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Biomimetische superhydrophobe Oberflächen:

Funktionserhaltung durch Regeneration

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen

Abschlussbericht

01.09.2005 bis 31.03.2009

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Zuwendungsempfänger: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Ausführende Stelle: Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen Prof. Dr. Wilhelm Barthlott Antragsteller: Prof. Dr. Wilhelm Barthlott, Dr. Zdenek Cerman,

Nees-Insitut für Biodiversität der Pflanzen, Universität Bonn

Wissenschaftliche Prof. Dr. Heinz Rehage, Lehrbereich Physikalische Partner: Chemie Universität Dortmund Dr. Hubert Kuhn, CAM-D Technologies GmbH, Essen Industriepartner: Degussa AG, Care & Surface Specialties, Essen

Werner & Mertz GmbH, Mainz

Förderkennzeichen: 01 RI 05097 Vorhabensbezeichnung: Biomimetische superhydrophobe Oberflächen:

Funktionserhaltung durch Regeneration Laufzeit des Vorhabens: 01.09.2005 bis 31.03.2009 Berichtszeitraum: 01.09.2005 bis 31.03.2009

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Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung der Förderphase........................................................................................................4

Abschnitt I: Kurze Darstellung ..................................................................................................................7

1 Aufgabenstellung ......................................................................................................................7

2 Voraussetzungen unter denen das Vorhaben durchgeführt wurde ....................................7

3 Planung und Ablauf des Vorhabens .....................................................................................10

4 Wissenschaftlicher und technischer Stand an dem angeknüpft wurde ...........................14

5 Zusammenarbeit mit anderen Stellen ...................................................................................20

Abschnitt II: Eingehende Darstellung .....................................................................................................21

1 Verwendung der Zuwendung und des erzielten Ergebnisses ...........................................21

1.1 Ermittlung der Reinigungseffizienz unterschiedlicher Tenside .......................................21

1.2 Entwicklung eines Vorhersagemodells zur Reinigung technischer nano- und mikrostrukturierter Oberflächen mit Tensiden................................................................30

1.3 Entwicklung eines Modells zum Kontakt- und Abrollwinkel des Tensids Tegotens B810 auf Pflanzenblättern .............................................................................................................33

1.5 Generierung von Fehlstellen und die Auswirkungen von Fehlstellen auf die Selbstreinigung...............................................................................................................41

1.6 Benetzungsverhalten von Tensid-Dispersionen auf superhydrophoben Oberflächen....48

1.7 Wiederherstellung der Hydrophobie in Fehlstellen .........................................................53

1.8 Regeneration der Superhydrophobie durch Wiederherstellung der Strukturierung in Fehlstellen auf technischen Oberflächen.......................................................................54

2 Wichtigste Positionen des zahlenmäßigen Nachweises ....................................................59

3 Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeiten..........................................59

4 Voraussichtlicher Nutzen im Sinne des fortgeschriebenen Verwertungsplans...............60

5 Fortschritt auf dem Gebiet des Vorhabens seitens Dritter.................................................60

6 Erfolgte oder geplante Veröffentlichungen der Ergebnisse...............................................61

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Zusammenfassung der Förderphase

Im Fokus des durch das BMBF geförderten, dreijährigen Vorhabens „Biomimetische

superhydrophobe Oberflächen: Funktionserhaltung und Regeneration“ stand die

Regeneration von beschädigten mikro- und nanostrukturierten, selbstreinigenden

Oberflächen. Ziel war die Entwicklung innovativer, funktionsangepasster Suspensionen,

die in der Lage sind beschädigte Stellen auf superhydrophoben, funktionalen Oberflächen

zu reinigen ([I] Demaskierung) und zu regenerieren ([II] Hydrophobie- und [III]

Strukturregeneration).

Die Arbeiten zur Demaskierung wurden vornehmlich am Institut für physikalische Chemie

der Universität Dortmund im Rahmen der Doktorarbeit von Frau M.Sc. Silke Dallmann

unter der Betreuung von Prof. Dr. Heinz Rehage durchgeführt. Die Arbeiten zur

Regeneration der Hydrophobie und Struktur beschädigter Oberflächen wurden

vornehmlich im Rahmen der Dissertation von Dipl.-Biol. Henning Immink am Nees-Institut

für Biodiversität der Pflanzen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn

durchgeführt. Betreut wurden diese Arbeiten durch Prof. Dr. Wilhelm Barthlott. Die

beteiligten Partner waren die CAM-D Technologies GmbH, die Evonik Goldschmidt AG

sowie die Werner & Mertz GmbH.

Aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegenüber mechanischen Beschädigungen sind

selbstreinigende Oberflächen nach dem Prinzip des Lotus-Effekts bislang nur

eingeschränkt auf dem Markt erhältlich. Durch Beschädigungen können sich hydrophile

Fehlstellen ausbilden, in denen Kleinstpartikel hängen bleiben und die Funktion der

Oberfläche beeinträchtigen. Die Demaskierung solcher kontaminierten, superhydrophoben

Oberflächen erwies sich bisweilen als schwierig. Geeignete Substanzen existieren bis

heute nicht, da bei gängigen Reinigungsmitteln grundsätzlich eine mechanische

Bearbeitung der Oberfläche erfolgen muss, die die Funktion der Oberflächen irreversibel

zerstören kann.

Im Rahmen des Vorhabens konnte nun in Zusammenarbeit mit der Werner & Mertz GmbH

die Substanz REWOPOL® SB DO 75 als ein Reinigungsbestandteil identifiziert werden,

welches selbst bei niedrigen Tensidkonzentrationen eine vollständige Abreinigung von

superhydrophoben Testoberflächen erwirkte. Eine mechanische Einwirkung auf die

Oberfläche entfällt somit vollständig. Weiterhin wurde zur Entwicklung maßgeschneiderter

Tenside mit einem optimiertem Reinigungsverhalten auf superhydrophoben Oberflächen,

die Reinigungsleistung von 11 zusätzlichen Tensiden erfasst. Mit Hilfe dieser Daten, dem

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Molecular Modelling sowie der Quantitativen-Struktur-Wirkungsbeziehungen (QSPR)

konnten erfolgreich Modelle zur Reinigungswirkung von Tensiden auf technischen mikro-

und nanostrukturierten Oberflächen entwickelt werden. Damit steht nun erstmals ein

grundsätzliches Werkzeug zur Tensidoptimierung hinsichtlich der Reinigungsleistung auf

superhydrophoben Oberflächen zur Verfügung.

Die Hydrophobierung (II) von Fehlstellen stellte einen elementaren Schritt zur

Regeneration superhydrophober Oberflächen dar. Durch die Verwendung etablierter

Substanzen (Gloss Dryer®, Evonik Goldschmidt AG) und neuartiger, im Rahmen des

Vorhabens entwickelter Untersuchungsmethoden (Abreinigungstest mittels Puls-

Amplituden-Modulierter Fluorometrie (PAM)) konnten Fehlstellen auf den Oberflächen

zunächst identifiziert und anschließend gezielt hydrophobiert werden.

Im Rahmen der Strukturreparatur (III) wurden zunächst mittels Weißlichtprofilometrie (WP)

industriell standardisierte Kenngrößen zur Charakterisierung technischer Oberflächen, auf

ihre Eignung zur Charakterisierung strukturierter, biologischer Oberflächen hin untersucht.

Mit Hilfe dieser Kenngrößen können nun für die Selbstreinigung relevante

Strukturparameter biologischer Oberflächen schnell und probenschonend ermittelt werden.

Die anschließende Regeneration der Mikro- und Nanostrukturierung in den Fehlstellen

erwies sich jedoch als komplexer als zu Beginn des Vorhabens eingeschätzt. Die

Untersuchungen ergaben einen deutlich umfangreicheren Zusammenhang zwischen

Oberflächenchemie, -strukturierung und den dazu passenden Reparaturbausteinen. So

war ein homogener Auftrag von Testsuspensionen oftmals nicht möglich, da es zur

Aggregation der Partikel kam. Die Entwicklung einer universellen Reparatursuspension

scheint daher momentan nicht greifbar. In Zusammenarbeit mit der Evonik Goldschmidt

AG konnte jedoch für eine Testoberfläche (selbstreinigendes, strukturiertes Glas) eine

kationische Mikroemulsion (Trägerdispersion) herausgestellt werden, die gezielt in

Fehlstellen von superhydrophoben Oberflächen spreitet, haftet und lokal die Hydrophobie

wieder herstellt. Für diese Trägersuspension konnten strukturgebende Partikel identifiziert

werden. Die Applikation dieser Testdispersion auf den Oberflächen zeigte, dass sowohl

die Hydrophobie als auch die Strukturierung in den Fehlstellen wieder hergestellt werden

kann. Die für die Selbstreinigung entscheidenden Messparameter wie der statische

Kontaktwinkel von Wasser (beschädigt: 25°, regeneriert: 147°) und der Abrollwinkel

(beschädigt: 81°, regeneriert: 29°) konnten gezielt in den Fehlstellen entscheidend

verbessert werden. Es zeigte sich jedoch auch deutlich, dass für eine erfolgreiche

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Generierung der Fehlstellen die Auftragungsart der Regenerationsdispersion entscheidend

ist. Die homogene Verteilung der strukturregenerierenden Partikel ist dabei maßgeblich.

Eine standardisierte Auftragungsmethode, die zuverlässig eine homogene Verteilung

garantiert, konnte bislang nicht herausgestellt werden. Die entwickelten und getesteten

Prototypen zeigten jedoch erste Erfolge bei der Regeneration von beschädigten

superhydrophoben Oberflächen.

Die ressourcenschonende Verwendung von Reinigungsmitteln sowie der entwickelte

Prototyp zum materialeffizienten Produkteinsatz, leisten zudem einen entscheidenden

Beitrag zur Entwicklung zukünftiger, nachhaltiger, umweltverträglicher Produkte.

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Abschnitt I: Kurze Darstellung 1 Aufgabenstellung

Intelligente funktionale Oberflächen spielen eine immer wichtigere Rolle in nahezu allen

technischen Bereichen. Funktionsoberflächen haben aufgrund ihrer Komplexität jedoch

stets auch Schwachpunkte, die es im Vorfeld ihres Einsatzes zu beseitigen gilt.

Schwachpunkt von mikro- und nanostrukturierten, superhydrophoben, selbstreinigenden

Oberflächen ist die, im Vergleich zu glatten Oberflächen, größere Empfindlichkeit

gegenüber mechanischen Beschädigungen. Zudem können Funktionsbeeinträchtigungen

durch Überdeckung der Oberflächen mit öligen oder fettigen Verschmutzungen

(Maskierungen) auftreten. Die Entfernung derartiger Verschmutzungen wird im Folgenden

als Demaskierung bezeichnet.

Im Rahmen dieses Projektes sollten daher innovative, funktionsangepasste Suspensionen

zur (I) Demaskierung, (II) Hydrophobierung und (III) Restrukturierung von beschädigten

mikro- und nanostrukturierten, superhydrophoben Oberflächen entwickelt werden. Bei der

Demaskierung (I) stand die Entwicklung einer Reinigungslösung für maskierte,

superhydrophobe Oberflächen im Fokus. Die Untersuchung des Zusammenhangs

zwischen der Oberflächenmorphologie und –chemie superhydrophober Oberflächen und

dem Verhalten oberflächenaktiver Substanzen war dazu entscheidend. Zur Aufklärung

sollten die Reinigungseffizienz ausgewählter Tenside auf superhydrophoben Oberflächen

wie auch die Oberflächenparameter selbst ermittelt werden (Beitrag Universität Dortmund).

Weiterhin sollten theoretische Vorhersagemodelle zum Einfluss der molekularen

Tensidstruktur auf die Demaskierung von technischen Nano-Oberflächen entwickelt

werden (Beitrag CAM-D Technologies GmbH, Essen).

Im Rahmen der Hydrophobierung (II) und Restrukturierung (III) von beschädigten Stellen

(Fehlstellen) auf superhydrophoben Oberflächen stand die Entwicklung und Prüfung

funktionsangepasster Substanzen zur Regeneration beschädigter Oberflächen im Fokus.

D.h. Substanzen die gezielt, lokal Hydrophobie erzeugen sowie eine Strukturreparatur

herbeiführen.

2 Voraussetzungen unter denen das Vorhaben durchgeführt wurde Am Nees-Institut wird seit Jahren an Oberflächen, ihren Funktionen und der

Übertragung dieser Funktionen in die Technik geforscht. Die Arbeiten zur Umsetzung

selbstreinigender, mikro- und nanostrukturierter biologischer Oberflächen in die

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Technik stellen dabei einen Schwerpunkt dar. Zurückgehend auf Untersuchungen zur

Nano- und Mikrostruktur von pflanzlichen Oberflächen in den 1970er Jahren wurden in

Zusammenarbeit mit Industriepartnern Technologien für Selbstreinigende Produkte

entwickelt. Durch die Mitentwicklung von Produkten (Lotusan, sto) oder

Drittmittelprojekte, wie beispielsweise dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

geförderten Projekt „Bautenschutz durch Lotus-Effekt“ wurden weitreichende

Kompetenzen im Bereich Umsetzung und Anwendung selbstreinigender Produkte

erlangt. In der Vergangenheit war Prof. Dr. Wilhelm Barthlott bereits in mehrere

Untersuchungen zum Einfluss oberflächenaktiver Substanzen auf superhydrophobe

pflanzliche Oberflächen involviert (Noga et al. 1987, Neinhuis et al. 1992). Als weitere

für das geplante Verbundprojekt relevante Kompetenzen sind die

Rasterlektronenmikroskopie/ Strukturanalyse von biologischen und technischen

Oberflächen (die Nees-Institut Bilddatenbank umfasst mehr als 300.000

elektronenmikroskopische Oberflächenaufnahmen), die Rasterkraftmikroskopie

biologischer und technischer Oberflächen, die Entwicklung und Etablierung neuer

Testverfahren zur Beurteilung und Quantifizierung der Selbstreinigungsfähigkeit

biomimetischer, technischer Oberflächen, routinemäßige Begutachtung und Bewertung

von Oberflächenprototypen beispielsweise mittels Kontakt- und

Abrollwinkelmessverfahren und Beratung bei der Produktentwicklung (z.B.

Fassadenfarbe Lotusan®). Zu diesen Kompetenzen kommen noch umfassende

Erfahrungen bei der Herstellung von biomimetischer Repliken (Koch et al. 2008,

Schulte et al. 2009) sowie die enge Zusammenarbeit mit Industriepartnern und dadurch

eine schnelle und unkomplizierte Beschaffung für die Untersuchungen elementarer

Materialien (Probenkörper, Schmutze etc.). Die zu bearbeiteten Fragestellungen am

Nees-Institut wurden von Prof. Dr. Wilhelm Barthlott, Dr. Zdenek Cerman und Dr.

Manuel Spaeth betreut. Doktorand für die Arbeiten am Nees-Institut war Herr Henning

Immink (Dipl.-Biol.). Für die Untersuchungen wurden die bereits oben genannten

Methoden verwendet.

Zur Abdeckung der chemischen Fragestellungen sowie der generellen industriellen

Umsetzung sind wissenschaftliche wie auch industrielle Kooperationspartner in das

Projekt involviert. Wissenschaftlicher Kooperationspartner mit Fokus auf die

chemischen Arbeiten und das Molecular Modelling ist Herr Prof. Heinz Rehage,

Lehrstuhl der Physikalischen Chemie der Universität Dortmund. Das Arbeitsgebiet des

Lehrstuhls sind kolloidale Systeme, mit Schwerpunkt auf der Untersuchung von

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Tensiden, Phospholipiden, Polymeren und Nanopartikeln. Prof. Rehage beschäftigt

sich bereits seit vielen Jahren intensiv mit dem Verhalten amphiphiler Moleküle an

Grenzflächen sowie mit moleküldynamischen Computersimulationen (Kuhn & Rehage

1998, 1999, 2000a, 2000b; Ryjkina et al. 2002). Die Untersuchungen zur

Demaskierung wurden im Rahmen einer Doktorandenstelle, besetzt von Frau Silke

Dallmann (M.Sc. Chemie) durchgeführt.

Als weiterer Forschungspartner ist die Firma CAM-D Technologies zu nennen. Die

CAM-D Technologies GmbH beschäftigt sich mit Auftragsforschung für die chemische

Industrie. Schwerpunkt ist die Anwendung von Molecular Modelling

Computersimulationen in der industriellen Forschung und Entwicklung. Ein weiteres

Betätigungsfeld ist die Entwicklung nanoskaliger Schadstoffabsorber. Bei CAM-D

werden im Rahmen industrieller Forschungsaufträge Methoden der Quantitativen-

Struktur-Wirkungsbeziehung (QSAR) bzw. Quantitativen-Struktur-Eigenschafts-

Beziehung (QSPR) intensiv zur Entwicklung neuer Materialien und Wirkstoffe

eingesetzt. In diesem Zusammenhang hat CAM-D ebenfalls weitreichende Erfahrung

bei der Anwendung Genetischer Algorithmen zur QSAR/QSPR-Modellentwicklung. Die

Erstellung der Modelle wurde bei der CAM-D Technologies GmbH in Essen

durchgeführt. Beteiligte Mitarbeiter waren Dr. Hubert Kuhn (Dipl.-Chemiker), Christoph

Engels (Dipl.-Ing.) und Gordon Thie (Dipl.-Chemiker). Für die Untersuchungen wurden

der Großrechner der CAM-D sowie von CAM-D entwickelte Softwareprogramme

benutzt. Viele Methoden zur Berechnung und Auswertung der molekularen

Eigenschaften der Tenside wurden von der CAM-D Technologies entwickelt, ebenso

die angewendete Methode der gewichteten Deskriptoren zur Berechnung von

molekularen Eigenschaften von Wirkstoffen in Mischungen.

Industrielle Kooperationspartner waren die Evonik Goldschmidt GmbH sowie die

Werner & Mertz GmbH. Die Evonik Goldschmidt GmbH ist das weltweit führende

Unternehmen für Spezialchemie und stellt Komponenten und Additive für

unterschiedlichste Produkte her. Die Firma arbeitet stark innovationsorientiert und

zeichnet sich durch ein großes Engagement in Forschung und Entwicklung aus.

Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen auf dem Gebiet der oberflächenaktiven

Substanzen war sie der ideale Kooperationspartner für das durchgeführte Projekt. Die

Evonik Goldschmidt GmbH war schon in ein BMBF-Projekt, mit dem Ziel der

Entwicklung von Tensiden zur Enthaftung von Kontaminantien von nanostrukturierten

Oberflächen involviert (Kuhn et al. 2003). Gemeinsam mit der Universität Duisburg-

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Essen hat sie Strukturen von micellaren Systemen und Microemulsionen durch ihre

Erfahrungen mit Molecular Modelling von mesoscale-Tensidemulsionen aufgeklärt. Die

Evonik Goldschmidt GmbH ist ebenfalls seit mehreren Jahren ein wichtiger

Kooperationspartner das Nees-Instituts und hat mit Tegotop 105 ein Spray entwickelt,

mit dem sich auf harten Oberflächen der Lotus-Effect® erzeugen lässt.

Die Synthese neuer oberflächenaktiver Substanzen aus unterschiedlichen

Basislösungen und speziellen Additiven fanden in der zentralen Forschung der Evonik

Goldschmidt GmbH in Essen statt.

Zweiter Kooperationspartner war die Werner & Mertz GmbH. Das Mittelständische

Unternehmen mit Stammsitz in Mainz verfügt über herausragende Kompetenz in

Sachen Reinigung und Pflege, die auf mehr als 130 Jahren Erfahrung basiert. Die

Firma ist Pionier und zugleich führender Anbieter für ökologisch akzeptable

Reinigungs- und Pflegekonzepte für Haushalt (Frosch®-Serie) und Industrieprodukte

(Tana®). Sie besitzt umfassende Kenntnisse über das Verhalten und die Bedürfnisse

von Verbrauchern. Im Bereich oberflächenaktive Reinigungsysteme und deren

praktischer Austestung hat das Unternehmen zahlreiche Standardtests entwickelt und

etabliert.

Die Hauptaufgabe der Werner & Mertz GmbH (W&M) im Verbundprojekt bestand

ursprünglich in der Übertragung ermittelter und als geeignet eingestufter

Grundsubstanzen auf innovative Produkte. Zur Einführung eines neuen Produktes

sollten alle Stufen des W&M Innovationsmanagementprozesses genutzt werden (siehe

Antrag).

3 Planung und Ablauf des Vorhabens

Das Ziel des Vorhabens war die Entwicklung innovativer, funktionsangepasster

Suspensionen, zur

I. Demaskierung

II. Hydrophobierung

III. Struktur Reparatur

beschädigter, mikro- und nanostrukturierter, superhydrophoben Oberflächen. Die

Untersuchungen zur Demaskierung superhydrophober Oberflächen wurden

vornehmlich im Rahmen der Doktorarbeit von Frau M.Sc. Silke Dallmann am Lehrstuhl

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der Physikalischen Chemie der Universität Dortmund vorgenommen und von Prof. Dr.

Heinz Rehage betreut. Partner bei der Ermittlung geeigneter Reinigungssubstanzen

war die Firma Werner & Mertz GmbH. Im Zuge dieser Arbeiten wurden zudem

Reinigungsdaten erhoben, die als Grundlage zur Entwicklung eines Reinigungsmodells

(erstellt durch die Firma CAM-D) dienten.

Die Arbeiten zur Hydrophobierung und Reparatur von Fehlstellen auf

superhydrophoben Oberflächen wurden vornehmlich im Rahmen der Doktorarbeit von

Dipl.-Biol. Henning Immink am Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen an der

Universität Bonn durchgeführt und von Prof. Dr. Wilhelm Barthlott betreut. Die

Untersuchungen hinsichtlich geeigneter Regenerationsdispersionen erfolgten in

Kooperation mit der Firma Evonik Goldschmidt GmbH. Das Nees-Institut lieferte der

Firma CAM-D zudem Daten zur Aufklärung des Zusammenhangs zwischen

molekularer Tensidstruktur und Reinigungswirkung von Tensiden. Anhand dieser

Daten sollte ein Modell zum Kontakt- und Abrollwinkel des Tensids Tegotens B810 auf

Pflanzenblättern entwickelt werden.

I. Demaskierung (Universität Dortmund)

Ziel bei der Demaskierung war die Entwicklung einer Reinigungslösung, mit der sich

kontaminierte superhydrophobe Oberflächen reinigen und somit in ihrer Funktionalität

wiederherstellen lassen. Der Zusammenhang zwischen der Oberflächenmorphologie

und –chemie superhydrophober Oberflächen und dem Verhalten oberflächenaktiver

Substanzen spielt hierbei eine entscheidende Rolle.

Dazu sollten die Reinigungseffizienz und die Auswirkungen ausgewählter Tenside auf

technische, superhydrophobe Oberflächen untersucht werden.

Dazu wurden zunächst die Oberflächen ausgewählt und mittels

Rasterelektronenmikroskopie (REM) charakterisiert. Anschließend wurden

verschiedene Tenside ausgewählt, die sich bereits bei der Reinigung von

Feinsteinzeugfliesen im Rahmen des BMBF-Projektes „Entwicklung neuer Tenside zur

Enthaftung von Kontaminationen auf nano- und mikrostrukturierten

Oberflächen“ bewiesen haben. Die Reinigungswirkung dieser Tenside sollte unter

extremen Bedingungen getestet werden. So wurden besonders schwierig zu

entfernende, hydrophobe und fettige Verschmutzungen wie Pyren, der Farbstoff Nilrot

sowie der Standardschmutz 4 als Testverschmutzungen herangezogen. Aus

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experimentellen Gründen wurden die ursprünglich geplanten Versuche leicht

abgewandelt. Die Rasterelektronenmikroskopie-Messungen zur Untersuchung der

Reinigungseffizienz wurden dabei im Wesentlichen durch verschiedene optische

Methoden, wie die Fluoreszenz-Mikroskopie, UV/VIS- und Fluoreszenzspektroskopie,

sowie Helligkeitsmessungen ersetzt. Der Vorteil dieser Methode ist, dass mit ihnen

eine große Zahl verschiedener Tenside, Kontaminantien und technischer Oberflächen

untersucht werden kann.

Molecular Modeling (CAM-D Technologies GmbH)

Im Projekt sollten theoretische Vorhersagemodelle zum Einfluss der molekularen

Tensidstruktur auf die Demaskierung von technischen nano- und mikrostrukturierten

Oberflächen entwickelt werden. Es sollten Molecular Modelling-Computersimulationen

und die Quantitative-Struktur-Wirkungsbeziehung (QSPR) eingesetzt werden.

QSPR basieren auf der Korrelation zwischen experimentellen Ergebnissen und

molekularen Eigenschaften der Wirksubstanzen. Diese Korrelation führt zu

Vorhersagemodellen, mit denen Optimierungen und Neuentwicklungen von

Aktivsubstanzen durchgeführt werden können. Um die theoretischen Berechnungen

durchführen zu können, ist ein experimenteller Datensatz nötig. Diese Daten sollten im

Rahmen der Dissertationsarbeiten von Frau Dallmann und Herrn Immink ermittelt

werden. Es wurden folgende Projektschritt beschlossen:

A: Entwicklung eines Modells zum Kontakt- und Abrollwinkel des Tensids Tegotens

B810 auf Pflanzenblättern.

B: Entwicklung eines Vorhersagemodells zur Reinigung technischer Nano-Oberflächen

mit Tensiden

Zu A:

Diese Projektphase hatte das Ziel, mit QSPR- und Molecular-Modelling-Berechnungen

ein Modell zur Vorhersage des Kontakt- und Abrollwinkels des Tensids Tegotens B810

auf Pflanzenblättern zu entwickeln. Hier sollte zum ersten Mal die Methode in

Verbindung mit Genetischen Funktionsalgorithmen angewendet werden, um die

wesentlichen Oberflächenparameter von Pflanzenoberflächen zu bestimmen, die

maßgeblich für die Kontakt- und Abrollwinkel des obengenannten Tensids

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verantwortlich sind. Die Ergebnisse aus dieser Projektphase entstanden durch eine

enge Zusammenarbeit mit der Universität Bonn, Arbeitsgruppe Prof. Barthlott und der

Universität Dortmund, Arbeitsgruppe Prof. Rehage. Um ein QSAR/QSPR_Modell für

den funktionalen Zusammenhang zwischen der Tensideigenschaft und den

Oberflächencharakteristika der Blätter herzustellen, wurden am Nees-Institut der

Universität Bonn die Wellig- und Rauhigkeitsparameter von Blättern zahlreicher

Pflanzenarten experimentell gemessen.

Parallel zur Projektphase A sollten an der Universität Dortmund in der Arbeitsgruppe

von Herrn Prof. Rehage die Experimente zur Reinigung von technischen Nano-

Oberflächen mit verschiedenen Tensid-Wirkstoffen durchgeführt werden. Diese

Ergebnisse sind Grundlage für die Durchführung von Projektphase B.

Zu B:

In dieser Projektphase sollten die Ergebnisse der Reinigungsversuche von 10

Tensiden genutzt werden, um einen Zusammenhang zwischen molekularer

Tensidstruktur und Reinigungswirkung zu entwickeln. Die Entwicklung dieses

Quantitativen-Struktur-Wirkungsmodells zur Reinigungswirkung technischer Tenside

auf ausgewählten mikro- und nanostrukturierten Oberflächen hat gezeigt, dass solch

ein Vorhersagemodell mit relativ hoher Genauigkeit entwickelt werden konnte. Mit dem

Modell ist es möglich, die Reinigungswirkung von Tensiden auf strukturähnlichen

Oberflächen vorherzusagen und neue Tenside zur Anwendung auf mikro- und

nanostrukturierten Oberflächen zu entwickeln. Weiterhin sollten die entwickelten

Modelle hinsichtlich des Verständnisgewinns der untersuchten Phänomene

herangezogen werden.

Um ein verwertbares QSPR-Modell zu erzeugen, waren genaue Kenntnisse der

molekularen Zusammensetzunge und Strukturvariabilität der technischen Tenside

erforderlich. Diese Informationen wurden im Projekt durch die Kooperation mit der

Firma Werner & Mertz GmbH zugänglich.

II. Hydrophobierung (Universität Bonn in Zusammenarbeit mit Evonik

Goldschmidt GmbH)

Die Wiederherstellung der Hydrophobie gezielt in den Fehlstellen superhydrophober

Oberflächen stand zunächst im Fokus der Arbeiten am Nees-Institut. Dazu sollten

zunächst technische, superhydrophobe Oberflächen ausgewählt werden, die sich zur

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Untersuchung der Wiederherstellung der Hydrophobie eignen. Material und

Strukturparameter sollten dabei Berücksichtigung finden. Um den Einfluss von

Fehlstellen auf die Selbstreinigungsfähigkeit superhydrophober, technischer

Oberflächen zu untersuchen, sollten im nächsten Schritt definierte Fehlstellen generiert

werden. Nach der Auswahl der Testoberflächen und der Definition der Fehlstellen,

sollten Suspensionen, die sich in den Fehlstellen anlagern und Diese dann

hydrophobieren, ausgewählt und getestet werden. Bei diesen Untersuchungen sollte

eine mögliche Trägersuspension für die Regenerationsdispersion identifiziert werden.

III. Struktur Reparatur (Universität Bonn in Zusammenarbeit mit Evonik

Goldschmidt GmbH)

Nach der Ermittlung einer möglichen Trägersuspension, die in der Lage ist Fehlstellen

gezielt zu hydrophobieren, sollte die Regeneration der Strukturierung in den Fehlstellen

betrachtet werden. Dazu sollten im einfachsten Fall, geeignete, strukturgebende

Partikel hinzugefügt werden. Zusammen mit der Evonik Goldschmidt AG sollten erste

Prototypen einer solchen Regenerationsdispersion entwickelt werden. Dazu wurden

verschiedene Regenerationsdispersionsprototypen hergestellt und auf beschädigten,

superhydrophoben Testoberflächen erprobt, um dann das Verhalten der jeweiligen

Dispersionsbestandteile in Lösung und bei der Verarbeitung (Auftrag auf die zu

reparierende Oberfläche) herauszustellen.

4 Wissenschaftlicher und technischer Stand an dem angeknüpft wurde

In der Natur hat sich im Verlauf der Evolution eine geradezu unüberschaubare Vielfalt

funktionaler Oberflächen entwickelt. Seit einigen Jahren ist man sich des Potenzials

dieser Oberflächen für technische Anwendungen bewusst und es kann in den

Materialwissenschaften ein deutlicher Trend zur Veredelung von Produkten mittels

Oberflächenfunktionalisierung beobachtet werden. Allein durch die Modifikation ihrer

Oberfläche lassen sich bei Produkten erstaunliche Optimierungen erzielen. So können

optische Effekte (z.B. Strukturfarben, Gu et al. 2003, Rossbach et al. 2003),

Veränderungen der Haptik (z.B. Anit-Fingerprint Edelstahl) und Beeinflussung von

Reibung und Haftung (Gorb 2001, Scherge & Gorb 2001)herbeigeführt werden. Ein

deutlicher Schwerpunkt bei der Forschung an funktionalen Oberflächen liegt dabei auf

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der Superhydrophobie (Feng et al. 2002, Wulf et al. 2002, Gould 2003, Barthlott et al.

2004, Mamur 2004, Otten & Herminghaus 2004, Patankar 2004, Xie et al 2004).

Ausgangspunkt für intensive Forschungsaktivitäten zur Unverschmutzbarkeit, war vor

allem die Entschlüsselung und bionische Übertragung des Funktionsprinzips, das

hinter der Selbstreinigung mikro- und nanostrukturierter biologischer Oberflächen

steckt (Barthlott & Neinhuis 1997, Neinhuis & Barthlott 1997). Für die Aufdeckung

dieses Prinzips als wichtiger Beitrag zu einer nachhaltigen Umweltentlastung in der

Zukunft wurde 1999 von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt der Deutsche

Umweltpreis verliehen. Mit der Übertragung der selbstreinigenden Eigenschaften auf

technische Materialien (Lotus-Effect®, Nun et al. 2002) konnten innovative Produkte

entwickelt und sehr erfolgreich auf dem Markt etabliert werden (Barthlott & Neinhuis

1998, Barthlott & Neinhuis 2001, Møller 2002, Blossey 2003, Cerman et al. 2003,

Rossbach et al 2003). Als Beispiel für ein solches Produkt sei die Fassadenfarbe

Lotusan® angeführt. Flächen, die mit dieser Farbe gestrichen wurden, nehmen

superhydrophobe Eigenschaften an und werden allein durch Regen vollständig

gereinigt. Die überflüssig gewordene aktive Reinigung hat beträchtliche Einsparungen

von Chemikalien, Wasser und Energie zur Folge. Die Selbstreinigungseffizienz der

Farbe ist so groß, dass auf den Einsatz ökotoxischer Biozide vollständig verzichtet

werden kann.

Der breite Einsatz superhydrophober technischer Oberflächen ist bis heute vor allem

dadurch limitiert, dass bei Beschädigung der Oberflächenstruktur oder ihrer

Maskierung die Selbstreinigung beeinträchtig wird (z.B. Blossey 2003). Fehlstellen in

der Struktur oder der Chemie wirken sich als Schmutzakkumulatoren aus.

Wassertropfen, die beim Abrollen Schmutz mit sich führen, bleiben an Fehlstellen

hängen, trocknen ein und hinterlassen dabei den mitgeführten Schmutz. Wiederholt

sich dieser Vorgang, entsteht bald ein deutlich sichtbarer Schmutzfleck. Gängige

Reinigungsmittel besitzen nicht die notwendige Effektivität, um auf strukturierten

Oberflächen derartige Verschmutzungen zu entfernen (Kuhn et al. 2003) Diese

Problem gilt nicht nur für superhydrophobe Oberflächen, da Verschmutzungen von

Funktionsoberflächen generell schwerer zu entfernen sind als von konventionellen

Oberflächen. Zudem muss bei der Verwendung gängiger Reinigungsmittel eine

mechanische Reinigungsleistung erbracht werden, die für Mikro- und Nanostrukturen

grundsätzlich als negativ zu beurteilen ist. Es ist weiterhin bekannt, dass einige

Reinigungsmittel die Funktion der Oberflächen irreversibel zerstören können (Henning

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et al. 2001). Als einziger Ausweg bleibt deshalb meist nur eine neue Beschichtung oder

ein Austausch der superhydrophoben Oberfläche.

Eine Schlüsselinnovation stellen deshalb Produkte dar, die in der Lage sind,

superhydrophobe technische Oberflächen zu reparieren oder zu demaskieren. Durch

solche Produkte ließen sich die Einsatzmöglichkeiten superhydrophober Oberflächen

nach dem Vorbild der natur stark erweitern. Untersuchungen zeigten, dass

superhydrophobe Oberflächen nicht zwangsläufig durch Flüssigkeiten mit stark

herabgesetzter Oberflächenspannung (Tenside, Alkohole) vollständig benetzen

(Wagner et al. 2003, Mohammadi et al. 2004). Eigene Vorversuche mit

oberflächenaktiven Substanzen haben gezeigt, dass diese ein äußerst variables

Benetzungsverhalten, von einer vollständigen Benetzung bis hin zum Abperlen,

aufweisen.

Die Entfernung von Maskierungen der Mikrostruktur (z.B. Fettschmutz), die die

Oberflächenfunktion beeinträchtigen können, ist dabei von großem Interesse.

Geeignete Substanzen für die Reinigung mikro- und nanostrukturierter

superhydrophober Oberflächen von hydrophoben Verschmutzungen existieren bislang

nicht (vgl. Kuhn et al. 2003). Es besteht deshalb die Notwendigkeit, eine Substanz zu

entwickeln, die gezielt im Bereich solcher Verschmutzungen wirksam wird und die

bereits bei geringer Konzentration (geringere Umweltentlastung!) zu deutlichen

Verbesserungen der Spreitungseigenschaften an den zu reinigenden Stellen führt.

Dabei spielt auch die Geschwindigkeit der Benetzung eine wichtige Rolle. Die

Entfernung hydrophober, fettiger Verschmutzungen von superhydrophoben

Oberflächen wird als schwierig und als eine besondere Herausforderung gesehen.

Es erscheint weiterhin möglich, Substanzen mit exakt definiertem Benetzungsverhalten

als Carrier von Reparaturbausteinen einzusetzen, die die Oberflächenstruktur oder die

Hydrophobie an Fehlstellen erneuert. Solche Stoffe könnten, ähnlich bereits

existierender Beschichtungsmittel (Tegotop® 105), auf fehlerhafte Oberflächen fein

aufgesprüht werden, die Akkumulation der applizierten Substanzen würde dann vor

allem im Bereich der Fehlstelle erfolgen. Wasser scheidet als Dispergierungsmittel in

diesem Zusammenhang aus, da es sich auf superhydrophoben Oberflächen generell

zu schnell und unkontrolliert bewegt und zudem für die Benetzung der in der

Reparatursuspension dispergierten hydrophoben Partikel höchstwahrscheinlich nicht

geeignet ist. Bei der Reparatur käme es nicht darauf an, die ursprüngliche

Oberflächenstruktur genau nachzubilden, sondern vielmehr durch die Verwendung

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17

optimal abgestimmter Partikelgrößen die superhydrophoben Eigenschaften wieder

herzustellen.

Die in diesem Projekt verwendeten theoretischen Methoden zur Erstellung der Modelle

(Molecular Modelling) werden heute sehr oft in der pharmazeutischen Forschung

benutzt. Hier werden gezielt die molekularen Eigenschaften von Pharmawirkstoffen mit

deren Wirkungsweise durch Molecular Modelling- und QSPR-Computersimulationen

korreliert. Im Bereich der Materialwissenschaften und der Tensidchemie werden diese

Methoden kaum angewendet. Der Grund liegt in der Komplexität der

Zusammensetzung technisch hergestellter Tenside. Technische Produkte zeichnen

sich durch Zusammensetzungen verschiedener Molekülstrukturen aus.

Die Anwendung der QSPR-Computersimulationen in diesem Projekt wurde erst durch

die Entwicklung einer Methode zur Berechnung von molekularen Eigenschaften von

Wirkstoffen in Mischungen möglich. Diese Methode basiert auf der Theorie, dass

molekulare Eigenschaften entsprechend der Konzentration einer Komponente in der

Mischung skaliert werden. Dadurch sind die in dem Projekt erzielten Ergebnisse neu

und einzigartig.

Die in diesem Projekt verwendeten Methoden unterliegen keinen Schutzrechten. In

diesem Projekt wurden die kommerziell erhältlichen Computerprogramme Mobydigs

und Dragon verwendet. CAM-D ist Lizenznehmer dieser Programme. Informations- und

Dokumentationsdienste wurden nicht in Anspruch genommen.

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5 Zusammenarbeit mit anderen Stellen

Es wurde ausschließlich mit den Projektpartnern zusammengearbeitet.

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Abschnitt II: Eingehende Darstellung 1 Verwendung der Zuwendung und des erzielten Ergebnisses 1.1 Ermittlung der Reinigungseffizienz unterschiedlicher Tenside

Ein wichtiges Ziel des vorliegenden Projekts war die Entwicklung einer

Reinigungslösung, mit der sich kontaminierte superhydrophobe Oberflächen reinigen

und somit in ihrer Funktionalität wiederherstellen lassen. Der Zusammenhang zwischen

der Oberflächenmorphologie und -chemie superhydrophober Oberflächen und dem

Verhalten oberflächenaktiver Substanzen spielt hierbei eine entscheidende Rolle.

Neben der Bestimmung der Reinigungseffizienz ausgewählter Tenside auf solchen

Oberflächen wurden daher auch die superhydrophoben Oberflächen charakterisiert.

Abb. 1 Reinigungsmechanismus: Umsetzung, Solubilisierung und Halten des Schmutzes in Lösung

(von links nach rechts)

1.1.1 Verwendetes Material und Methoden

Folgende technische Oberflächen wurden untersucht: Ferro Lotus-Effect®-

Musterscheiben (superhydrophobes selbstreinigendes Glas) und Lotus-Effect®-

Polypropylenplättchen (superhydrophober selbstreinigender Kunststoff).

Die superhydrophoben Oberflächen wurden zunächst mittels

Rasterelektronenmikroskopie charakterisiert. Abb. 2 zeigt deutlich die Mikro- und

Nanostrukturierung der Oberflächen. Im Gegensatz zur superhydrophoben

Glasoberfläche erscheint die Plastikoberfläche jedoch insgesamt wesentlich ebener.

Aber auch hier ist sowohl die Grob- als auch eine Feinstrukturierung der Oberfläche zu

erkennen.

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22

Abb. 2 Rasterelektronenmikroskopie: Glas (links), Plastikoberfläche (rechts)

Um die unterschiedliche Strukturierung der beiden Oberflächen quantifizieren zu

können, wurden mit dem im Rahmen des Projekts neu angeschafften Weißlicht-

Profilometer die technischen Oberflächen vermessen und zahlreiche Parameter zu

Welligkeit und Rauhigkeit der Oberflächen erfasst. Es zeigen sich deutliche

Unterschiede zwischen den Oberflächen. So ist z.B. die maximale Profilhöhe sRmax

der Glasoberfläche 5-mal größer als die der Kunststoffprobe (Abbildung 3).

Abb. 3 Glasoberfläche unter dem Weißlichtprofilometer (links), Profil der Plastikoberfläche

(rechts)

Sessile-Drop-Messungen lieferten ergänzende Informationen zur Tropfengestalt von

Wasser auf den superhydrophoben Oberflächen. Diese Methode eignete sich gut, um

den Einfluss der unterschiedlichen Oberflächenstrukturierungen auf die statischen

Kontaktwinkel zu erfassen.

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Abb. 4 Sessile-Drop: statischer Kontaktwinkel von Wasser auf Glas

Es wurde ein Wassertropfen auf die selbstreinigende Oberfläche appliziert, und die

statischen Kontaktwinkel ermittelt. Abbildung 4 zeigt die Form des Wassertropfens auf

der Glasoberfläche (statischer Kontaktwinkel von 157°). Das unterschiedliche Material

und die Oberflächenstrukturierung haben zur Folge, dass die statischen Kontaktwinkel

für die Kunststoffoberfläche höher sind (168°).

Zur Demaskierung der superhydrophoben Oberflächen wurden vier unterschiedliche

Tenside ausgewählt, die sich bereits bei der Reinigung von Feinsteinzeugfliesen im

Rahmen des BMBF-Projektes „Entwicklung neuer Tenside zur Enthaftung von

Kontaminationen auf nano- und mikrostrukturierten Oberflächen“ bewiesen haben.

Diese Tenside werden im Folgenden mit Tensid A bis E gekennzeichnet.

Die Rasterelektronenmikroskopie-Messungen zur Untersuchung der

Reinigungseffizienz wurden dabei im Wesentlichen durch verschiedene optische

Methoden, wie die Fluoreszenz-Mikroskopie, UV/VIS- und Fluoreszenzspektroskopie,

sowie Helligkeitsmessungen ersetzt (Tabelle 1). Der Vorteil dieser Methoden ist, dass

mit ihnen eine große Zahl verschiedener Tenside, Kontaminantien und technischer

Oberflächen untersucht werden kann.

Tab. 1 Übersicht über die angewandten optischen Methoden

Fluoreszenz-

Mikroskopie

UV/VIS-

Spektroskopie

Fluoreszenz-

Spektroskopie

Helligkeits-

messungen

Pyren Pyren Pyren Pyren

Nilrot Nilrot Nilrot

Testschmutz 4

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Um die Reinigungsleistung der Tenside auf den superhydrophoben Oberflächen

beurteilen zu können, wurden die Oberflächen mit drei verschiedenen Arten Schmutz

kontaminiert. Da die Entfernung hydrophober fettiger Verschmutzungen von

superhydrophoben Oberflächen besonders schwierig ist, wurden hierfür Pyren, der

Farbstoff Nilrot und der Standardschmutz 4 ausgewählt.

Die Kontamination der Oberflächen erfolgte durch Auftropfen der Pyren-, bzw.

Nilrotlösung auf die selbstreinigenden Oberflächen. Um den Standardschmutz in

großen Mengen auf die superhydrophoben Oberflächen aufbringen zu können, wurde

dieser zunächst in ein wenig Ethanol gelöst und anschließend auf die Oberflächen

aufgetragen. Für die im Rahmen des Projekts durchgeführten Reinigungen wurden die

kontaminierten Oberflächen nach zwei im Folgenden aufgeführten Methoden

demaskiert:

a) Besprühen der kontaminierten Oberflächen

b) Eintauchen der kontaminierten Oberflächen

1.1.2 Kontaminationsversuche mit Pyren und Nilrot

Fluoreszenzmikroskopie Die mit Pyren kontaminierten Oberflächen und die anschließend durch Aufsprühen oder

Eintauchen in die jeweilige Tensidlösung gereinigten Oberflächen wurden unter dem

Fluoreszenzmikroskop untersucht.

Abb. 5 Schematische Darstellung des Reinigungsvorgangs

OTS

ReinigungBestimmung der Reinigungseffizienz

- Fluoreszenz-Mikroskopie- Helligkeitsmessungen

- UV/VIS-Spektroskopie- Fluoreszenz-Spektroskopie

Schmutz- Pyren- Nilrot- Standardschmutz 4

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Abb. 6 Fluoreszenzmikroskopieaufnahmen der mit Pyren kontaminierten Plastikoberfläche vor und nach

der Reinigung mit TEGOTENS® DO (links), und TEGOTENS AM VSF® (rechts). Anregung unter

Verwendung eines Breitbandanregungsfilters (lAnr. = 330 - 385 nm) und eines Sperrfilters (lSperr. = 420

nm).

Abbildung 6 zeigt Fluoreszenzmikroskopieaufnahmen der Pyrenkristalle auf der hier

dunkel dargestellten Plastikoberfläche. Mit einem Bildbearbeitungsprogramm ließ sich

über die unterschiedlichen Graustufen die Gesamtfläche der Kristalle auf der

Oberfläche bestimmen und so ermitteln, wie viel Schmutz durch das jeweilige Tensid

von der Oberfläche abgewaschen wurde (s. Helligkeitsvermessung).

Im Rahmen der durchgeführten Experimente zeigte sich, dass diese Methode der

Fluoreszenzmikroskopie sehr vom Kontrast anhängig ist, was zu einer Beeinflussung

der ermittelten Graustufen führte. Eine exakte quantitative Bestimmung des entfernten

Schmutzes ist deshalb kaum möglich. Es zeigte sich jedoch deutlich, dass das Tensid C

im Gegensatz zu den anderen Tensiden kaum in der Lage ist die mit Pyren

kontaminierten Oberflächen zu reinigen. Die Reinigung der Oberflächen durch

Aufsprühen der Tensidlösung zeigte sich wesentlich wirkungsvoller als das bloße

Eintauchen der Oberflächen in die Tensidlösung.

Fluoreszenzspektroskopie Für die Fluoreszenz-Spektroskopie wurden die Glas- und die Plastikoberfläche mit

Pyren bzw. Nilrot kontaminiert und durch Aufsprühen oder durch Eintauchen in die

Tensidlösung anschließend gereinigt. Die bei der Reinigung von den kontaminierten

Oberflächen aufgefangene Waschlösung wurde unter dem Fluoreszenz-Spektroskop

untersucht. Je größer hierbei die Fluoreszenz-Intensität im Spektrum, desto mehr Pyren,

bzw. Nilrot konnte durch die Tenside abgewaschen werden (Abbildung 7).

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Tensid A wies hierbei die größte Reinigungsleistung auf. Tensid D und Tensid B

konnten weniger Pyren von den Oberflächen entfernen. Die Reinigungsleistung von

Tensid C war so gering, dass kein Pyren detektiert werden konnte. Ob das Pyren sich

besser von der Plastik- oder der Glasoberfläche entfernen lässt hängt von der Wahl des

Tensids ab. Tensid B und Tensid A säubern die Glasoberfläche besser. Tensid D zeigt

dagegen eine größere Reinigungseffizienz auf der Plastikoberfläche.

Pyren zeigt ein Emissionsspektrum mit einer charakteristischen Feinstruktur bestehend

aus fünf Schwingungsbanden. Die relativen Intensitäten dieser Banden werden jedoch

aufgrund des „Ham-Effekts“ (Ham, 1953) stark von der Polarität des umgebenden

Lösungsmittels beeinflusst (Nakajiama, 1971). So verstärken polare Lösungsmittel die

Intensität des Pyren, während der Übergang nahezu unbeeinflusst bleibt

(Kalyanasundaram and Thomas, 1977). Pyren zeigt außerdem bei hohen

Konzentrationen eine Abnahme der Intensität der Monomerfluoreszenz, die auf der

Bildung von Excimeren (Förster and Kasper, 1955) beruht. Aufgrund des „Ham-

Effekts“ und der Excimerbildung des Pyrens war daher nur eine qualitative Bestimmung

der Reinigungsleistung möglich.

Für die mit Nilrot kontaminierten Oberflächen erwies sich ebenfalls Tensid A als das

beste Reinigungsmittel. Im Gegensatz jedoch zu den mit Pyren kontaminierten

Oberflächen ließ sich hier die Plastikoberfläche bei allen Tensiden besser reinigen als

die Glasoberfläche. Die Methode des Aufsprühens erwies sich zudem wirkungsvoller

als das bloße Eintauchen der Oberflächen in die Tensidlösung.

360 380 400 420 4400

50

100

150

200

250

Plastik Glas

rela

tive

Inte

nsitä

t

Wellenlänge (nm)

Rewopol

360 380 400 420 440 4600

100

200

300

400

500

600

Rewopol Tegotens DO Tegotens EC 11

rela

tive

Inte

nsitä

t

Wellenlänge (nm)

Plastik/Einlegen

Abb. 7 Fluoreszenzspektren von Pyren: Vergleich der Tenside (links); Vergleich der Oberflächen (rechts)

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UV/VIS- Spektroskopie Zusätzlich zur Fluoreszenz-Spektroskopie wurden die aufgefangenen Waschlösungen

anschließend auch mittels UV/VIS-Spektroskopie untersucht.

Wie schon mittels Fluoreszenzspektroskopie beobachtet, zeigen beide

superhydrophobe Oberflächen deutliche Unterschiede in der Reinigungseffizienz der

Tenside. Die mit Pyren kontaminierte Plastikoberfläche wird am besten von Tensid D

gesäubert und am schlechtesten von Tensid A. Auf der Glasoberfläche lässt sich das

genaue Gegenteil beobachten. Hier ist die Reinigungsleistung von Tensid A am größten

und die von Tensid D am geringsten. Zudem bewies sich erneut das Aufsprühen als die

wirkungsvollere Reinigungsmethode. Des Weiteren ließ sich auch im UV/VIS-Spektrum

kein Pyren in der Waschlösung von Tensid C detektieren.

Um nicht nur qualitative Reinigungsergebnisse zu erhalten, wurde zur genauen

Bestimmung der Menge an abgewaschenen Nilrot für jedes Tensid Kalibriermessungen

durchgeführt. Hierfür wurden UV/VIS-Spektren der einzelnen Tenside mit zunehmender

Konzentration an Nilrot aufgenommen. Es zeigen sich deutliche Unterschiede in der

entfernten Schmutzmenge zwischen den einzelnen Tensiden, aber auch zwischen den

Reinigungsmethoden und den beiden Oberflächen.

1.1.3 Kontamination mit Standardschmutz 4

Um die Reinigungseffizienz der Tenside auf den superhydrophoben Oberflächen zu

untersuchen, wurde neben Nilrot und Pyren auch ein Testschmutz verwendet.

Helligkeitsvermessung Im Gegensatz zu den bisher verwendeten UV/VIS- und Fluoreszenzaktiven Nilrot und

Pyren ließ sich für den Testschmutz die Reinigungseffizienz der Tenside nicht durch

UV/VIS- und Fluoreszenzspektroskopie bestimmen. Um trotzdem quantitative

Aussagen über die Reinigungsleistung treffen zu können wurde zunächst versucht die

abgewaschene Menge an Schmutz gravimetrisch zu bestimmen.

Die gravimetrische Bestimmung war jedoch zu ungenau um die Reinigungseffizienz der

Tenside untereinander vergleichen zu können. Von 0,1 g aufgetragenem Schmutz

blieben nach der Reinigung bei jedem Tensid nur ca. 0,0003 g auf den Oberflächen

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haften. Daher wurden Bilder der verschmutzten und gereinigten Oberflächen

aufgenommen und der Verschmutzungsgrad der superhydrophoben Oberflächen

optisch über Helligkeitsvermessungen bestimmt (Abbildung 8).

Abb. 8 Ermittlung der Reinigungseffizienz der mit Testschmutz 4 kontaminierten Oberflächen mittels

Helligkeitsvermessung

Bei gleicher Tensidkonzentration waren die Reinigungseffizienzen der Tenside für den

Standardschmutz 4 wesentlich größer als für Nilrot oder Pyren. Das Tensid D reinigte

beide technische Oberflächen am Besten. Durch die Mechanik beim Aufsprühen der

Tensid-Lösungen wurde eine vollständige Reinigung der Oberfläche erzielt.

Zur genaueren Quantifizierung der Tensid D-Reinigungsleistung wurden die Versuche

mit fünf unterschiedlichen Tensid D-Konzentrationen wiederholt.

Die Auswertung der eingelegten Plastikoberflächen ergab eine deutlich

konzentrationsabhängige Reinigungsleistung. Ein Aufsprühen der Tensidlösung

dagegen erzielte schon bei kleinen Tensidkonzentrationen eine vollständige Reinigung

der kontaminierten Oberflächen.

1.1.4 Untersuchung der Funktionalität der superhydrophoben Oberflächen nach

Einwirkung der Tenside

Tenside bilden auf vielen Oberflächen hartnäckige Adsorptionsschichten, die in

manchen Fällen nicht abgespült, sondern nur mechanisch entfernt werden können. Eine

mechanische Reinigung der superhydrophoben Oberflächen kann jedoch dazu führen,

dass die empfindliche Oberflächenstrukturierung zerstört wird. Anhand der Wilhelmy-

Methode wurde deshalb untersucht inwieweit sich die Benetzbarkeit bzw. der

Kontaktwinkel der superhydrophoben Oberflächen durch ein Einwirken mit den

Tensiden ändert und wie gut sich die Tensidschicht anschließend von der Oberfläche

wieder entfernen lässt.

Partikelbestimmung Reinigung

Testschmutz 4

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Nach der Behandlung mit den Tensiden sanken die Kontaktwinkel deutlich, d.h. die

Oberfläche ist wesentlich hydrophiler und damit benetzbarer geworden. Im Verlauf

weiterer Messungen, in denen die Oberflächen mehrmals eingetaucht und

herausgezogen wurden, wusch sich der Tensidfilm ab, so dass die Kontaktwinkel

wieder anstiegen. Bereits nach ca. drei bis vier Messungen wies die behandelte

Glasoberfläche ähnliche Kontaktwinkel wie im sauberen Zustand auf.

Auf der Plastikoberfläche beobachtet man dagegen etwas hartnäckigere

Adsorptionsschichten, die sich schlechter abwaschen lassen. Der Tensidfilm konnte

jedoch auch hier durch weiteres mehrmaliges Eintauchen in Wasser entfernt werden, so

dass die Funktionalität der Oberfläche wieder hergestellt wurde.

1.1.5 Zusammenfassung der Ergebnisse

Ein wichtiger Schritt zur Regeneration superhydrophober Oberflächen war daher die

Erforschung und Formulierung einer Reinigungslösung für superhydrophobe

Oberflächen, die bereits bei geringer Konzentration gezielt im Bereich solcher

Verschmutzungen wirksam wird. Hierfür wurden die superhydrophoben Oberflächen

mittels Rasterelektronenmikroskopie charakterisiert. Die Weißlichtprofilometrie lieferte

zahlreiche ergänzende Informationen zur Rauhigkeit sowie Welligkeit und zeigte die

Unterschiede in der Oberflächenstrukturierung der beiden verwendeten

superhydrophoben Oberflächen auf. Sessile-Drop-Messungen erweisen sich als

besonders gut geeignet, um den Einfluss der unterschiedlichen

Oberflächenstrukturierungen auf das Oberflächenverhalten anhand von statischen

Kontaktwinkeln zu untersuchen.

Die Reinigungsversuche zeigten deutlich, dass die Reinigung der mikro- und

Nanostrukturierung sehr komplex ist. So hängt die Reinigungseffizienz der Tenside

nicht nur von weiteren Reinigungszusätzen, sondern auch von der jeweiligen

Oberfläche, dem verwendeten Schmutz und dem Reinigungsmechanismus ab. Die

Fluoreszenz- und die UV/VIS-Spektroskopie ergaben, dass bei einer Auswahl von 4

verschiedenen Tensiden die Reinigungsleistung von Tensid A und Tensid B am

wirkungsvollsten war. Durch das Aufsprühen wird die Reinigungsleistung der Tenside

verbessert. Während die Reinigungseffizienz der Tenside bei den mit Pyren

kontaminierten Oberflächen teilweise vom Oberflächenmaterial abhängig ist,

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30

beobachtet man für Nilrot bei allen Tensiden eine größere Reinigungseffizienz auf der

Plastikoberfläche.

Mittels Wilhelmy-Methode konnte gezeigt werden, dass die Tenside keine hartnäckigen

Adsorptionsschichten auf den superhydrophoben ausbilden.

Die Reinigungsuntersuchungen mit Testschmutz zeigten, dass Tensid D die

gründlichste Reinigungsleistung erbrachte. Durch Aufsprühen des Tensids gelang sogar

bei niedrigen Tensidkonzentrationen eine vollständige Abreinigung der Oberfläche.

Um maßgeschneiderte Tenside mit einem optimierten Oberflächenverhalten mittels des

QSPR Modells entwickeln zu können, wurden Reinigungsdaten von 11 weiteren

Tensiden mittels Helligkeitsvermessung ermittelt. Zudem wurde den Tensiden eine

Basislösung zugefügt. Dabei zeigten die anionischen Tenside die besten, die

kationischen Tenside die schlechtesten Reinigungsleistungen. Eine Reinigungslösung

für diese superhydrophoben Oberflächen konnte erfolgreich formuliert werden.

1.2 Entwicklung eines Vorhersagemodells zur Reinigung technischer nano- und

mikrostrukturierter Oberflächen mit Tensiden

Um maßgeschneiderte Tenside mit einem optimierten Oberflächenverhalten mittels des

QSPR (Quantitativen-Struktur-Eigenschaftsbeziehung) Modells entwickeln zu können,

wurden weitere Reinigungsdaten benötigt. Im nächsten Schritt wurden daher weitere

Tenside ausgewählt und deren Reinigungsleistung miteinander verglichen.

1.2.1 Bestimmung der Reinigungsleistung verschiedener Tensidklassen zur Erstellung

eines QSPR-Modells

Vergleichend wurden fünf anionische-, vier nichtionische-, ein amphoteres- und ein

kationisches Tensid charakterisiert. Diese Tenside unterscheiden sich in ihrer

funktionellen Gruppe und somit in Ihrer Polarität – einer entscheidenden Größe für die

Reaktion mit dem Substrat und damit für die Reinigungsleistung.

In einem ersten Untersuchungsansatz wurde die Reinigungsleistung der 11 Tenside mit

dem bewährten und bereits oben genannten Verfahren getestet. Als Testoberflächen

wurden pro zu untersuchendes Tensid, 4 Plastikoberflächen mit dem oben genanten

Testschmutz kontaminiert und durch Einlegen in die jeweiligen Tensid-Stammlösungen

gereinigt. Die Auswertung erfolgte wie zuvor optisch über Helligkeitsvermessungen.

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31

Die Ergebnisse zeigten, dass die Reinigungseffizienz der anionischen Tenside, d.h.

Tenside mit einer negativ geladenen funktionellen Gruppe, tendenziell am höchsten war.

Jedoch zeigt nicht jedes anionische Tensid eine hohe Reinigungseffizienz. Die

Reinigungsleistung der nichtionischen Tenside, d.h. Tenside die keine dissoziierbaren

funktionellen Gruppen tragen, und der amphoteren, d.h. Tenside die sowohl eine

positiv- als auch eine negativ geladene funktionelle Gruppe tragen, kann nicht

signifikant unterschieden werden. Eine deutlich schlechte Reinigungsleistung weist das

untersuchte kationische Tensid auf.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Reinigungsleistung der anionischen

Tenside tendenziell am größten ist, während die Reinigungsleistung der kationischen

Tenside, hier durch Berol vertreten, am schlechtesten ist. Das Tensid B besticht wieder

mit seiner ausgezeichneten Reiniglungsleistung.

Reinigungsversuche mit der Basisrezeptur (Zugabe unterschiedlicher Tenside in

verschiedenen Konzentrationen)

Ein großer Schwerpunkt des Projekts lag in der Formulierung einer vollständigen

Reinigungslösung, mit der sich kontaminierte superhydrophobe Oberflächen reinigen

lassen. Da handelsübliche Reinigungsmittel jedoch nicht nur aus einem bestimmten

Tensid bestehen, sondern je nach Verwendungszweck unterschiedliche Bestandteile

wie z.B. Scheuerkörper, Bleichmittel, Komplexbildner und Säuren enthalten, wurde im

zweiten Untersuchungsansatz den Tensiden eine Basislösung hinzugefügt. Zur

Erstellung eines aussagekräftigen QSPR-Modells mussten die Reinigungsdaten von

mindestens 10 verschiedenen Tensiden erhoben werden. Daher wurden die oben

bereits erwähnten 11 Tenside mit einer Basisrezeptur in unterschiedlichen

Konzentrationen angesetzt. Die Untersuchungsmethode entspricht der Methode, die

bereits im Vorversuch erwähnten wurde.

Die Versuche zeigen, dass tendenziell mit einer Erhöhung der Tensidkonzentration

auch eine Erhöhung der Reinigungseffizienz einhergeht. Auch in Kombination mit der

Basisrezeptur weisen die anionischen Tenside tendenziell die deutlich bessere

Reinigungsleistung auf.

Zur Überprüfung der wiederhergestellten Oberflächenfunktionalität folgten weitere

Reinigungstests mit den bereits untersuchten Plastikoberflächen, indem die

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32

Oberflächen erneut kontaminiert und gereinigt wurden. Es zeigte sich, dass auch eine

mehrmalige Kontamination und Reinigung die Reinigungsleistung der Tenside nur

minimal beeinflusst.

1.2.2 Entwicklung des Vorhersagemodells mittels QSPR

Die Ergebnisse aus der Projektphase B basieren auf den Reinigungsexperimenten in

der Arbeitsgruppe von Prof. Rehage.

Die untersuchten Tenside sind keine Reinsubstanzen sondern Mischungen von

Molekülen mit unterschiedlichen Längen der Alkylketten. Die einzelnen molekularen

Strukturen wurden konstruiert und deren Minima der potentiellen Energien berechnet.

Abb. 9 Molekulare Struktur eines Beispieltensids (Amphotensid)

Ausgehend von diesen molekularen Strukturen wurden für jedes Molekül ca. 1600

molekulare Eigenschaften berechnet. Durch Anwendung eines neuartigen Genetischen

Funktionsalgorithmus wurden die Modellgleichungen entwickelt.

Modellgleichung für Reinigungsexperiment mit 2% Tensid:

Y = -783.72 * SIC5 + 731.49 * MATS2p - 1.30 * RDF050 + 778.92

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33

Y ist hier die Reinigungswirkung und SIC5, MATS2p und RDF050 sind molekulare

Eigenschaften der Tenside, die als wesentlich für die Reinigungswirkung vom

Genetischen Funktionsalgorithmus erkannt wurden. Die folgende Abbildung zeigt einen

Vergleich der experimentellen Werte mit den vom Modell theoretisch vorhergesagten

Werten.

Für die Modellgleichung Reinigungswirkung von 5% Tensid ergibt sich:

Y = -1.09 * RDF030u – 65.48 * G3m + 7.83 * RDF135m + 80.56

1.2.3 Zusammenfassung der Ergebnisse

QSPR-Modelle zur Reinigungswirkung von Tensiden auf einer technischen,

nanostrukturierten Oberfläche konnte entwickelt werden. Die Modelle zeigen eine

hinreichende Genauigkeit.

Aufgrund der komplexen mathematischen Struktur lassen die Modelle keine klare

Interpretation zwischen den physiko-chemischen Eigenschaften der Tenside und ihrer

Wirkungsweise zu. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass das QSPR-Werkzeug für

Tensidoptimierung in Form von Methodik und Software bereit steht.

1. 3 Entwicklung eines Modells zum Kontakt- und Abrollwinkel des Tensids Tegotens B810 auf Pflanzenblättern

1.3.1 Entwicklung des Modells mittels QSPR

Die Ziele der QSPR-Simulationen zum Einfluss der Oberflächenstruktur von

Pflanzenblättern auf den Kontakt- und Abrollwinkel von wässrigen Tensidlösungen war die

Entwicklung und Anwendung einer theoretischen Methode zur Berechnung des Kontakt-

und Abrollwinkels des Tensids Tegotens B810 auf Pflanzenblättern.

Mit der QSAR/QSPR-Methode (QSAR = Quantitative-Structure-Activity-Relationship,

QSPR = Quantitative-Property-Relationship) wurden ca. 1600 molekulare

Eigenschaften des Tensids berechnet und mit den beobachteten Messgrößen

(Kontaktwinkel oder Abrollwinkel) korreliert. Die Methode der Genetischen

Funktionsalgorithmen wurde angewendet, um die wesentlichen Oberflächenparameter

von Pflanzenoberflächen zu bestimmen, die maßgeblich für die Kontakt- und

Abrollwinkel des oben genannten Tensids verantwortlich sind.

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34

6.953.406.323.23 +⋅−⋅+⋅−=Φ sRvksRpsWp

Am Nees-Institut der Universität Bonn wurden die Wellig- und Rauhigkeitsparameter

von Blättern zahlreicher Pflanzen experimentell gemessen. Bei den Untersuchungen

wurden die Blattoberflächen und -unterseiten von acht verschiedenen Pflanzen

verwendet. Das Modell zur Vorhersage des Kontakwinkels ergab:

42.19216345.01.11 −⋅+⋅−⋅=Φ sMrsRvsWku

Φ ist der Kontaktwinkel, sWku ist der Welligkeitsparameter Steilheit, sRv ist der

Rauhigkeitsparameter Maximale Riefentiefe und sMr2 ist der Rauhigkeitsparameter

Größter Materialanteil.

Die Übereinstimmung zwischen den berechneten und den gemessenen Kontaktwinkel

erweist sich als sehr gut.

Die oben beschriebenen Methoden und Verfahren wurden analog zur Bestimmung der

Abrollwinkel eingesetzt. Der Optimierungsprozess des Genetischen Funktionsalgorithmus

lieferte folgende Modellgleichung:

Φ ist der Abrollwinkel, sWp der Welligkeitsparameter Glättungstiefe, sRp der

Rauhigkeitsparameter Glättungstiefe und sRvk ist der Rauhigkeitsparameter Reduzierte

Riefentiefe.

Die Übereinstimmung zwischen den berechneten und den gemessenen Abrollwinkel ist

ebenfalls sehr gut. Auf eine detaillierte statistische Auswertung wird hier nicht näher

eingegangen.

1.3.2 Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Arbeiten haben gezeigt, dass es möglich ist Modelle zur Vorhersage von

Tensideigenschaften auf Pflanzenblättern zu entwickeln. Damit ist es auch möglich,

technische Oberflächen hinsichtlich der Wechselwirkung mit Tensiden zu optimieren.

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35

1.4 Entwicklung einer Methode zur Charakterisierung pflanzlicher Oberflächen

mittels standardisierter Oberflächenparameter nach DIN

1.4.1 Material und Methoden

Oberflächen

Für die vorliegende Projekt wurden 36 unterschiedlich strukturierte Blattober- und

Blattunterseiten untersucht. Zusätzlich wurden sechs unterschiedlich strukturierte,

technische Oberflächen untersucht.

Weißlichtprofilometrie

Die Weißlichtprofilometrie ist eine Methode zur berührungslosen optischen Vermessung

von Oberflächen durch chromatische Abtastung mit fokussiertem Weißlicht. Mit Hilfe

eines Spektrometers kann ein Höhenprofil von Oberflächen erstellt werden.

Zur Charakterisierung der pflanzlichen Oberflächen wurde das Weißlichtprofilometer

MicroProf® (Fries Research & Technology GmbH, Bergisch-Gladbach) verwendet.

Zur Berechnung der Höhe der Strukturen auf den untersuchten Oberflächen wurden im

Messfeld zufällig ausgewählte zweidimensionale Profile extrahiert. Die Anzahl an

Strukturen pro Messfeld wurde über eine optische Zählung der Strukturen im

bearbeiteten Bild bestimmt.

Aus den phasenkorrekt nach DIN EN ISO 11562, ASME BE46.1 gefilterten Primärdaten

des Profilometers wurden die Rauheit und die Welligkeit der untersuchten

Messfeldoberflächen berechnet. Insgesamt wurden jeweils 17 Rauheits- und

Welligkeitsparameter berechnet. Davon wurden nur die Rauheits- und

Welligkeitsparameter weiter verwendet, die einen Zusammenhang zu den zuvor

errechneten Strukturmerkmalen der Oberflächen zeigten.

Rasterelektronenmikroskopie

Die Betrachtung der Proben erfolgte in einem Rasterelektronenmikroskop LEO 1450

(Carl Zeiss AG, Oberkochem).

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36

Bestimmung von Kontakt- und Abrollwinkel

Die statischen Kontaktwinkel und die Abrollwinkel zur Messung des

Benetzungsverhaltens von Oberflächen wurden mit dem Kontaktwinkelmessgerät OCA

30 (Dataphysics GmbH, Filderstadt) gemessen.

1.4.2 Darstellung strukturierter Oberflächen mittels Rasterelektronenmikroskopie und Weißlichtprofilometrie

Pflanzliche Oberflächen

Die mit Hilfe des Weißlichtprofilometers vermessenen 3D-Flächenmessdaten lassen

sich als Datengrundlage zur Berechnung der Oberflächenkenngrößen nach DIN EN ISO

Vorschriften verwenden. Dazu wurden die Oberflächenkenngrößen (Welligkeits- und

Rauheitsparameter) aus den 3D-Daten der 36 pflanzlichen Oberflächen berechnet und

die Oberflächen mittels 3D-Diagramme bildlich dargestellt.

Aus den 3D-Daten lassen sich zusätzlich 2D-Profile erzeugen. Mit Hilfe dieser 2D-

Profile konnten die mittlere Höhe und Anzahl der Oberflächenstrukturen auf den

Oberflächen ermittelt werden. Die Strukturdaten der pflanzlichen Oberflächen wurden

anschließend mit Hilfe der hierarchischen Clusteranalyse in Gruppen, sog. „Clustern“,

geordnet (Bühl and Zöfel 2002). Die untersuchten pflanzlichen Oberflächen wurden

aufgrund der Strukturmerkmale in 4 Cluster eingeordnet (Abbildung 10).

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Abbildung 10 REM-Aufnahmen nach Präparation durch Glycerin-Substitution (A1-D1) und dreidimensionale Diagramme, angefertigt mit dem Weißlichtprofilometer (A2-D2), der Blattoberflächen von Pflanzen verschiedener Cluster. A: Euphorbia myrsinites Blattoberseite (Cluster 1), B: Colocasia esculenta Blattunterseite (Cluster 2), C: Liriodendron tulipifera Blattoberseite (Cluster 3), D: Nelumbo nucifera Blattoberseite (Cluster 4).

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Technische Oberflächen

Die technischen, strukturierten superhydrophoben Oberflächen und eine glatte

technische Oberfläche (Referenz) wurden ebenfalls sowohl mit dem REM, als auch mit

dem Weißlichtprofilometer untersucht (Abbildung 11A 1 bis D 1).

Abbildung 11 REM-Aufnahmen (A1-D1) und dreidimensionale Diagramme, angefertigt mit dem Weißlichtprofilometer (A2-D2), verschiedener technischer Oberflächen. A: Lotus-Effect®-Kunststoffoberfläche (Kunststoffinstitut Lüdenscheid), B: hydrophobierte Kupferoberfläche (Bolta-Werke), C: Lotus-Effect®-Glasoberfläche (Ferro GmbH), D: TEGOTOP® 210-Oberfläche (Evonik Industries AG).

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39

1.4.3 Eignung der Oberflächenparameter zur Charakterisierung von pflanzlichen Oberflächen

Pflanzliche Oberflächen

Die Oberflächenparameter der pflanzlichen Oberflächen zeigten, wie erwartet, nur eine

geringe bis mittlere bivariate Korrelation zu der Anzahl der Oberflächenstrukturen pro

0,01 mm2, jedoch z. T. eine sehr hohe Korrelation zwischen ausgewählten

Oberflächenparameter und der Strukturhöhe dieser Oberflächen.

Bei den Rauheitsparametern zeigten der arithmetische Mittenrauhwert (sRa), der

Quadratische Mittenrauhwert (sRq), die Gemittelte Rauhtiefe (sRz(DIN)), die Maximale

Rauhtiefe (sRmax), die Rauhtiefe (sRt), die Kernrauheit (sRk), die Reduzierte

Spitzenhöhe (sRpk) und die Reduzierte Riefentiefe (sRvk) eine hohe Korrelation zur

Strukturhöhe der untersuchten pflanzlichen Oberflächen. Der

Rangkorrelationskoeffizient ρ dieser Oberflächenkenngrößen zur Strukturhöhe lag über

0,7.

Die entsprechenden Welligkeitskenngrößen der phasenkorrekt gefilterten Messdaten

sWa, sWq, sWz, sWmax, sWp, die Wellentiefe (sWt) und sWpk hatten einen

Rangkorrelationskoeffizienten ρ von über 0,9 und hatten deshalb einen sehr hohen

Zusammenhang zu der Höhe der entsprechenden Oberfläche.

Die Welligkeitsparameter sWv und sWk zeigten mit einem Rangkorrelationskoeffizienten

ρ von über 0,8 eine hohe Korrelation. In allen Fällen waren die Koeffizienten höchst

signifikant (p < 0,001).

Anschließend wurden geeignete Welligkeitsparameter, gegen die Strukturhöhe

aufgetragen. Diese Welligkeitsparameter wurden anschließend in die jeweiligen Cluster

aufgeteilt und betrachtet.

Es zeigt sich ein linearer Zusammenhang zwischen den ausgewählten

Welligkeitsparametern und den Strukturhöhen der entsprechenden Pflanzenoberflächen.

So zeigt die lineare Regression innerhalb der einzelnen Cluster einen positiven

Zusammenhang zwischen den Welligkeitsparametern und der Höhe der

Oberflächenstrukturen der einzelnen Pflanzenoberflächen. Einzig die lineare

Regression mit den Mittelwerten des Welligkeitsparameters sWpk und der Strukturhöhe

ergab bei den einzelnen Clustern ein Bestimmtheitsmaß R2 von unter 0,6. Auch der

lineare Zusammenhang zwischen dem Welligkeitsparameter sWp und der Strukturhöhe

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40

ist in Cluster 2 bei einem Bestimmtheitsmaß R2 von 0,21 nicht sehr hoch. Die

Welligkeitsparameter sWq, sWmax und sWt der einzelnen Cluster zeigen den höchsten

positiven Zusammenhang zur Strukturhöhe, da bei diesen Parametern die

Bestimmtheitsmaße der linearen Regression die höchsten Werte aufweisen.

Die Welligkeitsparameter sWz, sWmax und sWt scheinen aufgrund ihrer Definition

vielversprechend zur quantitativen Bestimmung der Höhe von Strukturen auf

Oberflächen. Es zeigt sich streng linearer Zusammenhang zwischen diesen

Welligkeitsparametern und der Strukturhöhe auf den entsprechenden Oberflächen.

Die Gleichungen der jeweiligen Regressionsgeraden zeigen, dass ausgewählte

Welligkeitsparameter der pflanzlichen Oberflächen, der gemessenen Höhe der

Strukturen dieser Oberflächen nahezu entsprechen. Damit konnten Parameter

herausgestellt werden, die sich eignen, die Mikrostrukturierung pflanzlicher Oberflächen

wiederzugeben.

Technische Oberflächen

Auch bei den technischen Oberflächen zeigten die Oberflächenparameter keine bis eine

mittlere bivariate Korrelation zur Anzahl der Oberflächenstrukturen pro 0,01 mm2.

Einige Rauheits- und Welligkeitsparameter wiesen mit einem

Rangkorrelationskoeffizienten ρ von über 0,8 jedoch eine hohe Korrelation zu der

gemessenen Höhe der Strukturen auf den entsprechenden Oberflächen.

Bei den pflanzlichen strukturierten Oberflächen zeigten ausgewählte

Welligkeitsparameter die höchste Korrelation zu den Höhen der Strukturen auf diesen

Oberflächen. Bei den technischen strukturierten Oberflächen wiesen die

Rauheitsparameter die höhere Korrelation zu den gemessenen Strukturhöhen auf.

Somit unterschied sich die strukturelle Dimensionierung auf den technischen

superhydrophoben Oberflächen von den Strukturen auf den pflanzlichen Vorbildern.

Einige ausgesuchte Rauheits- und Welligkeitsparameter, die einen hohen

Rangkorrelationskoeffizienten ρ von über 0,8 besaßen, wurden mittels der

Regressionsanalyse statistisch analysiert. Diese Parameter hatten einen hohen

positiven Zusammenhang zur Strukturhöhe, da die Bestimmtheitsmaße der linearen

Regression Werte von über 0,9 aufwiesen. Doch wurde aufgrund der Verfügbarkeit nur

eine geringe Anzahl an unterschiedlich strukturierten technischen Oberflächen

untersucht. Somit lassen die Ergebnisse der Regressionsanalyse keine genaue Angabe

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zur Eignung einzelner Oberflächenparameter zur Beschreibung der Strukturhöhen zu.

Jedoch lassen sich strukturierte Oberflächen anhand ausgewählter Parameter

miteinander vergleichen und so die Unterschiede zwischen den Strukturhöhen und den

Parametern darstellen.

1.4.5 Zusammenhang zwischen den Kontakt- / Abrollwinkeln und den Oberflächenkenngrößen

Pflanzliche Oberflächen

Es wurde die Korrelation zwischen den Werten der Kontakt- und Abrollwinkel auf den

einzelnen pflanzlichen Oberflächen zu den entsprechenden Rauheits- und

Welligkeitsparametern mittels der Rangkorrelation nach Spearman berechnet. Es zeigte

sich nur eine geringe bivariate Korrelation der Oberflächenparameter zu den Kontakt-

und Abrollwinkel von Wasser.

Technische Oberflächen

Es wurde mittels der Rangkorrelation nach Spearman die Korrelation zwischen den

Werten der Kontakt- und Abrollwinkel auf der jeweiligen technischen Oberfläche zu den

entsprechenden Rauheits- und Welligkeitsparametern berechnet. Im Gegensatz zu den

pflanzlichen Oberflächen wurden bei den technischen Oberflächen z. T. sehr hohe

Korrelationen zwischen den Rauheits- und den Welligkeitsparametern und den Kontakt-

und Abrollwinkeln von Wasser gemessen.

1.5 Generierung von Fehlstellen und die Auswirkungen von Fehlstellen auf die

Selbstreinigung

Superhydrophobe strukturierte Oberflächen sind sehr empfindlich gegenüber

mechanischer Belastung. Diese können zu Zerstörung der Strukturen, zu Fehlstellen

führen, die die Selbstreinigungsfähigkeit der Oberfläche deutlich beeinträchtigen

können. Im Folgenden wurden auf verschiedenen superhydrophoben technischen

Oberflächen definierte Fehlstellen eingefügt. Anschließend wurden an diesen

Testoberflächen die Auswirkungen der Fehlstellen auf die Selbstreinigung untersucht.

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42

1.5.1 Generierung von Fehlstellen

In den ersten Versuchsreihen wurde eine hydrophobierte Kupferfolie (Bolta Werke

GmbH, Gottmadingen) verwendet. Zunächst wurden auf der hydrophoben Oberfläche

der Folie mit Hilfe einer Nadel gitterartige Vertiefungen eingebracht (Abbildung 12 B).

Abbildung 12 REM-Aufnahmen einer hydrophobierten strukturierten Kupferfolie (Bolta-Werke GmbH). A:Kupferfolie ohne Fehlstelle; B: Kupferfolie mit einer Fehlstelle (mit Nadelspitze erzeugt) in der Bildmitte.

Charakteristisch für diese Fehlstellen ist die komplette Abrasion der

Oberflächenstrukturierung (Abbildung 12 B). Die globulären Mikrostrukturen wurden

durch die Nadelspitze komplett abgetragen. Die erzeugte Fehlstelle weist nur eine sehr

schwache Strukturierung auf.

In einer zweiten Versuchsreihe wurde eine glatte Glasoberfläche mit dem Konzentrat

TEGOTOP® 210 (Evonik Industries AG) beschichtet. Der Vorteil dieser

superhydrophoben Testoberfläche ist die einfache Herstellung und Einbringen von

großflächigen Fehlstellen. Nach Auftrag und Trocknung der Beschichtung, wurde diese

lokal durch Abwischen wieder entfernt (Abbildung 13).

Abbildung 13 REM-Aufnahme einer Glasoberfläche, beschichtet mit TEGOTOP® 210 (Evonik Industries AG). Mittig befindet sich eine Fehlstelle (Beschichtung abgewischt).

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Durch die Beschichtung der glatten Glasoberfläche mit TEGOTOP® 210 wird die diese

Oberfläche durch eine feine Strukturierung übergedeckt (Abbildung 14 A). Diese ist in

der Fehlstelle komplett entfernt, die Glasoberfläche ist wieder frei gelegt (Abbildung 14

B).

Abbildung14 REM-Aufnahmen einer Glasoberfläche, beschichtet mit TEGOTOP® 210 (Evonik Industries AG). A: Oberfläche der TEGOTOP® 210-Beschichtung;B: Oberfläche der Fehlstelle (Beschichtung abgewischt).

Als dritte Testoberflächen wurden eine Lotus-Effect®-Glasoberflächen ausgewählt. Sie

ist ungleichmäßig mikrostrukturiert und von feinen Nanostrukturen überdeckt. Diese

Oberfläche ist bereits als Produkt auf dem Markt und somit eine geeignete

Testoberfläche für eine zu entwickelnde Reparaturdispersion. Mit Hilfe einer Ätzung

konnten definierte Fehlstellen hergestellt werden (Abbildung 15). Nach der Behandlung

blieb in der Fehlstelle nur eine geringe Strukturierung übrig, die hierarchische

Strukturierung der ursprünglichen, intakten Oberfläche wurde erfolgreich entfernt.

Abbildung 15 REM-Aufnahmen einer strukturierten Lotus-Effect®-Glasoberfläche (Ferro GmbH). A: unbeschädigte Oberfläche; B: Oberfläche der Fehlstelle (mit Ätz-Lösung behandelt).

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44

Die generierten Fehlstellen auf den drei verschiedenen Testsystemen unterschieden

sich in der Länge, Breite und Tiefe. Dabei wies die Kupferfolie die kleinsten und die

Lotus-Effekt Glasoberfläche die größten Fehlstellen auf.

Mit diesen Testsystemen standen nun drei verschiedene, superhydrophobe, technische

Oberflächen mit Fehlstellen zur Verfügung, an denen in den folgenden Untersuchungen

die Auswirkungen von definierten Fehlstellen auf die Selbstreinigung untersucht werden

konnten.

1.5.2 Auswirkungen auf die Selbstreinigung

Um die Auswirkungen von Fehlstellen auf die Selbstreinigung superhydrophober

strukturierter Oberflächen zu testen, wurden nun der Einfluss der Oberflächenchemie

und anschließend der Einfluss der Größe der Fehlstellen untersucht. Ziel dieser

Untersuchungen war es, Fehlstellen als möglichen Angriffspunkt für eine

Reparaturdispersion zu identifizieren und zu nutzen.

Chemie der Fehlstellen

Als erstes wurden die gitterförmigen Fehlstellen auf den hydrophobierten

Kupferoberflächen hinsichtlich des Einflusses ihrer Chemie auf die Benetzungsverhalten

von Wasser untersucht. Dazu wurde die beschädigte Kupferfolie bei 90° Kippung

gelagert und mit einer hydrophilen Flüssigkeit besprüht (Abbildung 16).

Abbildung16 Hydrophobierte Kupferfolie mit Fehlstelle wurde um 90° gekippt und mit einer hydrophilen Flüssigkeit besprüht.

Die Wassertropfen, mit dem grün fluoreszierenden Farbstoff Natriumfluoreszein versetzt,

rollten auf der bei 90° Kippung gelagerten superhydrophoben Kupferfolie ab. An den

Fehlstellen jedoch blieben einzelne kleine Tropfen hängen und sammelten sich zu

größeren Tropfen.

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Die Fehlstellen in der hydrophobierten Kupferfolie wiesen im Vergleich zur

unbeschädigten Oberfläche eine veränderte Oberflächenchemie auf. Die Ansammlung

von Wassertropfen speziell in den Fehlstellen zeigte, dass selbst kleine

Beschädigungen in der superhydrophoben Strukturierung aufgrund der hydrophilen

Chemie Angriffspunkt für Kontaminationen darstellen.

In den Fehlstellen auf mit TEGOTOP® 210 beschichteten Glasoberflächen wurde diese

Beobachtung näher untersucht. Fehlstellen auf diesen Oberflächen sind großflächiger

als die Fehlstellen auf den Kupferoberflächen, somit lassen sich Rückstände von

Kontaminationen leichter detektieren. Nach Generierung der Fehlstellen wurden die

Testoberflächen mit fluoreszierenden Partikeln kontaminiert und anschließend mit

Wasser benebelt (Abbildung 17).

Abbildung 17 Glasoberfläche, beschichtet mit TEGOTOP® 210, mit 5 gewischten Fehlstellen. A: Oberfläche vor der Kontamination mit den fluoreszierenden Partikeln; B: Oberfläche nach der Kontamination mit fluoreszierenden Partikeln und Beneblung mit Wasser.

Auf den unbeschädigten superhydrophoben Bereichen der TEGOTOP® 210-

Glasoberflächen wurden die Kontaminationspartikel vollständig durch die Benebelung

mit Wasser entfernt. In den Fehlstellen verblieben trotz Benebelung der Oberfläche

Reste der fluoreszierenden Partikel, erkennbar an der intensiven Rotfärbung der

Fehlstellen in der TEGOTOP® 210-Beschichtung.

Anschließend wurden die Kontakt- und Abrollwinkel von Wasser auf unbeschichtetem

Glas (Kontrolle), auf den intakten Bereichen und auf den beschädigten Bereichen der

TEGOTOP® 210-Beschichtung gemessen und miteinander verglichen (Abbildung 18).

A B

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Abbildung 18 Kontaktwinkel (A) und Abrollwinkel (B) von Wasser auf Glas beschichtet mit Tegotop® 210 (Grau), auf einer Fehlstelle in der TEGOTOP® 210-Beschichtung (Hellgrau) und auf unbehandeltem Glas (Dunkelgrau).

Der Kontaktwinkel von Wasser in den Fehlstellen der TEGOTOP® 210-Beschichtung

war mit 53,8° deutlich niedriger als auf der unbeschädigten Beschichtung. Die Fehlstelle

war hydrophiler als die intakten strukturierten Bereiche der Oberfläche. Jedoch erreichte

die Fehlstelle nicht die Hydrophilie der unbehandelten Glasoberfläche. Der Abrollwinkel

betrug über 90°, d. h. der Wassertropfen rollte auch bei einer Neigung der Oberfläche

von 90° nicht von der Oberfläche ab. Eine Selbstreinigung ist in den Fehlstellen nicht

mehr möglich.

Größe der Fehlstellen

Als Erstes wurden sowohl unbeschädigte hydrophobierte Kupferoberflächen, als auch

Kupferoberflächen mit den Fehlstellen kontaminiert (mit fluoreszierenden Partikeln) und

mit Wasser benebelt. Die Messungen mittels Puls-Amplituden Modulierter Fluorometrie

(PAM, ein linearer Zusammenhang zwischen Kontaminationsgrad und Fluoreszenz

konnte herausgestellt werden; somit entspricht das Fluoreszenzsignal der

Restkontamination) zeigten, dass das Einbringen der Fehlstellen auf den

superhydrophoben Kupferoberflächen keine signifikante Auswirkung auf die

Selbstreinigung dieser Oberfläche hatte.

Dieser Versuch wurde mit unbeschädigten und beschädigten TEGOTOP® 210-

beschichteten Glasoberflächen wiederholt. Es wurden großflächige Fehlstellen in die

TEGOTOP® 210-Beschichtung eingebracht.

Der Vergleich zwischen den unbeschädigten Oberflächen und den Oberflächen mit den

Fehlstellen zeigten signifikante Unterschiede in der Fluoreszenz der

Kontaminationspartikel auf diesen Oberflächen

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Die Fehlstellen in den TEGOTOP® 210-Oberflächen zeigten eine deutliche negative

Auswirkung auf die Selbstreinigungsfähigkeit dieser Oberflächen.

Die Kontaminationsversuche wurden zusätzlich mit unbeschädigten und beschädigten

Lotus-Effect®-Glasoberflächen durchgeführt (Abbildung 19).

Abbildung 19 Restfluoreszenz (in %) der fluoreszierenden Partikel in den Fehlstellen (Hellgrau) und unbeschädigten Bereichen (Dunkelgrau) auf Lotus-Effect®-Glas (Ferro GmbH) nach Kontamination und anschließender Benebelung.

Die Fehlstellen wiesen mit 123,6 % eine höhere Fluoreszenz als vor der Beneblung auf,

waren somit nach Benebelung stärker kontaminiert. Ursache hierfür könnten die Größe

der Fehlstellen und die Lagerung sein. Die fluoreszierenden Partikel auf den

unbeschädigten Bereichen neben den Fehlstellen sammelten sich mit dem

herunterrollenden Wasser in den Fehlstellen und blieben aufgrund der geringen

Neigung der Oberflächen während der Benebelung mit dem Wasser an diesen hängen.

Somit kam es zur Ansammlung von Kontaminationspartikeln speziell in den Fehlstellen.

1.5.3 Regeneration der Hydrophobie in Fehlstellen auf technischen Oberflächen

Ziel des Projektes war die Entwicklung einer Regenerationsdispersion, der es gelingt,

Fehlstellen zu hydrophobieren und die zerstörten Oberflächenstrukturen zu

regenerieren. Als Grundsubstanz für eine solche Regenerationsdispersion sollte eine

geeignete Trägerdispersion aus verschiedenen Tensiden herausgestellt werden. Diese

Trägerdispersion sollte speziell in den Fehlstellen einer superhydrophoben Oberfläche

haften, um später zusätzlich hinzugefügte, strukturgebende Partikel in die Fehlstellen zu

transportieren. Die Idee beruht auf der Annahme, dass Fehlstellen von

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superhydrophoben Oberflächen eine hydrophile Chemie aufweisen und sich so von den

intakten (hydrophoben) Bereichen der Oberflächen unterscheiden. Die Tenside der

Dispersion binden mit ihrer polaren Gruppe an die hydrophilen Bereiche und decken

diese ab. Mit ihrer unpolaren Alkylgruppe bildet die Tensid-Dispersion schließlich eine

neue hydrophobe Oberfläche. Die verschiedenen Testdispersionen wurden von der

Evonik Industries AG zur Verfügung gestellt.

Im Folgenden wurden zunächst das Benetzungsverhalten und die Auswirkungen von

möglichen Träger-Tensid-Dispersionen auf die Chemie wie auch die

Selbstreinigungsfähigkeit superhydrohpober Oberflächen untersucht. Weiterhin wurden

ausgesuchte Tensid-Dispersionen auf ihre Eignung zur Regeneration der Hydrophobie

speziell in den Fehlstellen untersucht.

Als möglicher strukturgebender Bestandteil einer späteren Reparaturdispersion wurde

schließlich TEGOTOP® 105, ein Aerosol bestehend aus silikonüberzogenen Silika-

Partikeln, auf hydrophobierten Kupferoberflächen mit gitterartigen Fehlstellen

untersucht.

1.6 Benetzungsverhalten von Tensid-Dispersionen auf superhydrophoben

Oberflächen

Einfluss auf die Oberflächenchemie

Es wurden verschiedene handelsübliche Tenside mit unterschiedlichen Ladungen der

polaren Gruppe auf unbeschädigten und beschädigten superhydrophoben Oberflächen

getestet. Dazu wurden die Testoberflächen mit den Tensiden benetzt um anschließend

die Kontakt- und Abrollwinkel zu erfassen.

Die auf den Kunststoffoberflächen getrockneten Tenside verändern die chemischen

Eigenschaften der Oberfläche. Jedoch unterscheiden sich diese Auswirkungen auf die

Oberfläche je nach verwendetem Tensid.

Insgesamt zeigen die verwendeten Tenside einen unterschiedlich großen Einfluss auf

das Benetzungsverhalten der superhydrophoben Kunststoffoberfläche. Die

untersuchten anionischen und kationischen Tenside Te1 und Te2 haben im Vergleich

zu den übrigen nichtionischen und amphoteren Tensiden einen geringeren Einfluss auf

den Kontaktwinkel und den Abrollwinkel von Wasser auf der Kunststoffoberfläche.

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Die tensidbehandelten Kunststoffoberflächen wurden anschließend benebelt, und es

wurde ein weiteres Mal der Kontakt- und Abrollwinkel von Wasser auf diesen

Oberflächen gemessen (Abbildung 20).

Abbildung 20 Messung der Kontaktwinkel von Wasser auf Lotus-Effect®-Kunststoffoberflächen (Kunststoff-Institut Lüdenscheid), die in verschiedene Tenside getaucht und anschließend getrocknet wurden; Dunkelgrau: Messung vor Kontamination und Benebelung, Hellgrau: Messung nach Kontamination und Benebelung; gemessen wurden pro Tensid 5 Oberflächen.

Nach der Benebelung der Testoberflächen stiegen die Kontaktwinkel auf den in Te 3

und Te 4 eingetauchten Oberflächen von jeweils 0° auf durchschnittlich 130,26° bzw.

69,82° an. Auf der mit Te 2 behandelten Oberfläche änderte sich der Kontaktwinkel

nach Benebelung nicht signifikant. Auch auf der unbehandelten Kontrolle konnte keine

Änderung des Kontaktwinkels gemessen werden.

Auch der Abrollwinkel ändert sich auf der unbehandelten Kontrolle nach Benebelung

nicht (Abbildung 21).

unbeschichtet Te 1 Te 2 Te 3 Te 4

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Abbildung 21: Messung der Abrollwinkel von Wasser auf Lotus-Effect®-Kunststoffoberflächen (Kunststoff-Institut Lüdenscheid), die in verschiedene Tenside getaucht und anschließend getrocknet wurden; Dunkelgrau: Messung vor Kontamination und Benebelung, Hellgrau: Messung nach Kontamination und Benebelung; gemessen wurden pro Tensid 5 Oberflächen.

Insgesamt zeigten die untersuchten Tenside eine hohe Beeinflussung der

(unbeschädigten) selbstreinigenden superhydrophoben Oberflächen. Die Hydrophobie

wurde tendenziell herabgesetzt, Wasser zeigte niedrigere Kontaktwinkel, die

Abrollwinkel waren im Vergleich zur unbehandelten Probe sehr hoch. Die

beeinflussende Tensidschicht war aber nicht stabil. Eine weitere Benebelung von

behandelten Oberflächen zeigte eine Abnahme der Tensid-Wirkungen.

Die untersuchten Tenside, die sich in den Ladungen der polaren Kopfgruppe deutlich

voneinander unterscheiden, zeigten im Einzelnen große Unterschiede in der

Beeinflussung der superhydrophoben Oberfläche. Die nichtionischen und kationischen

Tenside zeigten insgesamt einige für eine Reparaturdispersion erwünschte

Eigenschaften. So zeigte die Oberfläche, die zuvor in die Tenside Te 3 (nichtionisch)

und Te 4 (kationisch) eingetaucht wurde, im Vergleich zu den anderen behandelten

Oberflächen die geringste Restkontamination nach Benebelung, trotzdem zeigten diese

Tenside auch den größten negativen Einfluss auf den Kontakt- und Abrollwinkel von

Wasser. Das Eintauchen der superhydrophoben Oberfläche in das kationische Tensid

Te 2 zeigte zwar den größten Einfluss auf die Selbstreinigung dieser Oberfläche, aber

den geringsten Einfluss auf den Kontakt- und Abrollwinkel von Wasser vor Benebelung.

Einfluss auf die Selbstreinigungsfähigkeit

Die tensidbehandelten Kunststoffoberflächen wurden zusätzlich einem

Kontaminationstest mit fluoreszierenden Partikeln unterzogen, um die Auswikungen

unbeschichtet Te 1 Te 2 Te 3 Te 4

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einer Tensidbehandlung von superhydrophoben Oberflächen auf die

Selbstreinigungsfähigkeit zu untersuchen (Abbildung 22).

Abbildung 22 Restfluoreszenz (in %) auf den mit Tensiden behandelten superhydrophoben Kunststoffoberflächen (Kunststoff-Institut Lüdenscheid) nach Kontamination und anschließender Benebelung.

Die untersuchten Tenside unterscheiden sich deutlich in Ihrer Auswirkung auf die

Selbstreinigung der Testoberflächen. Die Testoberflächen, die mit Te 3 behandelt

wurden, wiesen nach der Beregnung die geringste Restkontamination (20,91%) auf.

Gefolgt davon, wiesen die Testoberflächen, behandelt mit Te 4, eine Restkontamination

von 62,11%.

Benetzung von Fehlstellen

Aufgrund der ermittelten Ergebnisse wurden in den nachfolgenden Versuchen

hauptsächlich nichtionische, amphotere und kationische Tensid-Dispersionen

verwendet. Diesen Tensid-Dispersionen wurde im Anschluss als Reparaturbaustein

TEGOTOP® 105 hinzugegeben.

Zunächst wurden die verschiedenen Tensid-Dispersionen auf ihr Benetzungsverhalten

auf superhydrophoben Kupferoberflächen mit gitterartigen Fehlstellen im REM

untersucht (Abbildung 23). Dazu wurden die Tensid-Dispersionen durch Sprühen auf

den Oberflächen appliziert.

unbeschichtet Te 1 Te 2 Te 3 Te 4

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Abbildung 23 REM-Aufnahmen von hydrophobierten strukturierten Kopferoberflächen, in die gitterartige Fehlstellen eingebracht und anschließend mit unterschiedlichen Tensid-Dispersionen besprüht wurden. A: mit tu0920a besprüht, B: mit tu0921a besprüht, C: mit tu0920b besprüht, D: mit tu0921b besprüht, E: mit 1%ger kationischer Dispersion besprüht, F: mit 5%ger kationischer Dispersion besprüht.

Die untersuchten Tensiddispersionen zeigten ein unterschiedliches

Benetzungsverhalten auf den beschädigten superhydrophoben Kupferoberflächen.

Die Tropfen der nichtionischen Tensid-Dispersionen tu0920a und tu0921a waren über

die gesamte Oberfläche verteilt, bedeckten die Oberflächenstrukturierung der

Kupferfolie so, dass sich die Strukturen unter der Tensidschicht abzeichneten

(Abbildung 23 A und B). Eine spezifische Spreitung von Tropfen, die zufällig in die

Fehlstelle gelangten, konnte bei beiden Tensid-Dispersionen nicht beobachtet werden.

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Die amphoteren Tensid-Dispersionen zeigten ein im Vergleich zu den nichtionischen

Tensiddispersionen deutlich verändertes Benetzungsverhalten. Die Dispersion tu0920b

zeigte die für die Auftragungsart des Sprühens typische Verteilung der Tropfen

(Abbildung 23 C). Die eingetrockneten Tropfen überdecken die Oberflächenstrukturen

der Kupferfolie komplett. Die Tensid-Dispersion tu0921b benetzte die Kupferoberfläche

fast vollständig (Abbildung 23 D). Diese Tensidschicht war jedoch so dünn, dass sich

die Strukturierung unter ihr abzeichnete.Nur einzelne Bereiche der Oberfläche sind nicht

von der Tensid-Dispersion überdeckt worden.

Gelangte ein Tropfen der kationischen Dispersion in eine Fehlstelle, so konnte eine

spezifisches Spreiten in den Fehlstellen beobachtet werden (Abbildung 23 E und F). Die

Spreitung des Tensidtropfens erfolgte hauptsächlich in den Fehlstellen (vergleiche

Abbildung 23 B und D). Die kationische Dispersion zeigte somit ein für eine

Reparaturdispersion wünschenswertes selektives Benetzungsverhalten.

Die kationische Dispersion wies jedoch eine geringe Stabilität auf. So kam es zur

Agglomeration von eingebrachten, strukturgebenden Partikeln dieser Dispersion.

Deshalb wurde ein weiteres kationisches Tensid (KT 2) als Basis für eine

Reparaturdispersion getestet.

1.7 Wiederherstellung der Hydrophobie in Fehlstellen

Untersuchungen zur Hydrophobierungs-Leistung der kationischen Mikroemulsion KT 2

Diese folgenden Versuche dienten zur Testung der kationischen Mikroemulsion KT 2

als mögliche Trägerdispersion für eine Regenerationslösung. Folgende Anforderungen

sollte die Trägerdispersion erfüllen: Zunächst sollte sie selektiv in den Fehlstellen

spreiten und dort lokal die die Hydrophobie regenerieren. Zusätzlich sollte sie

strukturgebende Partikel in die Fehlstellen transportieren und dort die zerstörte

Strukturierung regenerieren.

Der Einfluss von KT 2 auf die ausgewählten Testoberflächen (Glas mit TEGOTOP® 210

beschichtet) wurde mit Hilfe von vergleichenden Kontakt- und Abrollwinkel-Messungen

untersucht. Dazu wurden die Kontakt- und Abrollwinkel auf den beschichteten

Testoberflächen gemessen. Anschließend wurden diese Glasoberflächen mit KT 2

besprüht, der Kontakt- und Abrollwinkel gemessen, danach beregnet und schließlich

wieder die Kontakt- und Abrollwinkel gemessen.

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Die Behandlung der Glasoberfläche mit KT 2 hydrophobiert diese noch stärker

(Kontaktwinkel: 154,96°), der Abrollwinkel bleibt mit 7,2° nahezu gleich.

Nach Beregnung der unbeschädigten Oberfläche zeigt sich ein weiterer Anstieg des

Kontaktwinkels von Wasser auf durchschnittlich 163,81°. Zusätzlich steigt auch der

Abrollwinkel leicht auf ca. 8,17° an. Jedoch ist diese Zunahme nicht signifikant.

Eine Beschädigung der TEGOTOP® 210-Beschichtung auf der Glasoberfläche hat

große Auswirkungen auf die Chemie der Oberfläche (Abbildung 24).

Abbildung 24 Kontaktwinkel (A) und Abrollwinkel (B) auf mit TEGOTOP® 210 beschichtetem Glas: in einer Fehlstelle, in einer Fehlstelle mit KT 2 besprüht und einer Fehlstelle mit KT 2 besprüht und anschließender Beregnung. Nach Applikation von KT 2 auf die Fehlstelle stieg der Kontaktwinkel von Wasser auf

der Fehlstelle auf 81,28°. Die Fehlstelle wurde hydrophober. Der hohe Abrollwinkel von

Wasser auf der Fehlstelle änderte sich jedoch nicht.

Auch nach der Beregnung mit Wasser sank der Kontaktwinkel auf der Fehlstelle nicht

signifikant. Der Abrollwinkel von Wasser betrug weiterhin über 90°, d. h. der Tropfen

rollte weiterhin nicht ab.

1.8 Regeneration der Superhydrophobie durch Wiederherstellung der

Strukturierung in Fehlstellen auf technischen Oberflächen

1.8.1 Einfluss auf die Oberflächenchemie

Nachdem gezeigt werden konnte, dass KT 2 in Fehlstellen spreitet und haften bleibt,

wurden dieser Trägerdispersion Partikel, als Reparaturbausteine für die Fehlstellen,

hinzuzugeben. Dazu wurden hydrophobierte Partikel unterschiedlicher Größe im

Fehlstelle Fehlstelle Fehlstelle Fehlstelle Fehlstell Fehlstelle + KT 2 + KT 2 + Beregnung + KT 2 + KT 2 + Beregnung

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Mikrometer- und Nanometerbereich hinzugefügt. Diese so hergestellten

Regenerationsdispersionsprototypen wurden auf Testoberflächen appliziert. Nach der

Trocknung wurden die Kontakt- und Abrollwinkel erfasst (Abbildung 25 und 26).

Abbildung 25 Kontaktwinkel auf Glasoberflächen: unbeschichtet und beschichtet mit TEGOTOP sowie den Regenerationsdispersionsprototypen KT 2, KT 2_1, KT2_2, KT 2_3

Abbildung 26 Abrollwinkel von Wasser auf Glasoberflächen, die vorher in verschiedene Lösungen getaucht (Dauer: 10 sec) und anschließend getrocknet wurden (Ausnahme: Glasoberfläche wurde mit TEGOTOP 105 eingesprüht und anschließend getrocknet). Auf den Oberflächen wurden 10 bis 20 Kontaktwinkel gemessen.

Insgesamt schwankten die gemessenen Abrollwinkel von Wasser auf den behandelten

Oberflächen sehr stark, da trotz vorsichtigem Eintauchen der Glasoberfläche in die

jeweilige Dispersion nicht immer eine gleichmäßige Verteilung, insbesondere der

Partikel, auf den Oberflächen garantiert werden konnte. Wurden die Glasoberflächen

jedoch gleichmäßig mit den Test-Dispersionen beschichtet, konnten anschließend auf

diesen Oberflächen hohe Kontaktwinkel und niedrige Abrollwinkel gemessen werden.

Unbeschichtet KT 2 TEGOTOP KT 2_1 KT 2_2 KT 2_3 105

Unbeschichtet KT 2 TEGOTOP KT 2_1 KT 2_2 KT 2_3 105

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1.8.2 Einfluss auf die Selbstreinigungsfähigkeit

Im Anschluss wurden Kontaminationsversuche mit TEGOTOP® 210 beschichteten

Glasoberflächen und dem Regenerationsdispersions-Prototypen KT 2_1 durchgeführt,

da sich dieser Prototyp als der geeignetester herausstellte. Es wurden sowohl

unbeschädigte Testoberflächen, als auch Oberflächen mit Fehlstellen mit diesem

Prototypen behandelt. Als Kontrolle wurde zusätzlich eine unbeschichtete

Glasoberfläche mit fluoreszierenden Partikeln kontaminiert.

Die Selbstreinigungsfähigkeit der beschichteten Oberflächen verschlechterte sich

jedoch nach der Behandlung mit dem Regenerationsdispersions-Prototypen. (Abbildung

27).

Abbildung 27 Restfluoreszenz (in %) auf unterschiedlich beschichteten Glasoberflächen nach Kontamination mit fluoreszierenden Partikeln und anschließender Benebelung.

Die unbehandelten Glasoberflächen zeigten nach Beneblung nur eine geringe

Restkontamination an RedwopTM-Partikeln von 8,79 %. Die TEGOTOP® 210

beschichteten Glasoberflächen wies eine Restkontamination von 1,78 % auf. Das

Einbringen von Fehlstellen in die TEGOTOP® 210-Beschichtung führte zu einer

erhöhten Ansammlung von fluoreszierenden Partikeln speziell in den Fehlstellen. Es

konnte eine Restkontamination von 41,75 % gemessen werden.

Das Besprühen sowohl der beschädigten TEGOTOP® 210 Beschichtung, als auch der

unbeschichteten Glasoberflächen mit der KT 2_1 Dispersion führte zu einer erhöhten

Restkontamination von 49,62 % und 35,76 % nach Beneblung. Durch das Auftragen der

Dispersion kam es zur Maskierung der unbeschädigten Oberflächenbereiche, die

dadurch ihre selbstreinigende Funktion verloren. Durch die Auftragungsart des

Unbeschichtet TEGOTOP 210 TEGOTOP 210 TEGOTOP 210 KT 2_1 (ohne Fehlstellen) (mit Fehlstellen) (mit Fehlstellen) (ohne Fehlstellen) + KT 2_1

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Aufsprühens konnte eine gleichmäßige Verteilung der hydrophoben Reparaturbausteine

der Dispersion auf der Oberfläche nicht ermöglicht werden. Daher konnte die Dispersion

ihre Funktion nicht erfüllen.

Es wurden ebenfalls Kontaminationsversuche mit dem Reparaturdispersionsprototypen

KT 2_3 auf mit TEGOTOP® 210 beschichteten Glasoberflächen durchgeführt. Auch hier

wurde eine Verschlechterung der Selbstreinigungsfähigkeit der TEGOTOP® 210-

Oberflächen nach Behandlung der Oberflächen mit der Test-Dispersion (Abbildung 50)

beobachtet.

Die mit TEGOTOP® 210 behandelte Glasoberfläche wies mit durchschnittlich 1 % die

geringste Restkontamination an Partikeln nach Benebelung auf. Auch auf der

unbehandelten hydrophilen Glasoberfläche war eine Restkontamination von im Mittel

nur 25 % zu messen. Nachdem Fehlstellen in die TEGOTOP® 210 beschichteten

Glasoberflächen eingebracht worden sind, zeigte sich eine Beeinträchtigung der

Selbstreinigungsfähigkeit der Oberflächen. Nach Beneblung war durchschnittlich

58,11 % Restkontamination zu messen.

Nach Aufsprühen des Reparaturdispersions-Prototypen sowohl auf die unbehandelte

Glasoberflächen, als auch auf die TEGOTOP® 210-Oberfächen war mit jeweils

durchschnittlich 58,31 % und 69,3 % eine höhere Restkontamination zu messen, als auf

den TEGOTOP® 210-Oberfächen mit eingebrachten Fehlstellen. Auch in diesem Fall

kam es zur Maskierung der unbeschädigten Oberflächenbereiche durch das Auftragen

der Dispersion. Außerdem konnte durch die Auftragungsart des Aufsprühens noch

keine gleichmäßige Verteilung der hydrophoben Reparaturbausteine auf der Oberfläche

gewährleistet werden.

1.8.3 Zusammenfassung der Ergebnisse (1.4 -1.8)

Die Entwicklung einer Regenerationsdispersion erwies sich als sehr komplex und

bestand daher aus verschiedenen Teilschritten. Zunächst galt es, aus der großen

Auswahl unterschiedlicher Tenside, eine geeignete Trägerdispersion herauszustellen.

Dazu wurden Tenside unterschiedlicher Klassen auf superhydrophoben und

hydrophilen Oberflächen untersucht und charakterisiert.

Die Versuche zeigten die Eignung von kationischen Tensiden als Trägerdispersion. Die

ausgewählten Tenside zeichneten sich einerseits durch ihre Fähigkeit, die

Testoberflächen zu hydrophobieren und andererseits durch ihr selektives

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Benetzungsverhalten aus. Dabei konnte die Trägedispersion KT 2 als besonders

geeignet herausgestellt werden.

Durch Zugabe hydrophober Partikeln in diese Trägerdispersion konnte die Hydrophobie

in den Fehlstellen der verwendeten Testoberflächen weiter erhöht werden. Kontakt- und

Abrollwinkel konnten entscheidend verbessert werden. Jedoch erwies sich die

gleichmäßige Verteilung dieser Partikel auf den zu behandelten Oberflächen als sehr

schwierig. So muss schon in der Dispersion die Bildung von Agglomerationen der

Partikel dauerhaft verhindert werden. Die Zugabe von Tensiden könnte jedoch diese

Zusammenlagerung durch die Neutralisierung der zwischen den Partikeln auftretenden

Anziehungskräfte verhindern.

Auch die Applikation der Regenerationsdispersion ist für eine gleichmäßige Verteilung

der Partikel auf den Oberflächen entscheidend. So gelang durch das Eintauchen der

Testoberflächen in die Regenerationsdispersion die Bildung einer gleichmäßigen

Dispersionschicht auf der Oberfläche. Jedoch werden hierfür große Mengen an

Dispersion benötigt. Auch lassen sich nur kleine Flächen behandeln.

Das Aufsprühen stellt die kostengünstigste und für den Endverbraucher einfachste

Methode zur Auftragung der Regenerationsdispersion auf große Oberflächenbereiche

dar. Jedoch kann es aufgrund der Zusammenlagerung von Partikeln im Sprühkopf zu

Störungen während der Auftragung kommen.

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2 Wichtigste Positionen des zahlenmäßigen Nachweises Position 812 Wissenschaftler BAT IIa – I

Gehaltskosten

- Projektkoordination

- Planung und Durchführung von Untersuchungen

- Doktorandenstelle Henning Immink

Position 822 Beschäftigungsentgelte

Lohnkosten

- Durchführung von Laborversuchen (Hilfskräfte)

Position 835 Vergabe von Aufträgen

- Doktorandenstelle Frau Silke Dallmann (Universität Dortmund)

- Auftrag an die CAM-D Technologies GmbH

Position 843 Allgemeine Verwaltungsausgaben

Allgemeine Ausgaben im Rahmen des Projektes

Position 846 Reisekosten

Dienstreisen des involvierten Personals zu Projekttreffen, den Kooperationspartnern

und Tagungen.

Position 850 Geräte / Ausstattungsgegenstände

- Weißlichtprofilometer MicroProf® (Fries Research & Technology GmbH,

Bergisch-Gladbach)

3 Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeiten Insgesamt sind die Arbeiten als Forschungsarbeiten zu bewerten. Es handelte sich

nicht um Routinearbeiten, sondern waren für die Antragsteller wie auch die

Kooperationspartner, eine erhebliche Herausforderung mit deutlichem

Forschungscharakter. Wie in Punkt 1.1 dargestellt liefern die im Vorhaben erzielten

Ergebnisse wichtige, neue Erkenntnisse zur Entwicklung neuartiger

Regenerationssuspensionen für superhydrophobe, selbstreinigende Oberflächen.

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Insofern waren die Arbeiten zur Entwicklung neuer Produkte notwendig und im

Rahmen des Verbundprojektes auch angemessen.

4 Voraussichtlicher Nutzen im Sinne des fortgeschriebenen

Verwertungsplans Die Projekt Ergebnisse haben gezeigt, dass selbstreinigenden Oberflächen mittels

Reinigungssuspensionen demaskiert werden können ohne dabei ihre Funktionalität zu

zerstören und diese Reinigungstenside für mikro- und nanostrukturierte Oberflächen

mit den im Projekt verwendeten theoretischen Methoden entwickelt und optimiert

werden können.

Zudem konnte gezeigt werden, dass eine gezielte Regeneration beschädigter

Oberflächen möglich ist.

Basierend auf diesen Erkenntnissen und den im Projekt gesammelten Erfahrungen

können neue Methoden für konkrete industrielle Entwicklungsarbeiten ableitet werden.

Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, können davon profitieren. Dazu sollen

die Ergebnisse speziell der Anwendungsindustrie eröffnet und eine mögliche Nutzung

diskutiert werden. Die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten für Reinigungs- und

Regenerationssuspensionen sind dabei als grundsätzlich positiv zu bewerten, da

fortwährend an der Markteinführung von Produkten mit superhydrophoben,

selbstreinigenden Oberflächen gearbeitet wird. Die wissenschaftlichen Ergebnisse des

Vorhabens werden durch Veröffentlichung der Arbeiten der Öffentlichkeit zugänglich

gemacht. Dies betrifft die Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen

Oberflächenstrukturen und deren Dimensionen einerseits und dem

Spreitungsverhalten oberflächenaktiver Substanzen mit unterschiedlichen

Moleküllängen auf diesen Oberflächen andererseits. Durch die Veröffentlichung der

Arbeiten werden die Ergebnisse automatisch in Fachdatenbanken aufgenommen und

andere Forschungseinrichtungen erhalten hierdurch zugriff auf die Daten.

5 Fortschritt auf dem Gebiet des Vorhabens seitens Dritter Es sind keine Arbeiten die Fragestellungen zur Demaskierung mikro- und

nanostrukturierter superhydrophober Oberflächen beinhalten während der

Projektlaufzeit bekannt geworden. Ebenso wurden keine Arbeiten zur Regeneration

beschädigter superhydrophober Oberflächen veröffentlich.

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6 Erfolgte oder geplante Veröffentlichungen der Ergebnisse Die Ergebnisse werden im Rahmen der Doktorarbeiten von Frau Dallmann und Herrn

Immink veröffentlicht. Zusätzlich ist eine weitere Veröffentlichung der Ergebnisse auf

der European Detergence Conference und Messe SEPAWA im Oktober 2009 in

Würzburg angesetzt.


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