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Der chronische Beckenschmerz

Eine peritoneale Falte als Zentrum der typischen Schmerzlokalisation

S. Forgács1, M. Peschka2, M. L. Pretterklieber2

Die paarigen Plicae recto-uterinae, die auch wegen ihrer konstanten, durch das Paraproktium hergestellten Verbindung zum Os sacrum als Plicae sacro-uterinae bezeichnet werden können, sind un-scheinbare peritoneale Falten in der seit-lichen Wand des weiblichen kleinen Be-ckens. Analoge Strukturen existieren beim Mann in den noch zarteren Plicae recto-vesicales. Aufbauend auf der teil-weise historischen Literatur zu diesem Thema, sowie klinischen und anatomi-schen Befunden, die an über 1.200 Patien-tinnen und fünf anatomischen Präpara-ten erhoben worden sind, soll der Aufbau und die Funktion dieser peritonealen Fal-ten untersucht werden. Es wird auf den klinisch nachgewiesenen Zusammen-hang zwischen kolikartigen Kontraktio-nen der darin vorhandenen glatten Mus-kulatur und dem Zustandsbild des chronischen Beckenschmerzes ebenso eingegangen, wie auf ein vom Erstautor neu entwickeltes Therapiekonzept. Ver-mittels der lokalen Therapie mit einem In-frarot-Laser konnte in über 80 Prozent seiner Patientinnen entweder eine deutli-che Schmerzlinderung oder sogar die Heilung von einem meist lange Zeit beste-henden Beschwerdebild erreicht werden. Der interessante Aspekt der wahrschein-lich sympathischen Innervation der Mus-kulatur innerhalb der Plicae recto-uteri-nae bedarf noch der Klärung und wird eine unserer spannendsten Aufgaben in der nahen Zukunft sein.

Geschichtlicher und klinischer Hintergrund

Den ersten Humananatomen, wie z. B. Andreas Vesal (1) war die bei der Frau als Plica recto-uterina, beim Mann als Plica recto-vesicalis ausgebildete, doch eher zarte Struktur noch unbekannt. Sie waren aber auch noch damit beschäftigt, über-haupt eine realistische Darstellung der

inneren Strukturen des Menschen zu ver-fassen und von der traditionellen, auf Tierbefunden aufbauenden Anatomie wegzukommen.

Eine der frühesten, noch etwas dürfti-gen anatomischen Beschreibungen der Plica recto- oder sacro-uterina findet sich dafür bereits im ersten deutschsprachi-gen Anatomielehrbuch von Philip Ver-heyn aus 1708 (2). Er schreibt unter dem Stichwort „Uteri connexio“ (in teilweiser Beibehaltung der originalen Orthogra-phie): „Der Hals der Gebärmutter ist gleich unten an die Scheide geheftet, hin-ten an den Mastdarm, vorne an die Harn-blase. Die Seiten werden überdies an den anderen Teilen festegemacht durch ge-wisse Bände. Der Grund ist fast ganz frei, dass er nach Gelegenheit sowohl ausge-dehnet als eingezogen werden könne.“ Verheyn gibt, der Zeit entsprechend, noch keine genaue Abbildung an, wurde aber von anderen, teilweise noch heute wohl-bekannten Forschern seiner Zeit, wie Al-bert von Haller (3, 4) und Giovanni Bat-tista Morgagni (5) bereits zitiert. Etwa

eineinhalb Jahrhun-derte später präzisiert der berühmte Wiener Anatom Josef Hyrtl diese Aussage: „Nebst den breiten und run-den Mutternbändern tragen die faltenartigen Übergangsstellen des Bauchfells von der Blase zum Uterus (Ligg. vesico-uterina), und vom Rectum zum Ute-rus (Ligg. recto-ute-rina) zur Sicherung der Lage der Gebärmutter bei, und werden dies umso leichter tun, da sie wirkliche Bandfa-sern von bedeutender Stärke einschließen, welche der Fascia hy-pogastrica angehören.“ (6). Hyrtl ist somit einer der ersten, der sich auch mit der Binnen-struktur auseinander-

setzt, diese aber generell als Bindegewebe definiert.

Eine noch genauere und auch bereits bildliche Darstellung (Abb. 1) gibt am Be-ginn des 20. Jahrhunderts Symington im Eingeweideband von „Quain’s Elements of Anatomy“ (7). Hier findet sich zum ersten Mal auch der Hinweis auf Muskelgewebe innerhalb der „utero-sacral ligaments“ (wie sie hier genannt werden), sowie auf die topographische Beziehung zum Plexus pelvicus, auf die später noch näher einge-gangen wird. Kurze Zeit später veröffent-licht Blaisdell (8) in einer umfangreichen Arbeit den makroskopischen und auch lichtmikroskopischen Aufbau dieser Struktur. In seinem Artikel stellt er fest, dass sie nicht nur ein menschliches Merk-mal ist, sondern auch bei diversen Tier-spezies vorkommt. Darüber hinaus kann er auch anhand von anatomischen Präpa-raten aus unterschiedlichen Lebensaltern Aussagen zur Entwicklung und zur Varia-bilität treffen. Seinen Befunden nach bil-den glatte Muskelzellen einen integralen Bestandteil der Plicae sacro-uterinae; eine

1 Dr. med. Sándor Forgács, Gynäkologisch- geburtshilfliche Praxis, Ebreichsdorf, N.Ö.

2 Dr. med. Michael Peschka und Ass.-Prof. Dr. med. Michael L. Pretterklieber, Zent-rum für Anatomie und Zellbiologie, Abteilung für an-gewandte Anatomie, Medizinische Universität Wien

Abb. 1: Historische anatomische Darstellung der Plica recto-uterina im perspektivischen Querschnitt. Fig. 250 aus dem Band „Splanch-nology“ von „Quain’s Elements of Anatomy“ (7).

Psoas muscleUreter

Common iliac artery

SacrumPeritoneum on iliac vessels

Ureter

Pelvic mesocolon

Pelvic colon

Lig. teres uteriTuba uterina

Ovary

Crus clitoridis

UreterUterine plexus of veins

Uterine arteryRectum

Utero-sacral ligamentCoccygeus muscle

RectumGluteus maximus

Plica transversalis vesicœLigamentum latum uteriBladderPubo-analis muscleVaginal plexus of veinsPubic bone

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Tatsache, die interessanterweise von einer viel später publizierten Studie (9) wieder relativiert wird. Während Blaisdell in sei-ner Arbeit noch von durchgehenden Mus-culi recto-uterini spricht (und dabei die Begriffe Plica recto-uterina und Plica sa-cro-uterina synonym verwendet), findet Campbell Stränge glatter Muskelzellen nur im ventralen und mittleren Drittel der Plica recto-uterina und verneint damit in-direkt eine Haltefunktion dieser peritone-alen Bänder für den Uterus. Nach seiner Untersuchung gibt es im dorsalen Anteil der Ligamenta sacro-uterina nur lockeres Bindegewebe, Gefäße und Nerven.

In einer erst kürzlich erschienenen Ar-beit haben Umek und Mitarbeiter (10) die Plicae sacro-uterinae mittels Magnetreso-nanztomographie quantitativ untersucht und festgestellt, dass sie nicht nur unter-schiedliche dorsale Befestigungsstellen, sondern auch eine seitendifferente Aus-prägung aufweisen können.

Trotz all dieser schon lange währenden Aufmerksamkeit, die den Plicae sacro-ute-rinae seitens der Anatomie, aber auch der Klinik gewidmet wird, führt diese Struktur in den Anatomielehrbüchern immer noch ein Schattendasein. Als Beispiel mögen aus dem deutschsprachigen Raum die Be-schreibung von Fritsch im Benninghoff (11) sowie von Bannister und Dyson aus Gray’s Anatomy dienen (12). In beiden Werken wird die Struktur zunächst nur als kraniale Abgrenzung des Douglas’schen Raumes erwähnt; Fritsch beschränkt den Inhalt auf das Ligamentum recto-uteri-num, erwähnt aber zumindest auch die Existenz einer analogen Struktur beim Mann, einer Plica recto-vesicalis. In der Tiefe beider Strukturen verläuft ihrer Be-schreibung nach der Plexus pelvicus. Ban-nister und Dyson hingegen weisen erneut auf das Vorkommen auch von glatten Muskelzellen innerhalb der Plicae recto-uterinae hin.

Warum schenkt man einer offensicht-lich eher zarten, um nicht zu sagen un-scheinbaren peritonealen Falte wie der Plica recto-uterina seine Aufmerksamkeit? Diese erklärt sich aus einem sehr heteroge-nen Krankheitsbild, nämlich dem „chroni-schen Beckenschmerz“ (im englischen Sprachraum als „CPPS = Chronic Pelvic Pain Syndrome“ bekannt). Differential-diagnostisch werden für die langdauern-den und quälenden Beschwerden man-nigfaltigste, als bekannt vorausgesetzte Pathologien genannt. Eine frühere Publi-kation (13), wie auch unsere klinischen Befunde, die vom Erstautor an über 1.200 Patientinnen erhoben worden sind, deu-

ten auf eine Mitbeteiligung der Plica recto-uterina beim chronischen, wie auch aku-ten Unterbauchschmerz hin. Auf Grund der an den Patientinnen beobachteten Verspannungszustände und der Tatsache, dass in der Plica recto-uterina in unter-schiedlicher Weise Züge glatter Muskula-tur beschrieben worden sind (8–12) ergibt sich unsere Arbeitshypothese, dass sich diese Muskelstränge analog der Muskula-tur eines Hohlorgans bei einer Kolik ver-spannen und somit viszerale Schmerzzu-stände im Bereich des kleinen Beckens auslösen können (14). Zweck unserer der-zeit laufenden Studie ist daher einerseits, die – wie gerade gezeigt – teilweise kontro-versen Angaben aus früheren Publikatio-nen kritisch zu hinterfragen und mit einer Serie von anatomisch-histologischen Prä-paraten den Aufbau der Plica recto-ute-rina der Frau sowie der Plica recto-vesica-lis des Mannes nachzuuntersuchen. Dabei soll ein Hauptaugenmerk einerseits auf das Vorkommen und Verteilungsmuster der glatten Muskulatur, andererseits aber auch auf deren Innervation gelegt werden, der bislang noch wenig Bedeutung zuge-messen worden ist.

Anatomische Grundlagen

Im Rahmen unserer Pilotstudie wurden zunächst vier in Formalin fixierte anato-mische Präparate von weiblichen und ei-nem männlichen Becken einer genauen stratigraphischen Präparation unterzo-gen. Diese Präparate stammen von Spen-dern, die zu Lebzeiten ihre Körper dem

Zentrum für Anatomie und Zellbiologie der Medizinischen Universität Wien für Lehr- und Forschungszwecke vermacht haben und wurden zuvor im Rahmen der Lehrveranstaltung „Organmorphologie“ durch Studierende der Medizin betreut. Von allen Spendern wurde mit ihrer letzt-willigen Verfügung zur Körperspende auch eine individuelle Zustimmung dafür erteilt. Nach Inspektion und photographi-scher Dokumentation des Peritonealsitus im kleinen Becken mit Darstellung des Verlaufs der Plica recto-uterina (Abb.  2) wurde das Peritonaeum parietale ausge-hend von der Linea terminalis behutsam vom darunterliegenden Beckenbindege-webe abgelöst. Dabei wurde zuerst begin-nend vom Plexus hypogastricus superior die sagittal eingestellte Platte des Plexus hypogastricus inferior (seu Plexus pel-vicus) aufgesucht und ventralwärts Rich-tung Parametrium präpariert. Hernach wurden die A. und V. iliaca interna mit ih-ren kranialen Ästen, d. h. der A. et V. um-bilicalis, der A.  et V.  obturatoria und der A. et V. uterina dargestellt und nach me-dial in das Paracystium bzw. Paramet-rium hinein verfolgt. Zur besseren Über-sicht wurde die V.  iliaca interna an ihrer Einmündung in die V.  iliaca communis durchtrennt und so wie ihre oben ge-nannten und alle weiteren Äste reseziert. Kaudal der A.  uterina resp. des Ureters wurde die A. vaginalis bis zu ihrem Durch-tritt durch den Plexus pelvicus verfolgt und dann medial davon im Parakolpium erneut aufgesucht. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass alle zwischen dem Pe-

Abb. 2: Peritonealsitus eines weiblichen Beckens, Ansicht von kranial. Die paarigen Plicae recto-uterinae (Pfeile) sind in diesem Individuum relativ prominent. Aic = A. iliaca communis; P = Promontori-um; R = Rectum; U = Uterus.

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ritonaeum parietale und der Wand des kleinen Beckens gelegenen Strukturen mit Ausnahme der V.  iliaca interna und ihrer Äste vollständig erhalten bleiben. Das Ligamentum recto-uterinum konnte dabei in allen Fällen makroskopisch als Verdichtung des Beckenbindegewebes, des Corpus intrapelvinum, zur Ansicht gebracht werden (Abb.  3). Es verlief me-dial des Plexus pudendus parallel zu des-sen kranialen Fasern und verband die seitlichen Anteile des Rectum mit der Corpus-Cervix-Grenze am Uterus. Da die Fasern des Ligamentum recto-uterinum über das Bindegewebe des Paraproktium auch mit der Vorderfläche des Os sacrum in Verbindung standen, kann der Termi-nus Ligamentum sacro-uterinum syno-nym verwendet werden. Nach genauer makroskopischer Präparation der Plica recto-uterina wurde diese exzidiert. Aus dem ventralen und dem dorsalen Anteil wurden unter dem Operationsmikroskop (Zeiss OPMI 11, Carl Zeiss GmbH, Wien) jeweils zwei etwa ein Zentimeter lange Gewebsblöcke schockgefroren und dar-aus am Gefrierschnittmikrotom (Histo-com Microm  HM  560, Histocom, Zug, Schweiz) Quer- bzw. Längsschnitte ange-fertigt (Abb. 4). Die Mikrophotographien wurden mittels einer auf einem Zeiss Standard Labormikroskop angebrachten Digitalkamera (Nikon Coolpix 995) ange-fertigt. Für die Makrophotographie und die Aufzeichnung der Präparate am Ope-rationsmikroskop wurde eine digitale Vollformat-Spiegelreflexkamera (Canon EOS  5D, Canon Inc., Tokyo, Japan) ver-wendet. In beiden Anteilen der Plica recto-uterina fanden wir Züge straffen fa-

serigen Bindegewebes, die die Bezeich-nung „Ligamentum“ zunächst rechtferti-gen. Es erwies sich diese Struktur aber auch als reich vaskularisiert und mit deut-lich ausgeprägten, längs verlaufenden glatten Muskelfasern versehen, die in bei-den untersuchten Abschnitten in etwa zu gleichen Teilen vorhanden waren. Die makroskopisch erkennbaren Äste vom Plexus pelvinus zum Ligamentum recto-uterinum konnten mittels der verwende-ten HE-Färbung histologisch vorerst nicht differenziert werden und sind für die wei-tergehende Analyse vorgesehen.

In weiterer Folge wurde eines der Prä-parate mediansagittal durchtrennt, um die makroskopische Präparation zu ver-vollständigen und auch die topographi-schen Beziehungen zwischen der Plica recto-uterina, den Beckeneingeweiden und dem Beckenboden im Detail zu stu-dieren. An einem anderen Präparat er-folgte die Darstellung der anatomischen Strukturen über den chirurgisch üblichen Zugangsweg.

Innervation der Beckeneingeweide

Zu diesem Thema ist zumindest folgendes bekannt (15, 16): Die Organe des kleinen Beckens und Beckenbodens erhalten ihre Innervation aus drei verschiedenen Quel-len. Zunächst formt sich aus den Segmen-ten S2 bis S4, d. h. aus dem Plexus sacralis, der Nervus pudendus, von dem die soma-tische (willkürmotorische bzw. bewusste) Innervation erfolgt. Auf Seiten des auto-nomen Nervensystems bilden sich die zwei weiteren Quellen, nämlich die para-sympathische Innervation mit ihrem

Kerngebiet in den Rückenmarkssegmen-ten S2 bis S4 und den davon abgehenden Nervi splanchnici pelvici und die sympa-thische Innervation. Diese hat ihr Kernge-biet weiter kranial im Rückenmark, näm-lich in den Segmenten Th11 bis L2, aus denen zunächst der Plexus hypogastricus superior gespeist wird. Dieser setzt sich im Bereich des Promontorium in je einen Nervus hypogastricus dexter und sinister fort, aus denen jeweils eine sagittal ein-gestellte Platte, der Plexus hypogastricus inferior oder Plexus pelvicus entsteht. Diese aus Nervenfasern und Ganglien auf gebaute Platte liegt zwischen der Wand des kleinen Beckens und dem Peri-toneum parietale, d. h. genau lateral der Plica recto-uterina und erhält weitere prä-ganglionär sympathische Fasern aus den Segmenten S2 und S3, die sogenannten Nervi splan chnici sacrales. Im Plexus pel-vicus werden nun die präganglionären Fasern aus dem Rückenmark auf postgan-glionäre Leitungen zu den Beckenorga-nen umgeschaltet, wobei es zur Integra-tion verschiedener Funktionen kommt. Im Bereich des Parametrium und Para-kolpium ist dieses Nervengeflecht beson-ders dicht und mit zahlreichen Ganglien versehen (15). Afferente Fasern gelangen entweder über die Nervi splanchnici pel-vici oder über den Plexus hypogastricus superior, den lumbalen Abschnitt des Grenzstrangs und dessen Rami commu-nicantes zu den Ästen des Plexus lumba-lis und damit zum Rückenmark.

Viele vegetative Funktionen werden zunächst lokal vermittels sogenannter viszero-viszeraler Leitungsbögen gere-gelt. Das heißt, dass in erster Linie Deh-

Abb. 3: Binnenstruktur und Innervation der Plica recto-uterina, linke Beckenhälfte. In a wurde das Peritoneum parietale nach medial gedrängt, um die makroskopisch bandartige Binnenstruktur der Plica recto-uterina (Pfeil) darzustellen, die die oft verwendete Bezeichnung Lig. recto-uterinum zunächst rechtfertigt. In b wurde die sagittal eingestellte Platte des Plexus pelvicus (Pp) ebenfalls nach medial gedrängt, um die Verbindungen zur zentralen Kompo-nente des vegetativen Nervensystems aufzusuchen. Je ein sympathischer N. splanchnicus sacralis (Pfeilspitze) und ein parasympathischer N. splanchnicus pelvicus (zwei Pfeilspitzen) sind dargestellt. Aic = A. iliaca communis; Au = A. uterina; P = Promontorium; Pm = Paramentrium.

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nungsreize in der Wand der Hohlorgane über einen spinalen Reflexbogen die Kon-traktion der glatten Muskulatur und da-mit eine Entleerung auslösen. Zusätzlich werden diese Reaktionen aber auch über den Tractus spinothalamicus, eine lange aufsteigende Rückenmarksbahn, an den Thalamus und von dort aus an den fron-talen Cortex gemeldet. Über diese somit wahrnehmbaren Eindrücke erfolgt z. B. die willkürliche Steuerung der Entleerung von Harnblase und Mastdarm. Zusätzlich kennt man aber auch ein „zentrales auto-nomes Netzwerk“ (16), das außer dem Thalamus noch weitere Kerngebiete um-fasst, nämlich den Nucleus tractus solita-rius (den afferenten Hauptkern des Ner-vus vagus), das zentrale Höhlengrau im Mittelhirn, hypothalamische Kerne, das Corpus amygdaloideum und die Insel-rinde. Diesem weitgestreuten Kerngebiet wird eine essentielle Rolle in der Ent-stehung von Abwehrreaktionen und Schmerzvermeidungsstrategien unseres Körpers zugeschrieben.

Wie kann nun theoretisch die Innerva-tion der in der Plica recto-uterina vorhan-denen Muskulatur erfolgen? Nachdem es sich nachgewiesenermaßen (8, 9) um Stränge glatter Muskelzellen handelt, kommt eine somatomotorische Innerva-tion über den Nervus pudendus nicht in Frage. Es müssen daher efferente Fasern aus dem vegetativen Plexus pelvicus sein, die diese Aufgabe übernehmen. Auf Grund der klinischen Symptome, die besonders auf eine Stress-Induktion der Kolik-artigen Kontraktionen hinweisen, scheint hier die sympathische Komponente im Vorder-grund zu stehen. Die exakte Verschaltung auf Ebene des Plexus pelvicus und seiner sehr feinen Äste bedarf aber eben noch der Aufklärung.

Vorgangsweise bei der klinischen Untersuchung

Neben der gewohnten gynäkologischen Untersuchung wird die Diagnostik mit Kolposkopie, Messen der Scheidentempe-

ratur, Vaginalsonographie (17) und nativer Analyse des Scheidensekrets ergänzt. Mit dem von uns verwendeten und sehr einfa-chen routinemäßigen Untersuchungs-ablauf ist eine entzündliche Ursache mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließbar. Differentialdiagnostisch muss auch der diffuse peritoneale Schmerz bzw. viszera-ler Schmerz, als Symptom einer Vielzahl abdomineller Erkrankungen mit einbezo-gen werden. Mit Hilfe dieses Ablaufs in Kombination einer ausführlichen Anam-nese können somatische von psychoso-matischen Beschwerden besser abge-grenzt werden. Somit eröffnet sich ein neues therapeutisches Feld, in dem die Laser-Akupunktur an den Triggerpunkten der Hautoberfläche mit einer intravagina-len relaxierenden Lasertherapie rasch Lin-derung bringen kann.

Wichtig ist das persönliche Gespräch. Mögliche psychische Probleme werden von den Patientinnen selten angenommen und meist nur sehr zurückhaltend ange-sprochen. Darum ist es umso wichtiger,

Abb. 4: Lupenmikroskopische und histologische Befunde. In a und b sind die entnommenen Segmente der Plica recto-uterina lupenmikroskopisch bei 25facher Vergrößerung zur Ansicht gebracht und zeigen das dorsale (a) bzw. ventrale (b) Teilstück. Zur Orientierung ist die ursprüngliche Lage im kleinen Becken mit der Angabe der Ausrichtung (d für dorsal, v für ventral) eingezeichnet; die Präparate weisen mit ihrem Oberrand nach kranial. In c ist eines der reich vorhandenen Gefäße aus dem ventralen Segment bei 400facher Vergrößerung dargestellt und d zeigt die in beiden Segmenten gefundenen, längsge-richteten glatten Muskelfasern (100-fache Vergrößerung).

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dass der Arzt die persönliche Lebenssitua-tion erfragt und die etwaige Überforderung, bestehende oder chronische seelische Konfliktsituationen erkennt und anspricht. Kann dabei ein seit langem bestehender und mehr oder weniger therapierefraktärer Schmerz vom Untersucher ärztlicherseits objektiviert werden, so ist dies sicher ein wesentlicher Aspekt in der Problemlösung. Im Rahmen der kli nischen Untersuchung ist der Portio-Schiebe schmerz (PSS) ein di-agnostisches Kriterium. Im Laufe der Jahre gelang die Abgrenzung entzündlicher Pro-zesse von somatoformen Schmerzzustän-den. Ty pischerweise werden Antibiotika nicht alleine verabreicht, sondern es wird

zu sätzlich eine analgetische und antiphlo-gistische Kombinationstherapie eingesetzt. Somit kommt es auch zu einer Schmerzlin-derung, obwohl z. B. keine echte Adnexitis vorliegt. Wenn belastende äußere Faktoren wegfallen, da die Umgebung bzw. das Um-feld der betroffenen Patientin eine Ruhe-phase in vielerlei Hinsicht gönnt, kommt es ebenfalls zu einer Schmerzreduktion. Auch der persönliche Druck von Seiten der Pati-entin löst sich, da der Leidensfaktor in der Somatisierung auf einen entzündlichen Prozess projiziert werden kann.

Bei der klinischen Untersuchung auf-fällig ist das Zustandsbild der Plicae recto-uterinae. Sie sind typischerweise

im Uterus-nahen Segment stark dolent. Man vermutet deswegen oft eine Proktitis als Ursache, da bei Defäkation von einge-dicktem Stuhl die angespannten Plicae recto-uterinae passiert werden müssen und es somit zu einer Aggravierung der Schmerzsymptomatik kommt. Dies wird oft als wichtiges Symptom geschildert, ohne dass es ein klar abgrenzbares Krankheitsbild ergibt. Außerdem soll hier erwähnt werden, dass das in der Schwan-gerschaft typische Ziehen an Mutterbän-dern sich auch in die Plicae recto-uteri-nae projiziert.

Wendet man nun, wie in unserer Pati-entengruppe geschehen, die kombinierte

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Laser-Behandlung an, so kommt es in über 80  Prozent der Fälle zum völligen Abklingen der Beschwerden resp. zumin-dest zu einer deutlichen Besserung des Schmerzzustandes. Somit konnte die Notwendigkeit einer diagnostischen La-paroskopie, abgesehen von der Sicherung der Dia gnose Endometriose oder der Tu-bendurchgängigkeit auf ein Minimum von weniger als zwei Prozent reduziert werden. Für die von uns eingesetzte Be-handlung wurde ein Infrarot-Laser der Marke RIKTA, Type 04/4 (GIMEX, Osna-brück, Deutschland (18)) verwendet. Der Laser arbeitet im Frequenzbereich von 890–910 nm und erzeugt eine Infrarot-strahlung im Bereich von 860–960 nm. Dieses Gerät hat einen speziell geformten Behandlungsaufsatz, mit dem transvagi-nal der therapeutische Laserstrahl gezielt auf die Plica recto-uterina gerichtet wer-den kann. Bei den meisten unserer Pati-entinnen genügte eine ein- bis zweiminü-tige Behandlung, um die gespannte Plica recto-uterina zu entspannen, was direkt über die Lasersonde spürbar ist und durch die folgenden drei typischen Fall-verläufe illustriert werden soll.

Klinische Fallbeispiele

Fall 1

Eine 65-jährige Frau litt seit mehr als 40 Jahren an nicht erklärbaren Unter-bauchschmerzen, die mit einem trau-matischen Geburtserlebnis begonnen hatten. Ihr Neugeborenes war drei Tage post partum an einer Sepsis verstorben, vermutlich nach einer intrapartalen Mi-kroblutanalyse. Nach diesem traumati-schen Erlebnis traten die Unterbauch-schmerzen zunächst schwach auf. Sie steigerten sich, für die jeweils behan-delnden Ärzte unerklärlich, im Laufe der Jahre. Es wurde schrittweise ope-riert, zunächst die Hysterektomie und schließlich eine Adnexektomie durch-geführt. Zusätzliche diagnostische Maß-nahmen waren eine Nierenpunktion, mehrfache Darmspiegelungen sowie eine operative Adhäsiolyse. Letztlich konnte auch damit weder eine konkrete Diagnose gestellt, noch das Zustands-bild gebessert werden; ein linksseitiger Unter- und Mittelbauch-Schmerz blieb bestehen.

Diese Schmerzen konnten bei der So-nographie im Bereich des M. psoas ma-jor sowie nach seiner Vereinigung mit dem M.  iliacus zum M.  iliopsoas am Rand des kleinen Beckens mit der Vagi-

nalsonde provoziert werden. Mit der kombinierten transvaginalen Laser-The-rapie und Laser-Akupunktur konnte nach sechs Wochen in 13 Sitzungen die weitgehende Beschwerdefreiheit bei der multimorbiden Patientin erreicht wer-den. Das Allgemeinbefinden, sowie die allgemeine Belastbarkeit konnte gestei-gert werden.

Fall 2

Eine 43-jährige Diplomatengattin asiati-scher Abstammung litt 18 Jahre an links-seitigen Unterbauchschmerzen und wurde vielfach und vielerorts behandelt. Auf Grund der weltweit wechselnden Dienst orte ihres Ehemanns wurde sie von jeweils ortsansässigen renommierten Ärzten therapiert. Eine in China durchge-führte klassische Akupunktur hat in die-sem Fall keine Linderung gebracht. Nach lediglich drei vaginalen Behandlungen inklusive Laserakupunktur sind die bis-lang therapierefraktären Schmerzen ab-geklungen.

Fall 3

Eine 25-jährige Endometriosepatientin klagte nach mehrfachen vaginalen Opera-tionen (tiefe vordere Rektumresektion so-wie Hinterwandteilresektion der Schei-denwand wegen massiver Endometriose und Laparoskopie mit vaginaler Exzision von Endometrioseherden in der hinteren Fornix und im Blasendach) über Stenose und Lubrikationsstörungen der Scheide. Auch in diesem Fall konnte die Laseraku-punktur die Symptomatik weitgehend bessern. Nach sechs Anwendungen der kombinierten Lasertherapie waren die Beschwerden soweit abgeklungen, dass eine normale Kohabitation wieder mög-lich war und es zur spontanen Schwan-gerschaft kam.

Historischer Überblick der Erforschung und Wertung des akuten und chronischen Unterbauchschmerzes

In der klassischen anatomischen und pa-thologischen Literatur sind die Binnen-strukturen der Plica recto-uterina bereits sehr detailliert beschrieben worden (6–9, 19–30). Auch haben klinische Autoren (20–22, 25) schon vor mindestens 140 Jah-ren das Krankheitsbild einer Parametritis bzw. Parametritis posterior beschrieben und damit auf Veränderungen der Plica recto-uterina als mögliche auslösende Ur-

sache hingewiesen: „Der Sitz dieser „Zell-gewebsentzündung“ ist das zwischen den Falten der breiten Mutterbänder oder das zwischen Uterus und Rectum, oder zwi-schen Blase und Uterus gelegene oder endlich das den Iliopsoas umhüllende Bindegewebe“ (25). Damals wurde man-gels Antibiotika Quecksilber oder Jod vagi-nal instilliert, Cantharidenpflaster und Blutegel unter anderem vaginal gesetzt, heiße und kalte Wickel oder Bäder (Prieß-nitz o. ä.) verabreicht. Mit der Entdeckung der Lokalanästhetika wurden auch diese in die Plica recto-uterina injiziert; zusätz-lich lässt sich seit 1932 die osteopathische Therapie dieses Leidens in der Literatur nachweisen (20, 22, 31). Die laparoskopi-sche Ablation der uterosakralen vegetati-ven Nerven hat gegenüber der diagnosti-schen Laparoskopie kein signifikant besseres Ergebnis gebracht (32).

In früher Zeit hatten sich auch spezielle Frauenkurorte, wie Bad Tatzmannsdorf in Österreich, Bad Kissingen, Bad Pyrmont und Bad Schmiedeberg in Deutschland, Harkány und Hévíz in Ungarn etabliert, in denen Patientinnen mit chronischem Un-terbauchschmerz behandelt wurden. Tra-ditionelle Kuren dauerten mindestens vier Wochen. In dieser Zeit konnten sich die betroffenen Patientinnen in vielerlei Hin-sicht erholen. Der Effekt einer Moorthera-pie war enorm, chronische Unterbauch-schmerzen konnten in erheblich vielen Fällen gebessert werden, zudem zeigte sich der sekundäre Heileffekt auch im oft-mals langersehnten und endlich erfüllten Kinderwunsch. Zusätzlich zum Thermen-effekt kamen die unspezifischen Heil-faktoren zum Tragen, die den psychoso-matischen Charakter der chronischen Unterbauch-Schmerzzustände unterstri-chen. Das Heraustreten aus dem oft täg-lich belastenden Umfeld führte zu einer Relaxation und zu einer Umstimmung des vegetativen Nervensystems, also zu einer Linderung der psychosomatischen Be-schwerden (33, 34), wodurch die chroni-schen Schmerzen erträglicher gemacht werden konnten. 1938 hat Martius den Be-griff Parametropathia spastica geprägt, was den Umstand der Tension des Halte-apparates am besten umschreibt (13, 19, 26–30). Es folgten die verschiedenen Be-schreibungen, wie Pelvipathia vegetativa, Parametritis posterior chronica, Spas-mophilia genitalis, zervikales Syndrom, Plexal gia hypogastrica, Kongestion-Fibro-sis-Syndrom, Broad-Ligament-Neuritis, Osteopathia ovarica, Beckenneuralgie, etc., also Begriffe für die Beschreibung der vegetativen Dystonie des kleinen Beckens

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mit spastischer Kontraktion des hinteren Teils des Parametriums (insbes. der Plicae sacro-uterinae) (35). Die psychosomati-sche Komponente ist zunehmend erkannt worden (19, 24, 26–30, 36–43). Hier kommt es zu einer Kontroverse des Schmerzsitzes und der Schmerzursache. Im deutschen Sprachraum ist der Zustand einer spasti-schen Veränderung der sog. Ligg. sacro-uterinae bis in die heutige Zeit teilweise etabliert geblieben (37, 38, 40, 44), der an-gloamerikanische Raum wiederum hält sich mit einer genau definierten Lokalisa-

tion zurück (24, 26–31, 45–58). Auch neu-ere deutschsprachige Publikationen sind teils von der genau definierten Lokalisa-tion abgewichen (59–61).

Schlussbemerkung

Mit der anatomischen Präparation von vier weiblichen und einem männlichen Becken konnten wir neue Aspekte der Bin-nenstrukturen und der topographischen Beziehungen der Plicae recto-uterinae aufzeigen. Sowohl bei der stratigraphisch-anatomischen, als auch bei der chirurgi-schen Präparation und am mediansagittal durchtrennten Becken konnte gezeigt werden, dass die Plicae recto-uterinae von einem sehr fein verzweigten Netz vegetati-ver Nervenfasern durchwoben sind, die sich makroskopisch aus dem Plexus hypo-gastricus inferior (Plexus pelvicus) herlei-ten. Eine Innervation aus diesem Bereich würde das Modell des stressinduzierten Schmerzes erklären. Bei einer Kontraktion der glatten Muskelfasern in der Plica recto-uterina kommt es zur Reizung des vegetativen Nervensystems, was im Sinne des oben erwähnten viszero-viszeralen Reflexbogens zu einer Rückkopplung und

damit Verstärkung bzw. Verlängerung die-ser Kontraktion führen kann. Andererseits kann – um die oben erwähnte psychoso-matische Komponente anzusprechen – eine stressinduzierte (sympathische) Re-aktion ebenfalls Kontraktionen der glatten Muskulatur und damit eine Anspannung der Plicae recto-uterinae resp. der Plicae recto-vesicales beim Mann hervorrufen. Wenn diese Hypothese bewiesen werden kann, ist es ein Erklärungsmodell des chronischen Beckenschmerzes sowie auch des damit meist verbundenen Circu-lus vitiosus. n

Korrespondenz: Ass.-Prof. Dr. med. Michael L. Pretterklieber Zentrum für Anatomie und Zellbiologie Abteilung für angewandte Anatomie Medizinische Universität Wien Währingerstraße 13 1090 Wien Tel: 01/4277-61156; Mobil: 0664/847 62 76; FAX: 01/4277-61176 E-Mail: [email protected]

DanksagungDie Autoren danken cand. med. Kathrin Reise und abs. med. Julia Wick für das Anfertigen der histologischen Präparate. Wir danken a. o. Univ.-Prof. Dr. Reginald Bittner für seine dabei gewährte Unterstützung und für seine sehr hilfreichen Diskussionsbeiträge. Darüber hinaus gilt unser besonderer Dank Dr. Sandra Bösmüller, Dr. Diana Stöckl und Dr. Martin Vierhapper für das Anfertigen weiterer, höchst präzis ausgeführter anatomischer Präparate.

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