Universität in Zagreb
Philosophische Fakultät
Wintersemester 2010/11
Kollegium: Deutsche Mythen, Nationalsymbole und Erinnerungsorte
NAPOLEON ALS ERWECKER DER DEUTSCHEN NATION
Datum: Zagreb, 1.2.2011
NAPOLEON- ERWECKER DER DEUTSCHEN NATION
EINLEITUNG
Es mag sich vielleicht falsch anhören, Napoleon Bonaparte (1769-1821), einen Franzosen und den
selbstgerkrönten Kaiser von Frankreich, als Erwecker der deutschen Nation zu bezeichnen, doch
gerade das ist der Fall. Auch wenn sich die napoleonische Vorherschaft in Europa über eine längere
Zeitperiode hinweg zog, wird sich diese Arbeit wegen der Kürze nur auf die Momente und
Zeitabschnitte, die relevant für das Thema der deutschen Nationalbewegung und der
Befreiungskriege sind, beziehen, und zwar zwischen dem Jahr 1806, als Preußen sich gegen Napoleon
zu behaupten versuchte und dem Wiener Kongress 1814.
Um ein besseres Verständnis der bürgerlichen Bewegungen zu bezwecken, die ausschlaggebend für
das Erwachen des deutschen Nationalgefühls waren und die einerseits gegen Napoleons
Fremdherrschaft, andererseits aber auch gegen den höfisch-feudalen Kosmopolitismus der
damaligen Könige und herrschenden Fürsten auf deutschem Boden gerichtet waren, werden als
erstes die wirtschaftlichen Zustände sowie die Lebensverhältnisse der Menschen am Anfang des 19.
Jahrhunderts dargestellt.
EINFLUSS DER FRANZÖSISCHEN REVOLUTION AUF DIE DEUTSCHEN STAATEN
Zur Zeit der Jahrhundertwende gab es ein Gleichgewicht zwischen der feudalen
Gesellschaftsordnung, die in den vielen deutschen monarchischen Staaten und Fürstentümern in
Mitteleuropa und im Kaiserreich Österreich und Russland herrschte, und dem Kapitalismus in
Frankreich und den von ihr eroberten Territorien. Doch das sollte sich mit Napoleons weiteren
Expansionskriegen bald ändern.
Am Ende des 18. Jahrhunderts sah die Mitte Europas wie ein Puzzle aus. Zwischen Frankreich links
und Preußen und Österreich rechts lagen viele kleinere und größere Fürstentümer und Königreiche.
Die Deutschen hatten keinen einheitlichen Staat und kein Gefühl von Zusammengehörigkeit. Mehr
als ein Drittel der Bewohner lebten auf dem Lande und betrieben Landwirtschaft. Die Lage der
Bauern war mehr als bedrückend. Das Feudalregime stellte die Bauern in Abhängigkeit zu ihren
Gutsherren und die Handwerker zu den Zünften. Von Gewerbefreiheit war nicht die Rede. Dazu
kommt, dass jeder Staat eigene Zolldistrikte und Abgaben hatte, was zur Stagnation der gesamten
Wirtschaft beitrug. Die Forderung nach einem einheitlichen Markt, der Zoll-und Zunftabschaffung
und der Befreiung der Bauern in den einzelnen deutschen Staaten wurde mit der Zeit immer größer.
Grund dafür war die französische Revolution, dessen Errungenschaften wie Bürgerrechte, Gleichheit
vor dem Gesetz, Befreiung der Bauern, Religionsfreiheit, Verfügung über das Eigentum usw.
Napoleon in seinem Gesetzesbuch „Code Civil“ (1804) zusammenfasste. In den von ihm eroberten
Ländern richtete man sich an den Curt Napoleon, wie man ihn dann später nannte. Auch die Bauern
in den deutschen Staaten wollten solche Rechte aber die Revolution blieb hier aus und von einer
Reform der Feudalordnung konnte man nur träumen, denn die Adeligen wollten ihre Vorrechte
behalten.
Nicht nur dass sich die französische Revolution von den bevorstehenden bürgerlichen Bewegungen in
den deutschen Staaten dadurch unterschied, dass die Volksbewegung in Frankreich gegen die
Feudalordnung auf einem zentralisierten Staat basierte, während in den vielen deutschen
Kleinstaaten die Aufstände wegen ihrer Unorganisiertheit und Zersplitterung leicht zerschlagen
werden konnten, sondern auch deswegen, weil sie sich gegen viele verschiedene Adelige und
Herrscher richteten. Erst in Napoleon werden sie einen gemeinsamen Gegner entdecken und durch
ihn ihre kulturelle Zusammengehörigkeit. Preußen wird dabei zum Mittelpunkt des Geschehens.
ENTSTEHUNG DES RHEINBUNDES UND DER FRIEDEN VON TILSIT
Das Jahr 1806 wird zum Umschlagsjahr der deutschen Geschichte. Napoleon war fast an der Spitze
seiner Macht, gefürchtet und von Expansionswünschen getrieben. Er hatte im Koalitionskrieg gegen
Österreich, Russland und Großbritannien 1805 gesiegt, was dazu führte, dass das Heilige Römische
Reich Deutscher Nationen des Kaisers Franz II. sein Ende fand. Kaiser Franz II. wurde nach seiner
Abdankung nur Kaiser von Österreich und musste Bayern und Württemberg, die in diesem Krieg an
der Seite Napoleons kämpften und bis dahin zu Österreich gehörten, zu eigenständigen Königreichen
ernennen.
Der Niedergang des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen lies zu, dass 16 Fürstentümer
aus dem Reich austraten und 1806 den Rheinbund unter der Führung Napoleons gründeten. Zwei
Jahre später werden noch 20 andere deutsche Kleinstaaten dem Rheinbund beitreten. Die Staaten
des Rheinbundes standen auf der Seite Napoleons, der auch zu ihrem „Protektor“ ernannt wurde
und mit dem sie eine Militärallianz eingingen. Auch wenn es Bonaparte nicht gelungen ist aus dem
Rheinbund einen einheitlichen Staat zu schaffen oder wenigstens ein engeres Bündnis zwischen den
einzelnen Staaten, weil vor allem die Königreiche Bayern und Württemberg ihre erst ergriffene
Souveränität nicht aufgeben wollten, hatte der Bund aber das Nationalgefühl der Deutschen erst
möglich gemacht. Die Vergrößerung von manchen Staaten und Beseitigung vieler kleinerer Gebilde
hat letztlich dazu beigetragen den deutschen Prozess der Nationsbildung voranzutreiben. Das war
aber damals nicht beabsichtigt und zunächst hat es auch keine nationale Bewegung hervorgerufen,
sondern die Staatsbildung ist verstärkt worden.
Die wichtigste Errungenschaft Napoleons in den meisten Rheinbundstaaten war jedoch die
Einführung neuer Gesetze nach dem Vorbild des Code Civil. Durch viele Reformen wurde langsam die
Feudalordnung abgeschafft und durch kapitalistische Werte ersetzt. Diese Reformen und die
allmähliche Befreiung der Bauern dank Napoleon bilden den Grundstein der Modernisierung
deutscher Staaten. Das ist auch der Grund, weshalb Napoleon am Anfang als Freiheitsbringer von
den Massen empfunden war und nicht etwa als Fremdherrscher. Doch die öffentliche Stimmung wird
langsam umschlagen. Auch wenn es einen spürbaren Fortschritt in den darauffolgenden Jahren gab,
war die Belastung der gewerbstätigen Bauern in den Rheinbundstaaten durch „Unterbrechung der
Rohstoffzufuhr, Behinderung des Handels, Requisitionen, Kontributionen, Spanndienste,
Einquartierung und Aushebungen für die Kriege Frankreichs“1 viel größer.
Napoleon hatte eigene Vorstellungen wie die Mitte Europas aufgeteilt werden sollte. Er hatte wie
schon erwähnt einen Deutschen Staat vor Augen, Preußen aber währte sich gegen Napoleons
Vorschlag. Seine Grand Arme galt als unbesiegbar, doch dass hinderte Preußen nicht daran sich ihm
zu stellen, auch ohne große Verbündete. Preußen wollte sich gegen ihn behaupten und in Jena und
Auerstedt am 14.Oktober 1806 sollten die Entscheidungsschlachten stattfinden. Die Preußischen
Truppen wurden von der Gemahlin des Königs Friedrich Willhelm III., Königin Luise, geführt. Sie war
im Volk sehr beliebt und ihre Person wird auch in den Befreiungskriegen eine große Rolle spielen.
Napoleon sah sich mehr von ihr als vom König selbst provoziert. Wie es Napoleon aber auch erwartet
hatte, wurde die preußische Armee leicht zerschlagen. „Die Ausrüstung der Truppen befand sich in
einem kläglichen Zustand und war für Paraden, aber nicht für den Krieg geeignet“2, meinten
Historiker. Sie konnten gegen die bewegliche Grand Armee nicht ankommen. Nach der Niederlage
Preußens traten ihre Verbündeten, die Sachsen, dem Rheinbund bei und somit auf Napoleons Seite.
Preußens König Friedrich Willhelm III. flüchtete mit seiner Familie nach Memel in Ostpeußen. Ein
paar Tage später war Napoleon vor Berlin angekommen.
Bilder aus dieser Zeit, wie etwa Charles Meyniers „Napoleon in Berlin 1806“ aus dem Jahr 1810,
bezeugen, dass Napoleons Eintritt in Berlin, der Hauptstadt Preußens, einem Triumphzug glich. Er
wurde von der Menge regelrecht bejubelt, weil er Hoffnung auf Freiheit weckte. Der Weg führte ihn
durch das damals erst 15 Jahre alte Brandenburger Tor. Von da an wird das Brandenburger Tor „zum
Symbol der Höhen und Tiefen der deutschen Geschichte“3.
1 Deutsche Geschichte von 1789 bis 1917, Band 2 (1965). Berlin: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften. S.77.
2 siehe oben, S.66.
3 ZDF (2008): Die Deutschen: Napoleon und die Deutschen, Dokumentarfilm, Gruppe 5
Nicht lange nach dem Einzug beraubte Napoleon Berlin der Quadriga, des Wahrheitszeichen Berlins,
das eine Skulptur der geflügelten Freiheitsgöttin Viktoria darstellt, die von vier Pferden in einem
Wagen gezogen wird. Er lies es als Beutestück nach Paris verfrachten. Doch bei dieser Demütigung
wird es nicht bleiben.
Ein halbes Jahr später wird im ostpreußischen Tilsit der Frieden zwischen Napoleon, dem
Preußischen König und Zar Aleksander I., dem Verbündeten von Preußen, geschlossen. Seine
Friedensbedingungen waren für Preußen ein harter Schlag. Nicht nur dass er Preußens Territorium
halbierte und aus diesem Territorium neue Königreiche gründete, welche er zum Rheinbund
annektierte, sonder auch Preußen hohe Kriegskontributionen aufzwang. Er lies Preußen als Staat nur
deshalb bestehen um eine Pufferzone zwischen Frankreich und Russland zu errichten.
DER FREIHERR VOM UND ZUM STEIN
Die Besatzung Preußens durch französische Truppen sowie auch ihre Versorgung und
Kontributionszahlung, welche Teil der Friedensbedingungen Napoleons waren, fielen der
Bevölkerung schwer. Trotzdem waren sie eher napoleonisch gestimmt als für die alte Ordnung. König
Friedrich Wilhelm III. war selbst unentschlossen und neigte eher dazu sich Napoleon zu unterwerfen
als zu handeln. Doch Königin Luise suchte einen Ausweg aus dieser Lage und holte einen
berüchtigten Denker, der schon einmal als Minister in Preußen tätig war und zwar den Freiherren
vom Stein, auf den Hof. Er war der Ansicht, dass Preußens Niederlage an der Erstarrung des Staates
lag und dass man sich Napoleon nicht widersetzen konnte ohne grundsätzliche Veränderungen von
innen4. Er forderte vom König mehr Freiheiten für die Bürger und sie an staatlichen Angelegenheiten
teilnehmen zu lassen, um sie so auf die Seite Preußens zu gewinnen. Die Bürger sollten diese Rechte
nicht selbst erzwingen durch eine Revolution wie in Frankreich, sondern Reformen von oben wären
notwendig.
Die Reformen erfassten neue Agrargesetze und Gewerbeordnungen, die die Bauern von ihren
Gutsherren lösen sollten. Dadurch „wuchs das Selbstbewusstsein der werktätigen Bauern“5, was
„eine wichtige Voraussetzung für den Befreiungskampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft“ 6
darstellte. Die Städtereform schränkte den Einfluss des Staates auf die sich jetzt selbst verwaltenden
Städte. Die Stadtgemeinden und das Bürgertum gewannen somit immer mehr an Bedeutung.
Wilhelm von Humboldt führte Reformen im Bildungswesen ein.
4 ZDF (2008): Die Deutschen: Napoleon und die Deutschen, Dokumentarfilm, Gruppe 5
5 Deutsche Geschichte von 1789 bis 1917, Band 2 (1965). Berlin: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften. S. 83.
6 siehe oben, S. 83.
Er ging von einem neuhumanistischen Konzept aus, welches einen gebildeten Bürger voraussetzt.
Staatliche Schulen wurden erbaut und die allgemeine Schulpflicht auferlegt. Doch die größte
Veränderung erfuhr das Militär. Neben der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, sollten auch die
ständischen Unterschiede aufgehoben werden und dadurch konnten auch einfache Soldaten wegen
guter Leistungen und Erfahrung zu Offizieren aufsteigen. Offizierspositionen waren davor nur für den
Adel reserviert. Harte Strafen für Soldaten wurden verabschiedet. Modernisiert wurde die Armee
auch durch Bildung neuer Jäger- und Schützeneinheiten. All das führte zur Stärkung des Patriotismus,
auf dem man den bevorstehenden Befreiungskrieg aufbaute. Preußen war auf den Krieg vorbereitet,
nur fehlten noch Verbündete.
Der Freiherr vom Stein suchte nach ihnen, doch als eine napoleonische Truppe einen seiner
Verschwörungsbriefe gegen Napoleon abfing, musste der preußische Minister nach Prag fliehen, wo
ihm Österreich Asyl gewährte. Als dann 1809 Österreich selbst den Krieg gegen Napoleon und seine
deutschen Bündnispartner verlor und der Frieden von Schönbrunn geschlossen wurde, mit dem
Österreich schwer geschädigt wurde, da es nicht nur viel Territorium an Napoleon abgeben sondern
auch Heeresfolge leisten musste, wuchs der Hass gegen ihn. Somit konnte der Freiherr vom Stein
Österreich als Verbündeten im Falle, dass Preußen den Krieg gegen Napoleon ausruft, sicherstellen.
Napoleon war damals an der Spitze seiner Macht. Sein nächstes Ziel war Russland und 1812 war er
ohne Kriegserklärung mit seiner Armee in Russland einmarschiert. Zar Alexander I. suchte im
Freiherrn vom Stein einen Berater im Kampf gegen Napoleon, der darin eine günstige Gelegenheit
sah, den Zaren für die deutsche Sache zu gewinnen. Nach mehreren blutigen Schlachten verlies
Napoleon sein Glück und seine Grand Armee musste von den Russen niedergeschlagen heimkehren.
„Der russische Sieg des Jahres 1812 war der entscheidende Wendepunkt der internationalen
Beziehungen des ganzen Zeitalters“7. Stein schaffte es letztlich den Zaren zu überreden, Napoleon,
der jetzt geschwächt war, völlig zu vernichten und Preußen von der Fremdherrschaft zu befreien.
Stein machte sich somit auf den Weg zurück nach Preußen um den Preußischen König, der noch
immer unentschlossen war sich von Frankreich zu lösen, umzustimmen. Da der Druck auf den König
immer größer wurde und viele seiner Generale sich für den Krieg entschlossen, blieb ihm nicht viel
übrig.
7 Deutsche Geschichte von 1789 bis 1917, Band 2 (1965). Berlin: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften. S.112.
DIE VORBEREITUNGEN FÜR DIE SCHLACHT
Am 17. März 1813 war es dann so weit. Friedrich Wilhelm III. rief zum Krieg auf! „An mein Volk“
lautete der Aufruf, in dem sich zum ersten Mal ein preußischer Monarch an sein Volk wandte und
Unterstützung suchte. Auch ist es das erste Mal, dass er seine Untertanen als Deutsche anspricht:
„ Aber, welche Opfer auch von Einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht
auf, für die wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen,
Preußen und Deutsche zu seyn. Es ist der letzte, entscheidende Kampf, den wir bestehen […] um der
Ehre willen; weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag.“8 Dieser Aufruf sorgte
unter den Massen für Kriegsbegeisterung und weckte patriotische Gefühle. Es bleibt aber die Frage,
welche Absichten der König hatte, als er sich an sein Volk wandte und sie auch als Deutsche
ansprach? Die Massenbewegungen nämlich sind in den letzten Jahren gewachsen und unter den
Menschen war immer mehr die Rede von einem einheitlichen Deutschland, welches Preußen und
alle anderen deutschsprachigen Räume umfassen sollte. Diese Ideen von einem einheitlichen
deutschen Volk und Staat wurden auch von Literatur und Philosophie unterstützt, wovon noch später
die Rede sein wird. Eine andere Tatsache ist, dass die Bürger durch die all ihnen zugesagten
Freiheiten inzwischen an Macht gewonnen haben, was einem streng konservativen Monarchen
eigentlich nicht entspricht, da er dadurch sein Königreich geschwächt sieht und sein Machtraum
minimalisiert wird. Es ist schwer sich vorzustellen, dass der König einen einheitlichen deutschen
Staat, in dem sich sein Königreich verflüssigen würde, vor Augen hatte und nicht etwa die Rettung
seiner eigenen Monarchie, wenn der Krieg einmal gewonnen wurde. Um das zu erreichen, waren
offensichtlich auch Täuschungen und falsche Versprechen an die Bürger gerechtfertigt.
Die Vorbereitungen für den Krieg mit Napoleon waren im vollen Gange. Die preußische Armee
rüstete auf, hatte aber mit Geldmangel zu kämpfen, weshalb viele Adelige und gutstehende Bürger
aufgerufen worden sind zu spenden. Und zwar tauschte man Goldschmuck gegen symbolischen
eisernen Schmuck unter dem Motto: „Gold gab ich für Eisen“ oder „Gold zur Wehr, Eisen zur Ehr“9. Der König
selbst stiftete das „Eiserne Kreuz“, einen Verdienstorden der zum ersten Mal in der deutschen Geschichte ohne
Rücksicht auf Stand, Herkunft, Dienstgrad und militärischen Rang verliehen wurde. Die erste aber, an die diese
Auszeichnung verliehen wurde und zwar posthum, war Königin Luise, die drei Jahre zuvor jung verstorben war.
Ihr Geburtsdatum und ihre Initialen ließ der König auf das Eiserne Kreuz abdrücken.
8 König von Preußen Friedrich Wilhelm III (1813): An Mein Volk!. In: http://www.documentarchiv.de/nzjh/preussen/1813/an-mein-volk_friedrich-wilhelmIII-aufruf.html [zuletzt eingesehen am 18.1.2011].
9 Deutsche Geschichte von 1789 bis 1917, Band 2 (1965). Berlin: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften. S. 126.
Der Grund dafür lag in ihrer Beliebtheit unter dem Volk, welches sie als ein Idol der preußischen Tugenden
sowie als treue Gattin, vorbildliche Mutter und Freiheitsbringende ansahen. In dieser Zeit der
Kriegsvorbereitungen sehnte man sich nach solchen Idolen. So schrieb Theodor Körner, einer der Dichter, der
versuchte alle Deutschen mit bewegenden Gedichten aufzurütteln und zum Kampf gegen den französischen
Fremdherrscher Napoleon zu motivieren, in einem der Königin gewidmeten Gedicht: „ Du schläfst so sanft! –
Die stillen Züge hauchen/ So schlumm`re fort, bis deines Brüder/ Wenn Flammenzeichen von den
Bergen rauchen,/ Mit Gott versöhnt die rost´gen Schwerter brauchen,/ Das Leben opfern für die
höchsten Güter./ Kommt dann der Tag der Freiheit und Rache,/ dann Ruft dein Volk, dann deutsche
Frau erwache./ Ein guter Engel für die gute Sache!“ 10.
Theodor Körner war selbst im Befreiungskrieg beteiligt und zwar trat er als schon etablierter Dichter
dem Lützowschen Freikorps bei, einer militärischen Einheit aus Freiwilligen. Viele unter ihnen waren
Studenten, Handwerker und Bauern. Man nannte sie auch noch wegen ihrer Uniform „Schwarze
Jäger“. Da sie sich selbst wegen Finanznot ausrüsten mussten, war die erschwinglichste Farbe, mit
welcher Alltagskleidung einheitlich gefärbt worden konnte, schwarz. Dazu kamen noch goldene
Knöpfe und rote Aufschläge. Die Farben stellen die Farben der deutschen Nationalbewegung der
Bürgerschaft dar. Später werden sie auch zu Farben der deutschen Flagge.
Ein anderer bekannter Dichter dieser Zeit ist Ernst Moritz Arndt, auch ein Lützowscher Jäger. In einem seiner
politischen Gedichten, „Was ist des Deutschen Vaterland?“, wiederspiegelt sich die meist gestellte Frage in
dieser turbulenten Zeit. Wofür sollte man in den Krieg ziehen? Für die Monarchen und Fürsten? Für die alte
Ordnung? Nicht so ganz. Das patriotische Herz der Bevölkerung schlug immer lauter nach einem einheitlichen
deutschen Staat. Wo sollten aber die Grenzen dieses ersehnten Staates liegen? Arndt versucht Antwort zu
geben: „So weit die deutsche Zunge klingt!“11. Die Deutschen können sich auf kein politisches Gebilde berufen,
ihnen bleibt nur die gemeinsame Sprache, Abstammung, Tradition und ihre Kultur. Man ist Deutscher, weil man
eben Deutsch spricht, lautet es. Und für ein einheitliches Deutschland waren sie bereit zu kämpfen.
DIE VÖLKERSCHLACHT BEI LEIPZIG
Die entscheidende Schlacht wird bei Leipzig am 18.Oktober 1813 stattfinden. Es war die größte Schlacht, die
gefochten wurde, seit es Menschen gab. Napoleon und seinen Verbündeten aus den Rheinbundstaaten
standen Preußen, Österreich, Russland und Schweden mit 300 000 Mann gegenüber. Napoleon verfügte über
eine Armee von 200 000 Mann. Da Preußen und seine Verbündeten zahlenmäßig überlegen waren, musste er
die Schlachten, die rund um Leipzig gefochten wurden, schnell für sich gewinnen.
10 Theodor Körner (1893): Werke, Band 1. Leipzig und Wien. S. 73-74.
11 Ernst Moritz Arndt (1813): Was ist des deutschen Vaterland? In: http://www.deutscheschutzgebiete.de/was_ist_des_deutschen_vaterland.htm[zuletzt eingesehen am 18.1.2011].
Doch das Glück stand ihm nicht bei, denn die Schlachten dauerten mehr als 3 Tage. Auf beiden Seiten gab es
große Verluste und kein Sieger war festzustellen. Doch ein unerwartetes Ereignis wird die Schlacht entscheiden.
Am letzten Tag wechselten die Sachsen, Verbündete von Napoleon, die Seite. Mit den Preußen planten sie ein
schreckliches Szenario. Während des Vormarsches der Grand Armee, in dessen Reihen sie eingeordnet waren,
wandten sich unerwartet die Sächsischen Soldaten gegen ihre Kriegskameraden, die Franzosen, und schossen
sie kaltblütig um. Napoleon hatte das nicht kommen sehen und in diesem Moment war die Schlacht auch
entschieden. Napoleon und dessen Soldaten waren gezwungen das Weite zu suchen.
Es war ein großer Sieg für alle Deutschen und seine Verbündeten. Napoleon war endlich aus Mitteleuropa
verdrängt. Es war auch ein Sieg der Bürgerschaft und einer, der für ein einheitliches Deutschland gewonnen
wurde. Ein einheitliches Deutschland war endlich in Sicht- ein persönlicher Traum vom Freiherrn vom Stein.
Bald nach dem Sieg wurde die entführte Quadriga wieder nach Berlin gebracht. Ihr wurden der Siegeskranz
und das Eiserne Kreuz hinzu geführt. So wurde aus der Friedensgöttin nun die Siegesgöttin-Symbolik für die
Bürger. Doch wird es nur bei Symbolik bleiben? Ist das alles was die Bürger bekommen?
DIE WIENER SCHLUSSAKTE
Europa muss jetzt neugeordnet werden. In Wien wird monatelang über die Neuaufteilung diskutiert. Neben
dem Zaren und dem preußischen und österreichischen Monarchen nehmen auch die vielen Könige und Fürsten
aus den Rheinbundstaaten an der Diskussion teil. Man hat sich am Ende auf einen losen Zusammenschluss von
35 Fürstentümern und 4 freien Städten mit der österreichischen und preußischen Vormacht geeinigt. Der
Deutsche Bund ist entstanden, festgelegt durch die Wiener Schlussakte im Jahr 1814.
Der Freiherr vom Stein stellte fest, dass sein Traum sowie der Traum der Bürgerschaft von einem einheitlichen
deutschen Staat nur von einer Minderheit gewünscht worden ist. Keiner der Anwesenden hatte jemals die
Absicht seine Macht abzugeben. Die Bürger wurden mit falschen Versprechen betrogen. Nicht nur das es zu
keiner Union kam, sondern die alte feudale Herrschaftsordnung wurde wiederhergestellt. Das war aber nicht in
dem Maße möglich, wie sich das die Herrscher vorgestellt haben. Napoleon hat immerhin die Deutschen eine
neue Ära schmecken lassen, in der es Freiheiten gab und in der es meistens demokratisch zuging. Die
Erinnerungen an diese napoleonischen Reformen werden nicht so leicht verblassen. Dank dieser Zeit wird es
nicht lange dauern bis es wieder zu Aufständen und Förderungen nach Freiheit, Reformen und einem
demokratischen einheitlichen deutschen Staat kommt.
Diese ersten Befreiungskriege waren nur der Anfang. Man hat sich von der Fremdherrschaft Napoleons befreit.
Als nächstes werden die Bürgerbewegungen gegen die alte Feudalordnung gerichtet sein. Napoleon wird in der
Zukunft nicht mehr nur als Fremdherrscher betrachtet werden. Man wird in ihm denjenigen sehen, der es
schaffte, in Deutschland die alten politischen Ordnungen auf seine Knien zu zwingen. Die Bürgerschaft wird in
dem Sinne in ihm auch einen Helden und Freiheitsbringer sehen, der Deutschland modernisierte. Er war
indirekt und ungewollt zum Erwecker der deutschen Nation geworden.
LITERTURANGABE
1. Deutsche Geschichte von 1789 bis 1917, Band 2 (1965). Berlin: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften.
2. Ernst Moritz Arndt (1813): Was ist des deutschen Vaterland?. In: http://www.deutscheschutzgebiete.de/was_ist_des_deutschen_vaterland.htm
[zuletzt eingesehen am 18.1.2011].
3. König von Preußen Friedrich Wilhelm III (1813): An Mein Volk!. In: http://www.documentarchiv.de/nzjh/preussen/1813/an-mein-volk_friedrich-wilhelmIII-aufruf.html
[zuletzt eingesehen am 18.1.2011].
4. Theodor Körner (1812): Vor Rauchs Büste der Königin Luise.In:http://www.zeno.org/Literatur/M/K%C3%B6rner,+Theodor/Gedichte/Leier+und+Schwert/Vor+Rauchs+B%C3%BCste+der+K%C3%B6nigin+Luise[zuletzt eingesehen am 18.1.2011].
5. ZDF (2008): Die Deutschen: Napoleon und die Deutschen, Dokumentarfilm, Gruppe 5