Byzanz – Konstantinopel – Istanbul
Mit Fotografien von Mehmet Güngör
vonRüstem Aslan, Stephan W. E. Blum, Frank Schweizer
1. Auflage
Byzanz – Konstantinopel – Istanbul – Aslan / Blum / Schweizer
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
Thematische Gliederung:
Geschichte der Architektur, Baugeschichte
Verlag Philipp von Zabern 2010
Verlag C.H. Beck im Internet:www.beck.de
ISBN 978 3 8053 4192 9
Inhaltsverzeichnis: Byzanz – Konstantinopel – Istanbul – Aslan / Blum / Schweizer
Hippodrom
Yedikule
Cerrah Paşa-MoscheeImrahor-Moschee
Valens-Aquädukt
Tekfur-PalastFethiye-Moschee
Eyüp-Moschee Gül-Moschee
Chora-Kirche
Theodosianische Landmauer
Beyazıt-Moschee
Sultan Selim I.-Moschee
Sultan Süleyman-Moschee
Fâtih-Moschee
Zal MahmutPaşa-Moschee
Murad Paşa-Moschee
Konstantinssäule
Markiansäule
ÄgyptischerObelisk
GemauerterObelisk
Schlangen-säule
Deutscher Brunnen
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Magnaura Yerebatan Sarayı
Kalenderhane-Moschee Galataturm
Großer Bazar
Anadolu Hisarı
Göksu-Palast
Rumeli Hisarı
Haydarpaşa-Bahnhof
Çirağan-Palast
Hagia Sophia
Kız Kulesi
Sultan Ahmed-Moschee
Dolmabahçe-Palast
Şehzade-Moschee
Rüstem Paşa-Moschee TophaneTünel
Hagia Eirene
Ägyptischer Bazar
Topkapı-Palast
Sultan Ahmed III.-Brunnen
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Karacaahmet-Friedhof
Atik Valide Camii
Schlangen-säule
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Wer heute in einem der zahlreichen Luxushotels von Istan-
bul weilt, wird sich kaum mehr die Frage stellen, woher das
Wasser beim Duschen kommt. Die hydrogeologischen Be-
dingungen machten schon in der Antike den Bau von tech-
nisch aufwendigen Fernwasserleitungen nötig. Ein im Stadt-
bild auffallender Beleg hierfür ist ein imposantes Monument,
Valens-AquäduktWasser in zwei Stockwerken
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das zwischen dem dritten und vierten Stadthügel auf derLänge von einem Kilometer das Tal überspannt – der Valens-Aquädukt. Diesen bis zu 29 m hohen Aquädukt aus grob be-hauenen Quadern ließ Kaiser Valens in den Jahren von 368bis 373 errichten. Im Türkischen wird er als »Bogen des grau-en Falkens« (Bozdoğan Kemeri) bezeichnet. Er bildete einstdie Verlängerung einer streckenweise unterirdischen, mehre-re Kilometer langen Wasserleitung. Das Wasser, mit dem die
Stadt versorgt wurde und das als das beste galt, stammte vonden Höhen auf der Wasserscheide zwischen dem Marmara-meer und dem Goldenen Horn und wurde auf dem zum Teilzweistöckigen Aquädukt durch zwei Kanäle in eine großeBrunnenanlage am forum tauri geführt. Von dort aus, amheutigen Universitätsplatz, wurde es über weitere Leitungenverteilt. Während es unter Justinian I. wohl zu Versorgungs-engpässen gekommen war, ohne dass sich der Kaiser um dieReparatur der Aquädukte gekümmert hätte, wurde der Va-lens-Aquädukt unter Justin II. (565–578) im Jahre 576 repa-riert, nachdem er vermutlich bei einem Erdbeben beschädigtworden war. Bei der Belagerung durch die Awaren 626 wurdeein Teil des Zuleitungsnetzes zerstört und damit die Wasser-zufuhr unterbrochen. Die Bedeutung dieses Bauwerks zeigtsich darin, dass sich sowohl die nachfolgenden Kaiser alsauch später die Sultane der Instandhaltung annahmen. In os-manischer Zeit diente der Valens-Aquädukt fast nur nochdazu, den Eski-Palast und den Topkapı-Palast mit Frisch-wasser zu versorgen, während die einfachen Häuser Zister-nen besaßen, um Regenwasser zu sammeln. Im 16. Jh. erwei-terten die Sultane Beyazıt II. (1481–1512) und Süleyman I.(1495–1566) das Versorgungsnetz und ließen auch Repara-turen am Aquädukt ausführen. Durch seinen guten Erhal-tungszustand (immerhin stehen noch ca. 80 Prozent desspätantiken Bauwerks) ist der Aquädukt eines der auffälligs-ten Bauwerke im Stadtgebiet.
Der »Bogen des grauen Falken« spanntsich weit über das Tal, durch das heuteder Atatürk Boulevard führt.
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Bereits in prähistorischer Zeit entstand das Bedürfnis, sich
vor Angriffen von außen durch entsprechende bauliche Maß-
nahmen zu schützen. Im Laufe der Antike wurde diesem
Schutzbedürfnis durch Zäune, Gräben, Wälle oder Mauern
Rechnung getragen. Bis ins Mittelalter hinein fertigte man
immer ausgefeiltere, oft massive Verteidigungssysteme, wo-
von die Theodosianische Landmauer in Istanbul (türk. İstan-
bul Surları) sicherlich eine der heute noch beeindruckendsten
Anlagen ist. Unter Kaiser Theodosius II. und dem Prätoria-
ner-Präfekten Anthemius wurde der schnell wachsenden
Stadt im Westen, in etwa 1,5 Kilometern Entfernung von der
konstantinischen Mauer, eine neue Landmauer zum Schutz
gegen die »Barbaren« vorgelagert. Sie erstreckte sich über eine
TheodosianischeLandmauer
Restaurierter Abschnitt der Theodosianischen Landmauer,der später Teil der Befestigung Yedikule wurde.
Ein Bollwerk vergrößert die Stadt
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Länge von sechs Kilometern von Süden nach Norden, vom
Marmarameer bis zu der bestehenden Befestigung des Voror-
tes Blachernai und ist Teil eines dreigliedrigen Verteidigungs-
systems bestehend aus Graben, Vormauer und Hauptmauer.
Hierdurch entstand ein etwa 60 m starkes Bollwerk, das die
Stadt vor Angriffen schützte und durch ihre Anbindung an
bestehende Mauersysteme Teil einer 20 Kilometer langen Be-
festigungsanlage war. Im durch die Verlagerung der Befesti-
gung mehr als verdoppelten Stadtgebiet blieben auch über
Jahrhunderte hinweg noch zahlreiche Freiflächen bestehen.Die Theodosianische Landmauer wurde an dasbestehende Befestigungssystems angebunden.
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GalataturmWie Lilienthal über den Bosporus
Am Nordufer des Goldenen Horns, an höchster Stelle des
Hügels, etwa 35 m über dem Meeresspiegel, ragt das heimli-
che Wahrzeichen Istanbuls aus der dichten Bebauung knapp
70 m in die Höhe und scheint den gesamten Stadtteil Beyo-
ğlu zu überblicken – der Galataturm (türk. Galata Kulesi).
Während heute Besucher von dort aus die großartige Aus-
sicht über die Dächer hinweg genießen können, markierte er
einstmals das nördliche Ende des genuesischen Viertels Ga-
lata und bildete die Hauptbastion der Befestigungsanlage von
Konstantinopel. Errichtet wurde er 1348/49 und im Jahre
1646 zur Verstärkung des Mauerrings nochmals erhöht.
Bei der Einnahme der Stadt durch die Osmanen 1453
wurde der »Christus-Turm«, so sein früherer Name, in Tei-
len zerstört, aber unmittelbar im Anschluss wiederaufgebaut.Als stünde ein Leuchtturm inmitten der Stadt: Auch beiDunkelheit zieht der Galataturm viele Besucher an.
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Daraufhin wurde in den ersten Jahrhunderten der neuen
Herrschaft in seinen Räumen eine Abteilung der Janit -
scharen stationiert, einer Elitetruppe der Infanterie des Os-
manischen Reichs, zu Beginn des 16. Jhs. wurden zeitweise
Kriegsgefangene untergebracht, die in aller Regel als Galee-
rensklaven vorgesehen waren. Auch dieses Bauwerk konnte
manchem der zahlreichen Erdbeben nicht standhalten und
wurde 1509 stark beschädigt. Doch auf Initiative ortsansässi-
ger Familien wurde der Turm in den folgenden Jahren eben-
so wie die Befestigungsanlage wieder ausgebessert.
Eine friedlichere Bestimmung erfuhr der Galataturm un-
ter Selim II., als er von dem Astronomen Takiuddin restau-
riert und als astronomisches Observatorium genutzt wurde.
Im 17. Jh., während der Herrschaft von Sultan Mustafa II.,
verfolgte der Obermufti Feyzullah Efendi zusammen mit ei-
nem Jesuiten ebenfalls das Vorhaben, ein Observatorium aufWeithin sichtbar ragt der Galataturm als heimliches Wahrzeichen Istanbuls aus der dichten Bebauung heraus.
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