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7/8.2015

Die Firma Maka Systems GmbH in Nersingen, circa 10 km westlich von

Ulm, ist Spezialist für anspruchsvolle und intelligente Fertigungslösungen für Holz, Aluminium und Composite-Materialien. Das Unternehmen bietet Gesamtlösungen an, die individuell auf die Anforderungen des Betreibers zugeschnitten sind und häu-fig auch die Fertigungsautomatisierung und/oder die Linienintegration umfassen.

Aufgrund von Kundenanforderungen in den Bereichen Alu- und Composite-Bearbei-tung hat das Unternehmen schon frühzeitig Knickarmroboter in seine Lösungen integ-riert. Das war lange Zeit sogar ein Alleinstel-lungsmerkmal und wurde mit einem haus-eigenen, proprietären Automatisierungs-system realisiert. Diese Erfahrungen bringt Maka nun verstärkt in das Branchensegment Holz ein: Je mehr auch in Holz verarbeiten-den Betrieben Composite-Materialien und Alu verarbeitet werden, desto häufiger er-gibt sich wegen der wechselnden Material-eigenschaften (und Handlingstechniken) auch die Notwendigkeit, den maschinen-nahen Material- und Teilefluss nicht nur effizient, sondern auch differenziert und flexibel zu gestalten. Hier ist die Variabili-tät und Vielseitigkeit der Knickarmroboter

CNC-Integration: Roboter ist Teil der MaschineDie konsequente CNC-Integration macht Roboter zur integralen Komponente der Werkzeugmaschine. Damit entfällt der Unterschied beim Bedienen und Programmieren und die so gewonnene Effizienz und Flexibilität beim Rüsten, Laden und maschinennahen Materialfluss ermöglicht den schnellen Wechsel zwischen Holz, Composites und anderen Materialien. PETER HOFSÄSS

von großem Vorteil. Das demonstrierte das Unternehmen auf der diesjährigen Ligna mit einer Kombination des 5-Achs-Bear-beitungszentrums MK7 und einem Kuka-Knickarmroboter des Typs KR 60-3. Nach freier Wahl der Messebesucher bearbeitete die Maschine Holz, Composite- und Alu-minium-Werkstücke, die zudem auf un-terschiedlichen Vorrichtungen aufgespannt waren. Dazu brachte der Roboter je zwei die-ser Werkstücke in die Nullpunkt-Spannvor-richtungen auf dem Maschinentisch ein, wo die verschiedenen Teile von der MK7 dann unmittelbar nacheinander bearbeitet wur-den. Währenddessen holte der Roboter auf Wunsch Wasserflaschen für durstgeplagte Messebesucher aus dem Kühlschrank und zeigte so en passant den einfachen Wechsel zwischen Synchronbetrieb zur Werkzeug-maschine und freiem Betrieb.

Standard-Roboter wird mit Standard-CNC gesteuert Anders als früher hat Maka zur Integration des Roboters in die Werk-zeugmaschine die Option Run My Robot des CNC-Systems Sinumerik 840D sl von Sie-mens eingesetzt. Diese Option setzt CNC-Befehle in Steuerbefehle für die Roboter-fernsteuerung Kuka.Remote um und in-

terpretiert deren Rückmeldungen aus Sicht der CNC. So kann der Roboter vollständig über die CNC-Oberfläche bedient, program-miert, diagnostiziert und in Betrieb genom-men werden. Selbst die Roboter-eigenen Si-cherheitsfunktionen werden auf diese Weise nahtlos in die Safety-Integrated-Funktiona-lität der CNC eingebunden. Die damit be-werkstelligte Integration ist so weitgehend, dass sich der Maschinenbediener sowie der Programmierer ausschließlich mit der ge-wohnten Bedienoberfläche auseinanderset-zen müssen. Projektingenieur Alexander Hiller bestätigt dies: „Die Inbetriebnahme der Roboteranbindung einschließlich der integrierten Sicherheitsfunktionen wurde innerhalb kurzer Zeit und ausschließlich mithilfe der Siemens-Tools umgesetzt.“

Unter der Sinumerik-Option Run My Robot bewegt sich der Roboter im gleichen Koordinatensystem wie die CNC. Ob ma-nuell im Jog- oder im programmierten Au-tomatik-Modus: Der Roboter verfährt ohne weiteres Zutun des Bedieners oder Program-mierers entlang der Maschinen- beziehungs-weise Werkstückachsen. Das NC-Programm für den Roboter – normaler DIN/ISO-Code beziehungsweise normale NC-Zyklen – läuft dabei in einem eigenen Kanal der CNC. Auf

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diese Weise kann eine CNC auch mehrere Roboter steuern.

Die Synchronisation des Roboters mit den Maschinenbewegungen leistet die stan-dardmäßige NC-Kanalsynchronisation der CNC. So gelten im synchronen Betrieb zum Beispiel stets die gleichen Override-Einstel-lungen für Maschine und Roboter – auch beim ,Dreh am Knöpfchen‘ bleiben Ma-schine und Roboter exakt synchron. Ale-xander Hiller, Projektingenieur bei Maka, demonstrierte dies in Hannover, indem er Spindel und Roboter das gleiche NC-Pro-gramm ausführen ließ – lediglich ein mini-maler Offset in X-Richtung war eingestellt: Spindel und Roboterkopf vollführten vis-à-vis exakt die gleichen Bewegungen. Dabei schien es, als könne man einen Zahnstocher dazwischen klemmen, ohne dass er bricht oder herunterfällt.

Der Anwender profitiert von dieser ein-fachen, unmittelbaren Synchronisation: Der Roboter kann einen neuen Rohling gegen das fertige Werkstück einwechseln, während die Bearbeitung des anderen Werkstücks läuft – auch wenn (wie bei der Maka MK7) Maschinenachsen im Tisch liegen und der Tisch sich beim Roboterzugriff entsprechend der Vorgaben des aktiven NC-Programms bewegt. Dazu wird nicht einmal eine ge-sonderte Programmierung des Roboters zum Nachvollziehen der Tischbewegungen benötigt: Die Koordinatentransformation der Steuerung bewirkt, dass der Roboter das Werkstück-Koordinatensystem nutzt – dieses fährt mit der Aufspannung mit, der Roboter folgt den Tischbewegungen ohne weiteres Zutun von Programmierer oder Bediener. Der Roboter verhält sich somit im Synchronbetrieb wie ein integraler Teil der Maschinenkinematik.

Tiefgreifende Integration erschließt neue Rationalisierungspotenziale So

ist der Roboter bei einer Integration mit Run My Robot mit dem Be- und Entladen von Werkstücken, Vorrichtungen oder Pa-letten fast schon unterfordert. Bei Maka denkt man daher längst über eine erwei-terte Nutzung nach. Alexander Hiller hat bereits darüber hinausgehende Lösungen realisiert: Ein mit einer Spindel ausgerüs-teter Roboter kann Bohrbearbeitungen an Stirn und Flanken des Werkstücks durch-führen, während die Maschinenspindel die Oberfläche schlichtet – auch während sich der Tisch bewegt. In größeren Maschi-nen kann er die Werkzeugwechselzeiten verkürzen, indem er der Spindel auf dem Weg zur nächsten Bearbeitungsposition folgt und das Werkzeug On the Fly tauscht. Mitfahrende Werkzeugmagazine kann ein derart integrierter Roboter hauptzeitpar-allel bestücken – zumal er durch die Inte-gration in die CNC-Steuerung und CAD/CAM-Kette Störkonturen ebenso wie den Werkzeugkopf der Maschine berücksich-tigt und umfährt.

Ein mit Barcode-, Matrix-, RFID-Leser oder Kamera ausgestatteter Roboter kann die bereitstehenden Paletten oder Vorrich-tungen und die Werkstücke identifizieren, sodass die CNC automatisch das benötig-te Teileprogramm lädt und abarbeitet. Der Bediener muss lediglich die (gegebenenfalls vorgerüsteten) Rohlinge auf einen freien Platz im Abholbereich des Roboters be-reitstellen – der Rest läuft ohne sein weite-res Zutun ab. In einer solchen Umgebung lassen sich auch Fertigungsaufträge mit Losgröße 1 und/oder unterschiedlichen Materialien hocheffizient und in dichter Folge bearbeiten – ein wichtiger Beitrag zur Flexibilität der Fertigung.

Maka-Geschäftsführer Klaus Kern um-reist die strategische Perspektive: „Die kon-sequente CNC-Integration mit Run my Robot erschließt dem Anwender sehr weit-

gehende Rationalisierungspotenziale. Die CAD/CAM-Prozesskette kann nun so er-weitert werden, dass sie parallel zum NC-Programm standardmäßig auch das Steuer-programm für den Roboter generiert. Eine solche Prozesserweiterung könnte den Ro-boter nicht nur für das Teilehandling, den maschinennahen Materialfluss oder Lini-enintegration nutzen, sondern auch direkt in die Fertigung einbinden. Sinumerik Run My Robot hat damit das Potenzial, mittel-fristig unser hauseigenes System zur Robo-teranbindung zu erweitern.“

Chancengleichheit für europäische Holzbearbeiter Das Potenzial eines mit Sinumerik Run my Robot betriebenen Ro-boters geht deutlich über zeitoptimiertes Rüsten, Be- und Entladen hinaus; zusätz-lich zur Verkürzung der Nebenzeiten er-schließt diese Lösung auch Möglichkeiten, die Hauptzeiten zu reduzieren. Kern stellte schon im Vorfeld der Ligna verstärktes In-teresse an der robotergestützten Fertigungs-automatisierung fest – und zwar in Asien: „Langfristig denkende Unternehmen in die-sen Regionen reagieren bereits auf das auch dort steigende Lohnniveau. Das werte ich als klares Signal für europäische Holz und Composites bearbeitende Unternehmen, dass der vermeintliche Wettbewerbsvor-teil fernöstlicher Betriebe mit intelligent optimierten Fertigungslösung aufgewogen wird.“ Neben Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz – beispielsweise mit Si-numerik Ctrl-Energy – und einem System zur betriebsdatengestützten Optimierung der Produktivität ist die CNC-gestützte Roboterintegration für Maka einer der An-satzpunkte zur Steigerung der Effizienz und der Flexibilität europäischer Fertigungen. Ein wirklich wichtiger Ansatz, der mit Si-numerik Run my Robot nun sehr einfach realisierbar ist. u www.siemens.de/holz

t (links) Effizienz und Flexibilität in der Fertigung: Knick-armroboter können dazu einen wichtigen Beitrag leisten – insbesondere, wenn sie sich als CNC-gesteuerte Maschi-nenkomponente nahtlos in die vertraute Bedienung und Programmierung einfügen (Bilder: Siemens)

t (rechts) Wer hat Durst? Die Besucher der Ligna 2015 nah-men im Fall der Fälle gern ein erfrischendes Angebot an

u Das Programm für den Roboter besteht aus Standard-DIN/ISO-Befehlen und läuft parallel zum Teileprogramm in einem eigenen NC-Kanal. Die Grundfunktionen der CNC überneh-men die Koordinatentransformation und synchronisieren die Aktionen der Werkzeugmaschine und des Roboters

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