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26 _&us den Verhandlungen polnLsch, medizinisch. @esellschaften.

IV. Aus den Verhandlungen polnischer medizinischer 6esellschaften im Jahre 1911.

A. Warschauer [irztliche Gesellschaft. 1. D o b r o w o l s k i demonst, r iert einen zehnjfi, hrigen P~tienten,

der seit 2 Monaten an iinksseitiger eitriger aMittelohrentziindung er- kr~nkt war. Tortikollis, rotatorisch-osziIlatorischer Nyst, agmus, Di- latat ion der Pupillen, P. t20--1~0, abendliche Temper~tnrsteigerungen, Xopfschmerzen. Diagnose: O t i t i s m e d i a p u r u l e n t g a c u t a , k o m p l i z i e r t m i t S i n u s t h r o m b o s e u n d P y o s e p t . i k ~ m i e . Operation ~bgelehnt. Das Bild der Pyoseptikgmie entwickelt sich immer mehr. Im linken tt i if tgelenk Schmerzen. Erblindung rechts. i m rechten Auge Inf i l t ra t ion und Triibung tier l%etina. Im Venen- blur eine Menge Streptokokken. Wiederholte Injektionen yon Anti- s~reptokokkenserum, Trepanation, Er5ffnung des Sinus, aus dem 1 ~ K~ffeelSffel reiner Eiter entleert werden. Cy~nose und laden- fSrmiger Puts zwingen zur Unterbrechung der Operation; 3 Tage sp~iter Fortsetzung derselben. Gehirn in l~ubelgrSl~e btol]gelegt, Lig~tur der halbgefiillten Jugul~ris. Dar~uf Besserung ~ller Symptome und ~e i lung mi t Zuriickbleiben yon Nystagmus und rechtsseitiger Blindheit. D. betont, duff zwar die 0per~tion den l ~ t i e n t e n geret tet h~L, doch hat dazu auch die Serumbeh~ndlung beigetr~gen, d~ nach jeder Injekt ion objektive und subjektive ]3esserung ~uftrat.

D i s k u s s i o n :

S z 1 e i f s z t e j n bed~uert in diesem interess~nten F~ll den M~ngel der l~esultate einer genauen Untersuchung des Nystagmus, welcher eine kr~nkh~fte Affektion des Labyrinths beweist.

K S n i g s z t e j n meint, d ~ hier der Nyst~gmus yon einer Affek- t ion des vielleicht einen Absze~ einschlie~enden Kleinhirns herriihren konnte, wor~uf der unsichere Gang des Pat ienten hinweist.

0 p p e n h e i m bemerk~, da~ in diesem F~ll der Nystagnus vor der Kr~nkheit best~nden haben und angeboren sein konnte.

D o b r o w o l s k i erwidert, dal~ mi t t~iicksichf, auf den schweren Krankhei tszus~nd des Pat ienten eine gen~ue Untersuchung des L~byrinths undurchfiih~'b~r war.

2. G u r ~ n o w s k i stel]t ei~en 19j&hrigen P~tienten mi t ~ i S - b i l d u n g b e i d e r O h r m u s c h e l n u n d v o l t k o m m e n e r A t r e s i e be ic l e r G e h S r g & n g e vor . ~%n Stelle der Muscheln einige Knorpe]- rudimente und ein ziemlich grol~er Ha~lla.ppen. Das l~.5ntgenogr~mm zeigt, d~8 GehSrggnge und PaukenhShle fehlen, bzw. nicht entwickelt sind. :~iit ~iicks~cht dar~uf, sowie ~uf alas rel~tiv gute GehSr h~l~, @. einen opera$iven Eingriff ffir nicht ~ngezeigt.

3. T. H e i r n a n sprich~ ~iber die B e h a n d l u n g de r O h r e n t ~ i i n - d u n g e n . Der Vortr~g ist haupts~.chlich fiir pr~kt~sche )[rzte best imml. Otosklerose be~r~chtet I~. ~ls lok~len .Ausdruck einer Atlgemein-, bzw. einer Blutl<rankheit. ~i. ist ein Gegner der friihzeitigen ]~arazentese. Die Furcht vor Eintreibung yon Mikroorganismen ins Ant rum mi t der Luftdusche hglt er fiir unbegriindet.

D i s k u s s i o n :

S r e b r n y bestreitet, d~lt FremdkOrper sich in ~llen F&llen ~uf n~tfirlichem Wege ~us dem 0hre entfernen ]~ssen, da es sicher F&lle gibt, in denen rn~n ohne AblSsung der Ohrmusche] nicht zum Ziele kommen kann. Die Luftei~treibung h a c k der Par~zentese ist durch~us kein unschuldiger Akt. S. betrachtet es ~ls l~egel, dal~ bei fiebernden

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S~.uglingen, wo keine andere Ursache fiir das Fieber. geiunden werden kann, die verursachende Krankhei t sich sicher im Ohre l inden wird.

4. ~ [ i g i e r : Zu r ] 3 e h a n d l u n g des S t a m m e l n s u n d d e r Taubstummheit. a) Demonstrat ion yon drei Pat ienten, die ge- s tammelt haben, gegenw~rtig aber nach einem mehrw6chentlichen Sprachunterricht ve rh~ l tn i sm~ig korrekt sprechen. Die Unterrichts- methode benlht auf einem einwSchentlichen zwangsweisen Schweigen und darauf folgendem Aussprechen yon Buchstaben, Silben und Aus- driieken in einer speziellen Weise, in ]angsamen% singendem und skan- dierendem Tempo, und dies fiihrt nach 2--3 Monaten zu dauernder l~eilung, b) Vorstellung yon ftinf Taubstummen, die nach der Abseh- methode unterr ichtet worden sind, welche vor der Zeichensprache den Vorzug hat, dM~ solche Pat ienten sich nicht nur untereinander, sondern auch mi t anderen verst~ndigen kOnnen. Ein 16j&hriges 1M&dchen, das seit dem zweiten LebensjMu~e votlst~tndig taub ist, kann sich je tz t mi t der n&chsten Umgebung gut verstgndigen und versteht auch das Gespr&ch fremder Personen.

D i s k u s s i o n :

O l k u s z e w s k i h~lt die angefiihrte Methode zur ~Beh~ndtung des Stammelns ftir verMtet, dem t t i g i e r widerspricht.

5. J a r o s z y f i s k i : F a l l y o n A l e x i e . Pa t i en t 48 Jahre Mt, nach einem Gehirnschlag SprachstSrungen. l~ach einem Monat finder man: I~Iemianopsia dextra homonFuna. Unm6glichkeit zu lesen und zu kopieren. Selbst~ndiges Schreiben und Schreiben nach Dikta t mSglich. Verstehen des Gesprochenen mi t Ausnahme komplizierter Auftr~ge. Selbst~ndige Spraehe mi t einem geringen Wortschatz. Erkennen der Gegenst~.nde neben Unm6gtichkeit, sie zu benennen. Nach einem e inmoua t igen SpitMaufenthMt Besserung im Lesen, Schreiben und Verstehen. UnmSgliehkeit, Gegenstiinde zu benennen, nnverandert . J. hebt die Bedeutung der In tubat ion bei Sprach- st6rungen, speziell bei Alexie, hervor, bespricht verschiedene Theorien der Alexie und neigt sich zur Theorie 1VIaries (Alexie ist der Ansdruck einer Affektion des Gebietes der Arteria eerebri post.). In der nachsten Sitzung einen ]~Ionat sp~iter stellt 3. denselben Pat ienten wieder vor. Zustand gebesse r t . St6rungen im Lesen verschwunden, Verst~ndnis des Geh6rten vottst~,ndig gebessert, n icht gebessert die optisehe Aphasie, Erkennen der Gegenst~nde neben Unm6glichkeit, sie zu benennen. @leichzeitig bespricht J . die Theorie M a r i e s und zeigt einen Kranken mi t Artikulationsst6rungen. (Anarthrie.)

D i s k u s s i o n :

S t e r l i n g hebt den Wef t der psychologischen Theorien der Alexie hervor und bestrei tet alas Bestehen einer optischen Aphasie im vor- gestellten FMte.

B e r n s t e i n : In diesem FMle handelt es sich nicht um eine optische Aphasie P r e u n d s , sondern um eine VerbMamnesie.

1Kigier besprlcht den Unterschied zwischen Alexia litterMis und Alexia verbMis und die !~olle der Paraphasie bei StSrungen des Lesens.

~ a c z k o w s k i behauptet , da~ bei diesem Kranken deutliche Beweise der subcorticalen Alexie und der optischen Aphasie F r e u n d s vorliegen.

5 a r o s z y f i s k i betrachtet. Alexie als Ausdruck der optischen Aphasie und sieht bei dem Kranken diese beiden Zust~nde.

] K o e l i c h e n s t immt der Auffassung Anarthrie (iV[arie) nicht bei und h~It es fiir richtiger, die alte Auffassung der motorischen Aphasie ]3 rocas beizubehMten.

2S Aus den Verhandlungen polnisch, medizinisch. Gesellschaften.

B. Aus den neurologisch-psychiatrischen Sitzungen. 1. t t i g i e r spricht fiber t t i r n - l % f i c k e n m ~ r k t u m o r e n v e r -

w a n d ~ e Z u s t ~ n d e . D i s k u s s i o n :

T. H e i m a n hebt hervor, dal~ EpidurMabszesse gew6hnlich nicht das klinische Bild eines Gehirnabszesses geben, der sich durch Fehlen yon Fieber eharakterisiert. Stauungspa.pille findet sich in 30 % der Falle yon GehirnabszelL

2. W u r c e l m a n : a) F a l l e i n e r K l e i n h i r n - B r t i c k e n w i n k e l - n e u b i l d u n g . 36j~hriger Patient . Vor einem halben Jahre Schw~che der unteren Extremit~ten, Kopfschmerzen und Erbrechen. Zwei Mon~te sp~,ter Paraesthesie der Iinken Gesichtsh~lfte, Verschlimmerung der Sprache, Rauschen, Klingen und Taubheit rechts. Sf06rung in der Miktion. Objektiv : beiderseitige Stauungspapille, Cornealreflex fehlend, t typaesthesie in den beiden unteren Trigeminus~sten rechts, Nystagmus, Paresis des Nerv. abducens und facialis reehts, Taubheit und Hemiparesis spastiea rechts, cerebellarer Gang. ~'asserna~nn negativ. W. diagnostiziert einen Tumor im Kleinhirn-Brfickenwinkel, tier sich zur Operation qualifiziert.

D i s k u s s i o n :

B r e g m a n ftihrt die Beweise auf, die gegen Sklerosis multiplex sprechen, und h/~lt den Tumor for gutartig.

B y c h o w s k i vermute t mi t Rticksicht m~f die geringen allgemein- cerebralen S)m~ptome eher einen ~leningealprozel~ an der Schadet- basis.

b) F a l l y o n d i s s e m i n i e r t e n H i r n n e r v e n t u m o r e n o Sub- jektive Beschwerden: Paraesthesie der linken Gesichtsh~lfte, Geh6r- verlust links. Objektiv: links Fehlen des Geruchs, des Geschmacks, des Geffihls, des Geh6rs, 'der Pupillenreaktion, Ptosis. Unbeweglieh- kei t des Butbus, Af, rophie der Papilla optica. Wassermann negativ. Nach Ausschlul~ yon Tuberkulose ~md Syphilis, die ghnliehe zerstrente Symptome geben k6nnen, vermute t W. zerstreute Tumoren in Form vor C disseminierten Sarkomen oder Nenrofibromen.

D i s k u s s i o n :

K o p c z y fi ski halt es ffir m6glich, da~ eine Geschwulstinfittration an der Sch~delbasis vorliegt, und beruft sich auf einen eigenen ~Jlm- lichen, durch die Autopsie bestat igten Fall.

3. G a j k i e w i c z und L u b i e f i s k i : F a l l e i n e r l i n k s s e i t i g e n I ~ e m i p t e g i e m i t A p h a s i e . Der 35j~hrige Pat ient l ~ t vor 2 Mo- naten plOtzlich die 3~[acht in den nnteren Extremi t~ten und die Spraehe verloren. GewShnliehe spastische I/4hmung, die Sprachst6rung hat den Charakter der Paraphasie, willktirliehe Sprache erschwert, Alexie, richtige Benennung der Gegenstgnde, UnmSglichkeit, zu kopieren und Dik ta t zu schreiben, H e m i a n o p s i a s i n i s t r ~ . Erscheinungen yon Arteriosklerose und infolge derselben Erweichung im Gebiet der Art. fossae Silvii dextr~ nach der Richtnng der Gyri temporalis sup., angularis, supramarginalis. Pat ient war linkshandig, daher die Sprach- stSrungen bei rechtsseitigen Herden.

4. G a j k i e w i c z : F a l l e i n e r N e u b i l d u n g im K l e i n h i r n - B r i i c k e n w i n k e l . Der 55j~hrige Pat ient ist vor 4 Jahren an einem Lippenkrebs operiert worden. Seit einem halben Jahre ]eider er an Kopfschmerzen und Erbrechen. Die Untersuchung ergibt rechtsseitig: Sehschw~che, Stauung im Augenhintergruncl, Unempfindlichkeit tier reehten Gesiehtsh£1fte gegen Berfihrung, Schmerz nnd Temperatur, Schw~che des Ka~m~uskels, F~zialisl~hmung, Taubheit. @. vermutet

Ans den Verhandlungen polnisch, medizinisch. Gesellschaften. 29

eine karzinomat6se ~¢Ietastase im Kleinhirnbriickenwinkel und fragt die KoIlegen fiber ihre Ansicht betreffs einer Indikat ion zu einem operativen Eingriff.

D i s k u s s i o n : B y e h o w s k i is~ f~r eine Operation wegen verh~ttnism~.13ig teichter

Ausfi~hrbarkeit. B r e g m a n h~i.lt einen solchen Eingriff fiir sehr ernst. M e c z k o w s k i erw~hnt einen ganz ~hnlichen, aber benignen Fal l

auf seiner Abteilung. H i g i e r h~lt die Diagnose: , ,Karzinom '° nicht ffir sieher und r~t

nieht zur Operation.

C. Aus den oto-laryngologischen Sitzungen. 1. O p p e n h e i m besprieht einen Fall y o n o t i t i s e h e m I-Iirn-

abszel3 bet einem seit 4 Jahren mi t doppelseitigem.0hrenfiul? be- hafteten 12ji*hrigen M~tdchen. Trepanation, Ent leerung einer grol3en .~Ienge f6tiden Eiters. Sinus blol~liegend, pulsierend, normal, ebenso die in der Gegend des Tegmen l~ympani bloftliegende Dura. Vortiber- gehende Besserung, Wiederkehr der Kopfsehmerzen nach einigen T~gen, Puls 56, Erbrechen, Bewul~tlosigkeit, Senkung des rechten Lides. Punkt ion der blol31iegenden Dura f6rdert f6tiden Ei ter zutage. Inzision tier Dura und des Gehirns, Entleerung yon 45 ccm Eiter, Besse- rung, l~iickkehr des BewuBtseins, des Appetits~ Puls 90. N ach 4~ Tagen abermatige Verschtimmerung, Puts 60--~8, Bewul~tlosigkeit usw. Die mitt lere Schgdelh6hle wird welt er6ffnet, dabei vier KaffeelSffet Eiter entleert. Unbedeutende kurzdauernde Besserung. Fieber, Hirn- prolaps, @angrgn desselben. In diesem Zustande wird Pat ient aus ~¥arschau entfernt.

D i s k u s s i o n : sT[eyerson bespricht die Unsicherheit der Symptomatologie bet

Gehirnabszessen mit Ausnahme der tIerdsymptom~, wie Sprachst6run- gen, Hirnnervenlghnmngen, die eine gr6Bere diagnostische Bedeutung besitzen.

D. Lodzier ~rztliche Gesellschaft. G o l d m a n n stellt eine Pat ient in vor, bei der wegen Mastoiditis

und S i n u s t h r o m b o s e die Unterbindung der Jugularis ausgeftihrt werden raul~te.

E. Aus den Sitzungen der Lemberger ~rztlichen Gesellschafto 1. R o t h f e t d demonstriert einen P~tienten mi t dem ~WI~ni~re-

s c h e n S y m p t o m e n k o m p l e x o h n e G e h 6 r v e r l u s t . 2. B e r l s t e i n demonstriert einen Fall, in welchem d ie n a c h

e i n e r I n j e k t i o n y o n S a l v a ~ s a n a u f g e t r e t e n e L a b y r i n t h - a f f e k t i o n n a c h e i n e r z w e i t e n I n j e k t i o n z u r i i c k g i n g . Bet der 19jghrigen Pat ient in bestand vor der ersten Injektion neben an- deren luefisehen Vergnderungen Neuritis optica bil~ter~lis, sowie eine _4~ffektion des inneren Ohres mi t herabgesetzter Erregbarkeit des Labyrinths links. Nach der ersten Injekt ion Verschlimmerung am linken Auge und Klagen iiber schlechtes GehSr, Schwindel, l~belkeiten usw. Die Untersuchung ergibt: bedeutende SchwerhSrigkeit links, kalorische t~eaktion links fehlend, auf dem Rotationsstuhl nur ein sog. Einstellungsnystagmus yon einigen Sekunden. Nach der zweiten Injekfion @ehSr und Reaktionen normal, Neuritis optiea gebessert. ebenso die Sehsch~rfe faslb normal. ~¥eiter bespricht B. die Ansichten tiber diese Erscheinungen yon B e c k , U r b a . n t s c h i t s e h , F i n g e r . E h r l i c h .

30 Aus den Verhandlungen potnisch, medizinisch. Gesellsehaften.

D i s k u s s i o n :

Auf eine diesbezfigtiche A_nfrage erwidert B e r t s t e i n , dul3 die Erscheinungen vielleicht auch ohne eine zweite Injekt ion znriickge- gangen w~ren, aber mit Sicherheit l a s t sich dieses nicht behaupten.

L e n a r t o w i c z bespricht die ~Ieinungsverschiedenheit zwischen F i n g e r und E h r l i c h und ist selbs[, der Ansicht, da~, wenn die Er- scheinungen nach Salvarsan kurz dauern, sie gls 9 a r i s c h - H e r x h e i - mersehe l~eaktion aufzufassen sind. Dahin gehSrt auch der yon B. vorgestellte Fall, well 1. schon vor der Injekt ion in beiden Optici und in] l inken Acnsticus krankhafte Ver~inderungen vorhanden waren, 2. die Verschlimrnerung in diesen Nerven gleich am zweiten Tage nach der Injekt ion aufgetreten ist und 3. die Bessernng schon einige T~ge nach der ersten Injekt ion begonnen hat und nach der zweiten Injek- t ion vol lkommen wurde. V~'enn in diesem Falle die L~ihmnngserschei- mmgen 6--8 Wochen nach der Injekt ion aufgetreten w~ren und der Pat ient zuvor in dieser Igichtung nicht nntersucht worden wgre, dann kSnnte darttber gestr i t ten werden, ob diese L~ihmungen dutch das Mittel ents taaden sind (naeh F i n g e r ) , oder ob es sich um ein Nenro- rezidiv nach E h r l i ch handelt. Wir haben also allen Orund anzuneh- men, da~ in diesem Falle die Nervenerscheinungen auch ohne eine zweite Injektion zuriickgegangen wgren.

Auf eine Anfrag-e G l u z i f i s k i s , warum in letzter Zeit Sehnerven- entziindungen bei Syphilis so h~ufig beobachtet werden, erwidert L e n a r t o w i c z , dat~ solche F~ille auch friiher beobachtet wurden, aber viel seltener, als seit der Salvarsanbehandlung.

B e r l s t e i n beiont, da~ Sehnervenentzimdungen bei Syphilis reeht oft, HSrnervenentzimdungen sehr selten vorkon~nen. Er kennt nur drei F~ille yon aussehlie~licher Afiektion des Aensticus.

F. Aus der neurolo.giseh-psychiatrisehen Sektion der Lemberger ~irzt- lichen Gesellschaft.

R o t h f e l d demonstriert einen Fal l mit M @ n i ~ r e s c h e m S y m - p t o m e n k o m p l e x o h n e H S r s t S r u n g . Die Krankhei t begann vor 2 Jahren mi t leichtem I~,auschen im rechten Ohre. sparer t ra ten in verschieden langen Zwischenr~umen Anf~lle in folgender Reihenfolge auf: I teft iges Ohrenrauschen rechts, dann links, heftiger Schwindel mi t Scheindrehung der Umgebung yon links nach rechts. Sehr hef- tiges Erbrechen. Dauer der Anf~l]e einige Stunden. In der Zwischen- zeit gar keine @esundheitsstSrung. Die Untersuctmng ergibt" Spon- ~ n e r t~yst~gmus beiderseits bei Endstellung der Augen. Nyst~gmus rotatorius beim ]~lick nach oben. Kalorische ]~eaktion ~_eiderseits normal. Drehungsre~ktion rechts schw~cher, IMangel galvanischer Erregbarkeit rechts, l~omberg undWassermann negativ. GehSr beider- seits normal. ])er Sitz tier SfSrung kSnnte sein rechts a) im vesti- bul~ren EndapparaL, b) im intrakraniellen Teile des ~Terv. vestibularis, c) in] medullaren Teile desselben. Die norma]e kalorische ]~eaktion neben dem Uberwiegen des Nachnyst~gmus links spricht ffir e), der Mangel sonstiger NervenstSrungen l~l~t c) aussehliel3en. Die Intakt- heir des Cochlearis spricht aueh gegen b), ffir eine Affektion des Vesti- bular~pp~rates spricht der ~V[angel yon Erscheinungen seitens anderer Hirnnerven, gegen eine Affektion des Vestibulariskernes sprlcht die Periodizit~t der ~nf~.lle und tier Mangel yon Krankheitserseheinungen in der Zwischenzeit. Als sicheres l~esultat geht aus der Untersuchung der Beweis hervor, dab der Vestibularis isoliert erkranken kann. Die Ursache einer solchen Affektion ist wah~scheinlieh in einer StSrung des Kreislaufes oder des Stoffwechsels zu suchen.

Aus den Verhandlungen polnisch, medizinisch. Gesetlschgften. ~

D i s k u s s i o n :

F e u e r s t e i n erinnert sich an zwei ~huliche F~lle und vermutet , dal~ solche Erscheinungen vielleicht Vorboten kiinftiger sklerotischer Ver~nderungen des Ohres darstellen.

G. Aus dem Ambulatorium der neurologisch-psychiatrisehen Klinik der Jagellonischen Universit[it in Krakau.

1. La.nda.u stellt T ~ u b s t u m m h e i t b e i d r e i G e s e h w i s t e r n vor. Anamnese: Vater gesund, yon der ersten Fr~n einige Kinder, davon eines gesund, die a,nderen an fieberhaften Krankheiten gestorben, keines taubstumm. 5~ntter gesund, keine Verwandtsehaft der Eltern miteinander, drei Kinder, Mle t~ubstumm, alle rechtzeitig und leicht geboren. Das alteste, siebenj~hrige M~dchen begann mit einem Jahre zu spreehen, am Ende des zweiten Jahres Erkr~nknng mi t l~irnerschei- nungen mi t Zurtickla.ssung yon Taubstunlmheit . Das mitt lere, ftinf- j~hrige Kind entwickelte sich normal bis zm~l dri t ten Jahre. Von da an begann es aus unbekannter Ursache sehlecht zu h6ren und die Sprache zu ~ergessen. Keine fieberh~fte Krankheit . Das dritte, zwei- jahrige Kind kann noch nieht gehen, ha t schon einige Worte gesprocben. Seit 6 Monaten spricht es vie] seltener trod h6rt. schlechter. Keine fieber- hafte Krankheit . Alle Kinder geistig gut entwickelt, keine Krampfe, neurologische Untersuchung neg~tiv. Otiatrische Untersuchung: Beim gltesten Kinde doppelseitige Ohreiterung mi t Destruktion der Trommelfelle, bei den jiingeren Kindern vollst~ndige Taubheit bei in~akten Trommelfellen. Diagnose: Destruktion der Acustici naeh Meningitis.

D i s k u s s i o n .

R,)~det: Die Diag]aose: , ,Taubheit nach Meningitis" ist nicht iiberzeugend. Es ist unwahrscheinlich, da~ bei allen Kindern derselbe KrankheitsprozeG zu verschiedenen Zeiten dieselben ~olgen gehabt haben sollte. Mbglicherweise handelt es sich um einen f~mili~ren ProzeB, £hnlich anderen in der iN'eurologie bek~nnten (z. B. Amauro- tische Idiotie, Sachs) .

P i t t z und l ~ y d e l betonen die Notwendigkeit , Untersuchungen /iber d~s Verhalten des Vestibul~rapparates und der Wasserm~nnschen t~eaktion vorzunehmen, die vielleicht manche Aufkl~rung tiber die vorgestel l ten F~lle geben kbnnten.

2. J a s i e f i s k i stell t einen 13j~hrigen Pat ienten ~-or, bei dem im zweiten und im elften J~hre eine moment~ne Yerdunkelung vor den Augen aufgetreten war. Seit dem elften J~hre lernt das Kind sehleehter und klagt fiber zeitweise Schmerzen hinter dem linken Ohre. Am 8. Oktober 1911 Dunkelwerden vor den Angen, Sehlafsucht, Er- schwerung der Sprache. Am 13. Oktober ]inksseitiger OhrenflulL Am 16. Oktober ein 3 ½ Stunden dauernder Krampfanfall mi t Be- wuBttosigkeit, Sehanm vor dem ~unde . Am folgenden Tage Besse- rung, doch kann Pat ient nicht spreehen, rechtsseitige F~zialisl£lmaung, rechte Hand paretisch, rechter Full schleifend Ambulatorische Unter- suchung: motorische Aph~sie, zentr~le rechtsseitige Fazialisl~hmnng, Abweichen tier Zunge n~ch rechts, Parese der rechten t tand, Schreiben unm6glieh, Puls 110, Sel~uenreflexe rechts gesteigert, Bewuittsein getriibt, Augenhintergrund normal. Diagnose: h [ e n i n g i t i s in r e g i o n e m o t o r i e a s i n i s t r ~ ex o t i t i d e m e d i a . Attico-Antro- tomie, Ei terung in den Warzenzellen, Dura unver~ndert. Ns, ch 4 Tagen Besserung, kein Fieber, n~ch weiteren 4 Tagen Angenzittern, im ]~azi~lisgebiet keine Ver~nderung, Zunge weicht nicht ab, Schrift korrekt, rechte Hand etw~s paretisch.

32 _&us den Verhandlungen polnisch, medizinisch. Gesellschaften.

D i s k u s s i o n : l ~ o w o t n y : Der Zustand gestatte~, nicht die AnnahI~e einer

eitrigen Meningitis. B l a 0 b e r g : Ein solches Xrankheitsbild k6nnte dureh einen

metastat ischen abgekapselten Absze~ in der H6he der motorischen Zentren oder auch in einer anderen Gegend gegeben werden ohne Fieber und andere akute Erseheinungen.

L a n d a u : Die klinisehen Erscheinungen weisen darauf hin, da[t der KrankheitsprozeB yon Tag zu T~g eine immer gr61~ere Pat t ie der Rindenoberfl~che einnimmt. (@esicht, Sprache, Zunge, Hand, FuB.) Dies, sowie der Mangel yon Fieber, das Fehlen yon Ver~nderungen an den 3ieningen des Schl~Yenlappens und die Besserung der meisten Erscheimmgen naeh der Operation lassen eine ser6se Meningitis in der @egend der motorischen Zentren der linken Hemisphi~re, infelge einer linksseitigen eitI~gen Mittelohrentziindung, annehmen, und dies um so mehr, Ms derartige Prozesse oft schon nach der Er6ffnung des Spatimn subarachnoideale zuriicktreten. Zwar t~Bt sich ein meta- statischer Absze~ in der Gegend der motorisehen Zentren nicht aus- schliel~en, dessen sch~idlicher Einflul~ auf die psychomotorischen Zentren nach der Dekompression durch die Sch~idel6ffnung vorl~ufig aufgeh6rt hat. Doch sprechen gegen einen so]chen Abszet~ das akute Einsetzen des Krankheitsprozesses, der Mangel yon Drucksymptomen und yon Fieber nnd die Entwickelnng der Krankheit , welche unzweifel- haft fiir die sukzessive Ausbreitung des Prozesses anf die t t i rnrinde spricht. Man kSnnte aber auch an den unter ,,Meningismns" ver- st~ndenen Symptomenkomplex denken, ffir welchen gew6tmlieh jede anatomische Basis ira Bereich der Hirnrinde nnd der )~eningen fehlt.

P i l t z hebt hervor, dab ein solches Xrankheitsbild auch yon Epilepsie gegeben sein kSnnte. Doch neigt er zur Annahme yon Me- n i n g i t i s s e r o s a , und der relativ gi[nstige Operationserfolg ist auf die Dekompression zu bezietken.

I-I. Aus den Sitzungen der polnischen oto-laryngologischen Gesell- schaft in Lemberg.

1. W~ieser stellt einen Pat ienten vor, welcher nach dem S t u r z ~us e i n e m W a g e n ftir 8 Tage das Bewu~tsein verloren hatte. Nach Wiederkehr desselben machte Pat ient den Eindruck eines Tauben. Er hSrte, ohne zu verstehen, reagierte nicht auf Anrufen und sal~ durch einige Zeit alles doppelt. Die Untersuchung ergibt: Stimmga~ beln yon c 1 bis c ~ werden gut perzipiert. Konversations- nnd Fliister- sprache wird gehSrt, aber nicht verstanden, Uhr in 20 era, Knoehen° leitung erhalten, Tro~melfel le ohne Ver£nderung.

D i s k u s s i o n : R o t h f e l d besprieht den Fall yore neurologischen Standpunkt.

Die Untersuchung des Pat ienten hat ergeben, dal~ er das leiseste Fltistern und l%ufen h6rt, unartikutierte Laute wiederholt, die Um~ gangssprache abet nicht versteht. Doch ka.nn er lesen, versteh~ das Gelesene, schreibt gut, wiederholt Melodien und versteht ~filit~r- signale° Pat ient gibt an, daI~ er Personen aus seiner Umgebung besser versteht als Fremde. Weiterhin zeigte sich, dal~ Pat ient aus einen~ ganzen in seiner Gegenwart gesproehenen Satze nur ein oder zwei Worte verstand, und dal~ dieses Verstehen darauf zuriickzufiihren war, dal~ er gelernt hat, yon den Lippen abzulesen. Die Krankheit ~*eruht ~uf einer ZerstSrung des W e r n i c k e s c h e n Zentrums und stellt eine subeortieale'sensorische Aphasie dar.

2. ~¢Vieser demonstrier~ 12 a u s d e m e i t e r n d e n O h r e eines dreij~hrigen Kindes ve t einem Jahre e n t f e r n t e S c h m e i l ~ f t i e g e n -

Aus den Verhandhmgen polniseh, medizinisch. Gesellschaften. 33

l a r v e n und drei dem eiternden Ohre eines 2 ½j/~hrigen Kindes vor einem Monat entnommene t t a u s f l i e g e n l a r v e n .

3. R e i n h o l d demonstriert ein O s t e o m a u s de r h i n t e r e n W a n d des /~uBeren k n 6 c h e r n e n G e h S r g a n g e s . Pa t ien t ha t aIs Kind beiderseitige Otorrhoe nach Scharlach fiberstanden. Seit 2 Wochen starke rechtsseitige Kopf- und •alsschmerzen und hoch- gradige SchwerhSrigkeit. Untersuchungsbefund: rechts Fazialis- parese, ~ys tagmus beim Blick nach rechts, /~u~erer GehSrgang stark verengt, vor dem Ohre eine geringe fluktuierende Schwellung. Links Defekt des Trommelfells, eitriges Sekret. Diagnose: Stenosis meatus auditorii externi per exostosem, perforierter ExtraduratabszeLfl Att ico-Antrotomie. Der ganze ~ul~ere GehOrgang yon einer knSchernen, kastaniengrol3en, an der hinteren unteren GehSrgangswand breit aufsitzenden, bis zum Proc. zygomaticus reichenden Neubildung aus- gefiillt. Abmeil3elung derselben zusammen rnit der Pars tympanica. R. glaubt es mi t "einem infolge chronischer Otorrhoe entstandenen Osteom zu tun zu haben. Ein/ i lml icher Fall ist bisher nur noch yon W e i n t e c h n e r beschrieben worden,

D i s k u s s i o n :

Z a b l o c k i erw/~hnt, /£hnliche Exostosen bet Luetischen beob- achtet zu haben, wo sie ohne jede Therapie verschwanden.

S p i r a (Krakau.)

Arcb iv f, O h r e n h e i l k u n d e . Bd, 91. O to log . R u n d s c h a u . 3


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