“Supplementarity der Kyoto-Projekt-Mechanismen”
Sind Mengenbeschränkungen Pflicht oder Kür ?
Gutachten im Auftrag des BMFAuftragnehmer: ETSG GmbH
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Kann Österreich JI/CDM über das derzeitigeAusmaß hinaus im Einklang mit UNFCCC-Bestimmungen einsetzen ?
Kann Österreich den JI/CDM-Anteil auf über 50% der Gesamterfüllung1 anheben und dadurchErfüllungsmankos anderer Sektoren (z.B. Verkehr)ausgleichen ?1 incl. etwaiges Art.-17-Trading
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“cost efficiency principle”
Article 3 (3) UNFCCC:
“ ... taking into account that policies and measures to deal with climate change should be cost-effective so as to ensure global benefits at the lowest possible cost ... “
Kosteneffizienz klimapolitischer Maßnahmen bedeutet Angleich der Grenzvermeidungskosten innerhalb / zwischen Sektoren und Vertragsstaaten. Verordnete Beschränkungen von JI/CDM behindern diesen Angleich undverletzen dadurch das völkerrechtlich in der UNFCCC festgelegte Kosteneffizienzprinzip.
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“supplementarity principle”
Decision 15/CP.7 UNFCCC COP-7 Marrakesh:
“ ... the use of the mechanisms shall be supplemental to domestic action and [...] domestic action shall thus constitute a significant element of the effort made by each [Annex I] Party to meet its quantified emission limitation and reduction commitments ... “
“significant” = “bedeutend” → daraus nicht zwingendableitbar: “50%” oder “überwiegend”
Das Supplementarity-Prinzip läßt sich daher nicht eindeutig in die eine oder andereRichtung interpretieren.
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Probleme der Operationalisierung einer Mengenbeschränkung (1)
Operationelles Problem jeder Beschränkung derAnwendbarkeit der Projekt-Mechanismen
=
Definition einer geeigneten Bezugsgröße, auf die einpolitisch verordnetes Verhältnis zwischen Inlands-und flexibler Auslandserfüllung angewandt wird.
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Probleme der Operationalisierung einer Mengenbeschränkung (2)
Tonnen CO2-Äquivalente
Zeit1990 2010
Emissionen
Business-as-usual-Emissionen
Kyoto-Ziel
Diff. 1990
Diff. BAU
Prinzipiell kann als Bezugsgröße dienen:
1.) Differenz zwischen Basisjahr-Emissionen und den Emissionen am Kyoto-Zielpunkt
oder die
2.) Differenz zwischen BAU-Emissionen und den Emissionen am Kyoto-Zielpunkt
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Probleme der Operationalisierung einer Mengenbeschränkung (3)
Wenn Option 1 gewählt wird (Differenz zwischen Basisjahr-Emissionen und den Emissionen am Kyoto-Zielpunkt)
Zeit1990 2010
Emissionen
Business-as-usual-Emissionen
Kyoto-Ziel
Diff. 1990 (negativ!)
Diff. BAU
Tonnen CO2-Äquivalente
bedeutet dies für EU-MS mit Kyoto-Wachstums-Zielen einenegative zulässige Import-menge von EREs aus demAusland
(Portugal, Griechenland, Spanien, Irland, Schweden)
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Probleme der Operationalisierung einer Mengenbeschränkung (4)
Wenn Option 1 gewählt wird (Differenz zwischen Basisjahr-Emissionen und den Emissionen am Kyoto-Zielpunkt)
Zeit1990 2010
Emissionen
Business-as-usual-Emissionen
Kyoto-Ziel
Diff. 1990
Diff. BAU
Tonnen CO2-Äquivalente bedeutet dies für EU-MS, deren BAU-
Emissionen unter den Emissionen des Basisjahres liegen, eine Begrenzungder zulässigen Importmenge von EREsaus dem Ausland auf einem Niveau, das über den erforderlichen Gesamt-Reduktionen liegt Wettbewerbs-verzerrung gegenüber Österreich u.a.!
(Deutschland, Luxemburg, UK, alleMOEL-EU-MS außer Slowenien)
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Probleme der Operationalisierung einer Mengenbeschränkung (5)
Wenn Option 1 gewählt wird (Differenz zwischen Basisjahr-Emissionen und den Emissionen am Kyoto-Zielpunkt)
bedeutet dies für EU-MS mit Nullwachstums-Kyotozielen, dass sie die flexiblen Mechanismen überhaupt nicht nutzen können. Die zulässigeImportmenge von EREs aus dem Ausland wäre x% von Null!
(Finnland, Frankreich)
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Probleme der Operationalisierung einer Mengenbeschränkung (6)
Eine Mengenbeschränkung ist daher nur - wenn überhaupterwünscht - auf Basis der
Option 2.) Differenz zwischen BAU-Emissionen und den Emissionen am Kyoto-Zielpunkt
umsetzbar, da diese Option dem tatsächlichen Bedarf eines Staates und seiner Emissionshandels-Anlagen nach importierten EREs Rechnung trägt.
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Verhalten der EU-MS gegenüber einer Mengenbeschränkung (1)
Im NAP I machten 8 EU-MS Angaben zum beabsichtigten Ausmaß des Einsatzes der Kyoto-Mechanismen während der Laufzeit des NAP II:
2,519,7150,1130,4-7,5141,0Belgien
20,068,9307,0238,1+15,0207,0Spanien
7,725,379,854,5-21,069,0Dänemark
7,016,984,467,5-13,077,6Österreich
3,78,869,160,3+13,053,4Irland
32,5 – 60,0 (Ø 46,2)53,0540,1487,1-6,5521,0Italien
20,019,7219,0199,3-6,0212,0Niederlande
3,00,89,99,1-28,012,7Luxemburg
Von EU-MS beabsichtigte Deckung über flexible Kyoto-Mechanismen(Mt CO2e)
Ziellücke bezo-gen auf Emis-sionsprognose(Mt CO2e)
Emissions-prognose2010(Mt CO2e)
Kyoto-Ziel
(%) (Mt CO2e)
Treibhausgas-emissionen1990 (Mt CO2e)
Quelle: CEC (2004) & eigene Berechnungen
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Verhalten der EU-MS gegenüber einer Mengenbeschränkung (2)
Geplanter Beitrag der Kyoto-Mechanismen zur Gesamterfüllung in acht EU-MS:
% 375
101 87
42 41 30 2913
0
50
100
150
200
250
300
350
400
Luxemburg Niederlande Italien Irland Österreich Dänemark Spanien Belgien
Beitrag der Kyoto-Mechanismen bezogen auf BAU-Ziellücke
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Zusammenhang der Importkontingente des Staates und der EH-Anlagen (1)
Bei Mengenbeschränkung gilt für das globale Importkontingent eines EU-MS Σ EREausl („ge-cappte“ Σ der aus dem Ausland beziehbaren Kyoto-Einheiten)1:
(1)Σ EREausl = ( ERUStaat + CERStaat + ERUUnternehmen + CERUnternehmen + EUAUnternehmen ) ausl
(2)(ERUUnternehmen)ausl + (CERUnternehmen)ausl ≤ α . Σ EUAInland
wobei α den %-Anteil der maximal erlaubten Nutzung von ERUs/CERs auf Anlagenebene, bezogen auf deren jährliche Gesamt-Allokationsmenge, angibt.
1Annahmen: RMUs sind unzulässig und AAUausl werden vom Staat nicht angekauft
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Zusammenhang der Importkontingente des Staates und der EH-Anlagen (2)
Rechenbeispiel für Österreich:Unter der Annahme, dass:
• Σ EREausl 50% von 16,9 Mt CO2e = 8,45 Mt CO2e beträgt;• in jedem NAP-I-Jahr 32,7 Mt CO2 an EUAinl alloziert werden (= Gesamtallokation pro NAP-Jahr);• die vom Staat geplante Σ (ERUStaat + CERStaat)ausl = 7 Mt CO2e pro Jahr beträgt;• der staatliche Ankauf von RMUausl, EUAausl und AAUausl Null ist;• die Unternehmen keine AAUausl verwenden können;• die Unternehmen pro NAP-II-Jahr 1 Mt CO2 an EUAausl importieren;
ergibt sich bezogen auf die beiden Formeln (1) und (2) für die von den Unternehmen jährlich nutzbare Menge an ERUs/CERs:
(1) ( 7 Mt CO2e ) + ( x Mt CO2e ) + ( 1 Mt CO2 ) = ( 8,45 Mt CO2e ) x = 0,45
(2) ( 0,45 Mt CO2e ) ≤ α . ( 32,7 Mt CO2 ) α ≤ 0,014
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Zusammenhang der Importkontingente des Staates und der EH-Anlagen (3)
EK-Empfehlung: Unternehmen sollen jährlich ERUs/CERs im Ausmaß von
6% der Gesamtallokation nutzen können. Das sindfür Österreich 1,96 von 32,7 Mt CO2e.
Aus dem Rechenbeispiel ergibt sich für Österreich lediglich
1,4% der Gesamtallokation → 0,46 von 32,7 Mt CO2e.
Bei Anhebung des derzeitigen staatlichen Importkontingentssinkt das Unternehmens-Kontingent entsprechend weiter ab.
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Zusammenhang der Importkontingente des Staates und der EH-Anlagen (4)
• Unternehmens-“Caps“ führen zu Konkurrenz zwischenstaatlichen Ankaufsprogrammen und EH-Unternehmen.
• Planungsproblem: Staat kann Importe ausländischer EUAs nicht fixieren und prognostizieren → Überschreitung oder mangelnde Ausschöpfung von „Caps“.
• Andere EU-MS: In Deutschland sollen Unternehmen in 1. Handelsperiode CERs unbeschränkt nutzen können.
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Mengenbeschränkungen sind völkerrechtlich nicht zwingend.
Wenn Mengenbeschränkungen, dann für alle EU-MS einheitliche Regeln.Andernfalls profitieren manche EU-MS auf Kosten anderer.
Einige EU-MS haben überwiegend flexible Erfüllung angekündigt. Dadurch Wettbewerbsverzerrung zu Lasten von EU-MS mitüberwiegender Inlandserfüllung (trifft Bund und EH-Anlagen).
Mengenbeschränkungen bewirken für den Staat ein Planungsproblem(Abschätzung des EUA-Importes) sowie Konkurrenz zwischen staatlichen Ankaufsprogrammen und EH-Anlagen. Beide werdendadurch in ihren Erfüllungsspielräumen eingeschränkt.
Zusammenfassung: Argumente gegen Beschränkung der Projektmechanismen