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Dezember 2014

BrüsselerWirtschaftsgespräch

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer stelltedas Thema »Herausforderungen europäi-scher Politik aus der Perspektive derWirtschaft« in den Mittelpunkt seinerRede beim Brüsseler Wirtschaftsge-spräch am 3. Dezember 2014.

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Europäische Kommission

Investitionspaket derJuncker-Kommission

Kommissionspräsident Jean-Claude Jun-cker hat am 26. November 2014 sein In-vestitionspaket für die EU vorgestellt.

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Rat

Wettbewerbsfähigkeitsratvom 4. – 5. Dezember 2014

Die Wirtschaftsminister der EU-Mitglied-staaten diskutieren insbesondere Maß-nahmen für bessere Rechtsetzung in Eu-ropa.

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Handelspolitik

WTO: Handelserleichterun­gen kommen

Der Weg für weltweit vereinfachte Zollab-wicklungen ist frei. Auch alle anderen Be-schlüsse der letzten Ministerkonferenzder WTO sollen zügig umgesetzt werden.

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Handelspolitik

TTIP: Appell von BDI, BDA,DIHK und ZDH

Die vier Präsidenten von BDI, BDA, DIHKund ZDH haben sich in einer gemeinsa-men Erklärung für TTIP ausgesprochen.

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Weitere Themen

Beratungen der Aktionärsrechterichtlinie in Rat und EP>> Seite 6Beratungen der Aktionärsrechterichtlinie in Rat und EP>> Seite 6

Positionierung der BDA zur europäischen Sozialpolitik>> Seite 7Positionierung der BDA zur europäischen Sozialpolitik>> Seite 7

EU-Haushalt 2015: Einigung von Rat und EP>> Seite 7EU-Haushalt 2015: Einigung von Rat und EP>> Seite 7

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BDA-Präsident Ingo Kramer beim Brüsseler WirtschaftsgesprächBDA-Präsident Ingo Kramer beim Brüsseler Wirtschaftsgespräch

Ingo Kramer, Präsident der Bundesvereinigung der DeutschenArbeitgeberverbände (BDA), stellte das Thema »Herausforde-rungen europäischer Politik aus der Perspektive der Wirtschaft«in den Mittelpunkt seiner Rede beim »Brüsseler Wirtschaftsge-spräch« am 3. Dezember 2014. »Für die neue EuropäischeKommission gilt es jetzt, ihre Handlungsfähigkeit zügig und mitden richtigen Prioritäten unter Beweis zu stellen«, so lauteteseine Kernbotschaft.

Niedriges Wachstum, hohe Arbeitslosigkeit, alarmierende Ju-gendarbeitslosigkeit, zu viel innovations- und kreativitätsbrem-sende Bürokratie – die neue EU-Kommission stehe vor der Her-kulesaufgabe, jeden Mitgliedstaat und die EU insgesamt wiederglobal wettbewerbsfähig zu machen. Das Investitionspaket vonKommissionpräsident Juncker für eine wachstumsorientierteNutzung des EU-Haushalts sei ein wichtiges flankierendesSignal.

Jeder Mitgliedstaat stehe nun in der Pflicht, die richtigen Rah-menbedingungen für mehr Investition zu schaffen und die län-derspezifischen Empfehlungen in Hinblick auf Strukturreformenumzusetzen. Auch wenn solche Restrukturierungsprozesse Zeiterforderten und Kosten verursachten, stelle sich irgendwannder Erfolg ein. Kramer erinnerte an die positiven Entwicklungenin den Reformländern sowie die eigenen Erfahrungen inDeutschland. »Wir waren zum Jahrtausendwechsel der krankeMann Europas. Mit politischem Mut entschieden wir uns füreinen schmerzhaften und anfangs mit einer nochmals steigen-den Arbeitslosigkeit verbundenen, steinigen, aber letztlich er-folgreichen Weg aus der festgefahrenen Arbeitsmarktfalle.«

Die Kommission müsse sich jetzt auf die großen Themenkonzentrieren.

- Digitaler Binnenmarkt: Eine erstklassige Breitbandinfrastruktur sei für Wirtschaft und Gesellschaft nötig. Zudem müsse eine Größe für europäische Unternehmen zugelassen werden, die es ihnen ermögliche auf globaler Ebene mitzumischen.

- Europäischer Energiebinnenmarkt: Durch ein vernetztes inter- nationales Energiesystem müssen Diversifizierung, Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz erzielt werden.

- Erfolgreicher Abschluss von TTIP: Die gegenseitige Öffnung der beiden größten Wirtschaftsräume der Welt – Nordamerika und Europa – sei die Riesen-Chance für Europa, nach mehr Wachstum, mehr Beschäftigung, neuen Absatzchancen und damit Zukunftsperspektiven für Unternehmen und Arbeit- nehmer zu streben.

Die soziale Dimension der EU bezeichnete Arbeitgeberpräsi-dent Kramer als sehr weit vorangeschritten. Hier sei es wichtig,dass die Kommission von Jean-Claude Juncker sich auf diekorrekte und gleichmäßige nationale Umsetzung der vorhande-nen Gesetzgebung konzentriere anstatt neue, belastende Re-gulierung voranzutreiben. »Eine gute Sozialpolitik stärkt einenStandort. Aber nur dann, wenn sich soziale Ansprüche nichtvon der dazu notwendigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeitzu lösen versuchen.«

Darüber hinaus müsse die neue EU-Kommission das Subsidia-ritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip konsequent einhalten.Kramer sieht darin den Schlüssel, um die Akzeptanzkrise derEU in weiten Teilen der Bevölkerung zu überwinden. So müss-ten Richtlinienvorschläge vom Tisch genommen werden, dieseit Jahren im Rat ergebnislos diskutiert würden und blockiertseien.

Das prominenteste Beispiel dieser falsch angelegten Richtlini-envorschläge sei die Überarbeitung der bestehenden Mutter-schutzrichtlinie. Da es in Europa bereits 28 unterschiedlicheSysteme gäbe, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ent-sprechend den nationalen Gegebenheiten regeln, werde in kei-nem Mitgliedstaat ein zusätzliches europäisches Korsett, dasnicht passt, benötigt.

Auch die Revision der Pensionsfondsrichtlinie müsse so ausge-staltet werden, dass die betriebliche Altersvorsorge als größtefreiwillige Sozialleistung der Arbeitgeber nicht durch teure undbürokratische Zusatzbelastungen geschwächt werde.

Zuversichtlich für eine gemeinsame europäische Zukunft zeigtesich der Arbeitgeberpräsident zum Schluss seiner Rede. Mit derraschen Vorlage des angekündigten Investitionspakets habe dieneue EU-Kommission Handlungsfähigkeit bewiesen. Ähnlichmüsse sie nun bei den größten wachstumsrelevanten The-men – Digitalem Binnenmarkt, Energieunion, TTIP –vorankommen.

Ansprechpartnerin:Séverine Féraud (BDA), [email protected]

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Investitionspaket der Juncker-Kommission: Schwerpunkt liegt auf privatenInvestitionen Investitionspaket der Juncker-Kommission: Schwerpunkt liegt auf privatenInvestitionen

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am26. November 2014 sein Investitionspaket für die EU vorge-stellt, wonach in den kommenden drei Jahren mindestens 315Milliarden Euro an zusätzlichem öffentlichen und privaten Kapi-tal in Infrastruktur, Bildung und Forschung investiert werden sol-len. Mit dem Investitionsplan will Juncker die seit mehreren Jah-ren andauernde Stagnation bei den privaten und öffentlichen In-vestitionen in vielen europäischen Ländern durchbrechen, umnachhaltige negative Effekte auf die Wettbewerbsfähigkeit derEU zu vermeiden.

Mit dem Paket soll ein Europäischer Fonds für Strategische In-vestitionen (EFSI) in Höhe von 21 Milliarden Euro eingerichtetwerden. Davon sollen 16 Milliarden als Garantie aus bereitsvorhandenen EU-Haushaltsmitteln kommen, die restlichen fünfMilliarden steuert die Europäische Investitionsbank (EIB) bei.Die Mitgliedstaaten können sich direkt oder über ihre jeweiligenFörderbanken freiwillig am Fonds beteiligen. In diesem Fall sol-len die nationalen Beiträge bei Bewertung der Staatsfinanzenim Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts positivberücksichtigt werden. Der EFSI soll bis Mitte 2015 einsatzbe-reit sein. Zunächst muss der Europäische Rat vom18. – 19. Dezember 2014 dem Investitionsplan zustimmen.

Damit die 315 Milliarden Euro erreicht werden, soll der 21 Milli-arden Euro schwere Fonds mittels Hebelwirkung 15-mal so vielPrivatkapital in den nächsten drei Jahren (2015 – 2017) für In-vestitionen mobilisieren. Dafür soll der EFSI Bürgschaften über-nehmen, einen Teil des Verlustrisikos bei Investitionsprojektenabsichern können oder Kredite vergeben. Eine Task Force ausEIB, Kommission und Mitgliedstaaten wird dem EuropäischenRat im Dezember einen Bericht vorlegen, in dem mögliche In-vestitionsprojekte genannt sind. Die Auswahl der Investitions-projekte soll durch einen noch zu bildenden Investitionsaus-schuss erfolgen.

Mit der Stärkung privater Investitionen in der EU setzt die neueEU-Kommission einen wichtigen Schwerpunkt für die laufendeLegislaturperiode. Positiv zu bewerten ist, dass die Investitionenohne weitere Verschuldung angeschoben werden sollen. UmWachstum und Beschäftigung zu erreichen, müssen jedoch vorallem die Rahmenbedingungen in den EU-Mitgliedstaaten ver-bessert werden, u. a. durch wettbewerbsfähige Energiekosten,flexible Arbeitsmärkte und investitionsfreundliche Steuersyste-me. Daher dürfen die Mitgliedstaaten in ihrer Bereitschaft, dienotwendigen Strukturreformen durchzuführen, nicht nachlas-sen. Ferner werden Qualität und Auswahl der Investitionspro-jekte für den Erfolg des Investitionspakets entscheidend sein.Schließlich ist es wichtig, dass öffentliche Investitionen unab-hängig vom neuen Investitionsfonds auf nationaler Ebene haus-haltsneutral angeschoben werden. Die Arbeiten zur Stärkungder Investitionstätigkeit in Europa haben erst begonnen.

Ansprechpartner:Elisaveta Gomann (BDA), [email protected] Ritz (BDI), [email protected]

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Wettbewerbsfähigkeitsrat vom 4. – 5. Dezember 2014Wettbewerbsfähigkeitsrat vom 4. – 5. Dezember 2014

Beim Wettbewerbsfähigkeitsrat vom 4. – 5. Dezember 2014 dis-kutierten die Wirtschaftsminister der EU-Mitgliedstaaten insbe-sondere Maßnahmen für bessere Rechtsetzung in Europa.

Positiv sind insbesondere die Ratsbeschlüsse zu Folgenab-schätzungen bei neuen Vorschlägen der EU-Kommission zubewerten. In der Vergangenheit hatte die Barroso-Kommissionwiederholt Initiativen verabschiedet, ohne deren Auswirkungenauf die Wettbewerbsfähigkeit konsequent zu prüfen. Die neueJuncker-Kommission hat den Bürokratieabbau in Europa zueinem Kernelement ihrer politischen Agenda für Wachstum undJobs erklärt.

Der Wettbewerbsfähigkeitsrat fordert die Kommission zu Rechtauf, einen jährlichen Bericht vorzulegen, der einen Überblicküber die Auswirkungen der Kommissionsvorschläge aus demVorjahr gibt. Der Bericht soll eine Liste über Folgenabschätzun-gen enthalten, bei denen die Auswirkungen auf die Wettbe-werbsfähigkeit in Europa analysiert wurden (sog. Wettbewerbs-fähigkeitscheck). Zudem spricht sich der Rat dafür aus, dassdie Kommission künftig frühzeitig Stakeholder und externe Ex-perten bei Folgenabschätzungen einbezieht.

Die Juncker-Kommission sollte die Ratsbeschlüsse für mehrTransparenz bei Folgenabschätzungen konsequent aufgreifen.Ein jährlicher Kommissionsbericht zur Umsetzung von Folgen-abschätzungen und insbesondere des Wettbewerbsfähigkeit-schecks wäre eine wichtige Vorlage für ein wirkliches Monito-ring und Kontrolle durch den Wettbewerbsfähigkeitsrat. Die lau-fenden Arbeiten der Kommission zur Überarbeitung der Interin-stitutionellen Vereinbarung »Bessere Rechtsetzung« sind derrichtige Rahmen, um den Aufforderungen des Rates Rechnungzu tragen.

Ansprechpartner:Joscha Ritz (BDI), [email protected]

WTO: Handelserleichterungen kommen WTO: Handelserleichterungen kommen

Der Weg für weltweit vereinfachte Zollabwicklungen ist frei.Außerdem sollen auch alle anderen Beschlüsse der letzten Mi-nisterkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) zügig um-gesetzt werden. Ein zentrales Element davon ist die Ausgestal-tung eines Arbeitsplans zum Abschluss der Doha-Verhandlun-gen.

Bei der Sitzung des Allgemeinen Rates am 27. November 2014in Genf nahmen die 160 Mitglieder der WTO das Protokoll desAbkommens für erleichterte Zollverfahren (Trade FacilitationAgreement, TFA) an. Damit wurde der Appell des BDI zur Be-endigung des monatelangen Stillstandes erhört. Eine Frist fürdie Ratifizierung des TFA durch die Mitglieder wurde hingegenfallen gelassen. Das TFA tritt in Kraft, sobald zwei Drittel derWTO-Mitglieder das Abkommen ratifiziert haben – allerdingsnur für die Mitglieder, die den Ratifizierungsprozess bereits ab-geschlossen haben.

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Die Einigung über das TFA ist aus drei Gründen bemerkens-wert. Erstens können einzelne Länder ihre Handelskostendurch die Umsetzung erheblich senken, die OECD geht von biszu 15 Prozent aus. Zweitens ist dies der erste multilaterale Dealder WTO seit rund 20 Jahren. Drittens stellt die Umsetzung desTFA die erste Abweichung vom strickten Verhandlungsprinzipdes sogenannten »Single Undertaking« dar, das bei den WTO-Verhandlung der Doha-Agenda bis zu einem Beschluss im Jahr2011 galt. Nach dem Prinzip gilt nichts als vereinbart bis Kon-sens über alle Verhandlungsbereiche besteht.

Bis Juli 2015 wollen die WTO-Mitglieder einen Arbeitsplan er-stellen, auf dessen Grundlage die noch ungelösten Themen derDoha-Agenda verhandelt werden sollen. Die neue EU-Handels-kommissarin Cecilia Malmström hat angekündigt, sich für einenmöglichst raschen Abschluss der Doha-Runde einzusetzen.Eine zügige Einigung ist voraussichtlich nur mit reduzierten For-

derungen an Entwicklungs- und Schwellenländer im BereichMarktzugang möglich, würde aber neue Liberalisierungsinitiati-ven im Rahmen der WTO ermöglichen.

Ansprechpartner:Eckart von Unger (BDI), [email protected]

Transatlantisches Handelsabkommen TTIP: Gemeinsamer Appell von BDI, BDA, DIHKund ZDHTransatlantisches Handelsabkommen TTIP: Gemeinsamer Appell von BDI, BDA, DIHKund ZDH

Die vier Präsidenten Ulrich Grillo (BDI), Ingo Kramer (BDA), Dr.Eric Schweitzer (DIHK) und Hans-Peter Wollseifer (ZDH) habensich in einer gemeinsamen Erklärung ausdrücklich für ein ehr-geiziges und faires Handels- und Investitionsabkommen (TTIP)zwischen der Europäischen Union und den USA ausgespro-chen. TTIP sei eine Chance für Beschäftigte und Unternehmen:»Der Abbau von Handels- und Investitionsbarrieren im transat-lantischen Markt sichert und schafft Arbeitsplätze in unserenUnternehmen. Von TTIP profitieren daher Betriebe und Be-schäftigte in Deutschland und Europa. Eine derartige Gelegen-heit müssen wir nutzen,« heißt es in der Erklärung.

TTIP habe zudem eine strategische und geopolitische Bedeu-tung: »TTIP bietet der EU und den USA die Chance, die Globa-lisierung mit fairen und nachhaltigen Spielregeln politisch zu ge-stalten.« Dazu gehöre auch ein modernes Investitionsschutzab-kommen, das Defizite in bestehenden Investitionsschutzverträ-gen und bei Schiedsgerichtsverfahren beseitigt und damit alsMesslatte für andere Abkommen diene.

Die Präsidenten betonen, dass TTIP nicht zu einer Absenkungvon Standards, etwa im Bereich der Sozialpolitik, der Produktsi-cherheit, des Verbraucher- oder des Gesundheitsschutzes,führen dürfe. Vielmehr ließen sich durch einen umfassendenAbbau von Zöllen und den Verzicht doppelter Produktzulassun-gen und Testverfahren erhebliche Kosten zum Vorteil von Wirt-schaft und Verbrauchern einsparen – ohne hierdurch beste-hende Schutzniveaus zu gefährden. Bei den Verhandlungenseien die Interessen des industriellen Mittelstands besonders zuberücksichtigen, da dieser aufgrund begrenzter Ressourcenüberproportional unter Handelshemmnissen und bürokratischenVorschriften leide. Zentral für ein erfolgreiches Abkommen seizudem eine aktive Informations- und Aufklärungsarbeit der EU-Kommission und der Bundesregierung.

Die Erklärung finden Sie hier.

Ansprechpartner:Dr. Oliver Perschau (BDA), [email protected] Wendenburg (BDI), [email protected]

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Beratungen der Aktionärsrechterichtlinie in Rat und Parlament Beratungen der Aktionärsrechterichtlinie in Rat und Parlament

Die Beratungen zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderungder Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung derlangfristigen Einbeziehung der Aktionäre (COM(2014)213 final)im Rat schreiten zügig voran. Auch im Europäischen Parlamentpositionieren sich die Ausschüsse.

Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Änderungen imRahmen der Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie habennicht nur in der deutschen Wirtschaft sondern auch in der deut-schen Wissenschaft und Literatur teilweise heftige Kritik erfah-ren. Dem Richtlinienvorhaben wird unter anderem vorgeworfen,sich zu stark am britischen System zu orientieren und die Be-sonderheiten des dualistischen Systems, bestehend aus Auf-sichtsrat und Vorstand, außer Acht zu lassen.

Auch vor diesem Hintergrund hat sich im Rat eine Reihe vonMitgliedstaaten zusammengeschlossen, die erhebliche Beden-ken zum Aspekt der Transaktionen mit nahestehenden Perso-nen und Unternehmen (»related party transactions«) teilt.Diesen Bedenken versucht die amtierende italienische Ratsprä-sidentschaft mit Verbesserungsvorschlägen entgegenzukom-men, die im Bereich der »related party transactions« den Unter-nehmen mehr Flexibilität gewähren sollen und den Mitgliedstaa-ten die Möglichkeit einräumt, auch Gesellschaftsorgane wie denAufsichtsrat über entsprechende Transaktionen entscheiden zu

lassen. Trotz dieser positiven Entwicklung bedarf es im Ratnoch weiterer Veränderungen, insbesondere in den Bereichender Vergütungspolitik und des Vergütungsberichts sowie beiden Regelungen zu Stimmrechtsberatern. Noch peilt die italieni-sche Ratspräsidentschaft eine erste allgemeine Ausrichtung biszum Ende des Jahres an. Derzeit ist aber offen, ob das noch er-reichbar sein wird.

Auch im Europäischen Parlament haben die Beratungen zudem Vorschlag begonnen. Der federführende Rechtsausschuss(JURI) unter dem Berichterstatter Sergio Gaetano Cofferati(S&D/Italien) hat dazu am 2. Dezember 2014 eine Anhörungdurchgeführt und möchte im März 2015 seinen Bericht verab-schieden. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON)plant schon im Februar 2015 eine Abstimmung des ECON überseine Stellungnahme.

Es ist zu erwarten, dass die Vorschläge im Europäischen Parla-ment erheblich über den Kommissionsvorschlag hinausgehen.BDI und BDA setzen sich in den Beratungen in Rat und Eu-ropäischen Parlament im Sinne der gemeinsamen Stellung-nahme von BDA, BDI und DIHK weiterhin dafür ein, dass dereuropäische Ansatz die deutsche Unternehmenspraxis nicht mitweiteren Risiken und Unsicherheiten überzieht.

Ansprechpartner:Carolina Müller (BDI), [email protected] Stefan Sträßer (BDA), [email protected]

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Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.Breite Straße 29; 10178 Berlin; www.bdi.eu

Strategische Positionierung der BDA zur europäischen Sozialpolitik in der neueneuropäischen LegislaturperiodeStrategische Positionierung der BDA zur europäischen Sozialpolitik in der neueneuropäischen Legislaturperiode

Zum Amtsantritt der neuen EU-Kommission hat der Europaaus-schuss der BDA eine strategische Positionierung »Beschäfti-gung und Wohlstand in Europa durch globale Wettbewerbs-fähigkeit – Herausforderungen für die europäische Sozialpolitik«veröffentlicht.

Die Kernbotschaft ist, dass die angespannte soziale Lage in derEU nicht auf zu wenig Sozialpolitik zurückzuführen ist, sondernauf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten infolge mangelnder glo-baler Wettbewerbsfähigkeit. Ursache für die hohe Arbeitslosig-keit und sozialen Probleme ist die mangelnde Attraktivität desStandorts Europa für private Investoren. Diese muss durch einekonsequent auf globale Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtete Re-formpolitik verbessert werden, mit der auch strukturelle Pro-bleme in den Arbeitsmarkt- und Sozialsystemen gelöst werden.

Damit wird die Grundlage für einen nachhaltigen Aufbau vonBeschäftigung in Europa geschaffen und die soziale Dimensionder EU gestärkt.

Weiterführende Informationen zur strategischen Positionierungder BDA finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Euro-Infos hier. Das Papier finden Sie hier.

Ansprechpartner:Martin Kumstel (BDA), [email protected]

EU-Haushalt 2015: Einigung von Rat und EP in letzter MinuteEU-Haushalt 2015: Einigung von Rat und EP in letzter Minute

Nach monatelangem Tauziehen haben Rat und EuropäischesParlament (EP) sich am 8. Dezember 2014 auf einen Kompro-miss zum EU-Haushalt 2015 und zum Nachtragshaushalt 2014verständigt. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mit-gliedstaaten hat daraufhin dem Kompromissvorschlag zuge-stimmt. Grundlage für die Einigung war ein neuer Budgetent-wurf, den die EU-Kommission in Folge der zunächst gescheiter-ten Vermittlungsphase zwischen Rat und EP am 28. November2014 vorgelegt hatte.

Bei dem nun gefundenen Kompromiss ist das EP von seinendeutlich höheren Forderungen bezüglich des Anstiegs des EU-Haushalts im nächsten Jahr abgerückt und auf die Mitglied-staaten zugegangen. Im Vergleich zum EU-Haushalt 2014 stei-gen die Mittel für Zahlungen damit um 4,2 Prozent auf 141,2Milliarden Euro und die Mittel für Verpflichtungen um 1,9 Pro-zent auf 145,3 Milliarden Euro an.

Auch beim zweiten wichtigen Konfliktpunkt, dem Nachtrags-haushalt für 2014, wurde eine Einigung erzielt. Rat und EPsehen 3,5 Milliarden Euro für die Begleichung unbezahlterRechnungen vor, die überwiegend aus dem Spielraum für un-vorhergesehene Ausgaben kommen sollen. Zudem ist die EU-Kommission aufgerufen, bis 2016 einen Plan zum Abbau der in

den vergangenen Jahren aufgelaufenen unbezahlten Rechnun-gen in Höhe von insgesamt 23,4 Milliarden Euro vorzulegen.

Als nächstes muss der Haushaltsausschuss des EP der Eini-gung zustimmen, dann steht noch die formale Annahme durchRat und EP an. Als Termine für die beiden Abstimmungen sindder 12. und 17. Dezember 2014 vorgesehen.

Ohne die getroffene Einigung hätte die EU im kommenden Jahrmit monatlichen Notbudgets arbeiten müssen. Durch die Be-grenzung der Ausgaben bei den Zahlungen wurde ein klares Si-gnal für eine solide Haushaltspolitik in der EU gesetzt und dieweiterhin angespannte Haushaltslage in einigen EU-Staatenberücksichtigt. Gleichzeitig wird durch den Zuwachs an Mittelnfür den Bereich »Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum undJobs« von 11,44 Milliarden auf 15,79 Milliarden Euro gegenüber2014 (+38 Prozent) der Notwendigkeit Rechnung getragen,EU-Mittel stärker an der Förderung von Wachstum und Wettbe-werbsfähigkeit auszurichten.

Ansprechpartner:Elisaveta Gomann (BDA), [email protected] Kumstel (BDA), [email protected]

Bildnachweise: BDI/Alexander Louvet (1,2),© Europäische Union 2014 - Quelle: Europäisches Parlament (1,3) URL-Link,Fotolia/fotografiche (1,4), Fotolia/Eisenhans (1,4),Fotolia/jamdesign (1,5), Photocase/sushi100 (6)

Redaktion: Leonie Dack, Joscha Ritz (V.i.S.d.P.)