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1.

Einstein für Einsteiger Kein anderer Wissenschaftler hat das moderne Bild von Raum und Zeit so geprägt wie Albert Einstein. Einstein für Einsteiger bietet in sechs Kapiteln eine Tour seiner wichtigsten Ideen und ihrer spannendsten Anwendungen.

Schon Einsteins Spezielle Relativitätstheorie zeigt, dass Uhren und Maßstäbe bei genauerer Betrachtung keineswegs die absolute Bedeutung haben, die wir ihnen unserer Alltagserfahrung nach zuschreiben würden. Bewegte Uhren gehen langsamer; bewegte Maßstäbe werden kürzer - das sind nur zwei der ungewohnten Eigenschaften der Einsteinschen Welt.

Noch flexibler wird die Geometrie von Raum und Zeit in der Allgemeinen Relativitätstheorie. Wie Längen- und Zeitmaße von Ort zu Ort und sogar von Zeit zu Zeit variieren, ist in dieser Theorie untrennbar verknüpft mit dem grundlegenden Phänomen der Gravitation.

Einsteins neue Sicht von Raum, Zeit und Gravitation hat grundlegende Konsequenzen. Verzerrungen der Raumgeometrie können sich wellenartig ausbreiten - das sind die so genannten Gravitationswellen. Wird an einem Ort genügend Masse versammelt, kann sich die betreffende Raumregion regelrecht von der Außenwelt abkapseln, und ein Schwarzes Loch entsteht. Die auf Einsteins Theorie basierenden Urknallmodelle eignen sich vorzüglich, die Entwicklung des Universums als Ganzes zu beschreiben, mit anderen Worten: Kosmologie zu betreiben.

Ein weiteres Thema ist die Verbindung von Einsteins Theorien mit dem anderen Standbein der heutigen Physik, der Quantentheorie - kurz: Relativität und Quanten. Sie führt zu den Erkenntnissen der modernen Elementarteilchenphysik, zeigt aber auch die Grenzen der heutigen Forschung auf: Quantentheorie und Allgemeine Relativitätstheorie zu einer Theorie der Quantengravitation zu vereinigen, ist ein bislang unerreichtes Ziel der theoretischen Physik.

Aber am besten der Reihe nach: Den Anfang macht die

Spezielle Relativitätstheorie

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1.1

Spezielle Relativitätstheorie Wir sind es aus dem Alltag gewohnt: Einige Aussagen sind absolut, einige sind relativ. Dass die Teekanne auf meinem Frühstückstisch links von der Tasse steht, ist aus meiner Sicht richtig. Aus Sicht eines Beobachters, der mir gegenübersitzt, steht umgekehrt die Tasse links von der Kanne. Links und rechts sind relativ - ob ein Objekt links oder rechts von einem anderen steht, hängt vom Beobachter ab. Darüber, dass die Tasse bis an den Rand gefüllt ist, sind sich ich, mein Gegenüber und jeder andere Beobachter am Tisch dagegen einig. Die Aussage ist in diesem Sinne absolut, nämlich nicht vom Beobachter abhängig.

Auch Einsteins Spezielle Relativitätstheorie beschäftigt sich mit der Frage, was relativ ist und was absolut. Verglichen mit unserer Alltagserfahrung kommt sie dabei allerdings zu unerwarteten Ergebnissen, die freilich seither in einer Vielzahl von sorgfältigen Experimenten bestätigt worden sind und die das Verständnis der Physiker von Raum und Zeit grundlegend umgekrempelt haben.

1.1.1

Relativ zu wem oder was?

Wenn die Einsteinschen Relativitätstheorien auch gerne scherzhaft (und falsch) zu "alles ist relativ" verallgemeinert werden: Einsteins Ausgangsfrage nach Relativität und Absolutheit ist sehr viel eingeschränkter. Sie beschäftigt sich nur mit einer ganz speziellen Klasse von Situationen und Beobachtern.

Paradebeispiel dafür wäre eine Region in den Tiefen des Weltraums, fernab von Sternen und Planeten (und damit von allen starken Gravitationsquellen). Darin befinden sich verschiedene Raumstationen, die frei im All dahintreiben, ohne sich zu drehen oder zu beschleunigen. Auf jeder davon befindet sich ein Beobachter, der die Welt um sich herum erforscht - der einen Maßstab besitzt, Abstände misst, eine Uhr besitzt, Zeitpunkte bestimmt, und der auf seiner Raumstation zudem allerhand physikalische Experimente ausführt, um die Naturgesetze zu ergründen. Solche freien, unbeschleunigten Bezugssysteme werden auch Inertialsysteme genannt und die entsprechenden Beobachter Inertialbeobachter.

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In Einsteins Spezieller Relativitätstheorie geht es um Relativität oder Absolutheit der Aussagen, die die Beobachter auf den erwähnten, relativ zueinander bewegten Forschungsraumstationen treffen. Welche der Aussagen sind beobachterabhängig, also relativ, welche sind beobachterunabhängig, also absolut?

Eine Reihe der im fast-leeren Weltraum gewonnenen Gesetze lässt sich auch auf Beobachter hier auf der Erde übertragen und liefert Aussagen beispielsweise über die Eigenschaften schnell bewegter Elementarteilchen in Teilchenbeschleunigern. Dies schafft die Grundlage für Experimente, mit denen irdische Wissenschaftler die Vorhersagen der Speziellen Relativitätstheorie überprüfen.

1.1.2

Das Relativitätsprinzip

Wenn wir uns Raumstationen vorstellen, die im ansonsten leeren Weltraum aneinander vorbeitreiben, so sind die offensichtlichsten Beispiele für relative Aussagen solche über Geschwindigkeiten. Aus der Sicht des Beobachters A, der seine Raumstation als in Ruhe befindlich wahrnimmt, zieht die Raumstation des Beobachters B mit beachtlicher Geschwindigkeit über den Nachthimmel. Aus Sicht des Beobachters B dagegen ruht seine Raumstation, während die des A sich bewegt. Ob sich eine Raumstation in Ruhe befindet oder sich bewegt, und wenn ja, mit welcher Geschwindigkeit - all diese Aussagen scheinen beobachterabhängig-relativ zu sein.

Aber stimmt das wirklich? Gibt es für einen Raumstationsbewohner keine Möglichkeit, ohne den äußeren Bezug auf andere Raumstationen festzustellen, ob er sich in Bewegung befindet oder nicht? Denkbar wäre beispielsweise, dass es tatsächlich einen Zustand absoluter Ruhe gibt, der vor allen anderen Bewegungszuständen ausgezeichnet ist und sich durch geschickte Laborexperimente nachweisen lässt, die jeder Beobachter in seiner Raumstation durchführen kann. Für den absolut ruhenden Beobachter ergäben diese Schlüsselexperimente ein anderes Resultat als für alle anderen Beobachter. Jeder Beobachter könnte am Resultat eindeutig und ohne Bezug auf die Außenwelt ablesen, ob er sich in absoluter Ruhe oder in Bewegung befindet.

Dass es kein solches Experiment gibt, und dass Geschwindigkeit daher tatsächlich relativ ist, ist der Inhalt des so genannten Relativitätsprinzips, eines der Grundprinzipien der Speziellen Relativitätstheorie. Es besagt: Wann immer einer der Beobachter in einem auf seiner Raumstation befindlichen Labor ein Experiment durchführt - das Ergebnis wird dasselbe sein wie das eines der anderen Beobachter, der im Labor seiner Raumstation haargenau den gleichen experimentellen Aufbau verwendet.

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1.1.3

Die Relativität von Raum und Zeit

Überraschend an der Speziellen Relativitätstheorie ist, dass sich eine Reihe von möglichen Aussagen und Messergebnissen, die wir unserer Alltagserfahrung nach für absolut halten, als beobachterabhängig herausstellt. Das Paradebeispiel sind Aussagen zu Raum und Zeit, Längen und zeitlicher Dauer.

So zeigt sich in Einsteins Theorie beispielsweise, dass Gleichzeitigkeit ein relatives Konzept ist - für zwei gegebene Ereignisse, von denen ein Beobachter auf der Raumstation A behauptet, sie fänden gleichzeitig statt, wird ein Beobachter auf der an A vorbeifliegenden Raumstation B in der Regel zum Schluss kommen, sie fänden keineswegs gleichzeitig statt. (Näheres zu diesem ungewohnten Umstand und zu der Notwendigkeit, Gleichzeitigkeit überhaupt erst einmal zu definieren, findet sich im Vertiefungsthema Die Unselbstverständlichkeit des Jetzt.)

Ebenso wenig ist die zeitliche Dauer eines Vorgangs vom Beobachter unabhängig. Der betreffende relativistische Effekt heisst Zeitdilatation, salopp zusammengefasst: "Bewegte Uhren laufen langsamer." Etwas genauer: Aus Sicht eines Beobachters auf Raumstation A, der die zeitliche Dauer von Vorgängen anhand seiner Borduhr bestimmt, geht die baugleiche Borduhr der Raumstation B, die an ihm vorbeifliegt, langsamer als seine eigene. Eine irdische Version dieses Effekts lässt sich anhand von Elementarteilchen überprüfen, beispielsweise denen, die im Protonen-Synchrotron des Forschungszentrums CERN umlaufen, einem Teilchenbeschleuniger) , der in der folgenden Abbildung zu sehen ist:

[Bild © CERN]

Viele Elementarteilchen sind instabil, sie haben nur eine endliche Lebensdauer: nach einer bestimmten Zeit zerfallen sie in andere Elementarteilchen. Vergleicht man instabile Elementarteilchen, die sich in Ruhe befinden, mit Teilchen derselben Sorte, die auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt sind, so leben letztere deutlich länger. Die betreffenden Messergebnisse stimmen vorzüglich mit der relativistischen

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Vorhersage überein, dass die "inneren Uhren" der bewegten Elementarteilchen, die den Zerfallszeitpunkt bestimmen, aus Sicht eines äußeren Beobachters erheblich langsamer gehen.

Gegenstück zur Zeitdilatation ist die so genannte Längenkontraktion: Vom Standpunkt eines Beobachters auf der Raumstation A aus, der Längen mit Hilfe eines an Bord befindlichen Längenmaßstabs bestimmt, erweist sich der baugleiche Längenmaßstab an Bord der vorbeifliegenden Raumstation B als kürzer als sein eigener Maßstab.

1.1.4

Die konstante Lichtgeschwindigkeit

Im letzten Abschnitt hat sich vieles, was wir im Alltag als absolut betrachten, als beobachterabhängig-relativ herausgestellt. In diesem Abschnitt geht es um eine Größe, die, ebenso überraschend, unabhängig vom Beobachter und in diesem Sinne absolut ist: die Lichtgeschwindigkeit.

Unserem Alltagsverständnis nach würden wir erwarten, dass zwei relativ zueinander bewegte Beobachter - selbst, wenn sie ihre Maßeinheiten für Länge, Zeit und Geschwindigkeit gleich definieren - für ein und dasselbe Lichtsignal unterschiedliche Geschwindigkeiten messen. Das ergibt sich daraus, wie wir es im Alltag gewohnt sind, Relativgeschwindigkeiten zu ermitteln.

Angenommen, ich stehe am Autobahnrand und sehe zwei Autos in gleicher Richtung vorbeifahren. Für jedes der beiden ergibt meine Geschwindigkeitsmessung eine Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern. Daraus schließe ich, dass sich aus Sicht jedes der Autofahrer das jeweils andere Auto relativ zum eigenen Wagen überhaupt nicht bewegt. Hätte ich stattdessen für eines der Autos eine Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern gemessen, so würde ich schließen, der Fahrer des langsameren Wagens sehe das schnellere Auto relativ zu seinem eigenen mit 20 Stundenkilometern davonziehen. In beiden Fällen ziehe ich die von mir gemessenen Geschwindigkeiten voneinander ab, um die Relativgeschwindigkeit zu erhalten: 100 minus 100 Stundenkilometer sind Null Stundenkilometer Relativgeschwindigkeit im ersten Fall, 100 minus 80 Stundenkilometer sind 20 Stundenkilometer Relativgeschwindigkeit im zweiten Fall.

Für Licht könnte man vor diesem Hintergrund ähnliches erwarten: Angenommen, ich messe für ein Lichtsignal die übliche Geschwindigkeit von c=299 792,458 Kilometer pro Sekunde und sehe ferner, wie ein Raumschiff diesem Lichtsignal mit c/2, also der Hälfte dieser Geschwindigkeit, hinterherfliegt. Dem Alltagsdenken folgend könnte man meinen, von diesem Raumschiff aus gesehen müsste das vorauseilende Licht eine Geschwindigkeit von nur c - c/2 = c/2 haben, also die Hälfte der Lichtgeschwindigkeit, die ich messe.

Laut Spezieller Relativitätstheorie ist das allerdings nicht der Fall. Meine Geschwindigkeitssubtraktion geht stillschweigend davon aus, dass die Längen- und Zeitmessungen des hinterherfliegenden Raumschiffs dieselben sind wie meine

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eigenen. Im letzten Abschnitt haben wir dagegen gesehen, dass dies nicht der Fall ist. Die Längenmaßstäbe des Raumschiffs scheinen mir beispielsweise kürzer als meine eigenen, und seine Uhren langsamer. Zusammen kombinieren sich diese relativistischen Unterschiede der Raum- und Zeitmessung gerade so, dass das Unerwartete eintritt: Auch aus Sicht des hinterhereilenden Raumschiffes bewegt sich das betreffende Lichtsignal mit der Geschwindigkeit c=299 792,458 Kilometer pro Sekunde.

Tatsächlich kombinieren sich die diversen relativistischen Effekte ganz allgemein so, dass das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit gewährleistet bleibt: Für jeden Raumstationsbewohner (anders gesagt: für jeden Inertialbeobachter) hat jedes Lichtsignal dieselbe, konstante Geschwindigkeit von c=299 792,458 Kilometern pro Sekunde, unabhängig von der Geschwindigkeit der Lichtquelle.

Die Lichtgeschwindigkeit ist die einzige Geschwindigkeit, die in diesem Sinne beobachterunabhängig-absolut ist. Und ihre Sonderrolle in der Speziellen Relativitätstheorie zeigt sich noch in weiterer Hinsicht:

Erstens ist sie die absolute Höchstgeschwindigkeit für die Übertragung von Information, Materie und Energie. Kein Objekt, so stark man es auch beschleunigt, kann je die Lichtgeschwindigkeit erreichen (warum das so ist, wird im Abschnitt E=mc2 erklärt).

Zweitens ist sie der allgegenwärtige Parameter in den Gleichungen der speziellen Relativitätstheorie. Wie ausgeprägt ein gegebener relativistischer Effekt ist, der sich aus der Relativbewegung zweier Bezugssysteme ergibt, hängt entscheidend davon ab, wie groß diese Relativgeschwindigkeit im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit ist.

1.1.5

Raumzeit

Aus dem Alltag bekannt ist uns das Konzept des Raums, einer Art Bühne für die Objekte unserer Welt, die ihre Lage oder ihre sonstigen Eigenschaften mit der Zeit verändern.

In der Speziellen Relativitätstheorie mit ihrer Relativität der Gleichzeitigkeit sind Raum und Zeit keine absoluten Strukturen mehr. Welche Elemente der zeitlichen Entwicklung zu einem gegebenen Zeitpunkt - gleichzeitig - stattfinden, beurteilen relativ zueinander bewegte Beobachter unterschiedlich. Absolut ist lediglich die Raumzeit, die Gesamtheit aller Ereignisse. Wie diese Raumzeit in Momentaufnahmen aufgeteilt wird, aus deren Aneinanderreihung sich eine Entwicklung der Welt im Raum, mit der Zeit, ergibt, hängt davon ab, welcher von zwei gegeneinander bewegten Beobachtern die Aufteilung vornimmt. In unserer eingangs erwähnten Beispielsituation, in der zwei Raumstationen aneinander vorbeitreiben, sind sich die beiden Raumstationsbewohner im allgemeinen nicht einig, ob zwei gegebene Ereignisse gleichzeitig stattfinden oder nicht.

Allerdings hat die Raumzeit trotz der unterschiedlichen Einschätzung der verschiedenen (Inertial-)Beobachter eine Struktur, die von allen Beobachtern gleich

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eingeschätzt wird und in diesem Sinne absolut ist. Das ist die so genannte Kausalstruktur, die Gesamtheit aller Aussagen darüber, welche Ereignisse sich gegenseitig im Prinzip beeinflussen können, und wo ein Einfluss unmöglich ist.

Konkret: Kann ein Ereignis A, das zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort stattfindet, die Ursache eines anderen Ereignisses B sein, letzteres Ereignis ebenfalls charakterisiert durch Angabe von Ort und Zeitpunkt? Erinnern Sie sich daran, dass die Lichtgeschwindigkeit in der speziellen Relativitätstheorie die Höchstgeschwindigkeit für die Übertragung von Information und Energie sowie für die Bewegung von Objekten darstellt. Wenn ein Lichtsignal, das beim Ereignis A (das heißt sowohl am selben Ort wie auch zum selben Zeitpunkt wie A) erzeugt und zum Ort des Ereignisses B geschickt wird, dort erst nach Ereignis B ankommt, dann ist ein Einfluss von A auf B unmöglich, denn ein solcher Einfluss hätte sich verbotenerweise schneller als das Licht bewegen müssen. Kommt das Lichtsignal dagegen vor dem Ereignis B am betreffenden Ort an, dann könnte auch ein etwaiger Einfluss auf diesem Wege übertragen worden sein, ohne dass er dafür das kosmische Tempolimit der Lichtgeschwindigkeit hätte brechen müssen.

In der Relativitätstheorie wird der Einflussbereich eines Ereignisses oft grafisch wie folgt dargestellt:

Es handelt sich um ein so genanntes Raumzeitdiagramm, in dem die senkrechte Achse die Zeit und die waagerechte Achse für eine der Raumrichtungen steht. Die Lichtstrahlen, die von dem Ereignis A am Schnittpunkt der beiden Achsen ausgehen, bilden die dargestellten gelben Geraden. Sie begrenzen einen Doppelkegel, der Lichtkegel genannt wird. Im oberen Teil, dem Zukunftslichtkegel, in der Grafik als Region I bezeichnet, liegen alle Ereignisse, die das Ereignis A beeinflussen kann (sprich, zu dem ein bei A ausgeschicktes lichtschnelles oder langsameres Signal gelangen kann). Im unteren Teil, dem Vergangenheitslichtkegel, in der Grafik Region II, liegen alle Ereignisse, durch die das Ereignis A im Prinzip beeinflusst worden sein kann (sprich, von denen aus ein lichtschnelles oder langsameres Signal zu A gelangen kann). Ausserhalb des Lichtkegels, in der schraffierten Region III, liegen alle Ereignisse, die von A weder beeinflusst werden noch ihrerseits das Ereignis A beeinflussen können.

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1.1.6

E=mc2

Betreibt man relativistische Mechanik und untersucht, wie sich Objekte im Raum bewegen und wie ihre Bewegung durch äußere Kräfte beeinflusst wird, so ergibt sich ein weiterer relativistischer Effekt. In der vor-einsteinschen Physik war das Verhältnis der Stärke einer Kraft, die auf einen Körper wirkt, zu der Geschwindigkeitsänderung (der Beschleunigung) die der Körper daraufhin erfährt, konstant. Es heißt in der Physik auch die (träge) Masse des Körpers.

In der Speziellen Relativitätstheorie dagegen ist die träge Masse eines Körpers umso größer, je höher seine Geschwindigkeit ist. Das führt zu der bereits erwähnten Unmöglichkeit, einen materiellen Körper auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen: Je schneller der Körper, umso größer seine Masse und damit der Widerstand, den er weiterer Beschleunigung entgegensetzt. Je näher der Körper der Lichtgeschwindigkeit kommt, umso größer die Massenzunahme; um ihn ganz auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, wäre rechnerisch eine unendlich große Kraft vonnöten.

Die Massenzunahme ist Teil eines allgemeineren Phänomens, der relativistischen Äquivalenz von Masse und Energie: Jede Energie, die ich einem Körper zuführe, erhöht auch seine Masse; jede Energie, die ich ihm entziehe, verringert sie. In dem bereits erwähnten Fall führe ich dem Körper, den ich beschleunige, Bewegungsenergie zu, und diese Energiezunahme erhöht seine Masse.

Umgekehrt enthält selbst ein ruhender Körper allein aufgrund seiner Masse Energie. Energie und (träge) Masse erweisen sich als untrennbar verknüpft - jeder Körper der Masse m hat automatisch die Gesamtenergie

E=mc2

(wobei c, wie oben schon, die Lichtgeschwindigkeit angibt), und jeder Körper der Gesamtenergie E hat, in Umkehrung der Formel, die träge Masse m=E/c2. Masse und Energie sind, von dem konstanten Umrechnungsfaktor c2 abgesehen, ein und dasselbe. Nur ihre Unkenntnis der relativistischen Effekte hat die vor-einsteinschen Physiker dazu verleitet, die beiden Konzepte unabhängig voneinander zu definieren.

1.1.7

Fazit

Der kurze Streifzug durch die spezielle Relativitätstheorie zeigt, wie sehr diese Theorie unseren Alltagsvorstellungen von Raum und Zeit widerspricht. Bewegte Uhren gehen anders, die Lichtgeschwindigkeit ist für alle (Inertial-)Beobachter dieselbe, das Ergebnis von Längenmessungen hängt davon ab, wer sie vornimmt - all das ist für uns sehr ungewohnt. Dass dem so ist, und dass uns die relativistischen Effekte nicht im Alltag begegnen, liegt im wesentlichen daran, dass die

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Lichtgeschwindigkeit, verglichen mit den Geschwindigkeiten, die wir aus dem Alltag kennen, sehr groß ist. Die Abweichung der relativistischen Effekte von unserer Alltagserfahrung hängt aber direkt vom Verhältnis der betreffenden Relativgeschwindigkeit zur Lichtgeschwindigkeit ab; für die Geschwindigkeiten beispielsweise, mit denen wir in Flugzeugen fliegen, ist die Zeitdilatation so gering, dass man sie nur mit hochgenauen Atomuhren nachweisen kann.

Die Spezielle Relativitätstheorie stellt einen Rahmen dar, in den sich andere physikalische Gesetze einbetten lassen. Geradezu maßgeschneidert ist sie zur Einbettung der Naturgesetze der elektrischen Ladungen, der elektrischen und der magnetischen Kräfte etwa, die so genannte Maxwellsche Elektrodynamik. Auch die Verbindung von Spezieller Relativitätstheorie und Quantentheorien hat sich als äußerst erfolgreich erwiesen; sie wird im Kapitel Relativität und Quanten angesprochen.

Nur eine Kraft wollte sich partout nicht von der speziellen Relativitätstheorie vereinnahmen lassen: die Schwerkraft. Dieser Umstand führte Einstein schließlich zur Formulierung einer noch weiterreichenderen Naturbeschreibung: seiner allgemeinen Relativitätstheorie.

Im Rahmen von Einstein für Einsteiger geht es konsequenterweise weiter mit Kapitel 2: Die Allgemeine Relativitätstheorie

Wer erst noch tiefer in die Spezielle Relativitätstheorie einsteigen will, hat die Möglichkeit, sich zuerst die Vertiefungsthemen zur Speziellen Relativitätstheorie anzuschauen.

1.2.

Allgemeine Relativitätstheorie Relativität und Gravitation zusammenzuführen gelang Einstein erst mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie - und das nur, weil er eine alteingesessene physikalische Idee aufgab: Raum und Zeit sind mitnichten eine Hintergrundstruktur, eine passive Bühne für den Trubel des Weltgeschehens. Stattdessen ist die Raumzeit dynamisch, wird durch die in ihr enthaltene Materie verzerrt und beeinflusst umgekehrt, wie sich die Materie bewegt. Diese Wechselwirkung zwischen Raumzeitstruktur und Materie ist Einsteins geometrische, relativistische Theorie der Schwerkraft.

Die neue Theorie macht überraschende Vorhersagen. Beispielsweise, dass auch Licht durch Gravitation abgelenkt wird - heute in einer Vielzahl astronomischer Beobachtungen nachgewiesen -, aber auch die Existenz von so exotischen Objekten wie Schwarzen Löchern oder von Gravitationswellen, denen spätere Abschnitte von einstein-online gewidmet sind.

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Ausgangspunkt auf dem Weg zur Geometrie der Schwerkraft war für Einstein die Überlegung, dass sich Gravitation zumindest zum Teil als Scheinphänomen erweist... dann nämlich, wenn sich der Beobachter im freien Fall befindet.

1.2.1

Fallende Fahrstühle

Eine wichtige Besonderheit der Gravitationskraft ist, dass sie alle Körper gleich schnell fallen lässt. Eine Feder und eine Kanonenkugel fallen mit haargenau derselben Beschleunigung zu Boden (zumindest in einem Vakuumbehälter, in dem es keine Luftreibungskräfte gibt).

Das heißt umgekehrt, dass es für einen Forscher, der in einer fensterlosen Kabine eingeschlossen ist, unmöglich ist, festzustellen, ob sich die Kabine im leeren Weltraum befindet, fernab aller Gravitationsquellen, oder aber im freien Fall in einem konstanten Schwerefeld. In beiden Situationen schwebt der Forscher schwerelos in der Kabine. Wir kennen diese Situation von den irdischen Raumfahrern, die sich schließlich mitnichten aus dem Einflussbereich der Erd- oder Sonnenschwerkraft entfernen, sondern sich in besonderen Spielarten des freien Falls befinden, etwa in einer Umlaufbahn um die Erde. Das folgende Foto etwa zeigt den Wissenschaftsastronauten C. Michael Foale an Bord der internationalen Raumstation ISS mit zwei freischwebenden Grapefruits.

[Bild: NASA]

Unter diesen Umständen sollte sich die Physik in der frei fallenden Kabine mit denjenigen Gesetzen beschreiben lassen die, wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, für Beobachter gelten, die fern aller Gravitationsquellen im freien Raum schweben: der Physik im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie.

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Ist die Gravitation damit nur eine Scheinkraft? Für die fast konstante Schwerkraft, die wir auf der Erdoberfläche gewohnt sind, könnte man so argumentieren, denn drehen wir den Spieß einmal um: Stellen wir uns vor, wir schwebten im leeren Weltraum zwischen all jenen Raumstationen, um die es im Kapitel zur speziellen Relativitätstheorie ging. Nun kommt ein Beobachter auf einer raketenbetriebenen Raumstation daher, die mit 9,81 Meter pro Sekundenquadrat beschleunigt wird. Ein Beobachter auf der beschleunigten Raumstation fühlt sich bei diesem Beschleunigungswert genauso schwer wie wir auf der Erdoberfläche: Auch die Schwerebeschleunigung, mit der Objekte nahe der Erdoberfläche zu Boden fallen, beträgt 9,81 Meter pro Sekundenquadrat. Auch für diesen Beobachter gibt es damit ein ganz klares Unten und Oben - Unten ist, wohin alle Körper fallen, und Oben ist die Gegenrichtung. Wenn er in seiner raketenbetriebenen Station nach oben schaut, sieht der Beobachter die anderen Raumstationen so schnell in Richtung des Bodens seiner eigenen Raumstation "fallen", wie wir Objekte in Richtung Erdboden fallen sehen. Und dennoch ist in dieser Situation nirgends Schwerkraft am Werk. Die Beobachter in den frei treibenden, unbeschleunigten Raumstationen sind sich einig: Allein der Umstand, dass der betreffende Beobachter die Welt von einem beschleunigten Bezugssystem aus betrachtet, ist Schuld daran, dass es für ihn so aussieht, als würden alle Objekte "zu Boden fallen", und sein "Oben" ist gerade die Richtung, in welche die Rakete beschleunigt wird.

Verhält es sich mit der Schwerkraft auf der Erde genauso? Ist sie letztendlich nur eine Folge des unnatürlich-beschleunigten Bezugssystems, von dem aus wir die Welt beobachten - und verschwindet, sobald wir zu einem frei fallenden Bezugssystem übergehen?

1.2.2

Ein Rest an Schwerkraft

Tatsächlich lässt sich die Schwerkraft der Erde auch beim Übergang in ein frei fallendes Bezugssystem nicht vollständig beseitigen (sie lässt sich nicht "wegtransformieren", wie Mathematiker sagen würden).

Um das zu sehen, betrachten wir eine frei fallende, aber gigantisch große Kabine, und darin schwebend zwei riesige Bälle. Was passiert, wenn diese Kabine Richtung Erde fällt, zeigt die folgende Animation:

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Hier wirkt sich aus, dass Körper, die auf die Erde zu fallen, nicht in ein und dieselbe Richtung fallen ("unten"), sondern auf ein und denselben Raumpunkt zu, nämlich den Erdmittelpunkt. Selbst aus Sicht des mit der Kabine frei fallenden Beobachters wirkt sich die Erdschwerkraft daher ein wenig aus. Den Fall der Bälle nach unten bekommt dieser Beobachter zwar nicht mit, da er selbst in seiner Kabine nebenherfällt. Dass sich die beiden Bälle dabei etwas näher kommen, sieht er dagegen sehr wohl.

Grund des Näherkommens ist, dass die Schwerkraft, die auf den linken Ball wirkt, eine etwas andere Richtung hat als die auf den rechten. Für die Annäherung verantwortlich ist die Differenz der beiden Kräfte, eine sogenannte Gezeitenkraft. (Namensgebend ist dabei der leichte Kraftunterschied, mit dem die Gravitationskraft des Mondes auf die Erde, auf die dem Mond zugewandten und die ihm abgewandten Ozeane wirkt - dieser Kraftunterschied ist verantwortlich für die Gezeiten, für Ebbe und Flut.)

Noch drastischer werden die Auswirkungen der Schwerkraft, wenn ein Kabinenbewohner seine Beobachtungen auf diejenigen Körper ausdehnt, die sich auf der anderen Seite der Erde befinden. Sicher, die direkt neben ihm fallenden Körper verhalten sich so, als gäbe es keine Schwerkraft. Doch die Körper auf der anderen Seite der Erde fallen sogar mit dem Doppelten der üblichen Schwerebeschleunigung auf solch einen Beobachter zu!

All das zeigt die Unterschiede zu der im letzten Abschnitt behandelten Situation eines beschleunigten Beobachters im gravitationsfreien Raum auf. Solch ein Beobachter musste nur sein Bezugssystem wechseln - das Raketentriebwerk seiner Raumstation abschalten - und schon verschwand das, was er vorher als konstante "Schwerkraft" wahrgenommen hatte. Die Erdschwerkraft dagegen lässt sich durch den Übergang in ein frei fallendes Bezugssystem nicht vollständig zum verschwinden bringen. In einer kleinen, frei fallenden Kammer, in der wir das Geschehen nur eine kurze Zeit verfolgen, ist der Unterschied zum gravitationsfreien Raum zwar

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verschwindend gering. Doch je größer der betrachtete Raumzeitbereich ist, je größer unsere Fahrstuhlkabine ist, je länger wir beobachten, umso deutlicher wird der auch im freien Fall nachweisbare "Rest an Schwerkraft".

Diese Situation weist überraschende Analogien zu einem Teilbereich der Mathematik auf: der Geometrie gekrümmter Oberflächen.

1.2.3

Papier und Kugel

Die einfachste zweidimensionale Oberfläche ist die flache Ebene - das unendlich ausgedehnte Analogon eines flachen Blattes Papier. Die kürzeste Verbindung zweier Punkte in der Ebene ist ein Wegstück entlang der Geraden, auf der die beiden Punkte liegen. Aus solchen geraden Strecken lassen sich geometrische Figuren zusammensetzen, etwa Dreiecke. Für sie gelten die Beziehungen der ebenen Geometrie, wie sie die meisten Leser aus der Schule kennen dürften - vom Strahlensatz über den Umstand, dass die Winkelsumme in jedem Dreieck 180 Grad beträgt bis zum Satz des Pythagoras.

Eine perfekte Ebene ist nur der einfachste Fall einer Fläche. Allgemeinere Oberflächen, etwa eine Kugelfläche, eine Sattelfläche, oder die sanft gewellte Fläche, die zurückbleibt, wenn sich bei Ebbe das Wasser aus dem Wattenmeer zurückgezogen hat, haben nicht mehr dieselben geometrischen Eigenschaften wie eine Ebene. Ein Beispiel für eine Fläche, die nicht eben, sondern gekrümmt ist, ist die Oberfläche einer Kugel. In einer Kugeloberfläche gibt es keine Geraden, allenfalls geradestmögliche Kurven. Solche geradestmöglichen Kurven in einer Fläche werden Geodäten genannt. Im Falle der Kugel sind die Geodäten die so genannten Großkreise (beispielsweise der Äquator). Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten auf der Kugeloberfläche führt entlang des Großkreises, entlang der Geodäte, auf der die beiden Punkte liegen.

Die folgende Abbildung zeigt eine Kugel sowie, in grün, ein durch Geodätenabschnitte gebildetes Dreieck:

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Allein die zwei rechten Winkel am Äquator (rote Linie) addieren sich schon zu 180 Grad. Die Winkelsumme des gesamten Dreiecks, bei der noch der Winkel an der Dreiecksspitze am Nordpol hinzukommt, ist somit deutlich größer als 180 Grad. Tatsächlich lässt sich mit Hilfe dieses Winkelüberschusses ein exaktes Maß für die Krümmung der Kugel (und damit der Abweichung ihrer Geometrie von jener der Ebene) definieren.

Trotz der Unterschiede gilt folgendes: Wenn man beispielsweise einen winzig kleinen Oberflächenausschnitt einer Kugel mit der Lupe betrachtet, dann ist er kaum zu unterscheiden von einer kleinen Region eines flachen Blattes Papier. Erst bei größeren Oberflächenregionen macht sich bemerkbar, dass die Kugel gekrümmt ist; je ausgedehnter die Region, umso deutlicher merkbar die Krümmung.

Dasselbe gilt für jede gekrümmte Oberfläche: ein winziger Ausschnitt dieser Oberfläche ist von einem Ebenenabschnitt so gut wie nicht zu unterscheiden. Das ist exakt analog zu den Eigenschaften der Schwerkraft, die in den letzten beiden Abschnitten behandelt wurden: In einer sehr kleinen Raumzeitregion, der Kabine eines Beobachters etwa, der für eine gewisse Zeit frei fällt, ist von der Schwerkraft nichts zu merken. Das Kabineninnere ist von einem Ausschnitt aus der gravitationsfreien Raumzeit der speziellen Relativitätstheorie nicht zu unterscheiden. Erst in einem größeren Raumzeitausschnitt, etwa einer Kabine von riesenhaften Ausmaßen, zeigt sich, dass die betrachtete Raumzeit von der gravitationsfreien, "flachen" Raumzeit abweicht. Die Rest-Schwerkraft, die sich dabei bemerkbar macht, ist das Analogon der geometrischen Krümmung.

Wenn man diese Analogie ernstnimmt, lässt sie sich tatsächlich zu einer geometrischen Gravitationstheorie ausarbeiten.

1.2.4

Einsteins geometrische Gravitation

In der flachen Raumzeit, der gravitationslosen Raumzeit der Speziellen Relativitätstheorie, bewegen sich Körper, auf die keine Kräfte wirken, auf "Raumzeitgeraden": sie laufen mit konstanter Geschwindigkeit entlang gerader Bahnen.

Im Newtonschen Bild der Gravitation übt eine große Masse, die wir in den ansonsten leeren Raum setzen, auf sie umgebende kleine Testkörper eine Kraft aus, die diese Testkörper von ihren Raumzeitgeraden ablenkt, indem sie ihre Bahnkurven in Richtung auf die Zentralmasse hin verbiegt und die Testkörper in diese Richtung beschleunigt.

In Einsteins geometrischer Theorie der Gravitation dagegen bewirkt eine Masse, die wir in den ansonsten leeren Raum setzen, eine Verzerrung der Raumzeit: War die leere Raumzeit (jene der speziellen Relativitätstheorie) flach, ist die Raumzeit in Anwesenheit dieser Masse gekrümmt. In dieser gekrümmten Raumzeit gibt es keine Raumzeitgeraden mehr, ebenso wenig wie es auf der Oberfläche einer Kugel Geraden gibt. Es gibt lediglich Geodäten, geradestmögliche Raumzeitbahnen.

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Testkörper in der Umgebung der Zentralmasse folgen den geradestmöglichen Bahnen in der durch die Masse gekrümmten Raumzeit. Die Gravitation lenkt Testkörper nicht von ihren geraden Bahnen ab - sie verzerrt Raum und Zeit und definiert damit neu, was es bedeutet, sich auf einer geradestmöglichen Bahn zu bewegen.

Einsteins Universum ist damit ein steter Reigen, bei dem Materie und Raumzeit sich gegenseitig beeinflussen: Eine gegebene Materieanordnung verzerrt die Geometrie der Raumzeit (und das, nebenbei bemerkt, nicht nur über ihre Masse, sondern beispielsweise auch über Energie, innere Spannung oder Druck); die Geometrie der Raumzeit bestimmt, wie sich die Materie weiterbewegt. Entsprechend der durch die Bewegung leicht veränderten Materiekonfiguration verändert sich auch die Raumzeitgeometrie, diese veränderte Geometrie beeinflusst die weitere Bewegung der Materie nun etwas anders als vorher, und so weiter, und so fort.

Wäre Einsteins Bild einfach nur eine andere Interpretation der Newtonschen Gravitation, so wäre es eine hübsche Erkenntnis, aber kaum weltbewegend. Tatsächlich führt Einsteins Theorie zu Vorhersagen, die sich von denen des Newtonschen Modells zum Teil sehr deutlich unterscheiden. Vom Einsteinschen Blickpunkt aus gibt die Newtonsche Gravitationstheorie lediglich einen kleinen Ausschnitt der Gravitationswirkung wieder - eine bestimmte Verzerrung der Zeit durch die Anwesenheit von Masse, die die Geodäten der Raumzeit gerade zu den Newtonschen Umlaufbahnen und Fallparabeln werden lässt. Die Verzerrung des Raums, der verzerrende Einfluss von Energie und Druck sowie eine genau festgelegte Rückkopplung, eine Art Rückwirkung der Raumzeitverzerrung auf sich selbst - all diese Einsteinschen Effekte bleiben bei Newton außen vor.

1.2.5

Planet auf Abwegen

Die erste Überprüfung der allgemeinen Relativitätstheorie durch astronomische Beobachtungen betraf freilich eine Situation, in der sich Newtonsche und Einsteinsche Vorhersagen nur sehr wenig unterscheiden. Schauplatz ist unsere direkte kosmische Nachbarschaft, Prüfstein die Bahnbewegung des Merkur, des innersten Planeten unseres Sonnensystems. Gemäß der vor-einsteinschen Physik (in diesem Falle: gemäß der Keplerschen Bahngesetze, die sich aus der Newtonschen Mechanik ableiten lassen) sollte sich ein einsamer Planet bei seinem Umlauf um eine Sonne auf einer Ellipsenbahn bewegen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht:

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Die Einsteinsche Theorie sagt für solch einen Planeten eine etwas andere Bahn voraus: keine geschlossene Ellipse, sondern eine Art Rosette, bei welcher sonnennächster und sonnenfernster Bahnpunkt (in der Sprache der Astronomen: Perihel und Aphel) bei jedem Umlauf ein wenig weiterwandern, wie hier, bewusst übertrieben, dargestellt:

In unserem Sonnensystem, in dem es nicht nur ein einsames Sonne-Planet-Paar, sondern viele Planeten gibt, ist die Situation zwar komplizierter. Dort kann das gegenseitige Ziehen der Planeten aneinander auch ohne Einstein für eine rosettenartige Verschiebung sorgen. Und doch: beim Merkur beobachteten die Astronomen einen zusätzlichen, auch unter Berücksichtigung aller bekannten Planeten nicht erklärbaren Beitrag zur Rosettenbewegung. Eine einfache Rechnung im Rahmen der allgemeinen Relativitätstheorie ergab dagegen ohne weitere Zusatzannahmen genau den beobachteten zusätzlichen Verschiebungseffekt. Da die Astronomen die Rosettenverschiebung anhand des sonnennächsten Punkts definieren, des Perihels, heißt dieser Beitrag relativistische Periheldrehung. Beim sonnennahen, schnellen Merkur ist die relativistische Korrektur am größten; in jüngerer Zeit konnte sie auch für die Venus, die Erde und den Mars nachgewiesen werden.

1.2.6

Verbogene Lichtstrahlen

Im Gegensatz zum Newtonschen Bild der Gravitation ergibt sich aus der allgemeinen Relativitätstheorie direkt, dass auch Licht von der Gravitation beeinflusst wird. Ebenso wie die Bewegung frei fallender Materie, wird auch die Lichtausbreitung durch Geodäten bestimmt: Licht folgt den geradesten in einer gekrümmten Raumzeit möglichen Raumzeitbahnen.

Beispielsweise werden Lichtstrahlen, die an einem massiven Körper vorbeiführen, zu dieser Masse hin verbogen, und zwar umso stärker, je näher das Licht dem Körper kommt. Das zeigt die folgende Abbildung; gelb eingezeichnet ein massiver Körper, in

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rot die Bahnen von links kommenden Lichtes:

Der erste Nachweis der relativistischen Lichtablenkung gelang 1919 britischen Astronomen. Sie nutzen aus, dass sich der Ablenkungseffekt bei astronomischen Beobachtungen zeigt: Wo auf der Himmelskugel wir einen Stern beobachten, ist Ausdruck der Richtung, aus der uns das Licht des Sterns erreicht. Für Licht eines Stern, das nahe des Sonnenrands vorbeistreicht, kommt es zu dem oben abgebildeten Ablenkungseffekt: die Lichtbahn verbiegt sich etwas, entsprechend ändert sich die Richtung, aus der uns das Licht des betreffenden Sterns erreicht, und damit erscheint auch seine Position an der Himmelskugel etwas verschoben. Beobachten ließ sich diese veränderte Position freilich nur während einer Sonnenfinsternis, da das Licht der Sonne einen am Sonnenrand befindlichen Stern ansonsten deutlich überstrahlt. Vergleicht man fotografische Aufnahmen eines solchen Sterns am Sonnenrand mit Fotografien desselben Sterns und derselben Himmelsregion, die aufgenommen wurden, als sich die Sonne an einem ganz anderen Ort der Himmelskugel befand, so lässt sich der Effekt der Lichtablenkung messen. Dass die so gewonnenen - freilich nicht ausnehmend genauen - Beobachtungsdaten Einsteins Vorhersage entsprachen, war ein großer Erfolg der allgemeinen Relativitätstheorie (und zugleich der Beginn von Einsteins weltweiter Berühmtheit).

Eine wichtige Anwendung des Ablenkungseffekts sind so genannte Gravitationslinsen, bei denen die Lichtablenkung durch eine Masse dazu führt, dass Astronomen am Himmel zwei oder mehr Bilder ein und desselben astronomischen Objekts nachweisen können. In der folgenden Abbildung handelt es sich nicht vier in Kreuzform rund um ein Zentrum angeordnete Objekte, sondern um vier Bilder ein und desselben Objekts:

[Bild: NASA/ESA/STScI]

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1.2.7

Fazit

Ziel dieses Kapitels war es, zumindest einen ungefähren Eindruck von den Grundlagen der allgemeinen Relativitätstheorie zu liefern.

Einsteins Gravitationstheorie führte die Physiker zu einer Reihe neuer Phänomene und Modellvorstellungen. Die wichtigsten davon - Gravitationswellen, Schwarze Löcher, die Urknallmodelle - werden in den nachfolgenden Kapiteln behandelt.

Im Rahmen von Einstein für Einsteiger geht es dementsprechend weiter mit einem der neuen Phänomene, die Einstein vorhersagte: Kapitel 3: Gravitationswellen.

Alternativ besteht die Möglichkeit, zuerst in den Vertiefungsthemen zu den Grundlagen der Allgemeinen Relativitätstheorie zu stöbern.

1.3

Gravitationswellen Raum und Zeit nicht als starrer Hintergrund, sondern mit dynamisch veränderlicher Geometrie - das ist das Grundprinzip der allgemeinen Relativitätstheorie. Eine der faszinierendsten Konsequenzen der Raumzeit-Dynamik ist, dass sich kleine Störungen der Raumzeitgeometrie - kleine Abweichungen von der Geometrie der absolut leeren Raumzeit - als Wellen ausbreiten können.

Eine ähnliche Art der Ausbreitung kennen wir von Schallwellen: ein kleiner Bereich von Luft ist etwas dichter und hat daher einen höheren Druck als seine Umgebung, dehnt sich daher etwas aus, was wiederum in der Nachbarschaft zu höherer Dichte, Druck und leichter Ausdehnung führt, und auf diese Weise pflanzt sich der Dichteüberschuss immer weiter fort. Im Einsteinschen Fall ist es eine kleine Raumzeitverzerrung, die zu einer weiteren Raumzeitverzerrung in der Nachbarschaft führt, so dass sich die Störung letztendlich durch den ganzen Raum fortpflanzt und zwar, so ergibt sich aus der Theorie, mit Lichtgeschwindigkeit. Diese sich fortpflanzenden Störungen sind die Gravitationswellen.

1.3.1

Rhythmische Verzerrungen

Die Raumzeitstörung, die sich fortpflanzt, ist eine bestimmte Art der Abstandsverzerrung, und die Wirkung einer Gravitationswelle besteht denn auch darin, die räumlichen Abstände zwischen frei fallenden Objekten rhytmisch zu verzerren.

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Für den einfachsten Fall einer solchen Welle lässt sich die Verzerrung wie folgt veranschaulichen. Angenommen, wir befinden uns einmal mehr im Weltraum, fernab aller Gravitationsquellen. Auf dem Fussboden unserer Raumschiffkabine legen wir aus verschiedenfarbigen Sandkörnern das folgende Mandala-Bild:

Wohlgemerkt handelt es sich bei den einzelnen Sandkörnern um freie Teilchen, die schwerelos über dem Fussboden unserer Kabine schweben.

Eine einfache Gravitationswelle, die durch dieses Mandala läuft, verzerrt die Abstände zwischen den Sandteilchen so, wie in der folgenden animierten Abbildung zu sehen. In dem dargestellten Fall läuft die Welle aus Richtung des Computerbildschirms auf den Betrachter zu und durchquert dabei das Mandala.

Das Zusammenspiel von Verlängerungen und Verkürzungen der Abstände - Streckung in die eine Richtung, gleichzeitige Stauchung in die andere - und der

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Umstand, dass die Verzerrungen in einer Ebene senkrecht zur Ausbreitungsrichtung stattfinden, sind allgemeine Eigenschaften von Gravitationswellen.

1.3.2

Wellen-Quellen

Die Gelegenheiten, bei denen Gravitationswellen entstehen können sind vielfältig: Fast überall dort, wo Massen beschleunigt werden, ob nun zwei Himmelskörper umeinander umlaufen oder Materie bei einer gewaltigen Explosion in den Weltraum geschleudert wird, werden Gravitationswellen ausgesandt.

Allerdings sind die Gravitationswellen, die uns aus den Tiefen des Alls erreichen, umso schwächer, je weiter das erzeugende Ereignis von uns entfernt ist. Als Quellen jener Wellen, von denen wir hoffen können, sie mit empfindlichen Detektoren nachzuweisen, kommen daher vor allem kosmische Extremsituationen infrage.

Eine solche Extremsituation ist gegeben, wenn zwei Neutronensterne umeinander kreisen, oder wenn es sich bei einem der Partner (oder gar bei beiden) um ein Schwarzes Loch handelt. Solche Objekte (auf beide Arten wird im nachfolgenden Kapitel Schwarze Löcher & Co. näher eingegangen) sind sehr kompakt: sie besitzen, gemessen an ihrer geringen Größe, eine extrem hohe Masse. Das macht die betreffenden Doppelstern-Systeme zu vorzüglichen Gravitationswellen-Quellen.

Gravitationswellen konnten bislang nicht direkt beobachtet werden. Indirekt dagegen lässt sich ihre Existenz dagegen anhand eines Systems sich umkreisender Neutronensterne nachweisen, das den astronomischen Namen PSR1913+16 trägt. Einsteins Theorie sagt voraus, dass mit der Abstrahlung der Gravitationswellen ein Energieverlust einhergeht, durch den die Neutronensterne einander immer näherkommen und sich immer schneller umkreisen. Tatsächlich nimmt die Umlaufzeit des Systems PSR1913+16, über Jahrzehnte hinweg beobachtet, exakt in der Form und um denjenigen Betrag ab, wie von der allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt: ein deutlicher Hinweis auf die Abstrahlung von Gravitationswellen, der seinen Entdeckern Russell Hulse und Joseph Taylor den Physik-Nobelpreis 1993 einbrachte.

Wenn der Umkreisungs-Abstand, wie bei diesen Neutronensternen, mit der Zeit immer geringer wird, kommt es letztendlich zur Kollision und dabei zur Freisetzung ganz gewaltiger Energien in Form von Gravitationswellen. In der folgenden Computersimulation von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik entsprechen die sich ausbreitenden farbigen Regionen den Raumverzerrungen durch Gravitationswellen, die beim Zusammenstoß zweier Schwarze Löcher freigesetzt werden:

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Vielversprechende Quellen sind ausserdem sogenannte Supernovae, gewaltige Sternexplosionen, bei denen unvorstellbare Energien freigesetzt und gewaltige Materiemengen ins All hinausgeschleudert werden.

1.3.3

Gravitationswellen-Astronomie

Eine besondere Eigenschaft der Gravitationswellen ist, dass sie Informationen über die Quellobjekte enthalten - seien es Supernovae, seien es verschmelzende Schwarze Löcher. Dabei gibt es einige wichtige Unterschiede zwischen den Eigenschaften der Gravitationswellen und denen der elektromagnetischen Strahlung (Licht, Radiowellen, Röntgenstrahlung...), auf deren Nachweis herkömmliche astronomische Beobachtungen beruhen.

Jedes einzelne Atom kann elektromagnetische Wellen aussenden und absorbieren. Das Licht beispielsweise, das uns von einem astronomischen Objekt erreicht, ist daher ein im wahrsten Sinne des Wortes buntes Gemisch der Aussendungen seiner einzelnen Atome. Das hat Vorteile - beispielsweise lassen sich die einzelnen Lichtanteile zu ihrem Ursprungsort zurückverfolgen und zu einem Bild zusammensetzen, das uns die Struktur des betreffenden Objekts zeigt. Es gibt aber auch Nachteile: Dazwischenliegende Atome können Licht absorbieren und zerstreuen, und wir erhalten oft nur ein oberflächliches Bild astronomischer Objekte - das, was wir sehen, verbaut uns den Blick in tiefere Regionen.

Gravitationswellen astronomischer Objekte fügen sich weniger zu einem Bild denn zu einem Orchesterklang zusammen. Was uns von einer Gravitationswellenquelle, etwa einem Neutronensternpaar, erreicht, ist kein unzusammenhängendes Gemisch vieler kleiner Beiträge, sondern eine harmonische Gesamtwelle, die Informationen über ihren großräumigen Entstehungsprozess enthält. Wichtig ist, dass so gut wie alle astronomische Objekte für Gravitationswellen "durchsichtig". Diese Wellen können uns daher Informationen aus Regionen zutragen, die uns anderweitig nicht zugänglich wären - über die Materieeigenschaften verschmelzender Neutronensterne etwa, oder die Massenbewegungen im Innersten einer Supernova. Verborgene Regionen, die die Physiker bislang allenfalls durch Computersimulationen

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nachempfinden könnten (in der folgenden Abbildung: die Dichteverteilung im Zentrum einer Supernova), könnten dann direkt "hörbar" werden.

[Zentralregion einer Supernova, eine Sekunde nach Einsetzen der Explosion. Hellere Regionen entsprechen größerer Dichte. © L. Scheck, Max-Planck-Institut für Astrophysik]

Dementsprechend groß ist das Interesse daran, Gravitationswellen auch direkt nachzuweisen und die in ihnen enthaltenen Informationen zu entschlüsseln, kurz: "Gravitationswellenastronomie" zu betreiben.

Allerdings führen selbst die gewaltigsten Umwälzungen in unserer kosmischen Nachbarschaft zu Gravitationswellen die, wenn sie die Erde erreichen, nurmehr extrem schwach sind. Eine Supernova-Explosion in einer unserer Nachbargalaxien mag binnen Sekunden die Energie von Billionen Trilliarden Atomsprengköpfen freisetzen und einen Gutteil dieser Energie in Form von Gravitationswellen abstrahlen - auf dem langen Weg hinaus ins All verdünnt sich diese Energie soweit, dass hier auf der Erde nur noch ein höchst kläglicher Gravitationswellenrest ankommt, dessen Raumverzerrung den Abstand der Erde von der Sonne gerade mal um den Durchmesser eines Wasserstoffatoms vergrößert oder verkleinert. Dementsprechend stellt der direkte Nachweis solcher Gravitationswellen eine enorme technische Herausforderung dar.

1.3.4

Detektoren auf Wellenjagd

Die Jagd auf Gravitationswellen gehört zu den spannendsten Unternehmungen der aktuellen Gravitationsphysik. Weltweit arbeiten hunderte von Wissenschaftlern mit modernster Technik daran, Gravitationswellen erstmals direkt nachzuweisen - um anschließend Gravitationswellen-Astronomie betreiben zu können. Sie verwenden dazu zwei Arten von Detektoren.

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Eine Variante sind die Resonanzdetektoren. Sie basieren darauf, dass eine Gravitationswelle einen schwingungsfähigen Körper, etwa einen meterlangen Metallzylinder, in Schwingungen versetzt, die sich unter günstigen Umständen nachweisen lassen sollten. Entsprechende Detektoren befinden sich in Italien, den USA und in Australien im Einsatz.

Für vielversprechender halten die meisten Forscher die interferometrischen Detektoren. Ihr Kernstück sind frei aufgehängte Testmassen, deren Abstände voneinander durch eine Gravitationswelle rhythmisch vergrößert und verringert würden. Die Abstände dieser Massen werden mit Hilfe von Laserlicht mit höchster Genauigkeit vermessen. Ein solcher Detektor ist beispielsweise GEO 600 nahe Hannover, im folgenden Foto von oben gesehen:

[Bild © Harald Lück Univ. Hannover/AEI]

Die Testmassen befinden sich in dem Messcontainer im Vordergrund und am Ende der jeweils 600 Meter langen Arme, die nach hinten und nach rechts laufen. Vakuumröhren sorgen dafür, dass das Laserlicht möglichst störungsfrei von Testmasse zu Testmasse gelangen kann. Die größten interferometrischen Detektoren, mit Armlängen von jeweils 4 Kilometern, bilden das LIGO-Observatorium in den USA.

1.3.5

Fazit

Gravitationswellen versprechen Einblicke in Regionen des Weltalls, die herkömmlichen astronomischen Beobachtungen unzugänglich sind. Jedesmal, wenn die Astronomen in der Vergangenheit ein neues Fenster zum Kosmos aufgestoßen haben - bei Beginn der Radioastronomie oder bei Beobachtungen mit den ersten Röntgensatelliten - hat dies der Astrophysik eine Vielzahl neuer, zum Teil überraschender Erkenntnisse beschert. Eine derartige Revolution erhoffen die Forscher sich auch von der Gravitationswellen-Astronomie.

Bislang ist die Existenz von Gravitationswellen zwar nur indirekt erwiesen. Aber mit den derzeitigen Detektoren ist ein direkter Nachweis in den Bereich des Möglichen

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gerückt, und mit der in Vorbereitung befindlichen nächsten Detektorgeneration ist er nach heutigem Wissensstand mit großer Sicherheit zu erwarten.

Im Rahmen von Einstein für Einsteiger geht es weiter mit Objekten, die wir als mögliche Gravitationswellenquellen bereits kurz erwähnt hatten: Kapitel 4: Schwarze Löcher & Co.

Wer sich erst noch weiter mit den Eigenschaften und dem Nachweis von Gravitationswellen beschäftigen will, hat die Möglichkeit, in den Vertiefungsthemen zum Thema Gravitationswellen zu stöbern.

1.4

Schwarze Löcher & Co. Je kompakter und je massiver ein Objekt, umso stärker die Gravitationswirkung auf seine unmittelbare Umgebung - und umso deutlicher die Abweichung der allgemein-relativistischen Vorhersagen von jenen der Newtonschen Gravitationstheorie.

Dieser Abschnitt ist den kompaktesten Objekten im Universum gewidmet: zum einen superdichten Sternresten, den Neutronensternen und Pulsaren, zum anderen einer Klasse von Objekten, denen die Astrophysiker erst durch die allgemeine Relativitätstheorie überhaupt auf die Spur kommen konnten: den Schwarzen Löchern. Schwarze Löcher waren zunächst nur eine theoretische Vorhersage, eine exotische Konsequenz der Art und Weise, wie Einsteins Gravitation die Raumzeit verzerrt. Heute sind sie ein wichtiger Baustein der Modelle, mit denen Astrophysiker die Sternevolution oder die Aktivitäten im Inneren von Galaxienkernen erklären.

1.4.1

Neutronensterne und Pulsare

Massivere Sterne, die in sich zwischen fünf- und vierzigmal soviel Masse vereinigen wie unsere Sonne, nehmen ein dramatisches Ende. Ist der Kernbrennstoff, aus dessen Verschmelzung sich ihr Leuchten speist, verbraucht, kommt es zu einer gigantischen Explosion, einer so genannten Supernova. Dabei wird zum einen die Hülle des Sterns ins All geschleudert, verbunden mit einem unvorstellbaren Aufleuchten.

Zum anderen stürzen die Kernregionen des Sterns immer weiter zusammen. Binnen weniger Sekunden hat ihre Dichte soweit zugenommen, dass herkömmliche Atome den Druck nicht mehr aushalten. Ihre Elektronen und Protonen vereinigen sich zu elektrisch neutralen Neutronen, und es entsteht ein unvorstellbar dichter Ball aus Kernmaterie, nicht viel mehr als 20 Kilometer im Durchmesser, aber mit größerer Masse als die Sonne: ein Neutronenstern. Ein Stecknadelkopf voll

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Neutronensternmaterie hat mehr als doppelt soviel Masse wie das weltgrößte Passagierschiff, die Queen Mary II.

Ebenso wie sich die Drehgeschwindigkeit eines Eiskunstläufers pirouettengerecht steigert, wenn er Arme und Beine anzieht, kann die Kontraktion des langsam rotierenden Sterninneren zur Entstehung eines Neutronensterns führen, der sich pro Sekunde einige hundert Mal um die eigene Achse dreht. Wichtig ist, dass ein Zusammenspiel von Drehung, Magnetfeld und umgebenden Elementarteilchen im allgemeinen dazu führt, dass ein Neutronenstern leuchtturmgleich zwei scharf gebündelte Strahlen von Radiowellen aussendet. Ist der Stern so orientiert, dass einer seiner Radiostrahlen die Erde überstreicht, so tritt ein Leuchtturm-Effekt ein, wie in der folgenden Animation zu sehen:

[© M. Kramer, University of Manchester. Da die Abbildung 220 kB groß ist, kann es je nach Internetverbindung zu einer Verzögerung kommen, bis das Bild geladen ist.]

Radioastronomen erscheint der Neutronenstern als Pulsar, als ein Objekt, das hochgradig regelmäßige Radiopulse aussendet.

Neutronensterne sind aufgrund ihrer Kompaktheit ideale kosmische Laboratorien zur Übeprüfung der allgemeinen Relativitätstheorie. Der indirekte Nachweis von Gravitationswellen anhand eines Doppel-Neutronensterns wurde bereits im Kapitel Gravitationswellen erwähnt. Auch die Einzelheiten der relativistischen Beeinflussung von Lichtsignalen lassen sich an geeigneten Neutronensternsystemen mit hoher Genauigkeit studieren.

1.4.2

Schwarze Löcher

Für noch massivere Sterne kann sich im Anschluss an die Supernova-Explosion eine zusammenstürzende Zentralregion ausbilden, in der selbst die Entstehung der Neutronenmaterie den Kollaps nicht aufhalten kann. Ein Schwarzes Loch entsteht, genauer gesagt: ein stellares Schwarzes Loch, das ein bis zehnmal soviel Masse besitzt wie unsere Sonne. Von außen betrachtet ist dieses Schwarze Loch kein fassbares Objekt, sondern eine Raumregion, in die Materie zwar von außen hineinfallen, der aber nichts, was einmal hineingelangt ist, wieder entkommen kann. Grenze zwischen dieser Region und dem restlichen Weltall ist der so genannte Ereignishorizont oder Horizont. Im einfachsten Fall ist er wie eine Kugelöberfläche

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geformt, die im Raum schwebt. Was von außen durch diese Oberfläche tritt, kann sie nie mehr verlassen.

Von Schwarzen Löchern erreicht uns direkt kein Licht. Könnte man nahe genug herangelangen, würden sie sich allerdings dadurch bemerkbar machen, dass sie das Licht von dahinterliegenden Objekten ablenkten. Ein hypothetisches Beispiel zeigen die beiden folgenden Bilder. Das erste davon zeigt einen Ausschnitt des Sternenhimmels, wie ihn ein im Weltall schwebender Astronaut sehen könnte:

[© W. Benger, AEI/ZIB]

Das nächste Bild zeigt denselben Ausschnitt, dieselben Sterne - nur, dass diesmal in 500 000 Kilometer Entfernung von dem Astronauten ein Schwarzes Loch mit einer Sonnenmasse schwebt:

[© W. Benger, AEI/ZIB]

Das Licht der Sterne und Galaxien in der Bildmitte wird in Anwesenheit des Schwarzen Loches abgelenkt - das Erscheinungsbild eines dieser Objekte, das ist

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27

am auffälligsten, wird zu einer Art Ring verzerrt. Von diesem Ring abgesehen, der nur zustande kommt, weil Objekt und Schwarzes Loch relativ zum Beobachter sehr günstig angeordnet sind, ist das Schwarze Loch eher unauffällig.

So nahe wie für einen solchen Anblick nötig können die irdischen Astronomen einem Schwarzen Loch freilich nicht kommen, denn selbst das erdnächste Schwarze Loch, das wir kennen, ist über tausend Lichtjahre von uns entfernt - und das ist vielleicht auch ganz gut so. Sie sind auf indirekte Zeichen angewiesen, aus denen sich die Anwesenheit eines Schwarzen Loches erschließen lässt. Schwarze Löcher üben auf ihre Umgebung einen starken Schwerkrafteinfluss aus, sei es, dass sie die Bahnen naher Sterne ablenken, sei es, dass sie das Gas eines benachbarten Sterns zu sich ziehen, das dann in Form einer Akkretionsscheibe auf das Schwarze Loch zustrudelt (und dabei typischerweise starke Röntgenstrahlung aussendet). Wann immer die Beobachtungen auf den Schwerkrafteinfluss eines sehr massiven, hochkompakten Objekts hindeuten, haben wir es aller Wahrscheinlichkeit mit einem Schwarzen Loch zu tun.

Aufgrund ihrer Kompaktheit und großen Masse sind Schwarze Löcher vielversprechende Quellen für Gravitationswellen. Gut möglich, dass es sich bei den ersten Gravitationswellen, die hier auf der Erde nachgewiesen werden können, um Wellen handeln wird, die entstanden sind, als zwei sich umkreisende stellare Schwarze Löcher miteinander verschmolzen, oder dasselbe Schicksal einen Doppelstern aus einem Neutronenstern und einem Schwarzen Loch ereilte.

1.4.3

Supermassive Schwarze Löcher

Schon relativ bald nachdem Beginn der Radioastronomie erhielten die Astronomen erste Einblicke in die Vielfalt der aktiven Galaxienkerne. Ein Beispiel zeigt die folgende Abbildung:

[Bild: NRAO/AUI/NSF]

Dieses Falschfarbenbild von Beobachtungen im Radiobereich zeigt eine Radiogalaxie (den winzigen Punkt in der Mitte), die nach links und nach rechts höchst energetische Teilchenstrahlen aussendet. Die Strahlen werden durch

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Zusammenstöße mit dem intergalaktischen Gas abgebremst und regen riesige Gebiete davon zum Leuchten an (die großen Blasen links und rechts).

Doch woher beziehen diese und ähnliche aktive Galaxien ihre gewaltige Energie? Recht bald wurde klar, dass nur eine Energiequelle infrage kommt: Der Prozess, bei dem Materieteilchen, der Gravitation folgend, auf eine Masse zu fallen, dabei an Energie gewinnen und das Materiegemisch durch gegenseitige Kollisionen aufheizen; einer der effizientesten Prozesse überhaupt, um Energie freizusetzen.

Als zentrale Masse wiederum kamen nur Objekte mit Massen und Ausmaßen infrage, bei denen es sich um wahre kosmische Massemonster handeln musste: sogenannte supermassive Schwarze Löcher, die in sich die Massen von Millionen von Sonnen vereinigen.

Nach heutiger Vorstellung der Astronomen sind supermassive Schwarze Löcher in Galaxienkerne eher die Regel als die Ausnahme. Nicht nur in aktiven Galaxien, sondern ganz generell: Auch unsere eigene Galaxie, die Milchstraße enthält ein Schwarzes Loch (siehe das Vertiefungsthema Im Herzen der Milchstraße).

1.4.4

Fazit

Die Physik der Neutronensterne und Schwarzen Löcher zeigt deutlich, wie unverzichtbar Einsteins Gravitationstheorie für die heutige Astrophysik ist. Hinter den gewaltigsten Ereignissen im Universum - der Supernova-Explosion eines Sterns, oder den Materieumwälzungen, die einige aktive Galaxienkerne zu den hellsten Objekten im Universum machen - steckt die relativistische Physik kompakter Objekte.

Im Rahmen von Einstein für Einsteiger geht es weiter mit der Anwendung der allgemeinen Relativitätstheorie auf das Universum als Ganzes: Kapitel 5: Kosmologie.

Wer sich erst noch weiter den Schwarzen Löchern und ihren Verwandten widmen will, kann stattdessen zu den Vertiefungsthemen zum Thema Schwarze Löcher & Co. springen.

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1.5

Kosmologie Eine faszinierende Eigenschaft der Einstein-Gleichungen ist, dass sie sich auf das Weltall als Ganzes anwenden lassen. Auf Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie haben Physiker und Astronomen die sogenannten Urknallmodelle entwickelt, die beschreiben, wie sich das Universum, aus einer extrem heißen und dichten Frühphase bis zu seiner heutigen Gestalt entwickelt hat.

Eine charakteristische Eigenschaft dieser Modelle ist, dass das Universum sich mit der Zeit verändern muß. Ein ewig-gleiches Universum in einem stabilen Zustand langfristiger Unveränderlichkeit lassen die Einstein-Gleichungen nicht zu. Ein Weltall, das sich gemäß der Urknall-Modelle entwickelt, kann entweder im Zusammenstürzen begriffen sein oder aber sich in einem Zustand stetiger Expansion befinden. Unser eigenes Universum ist dabei, sich auszudehnen - mit charakteristischen Konsequenzen für die astronomischen Beobachtungen.

1.5.1

Kosmos auf Expansionskurs

In den kosmologischen Modellen der allgemeinen Relativitätstheorie kann man sich das Weltall als Sammlung von Galaxien vorstellen, die frei im All dahinschweben. Die Galaxien sind gleichmäßig im Raum verteilt, und sie fliegen mitnichten durcheinander, sondern führen eine spezielle Form der Expansionsbewegung aus. Einige Eigenschaften solcher Expansion zeigt die folgende Animation. Die Größenverhältnisse darin sind komplett unrealistisch, aber anschaulich. Zu sehen ist ein zweidimensionaler Ausschnitt des Universums, mit Galaxien, die einigermaßen gleichmäßig in der Fläche verteilt sind. Bevor es losgeht, werden kurz die Abstände der grünen und der blauen Galaxie zur zentralen roten Galaxie (unserer eigenen) eingeblendet (gemessen in Lichtjahren, dort abgekürzt zu Lj). Dann beginnt die Animation zu laufen und zeigt einen Ausschnitt aus der Expansionsbewegung des Universums: Hundert Millionen Jahre (abgekürzt in der Anzeige links oben zu MJ) vergehen, und die Galaxien fliegen auseinander. Nach Ende des Ausschnitts werden wieder die Abstände der grünen und blauen zu unserer roten Galaxie eingeblendet: Beide Abstände haben sich im Verlauf des Expansionsausschnitts verdoppelt, ebenso übrigens wie die Abstände aller anderen gezeigten Galaxien zueinander!

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Die durchschnittliche Geschwindigkeit, mit der sich eine Galaxie entfernt, ist gleich der Strecke, die sie zurücklegt, geteilt durch die Zeit, die sie dazu benötigt. Wenn wir in unserem expandierenden Modelluniversum die durchschnittliche Geschwindigkeit ausrechnen, mit der sich die grüne und blaue Galaxie von unserer roten Galaxie entfernen, können wir wie folgt vorgehen: Die grüne Galaxie ist zu Anfang des Filmausschnitts eine Million Lichtjahre von uns entfernt, am Ende zwei Millionen Lichtjahre. Ihr Abstand hat sich während der 100 Millionen Jahre, die die Animation zeigt, um eine Million Lichtjahre vergrößert, entsprechend einer Durchschnittsgeschwindigkeit von

v = 1 Millionen Lichtjahre/100 Millionen Jahre = 0,01 Lichtjahre/Jahr = 3000 Kilometer/Sekunde

Für die blaue Galaxie, die am Anfang zwei und am Ende des Filmausschnitts vier Millionen Lichtjahre entfernt ist und deren Abstand zu uns sich entsprechend um 4-2=2 Millionen Lichtjahre vergrößert hat, ergibt sich dagegen

v = 2 Millionen Lichtjahre/100 Millionen Jahre = 0,02 Lichtjahre/Jahr = 6000 Kilometer/Sekunde.

Mit der kosmischen Expansion geht demnach ein charakteristischer Zusammenhang zwischen der Entfernung einer Galaxie und ihrer Fluchtgeschwindigkeit einher, der Hubble-Beziehung genannt wird: Je weiter eine Galaxie von uns entfernt ist, umso schneller bewegt sie sich von uns fort.

Nachzutragen bleibt ein Aspekt der Expansion, der in der Animation nicht deutlich werden kann: Auch bei der Ausdehnungsbewegung sind alle Galaxien gleichberechtigt. Würden wir für unseren Filmausschnitt eine andere Galaxie in die Mitte gerückt haben, so ergäbe sich haargenau dasselbe Bild einer Expansion, bei der sich alle Galaxien umso schneller von unserer Mittelpunktsgalaxie entfernen, je weiter sie von dieser Galaxie entfernt sind. Es gibt keinen ausgezeichneten Mittelpunkt der Expansionsbewegung - nur ein systematisches Anwachsen aller Abstände. Allen Beobachtern, auf welcher der Galaxien auch immer sie beheimatet sein mögen, bietet sich das gleiche Bild eines expandierenden Weltalls.

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1.5.2 Errötende Galaxien

Ein expandierendes Universum geht mit optischen Effekten einher, über die die Astronomen der Raumexpansions ab den 1920er Jahren überhaupt erst auf die Spur kommen konnten.

Exakt beschreiben lassen sich diese Effekte nur, wenn man die Expansion des Universums geometrisch beschreibt, so, wie es sich im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie gehört. Näherungsweise lassen sie sich aber auch ableiten, wenn wir die Abstandsänderungen nicht als Veränderung der Geometrie betrachten, sondern als "Bewegung" der beteiligten Galaxien, so, wie bei der Ableitung der Hubble-Beziehung geschehen.

Dann nämlich kann man den so genannten Dopplereffekt ins Spiel bringen den die meisten von uns aus dem Alltag kennen: Die Töne des Tatü-Tata eines Einsatzfahrzeugs klingen höher, wenn sich das Fahrzeug auf uns zubewegt und werden abrupt tiefer, wenn das Fahrzeug an uns vorbeifährt und sich nunmehr von uns wegbewegt. Die analoge Frequenzveränderung für Lichtwellen entspricht einer Verschiebung hin zum blauen Ende des Spektrums, wenn sich die Lichtquelle auf uns zu bewegt, und zum roten Ende, wenn sie sich von uns entfernt.

Die Hubble-Beziehung, nach der sich Galaxien aufgrund der Expansion umso schneller von uns weg bewegen, je weiter sie bereits von uns entfernt sind, wird damit zu einer Entfernungs-Rotverschiebungsbeziehung: Je weiter eine Galaxie von uns entfernt ist, umso stärker sollte ihr Licht in Richtung des roten Endes des Spektrums verschoben sein.

Die folgende Abbildung zeigt das 100-Inch-Teleskope des Mount Wilson-Observatoriums in Kalifornien:

[© The Huntington Library, San Marino, California. Used with permission]

An diesem Teleskop fand Edwin Hubble erstmals den Zusammenhang zwischen den Entfernungen und den Rotverschiebungen ferner Galaxien, der die Physiker auf den Weg hin zu relativistischen Modellen eines expandierenden Universums führte.

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Für entferntere Galaxien wird wichtig, dass die Lichtwellen auch auf ihrem weiteren Weg durch den Kosmos von der Expansion in die Länge gezogen werden. Systematische Beobachtungen der Entfernungs-Rotverschiebungsrelation erlauben es, die freien Parameter zu bestimmen, die Einsteins Modelle offenlassen, insbesondere die mittlere Dichte des gesamten Weltalls. Sind diese Parameter bestimmt, dann ergeben sich aus den kosmologischen Modellen weitere Vorhersagen, etwa für die Häfigkeitsverteilung ferner Galaxien, anhand derer sich die Modelle auf die Probe stellen lassen. Bislang hat die Einsteinsche Kosmologie jeden dieser Tests bestanden.

1.5.3

Die heiße Phase

Wenn sich das Universum immer weiter ausdehnt und die Abstände zwischen den Galaxien immer größer werden, dann ergibt sich umgekehrt, dass die Galaxien in der Vergangenheit sehr viel dichter beieinander gelegen haben müssen als heutzutage.

Wie die Expansion im einzelnen stattgefunden hat, ergibt sich in den Modellen der relativistischen Kosmologie aus den Einstein-Gleichungen, die die Eigenschaften der Materie und der Raumzeit-Geometrie miteinander verknüpfen. Fü realistische Materiemodelle ergibt sich das Bild nicht nur eines Universums, in dem die Galaxien näher beieinander lagen, sondern viel extremer: In noch fernerer Vergangenheit war das Gas der Galaxien so dicht zusammengepresst, dass ein heißes Plasma aus Atomkernen und Elektronen den Kosmos erfüllte, ja, noch unglaublicher: Diese Modelle sagen einen konkreten Anfangspunkt des Universums voraus, der Urknall genannt wird und einem bizarren Anfangszustand unendlicher Dichte entspricht.

Vorhang auf für eine kurze Geschichte des Kosmos, die Geschichte eines stetig weiter expandierenden und abkühlenden Universums (Zeitangaben betreffen jeweils die seit dem Urknall vergangene Zeit, vgl. den Lexikoneintrag kosmische Zeit):

0 Sekunden Urknall ??!?

Auf die frühesten Phasen des Universums werde ich im nachfolgenden Abschnitt noch eingehen. Hier soll es zunächst um die Geschichte unseres Universums nach der ersten Millionstel Sekunde nach dem Urknall gehen, für die die Urknallmodelle der modernen Kosmologie vergleichsweise gesicherte Vorhersagen treffen.

ca. 1 Millionstel Sekunde Entstehung von Kernteilchen

Vor diesem Zeitpunkt war die Temperatur des frühen Universums so hoch, dass selbst die Quarks, in einer brodelnden Kernmateriesuppe frei durcheinanderflogen. Erst jetzt schliessen sie sich zu den Kernteilchen zusammen, zu Protonen und Neutronen.

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33

bis ca. 1 Sekunde Vernichtung der Antimaterie

Auch nach Entstehung der Kernteilchen war die Temperatur des Universums hoch genug für eine Höllensuppe aus Teilchen, ihren Antiteilchen und Strahlung. Antiteilchen sind gewissermassen die Spiegelbilder der Materieteilchen. Wenn sich Antimaterie und Materie begegnen, etwa ein Proton und ein Anti-Proton, dann können sie sich in einem Blitz von elektromagnetischer Strahlung vernichten. Im frühen Universum kam es laufend zu diese Art von Vernichtung von Teilchen und Antiteilchen, aber ebenso oft zur Entstehung eines Teilchen-Antiteilchen-Paars aus Strahlung. Mit weiterer Ausdehnung und Abkühlung des Universums besitzt die Strahlung allerdings nicht mehr genügend Energie, um massereiche Teilchen-Antiteilchen-Paare zu erzeugen. Letztendlich kommt es zur Vernichtung aller Antimaterie - übrig bleiben energetische Strahlung und ein winziger Materieüberschuss. Aus diesem winzigen Überschuss besteht alle Materie, die wir um uns herum wahrnehmen, von der Erde bis hin zu fernen Galaxien.

1 Sekunde - 3 Minuten Entstehung leichter Atomkerne

Zu dieser Zeit fügen sich die ersten Protonen und Neutronen zu stabilen leichten Atomkernen zusammen, etwa den Kernen von Deuterium, Helium und Lithium. Die Vorhersagen der Urknallmodelle, ein wie großer Anteil dieser Kernsorten im frühen Universen entstanden sein sollten, lassen sich mit den heutigen astronomischen Beobachtungen vergleichen und liefern damit einen Test, den die Urknallmodelle mit fliegenden Fahnen bestehen.

ab 300 000 Jahre Entkopplung von Strahlung und Materie

Eine weitere einschneidende Veränderung: Vor diesem Zeitpunkt war das Universum ein Tohuwabohu von Strahlung einerseits und Materie wie Kernteilchen und Elektronen andererseits. Stabile Atome aus Kernen und Elektronenhülle konnten sich nicht bilden, da Atome von der hochenergetischen Strahlung immer wieder auseinandergerissen wurden. Erst jetzt ist die Temperatur und damit die Energie der Strahlung soweit gefallen, dass stabile Atome entstehen. Fortan bleibt die betreffende Strahlung im Hintergrund, tritt kaum noch in Wechselwirkung mit der Materie und kühlt mit der Expansion des Universums immer weiter ab. Das folgende Bild zeigt die Astrophysiker Arno Penzias und Robert Wilson [© Lucent Technologies/Bell Labs Innovations]:

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Ihnen gelang es Mitte der 1960er Jahre, mit der im Hintergrund sichtbaren Radioantenne die immer noch vorhandene kosmische Hintergrundstrahlung nachzuweisen und damit eine fundamentale Vorhersage der Urknallmodelle zu bestätigen.

ab ca. 100 Mio. Jahre Entstehung von Galaxien

Bereits kurz vor der Entkopplung von Strahlung und Materie hatte die Materie begonnen, unter Einfluss der gegenseitigen Schwerkraft zu verklumpen. Dabei entstanden Gebiete leicht höherer Dichte und die Verklumpung setzte sich fort, bis bereits etwa 100 Millionen Jahre nach dem Urknall - der genaue Zeitpunkt ist nicht gewiss - die ersten Protogalaxien entstanden, Vorläufer der heutigen Galaxien.

ca. 14 Milliarden Jahre Jetztzeit

Rund 14 Milliarden nach dem Urknall formulierte Albert Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie - und gab den Forschern damit ein Werkzeug an die Hand, das es ermöglicht, die Geschichte unseres Universums bis zur heißen Phase zurückzuverfolgen.

1.5.4

Rätsel des Anfangs

Ab der ersten Millionstel Sekunde stehen die Urknallmodelle auf sicheren Füßen. Wie sich Materie bei den entsprechenden Temperaturen verhält, sagen den Forschern physikalische Theorien wie das Standardmodell der Elementarteilchenphysik, und die aus den Modellen abgeleiteten Vorhersagen zur Elementhäufigkeit und der kosmischen Hintergrundstrahlung ermöglichen eine direkte Überprüfung.

Jenseits dieser Zeitgrenze wird unser Wissen über die Vergangenheit des Weltalls zunehmend unsicherer. Vor der ersten Millionstel Sekunde folgt ein Zeitraum, in dem das Weltall energiereicher war als alle Zustände, die irdische Teilchenphysiker in ihren Beschleunigeranlagen nachstellen können. Nichtsdestotrotz gibt es Ansätze, die Physik des damaligen Universums aus einer Extrapolation des Standardmodells

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der Elementarteilchenphysik zu rekonstruieren und beispielsweise zu erklären, wie jener leichte Überschuss im ursprünglichen Gemisch von Teilchen und Antiteilchen zustandekam, dem die Materie unseres Universums ihre Existenz verdankt.

Für eine noch frühere Phase haben Teilchenphysiker eine Phase exponentiell beschleunigter Ausdehnung postuliert, die Inflationsphase heisst. Sie soll einige Eigenschaften des Universums erklären, die in den herkömmlichen Urknallmodellen einfach postuliert werden müssen, etwa die Raumgeometrie des uns umgebenden Weltalls. Erste Anzeichen dafür, dass unser Kosmos tatsächlich solch eine Inflationsphase hinter sich hat, haben sich aus Untersuchungen der kosmischen Hintergrundstrahlung ergeben. Diese Strahlung hat eine bestimmte charakteristische Temperatur, die nach all der Zeit, in der sich das Weltall ausgedehnt und abgekühlt hat, sehr niedrig liegt, nur rund 3 Grad über dem absoluten Temperaturnullpunkt. Allerdings gibt es geringe Fluktuationen: Die Temperatur eines Teils der Hintergrundstrahlung liegt einige zehntausendstel Grad über dem Mittelwert, für andere Teile einige zehntausendstel Grad darunter. Das folgende Bild zeigt diese Fluktuationen:

[Bild: NASA und WMAP Science Team]

Es bildet die Himmelskugel so ab, wie eine Erdkarte die Kugeloberfläche der Erde; rötere Bereiche entsprechen leicht erhöhter Temperatur, blauere Bereiche einer leichten Erniedrigung. Die Temperaturkarte stammt aus Messungen der Wilkinson Microwave Anisotropy Probe, eines Satelliten der NASA, der die Temperaturfluktuationen mit nie erreichter Genauigkeit vermessen hat. Nach diesen Messungen entsprechen die Eigenschaften der Fluktuationen genau der Vorhersage der Inflationsmodelle.

Versucht man, noch weiter in die Vergangenheit des Universums vorzudringen, gerät man in Temperatur-, Dichte- und Energiebereiche, in denen zu erwarten ist, dass die Allgemeine Relativitätstheorie nicht mehr zur Beschreibung ausreicht. Dort sollte ein Anwendungsbereich einer Theorie der Quantengravitation liegen, entsprechend einem Themenkreis, der weiter unten im Kapitel Relativität und Quanten abgehandelt wird.

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1.5.5

Geistermaterie und dunkle Energie

So beeindruckend die Art und Weise ist, in der die Urknallmodelle die Frühzeit des Universums zugänglich machen - an anderer Stelle zeigen sie uns, was wir noch nicht über unser Weltall wissen. Und das nicht nur, was die früheste Vergangenheit betrifft: Astronomische Beobachtungen und Urknallmodelle zeigen uns gemeinsam, dass die Materie aus Elektronen und Kernteilchen, die wir aus dem Alltag kennen, nur die Spitze des Eisbergs sind. Den überwiegend größten Anteil an der im Universum vorkommenden Masse haben Materie- und Energieformen, für die die Teilchenphysiker noch keine befriedigende Erklärung haben. Die Teilchen des Standardmodells der Elementarteilchenphysik, so scheint es, machen nur viereinhalb Prozent der im Universum enthaltenen Masse aus.

Weitere füfundzwanzig Prozent entfallen auf eine Materieform, die dunkle Materie genannt wird. Solche Materie, die zwar zur Masse von Galaxien oder Galaxienhaufen beiträgt, aber nicht in Form leuchtender Sterne oder leuchtenden Gases vorliegt, können Astronomen auf verschiedene Art und Weise nachweisen. In dem folgenden Falschfarbenbild des Galaxienhaufens Cl0024+1654 geht das rötliche Licht auf herkömmliche, leuchtende Materie zurück; in weißblau ist zusätzlich die Dichte der dunklen Materie eingetragen, die Astronomen daraus erschließen konnten, wie diese Materie als Gravitationslinse auf das Licht dahinterliegender ferner Galaxien wirkt:

[© ESA, NASA und Jean-Paul Kneib (Observatoire Midi-Pyrénées, France/Caltech, USA)]

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Die Untersuchungen deuten darauf hin, dass es sich bei einem Großteil der dunklen Materie um bislang noch nicht direkt nachgewiesene Elementarteilchen handeln dürfte, von den Physikern WIMPs getauft: "Weakly Interacting Massive Particles", zu deutsch: massive Teilchen, die nur sehr schwach mit herkömmlicher Materie wechselwirken.

Die restlichen 70 Prozent der Masse entfallen auf die sogenannte dunkle Energie, eine Art Energie, die mit negativem Druck einhergeht und die dem leeren Raum innewohnt, ohne an irgendeine Art Materieteilchen gebunden zu sein. Genau so, wie herkömmliche Masse bestrebt ist, den Raum zusammenzuziehen, ist die dunkle Energie bemüht, den Raum beschleunigt auszudehnen. Beobachtungen an fernen Himmelsobjekten zeigen, dass unser Universum genau so eine beschleunigte Expansion durchmacht. Es ist zur Zeit noch nicht geklärt, ob es sich bei der dunklen Energie einfach um einen zusätzlichen, freien Parameter kosmologischer Modelle handelt oder ob die dunkle Energie auf eine ungewöhnliche Art Materiefeld zurückzuführen ist. Als Parameter, die sogenannte kosmologischen Konstante, hatte Einstein 1917 erstmals so etwas wie eine dunkle Energie in seine Gleichungen eingeführt; einige Teilchentheorien jenseits des Standardmodells der Elementarteilchenphysik könnten dagegen exotische Felder enthalten, die dieser dunklen Energie eine konkrete physikalische Bedeutung geben würden.

1.5.6

Fazit

Im Rahmen von Einsteins Allgemeinen Relativitätstheorie lassen sich kosmologische Modelle formulieren, die den Kosmos als Ganzes beschreiben, die Urknallmodelle. Sie liefern ein zuverlässiges Bild für die letzten 14 Milliarden Jahre der Entwicklung des Universums, das sich anhand von Beobachten überprüfen lässt.

Trotz der Erklärungserfolge bleibt eine Reihe offener Fragen bestehen: Die Fragen der dunklen Materie, der dunklen Energie und nicht zuletzt der enigmatischen Frühzeit unseres Alls dürften dafür sorgen, dass die Kosmologie in den nächsten Jahren ein lebendiges Forschungsgebiet bleibt.

Im Rahmen von Einstein für Einsteiger geht es weiter mit den Querverbindungen zwischen den Relativitätstheorien und der anderen Säule der modernen Physik, und zwar in Kapitel 6: Relativität und Quanten.

Wer erst noch den Geheimnissen der relativistischen Kosmologie hinterherspüren möchte, kann stattdessen zu den Vertiefungsthemen zum Thema Kosmologie springen.

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38

1.6

Relativität und Quanten Die allgemeine Relativitätstheorie ist eine der Säulen der modernen Physik. Ihre Gesetze bestimmen, was auf großräumigen Skalen im Kosmos geschieht, von der Bewegung der Planeten im Sonnensystem über Sterne und Galaxien bis hin zur Entwicklung des Gesamtuniversums, die wir im vorangehenden Abschnitt kennengelernt haben.

Es gibt aber noch eine weitere, mindestens ebenso grundlegende Säule: die Quantentheorie, die unabdinglich ist, um das Verhalten der Materie auf mikroskopischen Größenskalen zu beschreiben. Fast zeitgleich mit der speziellen Relativitätstheorie am Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden, liegt die Quantentheorie der modernen Elementarteilchenphysik zugrunde, der Atomphysik und der Festkörperphysik, und ihre Anwendungen haben in Form der Laser von CD-Spielern und der Transistoren jeglicher Elektronik längst Einzug in den Alltag gehalten.

Für den Elektromagnetismus und die elementaren Kräfte, die Atomkerne zusammenhalten und für radioaktive Zerfälle verantwortlich sind, haben die Physiker längst eine genaue Beschreibung als Quantenkräfte formulieren können, die sich in Teilchenbeschleuniger-Experimenten bestens bewährt.

Nur die Gravitation hat sich einer Quantenbeschreibung bislang erfolgreich widersetzt - wie eine Theorie der Quantengravitation aussieht gehört trotz vielversprechender Ansätze zu den offenen Fragen der Physik.

1.6.1

Speziell-relativistische Quanten

Quantentheorie und Relativitätstheorien sind allesamt Kinder des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts, und es verwundert nicht, dass sich die Physiker recht bald Gedanken zu machen begannen, ob es möglich sei, diese Theorien miteinander zu verbinden und beispielsweise eine Quantentheorie relativistischer Teilchen zu formulieren.

Was die spezielle Relativitätstheorie angeht, haben sich die entsprechenden Versuche als äußerst erfolgreich erwiesen. Die ursprüngliche Quantenmechanik basierte auf der Theorie von Punktteilchen, die den Gesetzen der klassischen, vor-Einsteinschen Mechanik folgten. Legte man ihr die Mechanik der speziellen Relativitätstheorie zugrunde, so ergab sich eine relativistische Quantenmechanik mit unglaublichen Vorhersagen: Für jede Sorte relativistischer Teilchen, so sagte diese Theorie voraus, muss eine Art Spiegelbildsorte existieren, entsprechende Antiteilchen. Diese Antiteilchen haben dieselbe Masse wie ihre Teilchen-Partner, aber entgegengesetzte Ladungen. Beispielsweise fordert die relativistische

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Quantenmechanik in einer Welt, in der elektrisch negativ geladene Elektronen existieren, zwingend die Existenz von Anti-Elektronen, die dieselbe Masse haben, aber elektrisch positiv geladen sind. Dass solche Anti-Elektronen oder Positronen tatsächlich nachgewiesen werden konnten, war ein großer Triumph der Theorie.

Bald zeigte sich allerdings, dass die relativistische Verallgemeinerung der Quantenmechanik noch nicht ausreichte. Um die Wirkung von Kräften beschreiben zu können, musste man die Modelle noch erweitern und zu so genannten relativistischen Quantenfeldtheorien übergehen. In diesen Theorien haben nicht nur die Materieteilchen, sondern auch die zwischen ihnen wirkenden Kräfte Quantencharakter. Kräfte werden von Teilchen übertragen: Dass sich beispielsweise zwei Elektronen elektrisch abstoßen erklärt sich auf Quantenebene durch den Austausch hin- und herflitzender Photonen, deren Aussendung und Absorption den Krafteinfluss von einem Elektron zum anderen überträgt.

Die Quantenfeldtheorien bilden die Grundlage der modernen Teilchenphysik. Die folgende Abbildung zeigt die Experimentalphysiker des ZEUS-Detektors am Forschungszentrum DESY vor ihrem Experiment, einem riesigen Detektor, mit dessen Hilfe Kollisionen von Teilchen in einem Teilchenbeschleuniger bis ins Detail beobachtet werden können:

[Bild: DESY]

Das grundlegende Standardmodell der Elementarteilchenphysik, das die Geschehnisse der Welt auf eine Handvoll elementarer Materieteilchen und drei zwischen ihnen wirkende Elementarkräfte zurückführt, und dessen Vorhersagen die Physiker mit Experimenten wie diesem überprüfen, ist eine Variante der relativistischen Quantenfeldtheorien. Es beruht auf der erfolgreichen Verbindung der Quantentheorie mit Einsteins spezieller Relativitätstheorie.

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40

1.6.2

Zerstrahlende Schwarze Löcher?

Lassen sich die Konzepte der relativistischen Quantenfeldtheorien auch auf gekrümmte Raumzeiten übertragen - auf die Raumzeiten mit Gravitationsquellen, wie sie die Allgemeine Relativitätstheorie beschreibt? Die Antwort darauf ist ein vorsichtiges Ja. Der wohl berühmteste Schritt in diese Richtung gelang Anfang der 1970er Jahre dem Physiker Stephen Hawking.

Hawking betrachtete Quantenteilchen, die nicht in der gravitationsfreien Raumzeit der speziellen Relativitätstheorie leben, sondern in der Umgebung eines Schwarzen Loches. Er kam dabei zu einem überraschenden Ergebnis: Die Anwesenheit des Schwarzen Lochs sorgt dafür, dass selbst dann, wenn ursprünglich keinerlei Teilchen vorhanden waren, ein Strom von Teilchen vom Schwarzen Loch aus nach außen läft. Weniger abstrakt formuliert: Ein Schwarzes Loch sendet Quantenstrahlung aus! Diese hypothetische Strahlung ist heutzutage als Hawking-Strahlung bekannt.

Temperatur und Intensität der Hawking-Strahlung sind umso geringer, je größer die Masse eines Schwarzen Lochs. In der folgenden Tabelle sind einige Massen angebeben, zusätzlich der zugehörige Schwarzschild-Radius (der die Ausdehnung des Schwarzen Lochs anzeigt) und die Temperatur des Schwarzen Lochs, gemessen in Kelvin. Hinterlegt ist jeder Eintrag mit der charakteristischen Farbe der Wärmestrahlung, die das Schwarze Loch aussendet:

Masse Schwarzschildradius Temperatur

Sonnenmasse 3 Kilometer 1 Zehnmillionstel Kelvin

Erdmasse 9 Millimeter 0,02 Kelvin

Mondmasse 1/10 Millimeter 1,7 Kelvin

1/10 Mondmasse 1/100 Millimeter 17 Kelvin

1/100 Mondmasse 1 Millionstel Meter 170 Kelvin

1/1000 Mondmasse 1/10 Millionstel Meter 1700 Kelvin

1/2000 Mondmasse 1/20 Millionstel Meter 3300 Kelvin

1/5000 Mondmasse 1/50 Millionstel Meter 8400 Kelvin

Wie die Farben andeuten: Zwar sind die in der Astrophysik üblichen stellaren und supermassiven Schwarzen Löcher tatsächlich schwarz. Schwarze Löchern ab etwa einer Hundertsel Masse des Erdmonds dagegen würden regelrecht glühen, bei solchen im Bereich von einer Fünftausendstel Erdmondmasse wäre die Weißglut erreicht, und noch masseärmere Löcher würden UV-Strahlung, Röntgen-Strahlung oder gar hochenergetische Gammastrahlung aussenden.

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Was die Tabelle nicht angibt, sind die Strahlungsintensitäten. Tatsächlich sind die hier gezeigten Löcher noch recht dunkel. Für massearme Schwarze Löcher sollte sich der Energie- und Masseverlust durch Abstrahlung dagegen deutlich bemerkbar machen, ja, es sollte geradezu zu einem Aufschaukeln kommen, bei dem das Schwarze Loch in einem gigantischen Energieblitz völlig zerstrahlt.

Wären während der Frühzeit des Universums "Mini-Löcher" sehr geringer Masse entstanden, so könnte es Exemplare geben, die bis zur heutigen Zeit genügend Masse verloren haben, dass es zu solch einem Zerstrahlen kommt. Bislang geben astronomische Beobachtungen allerdings keine Hinweise auf solche Prozesse, und die Hawking-Strahlung bleibt theoretisches Konstrukt.

Rechnungen wie die von Hawking beschreiben zwar die Materie mit den Begriffen der Quantentheorie. Die zugrundeliegende gekrümmte Raumzeit dagegen hat ihrerseits keine Quantennatur. Es gibt eine Reihe von Situationen, die auf die Notwendigkeit einer noch weitergehenden Quantentheorie der Gravitation, kurz: Quantengravitation hindeuten, in der auch Raum und Zeit quantentheoretisch behandelt werden.

1.6.3

Grenzen der Gravitation

In den bisherigen Kapiteln von Einstein für Einsteiger zeigten sich an zwei Stellen Grenzen der Allgemeinen Relativitätstheorie. In beiden Fällen ging es um Raumzeit-Singularitäten. Erstes Beispiel war das Innere Schwarzer Löcher. Wie im Abschnitt Schwarze Löcher kurz angesprochen, lauert im Inneren ein Raumzeitrand, an die Reise eines hineinfallenden Objektes ein abruptes Ende findet, eine Singularität. An dieser Singularität nimmt die Raumzeitkrümmung unendlich hohe Werte an, gerade so, als sei dort die Masse des Schwarzen Lochs zu unendlich hoher Dichte zusammengepresst. Mit umgekehrten Vorzeichen haben wir eine solche Singularität im Zusammenhang mit den Urknallmodellen in der Schilderung der rätselhaften Anfangszeit des Universums kennengelernt: Auch der Anfangszustand der klassischen kosmologischen Modelle, der Urknall, ist eine Singularität, ein Raumzeitrand, an dem alle Materie des Universums wie zu unendlich hoher Dichte zusammengedrückt ist.

Abrupte Raumzeitränder mit unphysikalisch unendlich hohen Dichten sind ein deutliches Zeichen, dass dort die Einsteinsche Allgemeine Relativitätstheorie an ihre Grenzen stößt. Das ist in einer Hinsicht nicht verwunderlich: Bei so hohen Energiekonzentrationen und so mikroskopisch kleinen Krümmungsradien sollten die Gesetze der Mikrowelt wichtig werden, und das sind die Gesetze der Quantentheorie, die in Einsteins Theorie außen vor bleiben. Um das Innerste Schwarzer Löcher und die Frühzeit des Universums zu beschreiben, so scheinen uns die Singularitäten mitzuteilen, reicht Einsteins Theorie nicht aus. Man muss eine

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Beschreibung bemühen, die sowohl Einsteins geometrisches Bild der Gravitation wie auch die Quantengesetze berücksichtigt, eben eine Theorie der Quantengravitation.

Leider hat es sich als großes Problem erwiese, solch eine Theorie zu formulieren. Versucht man, die Gravitation genau so in den Quantenrahmen einzubauen, wie es mit dem Elektromagnetismus und den Kernkräften gelungen ist, dann ergibt sich ein Modell, in dem es von unphysikalischen unendlichen Werten nur so wimmelt, und das keinerlei Vorhersagekraft besitzt. Auch heute kennt kein Physiker eine vollständige Theorie der Quantengravitation. Es gibt allerdings eine Reihe von Ansätzen, wie eine solche Theorie aussehen könnte. Die beiden am weitesten entwickelten werden in den folgenden Abschnitten vorgestellt.

1.6.4

Gravitation in Schleifen

Aus Sicht der Einsteinschen Theorie ist eigentlich nicht überraschend, dass die Versuche scheitern, die Schwerkraft so als Quantenkraft zu beschreiben wie Elektromagnetismus und Kernkräfte. Gravitation ist bei Einstein gerade keine Kraft wie andere Kräfte, sondern eine Eigenschaft der Raumzeit selbst. Ein Versuch, eine eng an der Geometrie orientierte Quantentheorie der Gravitation zu entwickeln, ist die so genannte Schleifen-Quantengravitation.

Die Einzelheiten dieses Ansatzes sind recht unanschaulich - das liegt zum Teil am mathematischen Formalismus, zeigt aber andererseits auch eine Frage auf, die die Schleifen-Quantengravitation noch nicht vollständig beantworten kann: Wie sich auf der Quantengrundlage letztendlich das Universum ergibt, das wir um uns herum sehen und das der klassischen Allgemeinen Relativitätstheorie gehorcht, ist noch nicht geklärt und Gegenstand aktueller Forschung.

Ein Aspekt der Schleifen-Modelle ist dagegen recht anschaulich: Die Raumgeometrie der Allgemeinen Relativitätstheorie ist kontinuierlich. In jedem Raumbereich lassen sich Teilbereiche beliebig kleinen Volumens definieren, und jeder Raumbereich lässt sich beliebig oft weiter unterteilen. In den Schleifen-Modellen erweist sich die Grundstruktur der Raumzeit als diskret: Für Flächen oder Volumina sind nur endlich viele Werte möglich, und es gibt so etwas wie minimale Flächen und Rauminhalte, unterhalb derer sich der Raum nicht mehr weiter unterteilen lässt - ähnlich wie sich mit einem Lego-Baukasten kein Objekt bauen lässt, das kleiner ist als der kleinste verfügbare Legostein. Grundstruktur des Raums ist ein so genanntes Spin-Netzwerk aus verbundenen Knotenpunkten, wie in der folgenden Abbildung skizziert:

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Das kleinste denkbare Volumen enthält gerade einen Knotenpunkt; kommen weitere Knotenpunkte hinzu, so wächst der Rauminhalt für jeden Knotenpunkt um einen charakteristischen Volumenwert.

Auch diskrete Zeitstrukturen ergeben sich aus der Schleifen-Quantengravitation. In einem vereinfachten Modell im Schleifen-Formalismus für ein expandierendes Universum beispielsweise ist die Urknall-Singularität verschwunden - stattdessen lässt sich die Geschichte des Universums Zeitschritt für Zeitschritt in die Vergangenheit verfolgen.

1.6.5

Superfäden und universelle Harmonie

Derjenige Ansatz für eine Theorie der Quantengravitation, an dem derzeit am intensivsten geforscht wird, ist die so genannte Stringtheorie. Sie ist eine Weiterentwicklung der herkömmlichen Modelle der Elementarteilchenphysik, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Ihre Grundbestandteile sind nicht Punktteilchen, sondern eindimensionale Objekte, die namensgebenden Fäden, englisch strings.

Im Gegensatz zu Punktteilchen können Strings in sich schwingen, wie in der folgenden Animation skizziert:

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[Animation © Thomas Klose, AEI]

Kerngedanke der Stringtheorie ist, dass die Vielfalt der möglichen Schwingungszustände Hintergrund der Vielfalt der Materie- und Kraftteilchen des Standardmodells der Elementarteilchenphysik erklärt. Vereinfacht ausgedrückt: Es gibt nur eine Sorte String, aber je nachdem, wie dieser winzige String in sich schwingt, hat er die Eigenschaften eines Elektrons, eines Photons, einer bestimmten Sorte Quark oder eines der anderen Elementarteilchens. Ein Schwingungszustand der Stringtheorie, so lässt sich allgemein zeigen, entspricht automatisch den Eigenschaften eines Gravitons, eines Trägerteilchens der Gravitation - aber ohne, dass daraus dieselben Schwierigkeiten erwüchsen wie bei den Versuchen, die Schwerkraft in die herkömmlichen Quanten-Krafttheorien einzubauen. Damit ist die Stringtheorie zum einen natürlicher Kandidat für eine Quantentheorie der Gravitation, zum anderen aber noch weit mehr: Sie verspricht eine vereinheitlichte Beschreibung aller Kräfte und aller Materieteilchen - die ganze Welt als Produkt der Harmonie der Stringschwingungen!

Eine konsistente Formulierung der Stringtheorie bringt allerdings auch einige Merkwürdigkeiten mit sich. So ist dafür zwingend die Existenz von sechs, in einigen Modellen sogar sieben mehr Raumdimensionen nötig als jener drei Raumdimensionen, die wir aus dem Alltag kennen. Dafür, dass wir die Extradimensionen nicht wahrnehmen, gibt es mehrere Erklärungen: Entweder, sie sind in komplizierter Weise zusammengerollt, oder aber wir leben auf einer "Bran", einem dreidimensionalen Raum, der in die höherdimensionalen Räme eingebettet ist wie die zweidimensionale Fläche einer Tischdecke in den dreidimensionalen Alltagsraum. Mehr zur merkwürdigen Welt der Extradimensionen findet sich im Abschnitt Relativität und Quanten der Vertiefungsthemen.

1.6.6

Fazit

Die Kombination aus Relativitätstheorie und Quantentheorie führt zum Teil zu wissenschaftlichen Triumphen, zum Teil zu immer noch ungelösten Fragen.

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Die Verbindung von spezieller Relativitätstheorie und Quantenkonzepten führt zu den relativistischen Quantenfeldtheorien, der Grundlage der modernen Teilchenphysik, und liefert eine Vielzahl von Vorhersagen, die mit großer experimenteller Genauigkeit bestätigt werden konnten.

Auf die Frage, wie eine Verbindung von allgemeiner Relativitätstheorie und Quantentheorie zu einer Theorie der Quantengravitation aussieht, haben die heutigen Physiker dagegen noch keine vollständige Antwort. Das ist insbesondere deswegen unbefriedigend, weil alles darauf hinweist, dass nur solch eine Theorie Antwort auf grundlegende Fragen nach dem Inneren Schwarzer Löcher oder der Frühzeit unseres Universums verspricht.

Vielversprechende Ansätze existieren, etwa die Schleifen-Quantengravitation, die zu einer diskreten Raumzeitstruktur führt, oder die Stringtheorie, die verspricht, nicht nur die Gravitation, sondern gleich alle Kräfte und Materieformen in einheitlicher Weise zu beschreiben. Bislang ist allerdings noch keiner der beiden Ansätze weit genug entwickelt, dass man die Frage nach der Quantengravitation als gelöst ansehen könnte.

Dieser Ausblick beendet unseren Parforceritt durch die Grundlagen und Anwendungen der Relativitätstheorien.

2.

Vertiefungsthemen Schwarze Löcher, Kosmologie, Gravitationswellen - die Relativitätstheorie hat viele Facetten. Einige werden an dieser Stelle etwas näher beleuchtet: Die folgenden Beiträge - grob nach Themen sortiert - bauen nicht aufeinander auf und Sie sind eingeladen, nach Lust und Laune zu stöbern. Günstig wäre es allerdings, wenn Sie schon eine ungefähre Idee von den Grundlagen der Relativitätstheorie mitbrächten, auf dem Level etwa, den Ihnen unsere Einführung Einstein für Einsteiger vermittelt.

2.1 Spezielle Relativitätstheorie 2.1.1

Die Unselbstverständlichkeit des Jetzt

Gleichzeitigkeit ist etwas so Selbstverständliches, dass wir im Alltag kaum je darüber nachdenken. Dabei ist bei genauerem Hinsehen gar nicht so klar, wie man feststellen

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kann, ob zwei Ereignisse, die an unterschiedlichen Orten im Raum stattfinden, gleichzeitig geschehen oder nicht.

Aus dem Alltag sind wir eine einfache Lösung gewohnt: Wir tragen Uhren mit uns herum. Wenn ich meine Armbanduhr mit der Standuhr zu Hause abgleiche, dann gehe ich anschließend davon aus: Gleichzeitig, beispielsweise um 12 Uhr, finden ein Ereignis A bei mir zu Hause und ein Ereignis B an meinem jetzigen Standort statt, wenn die Standuhr bei Ereignis A die Anzeige 12 Uhr hat, und meine Armbanduhr beim Ereignis B ebenfalls 12 Uhr anzeigt. Aber wer die Zeit ganz genau misst - oder sich im Weltraum auf eine fast lichtschnelle Raumschiffreise begibt - merkt bald, dass Bewegung den Gang von Uhren durchaus beeinflussen kann. Selbst mit einer ideal genau gehenden Armbanduhr gilt: Allein dadurch, dass ich die Uhr den Tag über bewege, unterscheidet sich ihr Zeitmaß, wenn ich abends nach Hause zurückkomme, ein wenig von dem der daheimgebliebenen Uhr - einer der Zeitdehnungseffekte der Speziellen Relativitätstheorie. Bewegung beeinflusst Uhren - wer prinzipiell festlegen will, was Gleichzeitigkeit ist, sollte sich daher nicht auf das einfache Herumtragen von Uhren verlassen.

Als nächstes könnte man darauf kommen, das Licht als Informationsträger einzusetzen. Ich kann zum Beispiel versuchen, die Anzeige zweier Uhren miteinander zu vergleichen, indem ich eine Spezialkamera beide Anzeigen auf ein und dasselbe ultrakurz belichtete Foto bannen lasse, wie in der folgenden Abbildung angedeutet:

Wenn auf meinem Foto beide Uhren exakt in der 12-Uhr-Stellung sind - heißt das, dass sie synchron gehen, dass sie beide gleichzeitig dieselbe Zeit anzeigen? Im Gegenteil - sehen sie auf dem Foto exakt gleich aus, kann ich davon ausgehen, dass sie nicht synchron laufen. Das Licht, das mir das Aussehen der rechten Uhr zuträgt, benötigt schließlich ein winziges bisschen Zeit, um zu mir zu gelangen. Wenn es gleichzeitig mit der Anzeige "12 Uhr" der linken Uhr auf dem Foto eintrifft, dann muss die rechte Uhr bereits etwas früher 12 Uhr angezeigt haben als die linke.

Abhilfe schafft eine Anordnung mit einer Doppelkamera exakt in der Mitte zwischen den beiden Uhren, die die Bilder der beiden Uhren Seite an Seite auf demselben Foto festhält. Sie ist hier skizziert:

Jetzt ist die Situation symmetrisch, das Licht sollte von der linke bis zur rechten Uhr gleich lange benötigen, um die Kamera zu erreichen, und wenn die Uhren auf dem Foto dieselbe Anzeige haben, dann heißt das tatsächlich, dass sie gleichzeitig dieselbe Zeigerstellung eingenommen haben.

Oder? Dieses Argument gilt natürlich nur, wenn das Licht von der linken Uhr zur Mitte genau so schnell gelaufen ist wie das rechte Uhr zur Mitte. Woher wissen wir, dass

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die Geschwindigkeit des Lichts in alle Richtungen dieselbe ist? Man könnte meinen, das sei einfach nachzumessen, aber das stimmt nicht. Um beispielsweise zu messen, wieviel Zeit Licht von einem Ort A zu einem anderen Ort B braucht, muss ich am Start wie am Ziel eine Uhr zur Verfügung haben und messen, wann das Licht losgeflogen und wann es angekommen ist. Daraus eine Zeitdifferenz zu bilden, um zu bestimmen, wie lange das Licht unterwegs war, ergibt aber nur einen Sinn, wenn die Uhren am Start und am Ziel miteinander synchronisiert sind, sprich, gleichzeitig dieselbe Zeit anzeigen - und da beißt sich die Schlange in den Schwanz, denn wir wollen ja gerade erst festlegen, wie man Gleichzeitigkeit bestimmt. Messen kann man die Lichtgeschwindigkeit ohne einen Gleichzeitigkeitsbegriff allenfalls auf Rundwegen, also dort, wo Start und Ziel am selben Ort liegen und man beim Messen der Laufzeit mit einer einzigen Uhr auskommt - zumindest bei solchen Rundwegen kommt tatsächlich heraus, dass sich das Licht immer mit derselben konstanten mittleren Geschwindigkeit bewegt.

Auflösen lässt sich der Teufelskreis, wenn man erkennt, dass Gleichzeitigkeit nichts ist, was naturgegeben wäre und sich direkt aus Experimenten ableiten ließe. Gleichzeitigkeit muss man definieren - und es liegt nahe, diese Definition mit dem Licht zu beginnen. Wenn es sich überall dort, wo wir seine Geschwindigkeit messen können (nämlich auf Rundwegen) so verhält, als liefe es mit konstanter Geschwindigkeit,dann liegt es nahe, die Gleichzeitigkeit so zu definieren, dass das Licht sich auch von A nach B mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Damit hätten wir uns für die oben bereits am Beispiel der Uhren beschriebene Gleichzeitigkeitsdefinition entschieden: Zwei Ereignisse finden genau dann gleichzeitig statt, wenn sie auf demselben Foto derjenigen Doppelkamera zu sehen sind, die exakt in der Mitte zwischen ihnen angebracht ist.

Einsteins berühmtes Postulat von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, das am Anfang seiner Formulierung der Speziellen Relativitätstheorie steht, ist damit doppelschichtig. "Die Lichtgeschwindigkeit ist für jeden Beobachter (genauer: Inertialbeobachter) konstant": Das ist zum einen ein experimentell überprüfbares Postulat, dort nämlich, wo es die konstante Geschwindigkeit des Lichtes auf Rundwegen vorhersagt sowie den Umstand, dass die Geschwindigkeit des Lichts von der Bewegung der Lichtquelle unabhängig ist. Doch darin verbirgt sich auch eine ganz und gar nicht zwangsläufige Konvention - eine ganz bestimmte Definition der Gleichzeitigkeit nämlich, dieselbe, die ich oben vorgestellt habe.

[Markus Pössel, AEI]

2.1.2

Die Dialektik der Relativität

Einige Aussagen der Speziellen Relativitätstheorie scheinen auf den ersten Blick paradox. Die vermeintlichen Widersprüche lassen sich in der Regel auf ein und dieselbe Art und Weise auflösen - dann war eine "Dialektik der Relativität" im Spiel, auf die ich in diesem Vertiefungsthema näher eingehen möchte.

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Den Grundgedanken der Relativität kennen wir aus dem Alltag. Am deutlichsten zeigt er sich bei den relativen Richtungen, die wir verwenden. Wenn ich am Frühstückstisch sitze und behaupte, meine Teetasse stehe vor der Kanne, während meine Frau behauptet, diese Tasse stehe hinter der Kanne, dann ist das auf den allerersten Blick ein Widerspruch, denn wie kann die Tasse sowohl vor als auch hinter der Kanne stehen?

Der Widerspruch löst sich auf, wenn man berücksichtigt, dass vorne und hinten relative Begriffe sind, die jeder Mensch auf seinen eigenen Ort bezieht. Meine Frau und ich sitzen uns am Frühstückstisch gegenüber, Kanne und Tasse zwischen uns. Was für mich hinten ist, ist für meine Frau vorne. Das "vorne" und "hinten" der widersprüchlichen Aussage gehören zu zwei ganz verschiedenen Bezugssystemen. Berücksichtigt man diesen Umstand, löst sich der scheinbare Widerspruch auf.

Dasselbe Rezept hilft oft, wenn eine Aussage der Speziellen Relativitätstheorie auf den ersten Blick widersprüchlich scheint. Ein Beispiel ist das Phänomen der Zeitdilatation: Angenommen, ich treibe auf meiner Raumstation frei durch das All (im Jargon der Speziellen Relativitätstheorie ist meine Raumstation dabei ein Inertialsystem). Nun fliegt eine zweite, ebenso freie Raumstation (ein zweites Inertialsystem) mit hoher Geschwindigkeit an meiner eigenen Station vorbei. Die Zeitdilatation besteht darin, dass eine Uhr an Bord der vorbeifliegenden Raumstation aus meiner Sicht langsamer geht als meine eigenen Uhren. Andererseits sind in der Speziellen Relativitätstheorie alle frei fliegenden Raumstationen (genauer: alle Inertialsysteme) gleichberechtigt - das ist die Aussage des Relativitätsprinzips: Für alle diese Stationen gelten dieselben physikalischen Gesetze. Aus Sicht der anderen Raumstation ist es meine eigene Station, die mit hoher Geschwindigkeit vorbeifliegt, und die Konsequenzen sind die gleichen: die Uhr, die sich mit hoher Geschwindigkeit vorbeibewegt, sprich: die Uhren in meiner eigenen Raumstation, gehen aus Sicht des Beobachters in der anderen Station langsamer als seine eigenen. Da haben wir ihn schon, den scheinbaren Widerspruch, denn wie kann beides gelten - die Uhren der anderen Raumstation gehen langsamer als meine eigenen, und meine eigenen Uhren gehen langsamer als die auf der anderen Station?

Wie bei den Lagebezeichnungen vorne und hinten lässt sich der Widerspruch auflösen, wenn man die Relativität der betreffenden Aussagen berücksichtigt. Entscheidend ist, dass es, will man die Ganggeschwindigkeiten zweier Uhren vergleichen, nicht ausreicht, die betroffenen Uhren ein einziges Mal abzulesen. Man muss beide Uhren schon mindestens zweimal hintereinander ablesen, wie in diesem Beispiel: Beim ersten Ablesen zeigen grüne und rote Uhr dieselbe Zeit:

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Aber das will nichts heißen, denn dieses Ablesen sagt uns noch nichts darüber, wie schnell die beiden Uhren gehen. Mag sein, dass die grüne Uhr stehengeblieben ist und alle Tage dieselbe Zeit 12:30 Uhr zeigt, während die rote Uhr normal weiterläuft und auf dem obigen Schnappschuss nur zufällig in jener einen Minute aufgenommen wurde, in der auch sie 12:30 Uhr zeigt. Ein zweiter Vergleich schafft Klarheit:

Zumindest in dem betrachteten Zeitintervall ist die rote Uhr tatsächlich schneller gegangen als die grüne - auf ihr sind zwischen den beiden Vergleichen 15 Minuten vergangen, auf der anderen Uhr dagegen nur 13 Minuten.

Bei Uhren, die sich relativ zueinander mit konstanter Geschwindigkeit bewegen, ist ein direkter Vergleich, bei dem sich die Uhren am selben Ort befinden, allerdings höchstens ein einziges Mal möglich. Für den notwendigen zweiten Vergleich würden sich die Uhren dann auf alle Fälle an unterschiedlichen Orten befinden. Dann kommt zwingend der Begriff der Gleichzeitigkeit ins Spiel - die Anzeige der beiden Uhren vergleichen heißt dann ja gerade, festzustellen, ob zwei Ereignisse, die an unterschiedlichen Orten stattfinden (etwa "die grüne Uhr zeigt 12:45" und "die rote Uhr zeigt 12:45"), gleichzeitig stattfinden oder nicht. In Einsteins Theorie ist definiert, wie sich Gleichzeitigkeit mit Hilfe von hin- und hergesandten Lichtsignalen feststellen lässt (siehe das Vertiefungsthema Die Unselbstverständlichkeit des Jetzt). Es gilt aber auch die Relativität der Gleichzeitigkeit: Wenn relativ zueinander bewegte Beobachter der Einsteinschen Vorschrift folgen, Gleichzeitigkeit festzustellen, dann kommen sie im allgemeinen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Dort ist das Schlupfloch, durch das die Relativitätstheorie dem Widerspruch entkommen kann: Wenn ich zu dem Schluss komme, die Uhren der anderen Raumstation gingen langsamer als meine eigenen, dann lege ich beim Vergleich selbstverständlich meinen eigenen Gleichzeitigkeitsbegriff zugrunde. Kommt ein Bewohner der anderen Raumstation zu dem Schluss, meine eigenen Uhren gingen langsamer als die seinen, dann liegt diesem Vergleich sein eigener Gleichzeitigkeitsbegriff zugrunde. Wie im Falle von vorne und hinten setzt jede der beiden Aussagen ein anderes Bezugssystem voraus. Viele andere, auf den ersten Blick widersprüchliche Situationen lassen sich nach dem gleichen Rezept behandeln: Berücksichtigt man, wo in einer solchen Situation unterschiedliche Gleichzeitigkeitsbegriffe eine Rolle spielen, dann löst sich der scheinbare Widerspruch auf.

[Markus Pössel, AEI]

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2.1.3

Noble Relativität

Einsteins Relativitätstheorien sind die Basis für weite Teile der modernen Physik - kein Wunder, dass eine ganze Reihe von Nobelpreisen für Physik einen direkten Bezug zur Relativität haben. Die wichtigsten davon werden im folgenden kurz vorgestellt.

1921 - Albert Einstein

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die Relativitätstheorie zwar viele Nobelpreise nach sich gezogen hat, bei Einsteins Nobelpreis aber nur eine Nebenrolle spielte. Zwar wird sie in der Laudatio von Svante Arrhenius an prominenter Stelle erwähnt; in der kurzgefassten Begründung der Preisverleihung, ist dagegen nur allgemein von "Einsteins Verdiensten um die theoretische Physik" die Rede. Explizit genannt wird allein Einsteins Erklärung des Photoeffekts.

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1933 - Paul Dirac (zusammen mit Erwin Schrödinger)

Diracs Ehrung eröffnet die Parade jener relativistischen Nobelpreise, die die Verbindung von spezieller Relativitätstheorie und Quantenmechanik betreffen. Dirac ist der Pionier dieser so genannten relativistischen Quantenmechanik, er stellte mit der nach ihm benannten Dirac-Gleichung die erste Gleichung für das Quanten-Verhalten relativistischer Materieteilchen auf und kam damit einem grundlegend relativistischen Quantenphänomen auf die Spur: dem Umstand, dass für jede Sorte relativistischer Teilchen eine Art Spiegelbild existieren muss, eine Sorte entsprechender Antiteilchen. In einer Welt, in der elektrisch negativ geladene Elektronen existieren fordert Diracs Gleichung zwingend die Existenz von Anti-Elektronen, die dieselbe Masse haben, aber elektrisch positiv geladen sind.

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1936 - Carl D. Anderson (zusammen mit Victor F. Hess)

Was zunächst ein Stolperstein für Diracs Theorie schien - wo waren denn die von ihm postulierten Anti-Elektronen? - entpuppte sich letztendlich als Triumph. In der kosmischen Strahlung, einer hochenergetischen Teilchenstrahlung, die die Erdoberfläche aus dem Weltraum erreicht, fand Carl Anderson Spuren der gesuchten Teilchen. Diracs Anti-Elektronen, mit derselben Masse wie Elektronen aber der entgegengesetzten elektrischen Ladung, gibt es wirklich! Heutzutage sind Antiteilchen fester Bestandteil der teilchenphysikalischen Modelle, und für die Anti-Elektronen hat sich die Bezeichnung Positronen eingebürgert.

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1949 - Hideki Yukawa

Die Kraft, die die Protonen und Neutronen im Atomkern zusammenhölt, hat nur eine endliche Reichweite: sie bindet zwar die Teilchen aneinander, aus denen der Atomkern besteht, aber bereits ein Neutron, das im Abstand von einem Billionstel Meter am Atomkern vorbeifliegt, ist außer Reichweite und wird nicht mehr beeinflusst. Zu jener Zeit existierte bereits das Konzept der Trägerteilchen von Elementarkräften: Kräfte werden von Teilchen übertragen. Dass sich beispielsweise zwei Elektronen elektrisch abstoßen erklärt sich auf Quantenebene durch den Austausch hin- und herflitzender Photonen, deren Aussendung und Absorption den Krafteinfluss von einem Elektron zum anderen überträgt. Yukawa fand eine theoretische Erklärung, die die kurze Reichweite der Kernkraft mit dem Umstand verknüpft, dass das betreffende Trägerteilchen eine Masse besitzt. Diesen Zusammenhang leitete Yukawa direkt aus einer relativistischen Quantengleichung für massive Teilchen ab, der Klein-Gordon-Gleichung.

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1951 - John Cockcroft und Ernest T. S. Walton

Cockcroft und Walton beschossen Atomkerne des Lithiums mit schnellen Protonen und erzeugten so Helium-Atomkerne. Dies war die erste kontrollierte Umwandlung einer Sorte Atomkern in eine andere. Die Bilanz der Energien vor und nach dieser Reaktion ist eine Bestätigung der von Einstein postulierten Masse-Energie-Äquivalenz: die entstehenden Heliumkerne besitzen eine etwas geringere Masse als die von Proton und Lithiumkern, und die Massendifferenz schlägt sich in höherer Bewegungsenergie der Endprodukte nieder.

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1955 - Willis Eugene Lamb und Polykarp Kusch

Lamb und Kusch wiesen in Präzisionsmessungen zwei Effekte nach, die die einfache relativistische Quantentheorie à la Dirac nicht erklären konnte: den so genannten Lamb Shift und eine Abweichung der magnetischen Eigenschaften des Elektrons von Diracs Vorhersage. Sie gaben den Anlass zur Entwicklung der relativistischen Quantenfeldtheorien, konkret: der Quantenelektrodynamik, der relativistischen Quantentheorie des elektromagnetischen Felds.

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1959 - Emilio Segrè und Owen Chamberlain

In relativistischen Quantentheorien entspricht jeder Sorte Teilchen eine Sorte Antiteilchen. Segrè und Chamberlain erhielten ihren Preis für den Nachweis des Antiprotons, des Antiteilchens zu den Protonen des Atomkerns.

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1963 - Eugene Wigner (zusammen mit Maria Goeppert-Mayer und J. Hans D. Jensen)

Kern der speziellen Relativitätstheorie ist das Relativitätsprinzip, verkürzt: Relativ zueinander bewegte Beobachter sind gleichberechtigt, für sie gelten exakt dieselben physikalischen Gesetze. In der Physik heißt solche Gleichberechtigung auch Symmetrie. Ob eine physikalische Theorie, sei es die Beschreibung elektromagnetischer Phänomene, die Dynamik von Flüssigkeiten oder die Theorie der Wärme, mit dem Relativitätsprinzip vereinbar ist, lässt sich in einem recht allgemeinen Formalismus entscheiden, der die Symmetrien der gegebenen Theorie untersucht. Wigner hat diesen Formalismus mit entwickelt, auf die Quantentheorie angewandt und damit die Grundlage der modernen relativistischen Quantenfeldtheorie geschaffen.

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1965 - Shin-Itiro Tomonaga, Julian Schwinger, Richard P. Feynman

Von der Weiterentwicklung der frühen relativistischen Quantenmechanik zur relativistischen Quantenfeldtheorie war oben bereits kurz die Rede. Erst in diesen Quantenfeldtheorien haben nicht nur die Materieteilchen, sondern auch die zwischen ihnen wirkenden Kräfte Quantencharakter. Damit einher geht eine Verwischung der Unterscheidung zwischen Materie und Kraft, die im Zusammenhang mit Yukawas Modell der Kernkräfte bereits Erwähnung gefunden hat: Auch die Wirkung einer Kraft wird mit Hilfe von Teilchen repräsentiert, der Trägerteilchen der Kraft. Tomonaga, Schwinger und Feynman haben diese relativistische Quanten-Krafttheorie für den einfachsten Fall, die elektromagnetischen Kräfte, explizit ausgearbeitet und schufen so die Quantenelektrodynamik. Die Weiterentwicklung dieses ersten Beispiels für eine relativistische Quantenfeldtheorie zu dem umfassenderen Standardmodell der Teilchenphysik war Anlass für eine Reihe weiterer Nobelpreise; da dabei allerdings keine neuen Querverbindungen zur Relativitätstheorie ins Spiel kommen, sind sie hier nicht im einzelnen aufgeführt.

Nobelprize.org: Physics 1965

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1974 - Antony Hewish (zusammen mit Martin Ryle)

Die Entdeckung, für die Hewish ausgezeichnet wurde, ist zwar keine Konsequenz der Relativitätstheorie, aber ein wichtiger Meilenstein für die relativistische Astrophysik. Zusammen mit seiner damaligen Doktorandin Jocelyn Bell-Burnell entdeckte Hewish den ersten Pulsar und stieß damit die Tür zu systematischen Beobachtung von Neutronensternen auf.

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1978 - Arno Penzias und Robert Wilson (zusammen mit Pjotr Leonidowitsch Kapitsa)

Penzias und Wilson erhielten ihren Nobelpreis für den Nachweis der kosmischen Hintergrundstrahlung, einer Art Nachglühen aus der heißen Kinderzeit des Universums. Sie bestätigten damit eine Vorhersage, die Ralph Alpher und Robert Herman bereits 1948 auf der Basis der relativistischen Urknallmodelle getroffen hatten.

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1983 - Subramanyan Chandrasekhar und William A. Fowler

Chandrasekhars Arbeit über die Stabilität von Weißen Zwergen, dem Endstadium massearmer Sterne, ist der Auftakt einer Forschungsreise, die die Wissenschaftler letztendlich zu den stellaren Schwarzen Löchern geführt hat. Die nach ihm benannte Chandrasekhar-Grenzmasse ist die maximale Masse, bei der der innere Druck eines Weißen Zwergs einen weiteren Kollaps aufhalten kann. Jenseits dieser Massengrenze wird ein kollabierender Sternrest zum Neutronenstern oder gar zum Schwarzen Loch.

Fowler erhielt den Preis für seine Forschungen zur Entstehung der verschiedenen chemischen Elemente im Universum. Ein Teil seiner Arbeit betraf dabei eine weitere Vorhersage der Urknall-Modelle der relativistischen Kosmologie, nämlich die Entstehung leichter Elemente im frühen Universum.

Nobelprize.org: Physics 1983

1993 - Russell A. Hulse und Joseph H. Taylor

Russel und Hulse entdeckten den ersten Binärpulsar: ein Doppelsternsystem, indem sich ein Pulsar und ein Begleiterstern umkreisen. Aus ihren Beobachtungen, denen das Vertiefungsthema Doppelpulsar PSR1913+16 gewidmet ist, folgte der erste indirekte Nachweis von Gravitationswellen.

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Nobelprize.org: Physics 1993

2002 - Riccardo Giacconi (mit Raymond Davis Jr. und Masatoshi Koshiba)

Giacconi wurde für seine Pionierrolle bei der Entwicklung der Röntgenastronomie ausgezeichnet, unter anderem für den ersten Nachweis von Röntgenquellen, bei denen es sich nach heutiger Auffassung um Schwarze Löcher handelt.

Nobelprize.org: Physics 2002

[Markus Pössel, AEI]

2.2 Allgemeine Relativitätstheorie

2.2.1

Einstein und die Seifenblasen

Ein wohl jedem zumindest aus der Kindheit vertrautes Objekt sind die Seifenblasen:

[© S. Aulig/Universität Paderborn]

Tatsächlich sind Seifenblasen auch mathematisch interessant. Von den Physikern wissen die Mathematiker, welche Kräfte auf eine Seifenblase wirken - Spannungskräfte zwischen Molekülen der Seifenhaut nämlich, die so wirken, dass die Oberfläche der Blase möglichst klein wird. Hinzu kommt, dass eine Blase ein konstantes Volumen hat.

Mathematisch gesehen ist die Frage, wie die Oberfläche einer Seifenblase aussieht, damit ein so genanntes Minimierungsproblem (die Oberfläche soll so klein wie möglich sein) mit einer Nebenbedingung (das Volumen soll dasselbe bleiben). Dafür kennen die Mathematiker allgemeine Methoden, die zur so genannten

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Variationsrechnung gehören, und sie können eine Gleichung ableiten, der die gesuchten Oberflächen genügen müssen. Untersucht man diese Gleichungen, so lässt sich beweisen, dass die einzigen möglichen Lösungen im herkömmlichen Raum (genauer: im euklidischen Raum) die Sphären sind, also die Oberflächen von Kugeln. Das ist der mathematische Grund, warum Seifenblasen rund sind. Hier auf der Erde gilt diese Lösung freilich nur näherungsweise, denn beispielsweise der Effekt der Erdanziehungskraft ist in diesem Modell noch nicht berücksichtigt. Eine Seifenblase in einer Raumstation, fern aller Massen und ihrer Gravitationseinflüsse, müsste allerdings exakt rund sein.

Komplizierter wird das Problem, wenn wir ein Drahtgebilde nehmen und es in Seifenlauge tauchen - welche Form hat die Seifenhaut, die sich innerhalb des Drahts ausbildet?

Wuerfeldraht mit Seifenblasen und Drahttetraeder und Seifenblase [© S. Aulig, Universität Paderborn]

Dies ist als das Plateau-Problem bekannt, nach dem belgischen Physiker Joseph Antoine Ferdinand Plateau. Mathematisch gesehen handelt es sich wieder um ein Minimierungsproblem, hier allerdings mit einer Randbedingung - die gesuchte Seifenhaut soll auf einem ganz bestimmten Drahtgebilde enden. Flächen, die dieses Problem lösen, werden Minimalflächen genannt - eines von vielen Beispielen zeigt das folgende Bild:

[© GRAPE Minimal Surface Library]

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Und was hat das alles mit Einstein und seiner Theorie zu tun? Die Brücke schlägt die Mathematik: Die Struktur der Gleichungen, die von Minimalflächen oder Seifenblasen erfüllt werden, ist sehr ähnlich wie die Struktur der Einstein-Gleichungen, des Kernstücks der Allgemeinen Relativitätstheorie. Zwar gibt es auch Unterschiede - so sind die Raumzeiten der Allgemeinen Relativitätstheorie in sich verzerrte Räume, während die Minimalflächen verzerrt in einen höherdimensionalen Raum eingebettet sind. Aber es gibt starke Analogien zwischen den betreffenden Geometrien, und viele Methoden, Lösungen zu finden und allgemeine Gleichungseigenschaften zu untersuchen, lassen sich in beiden Problemstellungen verwenden. Erkenntnisse aus der Untersuchung der Minimalflächengleichung liefern wichtige Informationen zur Untersuchung von Lösungen der Einsteingleichungen, und umgekehrt. Wer eine besonders günstige Lösung des Seifenhautproblems gefunden hat, kann damit unter Umständen interessante Erkenntnisse über Modelluniversen der Einsteinschen Welt gewinnen. An Instituten wie dem Albert-Einstein-Institut beispielsweise gibt es dementsprechend Mathematiker, die an beiden scheinbar so unterschiedlichen Themen zugleich arbeiten - an abstrakten Universumsmodellen und an Fragestellungen aus der Welt der Seifenblasen.

[Bernhard List, AEI]

2.3

Gravitationswellen

2.3.1

Das Zirpen der Neutronensterne

Gravitationswellen, die astronomische Objekte aussenden, ähneln in einiger Hinsicht mehr einem Orchesterklang als einem Bild - was uns etwa von einem Paar umeinander kreisender Neutronensterne erreicht, ist kein unzusammenhängendes Gemisch vieler kleiner Beiträge, aus denen sich die Detailstruktur des Entstehungsgebiets rekonstruieren ließe, sondern eine harmonische Gesamtwelle, die Informationen über ihren großräumigen Entstehungsprozess enthält.

Tatsächlich geht die Analogie noch weiter, denn die Frequenzen einiger Gravitationswellen liegen im gleichen Frequenzbereich wie die von einer ganz anderen Art von Wellen - den Schallwellen nämlich, die wir mit unseren Ohren hören können. Diese Gravitationswellensignale lassen sich daher in hörbare Töne "übersetzen" - überträgt man die Frequenz ders Gravitationswellensignals und seine zeitliche Entwicklung auf Schall, so kann man bestimmte kosmische Prozesse hörbar machen.

Bestes Beispiel sind zwei Neutronensterne, die umeinander kreisen. Durch die Abstrahlung von Gravitationswellen verliert ein solcher Doppelstern fortwährend

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Energie. Durch diesen Energieverlust kommen die Neutronensterne einander immer näher, die Umlaufzeit wird immer kürzer und auch die Schwingungsdauer der Gravitationswellen (die gerade die Hälfte der Umlaufzeit beträgt) wird immer kürzer, entsprechend steigender Frequenz. Da mit schnellerem Umlaufen auch der Energieausstoß steigt, schaukelt sich der Prozess auf, und kurz, bevor die Neutronensterne sich so nahe gekommen sind, dass sie miteinander verschmelzen, wird die Frequenz merklich immer schneller immer größer. Grafisch ist dieser Prozess in dem folgenden Bild dargestellt:

Wieweit die blaue Kurve von der Mittellinie abweicht ist dabei ein Maß für die Stärke der Raumverzerrungen, die die Gravitationswelle bewirkt. Je enger Wellenberge und -täler der blauen Kurve beieinanderliegen, umso größer ist die Frequenz der Welle. Wie in der Abbildung sichtbar, nimmt die Frequenz der Welle mit der Zeit stark zu, ebenso wie die maximale Stärke der Raumzerzerrungen.

In hörbare Töne übersetzt entspricht das einer Art Zirpen - einem Ton, der leise und tief beginnt, und dann immer höher und immer lauter wird. Die folgende Audio-Datei im MP3-Format lässt ein solches Zirpen verschmelzender Neutronensterne erklingen:

Abspielen [MP3, 71 kB], Download [ZIP, 38kB] [© B. Owen, Penn State University]

Für Astrophysiker wäre ein direkter Nachweis solch eines Zirpens hochinteressant - der Verlauf des Zirpens enthält nämlich Informationen über die Stärke der ausgesandten Gravitationswellen. Vergliche man dies mit der Stärke der Welle, die uns hier auf der Erde tatsächlich erreichten, dann könnte man erschließen, wie weit das verschmelzende Sternpaar von uns entfernt ist: Je weiter in den Raum die Wellen hinauseilen mussten, um uns zu erreichen, umso weniger davon kommt hier bei uns auf der Erde davon an.

Vor dem Nachweis steht allerdings noch die technische Herausforderung. Die folgenden beiden Audio-Dateien im MP3- Format illustrieren dies: Die erste davon

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macht das Signal eines Neutronensterns hörbar, der immer schneller um ein Schwarzes Loch kreist und schließlich hineinfällt:

Abspielen [MP3, 88 kB], Download [ZIP, 40kB] [© AEI/GEO600]

Hier dasselbe Signal, überlagert vom Rauschen der Störeinflüsse, das sich in einem interferometrischen Gravitationswellendetektor wie GEO 600 über die kosmische Melodie legt:

Abspielen [MP3, 187 kB], Download [ZIP, 183kB] [© AEI/GEO600]

Nur die allerletzte Phase des Verschmelzungsprozesses, entsprechend den lautesten und höchsten Tönen, kann sich gegen das Grundrauschen behaupten.

[Markus Pössel, AEI]

2.3.2

Ohren in aller Welt

Weltweit lauschen Forschergruppen derzeit nach den Gravitationswellen - und nutzen dazu zwei ganz unterschiedliche Techniken.

Die aufwändigsten modernen Projekte auf der Suche nach den Gravitationswellen sind die interferometrischen Detektoren, die seit den 1980er Jahren entwickelt wurden. Nach langen Jahren der Planung und des Baus existieren bislang folgende Projekte:

GEO600 hat eine Armlänge von 600 Metern und ist in der Nähe von Ruthe (Saarstedt) südlich von Hannover gebaut worden. Er wird vom Teilinstitut Hannover des Albert-Einstein-Instituts betreut und ist eine Kollaboration mit den Universitäten Glasgow, Cardiff, Birmingham und der Balearischen Inseln.

LIGO, eine Abkürzung für Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory (Laser-Interferometer Gravitationswellen-Observatorium) ist die Kollaboration mit den bislang größten Interferometern, die in den USA aufgebaut sind: Je zwei Detektoren mit vier Kilometern Armlänge in Hanford im Bundesstaat Washington und in Livingston, Bundesstaat Louisiana; zusätzlich in Hanford ein weiteres Interferometer mit zwei Kilometer Armlänge.

VIRGO ist ein weiteres europäisches Projekt, eine Kollaboration zwischen französischen und italienischen Physikern, die in der Nähe von Pisa, Italien, einen Detektor mit drei Kilometer Armlänge gebaut haben. Er befindet sich zur Zeit im Testbetrieb.

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TAMA 300 ist ein Prototyp mit 300 Metern Armlänge, der mitten in Tokio gebaut wurde. Innerhalb der nächsten Jahre ist ein verbesserter unterirdischer Detektor im Kamioka-Bergwerk geplant.

AIGO, das "Australian International Gravitational Observatory" ist das bislang einzige Projekt auf der Südhalbkugel der Erde. Im australischen Perth wird dort ein Interferometer-Prototyp mit 80 Metern Armlänge betrieben; ein größeres Interferometer ist in Planung.

Ohren in aller Welt? Mehr als das, wenn das folgende Projekt in die heiße Phase tritt:

LISA ist ein gemeinsames Projekt der europäischen und amerikanischen Weltraumbehörden ESA und NASA; federführend auf europäischer Seite ist das Albert-Einstein-Institut. Im Zeitfenster 2013-2015 sollen drei Satelliten starten, die ein Dreieck von 5 Mio. Kilometer Kantenlänge bilden sollen - ein gigantisches Weltraum-Interferometer, das nach Gravitationswellen suchen soll.

Die zweite Klasse von Detektoren sind die so genannten Resonanzdetektoren. Darin sollen die Graviationswellen einen Metallkörper zu Schwingungen anregen, und diese Schwingungen sollen verstärkt und ausgelesen werden. Derzeit gibt es vier Gruppen, die mit Metallzylindern mit Massen von rund einer Tonne nach Wellen suchen:

NAUTILUS ist in Rom angesiedelt.

EXPLORER ist ein weiteres Experiment der Gruppe aus Rom; auf gebaut ist es allerdings im Teilchenforschungszentrum CERN in Genf.

ALLEGRO, eine Abkürzung für "A Louisiana Low temperature Experiment and Gravitational wave Observatory", zu deutsch etwa: Ein Niedertemperatur-Experiment und Gravitationswellenobservatorium in Louisiana", angesiedelt dementsprechend an der Louisiana State University in den USA

AURIGA in Padua, Italien

NIOBE im australischen Perth.

Zylinder sind die klassische Form für Resonanzdetektoren - bereits Joseph Weber, in den 1960er Jahren der Pionier der Gravitationswellenforschung, hatte den ersten Resonanzdetektoren diese Form gegeben. Andere Gruppen experimentieren dagegen mit der in einiger Hinsicht günstigeren, aber technisch schwerer beherrschbaren Kugelform, nämlich

MiniGRAIL - GRAIL ist die Abkürzung für "Gravitational Radiation Antenna In Leiden", und dieser kugelförmige Detektor ist denn auch tatsächlich eine Gravitationsstrahlungs-Antenne im niederländischen Leiden

GRAVITON soll ein zweites Kugelexperiment werden, angesiedelt im brasilianischen Saõ José dos Campos, und befindet sich noch im Entwicklungsstadium. [Carsten Aulbert und Badri Krishnan, AEI]

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2.3.3

Licht als Maßstab

Gravitationswellen, Änderungen in der Struktur der Raumzeit, die sich wellenförmig ausbreiten, gehören zu den faszinierendsten Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie. Dementsprechend groß ist das Interesse, sie direkt nachzuweisen. Die frühesten Detektoren waren so genannte Resonanzdetektoren (siehe das Vertiefungsthema Schwingende Körper). Bessere Chancen auf einen Nachweis dürften allerdings mit den so genannten interferometrischen Detektoren bestehen, um die es in diesem Vertiefungsthema gehen soll.

Gravitationswellen bewirken rhythmische Verzerrungen des Raums (den einfachsten Fall zeigt die Animation auf der Seite Rhythmische Verzerrungen im Kapitel Gravitationswellen von Einstein für Einsteiger). Das hat Konsequenzen beispielsweise für ein Lichtsignal, das von einer frei fallenden Testmasse zu einer zweiten geschickt wird: Je nachdem, ob der Raum zwischen Start und Ziel gravitationswellenbedingt gestreckt oder gestaucht wird, während das Licht von einer Testmasse zur anderen läuft, kommt es einmal etwas später, dann wieder etwas früher an als ohne Gravitationswelle. Etwas anders ausgedrückt: Eine Gravitationswelle führt zu Änderung der Lichtlaufzeit zwischen frei fallenden Testmassen. Anfang der 1970er Jahre erkannte man, dass ein Interferometer vom Michelson-Typ ideal geeignet ist, diese Laufzeiteffekte nachzuweisen. Solch ein Interferometer hat zwei Arme, zwei Lichtlaufmöglichkeiten, die senkrecht aufeinanderstehen. Es misst die Verschiebung zwischen Lichtwellen, die den einen und den anderen Arm durchlaufen. Die Laufzeitunterschiede, die auftreten, wenn eine Gravitationswelle die Anordnung verzerrt, etwa den einen Arm etwas staucht und den anderen verlängert, führen genau zu dieser Art von Verschiebung. Das folgende Bild zeigt den Aufbau eines Michelson-Interferometers, so, wie es etwa im Gravitationswellendetektor GEO600 benutzt wird:

Als Lichtquelle musste zunächst ein Laser entwickelt werden, der in Frequenz und Intensität fast keine Schwankungen mehr aufweist. Der einfallende Laserstrahl wird durch einen Strahlteiler aufgespalten; die beiden Teilstrahlen durchlaufen je einen Arm und werden reflektiert (Spiegel Sp1 und Sp2). Am Ausgang der Anlage überlagern sich Lichtwellen, die beide Messstrecken durchlaufen haben, und es

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kommt zur so genannten Interferenz zwischen ihnen: je nachdem, ob Wellenberg auf Wellenberg trifft und sich die Teilstrahlen dadurch verstärken, oder ob Wellenberg mit Wellental zusammenfällt und sich die Teilstrahlen gegenseitig auslöschen, ist es am Ausgang hell oder dunkel. Welcher Fall eintritt, hängt davon ab, wie lange Wellenberge und -täler der einzelnen Teilstrahlen benötigen, um vom Strahlteiler aus durch den betreffenden Arm und zurückzulaufen. Selbst geringste Veränderungen des Längenunterschieds zwischen den beiden Armen können in dieser Weise am Ausgang für deutliche Helligkeitsschwankungen sorgen.

Die überlagerten Teilwellen werden mit einem Photodetektor nachgewiesen. Man stellt die Anlage so ein, dass die beiden Lichtwellen, die die beiden Arme durchlaufen, in etwa im Gegentakt schwingen und sich daher so gut wie auslöschen ("destruktive Interferenz", Wellenberge der einen treffen auf Wellentäler der anderen Teilwelle). Der Ausgang ist dann dunkel. Verändert eine Gravitationswelle die Länge der beiden Arme, dann geraten die Lichtwellen ausser Takt. Am Ausgang entsteht dann ein Signal, das heisst etwas Helligkeit.

Im Gegensatz zu den Resonanzantennen sind Interferometer für Gravitationswellensignale mit vielen verschiedenen Frequenzen empfindlich, genauer: für alle Wellen in einem Frequenzbereich von etwa 10 bis 5000 Hertz. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie es erlauben, den zeitlichen Verlauf eines Gravitationswellensignals zu verfolgen. So lassen sich direkt die charakteristischen Melodien der verschiedenen Arten von Signalen erlauschen, etwa das Zirpen verschmelzender Neutronensterne (vergleiche das gleichnamige Vertiefungsthema).

Die Empfindlichkeit eines interferometrischen Detektors hängt von der Armlänge und der in den Armen umlaufenden Lichtleistung ab - je länger die Arme, je größer die Lichtleistung, desto besser. Da die Ausgangsleistung der heutigen Laser bei weitem nicht ausreicht, hat man sich einen Trick einfallen lassen, der die umlaufende Lichtleistung erhöht: Im Betrieb ohne Gravitationswelle bleibt es an der Photodiode, wie erwähnt, dunkel. Das Licht wird dabei aber keineswegs vernichtet, sondern nur umverteilt: man kann zeigen, dass in dieser Situation ganz einfach besonders viel Licht über den Strahlteiler in Richtung Laser zurückläuft. Dieses Licht kann erneut verwendet werden. Dazu dient der Spiegel PR, der das herauskommende Licht ins Interferometer zurückreflektiert und so die Lichtleistung im Interferometer erhöht ("Power-Recycling" = Leistungsverstärkung).

Eine andere Möglichkeit, die Empfindlichkeit zu erhöhen, besteht darin, das Signal mit sich selbst überlagern und so mehrfach zu verstärken ("Signal-Recycling"). Dazu dient ein Spiegel hinter dem Ausgang des Interferometers, in der obigen Abbildung mit SR bezeichnet. Das Verfahren ist eine Spezialität des Detektors GEO600: Dieser Detektor hat zwar im Vergleich zu den anderen Detektoren eine eher geringe Armlänge (namensgebende 600 Meter) und ist damit zunächst einmal weniger empfindlich. Das Signal-Recycling gleicht diesen Nachteil mehr als aus - zumindest in einem bestimmten Frequenzbereich der zu messenden Gravitationswellen.

Seit 2001 sind an fünf Standorten große interferometrische Detektoren mit Armlängen zwischen 300 und 4000 Meter in Betrieb: Die LIGO-Anlagen in Hanford und in Livingston (USA); GEO600 in Ruthe bei Hannover (Deutschland); Virgo in Cascina bei Pisa (Italien); TAMA300 in Tokio (Japan). (Einige weitere Informationen sowie Links zu den Webseiten der Detektorgruppen finden sich im Vertiefungsthema

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Ohren in aller Welt.) Die Gravitationswellendetektion ist eine Gemeinschaftsaufgabe: Alle Gruppen arbeiten in der LIGO Scientific Collaboration zusammen.

Mit der ersten Generation von laserinterferometrischen Detektoren wird eine relative Empfindlichkeit von 10-21 angestrebt. Man kann damit bei einer 1 km langen Messstrecke eine Längenänderung nachweisen, die einem Tausendstel eines Atomkerndurchmessers entspricht.

[Peter Aufmuth, AEI]

2.3.4

Schwingende Körper

Eine Gravitationswelle, die durch einen Festkörper läuft, etwa durch einen soliden Metallzylinder, wirkt auf dessen Atome wie eine zeitabhängige, gezeitenartige Kraft. Durch diese Krafteinwirkung wird der Körper jeweils in die eine Richtung gestaucht und senkrecht dazu gedehnt (vergleiche die Verformungen des Mandalas auf der Seite Rhythmische Verzerrungen im Kapitel Gravitationswellen von Einstein für Einsteiger). Auf diese Weise kann ein schwingungsfähiger Körper ("Resonator") in harmonische Schwingungen versetzt werden. Eine Möglichkeit, Gravitationswellen nachzuweisen, besteht daher darin, durch die Gravitationswelle verursachte Änderungen im Schwingungszustand eines solchen Resonators zu messen. Detektoren, die auf diesem Prinzip basieren, heißen Resonanzdetektoren. Eine solche Antenne spricht nur auf die Anteile des Gravitationswellensignals an, die in der Nähe der natürlichen Schwingungsfrequenz des Resonators liegen. Diese natürliche Frequenz hängt im Wesentlichen von seiner Masse ab.

Der amerikanische Physiker Joseph Weber (1919 - 2000) konstruierte in den 1960er Jahren an der Universität Maryland (USA) nach diesem Prinzip die ersten Gravitationswellendetektoren. Seine Resonanzantennen waren Aluminiumzylinder mit einer Masse von 1,5 Tonnen. Eine passende Gravitationswelle würde die so genannte "longitudinale Grundschwingung" des Zylinders anregen, deren natürliche Schwingungsfrequenz ("Eigenfrequenz") bei Webers Zylindern bei etwa 1600 Hertz lag. Wie diese Grundschwingung den Zylinder verformt, ist in der folgenden Animation übertrieben deutlich dargestellt:

Im Frequenzbereich um 1000 Hertz erwarten die Astrophysiker nur ganz kurze Gravitationswellenpulse, die entstehen, wenn ein Stern als Supernova explodiert. Solche Pulse stoßen die Zylinderschwingung an wie ein Klöppel die Glocke, und wie eine Glocke schwingt der Zylinder auch nach Durchgang der Gravitationswelle ein wenig weiter; dies ermöglicht erst den Nachweis. Die Verformung des Zylinders sollte in Webers Aufbau durch auf die Zylinderoberfläche geklebte Piezokristalle registriert

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werden: Piezokristalle erzeugen bei Verformung eine elektrische Spannung, die sich auslesen lässt.

Webers Zylinderantennen waren allerdings bei weitem nicht empfindlich genug, als dass tatsächlich eine Chance auf den Gravitationswellennachweis bestanden hätte. Bereits durch das ständige, winzige Hin- und Herschwingen der Atome in der Antenne (der Wärmebewegung, anhand derer sich die Temperatur der Antenne definiert) wird die longitudinale Grundschwingung hundertmal stärker angeregt als durch eine etwaige Gravitationswelle. Die Nachfolgemodelle von Webers Zylindern, die modernen Resonanzdetektoren, werden deshalb stark gekühlt und arbeiten bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt. Das nachfolgende Bild zeigt einen Blick in den geöffneten Druckbehälter eines dieser modernen Detektoren, des Experiments NAUTILUS in Frascati (Italien). In der Mitte ist die zylinderförmige Testmasse sichtbar; die Schichten des umliegenden Behälters dienen vor allem der Wärmeisolierung:

[© 2002 ROG Nautilus]

Ein weiteres Problem liegt im Rauschen der elektrischen Wandler und Verstärker, die das ausgelesene Signal durchläuft. Heute verwendet man wegen der hohen inneren Verluste keine Piezokristalle mehr, sondern benutzt Hohlraumresonatoren oder Spulenanordnungen, deren elektrische Eigenschaften durch die Antennenbewegung verändert werden. Als extrem rauscharme Verstärker haben sich so genannte SQUIDs bewährt, supraleitende Quanteninterferenz-Detektoren, die sich bei der Verstärkung Effekte der Quantenphysik zunutze machen. Weiterhin ist es wichtig, die Antenne als Pendel aufzuhängen, um sie so vor seismischen Erschütterungen zu schützen, und sie auch sonst möglichst gut von allen äußeren Einflüssen zu isolieren. Die heutigen Resonanzantennen erreichen mit all diesen Maßnahmen die für den Nachweis realistischer Gravitationswellen nötige Empfindlichkeit und können tatsächlich Verformungen von 10-19 Metern nachweisen.

Page 64: Einstein für Einsteiger

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Eine kurze Übersicht über die modernen Resonanzdetektoren findet sich am Schluss des Vertiefungsthemas Ohren in aller Welt. Die allermeisten davon verwenden, wie schon Weber, zylindrische Testmassen, jedoch ist kürzlich mit dem niederländischen MiniGRAIL auch eine kugelförmige Resonanzantenne in Betrieb genommen worden. Im Gegensatz zu den Zylindern reagiert sie gleich empfindlich, unabhängig davon, aus welcher Richtung die Gravitationswelle eintrifft. Außerdem kann man an ihr gleich mehrere Schwingungsarten messen, was eine Bestimmung der Position der Gravitationswellenquelle am Himmel erlaubt.

[Peter Aufmuth, AEI]

2.3.5

LISA - Horchposten im All

Das spektakulärste Projekt zur Gravitationswellenmessung ist LISA, die "Laser Interferometer Space Antenna" der ESA und der NASA - ein interferometrischer Detektor im Weltall, dessen Laserarme fünf Millionen Kilometer lang sein werden.

LISA wird drei identische Satelliten in eine erdähnliche Umlaufbahn um die Sonne bringen. Im Abstand von fünf Millionen Kilometern zueinander fliegen diese in einer gleichschenkligen Dreiecksformation in einer Entfernung von etwa 50 Millionen Kilometer hinter der Erde her. Die Anordnung ist in der folgenden Anordnung skizziert; das LISA-Dreieck selbst ist dabei zehn Mal zu groß eingezeichnet, die metergroßen Satelliten wären in einer maßstabsgerechten Abbildung gar nicht zu sehen:

Die sich während einer Umlaufbahn verändernde Ausrichtung des Dreiecks erlaubt es den Forschern, die Richtung der auf LISA treffenden Gravitationswellen zu bestimmen.

Jeder Satellit funktioniert ähnlich wie ein Michelson-Interferometer, dessen Arme durch die zwei internen Testmassen und eine Testmasse in jedem der anderen beiden Satelliten gebildet werden. LISA benutzt aber keinen Strahlteiler, sondern jeder Satellit schickt einen Laserstrahl zu den beiden anderen Satelliten. Wegen der

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großen Entfernung ist der Laserstrahl bei der Ankunft zu schwach geworden, um reflektiert zu werden. Daher enthalten die empfangenden Satelliten keinen Spiegel, sondern senden einen neuen Laserstrahl zurück. Dieser wird mit dem Originallaser vergleichen, um so die Änderung im Abstand der Satelliten zu messen. Längenänderungen der Arme können so mit einer Genauigkeit von 10 Picometern (1 Picometer = 10-12 Meter) gemessen werden. Wichtig dabei ist, dass die Testmassen von äußeren Einflüssen, wie etwa dem Sonnenwind, absolut ungestört bleiben.

LISA soll zum einen Signale aus der heißen Frühzeit des Universums aufzufangen, entsprechend einem Weltalter von winzigen Sekundenbruchteilen. LISAs primäre Mission ist allerdings das Aufspüren und Studieren von Gravitationswellen , die von supermassiven Schwarzen Löchern im Zentrum vieler Galaxien ausgehen. Außerdem wird LISA die Signale von Tausenden von kompakten Doppelsternsystemen in der Milchstraße beobachten.

LISA ist das Ergebnis von Jahrzehnten der Entwicklung im Bereich der Laserinterferometrie, der Triebwerkstechnologie und Sensorik. Diese Technik wird in der LISA-Pathfindermission im Jahr 2007 im Weltraum getestet werden, bevor die gemeinsame Mission der ESA und der NASA 2014 ins Weltall startet. Federführend beteiligt ist in beiden Fällen das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik.

[P. Aufmuth, AEI]

2.4

Schwarze Löcher & Co.

2.4.1

Flug ins Schwarze Loch

Das Raumschiff Yonjuni mit seiner Besatzung aus Spezialrobotern zur Erkundung des Alls ist unterwegs zum Zentrum der Milchstraße. Neben vielen anderen Messdaten funkt es auch die Bilder von drei Kameras zur Erde: Kamera 1 blickt in Flugrichtung, Kamera 2 zur Seite (in Flugrichtung rechts) und Kamera 3 nach hinten.

Nach vielen Jahren Flugzeit ist die Erde schon längst nicht mehr sichtbar und die Sonne ist nur noch ein Stern unter vielen. Der Blick nach draußen zeigt die Milchstraße als Band aus Sternen, leuchtendem Gas und dunklen Staubwolken.

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Die Kameras sind auf Weitwinkelaufnahmen eingestellt: Mit 90 Grad Öffnungswinkel in der Waagrechten ergänzen sich ihre Bilder zu einem Panoramablick, der von der Flugrichtung über die rechte Seite bis zum Blick zurück reicht.

Da gibt der zentrale Bordcomputer eine Warnung heraus. Das Raumschiff erfährt von außen eine Beschleunigung, so als wäre ein Planet oder ein Stern in der Nähe; auf den Kamerabildern ist aber kein naher Himmelskörper zu sehen.

Die automatische Steuerung klassifiziert das Ereignis als "wissenschaftlich interessant", "rechtfertigt Kursänderung", "vermutlich harmlos" und richtet den Kurs des Raumschiffes darauf aus.

Kamera 1 wird vorübergehend auf Zoom gestellt und entdeckt einige Zeit später im Sternbild Schwan eine kleine ringförmige, verwaschene Struktur. Die wissenschaftliche Software hat sie zu diesem Zeitpunkt bereits identifiziert: Es handelt sich um ein Schwarzes Loch von 10 Sonnenmassen, dem sich das Raumschiff inzwischen bis auf 1,2 Millionen Kilometer genähert hat.

Diese Gelegenheit, die Gravitation in unmittelbarer Nähe eines Schwarzen Lochs experimentell zu untersuchen, ist einmalig. Mit der hundertfachen Erdbeschleunigung halten die Photonentriebwerke den Abstand zum Schwarzen Loch konstant, während Kreiselexperimente angeworfen werden, die den Drehimpuls des Schwarzen Lochs bestimmen sollen. Bei den leichtgebauten beweglichen Servicerobotern treten leichte Deformationen und erste Fälle von Materialermüdung auf. Der Energieverbrauch ist enorm; das Raumschiff darf hier nur eine kurze Zeit verweilen, um den Erfolg der Mission nicht zu gefährden.

Ein kosmisches Teilchen durchquert den EDV-Bereich des Raumschiffs und setzt das Bit "Treibstoff reicht für den Rest der Mission" permanent auf wahr.

Der Bordcomputer leitet die weitere Annäherung an das Schwarze Loch ein.

Bei einer Beschleunigung von 15 Millionen g stabilisiert sich das Raumschiff in 3000 km Höhe; die Roboter sind inzwischen Metallschrott. Die ringförmige Struktur ist jetzt deutlich sichtbar. Sie kommt dadurch zustande, dass Lichtstrahlen in der Nähe des Schwarzen Lochs abgelenkt werden. Die Gas- und Staubwolken, die weit hinter dem Schwarzen Loch liegen, erscheinen bogenförmig verzerrt. Im Zentrum der Struktur

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wird der Zentralbereich des Schwarzen Lochs als kleine, vollkommen schwarze Scheibe sichtbar.

Beim nächsten Stop in 600 km Entfernung (400 Millionen g verhindern den Sturz in das Schwarze Loch) erkennt man deutlich Doppelbilder: innerhalb des Kreises ist die gesamte Milchstraße ein zweites Mal zu sehen.

In 150 Kilometern Entfernung (9 Milliarden g) nimmt der schwarze Zentralbereich bereits einen erheblichen Teil des Blickfelds ein,

90 km oberhalb des Horizonts (30 Milliarden g) füllt er sogar das gesamte Blickfeld von Kamera 1.

Der so genannte Photonenradius ist erreicht: Das Schwarze Loch nimmt genau die halbe Himmelskugel ein. Höhe: 45 km, Beschleunigung 100 Milliarden g.

In 30 km Höhe (bei 200 Milliarden g) überdeckt das Schwarze Loch mehr als die Hälfte der Himmelskugel.

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In 13 km Höhe: das Raumschiff hält sich mit 650 Milliarden g in einer festen Position. Nur beim Blick zurück ist der Sternenhimmel noch zu sehen; nach vorne und zur Seite herrscht Dunkelheit.

Mit 2 Billionen g hält das Raumschiff für einen kurzen Augenblick 4 km Abstand zum Horizont. Der Blick zurück zeigt in einem kleinen Ausschnitt des Sichtfelds den gesamten Himmel; von jedem Stern sind mehrfache Bilder zu sehen.

Bordcomputer an Tanegeshima Space Center: ENDE DER MISSION

Anmerkung 1:

Wenn Sterne von einer stationären Position in der Nähe eines Schwarzen Lochs aus beobachtet werden, dann erscheint ihre Strahlung zu kürzeren Wellenlängen verschoben und in der Intensität verstärkt: sie sehen blauer und heller aus als gewohnt. Gleichzeitig ändert sich der Anblick der Milchstraße: Strahlung, die nah am Schwarzen Loch im Sichtbaren beobachtet wird, wurde in großer Entfernung im Infraroten emittiert. Von den Gas- und Staubwolken, die im Optischen so auffällig sind, ist dann nichts mehr zu sehen. Sie sind im Infraroten durchsichtig. Stattdessen erblicken wir Sterne, die bisher von den Wolken verdeckt waren. Diese Effekte sind in den obigen Bildern nicht berücksichtigt.

Anmerkung 2:

Oben ist von gigantischen Beschleunigungen die Rede: Ein Antrieb, der sie erzeugen könnte, ist genauso utopisch wie ein Raumschiff, das sie aushalten würde. Dieselben optischen Effekte kann man aber auch bei viel kleineren Beschleunigungen beobachten. Dazu muss nur das Schwarze Loch eine genügend große Masse haben. Um z.B. mit 1 g beim 1,005fachen Schwarzschild-Radius zu verharren (das entspricht oben der letzten Station), braucht man ein Schwarzes Loch mit 20 Billionen Sonnenmassen.

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Quellenhinweis:

Die Bilder benutzen Axel Mellingers All-Sky Milky-Way Panorama (in reduzierter Auflösung), siehe http://home.arcor-online.de/axel.mellinger/allsky.html

[Ute Kraus, AEI und Theoretische Astrophysik, Universität Tübingen]

2.4.2

Im Herzen der Milchstraße

Nach dem heutigen Wissen der Astrophysiker sind supermassive Schwarze Löcher, die Millionen Sonnenmasse in sich vereinigen, in unserem Universum allgegenwärtig: Sie dürften sich in den Zentren der allermeisten Galaxien finden. In aktiven Galaxienkernen sind sie für spektakuläre Phänomene wie die Jets von Radiogalaxien mit ihren gigantischen Radioblasen verantwortlich, aber auch im Herzen gemäßigter Galaxien wie unserer Milchstraße schlummert ein Massemonster.

Dass wir in unserer Heimatgalaxie ein supermassives Schwarzes Loch so zusagen direkt vor der Haustür haben, nur rund 25000 Lichtjahre von uns entfernt, ist vielleicht ein wenig unheimlich, aber aus astronomischer Sicht ein wahrer Segen. Die direkteste Möglichkeit, nachzuweisen, dass es sich bei einem Beobachtungsobjekt um ein Schwarzes Loch handelt, besteht in der Bestimmung seiner Masse und der Abschätzung seiner Ausdehnung. Die Massenbestimmung kann für astronomische Objekte recht schwierig sein; gute Ausgangsvoraussetzungen sind allerdings immer dann gegeben, wenn sich mehrere Objekte unter gegenseitigem Schwerkrafteinfluss umeinander bewegen. Für solche Bewegungen nämlich sagen die Gesetze der Himmelsmechanik Zusammenhänge zwischen den Massen der beteiligten Himmelskörpern und den Einzelheiten ihrer Bahnbewegung vorher. Eine hinreichend vollständige Kenntnis der Umlaufbahnen lässt daher Rückschlüsse auf die Massen zu.

Im Falle des zentralen Schwarzen Lochs unserer Milchstraße haben Astronomen über Jahre hinweg sehr genau vermessen, wie sich die Sterne in der unmittelbaren Zentrumsumgebung bewegen. Die folgende Abbildung zeigt eine Simulation, die auf Beobachtungen beruht, die Forscher des Max-Planck-Instituts für Extraterrestrische Physik über sechs Jahre hinweg mit dem New Technology Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO gemacht haben.

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Zu sehen ist eine Region von nur wenigen Lichttagen rund um das Zentrum unserer Milchstraße, das von der Erde aus gesehen im Sternbild Schütze (Sagittarius) liegt und, wie erwähnt, rund 25000 Lichtjahre von uns entfernt ist. Das rote Kreuz in der Mitte markiert die Position von "Sagittarius A*", einer kompakten Radioquelle. Die Astronomen haben ein detailliertes dreidimensionales Modell entwickelt, um die Bewegung der in der Abbildung sichtbaren Sterne zu erklären; die in dieser Weise rekonstruierten Bahnkurven sind gelb eingezeichnet.

Aus den neuesten Rechnungen, denen mittlerweile schon 10 Jahre an hochauflösenden Beobachtungen von rund drei Dutzend individuellen sternen rund um Sagittarius A* zugrundeliegen, aufgenommen von mehreren unabhängigen Beobachtergruppen, folgt, dass dieses Objekt die Masse von 3,3 Millionen Sonnen in sich vereinigt. Aus den Bahndaten eines der Sterne ergab sich zugleich eine sehr genaue obere Grenze für die Ausdehnung des Objekts - um in die Umlaufbahn des Sterns zu passen, darf der Radius von Sagittarius A* nicht größer als 17 Lichtstunden sein. Neuere Radioastronomische Messungen haben sogar noch eine kleinere Ausdehnung von rund 20 Lichtminuten ergeben, vergleichbar dem Durchmesser der Bahn unserer Erde um die Sonne.

Masse und Ausdehnung führen zu einer mittleren Dichte des Objekts, die nur auf eine Art zu erklären ist: es handelt sich um ein Schwarzes Loch im Zentrum unserer eigenen Galaxis.

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2.5

Kosmologie

2.5.1

Die Form des Raums

In dem dreidimensionalen Raum um uns herum gelten in guter Näherung die Regeln der Euklidischen Geometrie, wie sie auch in der Schule gelehrt werden. Beispielsweise beträgt die Summe aller Winkel in einem aus Geradenabschnitten gebildeten Dreieck immer 180 Grad, und Geraden, die parallel zueinander sind, schneiden sich nie.

Laut der Urknallmodelle, den auf der Allgemeinen Relativitätstheorie basierenden Modelle für Universen wie das unsrige, die im Großen und Ganzen homogen sind, ist das aber nicht die einzige Möglichkeit. Die Raumgeometrie hängt dort davon ab, wieviel Masse und Energie das Universum enthält, genauer: Von seiner Dichte. Da sich die Materie im Universum aufgrund der Expansionsbewegung laufend verdünnt, ist es wichtig, einen Bezugspunkt zu wählen, um Dichtewerte zu vergleichen. Die Kosmologen wählen dafür die Jetztzeit - dass sich dieser Zeitpunkt im Laufe der Forschungen um Jahrzehnte verschiebt, fällt angesichts eines Weltalters von einigen Milliarden Jahren nicht ins Gewicht. Unter diesen Voraussetzungen liefern die Urknallmodelle einen kritischen Dichtewert, und der bestimmt die Raumgeometrie wie folgt:

Ist die heutige Dichte des Universums geringer als der kritische Wert, dann hat jeder Raumbereich unseres Universums eine sattelartige Raumgeometrie. Im folgenden Bild ist die analoge zweidimensionale Geometrie angedeutet:

In solch einem Raum ist die Winkelsumme von Dreiecken stets kleiner als 180 Grad, und geradestmögliche Linien (Geodäten), die in einer bestimmten Raumregion parallel sind, laufen, wenn man sie weiterverfolgt, auseinander.

Ist die heutige Dichte des Universums dagegen gerade gleich dem kritischen Dichtewert, dann hat jeder Raumbereich unseres Universums die gewohnte Geometrie der Ebene, die in der folgenden Abbildung skizziert ist:

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In solch einem Raum ist die Winkelsumme von Dreiecken stets gleich als 180 Grad, und geradestmögliche Linien (in diesem Falle sind es tatsächlich Geraden), die in einer bestimmten Raumregion parallel sind, laufen, wenn man sie weiterverfolgt, in immer gleichem Abstand voneinander weiter.

Zur dritten und letzten Möglichkeit: Ist die heutige Dichte des Universums größer als der kritische Wert, dann hat jeder Raumbereich unseres Universums eine kugelartige Geometrie. Ein zweidimensionales Anschauungsbeispiel zeigt die folgende Abbildung:

In solch einem Raum ist die Winkelsumme von Dreiecken stets größer als 180 Grad, und geradestmögliche Linien, die in einer bestimmten Raumregion parallel sind können sich, wenn man sie weiterverfolgt, einander annähern und sich sogar schneiden.

Viele spannende Möglichkeiten für die Geometrie im Großen - allerdings nur theoretisch. Praktisch deuten die astronomischen Messungen darauf hin, dass unser Universum auch auf kosmologischen Größenskalen die gewohnte Schulgeometrie hat, und dass seine Dichte gerade dem kritischen Wert enstspricht.

[Markus Pössel, AEI]

2.5.2

Der mathematische Kosmos

Kosmologie, die Erforschung des Universums als Ganzes, ist nicht nur eine Angelegenheit der Astronomen und Astrophysiker, sondern auch der Mathematiker. Die Modelle der Kosmologen sind mathematischer Natur, und wer das Universum

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verstehen will, sollte sich nicht nur gute astronomische Beobachtungsdaten verschaffen - er sollte auch möglichst viel über die Eigenschaften der Gleichungen wissen, die den Kosmos beherrschen.

Die physikalische Theorie, die unser Universum beschreibt und insbesondere, welche Rolle die Gravitation darin spielt, ist die Allgemeine Relativitätstheorie. Hinzu kommen Modelle für die Eigenschaften von Materie , etwa Gas oder elektromagnetischer Strahlung. Zusammengenommen ergeben sich Naturgesetze, die bestimmen, welche Eigenschaften der Kosmos haben kann und welche nicht, Gleichungen, denen jedes Universum gehorchen muss. Ein Universum, dass diesen Anforderungen genügt, ist in der Sprache der Mathematiker eine Lösung dieser Gleichungen, genau so wie x=-2 und x=4 Lösungen der quadratischen Gleichung x2 - 2·x-8=0 sind. In der Allgemeinen Relativitätstheorie wird das Gravitationsfeld durch die Einstein-Gleichungen beschrieben; nimmt man die physikalischen Gesetze hinzu, die die Eigenschaften der Materie bestimmen, erhält man ein Gleichungssystem, das man Einstein-Materie-Gleichungen nennen kann. Gemeinsam bestimmen diese Gleichungen, wie sich das Universum mit der Zeit weiterentwickelt; etwas abstrakter, aber genauer: sie bestimmen die Änderungsraten bestimmter physikalischer Größen in Abhängigkeit von den Werten, die diese Größen jetzt, in diesem Moment besitzen. Sobald die Werte der betreffenden Größen zu einem bestimmten Zeitpunkt festgelegt sind ("Anfangswerte") erlauben es die Gleichungen, die Werte zu jedem beliebigen späteren Zeitpunkt zu bestimmen. Diese Art, eine Lösung der Einstein-Gleichungen zu bestimmen, über ein so genanntes Anfangswertproblem, erlaubt es, die verschiedenen Lösungen zu klassifizieren und so eine Art Katalog der möglichen Lösungen der Einstein-Materie-Gleichungen aufzustellen. Wer konkrete kosmologische Modelle konstruieren möchte, um sie mit astronomischen Beobachtungsdaten zu vergleichen, kann sich aus diesem Katalog bedienen. Die Mathematik liefert die Bausteine, aus denen die Astrophysiker Universumsmodelle konstruieren.

Auf diese Weise wirklich alle Lösungen der Gleichungen zu bestimmen und alle Gleichungseigenschaften zu verstehen, ist freilich ein sehr vertracktes mathematisches Problem, und keines, das sich mit unserem heutigen Wissen lösen ließe. Fortschritte lassen sich trotzdem erzielen, dann nämlich, wenn man Modelle untersucht, in denen das Universum und die darin enthaltene Materie besonders einfache Eigenschaften haben und auch die Anfangswerte sehr einfach gewählt sind. Eine grundlegende Vereinfachung legen bereits die astronomischen Beobachtungen nahe: unser Universum ist auf großen Skalen näherungsweise homogen (es sieht an jedem Ort gleich aus). Als Beispiel zeigt die folgende Abbildung einige Daten des 2dF Galaxy Redshift Survey. Am unteren Ende des Keils befindet sich der Beobachter. Die Keilform deutet an, dass nur eine begrenzte Himmelsregion durchforstet wurde. Jeder weisse Punkt steht für eine Galaxie, einige näher am unteren Ende des Keils (und damit näher an der Erde), andere weiter entfernt. Die weiteste dargestellte Entfernung, der obere Begrenzungsbogen, entspricht einer Entfernung von rund 2 Milliarden Lichtjahren von der Erde:

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Zwar zeigt die Verteilung der Galaxien eine deutliche schwammartige Struktur, mit dichteren und ausgedünnten Regionen. Wenn man den Raum dagegen in Würfel mit einigen hundert Millionen Lichtjahren aufteilt, ist die mittlere Dichte jedes dieser Würfel die gleiche - auf großen Skalen ist das Universum homogen.

Man kann daher ein nützliches Modelluniversum konstruieren, einfach und doch nicht zu weit von der Realität entfernt, indem man annimmt, das Universum sei exakt homogen. Solche Modelle sind mathematisch verhältnismäßig leicht zu behandeln, und die meisten Vorhersagen der modernen Kosmologie basieren auf solchen vereinfachten Modelluniversen. Allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass es sich um eine Vereinfachung handelt, und das wirft eine Frage auf, die Mathematikern wohlbekannt ist und auf die "Stabilität" von Lösungen zielt: Ist eine bestimmte Lösung ein untypischer Spezialfall oder kann sie stellvertretend für die allgemeinere Situation stehen, die untersucht wird? Etwas anders ausgedrückt: Wenn man ein wenig von der Idealisierung abweicht, etwa anstatt eines homogenen Modells eines mit Regionen leicht größerer und geringerer Dichte betrachtet, führt das zu drastischen Veränderungen im Verhalten des Modells? Oder ist die Zeitentwicklung nach wie vor im großen und ganzen dieselbe wie im vereinfachten Modelluniversum - und das vereinfachte Modell damit ein guter Anhaltspunkt dafür, wie die Zeitentwicklung komplizierterer Universen verläuft? Um Antworten auf solche Fragen zu bekommen, kann man insbesondere Anfangswerte untersuchen, die sich ein winziges bisschen von denen eines sehr einfachen Universums mit hoher Symmetrie unterscheiden.

Ein konkretes Beispiel für Stabilitätsüberlegungen ist der Fall beschleunigt expandierender Universen - eines Kosmos mit einer positiven kosmologischen Konstanten oder, allgemeiner, ein Weltall, das dunkle Energie enthält. Mathematiker kennen bereits seit 1917 eine Lösung der Einstein-Gleichungen, die ein Universum ganz ohne Materie aber mit positiver kosmologischer Konstanten beschreibt. Diese de-Sitter-Lösung ist ein sehr einfaches Modell für ein Universum mit beschleunigter Expansion. Fügt man ihr Materie hinzu, die ganz gleichmäßig im Weltall verteilt ist, dann ändert sich nichts an den grundlegenden Eigenschaften dieser Lösung - zumindest gegenüber dieser Veränderung ist die de-Sitter-Lösung stabil. Die materiefreie Lösung erweist sich als nützlicher Anhaltspunkt für die Eigenschaften eines herkömmlichen, mit Materie gefüllten Kosmos.

In Lösungen dieser Art nimmt der Abstand zwischen frei fallenden Galaxien mit der Zeit exponentiell zu, wie in der folgenden Grafik skizziert:

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In einer Arbeit aus dem Jahr 1986 konnte erstmals gezeigt werden, dass die de-Sitter-Lösung auch in anderer Hinsicht stabil ist - zumindest, solange keine Materie ins Spiel kommt: Man kann die Homogenität des betreffenden Modell-Universums stören, indem man in das modellierte Weltall schwache Gravitationswellen einbringt, entsprechend winzigen Verzerrungen, durch die das Weltall dann nicht mehr perfekt homogen ist. Doch selbst mit solchen Störungen, solchen leichten Abweichungen von der Homogenität kommt immer noch ein exponentiell expandierendes Universum heraus. Je mehr Zeit in diesem Universum vergeht, umso ähnlicher wird seine zeitliche Entwicklung der eines perfekt homogenen de-Sitter-Weltalls.

Es ist den Mathematikern bislang noch nicht gelungen, einen entsprechenden Beweis für ein beschleunigtes Universum zu führen, das Materie enthält. Zwar gibt es Plausibilitätsargumente dafür, dass die Anwesenheit von Materie die Situation nicht grundlegend ändert, eine Aussage, die auch als "kosmisches keine-Haare-Theorem" bekannt ist. Das Interesse an solch einem Beweis liegt auf der Hand - unser eigenes Universum ist nach den Beobachtungen der astronomen gerade solch ein beschleunigt expandierendes Universum. Ein Stabilitätsbeweis würde die Praxis der Kosmolgen, von vereinfacht homogenen Weltmodellen auf das wirkliche Universum zu schließen, mathematisch rechtfertigen. Er würde auch bedeuten, dass ein leicht inhomogenes Universum mit der Zeit einem perfekt homogenen Universum immer ähnlicher wird, genau so wie im materiefreien Fall. Damit ließe sich verstehen, wie sich ein homogenes Universum wie das unsrige im Laufe der kosmischen Expansion ganz von selbst ergeben haben könnte, ohne, dass man sehr spezielle Anfangsbedingungen postulieren müsste. Doch leider lässt sich das Beweisverfahren, das im materiefreien Fall zum Erfolg führte, nicht auf direktem Wege an die neue Situation anpassen - ein Umstand, der die Mathematiker vor eine gehörige Herausforderung stellt. Bislang konnten sie den Beweis nur für ausgewählte, sehr symmetrische Spezialfälle finden.

Parallel zu den hier beschriebenen Forschungen werden Modelle untersucht, die außer der herkömmlichen Materie der Galaxien noch exotischere Materieformen enthalten - etwa die so genannte Quintessenz, ein Versuch, die beschleunigte Expansion nicht auf Einsteins kosmologische Konstante zurückzuführen, sondern auf Materie mit einer Art negativem Druck. Das ist sinnvoll, da die Kosmologen derzeit nicht wissen, was wirklich hinter der beschleunigten Expansion unseres Weltalls steckt - es ist daher ratsam, sich nicht zu früh festzulegen und eine recht allgemein gefasste Klasse von Modellen mit beschleunigter Expansion zu untersuchen.

[Alan Rendall, AEI]

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2.5.3

Den Urknall überspringen

Zur Zeit gibt es keine astrophysikalische oder sonstige Beobachtung, aufgrund derer man die Gültigkeit von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie in Frage stellen müsste. Dennoch wissen die Physiker, dass sie keine vollständige Beschreibung der Wirklichkeit liefern kann, denn nach den von Hawking, Penrose und anderen bewiesenen Singularitätentheoremen sagt die Theorie ihren eigenen Zusammenbruch voraus: Wenn wir beispielsweise die Evolution des Universums mit Hilfe der Urknallmodelle in der Zeit zurückverfolgen, dann wird es immer dichter und dichter. Weit genug in die Vergangenheit verfolgt, zieht sich all der Raum, den wir heute um uns herum sehen, zu einem einzigen Punkt zusammen, an dem die Dichte und die Gravitationskräfte unendlich groß gewesen sein sollten. Mathematisch lässt sich mit solchen unendlichen Größen nicht rechnen, und auch Einsteins Gleichungen, die in den Urknallmodellen die Evolution des Kosmos bestimmen, brechen dort zusammen. Damit muss die Allgemeine Relativitätstheorie zwangsweise unvollständig sein: Den Urknall selbst können ihre Gleichungen nicht beschreiben.

Es gibt seit einigen Jahrzehnten die Hoffnung, dass eine Theorie der Quantengravitation, eine Verbindung der Allgemeinen Relativitätstheorie mit den Konzepten der Quantentheorie die Grenzen überschreiten kann. Konkretisiert haben sich diese Hoffnungen allerdings erst in den letzten Jahren, mit der so genannten Schleifen-Quantengravitation und ihrer Anwendung auf die Kosmologie. Das Urknall-Universum, das aus einem von Unendlichkeit geplagten Anfang hervorgeht, wie in der folgenden Abbildung dargestellt...

...stellt sich in der Schleifen-Quantengravitation als ein Universum heraus, dessen Vergangenheit sich noch über den Urknall hinaus weiterverfolgen lässt - ein zunächst kollabierendes Universum, das sich dort, wo die Allgemeine Relativitätstheorie den Urknall vermutet, zur Größe Null zusammenzieht und anschließend so expandiert, wie es die herkömmlichen Urknallmodelle vorhersagen:

Man kann sich diese Entwicklung als die eines Luftballons veranschaulichen, aus dem die Luft entweicht. Normalerweise würde die Hülle einfach in sich

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zusammenfallen, aber wenn man sich vorstellt, dass sich die verschiedenen Regionen der Hülle problemlos durchdringen könnten, dann würde sich die Hülle durch den beim Kollaps gewonnenen Schwung anschließend wieder aufblähen, wobei nun die alte Außenseite der Oberfläche zur Innenseite geworden ist.

Diese Kombination von Kollaps und Ausdehnung ist allerdings nur möglich, weil das Universum, wenn alle Ausdehnungen zu winzigen Längen geschrumpft sind, in ein Regime gerät, in dem die von der Schleifen-Quantengravitation postulierten Quanteneigenschaften von Raum und Zeit entscheidend werden. In der folgenden Abbildung ist das durch die Lupe und durch die sprungartige Struktur von Kollaps und erneuter Expansion nahe des Umkehrpunktes angedeutet:

Die Quanten-Gleichungen der Schleifen-Modelle zeigen, wie sich das Universum durch den Bereich extremer Kompression hindurch entwickelt und danach in jene Phase der Expansion übergeht, in der wir uns heute noch befinden. Außerdem sagt die Theorie, dass sich der Raum am Umkehrpunkt sozusagen umstülpt, wie der Luftballon im obigen Beispiel - oder, mathematisch gesagt: seine Orientierung umkehrt.

[Martin Bojowald, AEI]

]

2.5.4

Die gebändigte Dichte

Den herkömmlichen, auf der Allgemeinen Relativitätstheorie basierenden Urknallmodellen nach stand am Anfang der Entwicklung unseres Universum ein absurder physikalischer Zustand: Der Urknall, ein Zeitpunkt, zu dem all das, was wir heute an Materie und Raum um uns herum sehen zu einem einzigen Punkt unendlich hoher Dichte zusammengezogen war. Solche Unendlichkeiten sind ein sicheres Zeichen für "krankhafte" Physik und damit dafür, dass Einsteins Gleichungen, die in den Urknallmodellen die Evolution des Kosmos bestimmen, direkt am Urknall sinnlos werden.

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Einen Ausweg versprechen sich die Physiker seit Jahrzehnten von Theorien, die die Allgemeine Relativitätstheorie mit den Konzepten der Quantentheorie vereinigen. Konkrete Hinweise, dass sich das Versprechen halten lässt, gibt es allerdings erst seit einigen Jahren, und zwar im Rahmen der so genannten Schleifen-Quantengravitation und ihrer Anwendung auf die Kosmologie.

Diese Theorie fürt zu einer Art Quantisierung der Struktur von Raum und Zeit. Raum ist in Einsteins Theorie kontinuierlich, mit anderen Worten: Jede Strecke im Raum lässt sich im Prinzip beliebig fein unterteilen. Das ist in der Schleifen-Quantengravitation anders. Dort ist jede Strecke ein ganzzahliges Vielfaches einer Elementarlänge, der so genannten Planck-Länge. Zwei Raumpunkte können eine, zwei, drei oder noch mehr Planck-Längen voneinander entfernt sein, aber beispielsweise nicht anderthalb oder zwei Drittel Planck-Längen. Strecken im Raum lassen sich nicht beliebig fein unterteilen, sondern allenfalls in die zugrundeliegenden elementaren Abschnitte von je einer Planck-Länge.

Da die Planck-Länge sehr klein ist - rund 10-35 Meter und damit noch weit jenseits der mikroskopischen Abstände, die Teilchenphysiker an ihren Beschleunigern untersuchen - spielt die Quantisierung der Länge für weite Bereiche der Physik und erst recht in unserer Alltagserfahrung keine Rolle. Wenn aber das heute beobachtbare Universum in der Vergangenheit auf winzigsten Raum zusammengezogen war, so, wie es die Urknallmodelle sagen, dann war diese Quantenstruktur einst sehr wichtig - all die Materie, die wir um uns herum sehen können war zu jener Zeit auf einen Raum mit einer Ausdehnung von nur wenigen Elementarlängen zusammengezogen.

Aufgrund dieser Raum-Quantelung, so zeigt sich, erfüllt sich in den Modellen der Schleifen-Quantengravitation die Hoffnungen auf eine von Unendlichkeiten freie Kosmologie. In der herkömmlichen Physik ist es unvermeidbar: die mittlere Dichte einer Raumregion ist gleich der darin enthaltenen Masse, geteilt durch das Volumen der Region - zieht sich die Region zum Volumen Null zusammen, wird die Dichte unendlich. In der Schleifen-Quantengravitation ist der Zusammenhang für sehr kleine Volumina komplizierter. Die Dichteentwicklung von Energie, die auf immer geringerem Raum konzentriert wird, ist in der folgenden Abbildung dargestellt:

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Dort ist waagerecht das Raumvolumen aufgetragen, senkrecht die Dichte. Die rote, durchgezogene Kurve zeigt die Dichteentwicklung in der klassischen Physik, etwa der Allgemeinen Relativitätstheorie. Die grünen Punkte dagegen zeigen die von der Schleifen-Quantengravitation vorhergesagten Dichte für Materie, die zunächst in einem Bereich zusammengezogen ist, der aus 30 Volumen-Bausteinen besteht, dann nur noch aus 29, und so weiter bis, links, zu einem Raum, der nur noch aus einem Baustein besteht und sich schliesslich zu Null zusammenzieht. Wichtig ist, dass die Dichtewerte dabei zwar sehr groß werden können, aber nicht unendlich, selbst wenn der Raum in einen Punkt zusammenschrumpft.

Die unschöne Urknall-Singularität mit unendlicher Dichte ist damit beseitigt. Die kosmologischen Modelle der Schleifen-Quantengravitation sagen stattdessen voraus, dass der Urknall gar nicht der Anfang war: Energiedichten bestimmen nach den Einstein-Gleichungen, wie sich das Universum verhält. Ihr abweichendes Verhalten bei winzigen Raumvolumina entspricht einer abstossenden Kraft auf sehr kleinen Skalen. Dieser Effekt zeigt deutlich die Abweichungen der Vorhersagen der Quantengravitation von denen der Allgemeinen Relativitätstheorie - dort ist Gravitation immer anziehend. Mit dieser abstoßenden Kraft können die quantisierten Einstein-Gleichungen sogar das Verhalten des Universums vor dem Urknall beschreiben, was in der Allgemeinen Relativitaetstheorie unmöglich wäre - weitere Informationen liefert das Vertiefungsthema Den Urknall überspringen?

[Martin Bojowald, AEI]

2.6

Relativität und Quanten

2.6.1

Extradimensionen - und wie man sie versteckt

Wieviele Dimensionen hat die Welt? Die Antwort scheint klar zu sein: Eine unserer alltäglichen Grunderfahrungen ist, dass der Raum drei Dimensionen hat. Das drückt sich zum einen dadurch aus, dass wir zur genauen Bestimmung der Lage eines Punktes drei Zahlenwerte angeben müssen, beispielsweise Längengrad, Breitengrad und Höhe über dem Meeresspiegel, zum anderen dadurch, dass das Volumen eines Quaders durch Länge mal Breite mal Höhe gegeben ist. (In der Speziellen Relativitätstheorie nimmt man als vierte Koordinate noch die Zeit hinzu und spricht dann von der vierdimensionalen Raum-Zeit. Dieser Aspekt soll uns jedoch hier nicht beschäftigen.)

Wir können uns aber die Frage stellen: Wie sicher ist eigentlich, dass der Raum drei Dimensionen hat? Weniger als drei können es nicht sein, aber sind es vielleicht mehr

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als drei? Wenn diese Frage auch im ersten Moment absurd klingen mag, so ist sie doch seit einigen Jahren Gegenstand intensiver Forschung.

Stellen wir uns einen langen Gartenschlauch vor. Aus einiger Entfernung erscheint er als eindimensionales Objekt - als ein Strich in der Landschaft, auf dem es nur eine Bewegungsrichtung (samt Gegenrichtung) gibt - vor oder zurück entlang des Strichs:

Bei genauerem Hinsehen wird dagegen deutlich, dass der Schlauch einen endlichen Umfang hat. Auf seiner zylinderförmigen Oberfläche können kleine Tierchen wie Ameisen oder Käfer herumkriechen, die ihre Umgebung als in zwei Dimensionen ausgedehnt erleben und die sich von jedem Punkt aus in zwei Richtungen fortbewegen können - parallel zur Richtung des Schlauchs, oder senkrecht dazu entlang seines Umfangs:

Allerdings könnten auch die Ameisen merken, dass die zweite Dimension der Schlauchoberfläche sozusagen zusammengerollt ist: Wenn sie entlang des Umfangs wandern, dann kann es ihnen passieren, dass sie, obwohl sie ihre Richtung beibehalten, wieder zum Ausgangsort ihres Spazierganges zurückkehren - in der Ebene ist das unmöglich.

Wir können dieses Bild auf den dreidimensionalen Raum übertragen. Die Erfahrung lehrt uns, dass es lediglich drei ausgedehnte Dimensionen gibt. Aber ist es nicht möglich, dass der Raum zusätzliche Dimensionen besitzt, die, ähnlich wie beim Gartenschlauch, "aufgerollt" sind, also nur eine endliche Ausdehnung besitzen und in sich geschlossen sind? Solange ihre Ausdehnung so klein ist, dass wir sie weder mit unseren Sinnen noch mit herkömmlichen Messinstrumenten ausloten können, ist das sicherlich eine Möglichkeit.

Tatsächlich gibt es physikalische Theorien, welche die Existenz zusätzlicher Raumdimensionen nahelegen. In der Stringtheorie beispielsweise hat die Welt natürlicherweise neun oder gar zehn Raumdimensionen. Die Möglichkeit, Dimensionen in der hier veranschaulichten Weise aufzurollen - zum Teil direkt analog zum Gartenschlauch, zum Teil in wesentlich komplizierterer Form - ist ein wichtiges Werkzeug, um aus diesen Theorien Modelle zu gewinnen, die unsere Wirklichkeit mit ihren drei Alltagsdimensionen wiederspiegeln können.

[Stefan Theisen, AEI]

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2.6.2

Die eingebettete Welt

Könnte unsere Welt zusätzliche Raumdimensionen haben - und wenn ja, warum nehmen wir im Alltag nur drei davon wahr? Im Rahmen einiger Modelle der Quantengravitation, insbesondere in der so genannten Stringtheorie, sind solche Fragen gar nicht so abwegig, denn die Welt der Stringtheorie hat natürlicherweise neun oder sogar zehn Raumdimensionen. Auf die Frage, warum wir im Alltag nichts davon merken, gibt es mehrere Antworten. Eine davon ist, dass die zusätzlichen Dimensionen "aufgerollt" sein könnten - was das bedeutet, steht im Vertiefungsthema Extradimensionen - und wie man sie versteckt. Es könnte aber auch alles ganz anders sein - diese Möglichkeit eröffnen die so genannten "brane-world"-Modelle der Stringtheorie.

Grundidee dieser Modelle ist, dass die von uns wahrgenommene vierdimensionale Welt in einer zehndimensionalen Raumzeit eingebettet ist und sich auf einer so gennanten Brane abspielt. Diese Brane wäre der dreidimensionale Raum, den wir kennen, und sie wäre nur ein kleiner Teil eines neundimensionales Raumes - ähnlich wie die folgende Abbildung ein zweidimensionales Blatt Papier zeigt (grün), das im dreidimensionalen Raum eingebettet ist:

Genauso wie die Welt für die Ameise in der Abbildung effektiv nur zwei Dimensionen hat, wären fast alle Elementarteilchen, insbesondere auch die Photonen, deren Austausch zwischen geladenen Teilchen die Ursache für deren elektrische Anziehung oder Abstoßung ist, und die geladenen Materieteilchen selber dazu verurteilt, sich nur auf dieser Brane zu bewegen. Sie können die Bran nicht verlassen und haben daher keine unmittelbare Kenntnis von den zusätzlichen Dimensionen. Das erklärt, warum wir Menschen die zusätzlichen Raumdimensionen weder sehen noch uns in die zusätzlichen Richtungen bewegen können.

Eine Ausnahme bilden die Gravitonen, die Austauschteilchen der Gravitationswechselwirkung: Sie können sich in allen neun Raumrichtungen fortbewegen, ohne an die Brane gebunden zu sein. Das ist interessant, da es eine Möglichkeit bietet, etwaige Extradimensionen jenseits der Brane unseres dreidimensionalen Raums experimentell nachzuweisen: Wie schnell die

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Gravitationskraft einer Masse schwächer wird, wenn man sich von dieser Masse entfernt, hängt von der Anzahl der Raumdimensionen ab (am Beispiel der elektrischen Kraft wird dieser Zusammenhang im Vertiefungsthema Extradimensionen auf der Spur erklärt). Das für drei Raumdimensionen typische Newtonsche Gravitationsgesetz, nach dem die Kraft mit dem Quadrat des Abstandes schwächer wird (verdoppelter Abstand gleich viermal schwächere Kraft) konnte bislang nur für Abstände von größer als einen Zehntel Millimeter experimentell bestätigt werden. Diese Experimente sind deshalb so schwierig, weil die Gravitationskraft so schwach ist und bei kleineren Abständen Restkräfte zwischen den Elektronenhüllen der Moleküle (die so genannte van-der-Waals-Kraft) bei weitem dominieren. (Korrekturen aufgrund der Allgemeinen Relativitätstheorie, in der das Kraftgesetz ebenfalls nicht exakt die Newtonsche Form hat, sind dagegen in solchen Situationen vernachlässigbar.) Immer genauere Messungen könnten Erstaunliches aufdecken - etwa, dass all der Raum, den wir um uns sehen, nur ein kleiner Ausschnitt einer viel größeren Welt ist.

[Stefan Theisen, AEI]

2.6.3

Extradimensionen auf der Spur

Es ist unmöglich, sich anschaulich vorzustellen, wie die Welt aussähe, besäße sie mehr als die drei Raumdimensionen. Sicher, da gäbe es zusätzliche Raumrichtungen, zu den drei Bewegungsmöglichkeiten vorne-hinten, links-rechts, oben-unten kämen weitere Richtungen hinzu, aber sich das vorzustellen fällt uns dreidimensionalen Wesen außerordentlich schwer. Einfacher ist es, sich zu überlegen, welche Form bestimmte Naturgesetze in solch einer höherdimensionalen Welt haben - und wie sich solch eine Welt in dieser Hinsicht von der unsrigen unterscheidet.

Ein einfaches Beispiel ist das Coulombgesetz, das bestimmt, wie eine elektrische Ladung Q andere elektrische Ladungen vermittels der so genannten elektrostatischen Kraft anzieht oder abstößt. Die Kraft, die die Ladung Q auf eine andere kleine Ladung q ausübt, die sich im Abstand r von ihr befindet, ist

Genau in derselben Weise wie die Newtonsche Gravitationskraft wird die Coulomb-Kraft bei größerem Abstand der Ladungen immer schwächer.

Für diese Abstandsabhängigkeit gibt es eine einfache Veranschaulichung, die direkt mit der Zahl der Raumdimensionen zusammenhängt. Man kann sich vorstellen, dass von der Ladung Q aus in alle Richtungen "Feldlinien" zeigen. In einer zweidimensionalen Welt kann man sie sich wie folgt verbildlichen:

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Die Anzahl der Feldlinien ist ein Maß für die Größe der Ladung Q, und ihre Dichte ist ein Maß für die Stärke der Kraft. Das führt direkt auf die Abstandsabhängigkeit der Kraft, denn betrachten wir jetzt beispielsweise zwei Testkörper, von denen der zweite doppelt soweit von der Ladung Q entfernt ist wie der erste (die kleinen blauen Kreise links im Bild):

Die Kraftstärke am Ort jedes der Testkörper ist, wie erwähnt, durch die "Dichte der Feldlinien" gegeben - dadurch, wieviele Feldlinien ein kleines Umfangsstück in unmittelbarer Nähe des jeweiligen Testkörpers durchstoßen. Diese Dichte ist aber proportional zum Abstand: Die Gesamtzahl der Feldlinien ist konstant, und diese Anzahl verteilt sich in jedem Abstand von der Ladung Q auf den gesamten Kreisumfang. In die Abbildung eingezeichnet sind dementsprechend die Kreisumfänge, die zum ersten und zum zweiten Testteilchen gehören. Der Kreisumfang ist nun aber direkt proportional zum Abstand r, und die Dichte der Feldlinien, definiert als ihre Anzahl geteilt durch den Kreisumfang, auf den sie sich verteilen, ist damit proportional zu 1 durch r. Es ist jetzt leicht einzusehen, dass auch die elektrische Kraftstärke proportional zu 1/r sein muss.

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Wenn wir jetzt zu drei Dimensionen des Raums übergehen, ist die Argumentation die gleiche: Wieder geht von der zentralen Ladung Q eine konstante Anzahl von Feldlinien aus. Im Abstand r verteilen sie sich nun aber nicht gleichmäßig auf einen Kreisumfang sondern, wir befinden uns in drei Dimensionen, auf eine Kugelfläche, in deren Mittelpunkt die Ladung Q sitzt. Wieviele Feldlinien ein kleines Kugelflächenstück in unmittelbarer Nähe des jeweiligen Testkörpers durchstoßen, ist wiederum ein Maß für die Stärke der Kraft. Allerdings nimmt der Flächeninhalt der Kugel, auf den sich die Feldlinien verteilen, mit dem Quadrat des Abstandes zu. Die Dichte der Feldlinien, gegeben als Anzahl durch Kugelflächeninhalt, nimmt damit umgekehrt mit eins durch das Quadrat des Radius ab. Genau wie diese Dichte nimmt auch die Stärke der Kraft mit dem Abstand ab, entsprechend dem Faktor eins durch r2 in der eingangs erwähnten Formel.

Es ist einfach, das Argument auf D Dimensionen zu verallgemeinern - mit Feldlinien, höherdimensionalen Entsprechungen von Kreis und Kugelfläche, und mit dem allgemeienn Ergebnis: Die Stärke der Coulomb-Kraft proportional zu eins durch r(D-1).

Solche Überlegungen über die Anzahl der Dimensionen des Raumes sind durchaus nicht erst mit der modernen Physik aufgekommen. Schon Immanuel Kant hat in seiner ersten Schrift "Gedanken von der wahren Schätzung der lebendigen Kräfte" (1749) darauf hingewiesen, dass die Abstandsabhängigkeit des Newtonschen Gravitationsgesetzes die Dreidimensionalität des Universums wiederspiegelt. Gleichzeitig hat er darüber spekuliert, dass es parallele Universen mit einer anderen Anzahl von Dimensionen geben könnte. In heutiger Zeit ist die Dimensionsabhängigkeit von Kräften interessant, da Theorien wie die Stringtheorie tatsächlich postulieren, unsere Welt habe mehr als drei Raumdimensionen.

Das Coulombsche Gesetz ist nun sehr genau experimentell überprüft worden und es konnten bisher keinerlei Abweichungen gemessen werden. Wenn unsere Welt Extra-Dimensionen hat, müssen sie daher gut versteckt sein. Dazu gibt es im wesentlichen zwei Möglichkeiten. Entweder, die zusätzlichen Dimensionen sind sehr klein "aufgerollt" - was das zu bedeuten hat, ist Inhalt des Vertiefungsthemas Extradimensionen - und wie man sie versteckt. Für aufgerollte Dimensionen, so lässt sich zeigen, sieht das Kraftgesetz aus wie im dreidimensionalen Raum - es sei denn, man misst es bei sehr, sehr kleinen Abständen, viel kleiner als der heutigen Überprüfung zugänglich. Oder aber, unsere Welt ist in die höheren Dimensionen eingebettet, ähnlich, wie ein Blatt Papier ein Ausschnitt aus einer zweidimensionalen Fläche ist, eingebettet in den dreidimensionalen Raum. Das ist Inhalt des Vertiefungsthemas Die eingebettete Welt.

[Stefan Theisen, AEI]

2.6.4

Eine Frage der Sichtweise

In Theorien wie der Stringtheorie hat unsere Welt zwangsläufig mehr als die drei Raumdimensionen, die wir aus dem Alltag kennen. Das ist zum einen ein Nachteil, denn die Physiker müssen sich Gedanken machen, wie es kommt, dass wir etwa von

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den zehn Raumdimensionen der Stringtheorien im Alltag nur drei wahrnehmen (dieser Frage sind die Vertiefungsthemen Extradimensionen - und wie man sie versteckt und Die eingebettete Welt gewidmet). Die zusätzlichen Dimensionen haben aber auch Vorteile, und die liegen salopp gesagt darin, dass Dinge, die in einem Raum mit weniger Dimensionen ganz verschieden scheinen, in einem höherdimensionalen Raum ein und dasselbe sein können - zwei Seiten derselben Medaille!

Zur Veranschaulichung begeben wir uns in einen flachen zweidimensionalen Raum, in eine Ebene und betrachten die folgenden zwei Objekte:

Ich behaupte nun, dass Dreieck und Quadrat in Wirklichkeit (d.h. in unserem dreidimensionalen Raum) gleich (d.h. ein Ding) sind, während sie für ein zweidimensionales Flächenwesen, das in der Ebene lebt, unterschiedlich aussehen. Wie komme ich zu dieser Behauptung? Betrachten wir ein dreidimensionales Objekt, bei dem mindestens eine Seitenfläche dreieckig und (mindestens) eine andere quadratisch ist. Eine Pyramide mit quadratischer Grundfläche ist das wohl bekannteste Beispiel. In der zweidimensionalen Welt können wir niemals die ganze Pyramide sehen sondern immer nur eine ihrer Seiten oder einen Querschnitt - je nachdem wo sich die Pyramide im Verhältnis zur Ebene befindet.

In dem Fall, dass die Basisfläche der Pyramide parallel zu der hier betrachteten Ebene liegt, sehen die Bewohner der zweidimensionalen Welt ein Quadrat:

Dreht man aber die Pyramide im Raum solchermaßen, dass nun eine ihrer Seitenflächen in der Ebene zu liegen kommt, sehen die Flächenbewohner ein Dreieck:

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Man kann es den Flächenbewohnern nicht verübeln, wenn sie zu dem Schluss kommen, bei Dreiecken und Quadraten handle es sich um zwei verschiedene Objekte. Wer höherdimensional (in diesem Falle: dreidimensional) wahrnimmt, sieht dagegen, dass nur ein einziges Objekt im Spiel ist - eben die Pyramide.

Das Beispiel zeigt: Was in weniger Raumdimensionen verschieden scheint, kann in höheren Raumdimensionen ein und dasselbe sein. Dort haben wir gesehen, dass in drei Dimensionen das scheinbare Quadrat kein Quadrat und das Dreieck kein Dreieck ist, und dass eine "Theorie", die sich auf zwei Dimensionen beschränkt und darin Dreiecke und Quadrate beschreibt, noch nicht einmal die halbe Wahrheit erfasst. Ähnlich verhält es sich auch mit den Theorien, die postulieren, unser Raum hätte mehr als drei Dimensionen. Die verschiedenartigen Elementarteilchen , die wir im dreidimensionalen Raum beobachten, können sich aus höherdimensionalem Blickwinkel als verschiedene Manifestationen ein und desselben höherdimensionalen Teilchens erweisen. Für die theoretischen Physiker, die traditionell bestrebt sind, die Welt in so einheitlicher und einfacher Weise zu beschreiben wie möglich, ist das ein verlockendes Werkzeug. Tatsächlich besteht beispielsweise die Hoffnung, mit der Stringtheorie die ganze Vielfalt der Elementarteilchen letztendlich auf eine einzige Sorte von ausgedehntem Faden zu zurückzuführen, eben einen String - mit einer Vielfalt der Manifestationen, die sich zum Teil aus den höheren Raumdimensionen ergibt, in denen der String schwingen kann und die wir im Alltag außer Acht lassen.

[Virginia Dippel, AEI; Pyramidenbilder: T. Klose, AEI]

2.6.5

Den Urknall überspringen

Zur Zeit gibt es keine astrophysikalische oder sonstige Beobachtung, aufgrund derer man die Gültigkeit von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie in Frage stellen müsste. Dennoch wissen die Physiker, dass sie keine vollständige Beschreibung der Wirklichkeit liefern kann, denn nach den von Hawking, Penrose und anderen bewiesenen Singularitätentheoremen sagt die Theorie ihren eigenen Zusammenbruch voraus: Wenn wir beispielsweise die Evolution des Universums mit Hilfe der Urknallmodelle in der Zeit zurückverfolgen, dann wird es immer dichter und dichter. Weit genug in die Vergangenheit verfolgt, zieht sich all der Raum, den wir heute um uns herum sehen, zu einem einzigen Punkt zusammen, an dem die Dichte und die Gravitationskräfte unendlich groß gewesen sein sollten. Mathematisch lässt sich mit solchen unendlichen Größen nicht rechnen, und auch Einsteins Gleichungen, die in den Urknallmodellen die Evolution des Kosmos bestimmen,

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brechen dort zusammen. Damit muss die Allgemeine Relativitätstheorie zwangsweise unvollständig sein: Den Urknall selbst können ihre Gleichungen nicht beschreiben.

Es gibt seit einigen Jahrzehnten die Hoffnung, dass eine Theorie der Quantengravitation, eine Verbindung der Allgemeinen Relativitätstheorie mit den Konzepten der Quantentheorie die Grenzen überschreiten kann. Konkretisiert haben sich diese Hoffnungen allerdings erst in den letzten Jahren, mit der so genannten Schleifen-Quantengravitation und ihrer Anwendung auf die Kosmologie. Das Urknall-Universum, das aus einem von Unendlichkeit geplagten Anfang hervorgeht, wie in der folgenden Abbildung dargestellt...

...stellt sich in der Schleifen-Quantengravitation als ein Universum heraus, dessen Vergangenheit sich noch über den Urknall hinaus weiterverfolgen lässt - ein zunächst kollabierendes Universum, das sich dort, wo die Allgemeine Relativitätstheorie den Urknall vermutet, zur Größe Null zusammenzieht und anschließend so expandiert, wie es die herkömmlichen Urknallmodelle vorhersagen:

Man kann sich diese Entwicklung als die eines Luftballons veranschaulichen, aus dem die Luft entweicht. Normalerweise würde die Hülle einfach in sich zusammenfallen, aber wenn man sich vorstellt, dass sich die verschiedenen Regionen der Hülle problemlos durchdringen könnten, dann würde sich die Hülle durch den beim Kollaps gewonnenen Schwung anschließend wieder aufblähen, wobei nun die alte Außenseite der Oberfläche zur Innenseite geworden ist.

Diese Kombination von Kollaps und Ausdehnung ist allerdings nur möglich, weil das Universum, wenn alle Ausdehnungen zu winzigen Längen geschrumpft sind, in ein Regime gerät, in dem die von der Schleifen-Quantengravitation postulierten Quanteneigenschaften von Raum und Zeit entscheidend werden. In der folgenden Abbildung ist das durch die Lupe und durch die sprungartige Struktur von Kollaps und erneuter Expansion nahe des Umkehrpunktes angedeutet:

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Die Quanten-Gleichungen der Schleifen-Modelle zeigen, wie sich das Universum durch den Bereich extremer Kompression hindurch entwickelt und danach in jene Phase der Expansion übergeht, in der wir uns heute noch befinden. Außerdem sagt die Theorie, dass sich der Raum am Umkehrpunkt sozusagen umstülpt, wie der Luftballon im obigen Beispiel - oder, mathematisch gesagt: seine Orientierung umkehrt.

[Martin Bojowald, AEI]

2.6.6

Die gebändigte Dichte

Den herkömmlichen, auf der Allgemeinen Relativitätstheorie basierenden Urknallmodellen nach stand am Anfang der Entwicklung unseres Universum ein absurder physikalischer Zustand: Der Urknall, ein Zeitpunkt, zu dem all das, was wir heute an Materie und Raum um uns herum sehen zu einem einzigen Punkt unendlich hoher Dichte zusammengezogen war. Solche Unendlichkeiten sind ein sicheres Zeichen für "krankhafte" Physik und damit dafür, dass Einsteins Gleichungen, die in den Urknallmodellen die Evolution des Kosmos bestimmen, direkt am Urknall sinnlos werden.

Einen Ausweg versprechen sich die Physiker seit Jahrzehnten von Theorien, die die Allgemeine Relativitätstheorie mit den Konzepten der Quantentheorie vereinigen. Konkrete Hinweise, dass sich das Versprechen halten lässt, gibt es allerdings erst seit einigen Jahren, und zwar im Rahmen der so genannten Schleifen-Quantengravitation und ihrer Anwendung auf die Kosmologie.

Diese Theorie fürt zu einer Art Quantisierung der Struktur von Raum und Zeit. Raum ist in Einsteins Theorie kontinuierlich, mit anderen Worten: Jede Strecke im Raum lässt sich im Prinzip beliebig fein unterteilen. Das ist in der Schleifen-Quantengravitation anders. Dort ist jede Strecke ein ganzzahliges Vielfaches einer Elementarlänge, der so genannten Planck-Länge. Zwei Raumpunkte können eine,

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zwei, drei oder noch mehr Planck-Längen voneinander entfernt sein, aber beispielsweise nicht anderthalb oder zwei Drittel Planck-Längen. Strecken im Raum lassen sich nicht beliebig fein unterteilen, sondern allenfalls in die zugrundeliegenden elementaren Abschnitte von je einer Planck-Länge.

Da die Planck-Länge sehr klein ist - rund 10-35 Meter und damit noch weit jenseits der mikroskopischen Abstände, die Teilchenphysiker an ihren Beschleunigern untersuchen - spielt die Quantisierung der Länge für weite Bereiche der Physik und erst recht in unserer Alltagserfahrung keine Rolle. Wenn aber das heute beobachtbare Universum in der Vergangenheit auf winzigsten Raum zusammengezogen war, so, wie es die Urknallmodelle sagen, dann war diese Quantenstruktur einst sehr wichtig - all die Materie, die wir um uns herum sehen können war zu jener Zeit auf einen Raum mit einer Ausdehnung von nur wenigen Elementarlängen zusammengezogen.

Aufgrund dieser Raum-Quantelung, so zeigt sich, erfüllt sich in den Modellen der Schleifen-Quantengravitation die Hoffnungen auf eine von Unendlichkeiten freie Kosmologie. In der herkömmlichen Physik ist es unvermeidbar: die mittlere Dichte einer Raumregion ist gleich der darin enthaltenen Masse, geteilt durch das Volumen der Region - zieht sich die Region zum Volumen Null zusammen, wird die Dichte unendlich. In der Schleifen-Quantengravitation ist der Zusammenhang für sehr kleine Volumina komplizierter. Die Dichteentwicklung von Energie, die auf immer geringerem Raum konzentriert wird, ist in der folgenden Abbildung dargestellt:

Dort ist waagerecht das Raumvolumen aufgetragen, senkrecht die Dichte. Die rote, durchgezogene Kurve zeigt die Dichteentwicklung in der klassischen Physik, etwa der Allgemeinen Relativitätstheorie. Die grünen Punkte dagegen zeigen die von der Schleifen-Quantengravitation vorhergesagten Dichte für Materie, die zunächst in einem Bereich zusammengezogen ist, der aus 30 Volumen-Bausteinen besteht, dann nur noch aus 29, und so weiter bis, links, zu einem Raum, der nur noch aus einem Baustein besteht und sich schliesslich zu Null zusammenzieht. Wichtig ist, dass die Dichtewerte dabei zwar sehr groß werden können, aber nicht unendlich, selbst wenn der Raum in einen Punkt zusammenschrumpft.

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Die unschöne Urknall-Singularität mit unendlicher Dichte ist damit beseitigt. Die kosmologischen Modelle der Schleifen-Quantengravitation sagen stattdessen voraus, dass der Urknall gar nicht der Anfang war: Energiedichten bestimmen nach den Einstein-Gleichungen, wie sich das Universum verhält. Ihr abweichendes Verhalten bei winzigen Raumvolumina entspricht einer abstossenden Kraft auf sehr kleinen Skalen. Dieser Effekt zeigt deutlich die Abweichungen der Vorhersagen der Quantengravitation von denen der Allgemeinen Relativitätstheorie - dort ist Gravitation immer anziehend. Mit dieser abstoßenden Kraft können die quantisierten Einstein-Gleichungen sogar das Verhalten des Universums vor dem Urknall beschreiben, was in der Allgemeinen Relativitaetstheorie unmöglich wäre - weitere Informationen liefert das Vertiefungsthema Den Urknall überspringen?

[Martin Bojowald, AEI]

3. Lexikon (Stand. 22.12.04)

A Absoluter Nullpunkt, absoluter Temperaturnullpunkt

Die niedrigstmögliche Temperatur. Physikalisch gesehen ist die Temperatur ein Energie-Mittelwert. Die Temperatur eines Gases beispielsweise ist proportional zum Mittelwert der Bewegungsenergie; der absolute Nullpunkt wäre erreicht, wenn sich die Teilchen überhaupt nicht mehr bewegten.

Der absolute Nullpunkt liegt bei -273,15 Grad der Celsius-Temperaturskala und bildet den Ausgangspunkt der Kelvin-Skala.

AE

Abkürzung für Astronomische Einheit, siehe dort.

Aggregatzustand

Ein und dieselbe Portion Materie kann je nach den äußeren Verhältnissen (etwa: je nach Temperatur) ganz unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Die wichtigsten Zustandsformen sind für ein weites Spektrum an Materiesorten dieselben und heissen Aggregatzustände: fest, flüssig, gasförmig oder plasmaartig. Bei sehr

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geringer Temperatur formen die Atome der Materie einen formstabilen Festkörper der, erhöht man die Temperatur, zu einer Flüssigkeit schmelzen kann, die bei noch höherer Temperatur zu einem Gas wild durcheinander flitzender Atome und/oder Moleküle wird und bei noch höherer Temperatur, wenn die Atome desintegrieren und sich ihre Elektronen von den Atomkernen lösen, zu einem Plasma wird.

Akkretionsscheibe

Wenn Gas, Staub oder andere Arten von Materie auf ein kompaktes, massives Objekt zufallen (etwa ein Schwarzes Loch oder einen Neutronenstern), dann bildet sich in der Regel eine Materiescheibe rund um das Zentralobjekt, eben die Akkretionsscheibe.

Die Energie, die die Materie beim Fallen gewinnt, wird in Wärmeenergie der Akkretionsscheibe umgesetzt, und Akkretionsscheiben sind daher in der Regel sehr heiß. Die Wärmestrahlung von Akkretionsscheiben ist daher ein wichtiges Hilfsmittel, um Neutronensterne oder Schwarze Löcher aufzuspüren. Für die Materie führt die innere Reibung innerhalb der Scheibe dazu, dass sie weiter und weiter zum inneren Scheibenrand spiralt und letztendlich auf das kompakte Objekt stürzt oder, im Falle Schwarzer Löcher, durch den Ereignishorizont fällt.

aktive Galaxienkerne

Die Kernregionen junger Galaxien können heftige Aktivität entfalten, die mit gewaltigen Energieausstößen einher geht. Beispiele sind sogenannte Radiogalaxien und Quasare.

Energiequelle ist nach heutiger Auffassung das supermassive Schwarze Loch im Galaxienkern.

Albert-Einstein-Institut/Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik

Forschungsinstitut der Max-Planck-Gesellschaft, das sich mit Forschungen zur Einsteinschen Gravitationstheorie beschäftigt - von den mathematischen Grundlagen über die Astrophysik der Gravitationswellen bis zur Quantengravitation. Das 1995 gegründete Institut befindet sich im Ortsteil Golm in Potsdam. Ein Teilinstitut in Hannover, das der Forschung mit dem Gravitationswellendetektor GEO 600 gewidmet ist, kam 2002 hinzu.

Webseiten des AEI Webseiten des AEI-Teilinstituts Hannover

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Allgemeine Relativitätstheorie

Albert Einsteins Theorie der Gravitation; eine Weiterentwicklung der speziellen Relativitätstheorie.

Eine Einführung in die Grundlagen der Allgemeinen Relativitätstheorie bietet der Abschnitt Allgemeine Relativitätstheorie von Einstein für Einsteiger.

Alphateilchen

Anderer Ausdruck für nackte Atomkerne des Elements Helium, die aus zwei Protonen und zwei Neutronen bestehen.

Antiteilchen, Antimaterie

Es ist eine allgemeine Eigenschaft von Theorien, die Spezielle Relativitätstheorie und Quantentheorie verbinden, dass sie zu jeder Teilchensorte eine Sorte von Antiteilchen vorhersagen. Zu den Elektronen existieren als Antiteilchen die Positronen, zu den Protonen gehören die Antiprotonen, usw.

Allgemein gilt, dass Antiteilchen dieselbe Masse besitzen wie die zugehörigen Teilchen, aber entgegengesetzte Ladungen; beispielsweise haben Elektronen und Positronen dieselbe Masse, aber die Elektronen sind elektrisch negativ geladen, die Positronen elektrisch positiv. Bei Teilchen, die gar keine Ladung tragen, sind Teilchen und Antiteilchen identisch.

Aphel

Sonnenfernster Punkt auf der Ellipsenbahn eines Planeten oder anderen Himmelskörpers, der um die Sonne kreist. Der sonnennächste Punkt heißt Perihel. In Bezug auf die Allgemeine Relativitätstheorie interessant, weil diese vorhersagt, dass sich Aphel und Perihel bei der Bahnbewegung leicht verschieben und ihrerseits um die Sonne wandern sollte, siehe relativistische Periheldrehung.

Äquivalenz von Energie und Masse

Siehe Masse-Energie-Äquivalenz

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Äquivalenzprinzip

Eines der Grundpostulate der Allgemeinen Relativitätstheorie: In einer kleinen Raumregion rund um einen Beobachter, der sich in einem Gravitationsfeld im freien Fall befindet, gelten in guter Näherung und über einen nicht allzu langen Beobachtungszeitraum hinweg dieselben physikalischen Gesetze wie bei völliger Abwesenheit der Gravitation.

Astronomische Einheit

Für Distanzen innerhalb des Sonnensystems übliche Längeneinheit, der mittlere Abstand der Erde von der Sonne, abgekürzt AE. Dabei gilt:

1 AE = 149,5985 Millionen Kilometer = 8,3 Lichtminuten.

Äther

In der Physik des 19. Jahrhunderts: Hypothetisches Medium, in dem sich Licht und andere Arten elektromagnetischer Strahlung als Wellenausbreiten. Die Existenz des Äthers warf die Fragen auf: Bewegt sich die Erde relativ zu diesem Medium? Wenn ja, wie schnell? Läßt sich diese Bewegung anhand von Messungen der Lichtausbreitung nachweisen? Einsteins Spezielle Relativitätstheorie, in der der Wert Lichtgeschwindigkeit unabhängig von der Bewegung der Quelle und des Beobachters (genauer: des Inertialbeobachters) ist machte das Konzept des Äthers überflüssig.

Atom

Die Materie, die wir aus dem Alltag kennen, besteht aus kleinsten Einheiten, den Atomen - die Luft, die wir atmen, besteht aus durcheinanderfliegenden Atomgrüppchen, die Plastiktastatur meines Computers aus verknälten Atomketten, die Metallunterlage, auf der er ruht, ist ein Kristall gitterförmig angeordneter Atome. Dabei spielen in unserem Alltag weniger als hundert verschiedene Atomsorten (synonym: chemische Elemente) eine Rolle.

Jedes Atom besteht aus einem Atomkern, den eine Wolke aus Elektronen umgibt. Im Atomkern sitzt der überwiegende Teil der Masse des Atoms; die Elektronen bestimmen, wie das Atom an andere Atome binden kann (synonym: seine chemischen Eigenschaften). Jedes chemische Element lässt sich über die charakteristische Zahl von Protonen seier Atomkerne charakterisieren. Atome, die einen Teil ihrer Elektronenhülle verloren haben, heissen Ionen. Da Atome sehr klein sind (Atomdurchmesser liegen in der Region von einem Zehntel Milliardstel Meter = 10-10 Meter), muss man zu ihrer näheren Beschreibung die Quantentheorie heranziehen.

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Atomkern

Superdichte Zentralregion eines Atoms, besteht aus Protonen und Neutron, die durch Kernkräfte zusammengehalten werden. Die Zahl der Protonen bestimmt, um welches chemische Element es sich handelt.

Typische Atomkerndurchmesser liegen in der Region von einem Billiardstel Meter = 10-15 Meter. Atomkerne sind damit rund hunderttausend Mal kleiner als Atome.

B Baryon

In der Elementarteilchenphysik: Sammelbegriff für Teilchen, die im wesentlichen aus drei Quarks bestehen. Wichtigste Beispiele sind Protonen und Neutronen.

In der Kosmologie vor allem gebraucht als Bezeichnung für herkömmliche Materie, im Gegensatz zu exotischen Materieformen, die einen Gutteil der so genannten Dunklen Materie und damit einen Gutteil der Gesamtmasse des Universums stellen dürften. Die Masse herkömmlicher Materie, etwa von Atomen, steckt im wesentlichen in den Atomkernen, und die wiederum sind eben aus Protonen und Neutronen aufgebaut, also aus Baryonen.

Beschleunigung

Jede Änderung einer Geschwindigkeit mit der Zeit ist eine Beschleunigung.

Vom Alltagsgebrauch, wo Beschleunigung oft nur für das Schnellerwerden eines Objekts verwandt wird, weicht diese Definition in zweierlei Hinsicht ab: Auch ein Abbremsen ist eine Geschwindigkeitsänderung und damit eine ("negative") Beschleunigung. Zudem ist in der physikalische Definition auch die Bewegungsrichtung eines Objekts ein Aspekt seiner Geschwindigkeit, und auch der Umstand, dass ein Objekt zwar gleich schnell bleibt, aber seine Bewegungsrichtung ändert (etwa ein Auto, das ohne Abbremsen um die Kurve fährt) entspricht einer Beschleunigung.

Bewegungsenergie

Form der Energie, die einem Körper alleine deswegen zukommt, weil er sich relativ zum Bezugssystem bewegt.

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Synonym: kinetische Energie.

Bezugssystem

Bereits in der Speziellen Relativitätstheorie gilt: Bewegung ist relativ, und wer beispielsweise von einer bewegten Uhr redet sollte tunlichst dazu sagen: Bewegt relativ zu wem oder was? Ein solches "wer oder was", sprich: Ein Objekt und eine Vorschrift, relativ dazu Positionen zu bestimmen, zusammen mit einer Vorschrift, Ereignissen eine Zeit zuzuordnen, heißt Bezugssystem.

In der speziellen Relativitätstheorie gibt es eine besonders wichtige Klasse von Bezugssystemen, die so genannten Inertialsysteme.

Blauverschiebung

Die Frequenz einer einfachen Lichtwelle hängt direkt mit ihrer Farbe zusammen (siehe auch: Spektrum). Hochfrequentes Licht entspricht der Farbe Blau-Violett. Verändert sich die Frequenz einer einfachen Lichtwelle hin zu höheren Frequenzen (etwa durch den Dopplereffekt), dann entspricht das einer Verschiebung in Richtung auf das blauviolette Ende des Spektrums und wird daher Blauverschiebung genannt.

Von diesem Ausgangspunkt aus hat sich die Bezeichung "Blauverschiebung" für eine Frequenzerhöhung allgemein eingebürgert und wird auch für elektromagnetische Strahlung verwandt, deren Frequenzen überhaupt keiner sichtbaren Farbe mehr entsprechen, noch allgemeiner auch für andere Arten von Wellen (etwa Gravitationswellen).

Boson

Sammelbegriff für Quantenteilchen, die einen ganzzahligen Spin besitzen, also etwa Spin 0, 1, 2.

Für die Elementarteilchen gilt: Unter ihnen sind die Bosonen gerade die Botenteilchen der Kräfte, etwa Photonen. Die Materieteilchen wie Elektronen oder Quarks sind dagegen so genannte Fermionen.

Botenteilchen

Im Rahmen der relativistischen Quantentheorien wirken Kräfte durch die Übertragung so genannter Botenteilchen. Die elektrische Kraft zwischen zwei Elektronen beispielsweise kommt zustande, weil zwischen den Elektronen laufend Photonen hin- und herlaufen, die Botenteilchen der elektromagnetischen Kraft. Botenteilchen haben ganzzahligen Spin, etwa Spin 0,1 oder 2. Synonym: Kraftteilchen, Trägerteilchen.

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Brauner Zwerg

Verhinderter Stern: Gasball mit zwischen einem und zehn Prozent der Sonnenmasse und damit nicht massiv genug, als dass die Temperatur- und Druckverhältnisse in seinem Inneren die für Sterne typischen Kernfusionsreaktionen anstießen.

Brennpunkt

In der Optik: Punkt, an dem Lichtstrahlen, die durch eine Linse gebündelt werden, zusammenlaufen.

In der Geometrie: Brennpunkte einer Ellipse sind zwei Punkte im Ellipseninneren, so dass gilt: Für jeden Punkt auf der Ellipse ergibt sich derselbe Wert, wenn man seinen Abstand zum einen Brennpunkt und seinen Abstand zum anderen Brennpunkt zusammenzählt.

C Celsius-Temperaturskala

Im mitteleuropäischen Alltag übliche Temperaturskala; Temperaturen werden in Grad Celsius (abgekürzt °C) angegeben. Definiert dadurch, dass ihr Nullpunkt (0°C) beim Schmelzpunkt des Wassers, der Wert 100°C beim Siedepunkt des Wassers liegt (jeweils bei einem bestimmten Luftdruckwert, der Normaldruck heißt).

Beziehung zu der in den USA üblichen Fahrenheit-Skala: X Grad Celsius sind (9/5 mal X) +32 Fahrenheit, Y Fahrenheit sind (Y-32)*5/9 Grad Celsius.

Beziehung zur in der Physik üblichen Kelvin-Skala: X Grad Celsius sind X plus 273,15 Kelvin, Y Kelvin sind Y minus 273,15 Grad Celsius. In Kelvin gemessenen Temperaturunterschiede sind die gleichen wie in Grad Celsius angegebene Unterschied; die beiden Skalen entscheiden sich nur durch die Wahl des Nullpunkts.

CERN

Europäisches Forschungszentrum für Kern- und Teilchenphysik (Centre Européen pour la Récherche Nucleaire), angesiedelt nahe Genf beidseits der französisch-schweizerischen Grenze, gegründet 1954.

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CERN ist nicht nur für seine Teilchenbeschleuniger wie das Protonen-Synchrotron, den Large Electron Positron Collider (LEP) sowie den im Bau befindlichen Large Hadron Collider (LHC) bekannt, sondern auch als "Geburtsort" des World Wide Web.

Webseiten des CERN

Chandrasekhar-Masse, -Grenze, -Grenzmasse

Obere Massengrenze für Weiße Zwerge, also für den Endzustand massearmer Sterne, die ihren Kernbrennstoff aufgebraucht haben. Erstmals berechnet von dem indischen Astrophysiker Subramanian Chandrasekhar.

Die Chandrasekhar-Masse liegt bei 1,4 Sonnenmassen. Dass kein Weißer Zwerg mehr als diese Masse besitzen kann, ergibt sich aus der Gleichgewichtsbedingung, der innerer Druck des Sterns und Gravitationsanziehung genügen müssen. Für größere Massen kann der so genannte Entartungsdruck, der den Weißen Zwerg vor dem Kollaps bewahrt, der Schwerkraft nicht mehr die Waage halten.

D Deutsches Elektronensynchrotron (DESY)

Forschungszentrum für Elementarteilchenphysik, gegründet 1959, angesiedelt in Hamburg. Betreibt u.a. den Teilchenbeschleuniger HERA.

Webseiten des DESY DESYs Kworkquark - allgemeinverständliche Einführung in die Teilchenphysik.

Dichte

Im engeren Sinne synonym zu Massendichte: Die mittlere Massendichte der Materie in einer Raumregion ist die Masse der in der Region enthaltenen Materie, geteilt durch das Volumen der Region.

Allgemeiner kann Dichte auch andere physikalische Größen betreffen: Die Energiedichte in einer Raumregion beispielsweise ist die Menge der in der Region enthaltenen Energie, geteilt durch das Volumen.

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Dimension

Anzahl der unabhängigen Richtungen innerhalb einer Menge von Punkten, alternativ: Anzahl der Koordinaten die angegeben werden müssen, um einen Punkt der Menge eindeutig zu benennen.

Beispiele:

Eine Linie ist eindimensional. Auf ihr gibt es nur eine Richtung (eine Gegenrichtung wird dabei nie extra mitgezählt): Vor-Zurück. Eine einzige Zahlenangabe reicht, um einen Punkt auf der Linie zu definieren - so weiss etwa die Polizei bei einer Kilometerangabe auf der Autobahn sofort, wo ein Unfall stattgefunden hat.

Eine Fläche ist zweidimensional. Auf ihr gibt es zwei unabhängige Richtungen, etwa Vor-Zurück und Links-Rechts. Zwei Zahlenangaben - geografische Länge und Breite - reichen aus, um einen Ort auf der zweidimensionalen Erdoberfläche eindeutig zu definieren.

Der uns umgebende Raum ist dreidimensional: Es gibt drei unabhängige Richtungen, etwa Vor-Zurück, Links-Rechts und Auf-Ab. Um einen Ort im Raum zu definieren, sind drei Angaben nötig - zusätzlich dazu, wo sich ein Haus auf der Erdoberfläche befindet (zwei Angaben, siehe oben) etwa noch das Stockwerk, die Höhe über dem Erdboden.

Nimmt man zum dreidimensionalen Raum noch die Zeit hinzu, dann ist das Resultat die vierdimensionale Raumzeit. Um ein Ereignis in der Raumzeit eindeutig zu definieren, sind vier Angaben vonnöten: Drei davon definieren, wo es im Raum stattfindet, und eine Angabe definiert den Zeitpunkt.

Einigen Ansätzen für eine Theorie der Quantengravitation zufolge sollte unsere Welt sogar noch weitere Raumdimensionen besitzen - über die drei uns aus dem Alltag bekannten hinaus. Einige Informationen über solche Extradimensionen bieten die Vertiefungsthemen "Extradimensionen - und wie man sie versteckt", "Extradimensionen auf der Spur", "Eine Frage der Sichtweise" und "Die eingebettete Welt".

Dirac-Gleichung

Gleichung, die das Verhalten eines relativistischen Quantenteilchens beschreibt, das den Spin 1/2 trägt, beispielsweise ein Elektron. Aufgestellt im Jahre 1928 von Paul Dirac, der anhand seiner Gleichung auch erstmals die Existenz von Antiteilchen vorhersagte.

Doppelstern

Ein System aus zwei Sternen, die einander umkreisen. Aus relativistischer Sicht besonders interessant sind Systeme, in denen ein Partner (oder gar beide) ein

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Neutronenstern ist, sowie Systeme, in denen ein Stern ein Schwarzes Loch umkreist, da bei solcher Umkreisung unter geeigneten Umständen starke Gravitationswellen freiwerden sollten.

Dopplereffekt

Nach dem österreichischen Forscher Christian Doppler benannter Effekt, der vor allem Wellen betrifft. Wenn sich eine Quelle, die eine Welle aussendet, relativ zum Beobachter bewegt, misst der Beobachter für die Welle eine andere Frequenz als ein Messgerät, das relativ zur Quelle ruht, genauer: Bewegen sich Quelle und Beobachter aufeinander zu, misst der Beobachter eine höhere Frequenz als das Messgerät an der Quelle, bewegen sie sich voneinander fort, misst er eine niedrigere.

Im Alltag bekannt ist der Doppler-Effekt von den Schallwellen. Bei dem "Taaatüüü-Taaatüüü", das vor einem im Einsatz befindlichen Polizei- oder Feuerwehrfahrzeug warnt, werden die beiden Töne "Taa" bzw. "Tü" mit einer konstanten Tonhöhe (entsprechend einer konstanten Frequenz der Schallwelle) ausgeschickt. Doch wenn das Fahrzeug auf uns zufährt, nehmen wir sein Signal als höher, wenn es sich von uns entfernt, als tiefer wahr -- besonders deutlich, wenn das Fahrzeug an uns vorbeifährt und dabei die Tonhöhe zu ändern scheint.

In Bezug auf die Relativitätstheorie ist insbesondere der optische Dopplereffekt für Lichtwellen interessant. In diesem Zusammenhang heißt eine Frequenzerhöhung Blauverschiebung, eine Frequenzerniedrigung Rotverschiebung.

Dreieck

In der Ebene und anderen flachen Räumen: Geometrisches Gebilde, das aus drei (Eck-)Punkten und den sie verbindenen Geradenabschnitten besteht.

Allgemeiner formuliert, so dass die Definition auch in gekrümmten Räumen gültig ist: Geometrisches Gebilde, das aus drei (Eck-)Punkten und drei sie verbindenen Geodätenabschnitten besteht.

Druck

Maß für den Widerstand, den Materie (beispielsweise ein Gas) Versuchen entgegensetzt, das ihr zur Verfügung stehende Raumvolumen zu verkleinern.

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Dunkle Energie

Vergleicht man die neuesten astronomischen Beobachtungen mit den Vorhersagen der Urknallmodelle, dann ergibt sich, dass die Dichte unseres Universums zu über 70 Prozent auf so genannte Dunkle Energie zurückgeht, eine Art Energie, die mit dem leeren Raum assoziiert ist, sich bei der Expansion des Universums nicht verdünnt. Das Vorhandensein dieser Energie ist äquivalent zu dem Vorliegen einer kosmologischen Konstante, und ihre Wirkung besteht darin, die Raumexpansion zu beschleunigen.

Wie (und ob) sich die Dunkle Energie in unser heutiges Verständnis vom Aufbau der Materie einpasst, etwa in das Standardmodell der Elementarteilchen oder seine möglichen Erweiterungen, ist noch nicht geklärt, und die Dunkle Energie stellt daher eines der größten Rätsel der modernen Physik dar.

Dunkle Materie

Beobachtungen an Galaxien und Galaxienhaufen sowie Vergleiche der astronomischen Beobachtungen mit den Vorhersagen der Urknallmodelle zeigen, dass sich nur rund 15 Prozent der Materie in unserem Universum durch ihr Leuchten (d.h. durch die Aussendung elektromagnetischer Strahlung) verrät. Die restlichen 85 Prozent sind dunkle Materie, und es gibt überzeugende Hinweise, dass es sich bei einem Gutteil davon um Materie handelt, die nicht aus den üblichen Protonen und Neutronen besteht, sondern aus einer nicht näher bekannten Art von Teilchen, die nur über die Gravitation mit herkömmlicher Materie wechselwirkt.

F Fahrenheit-Temperaturskala

In den USA übliche Alltags-Temperaturskala, Temperatur werden in Fahrenheit (F) angegeben; definiert dadurch, dass ihr Nullpunkt bei der tiefsten im Winter 1708/1709 gemessenen Aussentemperatur von Fahrenheits Heimatstadt Danzig liegt und 100 Fahrenheit bei der menschlichen Körpertemperatur liegen.

Beziehung zur in Mitteleuropa üblicheren Celsius-Skala: X Fahrenheit sind (X-32)*5/9 Grad Celsius, Y Grad Celsius sind Y*9/5 +32 Fahrenheit.

Beziehung zur in der Physik üblichen Kelvin-Skala: X Fahrenheit sind (X+459,67)*5/9 Kelvin, Y Kelvin sind Y*9/5-459,67 Fahrenheit.

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Falschfarbenbild

Nur ein kleiner Teil astronomischer Beobachtungen betrifft Licht, also elektromagnetische Strahlung, die das menschliche Auge sehen kann. Um das Erscheinungsbild von Himmelsausschnitten in anderen Wellenlängenbereichen, etwa im Infrarotlicht, im Radiobereich oder im Röntgenlicht, anschaulich darzustellen, werden den verschiedenen Wellenlängen willkürlich Farben zugeordnet.

In ähnlicher Weise lassen sich auch Größen in Farben übersetzen, die überhaupt keiner elektromagnetischen Strahlung entsprechen

Feld

Die Gesamtheit der Krafteinflüsse, die in einer gegebenen Region auf kleine Testkörper wirken. Die elektrischen Kräfte, die ein elektrisch geladener Körper auf Testkörper ausüben würde, die man in seine Nähe bringt, bilden das elektrische Feld um ihn, die Gravitationskräfte, die eine Massekugel auf kleine Testkörper in ihrer Nähe ausübt bilden ihr Gravitationsfeld.

Fermion

Sammelbegriff für Quantenteilchen, die einen halbzahligen Spin besitzen, also etwa Spin 1/2, 3/2 oder 5/2.

Für die Elementarteilchen gilt: Unter ihnen sind die Fermionen gerade die Materieteilchen, etwa Elektronen oder Quarks, während die Botenteilchen, die für die Übertragung von Kräften zuständig sind, so genannte Bosonen sind.

Ganz allgemein gilt für Fermionen das so genannte Pauli-Prinzip. Salopp gesagt: Es können sich niemals zwei Elektronen am selben Ort befinden. Etwas genauer: Es können sich niemals zwei Elektronen im gleichen Zustand befinden. Das trägt entscheidend zu den Materieeigenschaften bei: Erst der Umstand, dass sich eben nicht alle Elektronen eines Atoms gleichzeitig in dem Zustand geringster Energie ganz nahe am Atomkern befinden können, sondern sich die Elektronen auf andere Zustände verteilen, führt zu den verschiedenen chemischen Eigenschaften von Atomen mit unterschiedlich vielen Elektronen, auf denen die gesamte Chemie basiert.

Fernkraft

Kräfte, die von einem Ort zum anderen wirken, ohne, dass dazu eine materielle Verbindung nötig wäre - mittels elektrischer Kräfte oder der Schwerkraft beispielsweise können sich auch weit auseinanderliegende Körper im leeren Raum gegenseitig beeinflussen.

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Festkörper

Zustandsform (Aggregatzustand) der Materie, bei dem die Atome beziehungsweise Moleküle so fest aneinander gebunden sind, dass insgesamt ein fest zusammenhängendes Gebilde entsteht. Im Gegensatz etwa zu einer Flüssigkeit, die ihre Form jedem Behälter, in den man sie füllt, sofort anpassen, behalten Festkörper ihre Form bei.

Vergleiche auch die anderen Aggregatzustände: Flüssigkeit, Gas, Plasma.

Flach

Flach ist ein Raum, wenn in ihm die verallgemeinerten Gesetze der aus der Schule bekannten, Euklidischen Geometrie gelten. Ein flacher zweidimensionaler Raum ist eine Ebene, und in sehr guter Näherung ist auch der dreidimensionale Raum, den wir aus dem Alltag gewohnt sind, flach.

Gegensatz eines flachen ist ein gekrümmter Raum.

Fläche

Gebilde mit zwei Dimensionen. Beispiele sind die Ebene oder die Oberfläche einer Kugel.

Flüssigkeit

Zustandsform (Aggregatzustand) der Materie, in dem die Atome und Moleküle aus denen die Materie besteht, zwar aneinander gebunden sind (im Gegensatz zum Gas), aber so locker, dass die Materie keinerlei Formstabilität besitzt: Füllt man eine Flüssigkeit in ein Gefäß, so gleicht sie ihre Form der Gefäßform an (im Gegensatz zum Festkörper).

Vergleiche auch die anderen Aggregatzustände: Festkörper, Gas, Plasma.

Frequenz

Maß für die Schnelligkeit einer Schwingung, definiert als Kehrwert der Schwingungsdauer: Ein Schwingungsvorgang, der für eine Schwingung 0,1 Sekunden benötigt hat die Frequenz 1/0,1 Sekunden = 10 Hz. (Die Maßeinheit Hertz, abgekürzt Hz, ist definiert als 1 Hz = 1/Sekunde.)

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Für eine Welle ist die Frequenz dadurch gegeben, wieviele Wellenberge pro Sekunde am Beobachter vorbeistreichen. Zehn vorbeistreichende Wellenberge pro Sekunde entsprechen wiederum einer Frequenz von 10 Hz.

Fusion

Siehe Eintrag Kernfusion

G Galaxie, Galaxis

Sterne sind keine Einzelgänger, sondern sind im All in der Regel in Ansammlungen von Millionen, Milliarden oder noch mehr Sternen vertreten, eben den Galaxien. Auch unsere Sonne ist Teil einer Galaxie, der Milchstrasse. Die griechische Form Galaxis wird in der Regel nur für unsere Milchstrasse verwandt.

Junge Galaxien können ein sehr turbulentes Dasein führen. Beispiele für junge, aktive Galaxienkerne sind Radiogalaxien und Quasare.

Galaxienhaufen

Auch Galaxien sind keine Einzelgänger, sondern finden sich zu Haufen zusammen. Unsere eigene Galaxie, die Milchstraße, ist beispielsweise Teil der so genannten Lokalen Gruppe. Der uns nächste größere Galaxienhaufen ist der so genannte Virgo-Haufen.

Gamma-Ausbrüche, Gamma-Bursts Astronomische Ereignisse, die sich durch extrem starke Energieblitze im Gammastrahlen-Bereich bemerkbar machen. Was sich dahinter verbirgt, ist noch ungeklärt; im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie sind diese Ereignisse interessant, weil sie auf verschmelzende Neutronensterne und/oder Schwarze Löcher zurückgehen könnten - und weil die Beobachtung von Gravitationswellen helfen müsste, zu entscheiden, ob dies tatsächlich der Fall ist.

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Gammastrahlen, Gammastrahlung

Die höchstenergetische Form der elektromagnetischen Strahlung, mit Frequenzen von über 10 Trillionen Schwingungen pro Sekunde, entsprechend Wellenlängen von weniger als einem Hundertstel Milliardstel Meter.

Gas

Im engeren Sinne: Zustandsform (Aggregatzustand) der Materie, bei der die Atome oder Moleküle wild durcheinanderfliegen, ohne aneinander gebunden zu sein. Die Bewegung der Gasmoleküle führt zu einem innerenDruck, ihre mittlere Bewegungsenergie ist das Maß für die Temperatur des Gases.

Vergleiche auch die anderen Aggregatzustände: Flüssigkeit, Festkörper, Plasma.

Im weiteren Sinne wird Gas auch für andere Gemische ungeordnet durcheinanderfliegender Teilchen gebraucht, etwa beim Elektronengas, dessen Druck einen Weißen Zwerg vor dem Kollaps bewahrt.

GEO 600

Deutsch-britischer Gravitationswellendetektor mit dem Standort Ruthe (nahe Hannover). GEO 600 ist ein interferometrischer Gravitationswellendetektor mit 600 Metern Armlänge.

Webseiten von GEO 600

Geodäte

Geradestmögliche Linie in einer Fläche oder einem allgemeineren Raum. In einer Ebene sind dies die Geraden, auf einer Kugelfläche die Großkreise

Geometrie

Teilgebiet der Mathematik, das sich mit Flächen oder allgemeineren Räumen, darin definierbaren Objekten wie Punkten oder Linien und daraus konstruierbaren Gebilden wie Dreiecken beschäftigt.

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Gerade

In einer Ebene im dreidimensionalen Raum unserer Alltagserfahrung oder in allgemeineren flachen Räumen: Linie, die die kürzeste Verbindung zweier Punkte darstellt.

Geschwindigkeit

In der Physik hat Geschwindigkeit zwei Aspekte: Erstens, wie im Alltag: wie schnell ist ein Objekt? Zweitens, etwas ungewohnter: in welche Richtung bewegt es sich? Physiker fassen diese beiden Informationen in einer einzigen Größe zusammen, einer "gerichteten Größe" oder einem "Vektor", den sie die Geschwindigkeit des Objekts nennen. Im Alltag ist mit Geschwindigkeit oft nur die Schnelligkeit gemeint, und der physikalische Sprachgebrauch ist daher etwas gewöhnungsbedürftig: Ein Auto, das mit 100 Stundenkilometern um die Kurve fährt, ändert seine Bewegungsrichtung und damit im Sprachgebrauch der Physiker auch seine Geschwindigkeit - obwohl es während der Kurvenfahrt immer gleich schnell ist.

Global Positioning System, GPS

System aus Satellitensendern und mobilen Empfängern, das es ermöglicht, die Position im Raum mit großer Präzision festzustellen. Wichtig etwa für Navigationssysteme für Flugzeug und Autos, und gleichzeitig eine industrielle Anwendung von Einsteins Spezieller und Allgemeiner Relativitätstheorie: Würden die Effekte, die diese Theorien für den Lauf bewegter Uhren in Gravitationsfeldern vorhersagen, nicht berücksichtigt, wäre die Positionsbestimmung unakzeptabel ungenau.

Gravitation

In der klassischen Physik: Fernkraft, aufgrund derer sich alle Körper, die eine Masse besitzen, gegenseitig anziehen (siehe Newtonsche Gravitation), Synonym: Schwerkraft.

In Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie: Der Umstand, dass Materie, die Masse, Energie, Druck oder ähnliche Eigenschaften besitzt, die Raumzeit verzerrt und das diese Verzerrung umgekehrt auf die in der Raumzeit enthaltene Materie zurückwirkt.

Eine Einführung in die Grundideen der allgemeinen Relativitätstheorie liefert der Abschnitt Allgemeine Relativitätstheorie von Einstein für Einsteiger.

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Gravitationsfeld

Die Gesamtheit aller Gravitationseinflüsse, die ein oder mehrere Massekörper auf Objekte in ihrer Umgebung ausüben.

Genauer: An jedem Ort im Raum ist das Gravitationsfeld definiert über die Beschleunigung, die ein kleiner Testkörper, der sich an diesem Ort befände, aufgrund der Gravitationskräfte der ihn umgebenden Massen erfahren würde.

Gravitationskonstante

Naturkonstante, die im Newtonschen Gravitationsgesetze als Proportionalitätsfaktor auftritt und damit so etwas wie die natürliche Stärke der Gravitation beschreibt. In den Einstein-Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie tritt sie analog als Proportionalitätsfaktor auf, der festlegt, wie stark Masse, Energie und ähnliche Materieeigenschaften Raum und Zeit verzerren. Symbol in Formeln: G.

Gravitationslinse

In Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie wirkt die Gravitation auch auf Licht, und Licht, das beispielsweise an einem massiven Körper vorbeistreicht, wird dabei etwas abgelenkt. Dabei kann es dazu kommen, dass Licht ein und desselben kosmischen Objekts auf mehreren verschiedenen Wegen zu einem Beobachter gelangt - der dann entsprechend mehrere Bilder des Objekts am Himmel sieht. Massen, die in dieser Weise als optische Linse wirken, heißen Gravitationslinsen.

Gravitationswellen

Störungen der Raumgeometrie, die sich mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum ausbreiten.

Nähere Informationen liefert der Abschnitt Gravitationswellen von Einstein für Einsteiger.

Gravitationswellenastronomie

Teilgebiet der Astronomie, in dem es darum geht, durch den Nachweis von Gravitationswellen Daten über Himmelskörper oder das Weltall als Ganzes zu erhalten - etwa über die Ereignisse im Inneren von Supernovae, über Neutronensterne oder über die heiße Frühzeit des Kosmos.

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Bislang ist das freilich Zukunftsmusik - zur Zeit besteht die Herausforderung darin, diese Wellen mit Hilfe von Gravitationswellendetektoren überhaupt erst einmal nachzuweisen.

Gravitationswellendetektor

Derzeit laufen weltweit Versuche, die Gravitationswellen, die uns aus dem fernen All erreichen, direkt nachzuweisen. Im wesentlichen sind dabei zwei Arten von Detektor im Einsatz, so genannte interferometrische Detektoren wie GEO 600 oder die LIGO-Detektoren, und so genannte Resonanzdetektoren.

Nähere Informationen zu Gravitationswellen liefert der Abschnitt Gravitationswellen von Einstein für Einsteiger.

Graviton

Hypothetisches Botenteilchen einer als Quantentheorie beschriebenen Gravitationskraft. Allerdings wissen die Physiker heutzutage noch nicht, wie eine solche Theorie der Quantengravitation letztendlich aussehen wird.

Großkreis

Kreis auf einer Kugeloberfläche, dessen Mittelpunkt gleichzeitig der Mittelpunkt der Kugel ist. Der Äquator ist ein Großkreis auf der Erdkugel, die Meridiane sind Großkreishälften.

Die geradestmögliche Weise, auf einer Kugeloberfläche entlangzulaufen, führt entlang von Großkreisen; in der Sprache der Mathematiker: Großkreise sind Geodäten der Kugeloberfläche.

H Hawking-Strahlung

Wärmestrahlung, wie sie Schwarze Löcher aufgrund von Quanteneffekten abstrahlen sollten. Erstmals berechnet von dem britischen Physiker Stephen Hawking in den 1970er Jahren. Die charakteristische Temperatur der Strahlung heisst auch Hawking-Temperatur.

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Hawking-Temperatur

Charakteristische Temperatur der Hawking-Strahlung eines Schwarzen Lochs. Für einfache, kugelsymmetrische Löcher beträgt sie

TH = 6 mal 10-8 (Sonnenmasse/Masse des Schwarzen Lochs) Kelvin. [Probleme mit Ausdrücken wie 10-8? Siehe Stichwort Zehn-Hoch-Schreibweise.]

Heisenbergsche Unschärferelation

Grundlegendes Gesetz der Quantentheorie: Alle physikalischen Größen, die sich irgend messen lassen, bilden Paare. Wird eine der Partnergrößen mit sehr hoher Präzision gemessen, ist die andere zwangsläufig nur sehr ungenau bekannt. Beide Partnergrößen zusammen lassen sich nicht präzise bestimmen.

Ein Beispiel für ein solches Paar sind der Ort und die Geschwindigkeit eines Quantenteilchens: Will man den Ort des Teilchens sehr genau messen, stört man damit seine Geschwindigkeit; misst man die Geschwindigkeit hochgenau, dann ist unklar, wo sich das Teilchen befindet.

Helium

Helium ist nach Wasserstoff das zweitleichteste Element. Sein Atomkern besteht aus zwei Protonen und üblicherweise zwei Neutronen. Helium-Atomkerne werden auch Alpha-Teilchen genannt.

Hertz

Einheit für die Frequenz, Abkürzung Hz. Ein Hertz entspricht einer Schwingung pro Sekunde.

Himmelsmechanik

Die Lehre von den Gesetzen, die die Bewegung der Himmelsobjekte bestimmen. Ursprünglich unabhängig von der Bewegungslehre für Objekte auf der Erde formuliert (beispielsweise Keplersche Gesetze) ist sie seit Newton, der die kosmischen Bewegungsgesetze aus seinen Grundgesetzen der Bewegung und seinem Gravitationsgesetz ableitete (siehe Newtonsche Mechanik), Unterkapitel einer allgemeineren Mechanik.

Für die meisten astronomischen Anwendungen ist die Newtonsche Mechanik ausreichend; bei sehr genauen Messungen oder im Einflußbereich starker Gravitationsfelder wird die Himmelsmechanik von den relativistischen Bewegungsgesetzen der Einsteinschen Allgemeinen Relativitätstheorie bestimmt.

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Hintergrundstrahlung, kosmische

Elektromagnetische Reststrahlung aus der heißen Frühzeit unseres Universums. Erstmals vorhergesagt durch die auf der allgemeinen Relativitätstheorie basierenden Urknallmodelle; in den 1960er Jahren durch Radiobeobachtungen nachgewiesen.

Horizont

In der Allgemeinen Relativitätstheorie: Geschlossene Fläche, die ein Schwarzes Loch begrenzt. Was einmal von außen durch diese Fläche hindurchgetreten ist, kann sie nie wieder verlassen.

Synonym: Ereignishorizont.

Hubble-Beziehung, Hubble-Effekt, Hubble-Konstante, Hubble-Relation

In einem Universum, das sich ausdehnt wie das Weltall der Urknallmodellegilt für jeden Beobachter auf einer der frei fallenden Galaxien automatisch: Die Fluchtgeschwindigkeit der Galaxien um ihn herum ist proportional zu ihrem Abstand; je weiter eine Galaxie bereits von ihm entfernt ist, umso mehr nimmt dieser Abstand in einem gegebenen Zeitraum zu. Dieser Zusammenhang, den der Astronom Edwin Hubble in den 1920er Jahren erstmals durch Beobachtungen an entfernten Galaxien nachweisen konnte, heisst Hubble-Beziehung oder Hubble-Relation; der Umstand, dass dieser Zusammenhang auftritt heißt Hubble-Effekt; die Proportionalitätskonstante heißt Hubble-Konstante.

Eine Veranschaulichung des Hubble-Effekts findet sich auf der Seite Kosmos auf Expansionskurs im Kapitel Kosmologie von Einstein für Einsteiger.

In aller Strenge gilt die Hubble-Relation nur für Universum, deren Expansion sich weder beschleunigt noch verlangsamt. In unserem eigenen Universum gilt sie in sehr guter Näherung für Galaxien, die nicht allzuweit von uns entfernt sind.

Hubble Weltraumteleskop

Kooperationsprojekt der NASA und der ESA: Weltraumteleskop, das seit 1990 in 600 Kilometer über der Erde (und daher durch die Atmosphäre weit weniger behindert als Teleskope auf dem Erdboden) astronomische Beobachtungen durchführt.

Webseiten des Space Telescope Science Institute (der Betreiber des Hubble-Teleskops)

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I Impuls

Maß für den Schwung, der einem Körper innewohnt: Der Impuls eines Körpers ist gleich seiner Masse mal seiner Geschwindigkeit (in der Speziellen Relativitätstheorie: seiner relativistischen Masse mal seiner Geschwindigkeit).

Wichtig für die Physik ist, dass der Impuls eine Erhaltungsgröße ist - treten verschiedene Körper in Wechselwirkung, dann ist die Summe ihrer Impulse vorher und nachher dieselbe, allenfalls ist Impuls von einem Körper auf einen anderen übertragen worden.

In der Allgemeinen Relativitätstheorie ist Impuls neben Größen wie Masse und Energie eine Gravitationsquelle.

Inertialsystem, Inertialbeobachter

Ein Inertialsystem ist ein Bezugssystem, in dem das Trägheitsgesetz der Mechanik gilt: Körper, auf die keine Kräfte wirken, befinden sich in Ruhe oder laufen mit konstanter Geschwindigkeit auf geraden Bahnen. Ein Inertialbeobachter ist ein Beobachter, der relativ zu einem Inertialsystem ruht. Im Zusammenhang der Relativitätstheorien entspricht ein Inertialsystem einem System, das im gravitationsfreien Raum schwebt, ohne beschleunigt zu werden oder zu rotieren.

Inertialsysteme spielen eine wichtige Rolle in der Speziellen Relativitätstheorie: deren Grundbausteine sind das Relatitivätsprinzip (die Gesetze der Physik sind in allen Inertialsystemen die gleichen - kein Inertialsystem ist in dieser Hinsicht vor anderen ausgezeichnet) und das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit (alle Inertialbeobachter messen für die Lichtgeschwindigkeit denselben konstanten Wert).

In der Allgemeinen Relativitätstheorie gibt es im allgemeinen allenfalls "lokale Inertialsysteme": Aussage des Äquivalenzprinzips ist, dass die Gesetze der Physik für einen Beobachter, der frei fällt und über einen nicht allzu langen Zeitraum hinweg Ereignisse in seiner unmittelbaren Nähe betrachtet, in guter Näherung dieselben sind wie für einen Inertialbeobachter.

Inflation, Inflationsphase

Hypothetische Phase in der Frühzeit unseres Universums, in der sich das Weltall exponentiell ausdehnte.

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Infrarot, Infrarotlicht

Elektromagnetische Strahlung im Frequenzbereich von einigen Hundert Milliarden bis Billionen Schwingungen pro Sekunde, beziehungsweise mit Wellenlängen von 0,8 Mikrometer bis 1 Millimeter. Auch die mit warmen Alltagstemperaturen verbundene Wärmestrahlung fällt in den Infrarotbereich.

Interferenz

Wenn Wellen aufeinandertreffen und sich überlagern, kann es zu Verstärkungs- und Auslöschungseffekten kommen, die zusammen als Interferenzeffekte bezeichnet werden: Wo Wellenberg auf Wellenberg trifft, entsteht ein deutlich höherer Wellenberg (Verstärkung; konstruktive Interferenz); wo Wellenberg auf Wellental treffen, kann es zum völligen Ausgleich zwischen den beiden kommen (Abschwächung oder sogar völlige Auslöschung; destruktive Interferenz).

Interferenz kann beispielsweise bei elektromagnetische Wellen (etwa bei Licht) auftreten, aber auch bei Wasserwellen oder Schallwellen.

Interferometrischer (Gravitationswellen-)Detektor

Gravitationswellendetektoren, die Interferenzeffekte des Lichts nutzen, um nachzuweisen, wie eine Gravitationswelle die Abstände zwischen Testmassen und zwischen diesen Testmassen hin- und herlaufendes Licht beeinflusst.

Die Funktionsweise interferometrischer Detektoren wird im Vertiefungsthema Licht als Maßstab beschrieben.

Beispiele für interferometrische Detektoren sind GEO 600 und die LIGO-Detektoren.

Internationale Raumstation/International Space Station (ISS)

In internationaler Zusammenarbeit von 16 Nationen gebaute Raumstation in der Erdumlaufbahn. Aus Einsteinscher Sicht vor allem interessant als Beispiel für ein im Gravitationsfeld der Erde frei fallendes Laboratorium.

ISS-Seiten der NASA

Ion

Üblicherweise besitzen Atome genauso viele elektrisch positiv geladene Protonen im Kern wie elektrisch negativ geladene Elektronen in ihrer Hülle, und sind damit im

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Ganzen elektrisch neutral. Atome, die mehr oder weniger Elektronen besitzen als normal und daher im Ganzen elektrisch geladen sind heißen Ionen.

J Jets

Im astronomischen Sinne sind Jets scharf gebündelte, hochenergetische Teilchenströme, wie sie von bestimmten aktiven Galaxienkernen ausgesandt werden. Sichtbar sind Jets insbesondere, wenn sie riesige Gasgebiete zum Leuchten anregen, sogenannte Radioblasen.

K Kausalität, kausal, Kausalstruktur

Im Rahmen der Relativitätstheorien: Kausalität betrifft die Frage, welche Ereignisse welche anderen Ereignisse verursachen (lateinisch causa, der Grund, die Ursache) oder, allgemeiner, beeinflussen können. In der Speziellen Relativitätstheorie gilt: Nichts, keine Materie, kein Einfluss kann schneller sein als das Licht. Ein Ereignis kann ein anderes Ereignis prinzipiell nur dann beeinflussen, wenn der hypothetische Einfluss (etwa ein Signal oder eine Kraft) dazu nicht schneller übertragen werden müsste als das Licht. Das Licht bestimmt folglich die Kausalstruktur der Raumzeit (vergleiche Lichtkegel). Modelle und Theorien, die diese Struktur berücksichtigt, heißen kausal - zum Beispiel die relativistischen Quantenfeldtheorien.

In der Allgemeine Relativitätstheorie spielt das Licht seine Rolle als Hüter des kosmischen Tempolimits nur noch lokal: Kein Körper, kein Einfluss kann ein direkt neben ihm losfliegendes Lichtsignal ein- oder gar überholen. Auch daraus lässt sich eine Kausalstruktur ableiten und bestimmen, welche Ereignisse welche anderen Ereignisse beeinflussen können. Da die Gravitation allerdings die Bahnen von Licht verbiegt und seine Laufzeit verzögern. Das macht die Analyse zwar etwas komplizierter, aber nach wie vor gilt: Die Ausbreitung des Lichts bestimmt die Kausalstruktur.

Kelvin-Temperaturskala

In der Physik übliche Temperaturskala, synonym: absolute Temperaturskala.

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Nullpunkt ist der absolute Nullpunkt; ein Temperaturunterschied von einem Kelvin (abgekürzt 1 K, manchmal auch "ein Grad Kelvin") ist dasselbe wie ein Unterschied von einem Grad Celsius, denn die beiden Skalen unterscheiden sich nur durch die Wahl des Nullpunkts: X Grad Celsius sind X plus 273,15 Kelvin, Y Kelvin sind Y minus 273,15 Grad Celsius.

Beziehung zu der in den USA üblichen Fahrenheit-Skala: X Grad Fahrenheit sind (X+459,67)*5/9 Kelvin, Y Kelvin sind (Y*9/5)-459,67 Grad Fahrenheit.

Keplersche Gesetze, Keplersche Bahngesetze

Grundgesetze der Bewegung der Planeten um die Sonne. Erstes Keplersche Gesetz: Die Bahn, auf der jeder Planet die Sonne umläft, hat die Form einer Ellipse, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. Zweites Keplersches Gesetz: Verbindet man den Planeten und die Sonne durch eine gedachte Linie, so überstreicht diese Linie bei der Bewegung des Planeten in demselben Zeitintervall immer die gleiche Fläche, egal, wo sich der Planet auf seiner Bahn befindet. Drittes Gesetz: Teilt man das Quadrat der Umlaufzeit eines Planeten durch die dritte Potenz seines mittleren Abstandes von der Sonne, dann ergibt sich für jeden Planeten im Sonnensystem derselbe Wert, als Formel: (Umlaufzeit)2/(mittlerer Sonnenabstand)3 = const.

Die Keplerschen Gesetze ergeben sich aus den Gesetzen der klassischen Mechanik und dem Newtonschen Gravitationsgesetz. Schaut man genau hin, dann gelten sie nur näherungsweise - die Gravitationseinflüsse der Planeten untereinander und der Umstand, dass letztendlich nicht das Newtonsche Gesetz, sondern die Allgemeine Relativitätstheorie die Eigenschaften der Gravitation bestimmt (Stichwort relativistische Periheldrehung), führen zu kleinen Abweichungen von den Keplerschen Ellipsenbahnen.

Kern

Siehe Atomkern.

Kernfusion, Kernverschmelzung

Prozess, bei dem sich zwei leichtere Atomkerne zu einem schwereren Atomkern verbinden; bei der Fusion von Atomkernen, die leichter sind als die des Eisens wird Energie frei. Kernfusion ist die Hauptenergiequelle von Sternen wie unserer Sonne.

Kernkraft

Kraft, die Protonen und Neutronen zu Atomkernen zusammenbildet; ein Nebeneffekt der starken Kernkraft.

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Siehe auch schwache Kernkraft oder starke Kernkraft.

Kernphysik

Dasjenige Teilgebiet der Physik, das sich mit den Eigenschaften der Atomkerne beschäftigt. In relativistischer Hinsicht beispielsweise interessant, weil es Hinweise auf die Materieeigenschaften im frühen Universum der Urknallmodelle gibt und nötig ist, um das Innere der aus Kernteilchen bestehenden Neutronensterne zu beschreiben.

Kilogramm

Physikalische Einheit der Masse; definiert über eine in Paris aufbewahrte Referenzmasse, das Urkilogramm.

kinetische Energie

Anderer Ausdruck für Bewegungsenergie.

klassisch

In der Physik hat das Wort zwei Bedeutungen: Erstens bezeichnet es physikalische Modelle oder Theorien, die weder die Effekte der Einsteinschen Relativitätstheorien noch jene der Quantenphysik berücksichtigen, etwa die klassische Mechanik. In seiner zweiten Bedeutung bezeichnet es alle physikalischen Modelle oder Theorien, die nicht nach den Regeln der Quantenphysik formuliert sind; in diesem Sinne ist beispielsweise die Allgemeine Relativitätstheorie eine klassische Theorie.

klassische Mechanik

Siehe Mechanik, klassische

Klein-Gordon-Gleichung

Gleichung, die das Verhalten eines relativistischen Quantenteilchens beschreibt, das den Spin 0 trägt.

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Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Eines der grundlegenden Postulate der speziellen Relativitätstheorie: Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum hat für alle frei im gravitationsfreien Raum treibenden Beobachter(genauer: für alle Inertialbeobachter denselben konstanten Wert. Dieser Wert ist insbesondere unabhängig von der Bewegung dieser Beobachter relativ zur Lichtquelle.

Koordinaten

Vorschrift, jedem Punkten eines allgemeinen Raumes (sprich: einer Gerade, einer Fläche, dem dreidimensionalen Raum oder höherdimensionalen Entsprechungen) oder einer Raumzeit zur Identifikation Zahlen zuzuordnen.

Zwei Beispiele dürften Leser aus der Schule kennen: Bei der Zahlengerade entspricht jedem Punkt auf einer Gerade eine reelle Zahl, die man als seine Koordinate betrachten kann. Wichtig ist, dass die Koordinate die Nachbarschaftsverhältnisse richtig wiedergibt: Die Zahl 1 liegt zwischen der Zahl 0 und der Zahl 2; der Punkt mit der Koordinate 1 liegt auf der Zahlengeraden zwischen dem Punkt mit der Koordinate 0 und dem Punkt mit der Koordinate 2. Zweites Beispiel ist das übliche X-Y-Koordinatensystem, mit dem jedem Punkt in der Ebene zwei Koordinatenwerte zugeordnet werden: Eine Zahl, die seinen X-Koordinatenwert angibt und eine zweite, die seinen Y-Koordinatenwert definiert.

Die Beispiele spiegeln bereits eine wichtige Eigenschaft wieder: Um einen Punkt in einem Raum zu identifizieren benötigt man genau so viele Koordinatenwerte, wie der Raum Dimensionen hat.

Von den vier Koordinatenwerte, die ein Ereignis in einer Raumzeit kennzeichnen, dienen dementsprechend drei dazu, den Ort im dreidimensionalen Raum anzugeben, während ein Koordinatenwert den Zeitpunkt festhält.

Kosmische Strahlung

Hochenergetische Teilchenströme aus den Tiefen des Alls, bestehend aus Protonen und leichten Atomkernen.

Kosmische Zeit

Maß für die zeitliche Entwicklung eines expandierenden Universums wie jenem der Urknallmodelle. Entsprechend der Anzeige von Uhren, die ohne zusätzliche Eigenbewegung an der kosmischen Expansion teilnehmen und die am hypothetischen Urknall auf Null gesetzt werden. Synonym: Weltalter.

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Die Grundlagen der kosmischen Modelle, auf die sich die kosmische Zeit bezieht, werden im Kapitel Kosmologie von Einstein für Einsteiger erklärt.

Kosmologie

Die Lehre vom Aufbau und der Entwicklung des Universums als Ganzes. Kernstück der modernen Kosmologie sind die auf der Allgemeinen Relativitätstheorie basierenden Urknallmodelle, deren grundlegende Eigenschaften im Abschnitt Kosmologie von Einstein für Einsteiger vorgestellt werden.

kosmologische Konstante

In den Urknallmodellen eine dem Raum selbst innewohnende Tendenz zu Abbremsung oder Beschleunigung der Expansion. Unser Weltall scheint eine kosmologische Konstante zu besitzen, die seine Expansion weiter und weiter zu beschleunigen sucht.

kosmologische Rotverschiebung

Nebeneffekt der kosmischen Expansion in den Urknallmodellen: Je weiter eine Galaxie von uns entfernt ist, umso stärker ist das Licht, das wir von ihr empfangen, in Richtung auf niedrigere Frequenzen hin verschoben.

Kraft

In der Mechanik: Einfluss, der auf einen Körper wirkt und ihm eine Beschleunigung zu erteilen sucht.

Allgemeiner: Art, wie Elementarteilchen oder zusammengesetzte Teilchen in Wechselwirkung treten können; Kraft und Wechselwirkung sind in diesem Sinne synonym. Das Standardmodell der Elementarteilchen umfasst drei Grundkräfte: Elektromagnetismus, Starke Kernkraft und Schwache Kernkraft, nicht aber die vierte grundlegende Wechselwirkung, die Gravitation.

Kraftteilchen

Im Rahmen der relativistischen Quantentheorien wirken Kräfte durch die Übertragung so genannter Kraftteilchen. Die elektrische Kraft zwischen zwei Elektronen beispielsweise kommt zustande, weil zwischen den Elektronen laufend Photonen hin- und herlaufen, die Kraftteilchen der elektromagnetischen Kraft. Kraftteilchen haben ganzzahligen Spin, etwa Spin 0,1 oder 2. Synonym: Botenteilchen, Trägerteilchen.

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Krümmung

In einer zweidimensionalen Fläche: Kriterium, anhand dessen es sich entscheiden lässt, ob es sich bei der Fläche um eine Ebene handelt (d.h. ob darin die üblichen Regeln der in der Schule gelehrten Mathematik gelten) oder nicht. Zwei Möglichkeiten, die Krümmung einer Fläche zu definieren, sind die folgenden:

Erstens: Winkelsumme im Dreieck. In der Ebene beträgt die Summe der drei Winkel eines aus Geraden gebildeten Dreiecks immer 180 Grad. Auf einer allgemeineren Fläche kann die Winkelsumme für ein aus geradestmöglichen Linien (Geodäten) gebildetes Dreieck größer oder kleiner als 180 Grad sein. Die Abweichung, also der Winkelüberschuss oder das Winkeldefizit, die man üblicherweise noch durch die Fläche des Dreiecks teilt, sind ein Maß für die Krümmung der Fläche in der Region rund um das betrachtete Dreieck.

Zweitens: Kreisumfang. In der Ebene ist der Umfang eines Kreises gleich 2 mal Pi mal dem Kreisradius. Auf einer allgemeineren Fläche kann der Umfang größer oder kleiner sein. Die Abweichung, üblicherweise noch durch Radius-hoch-drei geteilt, führt zum gleichen Krümmungsmaß wie die Winkelsumme im ersten Dreieck.

Einfache Beispiele für gekrümmte Flächen sind die Kugelfläche (positive Krümmung, das heißt: Winkelsumme im Dreieck größer als 180 Grad, Kreisumfang kleiner als 2 mal Pi mal Radius) und die Sattelfläche (negative Krümmung, das heißt: Winkelsumme im Dreieck kleiner als 180 Grad, Kreisumfang größer als 2 mal Pi mal Radius).

Auch für höherdimensionale, allgemeine Räume lassen sich Krümmungsmaße definieren, die die Abweichung vom flachen Raum messen. Dabei ist allerdings mehr als eine Größe vonnöten, und die Krümmung wird zu einem mathematischen Kombinationsobjekt mit verschiedenen Komponenten.

L Ladung

Einerseits: Maß für die Stärke einer Kraft, die von einem Körper ausgeht oder mit der er auf einen Krafteinfluss reagiert. Bekanntestes Beispiel ist die elektrische Ladung: Elektrisch geladene Körper üben auf andere elektrisch geladene Körper elektrostatische Kräfte aus - je größer die elektrische Ladung der beteiligten Körper, ums größer die Kräfte.

Für Ladungen ist charakteristisch, dass sie erhalten bleiben, dass sie also weder aus dem Nichts entstehen noch vernichtet werden. Wenn beispielsweise ein Positron mit elektrischer Ladung 1 sich mit einem Elektron mit der elektrischen Ladung -1 zu

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elektromagnetischer Strahlung vernichtet, dann ist der Ladungserhaltung genüge getan: Vor der Vernichtung war die Summe der Ladungen 1+(-1)=0, nach der Vernichtung ist die Ladung der elektrisch neutralen Strahlung ebenfalls Null.

Die Elementarteilchenphysik kennt zusätzlich noch abstraktere Ladungen, die zwar nicht direkt mit Kräften zusammenhängen, aber für die bei Reaktionen zwischen Elementarteilchen ebenfalls ein Erhaltungssatz gilt.

Lamb-Shift

Elektromagnetische Strahlung wird von Atomen nur bei ganz bestimmten, von der Atomsorte abhängigen Frequenzen abgestrahlt. Für einige dieser charakteristischen Frequenzen sagt die relativistische Quantentheorie des Elektromagnetismus, die so genannte Quantenelektrodynamik, gegenüber früheren Theorien eine winzige Verschiebung voraus, eben den Lamb-Shift. Die experimentelle Überprüfung bestätigte diese Vorhersage.

Längenkontraktion

Effekt der Speziellen Relativitätstheorie: Ein Beobachter (genauer: ein Inertialbeobachter) misst für ein relativ zu ihm bewegtes Objekt eine kürzere Länge als für eine baugleiche Kopie des Objekts, die neben ihm ruht (die Länge bezieht sich dabei auf die Ausdehnung des bewegten Objekts in Bewegungsrichtung - Ausdehnungen senkrecht zur Bewegungsrichtung bleiben unbeeinflusst).

Large Hadron Collider

Siehe LHC

Laser

Abkürzung für "Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation", zu deutsch etwa: Lichtverstärkung durch stimulierte Strahlungsaussendung. Verfahren zur Erzeugung sehr konzentrierten, starken Lichtes mit fester Frequenz, das in Form einer sehr einfachen elektromagnetischen Welle mit einfacher Berg- und Talstruktur ("kohärentes Licht") ausgesendet wird.

Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory

Siehe LIGO

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Laser Interferometer Space Antenna

Siehe LISA

leichte Elemente, Entstehung

Nach den Urknallmodellen entstanden bereits im frühen, heißen Universum, bei einem Weltalter von Sekunden bis Minuten, leichte Elemente wie schwerer Wasserstoff, Helium oder Lithium. Die Urknallmodelle sagen sogar die relativen Häfigkeiten vorher, in denen die verschiedenen Elemente entstanden sein sollten, etwa, wieviele Helium- oder Lithiumkerne sich für jeden Kern schweren Wasserstoffs bildeten. Die Überprüfung dieser Vorhersage stellt einen wichtigen Test dar, in dem sich die Vorhersagen der Modelle gut bestätigt haben.

LHC, Large Hadron Collider

Der Large Hadron Collider, zu deutsch etwa die große Maschine, um Kernteilchen zusammenstoßen zu lassen, ist ein Teilchenbeschleuniger, der sich zur Zeit am Teilchenforschungszentrum CERN im Aufbau befindet. Aus Sicht der Relativitätstheorie ist er nicht nur interessant, weil die in ihm beschleunigten Protonen so hohe Energien erreichen wie nie zuvor und so neue Tests der relativistischen Quantenfeldtheorien ermöglichen, auf denen die moderne Elementarteilchenphysik beruht, sondern auch, weil sich bei so hohen Energien erste Spuren einer bislang noch nicht experimentell nachgewiesenen Symmetrie der Natur zeigen sollten, der so genannten Supersymmetrie, die eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Stringtheorie spielt, einem der Ansätze, Allgemeine Relativitätstheorie und Quantentheorie zu einer Theorie der Quantengravitation zu verbinden. Außerdem gibt Physik bei so hohen Energien Aufschluss über die Eigenschaften der Materie des frühen, heißen Universums, die für die Urknallmodelle wichtig sind.

Webseiten des CERN

Licht

Licht im engeren Sinne ist elektromagnetische Strahlung, die wir Menschen mit bloßem Auge wahrnehmen können, entsprechend Wellenlängen zwischen 400 und 700 Nanometer. In der Relativitätstheorie und auch sonst in der Astronomie wird der Begriff Licht dagegen oft allgemein für alle Arten elektromagnetischer Strahlung verwendet, man spricht beispielsweise vom Infrarotlicht oder vom Röntgenlicht; Licht im engeren Sinne heißt dann "sichtbares Licht".

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Im Rahmen der klassischen Physik wird das Verhalten des Lichts durch die Maxwellschen Gleichungen beschrieben; in der Quantenphysik stellt sich heraus, dass Licht ein Strom von Energiequanten ist, die Lichtteilchen oder Photonen genannt werden.

Lichtablenkung, relativistische

Zu den Grundaussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie gehört, dass auch Licht durch die Gravitation beeinflusst wird. So wird Licht, das an einem massiven Körper vorbeistreicht, dabei ein wenig abgelenkt. Dies ist die Grundlage der so genannten Gravitationslinsen.

Lichtgeschwindigkeit

Die Geschwindigkeit, mit der sich Licht oder, allgemeiner, elektromagnetische Strahlung ausbreitet. Zentrale Größe in der Speziellen Relativitätstheorie: Dort ist die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ein Grundpostulat und es gilt: Jeder Beobachter (genauer: Inertialbeobachter) misst für die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum denselben konstanten Wert, 299792458 Meter pro Sekunde.

Wichtig ist außerdem, dass die Lichtgeschwindigkeit eine obere Geschwindigkeitsgrenze definiert: In der Speziellen Relativitätstheorie kann sich nichts schneller bewegen als das Licht, und auch Information und Einflüsse können nicht schneller übertragen werden. In der Allgemeinen Relativitätstheorie gilt dieses Prinzip zumindest lokal: Kein Objekt, keine Information, keine Materie kann direkt nebenherfliegendes Licht ein- oder gar überholen. (Vergleiche: Kausalität.)

Grundlegendes zum Zusammenhang von Lichtgeschwindigkeit und Spezieller Relativitätstheorie erklärt der Abschnitt Spezielle Relativitätstheorie von Einstein für Einsteiger.

Lichtjahr, Lichttag, Lichtstunde, Lichtminute, Lichtsekunde

Längeneinheiten: Ein Lichtjahr ist die Strecke, die ein Lichtsignal binnen eines Jahres zurücklegt, eine Lichtsekunde die Strecke, die es binnen einer Sekunde zurücklegt, und entsprechend für Lichtminute, Lichtstunde und Lichttag.

Eine Umrechnung in die vertrauteren Kilometer zeigt die folgende Tabelle (gerundete Werte): 1 Lichtsekunde = 300000 km 1 Lichtminute = 18 Millionen km 1 Lichtstunde = 1,1 Milliarden km 1 Lichttag = 25 Milliarden km 1 Lichtjahr = 9,5 Billionen km

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Lichtkegel

In der Speziellen wie in der Allgemeinen Relativitätstheorie ist die Obergrenze für die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Signalen oder die Übertragungsgeschwindigkeit von Einflüssen die Lichtgeschwindigkeit. Das Licht ermöglicht es daher, die Menge aller Ereignisse in diejenigen zu scheiden, die ein gegebenes Ereignis A im Prinzip beeinflussen könnte, diejenigen, von denen das Ereignis A im Prinzip seinerseits beeinflusst werden könnte und diejenigen Ereignisse, bei denen ein gegenseitiger Einfluss unmöglich ist (vergleiche Kausalstruktur). Die Grenze zwischen diesen Ereignismengen hat in grafischer Darstellung die Form eines Doppelkegels, des Lichtkegels (eine Skizze dazu zeigt die Seite Raumzeit im Kapitel Spezielle Relativitätstheorie von Einstein für Einsteiger). Gebildet wird sie von den Weltlinien aller hypothetische Lichtsignale, die am Ereignis A in eine beliebige Raumrichtung ausgesandt oder, aus einer beliebigen Richtung kommend, absorbiert werden.

Lichtlaufzeit

Zeit, die Licht benötigt, um von einem Himmelskörper zu uns auf die Erde zu gelangen. Lichtlaufzeit, gemessen anhand der kosmischen Zeit, ist eine Möglichkeit, in unserem Universum Entfernungen zu definieren.

Lichtlaufzeitverzögerung, relativistische

In der Allgemeinen Relativitätstheorie kann die Gravitationswirkung Licht nicht nur ablenken, sondern auch dazu führen, dass das Licht auf seinen Reisen ins All manchmal etwas mehr Zeit benötigt, als nach der klassischen Physik zu erwarten. Dies wird relativistische Lichtlaufzeitverzoegerung oder Shapiro-Effekt genannt. Im Sonnensystem ist es beispielsweise durch Messungen an Radarsignalen nachgewiesen worden, die von der Erde ausgesandt, am Planeten Venus reflektiert und dann wieder auf der Erde aufgefangen wurden. Der Lauf solcher Signale wird deutlich verzögert, wenn sie auf ihrer Bahn nahe an der massiven Sonne vorbeilaufen.

Lichtminute, Lichtstunde, Lichtsekunde

Siehe oben: Lichtjahr, Lichtminute, Lichtstunde, Lichtsekunde

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Lichtwelle

Licht ist, genau wie jede andere Form elektromagnetischer Strahlung, ein Gemisch aus einfachen Wellen, bei denen Maxima und Minima des elektromagnetischen Felds in schöner Regelmäßigkeit aufeinander folgen.

LIGO, Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory

Laser-Interferometer-Gravitationswellenobservatorium: Das derzeit größte Detektorprojekt auf der Suche nach Gravitationswellen. Zu LIGO gehören drei interferometrische Gravitationswellendetektoren, einer mit vier und einer mit zwei Kilometern Armlänge in Hanford im US-Bundesstaat Washington, ein weiterer mit vier Kilometern Armlänge in Livingston im US-Bundesstaat Louisiana.

LIGO-Webseiten

Linie

Geometrisches Gebilde mit nur einer Dimension - entweder als selbstständiger eindimensionaler Raum betrachtet (in jenem mathematischen Sinne, in dem ein Raum durchaus mehr oder weniger als 3 Dimensionen haben kann) oder eingebettet in einen anderen allgemeinen Raum wie eine auf ein Blatt Papier (in eine Fläche) gemalte Linie.

LISA, Laser Interferometer Space Antenna

Geplanter interferometrischer Detektor aus drei Satelliten, angeordnet in einem Dreieck mit 5 Millionen Kilometer Kantenlänge, der vom Weltraum aus nach Gravitationswellen suchen soll. Gemeinsames Projekt der europäischen und amerikanischen Weltraumbehörden ESA und NASA; federführend auf europäischer Seite ist das Albert-Einstein-Institut. Geplantes Zeitfenster für den Start ist 2013-2015.

LISA-Webseiten der ESA LISA-Webseiten der NASA

Lithium

Chemisches Element, dessen Atomkerne je drei Protonen enthalten. Im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie interessant, weil die Urknallmodelle Vorhersagen darüber machen, wieviel Kerne dieses und anderer leichter Elemente sich im frühen Universum gebildet haben sollten.

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Lokale Gruppe

Derjenige Galaxienhaufen, zu dem die Galaxie gehört, in der wir uns befinden, unsere Milchstraße. Im kosmischen Maßstab ist die lokale Gruppe ein winzig kleiner Haufen - außer unserer Milchstraße gehören nur die Andromeda-Galaxie, die Galaxie M33 und einige Zwerggalaxien dazu (etwa die so genannten Magellanschen Wolken).

Lorentz-Transformation

Bestandteil der Speziellen Relativitätstheorie: Satz von Vorschriften, der es erlaubt, die zwischen zwei relativ zueinander bewegten Inertialsystemen zu vermitteln, insbesondere auszurechnen, wie sich die Ortsangaben und Zeitangabe (genauer: die Koordinaten), die einer der Beobachter einem gegebenen Ereignis zuordnet, zu den Ortsangaben und der Zeitangabe verhalten, die der andere Beobachter demselben Ereignis zuordnet.

M Magnetkraft

Kraft, mit der elektrische Ströme (d.h. bewegte elektrische Ladungen) auf andere elektrische Ströme wirken; Teilphänomen des Elektromagnetismus.

Masse

In der klassischen Physik spielt die Masse eines Köpers drei Rollen gleichzeitig. Zum einen ist die Masse ein Maß dafür, wie leicht sich der Bewegungszustand eines Körpers ändern lässt. Fliegen an einem schwerelosen Raumfahrer ein Elefant und eine Maus vorbei, und gibt der Raumfahrer jedem der Tiere einen Schubs gleicher Stärke, dann ist der Umstand, dass die Maus ihre Flugrichtung und/oder Geschwindigkeit daraufhin sehr stark ändert, der Elefant dagegen kaum, sicheres Zeichen dafür, dass die Masse des Elefanten wesentlich größer ist als die der Maus. Zweitens ist die Masse ein Maß dafür, aus wieviel Materie ein Körper besteht. Atome ein und derselben Sorte haben dieselbe Masse, und die Gesamtmasse eines Körpers ergibt sich, indem man all die winzigen Massen seiner atomaren Bestandteile zusammenzählt. Drittens bestimmt die Masse gemäß dem Newtonschen Gravitationsgesetz, wie stark ein Körper andere Körper über die Schwerkraft anzieht und wie stark andere Massen ihn anziehen.

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Auch in der Speziellen Relativitätstheorie lässt sich eine Masse definieren, die ein Maß dafür darstellt, wie stark sich der Körper Versuchen wiedersetzt, seinen Bewegungszustand zu ändern. Diese relativistische Masse ist allerdings davon abhängig, wie schnell sich der betreffende Körper gegenüber dem Beobachter bewegt (relativistische Massenzunahme). Ihren berühmtesten Auftritt hat diese Masse in der Formel E=mc2 (Masse-Energie-Äquivalenz).

Den kleinsten Wert hat die relativistische Masse eines gegebenen Körpers für einen Beobachter, der sich relativ zum Körper in Ruhe befindet. Dies ist die so genannte Ruhemasse des Körpers, und wenn etwa in der relativistischen Teilchenphysik von Masse die Rede ist, ist meist die Ruhemasse gemeint. Die Ruhemasse ist wie in der klassischen Physik eine Art Maß für den Materiegehalt des Körpers. Bei zusammengesetzten Körpern tragen nun aber beispielsweise die Energien der Bindungskräfte etwas zur letztendlichen Masse bei (wieder ein Beispiel für die Masse-Energie-Äquivalenz.

In der Allgemeinen Relativitätstheorie ist die Masse nach wie vor ein Maß für die Gravitationswirkung, die von einem Körper ausgeht; zusätzlich zur Masse tragen hier allerdings auch Größen wie Energie, Impuls und innerer Druck bei.

Masse-Energie-Äquivalenz

Bereits in der Speziellen Relativitätstheorie zeigt sich, dass Masse und Energie letztendlich dasselbe sind. Jeder herkömmlichen Energieform entspricht eine Masse - wer einem Körper Wärmeenergie zuführt, der erhöht damit auch seine Masse. Bereits aufgrund ihrer Masse wohnt Materie eine große Energie inne die, beispielsweise, wenn ein Teilchen auf sein Antiteilchen trifft und die beiden sich in einem Blitz elektromagnetischer Strahlung vernichten, komplett in andere Energieformen umgesetzt werden kann.

Die Umrechnung von Massen in die entsprechenden Energien und umgekehrt beschreibt Einsteins berühmte Formel

E=mc2 ("E gleich m c-Quadrat")

Dabei ist E die Energie, m die ihr entsprechende Masse und die Konstante c die Lichtgeschwindigkeit.

Massenbestimmung

Die Masse astronomischer Objekte ist zwar eine der grundlegendsten Eigenschaften, aber in der Regel nicht einfach zu bestimmen. Die meisten Verfahren nutzen die Gesetze der Himmelsmechanik aus um daraus, wie schnell sich zwei (oder mehr) Objekte umkreisen, auf ihre Massen zu schließen. In einigen Fällen lassen sich auch relativistische Effekte wie die Lichtablenkung oder Lichtlaufzeitverzögerung ausnutzen, um die Massen astronomischer Objekte zu bestimmen.

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Massenzunahme, relativistische

Eine Vorhersage der Speziellen Relativitätstheorie ist, dass es umso schwieriger ist, den Bewegungszustand eines Körpers zu ändern, je schneller sich der Körper bereits bewegt. Daraus ergibt sich beispielsweise, dass es unmöglich ist, einen Körper auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen: Je schneller der Körper bereits ist, umso mehr Kraft muss aufgewendet werden, um seine Geschwindigkeit noch weiter zu steigern, und nahe der Lichtgeschwindigkeit wird dieser Effekt so stark, dass eine unendlich hohe Kraft vonnöten wäre, um dem Körper das entscheidende letzte bisschen Extra-Geschwindigkeit zu verpassen.

Mit dem Widerstand gegenüber Änderungen des Bewegungszustands als einer Definition der Masse heißt dieses Phänomen auch relativistische Massenzunahme.

Materie

In der Allgemeinen Relativitätstheorie: Alle Gebilde, die zur Krümmung der Raumzeit beitragen, also Teilchen, Staub, Gase, Flüssigkeiten, elektromagnetische und andere Felder.

In der Elementarteilchenphysik: Alle Elementarteilchen mit halbzahligem Spin, etwa Elektronen und Quarks und aus ihnen zusammengesetzte Gebilde wie Protonen und Neutronen, im Gegensatz zu Kraftteilchen.

Maxwellsche Gleichungen

Die vier Grundgleichungen des Elektromagnetismus, die beschreiben, wie elektrische und magnetische Krafteinflüsse - in der Sprache der Physiker: elektrisches und magnetisches Feld - entstehen: Elektrische Felder werden erzeugt durch elektrische Ladungen, aber auch durch die zeitliche Änderung von Magnetfeldern. Magnetfelder entstehen durch elektrische Ströme, aber auch durch die zeitliche Änderung von elektrischen Feldern. Dass elektrische und magnetische Felder auch ohne Ladungen und Ströme existieren können, durch gegenseitige Anregung, in der die zeitliche Änderung des elektrischen Feldes ein Magnetfeld hervorruft und umgekehrt, ist die Grundlage der elektromagnetischen Wellen.

Max-Planck-Gesellschaft

Organisation zur Förderung der Grundlagenforschung, die insbesondere knapp 80 Max-Planck-Institute betreibt, deren jedes bestimmten Teilbereichen der Forschung gewidmet ist - siehe die nachfolgenden Einträge. Gegründet 1948 als Nachfolgerin der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft; der Verwaltungssitz ist München.

Webseiten der MPG

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Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik

Forschungsinstitut der Max-Planck-Gesellschaft, das denjenigen Teilen der Astronomie und Astrophysik gewidmet ist, denen Beobachtungen im Infrarot-, Röntgen und Gammastrahlenbereich der elektromagnetischen Strahlung zugrundeliegen. Das 1963 gegründete Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik ist in Garching bei München angesiedelt.

Webseiten des MPE

Max-Planck-Institut für Astrophysik

Forschungsinstitut der Max-Planck-Gesellschaft, das sich mit astrophysikalischen Themen wie Sternentwicklung, der Physik der Supernovae, Galaxienbildung und Kosmologie beschäftigt. Gegründet wurde das in Garching bei München angesiedelte Institut im Jahre 1958.

Webseiten des MPA

Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik/Albert-Einstein-Institut

Forschungsinstitut der Max-Planck-Gesellschaft, das sich mit Forschungen zur Einsteinschen Gravitationstheorie beschäftigt - von den mathematischen Grundlagen über die Astrophysik der Gravitationswellen bis zur Quantengravitation. Das 1995 gegründete Institut befindet sich im Ortsteil Golm in Potsdam. Ein Teilinstitut in Hannover, das der Forschung mit dem Gravitationswellendetektor GEO 600 gewidmet ist, kam 2002 hinzu.

Webseiten des AEI Webseiten des AEI-Teilinstituts Hannover

Max-Planck-Institut für Radioastronomie

Forschungsinstitut der Max-Planck-Gesellschaft, das der Radio- und Infrarot-Astronomie gewidmet ist. Das Institut wurde 1966 gegründet und hat seinen Sitz in Bonn und in Bad Münstereifel-Effelsberg.

Webseiten des MPIfR

Mechanik

Teilgebiet der Physik, das sich mit der Bewegung der Körper und damit beschäftigt, wie sie auf die Einwirkung von Kräften reagieren. Je nachdem, in welchem Rahmen die

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Bewegungsgesetze formuliert sind, handelt es sich um klassische Mechanik, relativistische Mechanik oder Quantenmechanik.

Mechanik, klassische

Synonym: Newtonsche Mechanik. Nach der klassischen Mechanik wird die Bewegung von Körpern unter dem Einfluss von Kräften von drei Gesetzen bestimmt, den Newtonschen Axiomen. Erstens: Körper, auf die keine Kraft wirkt, bleiben in Ruhe oder bewegen sich mit konstanter Geschwindigkeit entlang gerader Bahnen im Raum (Trägheitsgesetz). Zweitens: Für die Kraft, die auf einen Körper wirkt, für seine Masse und für die Beschleunigung, die er aufgrund der Krafteinwirkung erfährt, gilt: Kraft gleich Masse mal Beschleunigung. Drittens: Übt ein Körper A auf einen Körper B eine Kraft aus, so erfährt er seinerseits vom Körper B eine Kraft gleicher Stärke, aber in umgekehrter Richtung ("actio gleich reaction").

Eine Alternativformulierung des zweiten Gesetzes verwendet den Begriff des Impulses: Die Änderung des Impulses eines Körpers mit der Zeit ist gleich der Kraft, die auf ihn wirkt.

Mechanik, relativistische

Speziell-relativistische Erweiterung der klassischen Mechanik, mit sehr ähnlichen Grundgesetzen. Erstens: Körper, auf die keine Kräfte wirken, bewegen sich mit konstanter Geschwindigkeit entlang gerader Bahnen, das heißt in der Sprache der Speziellen Relativitätstheorie: auf Raumzeitgeraden. Zweitens: Die Änderung des Impulses eines Körpers mit der Zeit entspricht der Kraft, die auf ihn wirkt. (Aufgrund der relativistischen Massenzunahme folgt daraus nicht die Formulierung des Gesetzes in der klassischen Mechanik, "Kraft gleich Masse mal Beschleunigung".) Drittens gilt: der Impuls bleibt erhalten - bei physikalischen Reaktionen ist die Summe aller Impulse vorher dieselbe wie nachher.

Die Gesetze der relativistischen Mechanik lassen sich, wenn man neue Größen wie den "Vierer-Impuls" einführt, auch direkt in einer der vierdimensionalen Raumzeitgeometrie angepassten Form niederschreiben.

Merkur

Der sonnennächste Planet. Im Zusammenhang mit der Allgemeinen Relativitätstheorie interessant, weil die Theorie für Planeten einen etwas anderen Bahnverlauf vorhersagt als die Newtonsche Gravitationstheorie und weil diese Abweichung, die relativistische Periheldrehung für den sonnennahen Merkur besonders ausgeprägt ist und an seinem Beispiel erstmals nachgewiesen werden konnte.

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Meter

Der oder das Meter ist im Standard-Einheitensystem die Basiseinheit der Länge. Seit 1983 nutzt die Definition dieser Längeneinheit die mit der Speziellen Relativitätstheorie erkannte Konstanz der aus, und die Definition erfolgt über die der Zeiteinheit Sekunde: ein Meter ist die Länge, die Licht im Vakuum in einer 299792458tel Sekunde zurücklegt.

Mikro

"Mikro" ist die Vorsilbe für "ein Millionstel"; ein Mikrometer beispielsweise ist daher ein Millionstel Meter.

Mikrowellen

Elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen zwischen einem Millimeter und dreißig Zentimetern, entsprechend Frequenzen zwischen einigen und einigen Hundert Milliarden Schwingungen pro Sekunde.

Die allermeisten Anteile der kosmischen Hintergrundstrahlung liegen in heutiger Zeit im Bereich der Mikrowellen.

Milchstraße

Unsere Heimatgalaxie, eine Spiralgalaxie mit einem Scheibendurchmesser von rund hunderttausend Lichtjahren und einer Scheibendicke zwischen drei- und sechstausend Lichtjahren, die rund 100 Milliarden Sterne enthält.

Nähere Informationen zum supermassiven Schwarzen Loch im Kern unserer Milchstraße bietet das Vertiefungsthema Im Herzen der Milchstraße

Milli

"Milli" ist die Vorsilbe für "ein Tausendstel"; ein Millimeter beispielsweise ist daher ein Tausendstel Meter.

Molekül

Gebilde aus zwei oder mehreren Atomen, die durch elektromagnetische Kräfte aneinander gebunden sind.

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N Nano

Vorsilbe für "Milliardstel". Beispiel: ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter.

National Aeronautics and Space Administration (NASA)

Luft- und Weltraumbehörde der USA, nicht nur für die bemannte Raumfahrt, sondern auch für unbemannte Sonden und Satelliten zuständig und daher beteiligt an Projekten wie dem Weltraumteleskop Hubble oder dem Gravitationswellendetektor LISA.

Webseiten der NASA

National Radio Astronomy Observatory (NRAO)

Nationales Radioastronomie-Observatorium der Vereinigten Staaten mit Sitz in Charlottesville, Virginia. Betreibt unter anderem das Very Large Array-Verbundteleskop in New Mexico und das Very Large Baseline Array, ein Netz aus zehn weit auseinanderliegenden Radioteleskopen.

Webseiten des NRAO

Neutrino

Dem Elektron verwandte Art von Elementarteilchen, allerdings elektrisch ungeladen und mit extrem kleiner Masse. Es gibt drei Sorten von Neutrinos, die Elektron-Neutrino, Myon-Neutrino und Tau-Neutrino heißen.

Neutron

Elektrisch neutrales, vergleichsweise massives Teilchen; die Kerne der Atome bestehen aus Neutronen und Protonen.

Neutronen sind keine Elementarteilchen, sondern bestehen ihrerseits aus Quarks, die von der starken Kernkraft zusammengehalten werden. Neutronen, Protonen und eine Reihe ähnlicher Teilchen werden zusammengefasst als Baryonen bezeichnet.

Verschiedene Arten von Neutronenmaterie sind der Stoff, aus dem Neutronensterne sind.

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Neutronenstern

Endstufe massereicher Sterne, die als Supernova explodieren. Der Sternenkern kollabiert dabei zu einem extrem kompakten Gebilde von rund 1,4 Sonnenmassen, das fast vollständig aus Kernmaterie besteht, überwiegend aus Neutronen.

Für die Astronomen sind Neutronensterne interessant, weil wir von einigen von ihnen, den sogenannten Pulsaren, höchst regelmäße Pulse elektromagnetischer Strahlung empfangen, für die Relativisten, weil die für die Allgemeine Relativitätstheorie typischen Effekte bei so kompakten Körpern besonders deutlich auftreten (vgl. PSR 1913+16).

Newtonsche Gravitationstheorie/Newtonsches Gravitationsgesetz

In der vor-Einsteinschen Mechanik, die auf den englischen Physiker und Mathematiker Isaac Newton (1643-1727) zurückgeht, ist die Gravitation eine Kraft, mit der sich Massen gegenseitig anziehen. Wie bei anderen Kräften führt diese Kraftwirkung zu einer Beschleunigung der betreffenden Körper.

In seiner einfachsten Form beschreibt das Newtonsche Gravitationsgesetz die Schwerkraft, die zwischen zwei Massekugeln wirkt. Die Stärke der Kraft, mit der die erste auf die zweite Massekugel wirkt ist gleich der Masse der ersten Kugel mal der Masse der zweiten Kugel mal der Newtonschen Gravitationskonstanten, geteilt durch das Quadrat des Abstandes zwischen den beiden Kugelmittelpunkten.

Nukleosynthese

Fachausdruck für Elemententstehung

O Olbers' Paradoxon

In einem zeitlich unveränderlichen, unendlich ausgedehnten Universum, das gleichmäßig mit Sternen angefüllt ist, müsste der "Nachthimmel" auf der Erde so hell erscheinen wie die Oberfläche der Sonne. Der Grund: Je weiter entfernt ein Stern von uns ist, umso schwächer das Licht, das uns von ihm erreicht. Andererseits aber: Je größer die Entfernung, umso mehr Sterne, die in dieser Entfernung von uns stehen. Beide Effekte gleichen sich exakt aus.

In den auf Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie basierenden kosmologischen Modellen, den Urknallmodellen mit einem zeitlich veränderlichen Universum, das vor endlich langer Zeit aus einer heißen Anfangsphase hervorgegangen ist, tritt dieses Paradoxon nicht auf.

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P Paarerzeugung, Paarvernichtung

Im Rahmen von relativistischen Quantenfeldtheorien sind Prozesse erlaubt, bei denen ein Teilchen und ein entsprechendes Antiteilchen zusammentreffen und sich in elektromagnetische Strahlung verwandeln (Paarvernichtung) und umgekehrt Prozesse, bei denen aus elektromagnetischer Strahlung ein Teilchen und ein entsprechendes Antiteilchen entstehen (Paarerzeugung).

Diese Prozesse zeigen, dass sich tatsächlich alle mit der Masse von Materieteilchen gemäß Einsteins Masse-Energie-Äquivalenz verbundene Energie in andere Energieformen (eben elektromagnetische Strahlungsenergie) umwandeln kann.

Pauli-Prinzip, Paulisches Ausschließungsprinzip, Pauli-Verbot

Grundprinzip der Quantentheorie, das besagt, das sich niemals zwei Fermionen im gleichen Zustand befinden dürfen. Beispielsweise können sich niemals zwei Fermionen mit denselben Eigenschaften am gleichen Ort aufhalten. Erstmals formuliert wurde dieses Prinzip von dem Physiker Wolfgang Pauli.

Da zu den Fermionen insbesondere die Elektronen zählen, bestimmt das Pauli-Prinzip ganz entscheidend die Eigenschaften der uns umgebenden Materie: Erst der Umstand, dass sich eben nicht alle Elektronen eines Atoms gleichzeitig in dem Zustand geringster Energie ganz nahe am Atomkern befinden können, sondern sich die Elektronen auf andere Zustände verteilen, führt zu den verschiedenen chemischen Eigenschaften von Atomen mit unterschiedlich vielen Elektronen, auf denen die gesamte Chemie basiert.

Parsec

Astronomische Längeneinheit; es gilt (gerundete Werte):

1 Parsec = 3,26 Lichtjahre = 200 000 Astronomische Einheiten = 30 Billionen Kilometer.

Abkürzung: pc. Parsec ist ein Kurzwort für "Parallaxensekunde".

Perihel

Sonnennächster Punkt der Bahn eines Planeten oder anderen Himmelskörpers um die Sonne. Aus Sicht der Allgemeinen Relativitätstheorie interessant aufgrund des Effekts der relativistischen Periheldrehung.

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Periheldrehung, relativistische

Für die Planetenbahnen treffen Newtonsche Gravitationstheorie und Allgemeine Relativitätstheorie leicht unterschiedliche Aussagen. In der Newtonschen Theorie ist beispielsweise die Bahnkurve eines einsamen, um einen Stern kreisenden Planeten im allgemeinen eine Ellipse, in der Relativitätstheorie dagegen eine Art Rosette, also eine Art Ellipsenbahn, die sich bei jedem Umlauf im ganzen etwas weiterdreht. Da sich dabei auch der sonnennächste Punkt der Bahn, das Perihel, etwas weiterdreht, heisst diese zusätzliche Bewegungskomponente relativistische Periheldrehung. Ein Bild dazu zeigt die Seite Planet auf Abwegen im Kapitel Allgemeine Relativitätstheorie von Einstein für Einsteiger.

Photoeffekt, photoelektrischer Effekt

Wenn Licht auf ein Metall fällt, kann es aus den Metall atomen Elektronen herausschlagen. Das ist der Photoeffekt, und seine Eigenschaften - wie hängen Anzahl und Energie der Elektronen von der Frequenz und Intensität des Lichts ab? - lassen sich nur erklären, wenn man annimmt, Licht sei keine bloße elektromagnetische Welle sondern bestünde aus einer Art Lichtteilchen. Mit dieser Annahme ebnete Einstein im Jahre 1905 den Weg für die spätere Entwicklung der Quantenmechanik.

Photon

Synonym: Lichtteilchen. In der Quantentheorie ist Licht keine kontinuierliche elektromagnetische Welle sondern ein steter Strom von winzigen Energiepaketen, den Photonen.

Photonenradius

In einem bestimmten Abstand von einem kugelsymmetrischen Schwarzen Loch ist die Lichtablenkung aufgrund der Gravitationswirkung des Loches so groß, dass Licht sich auf geschlossenen Kreisbahnen bewegen kann - Photonen (Lichtteilchen) können in diesem Abstand um das Schwarze Loch kreisen wie ein Planet um die Sonne. Der Abstand heißt dementsprechend Photonenradius.

Für einen Beobachter, der sich am Photonenradius aufhält, bedeutet das, dass er seinen eigenen Hinterkopf sehen kann (oder zumindest einen Ausschnitt davon) - dann nämlich, wenn das von seinem Hinterkopf ausgesandte Licht einmal um das Schwarze Loch und ihm von vorne wieder in die Augen fliegt.

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Planck-Einheiten

Natürliche Einheiten für Länge, Zeit, Energie und Masse, die sich jeweils als geeignete Kombination der grundlegenden Naturkonstanten ergeben, die die Raum-Zeit-Struktur, die Stärke der Gravitation und die Quantenwelt regieren, nämlich der Gravitationskonstanten, des Planckschen Wirkungsquantums und der Lichtgeschwindigkeit.

Siehe: Planck-Länge, Planck-Zeit, Planck-Energie, Planck-Masse.

Planck-Energie

Natürliche Energiemenge, die sich allein aus Kombination der grundlegenden Naturkonstanten ergibt, die die Raum-Zeit-Struktur, die Stärke der Gravitation und die Quantenwelt regieren, nämlich der Gravitationskonstanten, des Planckschen Wirkungsquantums und der Lichtgeschwindigkeit. Überall dort, wo Elementarteilchen solche Energie erreichen, sollten sowohl Effekte der Quantentheorie wie auch Effekte der Allgemeinen Relativitätstheorie wichtig werden, kurz: solche Situationen sollten sich nur durch eine Theorie der Quantengravitation beschreiben lassen.

Vergleiche: Planck-Masse, Planck-Länge, Planck-Zeit.

Planck-Konstante

Siehe Plancksche Konstante.

Planck-Länge

Natürlicher Längenwert, der sich als Kombination der grundlegenden Naturkonstanten ergibt, die die Raum-Zeit-Struktur, die Stärke der Gravitation und die Quantenwelt regieren, nämlich der Gravitationskonstanten, des Planckschen Wirkungsquantums und der Lichtgeschwindigkeit. Die Planck-Länge beträgt ungefähr 1,6 mal 10-35 Meter.

[Probleme mit Ausdrücken wie 10-35? Siehe Stichwort Zehn-Hoch-Schreibweise]

Bei Größenskalen dieser Länge sollten sowohl Effekte der Quantentheorie wie auch Effekte der Allgemeinen Relativitätstheorie wichtig werden, kurz: was dort vor sich geht sollte sich nur durch eine Theorie der Quantengravitation beschreiben lassen.

Vergleiche: Planck-Zeit, Planck-Energie, Planck-Masse,

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Planck-Masse

Natürlicher Massenwert, der sich allein aus Kombination der grundlegenden Naturkonstanten ergibt, die die Raum-Zeit-Struktur, die Stärke der Gravitation und die Quantenwelt regieren, nämlich der Gravitationskonstanten, des Planckschen Wirkungsquantums und der Lichtgeschwindigkeit. Gemessen an Alltagsmassen ist die Planck-Masse sehr klein, nämlich nur rund 2 Hunderttausendstel Gramm. Ist diese Masse dagegen in einem einzigen Elementarteilchen konzentriert, sollten sowohl Effekte der Quantentheorie wie auch Effekte der Allgemeinen Relativitätstheorie wichtig werden, kurz: solch ein Teilchen sollte sich nur durch eine Theorie der Quantengravitation beschreiben lassen.

Vergleiche: Planck-Energie, Planck-Länge, Planck-Zeit.

Plancksche Konstante, Plancksches Wirkungsquantum

Synonym: Plancksches Wirkungsquantum. Grundlegende Konstante in der Quantentheorie mi t der Einheit Energie mal Zeit. Die Energie eines Photons beispielsweise ist gleich seiner Frequenz mal der Planckschen Konstanten. Formelsymbol: h.

Planck-Zeit

Natürliches Zeitintervall, das sich als Kombination der grundlegenden Naturkonstanten ergibt, die die Raum-Zeit-Struktur, die Stärke der Gravitation und die Quantenwelt regieren, nämlich der Gravitationskonstanten, des Planckschen Wirkungsquantums und der Lichtgeschwindigkeit. Die Planck-Zeit beträgt rund 5 mal 10-44 Sekunden und ist die Zeit, die Licht benötigt um eine Strecke der Länge eine Planck-Länge zurückzulegen.

[Probleme mit Ausdrücken wie 10-44? Siehe Stichwort Zehn-Hoch-Schreibweise]

Bei Zeitskalen dieser Dauer - beispielsweise bei einem Weltalter von der Größenordnung der Planck-Zeit in den Urknallmodellen - sollten sowohl Effekte der Quantentheorie wie auch Effekte der Allgemeinen Relativitätstheorie wichtig werden, kurz: so kurze Geschehnisse sollten sich nur durch eine Theorie der Quantengravitation beschreiben lassen.

Vergleiche: Planck-Länge, Planck-Energie, Planck-Masse,

Planet

Größere Begleiter eines Sterns, die selbst weder Sterne sind noch es je waren. Die Planeten unseres Sonnensystems sind, von der Sonne aus aufgezählt: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto. Am Nachthimmel machen sich Planeten dadurch bemerkbar, dass sich ihre Position relativ zu dem unveränderlichen Muster der Sterne mit der Zeit verändert - der Begriff kommt denn auch von einem griechischen Wort für "umherschweifend", und ein anderer Ausdruck für Planet ist "Wandelstern".

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Plasma

Zustandsform (Aggregatzustand) der Materie, in der die Atome weitgehend oder sogar vollständig in Elektronen und Atomkerne aufgespalten sind, die in einem energiereichen Gemisch durcheinanderfliegen.

Vergleiche die anderen Aggregatzustände: Gas, Flüssigkeit und Festkörper.

Positron

Positronen sind die Antiteilchen der Elektronen: elektrisch positiv geladene, leichte Elementarteilchen.

Potenz

In der Mathematik: die n-te Potenz der Zahl x, geschrieben xn, mit n einer ganzen Zahl, ist die Zahl x, n-mal mit sich selbst malgenommen: x2=xċx, x3=xċxċx, usw.

Proton

Positiv geladenes, vergleichsweise massives Teilchen; die Kerne der Atome bestehen aus Protonen und Neutronen.

Protonen sind keine Elementarteilchen, sondern bestehen ihrerseits aus Quarks, die von der starken Kernkraft zusammengehalten werden. Protonen, Neutronen und eine Reihe ähnlicher Teilchen werden zusammengefasst als Baryonen bezeichnet.

PSR1913+16

Ein bestimmter Doppelstern, der aus zwei einander umkreisenden Neutronensternen besteht, von denen einer ein Pulsar ist, von dem wir hier auf der Erde regelmäßige Radiopulse auffangen können. Aus Sicht der Allgemeinen Relatitivätstheorie ist das System nicht nur interessant, weil sich an den Pulsen Effekte wie die relativistische Lichtlaufzeitverzögerung mit sonst nicht erreichbarer Präzision nachweisen lassen, sondern vor allem, weil er den ersten indirekten Nachweis der Existenz von Gravitationswellen liefert: Die Umlaufzeit der Doppelsternpartner umeinander nimmt mit der Zeit exakt so ab wie, man es im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie aufgrund der Abstrahlung von Gravitationswellen erwarten würde.

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Pulsar

Rotierender Neutronenstern, von dem uns regelmäßige Strahlungspulse erreichen. Der einfachste Mechanismus hinter diesen Pulsen ist, dass der Pulsar enge Bündel von Strahlung aussendet, die das Weltall aufgrund der Drehung des Pulsars überstreichen wie die Lichtstrahlen eines Leuchtturms. Eine Illustration dieses Effekts findet sich auf der Seite Neutronensterne und Pulsare im Kapitel Schwarze Löcher & Co. von Einstein für Einsteiger.

Punkt

"Elementarbaustein" von geometrischen Gebilden wie Flächen oder allgemeineren Raum. Eine Fläche beispielsweise ist zunächst einmal die Summe aller ihrer Punkte, aller Orte auf der Fläche, und auch geometrische Gebilde in dieser Fläche sind durch ihre Punkte definiert - beispielsweise eine aus (unendlich vielen) Punkten gebildete Linie in der Fläche.

Pythagoras, Satz des

Für ein rechtwinkliges Dreieck in der Ebene oder in einem beliebigen anderen flachen Raum gilt: Die Längen a und b der beiden Seiten, die im rechten Winkel aufeinanderstehen ("Katheten"), und die Länge c der dritten Seite ("Hypothenuse") hängen zusammen über die Formel

a2+b2=c2.

Q Quantenelektrodynamik (QED)

Quantentheorie der elektromagnetischen Kraft. Die Wirkung dieser Kraft wird auf der Basis von Botenteilchen erklärt, den Photonen: Wenn sich beispielsweise zwei Elektronen elektromagnetisch abstoßen dann, weil sie miteinander Photonen austauschen, die die Abstoßung übertragen.

Die Quantenelektrodynamik ist ein Teil des Standardmodells der Elementarteilchen. Sie ist außerdem das einfachste Beispiel für eine relativistische Quantenfeldtheorie - eine Theorie, die die Prinzipien der Quantentheorie und der Speziellen Relativitätstheorie verknüpft.

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Quantenfeldtheorie, relativistische

Theorie, die die Prinzipien der Quantentheorie und der Speziellen Relativitätstheorie verknüpft. Typisch für relativistische Quantentheorien ist: Zu jeder Teilchensorte existiert eine Sorte von Antiteilchen; Kräfte werden durch den Austausch von Botenteilchen übertragen.

Einfachstes Beispiel für eine relativistische Quantenfeldtheorie ist die Quantenelektrodynamik.

Quantengravitation

Theorie, die sowohl die Effekte und Gesetze der Quantentheorie berücksichtigt wie auch die der Allgemeinen Relativitätstheorie. Bislang gibt es noch keine vollständige Formulierung einer solchen Theorie; die bekanntesten Ansätze dafür sind die Stringtheorie und die Schleifen-Quantengravitation.

Einige Informationen zum Problem der Quantengravitation finden sich im Kapitel Relativität und Quanten von Einstein für Einsteiger ab der Seite Grenzen der Gravitation.

Quantenmechanik

Im allgemeineren Sinne: synonym zu Quantentheorie. Im spezielleren Sinne: Die Quantentheorie von Teilchen, die sich unter dem Einfluss von Kräften bewegen - wobei die Teilchen als Quantenobjekte beschrieben sind, die Kräfte dagegen nicht. Eine wichtige Anwendung der Quantenmechanik ist die Physik der Hüllen der Atome (vulgo "Atomphysik"). Will man die Quantengesetze auch auf die Kräfte selbst ausdehnen, gelangt man zu den relativistischen Quantenfeldtheorien.

Quantenphysik

Gesamtheit der Theorien, Modelle, Experimente und Anwendungen, die auf den Gesetzen der Quantentheorie basieren.

Quantenteilchen

In der klassischen Physik kann man sich Teilchen als winzige Kugeln vorstellen, die sich zu jedem Zeitpunkt an einem bestimmten Ort befinden. In der Quantentheorie sind (Quanten-)Teilchen dagegen weit flüchtiger. Es lässt sich allenfalls ein abstrakter Zustand ausrechnen, der vorhersagt, mit welcher Wahrscheinlichkeit man ein Teilchen zu einem gegebenen Zeitpunkt an bestimmten Orten nachzuweisen hoffen kann.

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Quantentheorie

Sammelbegriff für physikalische Gesetze, die überall dort wichtig werden, wo mikroskopische Größenskalen ins Spiel kommen - sei es, weil es um den Aufbau der Materie geht, etwa in der Physik der Atome, Atomkerne oder Elementarteilchen, sei es im Zusammenhang mit ultragenauen Messungen wie denen an Gravitationswellendetektoren.

Die Gesetze der Quantentheorie unterscheiden sich beträchtlich von dem, was wir aus dem Alltag gewohnt sind und von den Vorstellungen der klassischen Physik.

Erste ungewohnte Eigenschaft ist, dass die Quantentheorie in vielen Fällen nurmehr Wahrscheinlichkeitsaussagen erlaubt: In der klassischen Physik kann man Teilchen zu jedem Zeitpunkt einen Ort und eine Geschwindigkeit zuordnen, und wer diese Größen genau bestimmen kann, kann im Prinzip genau vorhersagen, wo sich die Teilchen in der Zukunft aufhalten werden. In der Quantentheorie lässt sich einem System von Teilchen nurmehr ein abstrakter Zustand zuordnen, aus dem sich keine exakten Vorhersagen, sondern nur noch Wahrscheinlichkeiten dafür ableiten lassen, ein bestimmtes Teilchen zu einem zukünftigen Zeitpunkt an einem gegebenen Ort anzutreffen. Ob man das Teilchen wirklich an diesem Ort antrifft, ist vom Zufall bestimmt.

Zweite ungewöhnliche Eigenschaft ist, dass die Genauigkeit bestimmter Messungen prinzipiell eingeschränkt ist (Heisenbergsche Unschärferelation). Je genauer man beispielsweise den Ort eines Teilchens bestimmt, umso ungenauer werden die Aussagen, die sich über seine Geschwindigkeit treffen lassen.

Die dritte Eigenschaft hat der Quantentheorie ihren Namen gegeben: Eine Reihe physikalischer Größen kommen in der Natur nur in winzigen Paketen vor, den Quanten. Elektromagnetische Strahlung etwa besteht in der Quantentheorie aus winzigen Lichtpaketen, den Photonen.

Beispiele für Quantentheorien sind die Quantenmechanik und relativistische Quantenfeldtheorien wie die Quantenelektrodynamik oder die anderen Teile des Standardmodells der Elementarteilchen.

quantisieren, Quantisierung

Quantisierung ist erstens der Vorgang, bei dem eine klassische Theorie in eine korrespondierende Quantentheorie überführt wird. Wer die klassische, Maxwellsche Elektrodynamik quantisiert, landet bei ihrer Quantenversion, der Quantenelektrodynamik.

Quantisieren bedeutet auch, eine physikalische Größe in Bausteine oder Pakete zu unterteilen. In der Quantentheorie ist beispielsweise die Energie des Lichts quantisiert: eine gegebene Lichtmenge besteht aus einer endlichen Anzahl von Energiepaketen, so genannten Photonen.

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Quark

Elementarteilchen, das durch die starke Kernkraft beeinflusst wird und in sechs Sorten vorkommt: Up-Quark, Down-Quark, Strange-Quark, Charme-Quark, Bottom-Quark und Top-Quark. (Die letzten beiden Sorten vereinzelt "Beauty" und "Truth" genannt.)

Quarks sind die Bestandteile von Kernteilchen wie Protonen und Neutronen, und damit letztendlich der Stoff, aus dem Atomkerne sind.

Quasar

Klasse von aktiven Galaxienkernen. Den Radioastronomen ursprünglich nur als sehr helle Radioquellen aufgefallen, die am Himmel nicht viel größer waren als Sterne, daher der Name, eine Zusammenziehung von "Quasi-stellar radio source", quasi-sternartige Radioquelle.

R Radar

Abkürzung des englischen "Radio Detection and Ranging", etwa: Nachweis und Abstandsbestimmung mit Hilfe von Radiowellen. Auf der Erde eingesetzt u.a. im Flug- und Schiffsverkehr; für die Allgemeine Relativitätstheorie interessant, da sich durch an Planeten reflektierte Radarsignale beispielsweise die relativistische Lichtlaufzeitverzögerung nachweisen lässt.

Radioastronomie

Teilgebiet der Astronomie, das sich mit der Beobachtung von Radiowellen beschäftigt, die uns aus den Tiefen des Alls erreichen. Solche Beobachtungen haben beispielsweise zur Entdeckung der Radiogalaxien, der Quasare und der Pulsare geführt.

Radiobereich

Abschnitt des Spektrums elektromagnetischer Strahlung, der Frequenzen von einigen Tausend bis einigen Milliarden Schwingungen pro Sekunde umfasst,

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entsprechend Wellenlängen von einigen Kilometern bis einigen Zentimetern. Wie der Name schon sagt: Dies sind die elektromagnetischen Wellen, dank derer Radio- und Fernsehsendungen vom Funkturm über Antennen ins Empfangsgerät gelangen. Auch die Beobachtungen kosmischer Radiowellen im Rahmen der Radioastronomie hat sich als äußerst interessant erwiesen.

Radiogalaxie

Eine Variante der aktiven Galaxienkerne, junger Galaxien, deren Zentralbereich extrem viel Energie abstrahlt. Radiogalaxien zeichnen sich durch sehr hohe Radioabstrahlung aus (größer als 1035 Watt), deren Quellen auch außerhalb des sichtbaren Teils der Galaxie liegen. Üblicherweise stehen dahinter Radioblasen, Gasbereiche, die von sogenannten Jets zum Leuchten angeregt werden.

Energiequelle ist nach heutiger Auffassung das supermassive Schwarze Loch im Galaxienkern.

Radioteleskop

Antenne, die Astronomen verwenden, um damit Radioastronomie zu betreiben, also etwa Pulsare oder Radiogalaxien zu beobachten.

Radiowellen

Elektromagnetische Wellen mit Frequenzen von einigen Tausend bis einigen Milliarden Schwingungen pro Sekunde, entsprechend Wellenlängen von einigen Kilometern bis einigen Zentimetern. Wie der Name schon sagt: Dies sind die elektromagnetischen Wellen, dank derer Radio- und Fernsehsendungen vom Funkturm über Antennen ins Empfangsgerät gelangen. Auch die Beobachtungen kosmischer Radiowellen im Rahmen der Radioastronomie hat sich als äußerst interessant erwiesen.

Raum

Im engeren Sinne: Der Raum, wie wir ihn aus dem Alltag kennen - die Gesamtheit aller Orte, an denen sich Objekte befinden können, ein Gebilde mit drei Dimensionen.

Im allgemeineren Sinne sind in der Mathematik auch allgemeinere Punktmengen Räume - eine Linie beispielsweise, eine Punktmenge mit nur einer Dimension, oder eine zweidimensionale Fläche, aber auch höherdimensionale Räume. In solchen Räumen muss zudem nicht zwangsweise die Euklidische Geometrie gelten, wie sie

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in den Schulen gelehrt wird, es kann sich auch aum allgemeinere, verzerrte Gebilde handeln, etwa um Räume mit Krümmung.

Raumzeit

Bereits im Rahmen der Speziellen Relativitätstheorie kommen relativ zueinander bewegte Beobachter zu unterschiedlichen Ergebnis, wenn es darum geht, ob zwei Ereignisse gleichzeitig stattfinden oder wie weit entfernt voneinander zwei Objekte sind. Vom Beobachter unabhängig ist dort nur die Gesamtheit von Raum und Zeit, die Gesamtheit aller Ereignisse, die irgendwo im Raum zu irgendwelchen Zeitpunkten stattfinden, eben die Raumzeit. Wie diese Raumzeit in Zeit und Raum zerlegt wird, variiert von Beobachter zu Beobachter.

Der Raum, den wir aus dem Alltag gewohnt sind, hat drei Dimensionen. Nimmt man die Zeit hinzu, dann kommt damit auch eine weitere Dimension hinzu - die Raumzeit hat insgesamt vier Dimensionen.

Die Idee der Raumzeit ist zudem ein Grundbaustein der Allgemeinen Relativitätstheorie. Analog dazu, wie eine Ebene flach ist, eine Kugelfläche dagegen gekrümmt, treten in der Allgemeinen Relativitätstheorie gekrümmte und verzerrte Versionen der einfachen Raumzeit der Speziellen Relativitätstheorie auf. Krümmung ist in der Allgemeinen Relativitätstheorie mit dem Vorhandensein von Gravitation verbunden.

Eine Einführung in die Grundideen der beiden Relativitätstheorien bieten die Kapitel Spezielle Relativitätstheorie und Allgemeine Relativitätstheorie von Einstein für Einsteiger.

Raumzeitgerade

In der Speziellen Relativitätstheorie: Eine Weltlinie eines Objektes, dass sich mit konstanter Geschwindigkeit auf einer geraden Bahn bewegt. Das Raumzeit-Analogon zu Geraden im Raum oder in der Fläche.

Raumzeitsingularität

Siehe den Eintrag Singularität, Raumzeitsingularität.

Rekombination, Rekombinationsphase

Phase bei einem Weltalter von etwa 300 000 Jahren, in dem das durch die Urknallmodelle beschriebene Universum bei seiner Expansion kalt genug geworden war, so dass sich Atomkerne und Elektronen zu Atomen verbinden konnten, ohne

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gleich wieder aufgespalten zu werden. Die Etymologie von "Re-Kombination" ist missverständlich - es handelte sich eher um eine Erst-Kombination dieser Teilchen zu Atomen. Bei diesem Prozess koppelte sich außerdem das Geschick der kosmischen Hintergrundstrahlung von dem des restlichen Universums ab.

relativistisch

Modelle, Effekte oder Phänomene, bei denen die Spezielle Relativitätstheorie oder die Allgemeine Relativitätstheorie eine Rolle spielen, heißen relativistisch.

Beispiele sind die relativistische Massenzunahme als ein Effekt der Speziellen Relativitätstheorie und die relativistische Lichtlaufzeitverzögerung als ein Effekt der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Außerdem werden Bedingungen, unter denen die Unterschiede zwischen der relativistischen Physik und ihren klassischen Vorgängertheorien besonders ausgeprägt sind, als relativistisch beschrieben. Wenn beispielsweise Objekte Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit erreichen, so dass Effekte wie relativistische Massenzunahme oder Zeitdehnung sehr deutlich werden, spricht man auch von relativistischen Geschwindigkeiten; niedrige Geschwindigkeiten, in denen die relativistischen Effekte kaum messbar sind, heißen nichtrelativistisch.

Relativitätsprinzip

Grundprinzip der Speziellen Relativitätstheorie: für zwei mit konstanter Geschwindigkeit gegeneinander bewegte Beobachter (genauer: Inertialbeobachter) sind die Gesetze der Physik dieselben. Es gibt kein Schlüsselexperiment, anhand dessen man argumentieren könnte, einer dieser Beobachter sei absolut "in Ruhe" - in Bezug auf die Physik sind alle Beobachter gleichberechtigt, jeder kann sich selbst mit dem gleichen Recht als in Ruhe betrachten, und letztendlich gibt es nur Bewegungen der verschiedenen Beobachter relativ zueinander - zumindest, was Bewegungen mit konstanter Geschwindigkeit angeht.

Eine Einführung in die von Einstein gezogenen Konsequenzen des Relativitätsprinzips bietet das Kapitel Spezielle Relativitätstheorie von Einstein für Einsteiger.

Relativitätstheorie(n)

Die auf Albert Einstein zurückgehenden Theorien von Raum und Zeit: Die Spezielle Relativitätstheorie, in der die Gravitation außen vor bleibt, und die Allgemeine Relativität, in der die Gravitation als Verzerrung von Raum und Zeit in Erscheinung tritt.

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Eine Einführung in die Grundideen der beiden Relativitätstheorien bieten die Kapitel Spezielle Relativitätstheorie und Allgemeine Relativitätstheorie von Einstein für Einsteiger.

Resonanzdetektor

Detektor für Gravitationswellen, bei dem es darum geht, den Einfluss dieser Wellen auf eine in sich schwingende Testmasse nachzuweisen.

Das Funktionsprinzip der Resonanzdetektoren wird im Vertiefungsthema Schwingende Körper beschrieben.

Röntgenastronomie

Teilgebiet der Astronomie, das sich mit der Beobachtung von Röntgenstrahlung beschäftigt, die uns aus den Tiefen des Alls erreicht. Sehr heiße Materie sendet solche Strahlung als Wärmestrahlung aus, und so zeigen sich im Röntgenlicht beispielsweise die heißen Gase in den Akkretionsscheiben von Schwarzen Löchern.

Röntgenstrahlung

Synonym: Röntgenwellen und (insbesondere in der Astronomie) Röntgenlicht. Elektromagnetische Wellen mit Frequenzen von einigen 100 Billiarden bis 100 Trillionen Schwingungen pro Sekunde, entsprechend Wellenlängen von einigen Milliardstel bis Billionstel Metern. Im Alltag vor allem als medizinisches Werkzeug bekannt - mit Hilfe von Röntgenstrahlung lassen sich Bilder vom Körperinneren erstellen.

Rotverschiebung

Die Frequenz einer einfachen Lichtwelle hängt direkt mit ihrer Farbe zusammen (siehe auch: Spektrum). Niederfrequentes Licht entspricht der Farbe Rot. Verändert sich die Frequenz einer einfachen Lichtwelle hin zu niedrigeren Frequenzen (etwa durch den Dopplereffekt), dann entspricht das einer Verschiebung in Richtung auf das rote Ende des Spektrums und wird daher Rotverschiebung genannt.

Von diesem Ausgangspunkt aus hat sich die Bezeichung "Rotverschiebung" für eine Frequenzerniedrigung allgemein eingebürgert und wird auch für elektromagnetische Strahlung verwandt, deren Frequenzen überhaupt keiner sichtbaren Farbe mehr entsprechen, noch allgemeiner auch für andere Arten von Wellen (etwa Gravitationswellen).

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Im Rahmen der allgemeinen Relativiätstheorie ist insbesondere die kosmologische Rotverschiebung interessant.

Ruhemasse

In der Speziellen Relativitätstheorie ist die träge Masse eines Objekts davon abhängig, wie schnell es sich relativ zum Beobachter bewegt. Die Ruhemasse ist die träge Masse eines Objekts, gemessen von einem relativ zu diesem Objekt ruhenden Beobachter. Mit dieser Definition ist die Ruhemasse so etwas wie ein Maß für den Materieinhalt des Körpers.

S Schleifen-Quantengravitation

Ansatz für eine Theorie der Quantengravitation, der auf geometrische Art und Weise versucht, die Aussagen der Allgemeine Relativitätstheorie mit der Sprache der Quantentheorie zu formulieren.

Eine Kurzbeschreibung liefert die Seite Gravitation in Schleifen im Kapitel Relativität und Quanten von Einstein für Einsteiger.

Schwache Kraft, schwache Kernkraft

Eine der Grundkräfte im Standardmodell der Elementarteilchen, verantwortlich für bestimmte radioaktive Umwandlungsprozesse wie jenen, bei dem ein Proton unter Aussendung eines Positrons und eines Neutrinos zu einem Neutron wird.

Schwarzes Loch

Raumgebiet, das im Vergleich mit seiner Ausdehnung so viel Masse enthält, daß sich eine kosmische Einbahnstraße bildet - eine Raumregion, in die Materie und Licht zwar von außen hereinfallen können, die aber nichts, was hineingefallen ist, jemals wieder verlassen kann.

Grundlegende Informationen zu diesem zentralen Phänomen der Einsteinschen allgemeinen Relativitätstheorie sind im Abschnitt Schwarze Löcher und Co. von Einstein für Einsteiger zu finden.

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Schwarzschildlösung

Lösung der Einstein-Gleichungen. Sie beschreibt ein Modelluniversum, in dem sich ein einsames, kugelsymmetrisches Schwarzes Loch befindet. Die Lösung ist außerdem wichtig, weil ihre Außenregionen in guter Näherung die Raumzeitverzerrung rund um fast kugelsymmetrische Gebilde wie die Sonne oder die Erde beschreiben.

Schwarzschildradius Der Schwarzschildradius ist ein Maß für die Ausdehnung eines kugelsymmetrischen Schwarzen Loches. Er ist definiert über den Flächeninhalt des Horizonts des Schwarzen Loches: In der üblichen Schulgeometrie hängen Radius und Flächeninhalt einer Kugelfläche zusammen als

Flächeninhalt = 4 mal Pi mal (Radius)2. Der Schwarzschildradius ist indirekt definiert über die Formel

Horizontfläche = 4 mal Pi mal (Schwarzschildradius)2. Er ist direkt proportional zur Masse des Schwarzen Loches.

Allgemein gilt: Wer Materie in Kugelform immer weiter zusammenpresst erzeugt damit ein Schwarzes Loch, sobald der Kugelradius kleiner wird als der Schwarzschildradius.

Schwerelosigkeit

Von der Erde sind wir gewohnt, dass auf alle Körper eine Schwerkraft wirkt, die sie gen Erdboden zieht - ihre "Schwere". Ist solch eine Kraft abwesend, und bleiben Körper, die man im Raum platziert, dort ganz einfach schweben, befinden wir uns in der Schwerelosigkeit.

Es gibt zwei Arten von Situation, in denen Schwerelosigkeit auftritt: Erstens, wenn man sich weit hinaus in den Weltraum begäbe, soweit entfernt von allen Körpern großer Masse, dass deren Gravitationseinfluss vernachlässigbar wird. Zweitens im freien Fall - diese Art von Schwerelosigkeit herrscht beispielsweise auf der Internationalen Raumstation, die sich auf einer Erdumlaufbahn und damit im freien Fall um die Erde befindet. Dass beide Arten von Schwerelosigkeit bei nicht allzu genauem Hinschauen nicht voneinander zu unterscheiden sind, ist die Aussage des Äquivalenzprinzips, eines der Bausteine der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Sekunde

Zeiteinheit im Internationalen Einheitensystem. Definiert über die Schwingungsdauer der elektromagnetischen Strahlung, die bei einem bestimmten Übergang in der Elektronenhülle von Atomen des Typs Cäsium-133 freiwird.

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Singularität, Raumzeitsingularität

Irregulärer Rand an Raumzeiten der Allgemeinen Relativitätstheorie; oft wird dort die Krümmung der Raumzeit unendlich groß. Laut allgemeiner Relativitätstheorie enthält jedes Schwarze Loch in seinem Inneren eine Raumzeitsingularität, und auch den Anfang von expandierenden Universen wie dem unsrigen bildet eine Singularität, ein so genannter Urknall. Das Auftreten solcher Singularitäten entspricht einem Versagen der Allgemeinen Relativitätstheorie - um die entsprechenden Raumzeitbereiche zutreffend zu modellieren, dürfte eine Theorie der Quantengravitation nötig sein.

Singularitätentheoreme

Theoreme, bewiesen durch Roger Penrose und Stephen Hawking, die besagen, dass, die Gesetze der Allgemeinen Relativitätstheorie und einige allgemeine Annahmen über Materieeigenschaften zugrundegelegt, sowohl im Inneren eines Schwarzen Lochs wie auch am Anfang eines Urknall-Universums zwangsläufig eine Raumzeit-Singularität existieren muss.

Sonne

Zentrale Masse unseres Sonnensystems; der uns nächste Stern; Gasball mit einem Radius von 700 000 km und einer Masse von 1,989·1030 Kilogramm (Probleme mit Ausdrücken wie 1030? Siehe den Eintrag Zehn-Hoch-Schreibweise), in dessen Innerem Kernfusionsprozesse ablaufen, die letzendlich für das stetige Leuchten der Sonne verantwortlich sind.

Sonnenmasse

Die Masse der Sonne beträgt 1,989·1030 Kilogramm.

(Probleme mit Ausdrücken wie 1030? Siehe den Eintrag Zehn-Hoch-Schreibweise)

In der Astronomie wird die Sonnenmasse häufig als Masseneinheit verwendet ("Die Masse dieses Sterns beträgt 3 Sonnenmassen").

Sonnensystem

Unsere nähere kosmische Nachbarschaft, bestehend aus dem uns nächsten Stern, der Sonne, den neun Planeten, die um sie kreisen und diversen kleineren Himmelskörpern, Staub und Gas.

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In Bezug auf die Relativitätstheorie ist das Sonnensystem vor allem als Laboratorium interessant, in dem sich Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie überprüfen lassen - insbesondere jene, die von den Vorhersagen der klassischen, Newtonschen Gravitationstheorie abweichen. Beispiele sind die relativistische Periheldrehung der Planetenbahnen, die Lichtablenkung am Sonnenrand sowie relativstische Lichtlaufzeit-Verzögerungen.

Space Telescope Science Institute

Institut in Baltimore, USA, dass das Hubble-Weltraumteleskop betreibt.

Webseiten des Space Telescope Science Institute

Spektrum

Die elektromagnetische Strahlung, die man aus einer bestimmten Quelle empfängt, ist in der Regel ein Gemisch auf elektromagnetischen Wellen der verschiedensten Frequenzen, und ein Spektrum ist so etwas wie die Inhaltsangabe des Gemischs: Wieviel der Strahlungsenergie entfällt auf Wellen dieser einen Frequenz? Wieviel auf jene andere Frequenz?

Spezielle Relativitätstheorie

Von Albert Einstein formulierte Theorie über die Grundlagen von Raum, Zeit und Bewegung, allerdings ohne Einbeziehung der Gravitation. Eine kurze Einführung bietet der Abschnitt Spezielle Relativitätstheorie von Einstein für Einsteiger.

Spin

Grundlegende Quanteneigenschaft von Elementar- und zusammengesetzten Teilchen. Bei Elementarteilchen entscheidet der Spin, ob es sich um Materieteilchen (halbzahliger Spin von 1/2, 3/2, 5/2 etc.) oder um Kraftteilchen (ganzzahliger Spin von 0, 1, 2 etc.) handelt.

Standardmodell der Elementarteilchenphysik

Die Grundlage unseres heutigen Verständnisses vom Aufbau der Materie. Beschreibt auf der Grundlage von Spezieller Relativitätstheorie und Quantentheorie das Verhalten von Materie-Elementarteilchen wie Elektronen, Neutrinos und Quarks sowie ihrer Antiteilchen, zwischen denen drei Quantenkräfte wirken: Elektromagnetismus, die Schwache Kernkraft und die Starke Kernkraft. Die Wirkung

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dieser Kräfte geschieht durch das Hin- und Hersenden von Kraftteilchen. Die Gravitation als vierte Grundkraft bleibt in dieser Beschreibung unberücksichtigt.

Standardmodelle der Kosmologie

Anderer Name für die Urknallmodelle.

Starke Kernkraft, Starke Kraft

Neben elektromagnetischer Kraft, schwacher Kernkraft und Gravitation eine der vier Grundkräfte in unserem Universum. Verantwortlich für den Zusammenschluss von Quarks zu Protonen und Neutronen sowie, mittelbar, für deren Zusammenschluss zu Atomkernen.

stellares Schwarzes Loch

Schwarze Löcher mit Massen zwischen einigen und einigen Dutzend Sonnenmassen, die etwa beim Kollaps massereicher Sterne entstehen.

Grundlegende Erklärungen zu Schwarzen Löchern bietet der Abschnitt Schwarze Löcher und Co. von Einstein für Einsteiger.

Stern

Fällt im Weltall eine Wolke aus Staub und Gas in sich zusammen, kommt es unter günstigen Bedingungen zur Bildung eines Sterns, eines kosmischen Fusionsofen, in dessen Inneren Wasserstoff und andere Atomkerne miteinander verschmolzen werden. Die dabei freiwerdende Energie macht Sterne zu leistungsstarken Lichtquellen. Der uns nächste Stern ist die Sonne.

Ist der Kernbrennstoff verbraucht, kann ein Weisser Zwerg, ein Neutronenstern oder auch ein Schwarzes Loch entstehen.

Strahlung

Alle Phänomene, bei denen Energie in Form von Wellen oder Teilchen durch den Raum transportiert wird. Beispiel: elektromagnetische Strahlung.

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String, Stringtheorie

Ansatz für eine Theorie der Quantengravitation; eine Quantentheorie, in der die elementaren Bestandteile winzige, eindimensionale schwingende Saiten (englisch: Strings) sind.

Einen kurzen Überblick über Ideen der Stringtheorie bietet die Seite Strings und kosmische Harmonie im Kapitel Relativität und Quanten von Einstein für Einsteiger.

Stundenkilometer

Im Alltag übliche Einheit der Geschwindigkeit. Synonym: Kilometer pro Stunde. Abkürzung: km/h.

Im Kontext des üblichen Physik-Sprachgebrauchs ist "Stundenkilometer" eine eher verwirrende Bezeichnung. Wenn Physiker Einheitenwörter aneinanderhängen, ist damit generell ein Produkt von Einheiten gemeint. "Newtonmeter" beispielsweise ist die Krafteinheit Newton mal die Längeneinheit Meter, und in Physikerohren klingt Stundenkilometer nicht wie der Genitiv "Kilometer der (d.h. pro) Stunde" sondern wie ein unsinniges "Kilometer mal Stunde".

Supergravitation

Klasse von Modellen, die die Allgemeine Relativitätstheorie so erweitern, dass das Endprodukt den Erfordernissen der Supersymmetrie genügt.

Heutzutage insbesondere im Zusammenhang mit der Stringtheorie interessant: Im Grenzfall niedriger Energien (unter anderem alle Energien, die sich mit irdischen Teilchenbeschleunigern erreichen lassen) gehen die Stringtheorien näherungsweise in bestimmte Supergravitationsmodelle über.

Supermassive Schwarze Löcher

sind Schwarze Löcher mit Massen von mehr als einer Million Sonnenmassen. Nach heutigen Erkenntnissen ist in der Zentralregion fast aller Galaxien ein supermassives Schwarzes Loch zu finden. Solche zentralen Schwarzen Löcher liefern die Energiequelle für Radiogalaxien und andere aktiven Galaxienkerne.

Grundlegende Erklärungen zu Schwarzen Löchern bietet der Abschnitt Schwarze Löcher und Co. von Einstein für Einsteiger.

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Supernova

Gewaltige Sternexplosion am Lebensende von Sternen, deren Masse mehr als rund zehn Sonnenmassen beträgt. Die äußeren Sternregionen werden dabei unter gewaltigem Energieausstoß ins All hinausgeschleudert; der Kern kollabiert zu einem Neutronenstern oder sogar zu einem Schwarzen Loch.

Superstringtheorie

Synonym: Supersymmetrische Stringtheorie. Stringtheorie, die die Erfordernisse der Superymmetrie berücksichtigt. Alle Modelle der Stringtheorie, die als realistische Kandidaten für eine Theorie der Quantengravitation infrage kommen, sind Superstringtheorien.

Supersymmetrie

Abstrakte Symmetrie mancher Modelle der Elementarteilchenphysik: In solchen Modellen gibt es für jede Sorte von Teilchen eine Partnersorte von Teilchen derselben Masse. Handelt es sich bei einer Teilchensorte um Materieteilchen (Fermionen) sind die Teilchen der Partnersorte Kraftteilchen (Bosonen) und umgekehrt.

Symmetrie

Eine Situation besitzt eine Symmetrie, wenn bestimmte Änderungen keinerlei Unterschied bewirken. Beispiel: Ein spiegelsymmetrisches Bild bietet den gleichen Anblick, nachdem man es an seiner Mittelachse gespiegelt hat. Eine perfekte Kugel bietet immer noch den gleichen Anblick, wenn man sie um eine beliebige, durch ihren Mittelpunkt gehende Achse gedreht hat (Kugelsymmetrie).

Die Elementarteilchenphysik kennt zusätzlich noch schwerer vorstellbare, abstraktere Symmetrien wie die Supersymmetrie.

Synchrotron

Ein Teilchenbeschleuniger, in dem Elementarteilchen in aufeinanderfolgenden Umläfen durch elektrische Felder immer weiter beschleunigt werden, während immer stärkere Magnetfelder sie auf ihrer Bahn halten. (Dass mit größerer Geschwindigkeit immer stärkere Magnetfelder benötigt werden, ist eine direkte Folge der relativistischen Massenzunahme.)

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T Teilchenbeschleuniger

Die wichtigste experimentelle Methode der Elementarteilchenphysik besteht darin, elektrisch geladene Teilchen mit Hilfe elektrischer Kräfte zu beschleunigen, miteinander kollidieren zu lassen und aus dem Ergebnis der Kollision Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Teilchen und ihrer Wechselwirkungen zu ziehen.

Teilchenphysik

Siehe Elementarteilchenphysik

Temperatur

In Systemen mit vielen Teilchen, seien es Festkörper, Flüssigkeiten oder Gase, befinden sich die Bestandteile immer in ungeordneter Bewegung gegeneinander - sei es, dass die Atome eines Kristalls ein wenig schwingen oder die Gasmoleküle wild durcheinanderlaufen und miteinander zusammenstoßen. Die mittlere Energie, die auf jede Bewegungsmöglichkeit entfällt, ist dabei dieselbe, und diese mittlere Energie wird als Temperatur bezeichnet. Je höher die mittlere Energie, desto höher die Temperatur - ein heißer Festkörper ist beispielsweise einer, in dem die Atome wesentlich heftiger schwingen als in einem kalten.

Auch bestimmten Gemischen elektromagnetischer Strahlung lässt sich eine Temperatur zuweisen (Strahlungstemperatur), der Wärmestrahlung nämlich, deren Eigenschaften nur durch einen einzigen Parameter bestimmt werden, eben die Temperatur.

In der Physik wird die Temperatur in Kelvin gemessen, im Alltag in Celsius oder, etwa in den USA, in Fahrenheit .

Testkörper

Im Zusammenhang mit der Gravitation: Körper, dessen Masse so gering ist, dass man ihn verwenden kann, um das Gravitationsfeld anderer Körper auszuloten, ohne, dass sein eigenes Gravitationsfeld die Situation dabei merklich verändern oder stören würde.

Analog dazu beispielsweise für den Elektromagnetismus: Kleiner, geladener Körper mit so geringer Ladung, dass man ihn verwenden kann, die elektromagnetischen Einflüsse anderer Körper zu erkunden, ohne dass seine Anwesenheit die Situation merklich verändern oder stören würde.

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Trägerteilchen

Im Rahmen der relativistischen Quantentheorien wirken Kräfte durch die Übertragung so genannter Trägerteilchen. Die elektrische Kraft zwischen zwei Elektronen beispielsweise kommt zustande, weil zwischen den Elektronen laufend Photonen hin- und herlaufen, die Trägerteilchen der elektromagnetischen Kraft. Trägerteilchen haben ganzzahligen Spin, etwa Spin 0,1 oder 2. Synonym: Kraftteilchen, Botenteilchen.

Trägheitsgesetz

Grundgesetz der Mechanik, gilt in der klassischen Mechanik ebenso wie in der Speziellen Relativitätstheorie: Körper, auf die keine äußeren Kräfte wirken, bewegen sich mit konstanter Geschwindigkeit auf geraden Bahnen. In der geometrischen Sprache der Speziellen Relativitätstheorie lässt sich das umformulieren zu: Körper, auf die keine äußeren Kräfte wirken, bewegen sich auf Raumzeitgeraden.

Strenggenommen gilt dieses Gesetz nur in bestimmten Bezugssystemen. Man kann es daher etwas allgemeiner formulieren als: Es ist immer möglich, ein Bezugssystem zu finden, in dem sich Körper, auf die keine äußeren Kräfte wirken, mit konstanter Geschwindigkeit auf geraden Bahnen bewegen. Solche Bezugssysteme heißen Inertialsysteme.

In der Allgemeinen Relativitätstheorie gilt das Trägheitsgesetz in leicht abgewandelter Form. Körper, auf die keine äußeren Kräfte wirken, bewegen sich dort im allgemeinen nicht mehr auf Raumzeitgeraden, aber auf den geradestmöglichen Raumzeitlinien, so genannten Geodäten.

U Ultraviolett, Ultraviolettstrahlung, UV-Strahlung

Elektromagnetische Strahlung im Frequenzbereich von einigen Billiarden bis einigen Hundert Billiarden Schwingungen pro Sekunde, entsprechend Wellenlängen von einigen Hundert Milliardstel bis einigen Milliardstel Metern. Aus dem Alltag bekannt als derjenige Anteil der Strahlung der Sonne, der eine Bräunung der Haut verursacht.

Unschärfebeziehung, Unschärferelation

Siehe den Eintrag Heisenbergsche Unschärferelation.

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Urknall, Urknallmodelle

Die Urknallmodelle sind die Standardmodelle der heutigen Kosmologie. Sie beschreiben ein expandierendes Universum, das aus einer heißen Frühphase hervorgegangen ist. In ihnen ist der Anfang des Universums eine Raumzeit-Singularität, ein Zustand unendlich großer Dichte. Diese Singularität ist der Urknall im engeren Sinne, im weiteren Sinne wird Urknall dagegen auch für die auf die Singularität folgende heiße Frühphase verwandt, aus der unser Universum hervorgegangen ist. Diese Unterscheidung ist wichtig: Die Physik der heißen Frühphase ist durch Beobachungen gut abgesichert, die Anfangssingularität ist dagegen höchstwahrscheinlich ein unphysikalisches Artefakt, dass sich ergibt, da die Allgemeine Relativitätstheorie, auf der die Urknallmodelle beruhen, die Effekte der Quantenphysik außer acht lässt.

Eine Einführung in die Grundlagen dieser Modelle bietet das Kapitel Kosmologie von Einstein für Einsteiger.

UV-Strahlung

Siehe Eintrag Ultraviolett-Strahlung.

V Virgohaufen, Virgo-Galaxienhaufen

Der uns nächste größere Galaxienhaufen. Der Virgo-Haufen ist rund 50 Millionen Lichtjahre von uns entfernt, steht am Nachthimmel im Sternbild Jungfrau (lateinisch: virgo) und besteht aus rund 2000 Galaxien.

W Wärmeenergie

Synonym: thermische Energie. Die Energie der ungeordneten Durcheinanderbewegung der Bestandteile eines Körpers - etwa die Energie, mit der die Atome oder Moleküle eines Gases durcheinanderfliegen, oder die eines

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Festkörpers gegeneinander vibrieren. Führt man einem Körper weitere Energie zu, die in Wärmeenergie umgesetzt wird, so erhöht sich dabei seine Temperatur.

Wärmestrahlung

Im engeren Sinne: Synonym für Infrarotstrahlung.

Im weiteren Sinne: Einem Grundgesetz der Wärmelehre folgend, strahlt jeder Körper elektromagnetische Strahlung ab, deren Energieverteilung (Spektrum) nur von einer einzigen Größe abhängt: der Temperatur des Körpers. Das ist die Wärmestrahlung.

Für Alltagstemperaturen, etwa bei einer nicht allzu heißen Kochplatte, wird die Wärmestrahlung vor allem als Infrarotstrahlung abgestrahlt. Bei noch höheren Temperaturen wird auch sichtbares Licht abgestrahlt - eine sehr heiße Kochplatte wird erst dunkelrot, dann ein immer helleres Rot, flüssiges Metall wird gelblich und schließlich sogar weiß. In extremeren Situationen jenseits des Alltags kann die Wärmestrahlung noch wesentlich höhere Energie besitzen - Gase in der Akkretionsscheibe eines Schwarzen Lochs beispielsweise sind so heiß, dass sie riesige Mengen an Wärmestrahlung im Röntgenbereich abstrahlen!

Wasserstoff

Das leichteste (und in unserem Universum: das häufigste) chemische Element. Der Atomkern eines Wasserstoffatoms ist üblicherweise ein einzelnes Proton. Enthält der Atomkern zusätzlich ein Neutron, handelt es sich um so genannten schweren Wasserstoff oder Deuterium.

Wechselwirkung

Art und Weise, wie Elementarteilchen oder zusammengesetzte Teilchen einander beeinflussen können, in der Elementarteilchenphysik synonym zu Kraft.

Das Standardmodell der Elementarteilchen kennt drei grundlegende Wechselwirkungen: den Elektromagnetismus, die Starke Kernkraft und die Schwache Kernkraft. Eine weitere Wechselwirkung, die Gravitation, ist bislang noch nicht in die Elementarteilchenphysik eingegliedert.

Weißer Zwerg, Weißer Zwergstern

Sterne mit bis zu zehn Sonnenmassen kollabieren, wenn sie den zur Aufrechterhaltung der Kernfusion nötigen Brennstoff an leichten Atomkernen aufgebraucht haben, zu einem Weißen Zwerg - einem vergleichsweise kleinen, dichten Gasball, der durch den so genannten Entartungsdruck der Elektronen, einen

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auf quantenphysikalischen Effekten basierenden Druck, vor weiterem Kollaps bewahrt wird.

Welle

Allgemein: Ein Muster, das sich ausbreitet, ohne dass dabei notwendigerweise Materie mittransportiert wird. Beispiele kennen wir aus dem Alltag: Wasserwellen, deren Berge und Täler über die Wasseroberfläche wandern - obwohl die Wassermoleküle selbst nicht mitwandern, sondern sich allenfalls hin- und herbewegen. Eine Laola-Welle die entsteht, wenn Zuschauer etwa im Fußballstadion in koordinierter Weise aufstehen und sich setzen.

Besonders einfache Wellen sind sinusförmig - bei ihnen folgt regelmäßig Wellenberg auf Wellental.

Wellenlänge

Für einfache Wellen, bei denen in perfekter Regelmäßigkeit Minima und Maxima, Wellentäler und Wellenberge aufeinander folgen, läßt sich eine charakteristische Wellenlänge definieren: Die Wellenlänge ist der Abstand von einem Maximum zum darauffolgenden Maximum.

Weltalter

Anderer Name für die kosmische Zeit in Urknallmodellen: Die Zeit, gemessen ab dem Urknall auf einer Uhr, die auf einer der Expansionsbewegung folgenden Galaxie angebracht ist.

Weltlinie

Ein punktförmiges Objekt überstreicht in der vierdimensionalen Raumzeit eine Linie, die Weltlinie genannt wird und anzeigt, wo sich das Objekt zu jedem gegebenen Zeitpunkt im Raum befindet.

Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP)

Satellitenteleskop der NASA zur Vermessung der Eigenschaften der kosmischen Hintergrundstrahlung.

Webseiten von WMAP

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Wirkungsquantum, Plancksches

Siehe Eintrag Plancksche Konstante, Plancksches Wirkungsquantum

Z Zehn-Hoch-Schreibweise

In der Physik werden sehr große und sehr kleine Zahlenwerte üblicherweise mit Hilfe von Potenzen der Zahl 10 geschrieben. Für große Zahlen ist 10n, mit n einer positiven ganzen Zahl, eine 1 mit n nachfolgenden Nullen, beispielsweise:

100 = 1 = Eins 101 = 10 = Zehn 102 = 100 = Hundert 103 = 1000 = Tausend 106 = 1000000 = eine Million 109 = 1000000000 = eine Milliarde 1012 = 1000000000000 = eine Billion 1015 = 1000000000000000 = eine Billiarde

Sehr kleine Bruchteile lassen sich als 10-n, mit n einer positiven ganzen Zahl schreiben (n zählt, einmal mehr, die Nullen):

100 = 1 = Eins 10-1 = 0,1 = ein Zehntel 10-2 = 0,01 = ein Hundertstel 10-3 = 0,001 = ein Tausendstel 10-6 = 0,000001 = ein Millionstel 10-9 = 0,000000001 = ein Milliardstel 10-12 = 0,000000000001 = ein Billionstel 10-15 = 0,000000000000001 = ein Billiardstel

Zahlen, die keine Potenz der Zahl zehn sind, lassen sich schreiben, indem man die Zehnerpotenz herauszieht: So ist etwa

1748 = 1,748·1000 = 1,748·103,

oft auch geschrieben 1,748E3. Umgekehrt ist

0,00041755 = 4,1755·10-4 = 4,1755E-4.

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Zeit

Dass in unserer Welt nicht alles auf ein Mal passiert, sondern dass gewisse Ereignisse in bestimmter Reihenfolge nacheinander stattfinden, ist eine Alltagserfahrung. Die Zeitkoordinate (kurz: Zeit), so, wie sie die Physiker definieren, ist eine Vorschrift, jedem Ereignis einen Zahlenwert zuzuordnen, der diese Reihenfolge wiedergibt. Der erste Schritt ist die Konstruktion einer Uhr: Dazu wird ein bestimmter einfacher Vorgang gewählt, der sich regelmäßig wiederholt. (Was dabei "regelmäßig" heißt, ist wieder eine Sache der Konvention, doch scheint die Natur so eingerichtet sein, dass alle einfachen Vorgänge, vom Hin- und Herschwingen eines Pendels bis zu den Schwingungsvorgängen von Atomen oder von elektronischen Schwingkreisen auf denselben Begriff der Regelmäßigkeit führen.) Dann wird ein Zählwerk konstruiert, dass den Zählerstand der Zeitkoordinate bei jeder Wiederholung des gewählten einfachen Vorgangs erhöht. Damit lässt sich zumindest Ereignissen, die nahe der Uhr stattfinden, eine Zeit zuordnen, nämlich den Zählerstand der Uhr. Findet Ereignis B nach Ereignis A statt, so entspricht Ereignis B auch ein höherer Zählerstand.

Um Ereignissen eine Zeit zuzuordnen, die nicht direkt am Ort der Uhr stattfinden, ist zudem eine Definition der Gleichzeitigkeit vonnöten - dass ein fernes Ereignis A zum Zeitpunkt 12:00 Uhr stattfindet heißt schließlich gerade, dass das Ereignis A und die 12:00 Uhr-Anzeige der Uhr gleichzeitig stattfinden. Dass es notwendig ist, hier eine Definition zu treffen ist ein zentraler Baustein der Speziellen Relativitätstheorie, und die Einsteinsche Gleichzeitigkeitsdefinition ist Inhalt eines eigenen Vertiefungsthemas, Die Unselbstverständlichkeit des Jetzt.

Sind all diese Vorbereitungen getroffen können die Physiker im Prinzip jedem Ereignis einen Zeitkoordinatenwert ("eine Zeit") zuordnen und genauer beschreiben, wie schnell oder langsam beobachtbare Prozesse oder Entwicklungen relativ zu der gewählten Zeitkoordinate stattfinden.

Zeitdehnung, Zeitdilatation

Effekt der Speziellen Relativitätstheorie: Aus Sicht eines Beobachters (genauer: eines Inertialbeobachters) geht eine relativ zu ihm bewegte Uhr langsamer als eine baugleiche Uhr, die neben ihm ruht.

Zwillingseffekt

Effekt der Speziellen Relativitätstheorie, Variation der Zeitdilatation: Ein Zwilling, der sich in eine hochgezüchtete Rakete setzt und fast mit Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum fliegt ist, wenn er zur Erde zurückkehrt, weniger stark gealtert als der Zwilling, der auf der Erde geblieben ist.

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Impressum/Anbieterkennzeichnung Einstein-Online stellt Grundlagenwissen zur Speziellen und zur Allgemeinen Relativitätstheorie bereit. Besonderer Schwerpunkt ist der Bezug zur aktuellen Forschung.

Einstein-Online ist ein Webangebot des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) aus Anlass des Einstein-Jahrs 2005.

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