihrer strikten, korrek­ten Anwendung durch Feilschen ersetzen wie beim Teppich- oder Viehhandel. Das kann nicht Sinn der Sache sein!

Wertungsbedürftig müssen nach unserer Auffassung künftig mehr als bisher bleiben alle technischen, wirt­schaftlichen, gestalterischen, funktionsbedingten Ge­sichtspunkte bei der Abgabe von Angeboten, die einen Mehr- oder Minderpreis rechtfertigen. Nach § 25 VOB Teil A heißt die Frage: Wo ist der niedrigste

Preis? Wo ist der annehmbarste Preis? Der .billige Jakob" allein kann nicht zum Maßstab der Vergabe gemacht werden.

Lassen Sie mich zum Schluß noch eines sagen: Es ist uns ein Anliegen, ich hoffe, ein gemeinsames Anlie­gen, daß die Bauwirtschaft aus der pauschalen Ankla­geecke schuldhaften Tuns und kartellrechtswidriger Dauerverstöße herauskommt.

(Beifall des Abg. Niedermayer)

Sie hat ihrerseits die Pflicht, Recht anzuerkennen und sich an den Maßstäben einer sozial gebundenen Marktwirtschaft im Wettbewerb zu orientieren. Sie hat aber auch ein Anrecht darauf, Rahmenbedingungen zu erhalten, die der besonderen Branchensituation gerecht werden und bei ihrer Berücksichtigung künf­tig verhindern, daß es eine Ermutigung zu Baupreis­absprachen gibt.

So gesehen, hat sich der Untersuchungsausschuß gemeinsam ein hohes Verdienst erworben.

(Abg. Münch: Machen Sie nur weiter so!)

Die gesetzte Meßlatte dieses Anspruchs der Wieder­herstellung durchschaubarer und mit Recht konfor­mer Wettbewerbsverhäl1nisse liegt im Interesse der Bauwirtschaft und der Volkswirtschaft. Sie kann das zeitweilig gestörte Vertrauensverhältnis zwischen den öffentlichen und privaten Auftraggebern einerseits und der Bauwirtschaft andererseits wieder erstarken lassen.

Dazu haben diese Debatte und das Ergebnis des Un­tersuchungsausschusses ungeachtet aller kontrover­sen Auffassungen in reichem Maße beigetragen. Oh­ne eine funktionierende, intakte Bauwirtschaft, in der jeder sechste Beschäftige in unserem Land arbeitet, wird auch der Rest unserer Wirtschaft auf Krücken gehen.

Ich schließe mit dem Dank an unseren Ausschußvor­sitzenden Dr. Gerhard Merk!,

(Beifall bei der CSU)

dem ich ausdrücklich bestätigen möchte, daß er sich redlich bemüht hat, den Schlußbericht objektiv, mit aller Sorgfalt, wahrheitsgetreu und ausgewogen zu verfassen.

(Bettall und Bravo! bei der CSU)

Diese Prädikate kann ich allerdings dem Minderhei­tenbericht der SPD nicht zubilligen.

(Zurufe von der SPDl

Ich will einmal vorsichtig formulieren< Ich werde ihn in eine der untersten Schubladen ableg n.

(Heiterkeit und Bettall bei der U - Abg. Möslein: Und die Schublade a schließen

und nie mehr öffnen! - Abg. Ew ld Lechner: Und den Schlüssel wegwerfe ! - Abg. Münch: Das war fast so sch · wie im

richtigen Leben!)

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag . 10. Wahlperiode 2553

Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Herr Kollege Dr. Rothemund.

Dr. Rothemund (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will zunächst die Bemerkung voraus­schicken, Herr Kollege Kling, daß ich, wie Sie ja wis­sen werden, dem Untersuchungsausschuß nicht an­gehört habe und auch nicht gastweise bei seinen Sit­zungen zugegen war. Dennoch nehme ich mir das Recht heraus, hier und heute etwas dazu zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Ich beanspruche das gleiche Recht wie der Kollege Tandler, und ich verstehe nicht, daß Sie nach dem Auftritt des Herrn Kollegen Tandler

(Abg. Möslein: Der war notwendig! - Frau Abg. Stamm: Sehr notwendig!)

ausgerechnet dem Kollegen Münch das Recht be­stritten haben, in diesem Hohen Hause zu dem The­ma zu reden.

(Zuruf von der CSU: Das war schon ein klei­ner Unterschied! - Abg. Niedermayer: Wo-

von hat denn der Beitrag gehandelt?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir, die wir nicht am Ausschuß teilgenommen haben, hier nicht reden dürften, könnten wir uns die Debatte schenken.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe mich natürlich nicht auf die Ausführungen des Kollegen Kling hin gemeldet, sondern selbstver­ständlich auf die Ausführungen des Herrn Fraktions­vorsitzenden der CSU. Es war für mich vom Psycho­logischen her sehr interessant, daß die wenigen Sät­ze, die der Herr Kollege Tandler dazu sagte, einen ungewöhnlich langen Schlußbeifall gefunden haben.

(Abg. Brosch: Das war auch richtig so!)

Ich habe mich dabei an so manche Debatte erinnert - der Vorgänger des Herrn Kollegen Tandler sitzt ja nicht mehr auf den Abgeordnetenbänken, sondern auf der Ministerbank - , wo der Fraktionsvorsitzende der CSU lange darauf gewartet hat, im Verlauf einer solchen Debatte einen Nebenpunkt zu finden, um den psychologischen Druck loszuwerden, der bei die­ser Debatte ganz zweifellos auf ihm lastete.

(Widerspruch bei der CSU - Abg. Kluger: Ja, was ist denn das? Rothemund, der

Psychologe!)

Denn, meine Damen und Herren, die Einsichtigen un­ter Ihnen werden sehr wohl wissen, daß hinsichtlich der Baupreisabsprachen ein eklatantes Versagen des Wirtschaftsministeriums vorliegt.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie sehr die Sache darauf angelegt war, einen Nebenkriegs­schauplatz zu finden, ergibt sich schon daraus, daß Kollege Tandler einen Satz zitiert hat, der damit be­ginnt, daß sich der Herr Minister niemals nach dem Fortgang des Verfahrens erkundigt habe. Ich hätte

erwartet, daß er dies wertet. Er hat es aber nicht ge­wertet. Man kann nicht mit der Behauptung, Herr Mi­nister, die Kartellbehörde sei etwas Staatsanwalt­schaftlichsähnliches, das Problem von sich schieben. Selbst wenn Sie sich nicht inhaltlich um die Sache im Sinne einer Beeinflussung hätten kümmern wollen, eine Verpflichtung hätten Sie gehabt, nämlich für einen anständigen, zeitgerechten Fortgang des Ver­fahrens zu sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kolle­ge Tandler! Sie haben mit großem Ernst, zum Teil auch mit Theatralik den Vorwurf hinsichtlich des Spendenkontos zurückgewiesen. Jedermann weiß doch, daß es ein auf Herrn Jaumann eingerichtetes Spendenkonto gegeben hat. Das ist doch wohl un­streitig. Oder irre ich mich hier? Wenn dem so ist, dann ist die Bemerkung des Kollegen Warnecke gar nicht so sehr neben der Sache liegend. daß Sie das hochgezogen haben, verstehe ich, denn Sie hatten die Funktion, von alledem abzulenken, was in dieser Sache wirklich passiert ist; denn was passiert ist, ist keineswegs ein Ruhmesblatt für das Wirtschaftsmini­sterium.

(Beifall bei der SPD)

Ich muß noch ein Wort zum Kollegen Kling sagen. Um es kollegial und zurückhaltend auszudrücken, Ihre Rede hat mich einigermaßen merkwürdig berührt.

(Zuruf von der CSU: Das war auch der Sinn der Sache!)

Schon zu Ihrem Satz, daß Sie stolz darauf sind, daß der Untersuchungsausschuß das Thema öffentlich untersucht hat, muß ich sagen: Hätte es uns nicht ge­geben, dann hätte es diesen Untersuchungsaus­schuß nicht gegeben. Denn Sie hatten gar kein Inter­esse, dieses Thema in der Öffentlichkeit untersuchen zu lassen.

( BeifaH bei der SPD)

- Ach, da hinten sitzen Sie, Herr Kling, jetzt habe ich dauernd zu Ihnen, Herr Humbs, geschaut. Ich bitte Sie um Nachsicht, das war eine Verwechslung.

Präsident Dr. Heubl: Gestatten Sie eine Zwischenfra­ge des Herrn Kollegen Kling?

Kling (CSU): Darf ich Sie fragen, Herr Kollege Dr. Ro­themund, ob Sie mir zugestehen, daß mein Stolz sich allein darauf bezog, daß wir in ein13r offenen, freien, für jedermann zugänglichen Weise .die gesamten Ab­sprachevorgänge diskutiert und ött;ntlich erörtert ha­ben? Darauf war ich stolz, weil dd bisher in keinem anderen Land der Bundesrepubli~ Deutschland so geschehen ist.

Dr. Rothemund (SPD): Sie hatten muliert, wenn Sie aber Ihren Stol dann sind Sie stolz darauf, daß sehe, vernünftige Verfassung habe le ich.

(Beifall bei der SP

zwar anders for­so einschränken, r eine demokrati­. Diesen Stolz tei-

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2554 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokol! 10/46 v. 04.04.84

(Dr. Rothemund [SPD])

Sie kennt nämlich Untersuchungsausschüsse und gibt auch einer Mehrheit Gott sei Dank nicht die Mög­lichkeit, Untersuchungsausschüsse zu verhindern.

Herr Kollege Kling, auch Sie haben den Versuch ge­macht, alles auf ein falsches Geleise zu schieben. Niemand hat die gesamte Branche an den Pranger gestellt,

(Widerspruch bei der CSU - Abg. Fendt: Was hat denn der Warnecke getan? Hören

Sie doch auf! 95 % Baupreisabsprachen, hat er gesagt!)

sondern wir haben diejenigen angegriffen, die Bau­preisabsprachen getroffen haben. Und ich füge hin­zu: Jeder weiß, daß es über das hinaus, was tatsäch­lich in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist, unver­ändert eine hohe Dunkelziffer in diesem Bereich gibt.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kolle­ge Kling hat dann die großen Sorgen der Bauwirt­schaft geschildert, über die man sicher auch einmal reden muß. Ich bin sehr für die Verstetigung der Bau­nachfrage gerade auch durch die öffentliche Hand. Hierin sind Sie von der CSU aber nicht immer unserer Meinung. Sie fahren doch Sparhaushalte und nehmen die Baunachfrage zurück.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CSU)

Was Sie in diesem Zusammenhang ausgeführt haben, war ziemlich stillos. Mir kamen beinahe die Tränen.

(Abg. Fendt: Schon wieder einmal!)

denn es sah fast so aus, als würde eine Absprache nicht zum Nachteil der Auftraggeber getroffen wer­den, sondern geradezu aus Fürsorge und zum Vorteil der Auftraggeber.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Was in diesem Zusammenhang Ihr Hinweis, Herr Kol­lege Kling, auf die mittelständischen Betriebe sollte, habe ich überhaupt nicht verstanden. Häufig genug sind die mittelständischen Betriebe die Opfer solcher Baupreisabsprachen, weil sie dadurch ausgeschaltet werden.

(Beifall bei der SPD - Abg. Kalo: So ist es!)

Sie haben versucht, eine Korrektur vorzunehmen, die mir aber nicht ausreichend genug war. Ich denke, es ist unanständig zu sagen, der Zeuge Hoffmann ist ein zweifelhafter Zeuge. Dies haben Sie so formuliert. Er ist kein zweifelhafter Zeuge.

(Abg. Brosch: Kein sachverständiger · · Zeuge!)

Ob er die VOB kennt, kann ich nicht beurteilen.

(Abg. Dr. Merkl: Das ist etwas ganz anderes!)

Herr Kling, ich weiB nicht, was Sie von Beruf sind.

(Zuruf von der CSU: Bauingenieur!)

- Bauingenieur, ich habe es mir beinahe gedacht. Ich werfe Ihnen nicht vor, daß Sie über rechtliche Sach-

verhalte reden, obwohl Sie kein Jurist sind, sehr ver­ehrter Kollege Kling. Darum sollten Sie dem Zeugen Hoffmann auch nicht vorwerfen, daB er möglicherwei­se die VOB nicht kennt. Hoffmann war ein Zeuge, dem wir alle miteinander dankbar sein müssen, daß er diesen Sumpf an die Öffentlichkeit gezogen hat.

(Bravo und Beifall bei der SPD)

Präsident Dr. Heubl: Gestatten Sie eine weitere Zwi­schenfrage des Kollegen Kling?

Kling (CSU): Herr Kollege Rothemund, ich habe in der Vernehmung des Zeugen Hoffmann eine Vielzahl von Fragen an ihn gerichtet.

Präsident Dr. Heubl: Herr Kollege, Sie müssen eine Frage stellen!

Kling (CSU): Darf ich Ihnen versichern, daß ich mir dieses Urteil über Herrn Hoffmann nach mehreren Fragen, die gezeigt haben, daß er bar aller Kenntnis­se der VOB und von Kalkulationskenntnissen war, ge­bildet habe?

Präsident Dr. Heubl: Herr Kollege, das war keine Fra­ge, sondern eine Feststellung.

Dr. Rothemund (SPD): Um die ganze Sache aufzuzei­gen, mußte er keine Kenntnis der VOB haben. Lassen wir das! Nehmen Sie halt in Gottes Namen den Aus­druck .zweifelhafter Zeuge" zurück,

(Abg. Niedermayer, erregt: Ja, freilich!)

und sagen Sie, er habe keine Kenntnisse der VOB. Dann bin ich einverstanden. Ich will die Sache auch gar nicht vertiefen, weil ihr dadurch zu viel Bedeutung zugemessen würde.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol­legen! Ich will auf drei Punkte hinweisen, weil ich dar­in die Kernpunkte sehe:

Erstens. Eine Kartellbehörde, die es fertigbringt, oh­ne sich über die Rechtssituation zu vergewissern, diese Vorgänge der Staatsanwaltschaft in dar Mei­nung zuzuleiten, daß der Tatbestand des Betrugs bzw. des Betrugsversuches erfüllt sei, zeigt, daB sie in Wirklichkeit ihrer Aufgabe nicht gewachsen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niemand kann mir weismachen, daß man in einer Kartellbehör­de wie dieser nicht die Möglichkeit gehabt hätte, sich sachkundig zu machen. Für einen Juristen ist es nach der feststehenden Rechtsprechung !n dieser Frage unverständlich, daß die Angelegentjeit so gelaufen ist. Wenn ein Anwalt gefragt würde• und eine unzu­reichende Behandlung zu verantwo en hätte, dann würde er sich in hohem Maße schad nersatzpflichtig machen. Aber offenkundig findet di e Kartellbehör­de nicht in dem gleichen Maße Ihre ritik, weil sie zu nahe an dem Herrn Jaumann angesi elt ist. Sie kriti­sieren dafür lieber die Staatsanwalts alt, die nämlich ein bißchen weiter weg vom Ministeri m ist.

(Abg. Dr. Merkl meldet sich Zwischenfrage)

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2555

Dr. Rothemund [SPD])

- Herr Kollege, wenn es zu dem ist, bitte!

Dr. Merkl (CSU): Herr Kollege Rothemund, sind Sie als Jurist nicht mit mir der Meinung, daß dies, was wir hier an Aussagen und an Unterlagen des Zeugen Hoffmann gefunden haben, vorausgesetzt, es ist zu­treffend, der Kartellbehörde geradezu die Auffassung aufdrängen mußte, daß es sich um Betrug handelt, der vom Staatsanwalt verfolgt werden muß?

Dr. Rothemund (SPD): Ich kenne ja die Entschei­dungsabläufe nicht ganz so genau.

(Lachen bei der CSU - Abg. Brosch: Dann hätten Sie nicht reden dürfen!)

- Ich weiß nicht, ob Sie sie kennen, Herr Kollege. Nur, falls da zwei oder drei Juristen der Kartellbehör­de beteiligt gewesen sein sollten, dann teile ich die Meinung, die der Kollege Warnecke vorhin vertreten hat. Wenn die zu diesem Ergebnis gekommen sind, dann haben sie wohl ihr bisheriges juristisches Wis­sen im laufe anstrengender Dienstjahre vergessen, jedenfalls würden sie die Erste oder Zweite Juristi­sche Staatsprüfung nicht mehr überstehen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CSU)

Sind Sie selber einmal Richter gewesen, Herr Kolle­ge?

(Abg. Dr. Merk!: Ich hätte als Staatsanwalt Anklage erhoben! Da dürfen Sie sicher

sein!)

Das Auffällige ist: Eine Staatsanwaltschaft, die wirk­lich geübt ist, ich kenne diese Behörde zufällig, auch auf Verfolgungsverjährung zu achten, die dies prüfen muß, die sich doch, wenn dieser dicke Vorgang vor ihr liegt, als erstes noch einmal zu Gemüte führen muß, wie die rechtliche Situation ausschaut, hat dies alles nicht getan, sondern hat die Dinge schlicht vor sich herschlampen lassen, bis sie verjährt waren.

(Zustimmung bei der SPD)

Jetzt haben wir den Zufall: auf der einen Seite eine Kartellbehörde, die unfähig ist, die rechtliche Seite zu würdigen, auf der anderen Seite eine Staatsanwalt­schaft, die die Unfähigkeit teilt und obendrein noch Verfolgungsverjährung eintreten läßt. Dies alles ist der merkwürdige Zufall, mit dem wir uns jetzt abzufin­den haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie an diesem Punkt aufhören nachzudenken, kann ich Ihnen nur empfehlen, es auch zu tun, um sich nicht einiges selber sagen zu müssen, nicht als Person, sondern in der Bewertung des Vorgangs.

Der letzte Punkt: Es wird eingestellt. In Ordnung. Aber man weiß zugleich: Da gibt es eine ganze Reihe von Geschädigten, nämlich auch kommunale Ge­bietskörperschaften, die doch Schadenersatzansprü­che haben können. Man leitet es denen in keiner Wei­se zu; die erfahren es bestenfalls aus der Presse.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein solcher Vorgang, wie er sich hier ereignet hat, ist eigentlich blamabel für alle Beteiligten. Jetzt geht es um die Wertung. Ich werfe dem Justizminister gar nichts vor; der kann ja nichts dafür, der ist ja nicht damit befaßt gewesen. Der Staatsanwaltschaft? Na gut. Aber ich dehne die politische Verantwortung nicht so weit aus, daß ich den Justizminister für jede Fehlhandlung eines Staatsanwalts verantwortlich mache. Dann hät­te er was zu tun.

(Abg. Tandler: Den Satz müssen wir uns merken!)

Aber hier haben wir den Minister, der als erster ein­geschaltet wurde, der auch noch Jurist ist, wenn ich nicht fehl in der Annahme gehe - Sie brauchen nur zu nicken, dann fühle ich mich bestätigt - ,

(Lachen bei der CSU - Abg. Möslein: Er muß nicht!)

der es weitergibt, und seine Behörde verschlampt es. Die politische Verantwortung greift insbesondere im Zusammenhang mit seiner eigenen Feststellung, er hätte sich niemals nach dem Fortgang des Verfah­rens erkundigt.

(Zuruf des Abg. Brosch)

- Entschuldigen Sie, er muß sich doch darum küm­mern und einen so skandalösen Vorgang auch so weit vorantreiben, daß die entsprechenden Maßnah­men erfolgen können. Aber er ist geradezu noch stolz darauf. Er meint, er könne sich aus seiner politi­schen Verantwortung davonstehlen, indem er sagt: Ich kümmere mich prinzipiell um nichts. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben keine Minister zu bezahlen, damit sie sich um nichts küm­mern, sondern Minister müssen sich um das küm­mern, was Ihre Aufgabe ist.

(Starker Beifall bei der SPD - Lachen bei der CSU)

Jetzt kommt wirklich die politische Verantwortung. Ich appelliere da aber an niemanden. Ich habe dazu im laufe meiner parlamentarischen Tätigkeit zu viele Erfahrungen gemacht.

Politische Verantwortung wird bei uns in der Bundes­republik immer kleiner geschrieben. Nach dem, was in Bonn geschehen ist, wo Minister nicht zurückge­treten sind. Ich denke, da stimmen Sie, wenn auch nicht verbal laut, aber insgeheim, mit mir durchaus überein; es wäre sowieso unanstlndig, wenn man den Rücktritt des Ministers Jaum n fordern würde. Denn solange der Lambsdorff auf s inem Stuhl sitzen bleiben kann, braucht natürlich d r Herr Jaumann nicht zurückzutreten. Trotzdem sa e ich Ihnen, Herr Minister Jaumann, Sie haben nie den geringsten Anlaß, stolz zu sein auf irgendetw in dem Zusam-menhang. Sie hätten sagen müsse : Ich sehe ein, es sind schwere Fehler gemacht wor n, und dafür tra­ge ich uneingeschränkt die politisc Verantwortung.

(Beifall bei der SP

In dem Sinne wäre eine Äußerung öglich gewesen; sie hätte ich für sehr vernünftig geh lten.

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(Dr. Rothemund [SPD])

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend sagen: Diese Debatte war not­wendig; der Untersuchungsausschuß war notwendig. Aber wenn das alles Sinn macht, dann müssen Kon­sequenzen für die Zukunft gezogen werden, und zwar in einem bestimmten Sinne, den auch Sie aufgezeigt haben, auch wenn ich mit Ihnen in einem Punkt nicht übereinstimme. So etwas, was sich hier ereignet hat, sollte nicht nur eine Ordnungswidrigkeit bleiben, son­dern es sollte so geändert werden, daß ein Straftat­bestand dafür geschaffen wird. Das hielte ich für ver­nünftig. Denn wenn ich erlebe, wie der einfache Mann, wenn er eine Kleinigkeit anstellt, voll vom Ge­setz erfaßt wird, und wenn ich mir vergegenwärtige, wie hier feine Herren beieinandersitzen, um sich un­tereinander Vermögensvorteile zuzuschieben, und dies bloß Ordnungswidrigkeiten sind, dann frage ich mich: Wo ist denn in dieser Frage Ihr moralisches Empfinden als CSU?

(Starker Beifall bei der SPD)

Wo ist Ihr Unrechtsempfinden?

(Starker Beifall bei der SPD)

Der Kleine, der vielleicht für 2,50 DM einen Kugel­schreiber im Kaufhof mitnimmt, wobei ich dagegen bin, daß er dies tut, wird strafrechtlich verfolgt. Der andere, der sich beim Sektfrühstück Millionen ver­dient, der bekommt allenfalls eine Buße, und mit Hilfe schlampiger Behörden wird er überhaupt nicht zur Rechenschaft gezogen.

(Anhaltender starker Beifall bei der SPD)

Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Herr Staatsmi­nister für Wirtschaft und Verkehr.

Staatsminister Jaumann: Herr Präsident, Hohes Haus! Ich möchte an das Wort anknüpfen, das der Fraktionsvorsitzende der SPD gerade gesagt hat. Weil ich in dem letzten Punkt seiner Meinung bin und war, habe ich die Auffassung vertreten, daß der Fall nicht als Ordnungswidrigkeit, sondern als Betrug ge­ahndet gehört.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren! Es kann überhaupt keine Rede davon sein, daß wir Betrüger leer ausgehen las­sen wollen.

(Zuruf von der SPD)

- Das ist eine ganz andere Frage. Wir haben es hier und heute mit der Aussprache über den Bericht des Untersuchungsausschusses zu tun. Ihr Vorwurf heißt doch, die Fronten verkehren. Das Wirtschaftsministe­rium, das Kartellamt, war der Auffassung, daß diese Leute nicht für Ordnungswidrigkeiten bestraft, son­dern vor den Kadi gezogen werden müssen.

(Beifall bei der CSU)

Die SPD spricht immer von dem Schaden, der ent­standen ist.

(Abg. Dr. Rothemund: Der ist nicht nach-weisbar, das wissen Sie!) ·

- Ein Schaden ist entstanden. Beweisbar war er auch insoweit, als man sich belegbar gegenseitig Vermö­gensvorteile zugeschoben hat. Ich verstehe also nicht, meine Damen und Herren, wie da gesagt wer­den kann, die Kartellbehörde hätte den Vorgang nicht an die Staatsanwaltschaft geben können. Das verste­he ich einfach nicht, obwohl ich Jurist bin.

(Beifall bei der CSU)

Hier steht Aussage gegen Aussage. Ich will Ihnen Ih­re Überzeugung nicht abnehmen.

Noch eine Bemerkung zu den Komplexen Konto, Be­leidigung, wie immer man es nennen mag. Meine Da­men und Herren! Es macht schließlich einen Unter­schied, ob es· sich um 570 000 DM oder um Millionen­beträge handelt. Ferner macht es einen Unterschied, ob es ein Konto von mir oder ein Konto der CSU ist. Ein ganz gewaltiger Unterschied. In mehreren Pro­zessen wurde klargestellt, daß es sich um ein Konto der CSU handelt. Sie wissen das ganz genau.

(Abg. Dr. Rothemund: Das Konto ist doch unter Ihrem Namen geführt worden!)

- Das Konto ist natürlich unter meinem Namen ge­führt worden, aber es war ein Konto der CSU.

(Abg. Dr. Rothemund: Sie waren doch allein verfügungsberechtigt!)

- Sind Sie mir nicht böse, aber ich werde doch für mein Privatkonto keinen Aufpasser brauchen. Über mein Privatkonto verfüge ich allein, und niemand weiß, was da drauf ist; das ist klar. Das ist doch idio­tisch.

(Abg. Niedermayer zur SPD: Das ist eine rei­ne Ehrabschneidung !)

Im übrigen möchte ich die SPD-Fraktion darauf hin­weisen, daß eine einstweilige Verfügung besteht.

(Abg. Rothemund: Die kenne ich ja auch; aber das hat doch nichts mit dem zu tun,

worüber wir jetzt reden!)

- Doch, das hat sehr wohl damit zu tun. Das hat näm­lich damit zu tun, daß mir von einem, der unterschla­gen hat, nachgesagt wurde, das sei kein Konto der CSU, sondern mein Konto gewesen. Das mußte ge­klärt werden. Nur um diese Frage und sonst gar nichts ging es. Es war eindeutig, daß er unterschla­gen hat. Nur darum ging der Strafprqzeß. Das Ist klar­gestellt worden. Ich bitte doch sehr darum, diese Din­ge aus der Debatte herauszulasse~ und sich nicht über etwas zu beschweren, womit $ie nichts zu tun haben.

(Starker Beifall bei der U)

Noch einmal zur Sache: Wenn ein g genseitiger Ver­mögensvorteil einander zugeschob worden ist, be­steht zumindest der Verdacht des etrugs. Deswe­gen mußten wir die Angelegenheit n die Staatsan­waltschaft abgeben. Die Staatsa altschaft hätte nach eigenem Bekunden die Sach selbstverständ­lich jederzeit wieder zurückgeben k nnen, wenn der Sachverhalt nicht für verfolgungsfä ig erachtet wor-

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Plenarprotokoll 10/46 v. 04. 04. 84 Bayerischer Landtag · 10. Wahlperiode 2557

(Staatsminister Jaumann)

den wäre. Dann wäre die Sache wieder bei uns gewe­sen.

(Fortgesetzte Zurufe des Abg. Münch)

- Natürlich. Das wäre noch längst innerhalb der Frist möglich gewesen. Wer kann denn die Staatsanwalt­schaft hindern, meine Damen und Herren, einen Vor­gang an das Wirtschaftsministerium zurückzugeben? Die Staatsanwaltschaft soll das versucht und das Wirtschaftsministerium soll dies verhindert haben? Das geht doch gar nicht.

(Abg. Münch: Doch, deshalb wurde mehr-fach verhandelt!)

Präsident Dr. Heubl: Herr Abgeordneter, das Wort hat der Herr Staatsminister für Wirtschaft und Ver­kehr.

Staatsminister Jaumann: Ich möchte noch einmal kurz und prägnant zusammenfassen: Ich habe das Landeskartellamt wegen der Verfahrensdauer von Juli bis Oktober gerügt. Das habe ich auch in meinem Hause gerügt. Mir wurde glaubhaft versichert, daß nie eine Antwort kam und die Beamten deshalb hinaus­fahren mußten. Dagegen war ich machtlos, weil ich mir sagen mußte, die Beamten haben ihre Pflicht ge­tan. Damit ist die Sache abgegeben worden und hat meinen Zuständigkeitsbereich verlassen. Wie können Sie bei diesem Sachverhalt davon _sprechen, Herr Kollege Dr. Rothemund, ich hätte mein Augenmerk immer noch auf das Verfahren richten müssen, ob­wohl es meinen Zuständigkeitsbereich längst verlas­sen hatte? Das durfte ich doch nicht einmal.

(Zuruf des Abg. Dr. Rothemund)

Dies müssen Sie mit Ihrem eigenen juristischen Sach­verstand ausmachen. Ich fühle mich hier jedenfalls absolut gerechtfertigt.

(Anhaltender starker Beifall bei der CSU)

Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Herr Abgeord­nete Tandler.

Tandler (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Rothemund, Ihre Aus­führungen zu meinen Äußerungen sind für mich nur de.shalb verständlich, weil ich weiß, daß Sie die Aus­führungen des Kollegen Warnecke nicht unmittelbar erlebt haben.

(Abg. Dr. Rothemund: Doch, doch!)

- Nein, zu diesem Millionenthema nicht. Da waren Sie nicht anwesend.

(Widerspruch des Abg. Dr. Rothemund)

- Zumindest hatte ich den Eindruck, Sie seien nicht anwesend gewesen.

(Heiterkeit bei der SPD)

- Ja bitte, ich habe Sie nicht gesehen.

(Abg. Dr. Rothemund: Ja gut, aber ich war hier. Ich habe den Satz gehört, er war in der

ersten Rede!)

- Ich war nicht nur zu diesem Zeitpunkt anwesend, sondern ich habe auch die Zeitungsmeldungen ver­folgt, insbesondere in welchem Zusammenhang der Name Diethei genannt worden ist.

(Abg. Dr. Wilhelm: Das war unanständig!)

Nachdem dies sehr gezielt geschehen ist und ich da­von ausgehe, Herr Kollege Dr. Rothemund, bei Ihrer Hochachtung vor Juristen, daß die Äußerung des Kol­legen Warnecke auch gezielt erfolgt ist, habe ich es als meine Pflicht angesehen, mich in dieser Art und Weise dazu hier zu äußern.

(Beifall bei der CSU)

Sie sprachen davon, daß wir unter einem ungeheuren Druck gestanden hätten. Das würde in Ihren politi­schen Kram passen und Ihr Diffamierungspotential entsprechend vermehren. Dem war aber nicht so. Wir sprechen alle so viel von Glaubwürdigkeit und den­ken darüber nach, warum so viele junge Leute den Politikern nicht mehr glauben. Eigentlich brauchen wir uns darüber gar nicht zu wundern. Am Beispiel des jetzigen Untersuchungsausschusses wird klar, warum wir uns darüber nicht zu wundern brauchen. Dem Ansehen des Parlaments hätte es gedient, wenn wir am Ende der Arbeit des Untersuchungsausschus­ses zu einer gemeinsamen Wertung, auch hinsichtlich der teilweise angekündigten notwendigen Folgerun­gen zur Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit klei­nerer Unternehmen, gekommen wären. Statt dessen ist eine gemeinsame Wertung nur in einem einzigen Punkt zwischen Ihnen und dem Wirtschaftsminister zustandegekommen. Weitergehende Gemeinsamkei­ten sind nicht erzielt worden. Der Verlauf ist vielmehr so, wie er in solchen Fällen nun einmal zu sein pflegt, daß das Ganze letztlich in Schuldzuweisungen an eine einzige Persönlichkeit mündet.

Sie haben in Ihren Behauptungen Themen wie Millio­nen, Spenden, Konten usw. vermischt, und damit glauben Sie zunächst offenbar, uns belasten zu kön­nen. Sie tun dies auch sehr bewußt. Wir werden uns auf diesen Stil einstellen, täuschen Sie sich nicht. Der Glaubwürdigkeit der Demokratie und dem Ansehen dieses Hohen Hauses dienen Sie damit aber nicht.

(Starker Beifall der CSU)

Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Rothemund.

Dr. Rothemund (SPD): Tut mir leid, aber ich werde mich kurz fassen, weil ich weiß, daß jeder Diskus­sionspunkt einmal zu Ende gebrach~ werden muß.

Herr Kollege Tandler, Sie irren; wir ollen die Schuld­zuweisung keineswegs auf eine erson verengen. Vielmehr wissen wir, daß die Schul bei diesem Vor­gang eine ganze Reihe von Person n trifft. Es reicht von der Staatsanwaltschaft bis zu Landeskartellbe­hörde. Wir wollen aber auch nie einen aus der Schuld und politischen Verantwo ung herausneh­men, der hier Schuld und politisc e Verantwortung trägt, nämlich der Minister.

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2558 Bayerl1cher Landtag · 10. Wahlperiode Plenarprotokoll 10/46 v. 04.04.84

(Dr. Rothemund [SPD])

(Starker Beifall bei der SPD)

Sie sprechen davon, daß junge Menschen immer we­niger an Parteien glauben. Daran mag etwas Wahres sein. Ich räume ein, daß wir von jungen Menschen oft mit Recht wegen unseres Verhaltens kritisiert wer­den. Wir sind schließlich nicht frei von Fehlern. Eines möchte ich aber doch unterstreichen, Herr Kollege Tandler, ich fühle mich dazu insbesondere durch den Auftritt des Ministers soeben veranlaßt: Mit Selbstge­rechtigkeit, wie sie der Minister hier an den Tag ge­legt hat, können Sie junge Menschen nicht überzeu­gen.

(Starker Beifall bei der SPD - Lebhafter Widerspruch bei der CSU)

Die haben ein Gespür dafür, daß zur politischen Ver­antwortung auch die Bereitschaft gehört, Fehler zu­zugeben. Sonst taugt politische Verantwortung nichts, sonst wird politische Verantwortung zur Leer­formel,

(Zurufe von der CSU)

die in Wirklichkeit Demokratiemüdigkeit erzeugt, statt das Vertrauen in die Demokratie zu stärken.

(Bettall bei der SPD - Zuruf des Abg. Nätscher)

Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Herr Kollege Tandler.

Tandler (CSU): Ich sage nur zwei Sätze, Herr Dr. Ro­themund: Erstens. Als beredtes oder leuchtendes Beispiel eines Politikers, der bereit, fähig und willens ist, Fehler einzugestehen, eignen Sie sich nicht.

(Zustimmung und Heiterkeit bei der CSU -Abg. von Truchseß: Weil er keine hat! -

Lachen bei der CSU)

zweitens. Aus dem Untersuchungsausschuß sollte ein Tribunal gegen den Wirtschaftsminister kon­struiert werden.

(So ist es! bei der CSU)

Daraus ist nichts geworden. Die Fraktion der CSU steht hinter diesem Minister.

(Lebhafter anhaltender Beifall bei der CSU)

Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Herr Kollege Dr. Rothemund.

(Heiterkeit und anhaltende Zurufe)

Dr. Rothemund (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Reden werden immer kürzer. Sie ir­ren sich wieder einmal mehr, Herr Kollege Tandler. Ich habe in meinem Leben schon viele Fehler einge­standen. Auch den, den ich damals, bezogen auf Sie, gemacht habe, habe ich eingestanden.

(Zuruf von der CSU: Nur nicht entschuldigt!)

Ich kann mich eigentlich, rückschauend betrachtet, an ein ähnliches Erlebnis, wo Sie einmal einen Fehler eingestanden hätten, bis zur Stunde nicht erinnern.

(Zustimmung bei der SPD - Zurufe von der CSU)

Aber vielleicht helfen Sie mir bei Gelegenheit auf die Sprünge. Nur: Es ist ein Unterschied, Fehler einzuge­stehen - -.

(Zuruf von der CSU: Und Fehler zu machen!)

- Natürlich ist es noch etwas anderes, Fehler zu ma­chen! Aber bevor man Fehler eingesteht, muß man sie erst einmal gemacht haben, Kollege Wiesheu.

(Zurufe von der CSU: Eben! - Lebhafte Unruhe)

Nur fehlt dem Herrn Jaumann - dem Minister Jau­mann; es war ein Fehler, ihn jetzt als .Herrn Jau­mann" anzusprechen - in diesem Zusammenhang die Fähigkeit zu begretten, daß er falsch gehandelt hat; daß er sich um etwas, um das er sich hätte küm­mern müssen, und zwar intensiv und mit Nachdruck, nicht gekümmert hat und daß er deswegen in hohem Maß politische Verantwortung für den Sumpf mitträgt, der im Untersuchungsausschuß aufgeklärt werden mußte.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Dr. Heubl: Meine Damen und Herren! Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Der Tages­ordnungspunkt ist erledigt.

Ich schließe die Sitzung. Wir fahren morgen früh um 9 Uhr fort.

(Schluß der Sitzung: 17 Uhr 5' Minuten)


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