KurzberichtIn aller Kürze
Autor/in
Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit
Bundesagentur für Arbeit
Demographischer Wandel
Betriebe müssen sich auf alternde Beleg schaften einstellenZahl der älteren Erwerbspersonen in Deutschland steigt dra ma-tisch – Betriebe könnten ihr Potenzial besser ausschöpfen, wenn sie mehr Maßnahmen für ein altersgerechtes Arbeiten anbieten
Realistische Szenarien der demographischen Entwicklung und Prognosen des Erwerbspersonenpotenzials zeigen, dass der deutsche Arbeitsmarkt in den nächsten 20 Jahren vor allem die Alterung und nicht so sehr die Schrumpfung des Arbeitsangebots bewältigen muss. Dabei wird allerdings eine deutliche Erhöhung der Beschäftigungsquote Älterer unterstellt, wie sie auch den poli-tischen Zielvorgaben entspricht. Ergebnisse aus dem IAB-Betriebspanel 2006 zeigen aber, dass über 50-Jährige bei Neueinstellungen nur schlecht vertreten sind. Schlimmer noch: Der Anteil der Betriebe, die Maßnahmen für Ältere praktizieren, nimmt ab statt zu.
Niemand kann – vor allem langfristig–dietatsächlicheBevölkerungsentwick-lungvorhersagen.Prognosenvonmög-lichenEntwicklungensindfürdieaktiveZukunftsgestaltung trotzdem unerläss-lich.Esistsinnvoll,dabeivonmittlerenAnnahmekonstellationen auszugehen,dieaufderBasisvonlangfristigenTrendserrechnetwerden.
Das Statistische Bundesamt hat Ende�006 in Zusammenarbeit mit denLandesämterneineneueBevölkerungs-vorausberechnung(Bvb)veröffentlicht.Dabeiwird–nebenanderenAnnahmen– mit zwei „mittleren“Varianten von100.000 bzw. �00.000 Wanderungsü-berschussgearbeitet(vgl. Infokasten auf Seite 5).Einigessprichtaberdafür,dass(vorallemimFalleinerlängerfristigenpositivenArbeitsmarktentwicklung)derWanderungssaldokünftigwiederhöherseinwird.InAbbildung 1(Seite 2)wirdfür beide Varianten die EntwicklungderAltersstruktur der Bevölkerung inDeutschland für �006, �0�0 und �050dargestellt.
Demographie und Erwerbspersonenpotenzial
Bis�0�0wirdwederdieBevölkerunginsgesamt noch die im Erwerbsalterwesentlichschrumpfen,sehrwohlaberdanach–undzwarbis�050,miteinerdeutlichen Beschleunigung ab �030.Abbildung 2 (Seite 2) zeigt, wie sichbis �015, �0�0 und �030 dasAnge-bot anArbeitskräften in Deutschlanddarstellt – unter zusätzlicherVerwen-dungderBasisannahmendesIABzurEntwicklung der Erwerbsquoten (vgl.Fuchs/Dörfl er 2005).
Bis�015wirddasErwerbspersonenpo-tenzialbeiderVariantemitderhöherenZuwanderungsogarnochsteigen.Auch�0�0wirdesnurum1bis�Mio.Per-sonenniedriger sein als �005.Dieun-terschiedlichen Berechnungsvariantenspielendabeibis�0�0nochkeinegroßeRolle. Erst ab �030 differenziert sichdas Ergebnis je nachVariante stärkeraus.DamitweichtdieaktuelleBevölke-rungsvorausberechnungnurgeringvon
Lutz BellmannErnst Kistler
Jürgen Wahse
Ausgabe Nr. 21 / 11.10.2007
UnterAnnahme mittlerer Vari-antenzurEntwicklungderBevöl-kerungunddesErwerbsverhaltensist mindestens bis zum Jahr �0�0dieAlterungdesErwerbspersonen-potenzials die zentrale Herausfor-derung,nichtderenSchrumpfung.
In der Bevölkerung Deutsch-lands wird nämlich die Zahl der55- bis 64-Jährigen bis �0�0 umrund 40 Prozent zunehmen; inmanchenRegionensogarumzweiDrittel.
Die politisch angestrebte Er-höhung der BeschäftigungsquoteÄlterer setztdieArbeits-undBe-schäftigungsfähigkeit dieser Per-sonengruppevoraus.
Dazu müssten aber auch mehrBetriebe einen Beitrag leisten.LautIAB-BetriebspanelbestehtandieserStelleNachholbedarf,denn:– nurknappeinFünftelallerBe-triebebetreibtMaßnahmenderbe-trieblichenGesundheitsförderung,– die betriebliche Weiterbildungist hoch selektiv bezüglich Alterund berufl ichem Status,– nurzehnProzentder imerstenHalbjahr �006 eingestellten Per-sonenwarenälterals50Jahre.
Schließlich zeigt sich, dass(spezielle) Maßnahmen für ältereBeschäftigte äußerst selten sindund ihre Verbreitung zwischen�00� und �006 sogar noch abge-nommenhat.
Demographie und Erwerbspersonenpotenzial
� IABKurzberichtNr.�1/�007
dervorherigenab(vgl.Kistler�007:�1)bzw.vonBerechnungenandererInstitute(z.B.PrognosAG�006).
Die wesentlichen SchlussfolgerungenausdiesenEntwicklungenlauten:
Durch höhere Erwerbsquoten wirdindennächstenJahrendasAngebotanArbeitskräftennochweitersteigen;diessogar dann noch, wenn die Bevölke-rungszahlleichtzurückgeht.EtwasÄhn-lichesbeobachtenwirauchamaktuellenRand:Obwohldie(Zu-)Wanderungsef-fektemomentanextremgeringunddiedemographischenEffektenegativsind,sinktdasErwerbspersonenpotenzialnurmarginal(vgl.Bachu.a.�007:7).
DieZahlderälterenErwerbspersonenwirdinjedemFallestarkzunehmen:Die„Babyboomer“werdenbaldzu„Älteren“amArbeitsmarkt.Die1964Geborenen– das ist der stärkste Jahrgang – sindjetzt43Jahrealt,aberauchdieJahrgän-geabetwa1957sindschonsehrstarkbesetzt.
DieserdemographischeEffektwirdnochverstärkt durch den geplantenAnstiegdesRenteneintrittsalters:Älterewerdendann länger im Erwerbsleben bleiben.Zudemwirddie„Rentemit67“voraus-sichtlich auch zu einem weiterenAn-stiegderErwerbsquoteÄlterer führen.Dadurch könnte es bis zum Jahr �030zusätzlich1,�bisüber3MillionenältereErwerbspersonenaufdemArbeitsmarktgeben(vgl.Fuchs,J.�006).
Die Erwerbsquote der Älteren wirdaberauchausanderenGründensteigen:DurchdiegeplanteundzumTeilschonrealisierteAbschaffung der Vorruhe-standsinstrumente, die Beschränkungvon Möglichkeiten des vorgezogenenRentenzugangsunddiekünftiggeringerausfallendenRentenentstehteinenormerArbeitsangebotsdruck.Diedurchschnitt-licheHöhederneuenVersichertenrentenistbereitsinFolgederRentenreformendes letzten Jahrzehnts zwischen 1996und �005 um rund zehn Prozent ge-sunken (und das nominal, noch ohneBerücksichtigungderPreissteigerungs-raten!)–obwohlimgleichenZeitraumdasdurchschnittlicheRenteneintrittsalterumetwaeinJahrgestiegenist(vgl.Ebert,Kistler,Trischler�007).
DamitwirddieAlterungdesErwerbs-personenpotenzials zur entscheidendenHerausforderung amArbeitsmarkt dernächstenJahre.
DabeiwirdesimHinblickaufdiezusätz-licheBeschäftigungÄlterernichtausrei-chen,sichaufeinenbaldbevorstehendenbzw.schonbestehendenFachkräfteman-gel oder garArbeitskräftemangel aufbreiter Front zu verlassen. Ein solcherFachkräftemangelinrelevantemAusmaßkonnteauchimIAB-Betriebspanel�005und �006 nicht nachgewiesen werden
(vgl. Bellmann u.a. �006, Fischer u.a.�007 sowie –mit anderer Datenquelle–KettnerundSpitznagel�007).
Unabdingbare Voraussetzungen
Diese Entwicklungen und aktuelle po-litischeVorgaben – von der Lissabon-StrategiederEUbis zurRentemit 67– rücken die Beschäftigung Älterer inden Fokus: Welche Voraussetzungenmüssenerfülltsein,damitdiewachsendeZahlÄltereraucheinenentsprechendenArbeitsplatz findet bzw. damit Ältere längerinBeschäftigungbleibenkönnen,auchüberdas65.Lebensjahrhinaus?InderinzwischenumfangreichenLiteraturzumalters-undalternsgerechtenArbei-tenwerdendieArbeits-undBeschäfti-gungsfähigkeitÄlterereinhelligalszen-traleVoraussetzungen für ein längeresArbeitendargestellt(vgl. Abb. 3).
Zunächst müssen die Beschäftigten–ebensowieArbeitsloseundPersonenausderStillenReserve–bisinsfortge-schritteneAlterarbeitsfähigbleiben:MitdenStichwortenGesundheit,KompetenzundMotivation1sindnotwendige,abernochlangenichthinreichendeVorausset-zungenbenannt.SiezeigendenBeschäf-tigtenunddenBetriebengleichermaßen
Abb. 2: Entwicklung des Erwerbs personenpotenzials bis 2030
– Personen in Mio. –
Variante 1-W2
2000 2015 2020 2030
44,1 44,343,1
39,4
44,1 43,7
42,1
37,5
Variante 1-W1
Annahmen für die BevölkerungsentwicklungVariante 1W1: Wanderungssaldo + 100.000 PersonenVariante 1W2: Wanderungssaldo + 200.000 Personenfür alle Varianten: konstante Geburtenhäufigkeit und mittlere Steigerung der Lebenserwartung
Quelle: Fuchs/Dörfler 2005 © IAB
Unabdingbare Voraussetzungen
Abb. 1: Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland in den Jahren 2006, 2020 und 2050
− Personen in Tausend −
0
200
400
600
800
1.000
1.200
1.400
1.600
2006 2020 Variante 1-W12020 Variante 1-W2
2050 Variante 1-W12050 Variante 1-W2
Alter in Jahren
Annahmen für die BevölkerungsentwicklungVariante 1W1: Wanderungssaldo + 100.000 PersonenVariante 1W2: Wanderungssaldo + 200.000 Personenfür alle Varianten: konstante Geburtenhäufigkeit und mittlere Steigerung der LebenserwartungQuelle: Statistisches Bundesamt 2006, eigene Darstellung © IAB
0-1
4-5
8-9
12-1
3
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7
100
und
älte
r
IABKurzberichtNr.�1/�007 3
diewichtigstenHandlungsfelderalters-undalternsgerechtenArbeitens.
Beschäftigungsfähigkeitistjedochmehr.Dafür müssen zusätzlich dieArbeits-märkte(auchfürÄltere)aufnahmefähigund die Betriebe bereit sein, Ältere inBeschäftigungzuhaltenbzw.auchvomexternenArbeitsmarktzurekrutieren.
Diese Darstellung entspricht durchausden Elementen des finnischen Ansatzes (vgl. Ilmarinen�006),deralsbeispiel-haft gilt. In der deutschen Debatte zudiesemThema werden dieArgumenteIlmarinens aber allzu schnell auf dieArbeitsfähigkeit,undhierschwerpunkt-mäßig auf die alleinigeVerantwortungderBeschäftigtenverkürzt.
Betriebliche Maßnahmen für Ältere
ZurErhaltungderArbeitsfähigkeitältererArbeitnehmermüssensichmehrBetriebeinwichtigenpersonalpolitischenBerei-chenengagieren.DieneuenErgebnissedesIAB-BetriebspanelslieferndazuaufrepräsentativerBasisaktuelle Informa-tionen,dieauchmit früherenAngabenvergleichbarsind.
IndenBefragungenderJahre�00�und�004wurdebeispielsweisefestgestellt,dassnurknappeinFünftel(�00�:19%;�004: �0%) der Betriebe MaßnahmenderGesundheitsprävention jenseitsdergesetzlichenMindestnormenpraktiziert–wobeiauchnochKrankenstandsana-lysenundMitarbeitergesprächeimVor-dergrundstehen.�
DerAnteilderBetriebe,derinderWei-terbildungsförderung aktiv ist – durchzumindest teilweise Übernahme der
Kostenvonund/oderFreistellungenfürMaßnahmen –, ist laut IAB-Betriebs-panelzwischen1997und�005von37auf43Prozentgestiegen.AllerdingshatderAnteildergefördertenPersonennurbis �003 zugenommen und stagniertedann�005bei�6ProzentallerBeschäf-tigten.DiePanel-Ergebnissezeigenauch,dassBeschäftigte mit geringerem beruflichen StatusweitunterdurchschnittlichanderbetrieblichenWeiterbildungsförderungpartizipieren.
Weniger Betriebe mit Maßnahmen für ÄltereEigentlichmüsstemitderAlterungderErwerbsbevölkerung die berufliche Wei-terbildunganBedeutunggewinnen.DieErstausbildungalleinwirddenHeraus-forderungendermodernenArbeitsweltinallerRegelnichtmehrgerecht–ins-besondere, wenn Ältere immer längererwerbstätigseinsollen.BeieinerlängerenErwerbstätigkeitsteigtaber auch die Rendite von Humanka-pitalinvestitionen fürBetriebeundBe-schäftigte,daderAmortisationszeitraumlänger wird. Ähnliches lässt sich überdie betriebliche Gesundheitsförderungsagen.3
Insofernistesbesondersproblematisch,dass die sowieso geringeVerbreitungvon personalpolitischen Maßnahmenfür ältere Beschäftigte (Bellmann/Hil-pert/Kistler/Wahse �003: 146) weiterleichtabgenommenhat:DerAnteilderBetriebemitMaßnahmenfürÄltereanallenBetriebenmitüber50-jährigenBe-schäftigtenistzwischen�00�und�006von19auf17Prozentzurückgegangen(vgl. Abb. 4). Dabei ist zu beachten,
dass die meistgenannten MaßnahmenauchnochdieAltersteilzeitregelungen4sind,die inderRegeleherdasfrühereAusscheidendenndaslängereArbeitenÄltererunterstützen.
Erschwerendistzudem,dassnurwenigeBetriebe Ältere in Weiterbildungsak-tivitäten einbeziehen oder spezifische Weiterbildungsmaßnahmen für Älterefördern–undihrAnteilsinkt.
Im Westen sind solche Maßnahmenetwas häufiger als im Osten. Mit zu-nehmender Betriebsgröße steigt dieVerbreitung erwartungsgemäß deutlichan.Dennochsind–siehtmaneinmalvonderAltersteilzeitab–auchindenGroß-
1DiesweistaufAspektewieFührung,Arbeitsor-ganisationundnichtzuletztauchEntlohnunghin.� Da diese Maßnahmen in Großbetrieben häufiger sind, korrespondiert dieser Befund in der Grö-ßenordnungz.B.mit demausderBIBB/BAuA-Erhebung�005/�006.Dortgeben35ProzentallerBeschäftigten an, in ihrem Betrieb seien in denletztenzweiJahrenMaßnahmenderGesundheits-förderungdurchgeführtworden.3SachverständigenratzurBegutachtungderEnt-wicklungimGesundheitswesen�005:�75.4BeidetaillierterAnalysezeigtsich,dassindenKlein-undMittelbetriebenderAnteilderBetriebemitAltersteilzeitweitersinkt,währenderindenGroßbetrieben zwischen �00� und �006 sogarweitersteigt.
Abb. 3: Voraussetzungen für eine längere Erwerbstätigkeit von Älteren
Beschäftigungsfähigkeit
Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes
Beschäftigungs- und Einstellungsbereitschaft der Betriebe
Arbeitsfähigkeit Gesundheit Kompetenz Motivation
Abb. 4: Betriebliche Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer
Anteil der Betriebe in Prozent; Mehrfachnennungen möglich
(Grundgesamtheit: Betriebe, die überhaupt 50-Jährige und Ältere beschäftigen)
19
11
2
3
6
6
1
1
17
10
1
2
5
5
1
1
Betriebe mit Maßnahmen
Altersteilzeit
Besondere Ausstattung der Arbeitsplätze
Herabsetzung der Leistungsanforderungen
Altersgemischte Arbeitsgruppen
Einbeziehung in betriebl. Weiterbildungsaktivitäten
Spezielle Weiter- bildungsangebote
Andere Maßnahmen
© IABQuelle: IAB-Betriebspanel 2002 und 2006
20022006
Legende
Betriebliche Maßnahmen für Ältere
4 IABKurzberichtNr.�1/�007
betriebendieAnteilenichtberauschend:Nur34ProzentderBetriebeab500Be-schäftigtenpraktizierenaltersgemischteArbeitsgruppen und nur 4� ProzentbeziehenÄltereinihreWeiterbildungs-aktivitätenein.DieanderenMaßnahmensind auch in den Großbetrieben weitseltener(vgl. Tab. 1).
AmbestenschneidetnochdieÖffentlicheVerwaltung auf diesem Feld ab.AberauchhierbestehtkeinGrundzueinempositivenUrteilangesichtsdesdeutlichhöherenAnteils Älterer unter den Be-schäftigten.Amwenigstenverbreitetsindaltersgerechte Maßnahmen im BereichderunternehmensnahenDienstleistungensowiebeiHandelundReparatur.
Selektives RekrutierungsverhaltenLautBeschäftigtenstatistikderBundes-agenturfürArbeitlagimSeptember�006derAnteilder50-JährigenundÄlterenan den sozialversicherungspflichtig Be-schäftigtenbei��,8Prozent (AmtlicheNachrichtenderBA,Juni�007,S.7�f.).ImVergleichdazuwarenÄlterebeidenNeueinstellungen–nachdenAngabenderBetriebe–imerstenHalbjahr�006deutlichunterrepräsentiert:InWestdeutschlandwarengerademal8Prozent,inOstdeutschlandimmerhin18ProzentderneuEingestellten50-JährigeundÄltere.InOstdeutschlandkonzent-
riert sich der höhereAnteil vor allemauf Branchen, in denen relativ häufig Maßnahmender aktivenArbeitsmarkt-politik zu finden sind. Im Jahr davor warendieentsprechendenWertemit7und14Prozentnochniedriger.ZumTeilliegtdiesaberauchdaran,dassden Betrieben gar keine BewerbungenÄlterer vorliegen. Diese rechnen sichentweder keine Chancen aus oder siehabensichbereitsvomArbeitslebenver-abschiedet(vgl.Bellmannu.a.�006).
Fazit
DieBefundezeigen,dasssichdiemeis-tenBetriebenochzuwenigaufdiede-mographischenHerausforderungenein-stellen–entgegenderHoffnungenundVerlautbarungeninPolitikundVerbän-den.OhnewesentlicheVeränderungeninderbetrieblichenGesundheitsförderung,Weiterbildung undArbeitsorganisationisteinedeutlicheundnachhaltigeErhö-hung der Beschäftigungsquote Ältereraberreichlichunrealistisch.
GeradediesbezüglichistabernochmalsaufeinErgebnisausdenBevölkerungs-vorausberechnungen hinzuweisen, dasansichbanalist,aberinderDebatteoftübersehenwird:DieBabyboomerwerdenindennächstenrund�0Jahrenzu„Äl-teren“amArbeitsmarkt.WieeineBug-wellewirdihreZahlbisetwa�0�5umrund40Prozentsteigen(vgl. Abb. 5).
DiesedemographischenVeränderungenwerdensichregionalsehrunterschiedlichdarstellen. In manchen Landkreisen inDeutschlandwirddieZahlderÄlterensogarumzweiDrittelundmehrsteigen.
Es stellt sich die Frage, ob die bisherdominierendeMethodederAufklärungs-kampagnenwirklicherfolgreichwar.Sieberuht primär auf derVorbildfunktionvon Best Practice-Betrieben und derBereitstellungvonimmermehr„Demo-graphie-Tools“, also Maßnahmen derbetrieblichenPersonalpolitik.AllenfallsdieAnnahme,dassdieVerbreitungvonMaßnahmen zum alter(n)sgerechtenArbeiten ansonsten noch stärker zu-
Abb. 5: Zahl der 55 bis 64Jährigen in Deutschland bis 2050
Personen in Mio.
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2006
2010
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2030
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2040
2045
2050
Variante 1-W2 Variante 1-W1
Annahmen für die BevölkerungsentwicklungVariante 1W1: Wanderungssaldo + 100.000 PersonenVariante 1W2: Wanderungssaldo + 200.000 Personenfür alle Varianten: konstante Geburtenhäufigkeit und mittlere Steigerung der Lebenserwartung
Quelle: Statistisches Bundesamt 2006 und Prognos AG 2006, eigene Berechnungen IAB/INIFES
© IAB
Tab 1: Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer nach Branchen und Betriebsgrößen 2006 – in Betrieben, die überhaupt 50-Jährige und Ältere beschäftigen
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mit
Maß
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darunter:
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ung
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Maß
nahm
en
Anteile der Betriebe in Prozent; Mehrfachnennungen möglich
Handel und Reparatur 13 6 1 2 4 5 1 1
Produzierendes Gewerbe 16 8 1 3 7 5 1 1
Dienstleistungen 16 8 1 2 4 7 1 1
dar.: unternehmensnahe 13 6 1 1 2 6 1 1
sonstige 18 10 1 2 6 8 1 1
Öffentliche Verwaltung 64 59 9 4 11 15 3 2Betriebe mit ...
1 bis 4 Beschäftigten 7 3 1 1 2 2 0 15 bis 19 Beschäftigten 12 5 1 2 3 5 1 1
20 bis 99 Beschäftigten 36 23 3 4 11 11 1 2
100 bis 499 Beschäftigen 71 60 8 5 23 24 2 3
ab 500 Beschäftigen 92 85 19 12 34 42 7 7
Alte Bundesländer 18 10 2 2 5 6 1 1
Neue Bundesländer 16 8 1 2 6 6 1 1
Deutschland insgesamt 17 10 1 2 5 6 1 1
Quelle: IAB-Betriebspanel 2006
Fazit
IABKurzberichtNr.�1/�007 5
rückgegangenwäre,würdedieseSichtgestatten.
DieErgebnissewerfenalsoeineReihevonFragenauf,dienahelegen,diesemThemaauch inkünftigenBefragungendes IAB-Betriebspanels nachzugehen– gerade in Verbindung mit anderenSchwerpunktthemen wie dem betrieb-lichen Fachkräftebedarf, die aus de-mographischer Perspektive zusammendiskutiertwerden.Auchweitere,bishernicht angesprocheneAspekte wie dieVerbreitung von Gefährdungsbeur-teilungen oder von Maßnahmen zurVereinbarkeit von Familie und Berufgehörenhierher.
Schließlichistzufragen,unddaraufwei-senverschiedeneArbeitenderVerfasserhin,obwirwirklichschon–wieöftersinderWissenschaftbehauptetwird–genugGrundlagenwissenüberdasbetriebliche(undindividuelle)Verhaltengegenüberden demographischenVeränderungenhaben.Essprichteinigesdafür,dassz.B.die Daten derArbeitsmarktpolitik undder Rentenversicherung mit Umfrage-daten bei Betrieben und Beschäftigtennochvielgenauerangesehenundzusam-mengebrachtwerdenmüssen.Dazuge-hörtauch,dieseBefundedannstärkermitErgebnissenderqualitativenForschungundkontrolliertenFeldexperimentenzuintegrieren.
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Die Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen BundesamtesEnde 2006 hat das Statistische Bun-desamt in Zusammenarbeit mit den Landesämtern die 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (Bvb) veröffentlicht. Im Kern unterscheiden sich die 12 Varianten und zusätzlichen drei Modellrechnungen von der 10. Bvb aus dem Jahr 2003 durch eine Anpassung an die am aktuellen Rand geringer gewordene Nettozuwanderung in Deutschland. Lag der mittlere ange-nommene Wanderungssaldo in der 10. Bvb bei plus 200.000 Personen bis zum Jahr 2050, so wird in der neuen Bvb mit zwei „mittleren“ Annahmen von 100.000 bzw. 200.000 Wanderungsü-berschuss gearbeitet.In den letzten 5 bzw. auch 10 Jahren vor 2005 lag der durchschnittliche Wande-rungsüberschuss jeweils bei 159.000. Hier wird mit diesen beiden mittleren Annahmen zum Wanderungsgesche-hen und den „Basisannahmen“ einer konstanten Geburtenhäufigkeit bzw. mittleren Steigerung der Lebenserwar-tung gearbeitet, die dem langfristigen Trend entsprechen (so genannte Vari-anten 1-W1 und 1-W2; vgl. Statistisches Bundesamt 2006, zur Diskussion Ebert, Kistler 2007).
6 IABKurzberichtNr.�1/�007
IABKurzbericht Nr. 21 / 11.10.2007
Redaktion Ulrich Möller, Elfriede Sonntag
Graphik & Gestaltung Monika Pickel, Elisabeth Strauß Rechte Nachdruck – auch auszugsweise – nur mitGenehmigung des IAB gestattet
Technische Herstellung pms Offsetdruck GmbH, Wendelstein
Rückfragen zum Inhalt anDr. Lutz Bellmann Tel. 0911/179-3046 oder e-Mail: [email protected]
ISSN 0942-167X
IAB im Internet: http://www.iab.de Dort finden Sie unter anderem auch diesen Kurzbericht im Volltext zum Download
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