Demenzformen
Dr. med. Daniel Inglin, Leitender Arzt
Geriatrische Klinik St.Gallen
Begriffe
• Demenz [= Chronische Verwirrtheit]
de mens = der Geist ist wegSynonyme : Psychoorganisches Syndrom,Altersschwachsinn, Senilität etc
• Delirium [= Akute Verwirrtheit]
• Kognition / Kognitiv
den Verstand betreffend (höhere Hirnleistungen wie Gedächtnis, Orientierung, Sprache, Erkennen, Denken etc)
• CH: 110‘000 Menschen • Weltweit : 35 Millionen Menschen
Programm
• Diagnose der Demenz• Häufige Ursachen der Demenz
• Diagnose des Deliriums• Häufige Ursachen des Deliriums
Diagnosekriterien der Demenz (DSM IV)
• Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit 1. Gedächtnisstörung2. Zusätzliche eine oder mehrere der folgenden Einschränkungen : Sprachstörung (Aphasie) Handlungsstörung (Apraxie) Erkennungsstörung (Agnosie) Störung des Denkens, des Planens, des Organisierens etc
• Deutliche Verschlechterung und Beeinträchtigung sozial u/o beruflich
• Während Delirium keine Diagnose möglich
Diagnose der Demenz
Ausführliche Gespräche mit Patient und Bezugspersonen :
– Fragen bezüglich verschiedener Hirnleistungen
– Befragung betreffend Aktivitäten des täglichen Lebens
– Erfassung von Verhaltensstörungen
Diagnose der Demenz
Neuropsychologische Abklärung
– Demenzscreening - Instrumente :• Mini Mental Status (Folstein et al)
• Uhrentest (Thalmann / Monsch)
– Eigentliche neuropsychologische Abklärung :
• CERAD - Testbatterie
• Gezielte Abklärungen einzelner Funktionsbereiche
Alter 78Geschlecht mAusbildung (Jahre) 13Untersuchungsdatum: 27. Mai 03Diagnose: -
Testresultate Skalenwert Maximum z-Wert1 Verbale Flüssigkeit 18 - -0.332 Boston Naming Test 12 15 -1.573 Mini-Mental Status 25 30 -2.254 Wortliste Gedächtnis 10 30 -2.545 Wortliste Abrufen 3 10 -1.326 Wortliste - Intrusionen 4 - -1.947 Savings Wortliste (%) 75% 100% -0.348 Diskriminabilität (%) 95% 100% -0.549 Konstruktive Praxis 11 11 0.9110 Konstruktive Praxis Abrufen 11 11 1.4411 Savings Konstruktive Praxis (%) 100% 100% 0.99
CERAD4 - 13. 6. 2003
-4.00 -3.00 -2.00 -1.00 0.00 1.00 2.00 3.00 4.00
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
CE
RA
D-V
ari
ab
len
z-Werte
Bemerkungen:1) Ein Stern (*) bedeutet, dass die Skala aufgrund fehlender oder ungültiger Werte nicht berechnet w erden konnte. 2) Die z-Werte sind normiert nach Alter, Geschlecht und Ausbildungsgrad. Sie geben an, w ieviele Standardabw eichungen über oder unter der Normpopulation (N=1100) der Skalenw ert liegt.3) Falls Alter oder Ausbildung ausserhalb des Bereichs der Normstichprobe liegen, ist die Korrektheit der z-Werte nicht garantiert (Alter: 49-92, Ausbildung: 7-20 Jahre).
Diagnosekriterien der Demenz (DSM IV)
• Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit 1. Gedächtnisstörung2. Zusätzliche eine oder mehrere der folgenden Einschränkungen : Sprachstörung (Aphasie) Handlungsstörung (Apraxie) Erkennungsstörung (Agnosie) Störung des Denkens, des Planens, des Organisierens etc
• Deutliche Verschlechterung und Beeinträchtigung sozial u/o beruflich
• Während Delirium keine Diagnose möglich
Leichte kognitive Einschränkung („Mild cognitive impairment“, MCI)
• Kognitive Einschränkungen bei der Testung ausgeprägter als der Alters- oder Ausbildungsnorm entsprechend
• Alltagsaktivitäten nicht beeinträchtigt
• Häufigkeit : 14 – 18% der > 70- Jährigen
• Verlauf : Übergang in eine Demenz bei ca 60%
DELIRIUMDELIRIUM DEMENTIELLESSYNDROM
DEMENTIELLESSYNDROM
rascher Beginn
oft kurzdauernd
Symptome wechselhaft
Bewusstsein zum Teil beeinträchtigt
akute körperlicheu/o psychosoziale Faktoren
langsames Auftreten
Verschlechterung über Monate und Jahre
Symptome konstant
Bewusstsein klar
Alzheimer-Krankheit, Hirndurchblutungs-störung etc
Programm
• Diagnose der Demenz• Häufige Ursachen der Demenz
• Diagnose des Deliriums• Häufige Ursachen des Deliriums
Häufige Ursachen eines dementiellen Syndroms (I)
• Alzheimer- Krankheit [AD, > 50%]
• Vaskuläre Demenz [VaD]
• Gemischte Demenz [AD/VaD]
• Lewy Körper Demenz
• Frontotemporale Demenz
" Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde "
Originalabdruck eines Vortrages von Aloys Alzheimer
gehalten an der 37. Versammlung Südwestdeutscher
Irrenärzte in Tübingen am 3. November 1906
ALZHEIMER - KRANKHEIT
1. Vorliegen einer Demenz
2. Schleichender Beginn mit langsamer Verschlechterung
3. Ausschluss anderer Ursachen eines dementiellen Syndroms
4. Sichere Diagnose erst durch Autopsie möglich
ALZHEIMER - KRANKHEIT
1. Vorliegen einer Demenz
2. Schleichender Beginn mit langsamer Verschlechterung
3. Ausschluss anderer Ursachen eines dementiellen Syndroms
4. Sichere Diagnose erst durch Autopsie möglich
ALZHEIMER - KRANKHEIT
1. Vorliegen einer Demenz
2. Schleichender Beginn mit langsamer Verschlechterung
3. Ausschluss anderer Ursachen eines dementiellen Syndroms
4. Sichere Diagnose erst durch Autopsie möglich
Häufige Ursachen eines dementiellen Syndroms (I)
• Alzheimer- Krankheit [AD, > 50%]
• Vaskuläre Demenz [VaD]
• Gemischte Demenz [AD/VaD]
• Lewy Körper Demenz
• Frontotemporale Demenz
Vaskuläre Demenz
Klassifikation
• Kortikale vaskuläre Demenz
• Multiple Infarkte oder Einzelinfarkte an strategisch wichtiger Stelle
• Neurologische Herdsymptome
• Subkortikale vaskuläre Demenz
• Multiple Lakunen, diffuse Marklagerveränderungen
• Demenz, Urininkontinenz, Gangstörungen
Frontotemporale lobäre Degeneration
• Frontotemporale Demenz
Frühes Auftreten von Verhaltensstörungen : - Vernachlässigung der Hygiene- Distanzlosigkeit- Enthemmung- Hyperoralität- emotionale Verflachung- fehlende Einsicht
• Semantische Demenz• Progressive Aphasie
Dementia with Lewy Bodies
Konsensus-Kriterien (Mc Keith et al, 3rd report, 2005)
• Vorliegen eines dementiellen Syndroms• Mindestens 2 der folgenden Symptome :
- Fluktuierende kognitive Leistungen- Rezidivierende visuelle Halluzinationen- Parkinson-Symptome
• die Diagnose stützende Symptome :- Furchterregende Träume- Neuroleptika-Sensitivität
Weitere Ursachen eines dementiellen Syndroms (II)
• Alkohol-Demenz
• Raumfordernde Prozesse (Hirnblutung, Hirntumor)
• Hydrocephalus malresorptivus
• ZNS-Infektion
• Schilddrüsenunterfunktion
• Vitamin B12- / Folsäuremangel
• Parkinson-Demenz
• Demenzsyndrom der Depression ("Pseudodemenz")
Demenzsyndrom der Depression
• Depressive Phasen in Anamnese
• Rasche Progression
• Stimmungstief (v.a. morgens), Verlust an Interesse und Freude, Reizbarkeit, Aengstlichkeit, Schlafstörungen etc
• Frisch- und Altgedächtnis betroffen, Orientierung meist ungestört
• Keine Aphasie
• Detaillierte Klagen
• Diskrepanz zwischen subjektiven Klagen und objektivierbarer kognitiver Störung
• Kein Bemühen bei Aufgaben ("weiss nicht")
Programm
• Diagnose der Demenz• Häufige Ursachen der Demenz
• Diagnose des Deliriums• Häufige Ursachen des Deliriums
DIAGNOSE – KRITERIEN DES DELIRS(ICD 10)
• Leichte oder schwere Symptome in jedem der folgenden Bereiche :
- Störungen von Bewusstsein / Aufmerksamkeit- Globale Störung der Kognition- Psychomotorische Störungen- Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus- Fluktuierender Verlauf- Affektive Störungen- Beginn gewöhnlich akut, Gesamtdauer< 6 Monate
Confusion Assessment Method (CAM)
(Inouye SK et al, Ann Intern Med 1990; 113: 941-948)
• 1. Akuter Beginn und fluktuierender Verlauf ?
• 2. Störung der Aufmerksamkeit ?
• 3. Denkstörungen ?
• 4. Quantitative Bewusstseinsstörung ?
Punkte 1 und 2 für Diagnose obligatorischBei 3 oder 4 positiv beantworteten Fragen ist die Diagnose eines Deliriums
wahrscheinlich
Delirium - Einteilung nach psychomotorischer Aktivität
• Hyperaktives Delirium (ca 15%)psychomotorische Unruhe, erhöhte Irritabilität,Halluzinationen, Angst, ausgeprägte vegetative Zeichen
• Hypoaktives Delirium (ca 25%)scheinbare Bewegungsarmut, kaum Kontakt-aufnahme, Halluzinationen und Desorientierung erst durch Befragen deutlich, kaum vegetative Zeichen
• Gemischtes Delirium (ca 50%)
• Psychomotorisch unauffällig (ca 10%)
Programm
• Diagnose der Demenz• Häufige Ursachen der Demenz
• Diagnose des Deliriums• Häufige Ursachen des Deliriums
Häufige Ursachen des Deliriums im Alter (oft multifaktoriell)
Medikamente / Medikamentenentzug
Dehydratation
Metabolische Störungen
Infektionen
Postoperativ
Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt
Cerebrovaskuläre Erkrankungen
Seh- und Hörstörungen
Psychosoziale Faktoren
Aetiologie des Deliriums /Medikamente
• Grundsätzlich können fast alle Medikamente ein Delirium auslösen
• Häufige Auslöser (Medikamente mit anticholinerger Wirkung) :
- heterozyklische Antidepressiva- Neuroleptika- Antiparkinsonmedikamente- Antikonvulsiva- Benzodiazepine- Opiate- Antibiotika (Chinolone etc)
- H2-Rezeptoren-Blocker, Prednison, Theophyllin, Digoxin, Furosemid etc